Regional Governance – Eine Annäherung - Regiosuisse
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<strong>Regional</strong> <strong>Governance</strong><br />
<strong>Eine</strong> <strong>Annäherung</strong><br />
Luis Fidlschuster<br />
ÖAR-<strong>Regional</strong>beratung GmbH<br />
1
Inhalt und Themen<br />
• Charakteristik und Definition<br />
• Ursachen und Erfolgsfaktoren<br />
• Kontextsteuerung und Monitoring<br />
• Rolle des <strong>Regional</strong>managements<br />
• Innovation und <strong>Governance</strong><br />
• <strong>Governance</strong>-Arrangements<br />
• Schritte zur <strong>Governance</strong><br />
• Risiken und Probleme<br />
2
<strong>Governance</strong> ist ein Schattengewächs<br />
• <strong>Governance</strong> entwickelt sich im Schatten des Staates und des<br />
Marktes.<br />
• Markt und Hierarchie wirken in <strong>Governance</strong>-Prozesse hinein.<br />
• <strong>Governance</strong> ist eine Form der Zusammenarbeit zwischen<br />
verschiedenen Ebenen des Staates, der Wirtschaft und<br />
zivilgesellschaftlichen AkteurInnen.<br />
• Mechanismen dieser Zusammenarbeit sind Argumentation,<br />
Verhandlung, selbstgesetzte Regeln und gemeinsame Lernprozesse.<br />
Markt<br />
Markt<br />
<strong>Governance</strong><br />
Hierarchie<br />
Staat<br />
Hierarchie<br />
3
Vom Objekt zum Subjekt der <strong>Regional</strong>politik<br />
Government vs. <strong>Governance</strong><br />
• Government: Top down <strong>–</strong> hierarchisch - Mehrheitsdemokratie<br />
Entwicklung und Umsetzung von Politik erfolgen durch demokratisch<br />
legitimierte autoritative staatliche Entscheidungen und Anordnungen der<br />
Exekutive (Regierung) und Vollzugsmaßnahmen der Verwaltung (Bund,<br />
Länder/Kantone).<br />
Strukturen und ihre Entscheidungskompetenzen stehen im Vordergrund.<br />
• <strong>Governance</strong>: Top down - Bottom up <strong>–</strong> Verhandlungen <strong>–</strong> Region wird vom<br />
Objekt zum Subjekt der <strong>Regional</strong>politik<br />
Der Staat nimmt sich quasi zurück, reduziert seine „Government-<br />
Funktion“: Die Entwicklung und Umsetzung von Politik erfolgt durch<br />
partnerschaftliche Kooperation des Staates mit der Zivilgesellschaft bzw.<br />
sozialen Netzwerken.<br />
Structure follows <strong>Governance</strong> functions: Prozesse bzw. Verhandlungen zur<br />
gemeinsamen Entscheidungsfindung stehen im Vordergrund.<br />
4
Definition<br />
<strong>Governance</strong> ist die Gesamtheit der zahlreichen Wege, auf denen Individuen sowie<br />
öffentliche und private Institutionen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln.<br />
Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess, durch den kontroverse oder<br />
unterschiedliche Interessen ausgeglichen und kooperatives Handeln initiiert<br />
werden kann. Der Begriff umfasst sowohl formelle Institutionen und mit<br />
Durchsetzungsmacht versehene Herrschaftssysteme als auch informelle<br />
Regelungen, die von Menschen und Institutionen vereinbart oder als im eigenen<br />
Interesse liegend angesehen werden.<br />
Commission on Global <strong>Governance</strong><br />
<strong>Regional</strong> <strong>Governance</strong> ist insbesondere das Zusammenwirken folgender Faktoren:<br />
