Lösungshilfe - Bayern
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Prüfungsdauer:<br />
90 Minuten<br />
Abschlussprüfung 2008<br />
an den Realschulen in <strong>Bayern</strong><br />
Kunsterziehung Aufgabengruppe A<br />
LÖSUNGSHILFE<br />
Vorbemerkung:<br />
● Die Erstellung eines Erwartungshorizontes und die Benotung erfolgen durch den<br />
jeweiligen Lehrer in pädagogischer und fachlicher Verantwortung. Die vorliegende<br />
<strong>Lösungshilfe</strong> kann dazu herangezogen werden.<br />
● Selbstverständlich sind auch andere richtige Lösungen zu akzeptieren, die die <strong>Lösungshilfe</strong><br />
nicht vorsieht.<br />
● Der stichpunktartige Aufbau berücksichtigt nicht die durch die Fragestellung implizierte<br />
Antwortform (z. B. ausführliche Beschreibung bei „Erläutern Sie …“).<br />
● Auch ungewöhnliche Schülerlösungen im Bereich II, die die eigene Meinung kundtun,<br />
sollen positiv bewertet werden, solange sie begründet sind.<br />
Kunstgeschichte: Malerei der Renaissance<br />
I.<br />
Die Renaissance stellt den Beginn der Neuzeit dar. Politische, kulturelle und weltanschauliche<br />
Veränderungen führten zu großen Neuerungen in der Kunst.<br />
1. Beschreiben Sie diese Veränderungen, die den zeitgeschichtlichen Hintergrund darstellen.<br />
• beginnende Aufklärung: Vernunft als Maßstab aller Handlungen<br />
• Der Mensch wird zum Maß aller Dinge: neues Selbstbewusstsein des Renaissance-<br />
Menschen, „uomo universale“ als erstrebenswertes Ideal<br />
• Humanismus: Studium der Sprachen, der Literatur, der Geschichte und Philosophie als<br />
Selbstzweck innerhalb eines weltlichen, nicht religiösen Systems<br />
• erste Universitäten und Schulen<br />
• Reformation<br />
• Wiederentdeckung der Antike<br />
• Grabungen, Vermessungen und Rekonstruktionen der antiken Denkmäler<br />
• Sammlung von Münzen, Reliefs und Statuen zu Studienzwecken<br />
• systematisches Studium und Veröffentlichung der Schriften antiker Dichter und Philosophen<br />
• steigende Bedeutung des Bürgertums: die Patrizierfamilien als Mäzene und Auftraggeber<br />
• Weiterentwicklung der Naturwissenschaften<br />
• Entdeckungen wie z. B. Kolumbus – Amerika<br />
• Erfindungen wie z. B. Kompass, Taschenuhr, Schießpulver, bewegliche Lettern (Gutenberg)<br />
• Kopernikanische Wende: heliozentrisches Weltbild<br />
2. Neue Erkenntnisse werden vor allem in der Raumdarstellung gewonnen.<br />
Erläutern Sie diese.<br />
• Frührenaissance: Brunelleschi entdeckt die Zentralperspektive:<br />
• Horizont verläuft waagrecht und befindet sich in Augenhöhe des Betrachters.<br />
• In die Tiefe laufende parallele Linien treffen sich im Fluchtpunkt, der auf der<br />
Horizontlinie liegt.<br />
• Ab der Hochrenaissance wird die Farbperspektive zur tiefenräumlichen Gliederung<br />
eingesetzt:<br />
• im Vordergrund warme, kräftige, im Hintergrund kalte, verblassende Farben
• Luftperspektive:<br />
• undeutlichere Darstellung der Gegenstände mit zunehmender Entfernung<br />
• Auflösung und Verschwimmen der Umrisse (Leonardo da Vinci: sfumato)<br />
• mit zunehmender Entfernung: blaustichiger und heller<br />
3. In der Hochrenaissance war das Bestreben besonders ausgeprägt, die Wirklichkeit zu<br />
idealisieren. Dies zeigt sich auch in der Darstellung des Menschen und in der<br />
Bildkomposition. Begründen Sie diese Aussage.<br />
Darstellung des Menschen:<br />
• Ziel: Darstellung des klassisch „schönen“ Menschen<br />
• Albrecht Dürer, Leonardo da Vinci:<br />
• Ergründen einer Gesetzlichkeit der idealen Proportionen<br />
• Zusammentragen der Elemente des „schönen“ Menschen zu einer maximalen, idealen<br />
Schönheit<br />
• die Darstellung des schönen Menschen als wissenschaftliches Ergebnis, bzw. als „Idee“ des<br />
Künstlers<br />
• der Mensch als Einheit von Körper, Geist und Seele<br />
Bildkomposition:<br />
• Ziel: Erzeugen von Harmonie<br />
• überschaubare, symmetrische Anordnung der Bildgegenstände<br />
