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Streitig ist, ob der Kläger durch den Verkauf seiner Arztpraxis den ...

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Gericht: FG München<br />

Entscheidungsform: Urteil<br />

Datum: 19.02.2003<br />

Vorinstanz(en):<br />

Kurzleitsatz:<br />

Paragraphenkette:<br />

EStG (1998) § 18 Abs. 3 S. 1 , EStG § 34<br />

Abs. 1 , EStG § 16<br />

Keine tarifbegünstigte Teilpraxisveräußerung bei Veräußerung <strong>der</strong> Kassenpatientenpraxis unter<br />

Fortführung des Privatpatientenpraxis; Einkommensteuer 1998<br />

Redaktioneller Leitsatz:<br />

Es liegt keine tarifbegünstigte Teilpraxisveräußerung vor, wenn zwar die bisherigen Praxisräume<br />

und die Zulassung als Vertragsarzt <strong>der</strong> kassenärztlichen Vereinigung mit <strong>der</strong>en Zustimmung<br />

entgeltlich veräußert wer<strong>den</strong>, jedoch die Privatpatientenpraxis, zwar in einem an<strong>der</strong>en Stockwerk<br />

desselben Gebäudes, damit aber im selben örtlichen Wirkungskreis wie bisher, fortgeführt wird.<br />

Tatbestand:<br />

<strong>Streitig</strong> <strong>ist</strong>, <strong>ob</strong> <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> <strong>durch</strong> <strong>den</strong> <strong>Verkauf</strong> <strong>seiner</strong> <strong>Arztpraxis</strong> <strong>den</strong> Tatbestand einer<br />

tarifbegünstigten Veräußerung eines Teilbetriebes i. S. von § 18 Abs. 3 i.V.m. § 34<br />

Einkommensteuergesetz (EStG) erfüllt hat.<br />

Der <strong>Kläger</strong> <strong>ist</strong> Facharzt für Orthopädie. Er betrieb in M., ... eine <strong>Arztpraxis</strong> für<br />

Orthopädie. Der <strong>Kläger</strong> hatte bis 27. April 1998 eine Zulassung zum Vertragsarzt<br />

<strong>der</strong> kassenärztlichen Vereinigung (KV) und war demgemäß zur Behandlung von<br />

Kassenpatienten berechtigt. Als Kassenarzt war er zusätzlich zum Heilverfahren<br />

bei Berufsunfällen zugelassen. Daneben <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> im Bereich <strong>der</strong> Flugmedizin<br />

spezialisiert und hat aufgrund einer Prüfung <strong>durch</strong> die Ärztekammer das Recht zur<br />

Untersuchung und Behandlung von fliegendem Personal. Im Bereich Flugmedizin<br />

behandelte <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> ausschließlich Privatpatienten.<br />

Am 24. März 1998 schloss <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> mit Herrn Dr. W. (W) einen Vertrag, mit dem <strong>der</strong><br />

<strong>Kläger</strong> die in München ausgeübte Praxis veräußerte (§ 1 Abs. 2). Die Praxisübergabe<br />

sollte am 1. April 1998 bzw. nach Maßgabe <strong>der</strong> KV-Zustimmung erfolgen (§ 1 Abs. 4).<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Einzelheiten wird auf <strong>den</strong> Praxisübergabevertrag Bezug genommen.<br />

Auf Antrag des <strong>Kläger</strong>s <strong>ist</strong> seine Zulassung als Vertragsarzt mit Beschluss des<br />

Zulassungsausschusses vom 27. April 1998 unter <strong>der</strong> Bedingung beendet wor<strong>den</strong>,<br />

dass die Praxis des <strong>Kläger</strong>s innerhalb von drei Monaten nach Zulassung des<br />

Praxisnachfolgers W von diesem fortgeführt wird. Ebenfalls am 27. April 1998 fasste<br />

<strong>der</strong> Zulassungsausschuss <strong>den</strong> Beschluss, W als Vertragsarzt zur Fortführung <strong>der</strong><br />