Interorganisatorische Kooperation und Koordination (vertikal und horizontal), Mix<br />
der Steuerungsmodi (Verhandlungen, Netzwerke, Hierarchie, Markt), Grad der<br />
Institutionalisierung der Interaktionen.<br />
5
Ursachen und Gründe für <strong>Governance</strong><br />
• Komplexität: Problemzusammenhänge überschreiten Kompetenzgrenzen von<br />
Regierungs- und Verwaltungseinheiten <strong>–</strong> autoritative Steuerung versagt.<br />
• Soziale Innovationen und neue Verhaltensweisen erleichtern und erfordern<br />
intermediäre Interaktionsformen (Bürgerinitiativen, Bürgergesellschaft,<br />
Demokratisierung)<br />
• Wandel der regionalen Förderpolitik: Dezentral definierte regionale<br />
Entwicklungsprogramme (z.B. EU-Strukturpolitik)<br />
• Neoliberale Steuerungsparadigmen in der Politik (mehr Markt <strong>–</strong> weniger Staat):<br />
aktivierender Staat, kooperativer Staat (Hilfe zur Selbsthilfe)<br />
• Vernetzungsbedarf einer arbeitsteilig ausdifferenzierten Gesellschaft unter<br />
Innovations- und Anpassungsdruck (Globalisierung, Wettebewerbsfähigkeit)<br />
• Führungsunmögliche Kontexte: <strong>Governance</strong> gedeiht oft dort, wo mehrere Akteure<br />
ein gemeinsames Anliegen identifizieren, aber keine eindeutige Führung verortet<br />
werden kann. Diese Uneindeutigkeit von Führung tritt häufig in polizentrischen<br />
Kontexten auf. Der Nutzen von <strong>Governance</strong> ist es dann, jedem Zentrum seinen<br />
Einfluss zu ermöglichen. Somit ist <strong>Governance</strong> die Rekonstruktion von Führung in<br />
„führungsunmöglichen“ Kontexten.<br />
6
Erfolgsfaktoren von <strong>Governance</strong> (I)<br />
• Attraktives gemeinsames Anliegen <strong>–</strong> „brennendes“ Thema <strong>–</strong> regionale<br />
Promotoren<br />
• Beteiligung der relevanten Schlüssel-AkteurInnen und <strong>–</strong>Organisationen<br />
• Kooperationsfähigkeit von Organisationen und Personen und<br />
gleichberechtigter Zugang zu Entscheidungsarenen<br />
• <strong>Eine</strong> gewisse „institutionelle Dichte“<br />
• Vertrauen, Großzügigkeit, Neugierde und starkes Sozialkapital im<br />
Netzwerk<br />
• Bereitschaft, sich für einen längerfristigen, definierten Zeithorizont zu<br />
binden und mitzuwirken<br />
• Stabile Herkunftssysteme <strong>–</strong> „Heimatorganisationen“<br />
7
Erfolgsfaktoren von <strong>Governance</strong> (II)<br />
• Professionelle Steuerungsstruktur <strong>–</strong> aktive und bewusste<br />
Kontextgestaltung<br />
• Gemeinsame Strategie<br />
• Verständigung auf ein gemeinsames Lern- und Beobachtungssystem<br />
(Selbstreflexion, Monitoring)<br />
8
Kontextsteuerung und Monitoring<br />
Steuert die<br />
Kontextnehmer<br />
durch das<br />
Kontextangebot mit.<br />
KontextgeberIn<br />
Monitoring<br />
KontextnehmerIn<br />
<strong>Regional</strong> <strong>Governance</strong>: Unterschied zwischen Kontextgeber und<br />
Kontextnehmer ist weitgehend aufgehoben!<br />
Steuert den<br />
Kontextgeber und<br />
damit den von ihm<br />
gestaltbaren Kontext<br />
mit.<br />
9
Kontextgestaltung und -steuerung<br />
Gegen-<br />
wart<br />
Beziehungs-Kontext<br />
Vertrauen/Respekt<br />
Verlässlichkeit<br />
Vorbild von<br />
Kontextgebern<br />
Regel-Kontext<br />
Ordnung des Systems<br />