• klare Gliederung durch Senkrechte, Waagrechte und Diagonale<br />
• Einpassung der Bildgegenstände in geometrische Grundformen wie Dreieck, Oval, Rechteck<br />
• Bevorzugung des goldenen Schnitts<br />
• klarer Aufbau in Vorder-, Mittel- und Hintergrund<br />
4. Die Malerei der Renaissance lässt sich in Früh-, Hoch- und Spätrenaissance einteilen.<br />
Nennen Sie jeweils zwei Künstler mit je einem Werk.<br />
Frührenaissance (1420-1500): z. B.:<br />
• Sandro Botticelli: Geburt der Venus<br />
• Massacio: Hl. Dreifaltigkeit<br />
• Andrea Mantegna: Beweinung Christi<br />
Hochrenaissance (1500-1530): z. B.:<br />
• Leonardo da Vinci: Das letzte Abendmahl<br />
• Raffael Santi: Die Vermählung Mariä<br />
• Michelangelo Buonarotti: Decke der Sixtinischen Kapelle<br />
• Tizian: Kaiser Karl V.<br />
• Albrecht Dürer: Selbstbildnis im Pelzrock<br />
• Albrecht Altdorfer: Alexanderschlacht<br />
• Hans Holbein d. J.: Die Gesandten<br />
Spätrenaissance (1530-1570): z. B.:<br />
• Parmigianino: Die Madonna mit dem langen Hals<br />
• Tintoretto: Auffindung der Reliquien des hl. Markus
II.<br />
Kunstbetrachtung: Bildvergleich Barock - Wegbereiter der Moderne - Internetfoto<br />
Das Thema Spielen wurde in den verschiedenen Kunstepochen immer wieder in Bildern<br />
dargestellt.<br />
Ihnen liegen die Reproduktionen folgender Gemälde vor:<br />
Georges de la Tour (1593-1652): „Der Falschspieler mit dem Karo-Ass“ (um 1620), Öl auf<br />
Leinwand, 106 x 146 cm<br />
Paul Cézanne (1839-1906): „Zwei Kartenspieler“ (1890-92), Öl auf Leinwand, 45 x 57 cm<br />
1. Beschreiben Sie den Inhalt eines der beiden Bilder.<br />
„Der Falschspieler mit dem Karo-Ass“ von Georges de la Tour:<br />
Das Bild zeigt zwei Männer und eine Dame in der Tracht der Zeit um 1600 beim Kartenspiel.<br />
Sie sitzen dicht gedrängt an einem schmalen Tisch. Der dunkle Hintergrund ist nicht<br />
definierbar. Das Zentrum bildet die kostbar gekleidete, tief dekolletierte Dame, die fast in der<br />
Bildmitte platziert ist und als einzige nicht im Profil zu sehen ist. Auffällig ist ihre rote<br />
Kopfbedeckung. Ganz nahe neben ihr steht eine Dienerin, die ein Weinglas und eine Flasche<br />
Wein in Händen hält. Die Dame blickt die Dienerin schräg aus dem Augenwinkel an. An der<br />
linken Stirnseite des Tisches sitzt der Falschspieler, den Rücken dem Betrachter halb<br />
zugedreht, so dass sein Betrug offensichtlich wird: Hinterrücks zieht er ein Karo-Ass aus dem<br />
Gürtel, lässt seinen Blick etwas gelangweilt vom Spielgeschehen abschweifen. Nur der<br />
prunkvoll gekleidete, jugendliche Gast, der vor sich ein beträchtliches Häufchen Münzen<br />
liegen hat, blickt konzentriert in seine Karten. Er trägt ein rotes, schräg auf dem Kopf sitzendes<br />
Barett mit orange gefärbter Straußenfeder sowie eine kostbar bestickte Seidenweste.<br />
„Zwei Kartenspieler“ von Paul Cézanne:<br />
Zwei Männer sitzen sich beim Kartenspiel an einem Holztisch gegenüber. Die im Profil<br />
gemalten Kartenspieler haben Hüte auf. Der eine trägt einen beigefarbenen Zylinder, der<br />
andere einen blauen Schlapphut und mit beiden Händen halten sie ihre Karten. Die Neigung<br />
der Köpfe und die gesenkten Blicke der Männer vermitteln eine selbstvergessene<br />
Versunkenheit in das Spiel. Der Pfeife rauchende Mann auf der linken Seite sitzt aufrecht und<br />
steif. Er hat den Rücken an die gerade Lehne des Stuhls gedrückt. Er trägt ein graublaues<br />
Sakko und eine hellbeigefarbene Hose. Sein Partner, mit einem beigefarbenen Sakko und einer<br />
blauvioletten Hose gekleidet, sitzt leicht nach vorne gebeugt und stützt seine Unterarme auf<br />
dem Tisch auf. Darauf befinden sich eine orangefarbene Tischdecke und eine Flasche Wein<br />
mit deutlichem Lichtreflex. Im Hintergrund deutet sich der Ausblick in einen undefinierbaren<br />
Landschaftsraum an. Man glaubt auch die Spiegelung des Spielerpaares in einem Fenster<br />
erkennen zu können.<br />
2. Vergleichen Sie die beiden Gemälde in Stichpunkten hinsichtlich<br />
