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2001-09 Pommern-Kaschubien (Motorrad) - Volker Westphal

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genießen den polnischen Abend. Tageskilometer 220,<br />

Motorräder pannenfrei!<br />

Dienstag, 4. Sept., Zoppot & Danzig<br />

18°C, Sonnenschein, vereinzelt Schauer.<br />

Um 10.15 Uhr sind wir gefrühstückt mit den PKW auf<br />

der Nebenstrecke nach Sopot/Zoppot. Parken können<br />

wir sicher auf dem Parkplatz von Slaweks Universität<br />

zentral im Ort. Wir verschließen die PKW sicher mit<br />

Kralle und Wegfahrsperre. <strong>Volker</strong> hat in den VW-Jetta<br />

eine Wegfahrsperre eigener Art eingebaut: 2 versteckte<br />

Schalter und ein einzustöpselnder Klinkenstecker<br />

3,5 mm unterbrechen zuverlässig die Zündspule und<br />

die Benzinpumpe des KFZ. Zu tief sitzt noch der<br />

Schreck des Autodiebstahls vor der Haustür vor ca.<br />

vier Wochen.<br />

So laufen wir unbesorgt die zehn Minuten Fußweg ins<br />

Herz der Stadt. Überall begegnet uns noch der deutsche<br />

Ostseeklinker-Baustil aus der Zeit der Jahrhundertwende<br />

und davor. Auch heute ist Sopot wieder ein<br />

sehr wichtiger Ostsee-Ferienort. Erhalten ist die nordische<br />

Kirche, das Kurhaus und viele Jugendstilhäuser.<br />

Wir laufen auf die schöne neue Mole, die mit deutscher<br />

Finanzhilfe rekonstruiert wurde und können von dort<br />

auf die Hafen- und Werftanlagen von Gdansk blicken.<br />

Sopot ist ein hübscher Ostseeort; wir lutschen an einem<br />

polnischen Langnese-Eis und genießen den Sonnenschein.<br />

Wenige Meter von der Fußgängerzone<br />

haben Historiker ein alten Dwor liebevoll restauriert.<br />

Nicht nur architektonisch ein Leckerbissen, sondern im<br />

Inneren befindet sich eine permanente Ausstellung mit<br />

Zeitzeugen aus der Zeit der Jahrhundertwende und<br />

friedlich polnisch-deutscher Koexistenz. Polnischer<br />

Kronprinz und deutsches Blaublut beim Boccia und<br />

beim Segeln, deutsche Literaten und polnische Lebensart<br />

friedlich miteinander. Ein besuchenswertes<br />

Gebäude, welches zum Stöbern und Nachdenken<br />

einlädt. Danach begeben wir uns durch Straßen mit<br />

Ferienpensionen aus der Zeit der Jahrhundertwende<br />

und entdecken sogar noch alte deutsche Wandreklamen<br />

an Geschäftshäusern. Zurück zum Parkplatz ist<br />

nicht weit und wir müssen bis 15.00 Uhr bei unserem<br />

gebuchten Stadtführer an der Marienkirche in<br />

Gdansk/Danzig an der Mottlau sein.<br />

Schnell finden wir an der Stadtmauer einen zentralen<br />

bewachten Parkplatz und unser eingeborener Slawek-<br />

Reiseleiter erweist sich als Riesen-Problemlöser. Lückenlos<br />

startet die Stadtführung bei der Marienkirche,<br />

der Welt größte Backsteinkathedrale von Anno 1263,<br />

die heute 24.000 stehenden Personen Platz bietet.<br />

Alles an dieser Innenstadt war durch Engländer und<br />

Amerikaner zerstört. Die Rote Armee hat den Rest<br />

erledigt und die Polen haben mit einfachen Nachkriegsmitteln<br />

schon in den fünfziger und sechziger<br />

Jahren die Kirchen und die Innenstadtstraßen wieder<br />

rekonstruiert. Die Fassaden hat man original wiederhergestellt<br />

und die Gebäude dahinter natürlich modern<br />

und licht gebaut.<br />

Das touristische Auge kann diese Details kaum erkennen<br />

und das Stadtbild wirkt auf uns im Großen und<br />

Ganzen sehr unversehrt. In der Gegend des Krantors<br />

4<br />