Praxis des <strong>Kläger</strong>s zuzulassen. W war bereits ab Januar 1998 in <strong>der</strong> Praxis des <strong>Kläger</strong>s<br />

als Praxisass<strong>ist</strong>ent und Praxisvertreter tätig. Ab 1. April 1998 wurde die Praxis faktisch<br />

© Eine Gerichtsentscheidung aus <strong>der</strong> Entscheidungsdatenbank des Richard Boorberg Verlags<br />

GmbH & Co KG, Stuttgart<br />

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allein von W, <strong>der</strong> bis zu <strong>seiner</strong> Zulassung als Kassenarzt als Praxisvertreter für <strong>den</strong><br />

<strong>Kläger</strong> tätig war, geführt. Nach <strong>seiner</strong> Zulassung als Vertragsarzt führte W die Praxis im<br />

eigenen Namen fort. Die Privatpatienten des <strong>Kläger</strong>s behandelte W nicht. Der <strong>Kläger</strong><br />

hat in demselben Gebäude, in dem sich seine Praxis im 1. Obergeschoss befand,<br />

im 5. Obergeschoss ab 1. September 1997 Räume zur Benutzung als Wohnung mit<br />

<strong>Arztpraxis</strong> angemietet und diese mit Zimmereinrichtungen und eigener technischer<br />

Ausrüstung ausgestattet. Ab 1. April 1998 sind die Privatpatienten des <strong>Kläger</strong>s<br />

ausschließlich in <strong>der</strong> neuen <strong>Arztpraxis</strong> im 5. Obergeschoss medizinisch behandelt<br />

wor<strong>den</strong>. In <strong>der</strong> Privatpatientenpraxis des <strong>Kläger</strong>s arbeiteten ab 1. April 1998 drei<br />

Arbeitnehmerinnen, die ab diesem Zeitpunkt in <strong>der</strong> Praxis im 1. Obergeschoss nicht<br />

mehr tätig waren. Das übrige Personal des <strong>Kläger</strong>s wurde von W übernommen.<br />

Das beklagte Finanzamt (das Finanzamt -FA-) behandelte im<br />

Einkommensteuerbescheid 1998 vom 28. Januar 2000 in <strong>der</strong> Fassung des Bescheides<br />

vom 4. Mai 2000 <strong>den</strong> vom <strong>Kläger</strong> erzielten Gewinn aus <strong>der</strong> Veräußerung <strong>seiner</strong><br />

Praxis in Höhe von 615.514 DM als laufen<strong>den</strong> Gewinn und lehnte eine tarifbegünstigte<br />

Besteuerung nach §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 2 bis 4 EStG i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG ab, da<br />

<strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> noch eine <strong>Arztpraxis</strong> für Privatpatienten in nicht geringem Umfang weiter<br />

betreibe. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem geltend gemacht wurde, bei <strong>der</strong><br />

veräußerten Praxis habe es sich um eine i. S. von § 18 Abs. 3 EStG eigenständige<br />

Teilpraxis gehandelt, blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 29. Januar<br />

2001).<br />

Dagegen richtet sich die Klage. Nach Auffassung <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> seien die<br />

Kassenarztpraxis und die Privatpatientenpraxis schon vor <strong>der</strong> Veräußerung<br />

organisatorisch getrennt wor<strong>den</strong> und als selbständige Arztpraxen geführt wor<strong>den</strong>. Zwar<br />

stelle die Behandlung von Kassenpatienten und von Privatpatienten aus medizinischer<br />

Sicht eine gleichartige Tätigkeit dar. Dies schließe nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des<br />

Bundesfinanzhofs (BFH) die Veräußerung <strong>der</strong> Kassenarztpraxis als selbständige<br />

