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2001-09 Pommern-Kaschubien (Motorrad) - Volker Westphal

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Im innersten Stadtbereich gab es 1945 noch 2 wichtige<br />

Bauruinen, den Dom und das Schloss. Die Reste des<br />

geweihten Doms zu sprengen, trauten sich die Sowjets<br />

nicht. Das Schloss als Kleinod war feudal und musste<br />

deshalb verschwinden. Sprengung. Einziges Gebäude<br />

am Pregel blieben die Domruinen. Auf den Schlossruinen<br />

errichtete man 1980 einen Monumentalbau, das<br />

Haus der Räte. 2 Verwaltungstürme, je 15 Stockwerke,<br />

mehre Verbindungsbrücken , beste Lage der Stadt. Als<br />

das Gebäude bezugsfertig übergeben wird, versinkt es<br />

teilweise schon in den zu weichen Ruinen des gesprengten<br />

Schlosses und ist bis heute unbenutzbar.<br />

Nun hofft man auf eine Geldspende von erfolgreichen<br />

Russen aus dem Ausland, um diese bauliche Schande<br />

abzureißen. Von jedem perspektivischen Winkel der<br />

Innenstadt drückt die Ruine der ohnehin schmucklosen<br />

Stadt ihren kaputten Stempel auf. Es ist hier erschreckend<br />

viel zu tun, doch zur Zeit ist erst einmal jeder<br />

Bewohner mit seinem eigenen Überlebenskampf in der<br />

neuen ungewohnten Ellbogengesellschaft beschäftigt.<br />

Auf der Strecke bleiben die Alten, Schwachen und<br />

Kranken.<br />

Wir besteigen noch schnell den Domturm, in dem man<br />

ambulant erst einmal ein paar stadtkundliche Museen<br />

eingerichtet hat, um überhaupt für den Erhalt der Dom-<br />

Substanz eine kleine Einnahmequelle zu haben. Es<br />

will hier und heute bei uns nicht so rechte Entdeckerfreude<br />

aufkommen. Wir sind nicht unglücklich, um<br />

16.30 Uhr wieder in unserem Tragflächenboot nach<br />

Elblag zu sitzen. Ein interessanter Reisetag war es<br />

allemal. Plötzlich sehen wir Polen in einem viel angenehmeren<br />

Licht und fühlen uns nach 2 Stunden bei der<br />

Ankunft in Elblag fast wie zu Hause. Übers Haff fahren<br />

wir einem schönen Sonnenuntergang entgegen.<br />

Unsere Autos stehen unbehelligt vor dem Fährterminal<br />

und der Hauswart lehnt ein kleines Trinkgeld entrüstet<br />

ab. Wir seien die Gäste und man hätte selbstverständlich<br />

gut aufgepasst. So begeben wir uns mit einem<br />

guten Gefühl auf die Rückfahrt entlang der Küstenstrasse<br />

nach Westen, über die Weichselbrücke und an<br />

Gdansk vorbei nach Paraszyno. Unterwegs in einem<br />

hypermodernen Vorzeigeeinkaufszentrum stoppen wir<br />

und stillen unseren Hunger bei einem schmackhaften<br />

Fast-Food-Chinesen. Kurz nach 22.00 Uhr erreichen<br />

wir glücklich unser Dworek. 183 PKW-Tageskilometer.<br />

Sonnabend, 7. Sept., Karthaus<br />

16°C,Starkwind nordwest, Regenschauer!<br />

Schnell ist uns schon vor dem Frühstück klar, dass es<br />

heute kein <strong>Motorrad</strong>tag mehr werden wird. Es ist graues<br />

Wetter und sehr windig. Während des Frühstücks<br />

beginnt es zu regnen und das nimmt uns den Tageselan.<br />

So lassen wir den letzten Aufenthaltstag ruhig<br />

angehen. Wir wollen mit den PKW heute auf einer<br />

anderen Route das Gebiet der Kaschubei abfahren.<br />

Nach 45 km erreichen wir die Stadt Kartuzy/Karthaus,<br />

dem wirtschaftlichen Zentrum des Gebietes. Ein Ort<br />

vergleichbar der Größe von Boizenburg mit teilweise<br />

noch alter Bausubstanz.<br />

Im örtlichen Heimatmuseum erfahren wir einiges über<br />

die Armut dieser Gegend in vergangenen Jahrhunder-<br />

8<br />

