Strafanzeige und Strafprozess - Strafverteidiger|büro
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Schilderungen oft unbewußt in die eigene Vorstellung vom Unfallgeschehen auf.<br />
Ob ein Unfallfahrzeug tatsächlich wenige Sek<strong>und</strong>en vor dem Unfall bei rot in eine<br />
Kreuzung eingefahren ist, hat der Zeuge möglicherweise nicht gesehen, konnte<br />
er möglicherweise auch von seinem Standpunkt aus nicht sehen. Dennoch<br />
behauptet er dies als eigene Beobachtung, weil ihm dies von anderen Zeugen<br />
kurz nach dem Unfall mitgeteilt worden war.<br />
Die wahrheitsgemäße Wiedergabe von Beobachtungen ist daher auch eine Frage<br />
der exakten Formulierung. Der um Wahrheit bemühte Zeuge sollte daher darauf<br />
achten, dass er bei seiner Zeugenaussage von allen anderen Einflüssen frei<br />
bleibt. In der Vernehmungssituation selber ist es insbesondere der Polizeibeamte,<br />
Staatsanwalt oder Richter, der solche Beeinflussungen vornehmen kann. Wird zu<br />
Beginn der Vernehmung beispielsweise daraufhingewiesen, dass die Polizei<br />
wegen eines Heroinhandels ermittelt, kann der Zeuge leicht dazu verführt<br />
werden, seine eigenen Beobachtungen als Übergabe von ca. 100 Gramm Heroin<br />
zu schildern, obwohl er selbst keine Ahnung davon hat, wie Heroin aussieht <strong>und</strong><br />
er allenfalls von der Übergabe eines weißen Pulvers berichten könnte.<br />
Um sich auch von Erwartungshaltungen des Vernehmungsbeamten frei zu<br />
machen, sollte der Zeuge zunächst auf seinem Recht beharren, zu dem<br />
vorgegebenen Beweisthema zunächst im Zusammenhang aus seiner Erinnerung<br />
berichten zu können. Der Beginn der Vernehmung sollte daher kein Frage-<br />
Antwort-Spiel sein, sondern ein Monolog des Zeugen.<br />
Die Angaben des Zeugen werden vom Vernehmungsbeamten protokolliert. Für<br />
die Formulierung ist allein der Vernehmende zuständig. Um Missverständnisse<br />
oder gar Verfälschungen zu verhindern, sollte der Zeuge bei seinem Bericht <strong>und</strong><br />
dessen Protokollierung darauf achten, dass möglichst wörtlich die von ihm selbst<br />
Formulierungen im Protokoll auftauchen. Will der Polizeibeamte eine Schilderung<br />
des Zeugen, die ihm zu weitschweifig erscheint, mit eigenen Formulierungen<br />
zusammenfassen, sollte der Zeuge im eigenen Interesse diese Formulierung so<br />
sorgfältig wie möglich prüfen.<br />
Erst recht ist Formulierungsgenauigkeit gefragt, wenn in der Vernehmung<br />
ergänzende Fragen erfolgen. Aus der Frage selbst sind später Rückschlüsse<br />
darauf möglich, wie genau <strong>und</strong> vollständig die Antwort tatsächlich erfolgt war. Um