Teilpraxis aber nicht aus. Selbständige Teilpraxen lägen in diesem Fall vielmehr<br />

dann vor, wenn die Praxen im Rahmen organisatorisch selbständiger Büros mit<br />

jeweils eigenständigem Personal betrieben wür<strong>den</strong>. Diese Voraussetzungen seien<br />

im Streitfall erfüllt, <strong>den</strong>n <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> habe die ursprünglich einheitliche Praxis noch<br />

vor <strong>der</strong> Veräußerung sachlich und organisatorisch getrennt, was sich u. a. aus <strong>der</strong><br />

Anmietung eigener Praxisräume im 5. Obergeschoss mit eigener Einrichtung, <strong>der</strong><br />

Trennung <strong>der</strong> Patientenkarteien etc. ergebe. Spätestens ab 1. April 1998 habe es im<br />

Haus Franz-Josef-Str. 35 zwei Arztpraxen des <strong>Kläger</strong>s gegeben, nämlich die von ihm<br />

allein mit eigenem Personal geführte Privatpatientenpraxis im 5. Obergeschoss und die<br />

kassenärztliche Praxis im 1. Obergeschoss. Gegenstand <strong>der</strong> Veräußerung sei nur die<br />

Kassenarztpraxis gewesen. Privatpatienten des <strong>Kläger</strong>s habe W nicht übernommen.<br />

Der <strong>Kläger</strong> habe mit <strong>der</strong> Veräußerung <strong>der</strong> Kassenarztpraxis - trotz Weiterführung<br />

<strong>der</strong> Privatpatientenpraxis - auch seine freiberufliche Tätigkeit in dem dazugehörigen<br />

örtlich abgegrenzten Wirkungsbereich aufgegeben. Denn die Kassenpatienten bildeten<br />

einen eigenen Patientenkreis, <strong>der</strong> nur von demjenigen bedient wer<strong>den</strong> könne,<br />

<strong>der</strong> die Zulassung als Vertragsarzt innehabe. Mit Verzicht des <strong>Kläger</strong>s auf seine<br />

© Eine Gerichtsentscheidung aus <strong>der</strong> Entscheidungsdatenbank des Richard Boorberg Verlags<br />

GmbH & Co KG, Stuttgart<br />

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Zulassung als Vertragsarzt und Übertragung <strong>der</strong> Zulassung auf seinen Nachfolger<br />

sei <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> von <strong>der</strong> Behandlung von Kassenpatienten rechtlich und tatsächlich<br />

ausgeschlossen wor<strong>den</strong>. Daher habe er mit <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Kassenarztpraxis<br />

auf seinen Nachfolger diesen bisherigen Wirkungskreis völlig aufgegeben. Dass er<br />

weiterhin für Privatpatienten zur Verfügung gestan<strong>den</strong> habe, än<strong>der</strong>e daran nichts,<br />

da eine Behandlung von Privatpatienten einen an<strong>der</strong>en Wirkungskreis darstelle.<br />

Überschneidungen im Patientenstamm <strong>der</strong> Kassenarztpraxis und <strong>der</strong> Privatarztpraxis<br />

habe es kaum gegeben. Zwar stehe es einem Kassenpatienten frei, sich als<br />

Privatpatient auf eigene Kosten behandeln zu lassen. In <strong>der</strong> Praxis spielten diese<br />

Fälle jedoch keine Rolle, nach Erinnerung des <strong>Kläger</strong>s sei dies vielleicht dreimal<br />

vorgekommen und falle daher unter die Geringfügigkeitsgrenze von 10 %. In allen<br />

an<strong>der</strong>en Fällen habe <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> Kassenpatienten, die nach <strong>der</strong> Praxisübertragung<br />

noch zu ihm gekommen seien, zu W geschickt.<br />

Die <strong>Kläger</strong> beantragen,<br />

<strong>den</strong> Einkommensteuerbescheid 1998 vom 4. Mai 2000 und die hierzu ergangene<br />

Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2001 dahin zu än<strong>der</strong>n, dass <strong>der</strong> Gewinn<br />

aus <strong>der</strong> Veräußerung <strong>der</strong> Kassenarztpraxis in Höhe von 615.514 DM zum ermäßigten<br />