a) Malweise,<br />
b) Licht und<br />
c) Raum.<br />
Malweise<br />
„Der Falschspieler mit dem Karo-Ass“ „Zwei Kartenspieler“<br />
• sehr genaue Malweise<br />
• lasierende Malweise<br />
• keine erkennbaren Pinselstriche<br />
• pastoser Farbauftrag in mehreren<br />
Schichten<br />
• deutlich sichtbare, grobe Pinselstriche<br />
• formende Pinselführung<br />
• zum Teil parallel verlaufende<br />
„Farbschraffuren“
Licht • künstliche Lichtquelle, die sich<br />
links oben, außerhalb der Bildfläche<br />
befindet (Kellerlukenlicht)<br />
• starke Licht-Schattenverhältnisse:<br />
• z. B. heller Rücken des<br />
Falschspielers im Kontrast zu<br />
seinem Gesicht<br />
• Schlag- und Körperschatten:<br />
• z. B. aufgestützter Arm des<br />
Falschspielers<br />
• Lichtreflexe:<br />
• z. B. an dem Weinglas<br />
• Lichtschimmer hinter dem Kopf des<br />
jungen Spielers<br />
Raum • klare Einteilung in:<br />
• Vordergrund:<br />
• junger Kartenspieler<br />
• Falschspieler, Tisch und Frauen<br />
• Hintergrund:<br />
• undefinierbar, schwarz<br />
• Überschneidungen:<br />
• z. B.: Arm des Falschspielers<br />
und der Dienerin<br />
• perspektivisch richtige Darstellung<br />
• klare Festlegung des<br />
Betrachterstandpunktes:<br />
• von vorne, leicht unten<br />
• geringe Raumtiefe, da die Vier dicht<br />
nebeneinander sitzen<br />
• nicht greifbare Raumgrenze durch<br />
den schwarzen Hintergrund<br />
• keine bestimmte Lichtquelle,<br />
wahrscheinlich gleichmäßige<br />
Beleuchtung durch das Tageslicht<br />
• Schlag- und Körperschatten:<br />
• z. B. Ärmel<br />
• Besonderheit: Lichtreflex an der<br />
Flasche<br />
• Einteilung in Vorder- und Hintergrund:<br />
• Vordergrund:<br />
• Karten und Tisch<br />
• Hintergrund:<br />
• schwach erkennbare, getäfelte<br />
Wand und Fenster<br />
• Überschneidung:<br />
• z. B. Kartenspieler und Wand<br />
• Verzicht auf perspektivische<br />
Richtigkeit:<br />
• z. B. nach oben geklappte<br />
Tischplatte<br />
• unklarer Betrachterstandpunkt; eher<br />
von vorne unten<br />
• in begrenztem Maße Anwendung der<br />
Zentralperspektive:<br />
• Aufeinanderzulaufen der<br />
Tischkanten<br />
• geringe Raumtiefe:<br />
• Tisch nahe an der Wand, kein<br />
Durchblick durch das Fenster<br />
• Farbperspektive:<br />
• warme Farben (Tisch und Tuch) im<br />
Vordergrund<br />
• Modulieren der Farbe
Zusätzlich liegt Ihnen ein aktuelles Foto aus dem Internet zum Thema „Computerspiele“ vor.<br />
Es wird deutlich, dass in den drei Bildern das Spiel einmal als Mittel zum Betrug (Georges de<br />
la Tour), als nachdenkliches Zusammenspiel (Cézanne) und als isoliertes Spielverhalten<br />
(Foto LAN-Party) aufgezeigt wird.<br />
3. Nehmen Sie dazu Stellung, indem Sie das Foto mit einem der beiden Gemälde<br />
vergleichen.<br />
„Der Falschspieler mit dem<br />
Karo-Ass“<br />
Spiel als Mittel zum Betrug<br />
• direkter Kontakt der<br />
Spieler zueinander<br />
• sitzen gemeinsam am<br />
Tisch<br />
• Abwicklung der<br />
Verschwörung durch<br />
Blicke, die das Opfer<br />
nicht sehen darf;<br />
• nur der junge Gast blickt<br />
konzentriert in seine<br />
Karten.<br />
• angespannte Situation:<br />
• Spiel um Geld<br />
• symbolische<br />
Verdunkelung der<br />
Umgebung<br />
„Zwei Kartenspieler“ Foto LAN-Party<br />
Zusammenspiel<br />
• direkter Kontakt der<br />
Spieler zueinander<br />
• sitzen gemeinsam am<br />
Tisch<br />
• Blicke signalisieren<br />
Versunkenheit in die<br />
Spielsituation<br />
• Selbstvergessenheit<br />
• entspannte<br />
Spielsituation:<br />
• emotionsloser<br />
Gesichtsausdruck<br />
• Wirtshaus<br />
Isolation<br />
• Spiel durch ein Medium<br />
• Spieler in Rückansicht,<br />
Blick auf den Monitor<br />
• Spieler von der Seite mit<br />
Kopfhörern, Blick auf den<br />
Monitor<br />
• Anonymität der Spieler<br />
• Versunkenheit in eine<br />
virtuelle Welt<br />
• improvisierte, private<br />
Raumsituation