sieht man vereinzelt noch zerstörtes Stadtspeichergelände<br />

auf der gegenüberliegenden Seite der Mottlau.<br />

Auch liegt hier das erste von der Danziger Großwerft<br />

gebaute Frachtschiff nach dem 2. Weltkrieg als Museumsschiff<br />

vor Anker. Dem oberflächlichen Stadtbetrachter<br />

bietet sich ein gesundes intaktes Stadtbild.<br />

Beim näheren Hinsehen erkennt man doch die großen<br />

Kriegsnarben dieser ewig von Ost oder Nord oder<br />

West gebeutelten Hafenstadt. Zeughaus mit modernem<br />

Inneren, Goldenes Tor mit anschließender Langgasse<br />

mit den schönen Fassaden der alten Innenstadt,<br />

Artushof mit Neptunbrunnen und dem einmaligen<br />

Rechtsstädtischen Rathaus-Klinkerbau. Parallel dazu<br />

das Kleinod, die hübsche Frauengasse mit den einladenden<br />

Bernsteinläden und der Lange Markt.<br />

Die Katharinenkirche von 1326 und die Brigittenkirche<br />

mit dem Mahnmal des Märtyrers Pater Popieluzko und<br />

der engen Verbindung mit dem dramatischen Kampf<br />

der Danziger Werftarbeiter um ihre Rechte und die<br />

Legalisierung der Gewerkschaft „Solidarnosc“. Dazu in<br />

der Szeroka das Restaurant „Pod Lososiem = Der<br />

Lachs“, wo 1598 der Holländer Ambrosius Vermoellen<br />

das weltbekannte „Danziger Goldwasser“ erstmals<br />

herstellte.<br />

Die Stammgäste waren hier die reichsten Danziger<br />

Patrizier und ausländischen Kaufleute, Schiffsreeder,<br />

Makler, Segler, Reisende sowie Diplomaten, Philosophen<br />

und Literaten, die das legendäre Goldwasser am<br />

Ort der Fabrikation probieren wollten. Das Rezept ging<br />

1945 mit auf die Flucht nach West-Deutschland. Hier<br />

wird heute nach wie vor der Orangenlikör mit dem<br />

Blattgold hergestellt und ist ein beliebter Re-Import als<br />

Mitbringsel nach Deutschland. Die Tradition der Verkostung<br />

an Ort und Stelle soll nicht verloren gehen und<br />

so werden wir im vorbildlich gepflegten Restaurant ein<br />

Goldwasser verkosten. Für vergleichsweise günstige<br />

DM 5,50 heißt man uns stilvoll willkommen. Ein livrierter<br />

Empfangschef komplimentiert uns freundlich und<br />

bestimmt aus dem Touristen-Blouson und verschließt<br />

die Garderobe; natürlich fühlen wir uns in unserem<br />

Outfit etwas fehl am Platze. Doch macht es viel Freude,<br />

diese außerordentlich gepflegte Restaurant-<br />

Atmosphäre für ein paar Minuten bei einem Danziger<br />

Goldwasser zu genießen. Das Restaurant hat eine<br />

Reihe von kulinarischen Auszeichnungen erworben,<br />

u.a. die „Silberne Pfanne“ und den „Orden von Pomian“.<br />

Auch Slawek hat Spaß an diesem gepflegten Ort<br />

und wir hoffen, dass wir hier unser Abendessen einnehmen<br />

könnten. Aber natürlich ist das Restaurant<br />

lange ausgebucht und wir beschränken uns für heute<br />

auf das Fotografieren der abendlichen Menükarte, die<br />

allein für sich ein Kunstwerk ist.<br />

Schon bald müssen wir weiter zum Neptunbrunnen.<br />

Dort erwartet uns Waldek mit seiner charmanten Verlobten<br />

Ala, die mit Slawek und uns in der Langgasse<br />

im guten Restaurant „Euro“ essen werden. Wir verleben<br />

zum Sonnenuntergang einen schönen Abend mit<br />

gepflegter Gastlichkeit. Waldek, der bei Dr. Oetker in<br />

Gdansk arbeitet, bleibt in der Stadt und wir fahren<br />

nach einem erfülltem Tag mit 2 PKW zurück in unser<br />

Dworek. Zu spät, wie meist, werden wir dort sein. Slaweks<br />

Mobiltelefon hilft. Wir benachrichtigen die ge-

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