Steuersatz nach § 18 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 1 EStG besteuert wird.<br />

Der Beklagte beantragt<br />

Klageabweisung.<br />

Eine Teilpraxisveräußerung i. S. von § 18 Abs. 3 EStG liege im Streitfall nicht<br />

vor, da <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> nach <strong>der</strong> Veräußerung seine ärztliche Tätigkeit in München<br />

nicht eingestellt habe, son<strong>der</strong>n nach wie vor einen Teil <strong>seiner</strong> früheren Patienten<br />

weiter betreue. Er sei damit im bisherigen räumlichen Wirkungskreis des veräußerten<br />

Prax<strong>ist</strong>eils verblieben. Der veräußerte Teil <strong>der</strong> Praxis des <strong>Kläger</strong>s stelle keinen mit<br />

einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten organisatorisch geschlossenen Teil <strong>der</strong><br />

Gesamtpraxis dar, weil er nicht in einem von <strong>der</strong> beibehaltenen Praxis örtlich klar<br />

abgegrenzten Wirkungskreis gelegen habe. Bei sachlich einheitlicher Tätigkeit, die<br />

in einem zusammenhängen<strong>den</strong> räumlichen Wirkungskreis mit nur einer Praxis als<br />

Mittelpunkt entfaltet werde, komme eine steuerbegünstigte Praxisveräußerung nicht in<br />

Betracht.<br />

Entscheidungsgründe:<br />

Die Klage <strong>ist</strong> unbegründet.<br />

Die Voraussetzungen für die Anwendung <strong>der</strong> Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG<br />

in <strong>der</strong> im Streitjahr gelten<strong>den</strong> Fassung liegen nicht vor.<br />

1. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG gehört zu <strong>den</strong> Einkünften aus selbständiger<br />

Arbeit auch <strong>der</strong> Gewinn, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Veräußerung des Vermögens o<strong>der</strong> eines<br />

selbständigen Teils des Vermögens o<strong>der</strong> eines Anteils am Vermögen erzielt wird,<br />

© Eine Gerichtsentscheidung aus <strong>der</strong> Entscheidungsdatenbank des Richard Boorberg Verlags<br />

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das <strong>der</strong> selbständigen Arbeit dient. In diesem Fall gilt § 16 Abs. 2 bis 4 EStG;<br />

<strong>der</strong> Veräußerungsgewinn wird - soweit er hiernach nicht steuerfrei bleibt - mit dem<br />

ermäßigten Satz des § 34 Abs. 1 EStG versteuert (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG).<br />

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 27. April 1978 IV R 102/74,<br />

Bundessteuerblatt -BStBl- II 1978, 562; vom 29. Okt<strong>ob</strong>er 1992 IV R 16/91, BStBl II<br />

1993, 182) kann die Veräußerung eines selbständigen Teils des Vermögens i. S. von<br />

§ 18 Abs. 3 EStG in Form einer Teilpraxisveräußerung nur dann in Betracht kommen,<br />

wenn ein freiberuflich tätiger Steuerpflichtiger mehrere selbständige, wesensmäßig<br />

verschie<strong>den</strong>e Tätigkeiten mit verschie<strong>den</strong>en Kun<strong>den</strong>kreisen ausübt. Handelt es<br />

sich hingegen um eine einheitliche gleichartige Tätigkeit, so schließt die Eigenart<br />

<strong>der</strong> selbständigen Arbeit und die Betonung <strong>der</strong> Betätigung (im Gegensatz zum<br />

Kapitaleinsatz) im Allgemeinen die Annahme aus, dass Teile <strong>der</strong> Praxis eine so<br />

weitgehende organisatorische Selbständigkeit erlangt haben, dass sie Teilbetrieben<br />

im gewerblichen Bereich gleichgestellt wer<strong>den</strong> können. Nur dann, wenn die Praxis im<br />