Regeln für Prozesse aller<br />
Art<br />
+ Kernprozesse<br />
+ Finanzierung<br />
+ Karriere<br />
+ Zeitsysteme<br />
Beziehungsorientiert<br />
Sachorientiert<br />
Sinn-Kontext<br />
Werte, Prinzipien<br />
Vision<br />
Philosophie<br />
Leitbild<br />
Rahmen-Kontext<br />
Kernfunktion<br />
Mission Statement<br />
Strategie<br />
Partnerschaften<br />
Zu-<br />
kunft<br />
Wirkung auf das Commitment der AkteurInnen im sich selbst steuernden<br />
sozialen System<br />
10
Monitoring als Steuerungsprozess<br />
Perspektive<br />
Ressourcen<br />
K<br />
u<br />
r<br />
z<br />
Perspektive<br />
Ergebnisse &<br />
Wirkungen<br />
Außen<br />
<strong>Regional</strong>e<br />
Strategie<br />
Innen<br />
Perspektive<br />
Umsetzungsprozesse<br />
L<br />
a<br />
n<br />
g<br />
Perspektive<br />
Lernen &<br />
Entwicklung<br />
11
•<br />
<strong>Regional</strong>management: Startphase<br />
Operativ<br />
Reg. Akteure<br />
Organisatorisch<br />
Robert Lukesch, ÖAR<br />
RM<br />
Strategisch<br />
Symbolisch<br />
Aktivitäten und Ziele:<br />
Enge Zusammenarbeit<br />
zwischen Management<br />
und wichtigen<br />
AkteurInnen<br />
Keine klare<br />
Aufgabenteilung<br />
Rasche Erfolgserlebnisse<br />
Entwicklung und<br />
Umsetzung von<br />
Schlüsselprojekten:<br />
Projektmanagement<br />
Langfristige Strategie =<br />
nicht von großer<br />
Bedeutung<br />
12
RM: Professionalisierungsphase<br />
Operativ Strategisch<br />
RA<br />
RA<br />
RM<br />
RA<br />
RA<br />
Organisatorisch Symbolisch<br />
Robert Lukesch, ÖAR<br />
Aktivitäten und Ziele:<br />
Management wird zur Driving<br />
Force der Entwicklung<br />
Management =<br />
Kompetenzzentrum für<br />
regionale Entwicklung<br />
Hauptaufgabe: Strategische<br />
Planung und Koordination;<br />
Steuerung des regionalen<br />
Entwicklungsprozesses<br />
(wichtigster Erfolgsfaktor)<br />
<strong>Regional</strong>e AkteurInnen (RA):<br />
Konzentration auf<br />
Projektarbeit und<br />
themenspezifische Fragen<br />
13
RM: Reifephase<br />
Operativ Strategisch<br />
Organisatorisch<br />
Robert Lukesch, ÖAR<br />
RA<br />
RM<br />
RA<br />
RA RA<br />
Symbolisch<br />
Aktivitäten und Ziele:<br />
Management: Netzwerk-<br />
Koordinator und<br />
Schnittstellen-<br />
Management<br />
Management:<br />
Konzentration auf<br />
strategische und<br />
innovative Fragen<br />
<strong>Regional</strong>e AkteurInnen:<br />
Hohes Maß an<br />
Selbstorganisation<br />
Region: stabile Netzwerk-<br />
Strukturen<br />
Region = Lernende<br />
Region<br />
14
<strong>Regional</strong> <strong>Governance</strong> und Themen-<strong>Governance</strong><br />
<strong>Regional</strong> <strong>Governance</strong><br />
Gesamtsteuerung<br />
Auswahl der Mitwirkenden<br />
Repräsentative Auswahl:<br />
Politiker der regionalen und kommunalen Ebene<br />
Funktionäre der Standesvertretungen<br />
Themen <strong>–</strong> Aktionsfelder<br />
Steuerung der Aktionsfelder <strong>–</strong> Tourismus, Gewerbe, Kultur usw.<br />
Auswahl der Mitwirkenden:<br />
Selbstrekrutierung und Kooptation<br />
Zivilgesellschaft: Unternehmer, NGOs und Vereine<br />
15
<strong>Governance</strong> und Innovation<br />
Diversity powers innovation!<br />
Innovation requires thinking differently!<br />
Scott E. Page, Michigan University<br />