ten und die hiesige Töpferkunst. Auch der Einfallsreichtum<br />

der Bauern und Tagelöhner wird vorbildlich<br />

dokumentiert. Stolz ist man auf die eigene Sprache der<br />

Kaschuben, die nur noch die Alten kennen. Zur Zeit<br />

liegt das Interesse der Menschen hier mehr beim Erwerb<br />

westlicher Luxusgüter. Es sind mehr die Touristen,<br />

die dem Volksmuseum ihren Tribut zollen. Wir<br />

fahren weiter nach Süden und sehen uns ein Freilichtmuseum<br />

an. Viele Parallelen zur norddeutschen<br />

Vergangenheit sind zweifelsfrei vorhanden, jedoch<br />

mutet der Stil der alten Architektur schon sehr östlich<br />

an. Es ist wirklich eine Mischung aus West und Ost,<br />

Deutschland und Russland, wir sind im Übergangsgebiet,<br />

in dem wir uns ja tatsächlich auch befinden.<br />

Der Wind schlägt um in Sturm und wir müssen aufgrund<br />

des Wetters und der schlechten Straßen auf<br />

Bytow, dem Anwesen der Bismarcks verzichten. So<br />

treten wir bald die Rückfahrt zum Dworek an. Als es<br />

gerade wieder einmal trocken ist, beschließen wir, die<br />

Zeit bis zu unserer Abendeinladung zum Beladen unserer<br />

Trailer zu nutzen. Kaum haben wir begonnen, als<br />

es zu stürmen und zu schütten beginnt. Otto und Dieter<br />

haben viel Arbeit mit dem Verzurren der Maschinen<br />

auf dem Universalhänger. Annegret hält für einen Moment<br />

die Balance der jeweiligen Maschine, dass dann<br />

<strong>Volker</strong> schnell mit 8 Schnellspanngurten an den entsprechenden<br />

Ösen die 2 schweren Motorräder anlaschen<br />

und festspannen kann. Alle sind wir klitschnass<br />

bis aufs Hemd, als die Belad-Prozedur erledigt ist.<br />

Zwischenzeitlich hat Otto die Gesamtrechnung für Kost<br />

und Logis erhalten. Es macht viel Mühe die Berechnungsvorgänge<br />

der Chefin nachzuvollziehen. Doch mit<br />

westlicher Akribie und Unverdrossenheit scheint nach<br />

Stunden das Unmögliche möglich zu werden. Durchblick<br />

macht sich breit und Slawek und Otto starten ihre<br />

Kollekte, Zloty und DM wechseln die Besitzer, Scheckkarten<br />

werden gezückt, Geld getauscht und rückgewechselt<br />

bis wir dann alle einig sind, so gut wie gar<br />

nicht übers Ohr gehauen worden zu sein. So soll es<br />

sein, doch ein doppelten Toast auf Ottos finanziellen<br />

Nachrechnungswillen! Leider bleibt auch heute kaum<br />

Zeit, den klammen Körper einmal eine Stunde aufzuwärmen.<br />

Unser enges Programm drückt. Das vielleicht<br />

noch mit einer größeren Gruppe?!? Wir huschen unter<br />

die heiße Dusche und müssen uns sputen, um mit<br />

unseren PKW zu Slaweks Eltern die 25 km nach Nowa<br />

Wies bei Lebork zu fahren. Hier sind wir zum Abschieds-Abendessen<br />

eingeladen. Es gibt frische<br />

Früchte, Pute und gebratenes Huhn, Blumenkohl, Pilze,<br />

Kartoffeln und viel Sauce, die die fleißige Hausfrau<br />

für mal wieder für insgesamt 11 Erwachsene in einer<br />

Miniküche zubereitet hat.<br />

Bei nachfolgendem Kaffee und selbstgebackenem<br />

Kuchen haben wir alle viel Freude beim Betrachten der<br />

Bilder über das Fernsehgerät, die Herr Otto und Frau<br />

Maria mit ihrer Canon-Digitalcamera während der Aufenthaltswoche<br />

geschossen haben. Da wir im Dworek<br />

bis 22.00 Uhr zu erscheinen haben, rufen wir um 23.00<br />

Uhr an, um uns verspätet anzumelden. Es wird fast<br />

Mitternacht, als wir satt und müde an der verschlossenen<br />

Tür mehrfach und heftig klopfen müssen, bis uns<br />

eine mürrische Bedienung verschlafen die Tür öffnet.

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