Rahmen organisatorisch selbständiger Büros mit beson<strong>der</strong>em Personal in voneinan<strong>der</strong><br />

entfernten örtlichen Wirkungskreisen mit getrennten Mandantenkreisen ausgeübt wird,<br />

kann eine steuerbegünstigte Teilpraxisveräußerung auch bei einem Freiberufler mit<br />

einer sachlich einheitlichen Praxis und gleichartiger Tätigkeit vorliegen. Voraussetzung<br />

in diesem Fall <strong>ist</strong>, dass die freiberufliche Tätigkeit in dem zum veräußerten Büro<br />

gehören<strong>den</strong> örtlich abgegrenzten Wirkungskreis vollständig eingestellt wird.<br />

2. Es kann dahingestellt bleiben, <strong>ob</strong> es für das Vorhan<strong>den</strong>sein organisatorisch<br />

getrennter Praxen im Rahmen einer Teilbetriebsveräußerung ausreicht, wenn wie im<br />

Streitfall die ursprünglich einheitliche Praxis erst in zeitlichem Zusammenhang mit<br />

<strong>der</strong> Praxisveräußerung in eine Kassenarztpraxis und in eine Privatpatientenpraxis<br />

aufgespaltet wird. Auch wenn man dies bejahen würde und das Vorhan<strong>den</strong>sein zweier<br />

organisatorisch getrennter Arztpraxen bereits im Zeitpunkt <strong>der</strong> Praxisveräußerung<br />

unterstellt, kann die Klage keinen Erfolg haben. Denn unstreitig stellt die Behandlung<br />

<strong>der</strong> Privatpatienten und <strong>der</strong> Kassenpatienten eine sachlich einheitliche Praxis<br />

mit gleichartiger Tätigkeit dar, so dass <strong>der</strong> Tatbestand einer steuerbegünstigten<br />

Teilbetriebsveräußerung nur vorliegen kann, wenn neben einer organisatorischen<br />

und personellen Trennung die bei<strong>den</strong> Prax<strong>ist</strong>eile in voneinan<strong>der</strong> entfernten örtlichen<br />

Wirkungskreisen mit getrennten Mandantenkreisen geführt wor<strong>den</strong> wären und <strong>der</strong><br />

<strong>Kläger</strong> seine freiberufliche Tätigkeit in dem zum veräußerten Prax<strong>ist</strong>eil gehören<strong>den</strong><br />

Wirkungsbereich völlig aufgegeben hätte. Diese Voraussetzung <strong>ist</strong> deshalb nicht<br />

erfüllt, weil beide Prax<strong>ist</strong>eile im selben örtlichen Wirkungskreis gelegen sind. Damit<br />

konnte die Veräußerung nur eines Prax<strong>ist</strong>eils auch nicht dazu führen, dass <strong>der</strong><br />

<strong>Kläger</strong> seine freiberufliche Tätigkeit in dem zum veräußerten Teil gehören<strong>den</strong> örtlichen<br />

Wirkungskreis aufgegeben hätte. Auch fällt die Weiterführung <strong>der</strong> Privatpatientenpraxis<br />

unstreitig nicht unter die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % (vgl. BFH-Beschuss vom<br />

28. Juni 2000 IV B 35/00, BFH/NV 2001, 33).<br />

Wenn die <strong>Kläger</strong> meinen, <strong>der</strong> Streitfall unterscheide sich von dem vom BFH<br />

im Urteil vom 6. März 1997 IV R 28/96, BFH/NV 1997, 746 entschie<strong>den</strong>en<br />

Fall da<strong>durch</strong>, dass <strong>der</strong> <strong>Kläger</strong> die vom BFH angenommene Einheitlichkeit von<br />

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Kassen- und Privatarztpraxis <strong>durch</strong> eine Aufteilung <strong>der</strong> sächlichen und personellen<br />

Betriebsmittel in zwei Praxen <strong>durch</strong>brochen habe, so verkennen sie, dass eine<br />