Heterogenous composed networks are more innovative and<br />
effictive!<br />
Harald Katzmair, FAS Research<br />
Teams composed of heterogenous moderate members are more<br />
innovative than teams composed of excellent specialists!<br />
Cosma Shalizi, Santa Fe Institute<br />
16
<strong>Governance</strong>-Arrangements<br />
Partnerschaftsvereinbarung<br />
• Prinzipien der Partnerschaft<br />
• Thema und Herausforderungen der Partnerschaft<br />
• Vision für die Entwicklung einer Region oder eines Aktionsfeldes<br />
• Strategische Positionierungen für die Region und die Aktionsfelder<br />
• Strategische Wege<br />
• Die Leistungen der Partnerschaft<br />
• Steuerungsvereinbarung <strong>–</strong> Organe der Partnerschaft<br />
• Dauer der Partnerschaft<br />
17
Schritte zur <strong>Governance</strong><br />
1. Das Anliegen identifizieren und inhaltlich abgrenzen<br />
2. Die SchlüsselakteurInnen identifizieren und gewinnen<br />
3. Das Risiko der NICHT-<strong>Governance</strong> thematisieren<br />
4. Gemeinsame Grundsätze/Prinzipien für <strong>Governance</strong> formulieren<br />
(Partnerschaftlichkeit)<br />
5. Strategische Ziele und Wege zum Anliegen erarbeiten<br />
6. Den zeitlichen Rahmen für das <strong>Governance</strong>-Arrangement festlegen<br />
18
Schritte zur <strong>Governance</strong><br />
7. Die Struktur für das <strong>Governance</strong>-Arrangement festlegen<br />
Zur Struktur gehören u.a.:<br />
<strong>–</strong> Die „Vollversammlung“ der beteiligten AkteurInnen<br />
<strong>–</strong> Die Steuerungsgruppe<br />
<strong>–</strong> Das Management <strong>–</strong> Supportleistungen definieren<br />
8. Die Prozesse für <strong>Regional</strong> <strong>Governance</strong> festlegen<br />
<strong>–</strong> Die strategische Beobachtung (z.B. jährliches Monitoring)<br />
<strong>–</strong> Die Projektauswahl oder Projektfindung<br />
<strong>–</strong> Die Prozesse, wie Support abgerufen werden kann<br />
<strong>–</strong> Projektplanungs- und Steuerungsprozesse<br />
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Schritte zur <strong>Governance</strong><br />
9. Die Grundlagen für das Monitoring erarbeiten (Ziele, Indikatoren,<br />
Messgrößen)<br />
10. Das Management einrichten<br />
11. Sonstige Ressourcen wie Geld und Support aktivieren<br />
12. Alles in einem Partnerschaftsvertrag (Pakt) schriftlich besiegeln<br />
13. Den Pakt (oder „<strong>Governance</strong> Arrangement“ oder „die<br />
Partnerschaft“) medienwirksam präsentieren<br />
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Risiken und Probleme<br />
• Elitäre Netzwerke können Beteiligungsmöglichkeiten reduzieren<br />
• Unterschiedliche Handlungslogiken (Politik, Wirtschaft,<br />
Zivilgesellschaft)<br />
• Hohe Transaktionskosten <strong>–</strong> Projektorientierung vs. Strategische<br />
Orientierung<br />
• Keine offenen und transparenten Rekrutierungsverfahren (wer darf<br />
mitwirken)<br />
• Instabile Partnerorganisationen <strong>–</strong> mangelnde Zuverlässigkeit<br />
21
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
Viel Erfolg bei der Entwicklungsarbeit<br />
in Ihren Regionen!<br />
Luis Fidlschuster<br />
ÖAR-Regionlberatung GmbH<br />
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