Teilbarkeit <strong>der</strong> Patientenkreise nichts daran än<strong>der</strong>t, dass sich die am selben<br />

Ort befindlichen Patienten eines Arztes ungeachtet ihres kassenrechtlichen Status<br />

nicht <strong>durch</strong> organisatorische Maßnahmen in mehrere, bereits vor einer teilweisen<br />

Veräußerung lebensfähige wirtschaftliche Einheiten aufteilen lassen (BFH-Urteil vom<br />

29. Okt<strong>ob</strong>er 1992 in BStBl II 1993, 182). Zwar mag es zutreffen, dass zwischen<br />

<strong>der</strong> Behandlung von Privat- und Kassenpatienten kein Konkurrenzverhältnis besteht<br />

und Überschneidungen in <strong>den</strong> Patientenkreisen nicht in nennenswertem Umfang<br />

stattfin<strong>den</strong>. Dieser Umstand <strong>ist</strong> für die Frage <strong>der</strong> Teilbarkeit <strong>der</strong> Praxis jedoch<br />

nicht entschei<strong>den</strong>d. Entschei<strong>den</strong>d <strong>ist</strong> vielmehr, dass die Tätigkeit als Kassenarzt<br />

und als Privatarzt auf Grundlage <strong>der</strong>selben Berufsausbildung des <strong>Kläger</strong>s und mit<br />

<strong>den</strong>selben medizinischen Behandlungsmetho<strong>den</strong> ausgeübt wird. Die Behandlung von<br />

Privatpatienten stellt daher keinen an<strong>der</strong>en Wirkungskreis als die Behandlung von<br />

Kassenpatienten dar. Bei einer auf Grundlage <strong>der</strong>selben Berufsausbildung ausgeübten<br />

Tätigkeit eines Freiberuflers können auf die Unterscheidung von Kun<strong>den</strong>kreisen<br />

gegründete Teilbetriebe nur dann gebildet wer<strong>den</strong>, wenn die unterschiedlichen<br />

Kun<strong>den</strong>kreise nicht nur in organisatorisch getrennten Praxen, son<strong>der</strong>n auch in<br />

voneinan<strong>der</strong> getrennten örtlich abgegrenzten Wirkungsbereichen abgewickelt wer<strong>den</strong><br />

(vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, §<br />

18 EStG Rz. 342). Insoweit besteht ein grundlegen<strong>der</strong> Unterschied zwischen einem<br />

Freiberufler und einem Gewerbetreiben<strong>den</strong>. Nach Auffassung des Senats besteht<br />

insoweit kein Anlass für eine Rechtsfortbildung, <strong>den</strong>n die für die freiberufliche Tätigkeit<br />

im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG charakter<strong>ist</strong>ische persönliche Arbeitsle<strong>ist</strong>ung<br />

des Berufsträgers (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 85/93, BStBl II 1995,<br />

732/734 m.w.N.), einem nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

wesentlichen Differenzierungsgrund nach Art. 3 Grundgesetz für die steuerliche<br />

Vorzugsstellung <strong>der</strong> freien Berufe im Vergleich zu <strong>den</strong> Gewerbetreiben<strong>den</strong> (vgl.<br />

BVerfG-Beschlüsse vom 25. Okt<strong>ob</strong>er 1977 1 BvR 15/75, BStBl II 1978, 125; vom<br />

9. Okt<strong>ob</strong>er 1990 2 BvR 146/90, HFR 1991, 614) schließt es aus, die betriebliche<br />

Organisationsform und nicht die auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Berufsausbildung ausgeübte<br />

Tätigkeit als <strong>den</strong> Kern <strong>der</strong> freiberuflichen Tätigkeit anzusehen.<br />

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.<br />

Diese Entscheidung fin<strong>den</strong> Sie auch in: DStRE 2003, 1086<br />

© Eine Gerichtsentscheidung aus <strong>der</strong> Entscheidungsdatenbank des Richard Boorberg Verlags<br />

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