Vorlesung Marktforschung - TU Berlin
Vorlesung Marktforschung - TU Berlin
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<strong>Vorlesung</strong> <strong>Marktforschung</strong><br />
1 Methodologie / Messtheorie<br />
2 Erhebungsverfahren<br />
Sommersemester 2010<br />
Sekr.: Wilmersdorfer Straße 148, 10585 <strong>Berlin</strong>; Raum 303; Hauspost WIL-B-3-1, Tel: +49 (0)30 3142 2266, www.marketing-trommsdorff.de; Assistenz: klaus.heine@marketing-trommsdorff.de<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff
Wo man alles für diese <strong>Vorlesung</strong> Relevante findet<br />
Alle Lehrstuhlinformationen und auch die Charts zum Herunterladen:<br />
www.marketing-trommsdorff.de<br />
zum Download bitte registrieren (Grundlage für den Email-Verteiler „Aktuelles für Hörer im SoSe 2010)<br />
www.marketing.tu-berlin.de/menue/studium_und_lehre/lehrveranstaltungen_hauptstudium/downloads_hauptstudium/<br />
Pflichtlektüre außer den <strong>Vorlesung</strong>s-Charts:<br />
1) Hammann/Erichson, <strong>Marktforschung</strong>, ab 3. Aufl. – oder ein anderes Mafo-Lehrbuch<br />
2) Auszüge aus einem wissenschaftlichen (!) Marketing-Lehrbuch, z.B.<br />
Homburg/Krohmer, Marketing Management, 2003 oder neue Auflage<br />
3) Auszüge aus einem guten Datenanalyse-Lehrbuch, z.B.<br />
Backhaus u.a., Multivariate Datenanalyse, ab 11. Aufl. 2006<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 2
Weitere Veranstaltungen im BWL-Hauptstudium im Sommersemester<br />
• <strong>Vorlesung</strong> Marketing I Konsumentenverhalten und Werbung<br />
• Übung (Unternehmensplanspiel) MARKSTRAT shahid@marketing-trommsdorff.de<br />
Anmeldung bis 15.4. über die Lehrstuhl-Homepage, begrenzte Teilnehmerzahl<br />
• Übung Datenanalyse mit SPSS shahid@marketing-trommsdorff.de<br />
Anmeldung bis 15.4. über die Lehrstuhl-Homepage, begrenzte Teilnehmerzahl<br />
• Empirische Projektübung<br />
Anmeldung und Einführung Dienstag 13.4.2010 10.00 Uhr Raum H 3002<br />
Wirtschaftsingenieure müssen sich hierfür im Prüfungsamt anmelden<br />
• Hauptseminar<br />
• Verlängerte Anmeldefrist heute 12.4.2010 – auf der Lehrstuhl-Homepage<br />
• Innovationswerkstatt – August/September 2010, siehe Lehrstuhl-Homepage<br />
• Summer School Shanghai – August 2010, siehe Lehrstuhl-Homepage<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 3
Mo 10.15-11.45 <strong>Marktforschung</strong><br />
Datum Thema / Gastvorlesung<br />
12.4. Methodologie / Messtheorie<br />
19.4. Erhebungsverfahren<br />
26.4. GV Dr. Marc Drüner „<strong>Marktforschung</strong> in der Consulting-Praxis“<br />
3.5. <strong>Marktforschung</strong>s-Designs / Stichproben<br />
10.5. Segmentierung: Clusteranalyse / Diskriminanzanalyse<br />
17.5. Positionierung: Faktorenanalyse und Mehrdimensionale Skalierung<br />
24.5. Pfingsten<br />
31.5. GV Dr. Gilbert Heise „<strong>Marktforschung</strong> in der Volkswagen AG“<br />
7.6. Marketing-Wirkungsforschung: Regressionsanalyse<br />
14.6. Experimentelle <strong>Marktforschung</strong>: Varianzanalyse<br />
21.6. Komplexe Ursachenforschung: Kovarianzstrukturanalyse<br />
28.6. Nutzenmessung: Conjoint-Analyse<br />
5.7. GV Axel Bichler: Conjoint-Analyse in der Praxis<br />
12.7. Klausur<br />
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Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 4
Agenda<br />
• Wissenschaftstheorie<br />
• Wissenschaftliche Sprachregelung<br />
• <strong>Marktforschung</strong> Grundbegriffe<br />
• Arten der Datenerhebung<br />
• Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
• Messtheoretische Grundlagen<br />
• Messtheorie Gütekriterien<br />
• Erhebungsverfahren<br />
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Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 5
Wissenschaftstheorie<br />
Definitionen<br />
Realdefinition:<br />
Bemühen, das “reale Wesen”<br />
eines Begriffes auszudrücken.<br />
Analytische Definition:<br />
Realdefinition durch Bedeutungsanalysen:<br />
Welche Designata schreiben die<br />
Verwender dem Begriff zu?<br />
Arten<br />
Nominaldefinition:<br />
Reines Gleichsetzen von<br />
sprachlichen Zeichen,<br />
Sprachreglung<br />
Operationale Definition:<br />
besondere Art von<br />
Nominaldefinition, bei der das<br />
Definiens als Messvorschrift für das<br />
Designatum verstanden wird<br />
Operationales Definieren von Begriffen der Marketingtheorie steht im Mittelpunkt der<br />
methodischen <strong>Vorlesung</strong>.<br />
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Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 6
Wissenschaftstheorie<br />
Wissenschaftliche Sprachregelung<br />
• Meta-Sprache: Sprache über Sprache, z.B. Definitionen<br />
• Definition: Zuordnung eines Terminus zu einem Begriff,<br />
der bis dahin durch umständliche Umschreibung<br />
(viele Termini mit dahinterliegenden Begriffen)<br />
bezeichnet werden musste.<br />
• Syntaktische Ebene: Definiens Menge von Termini ein Terminus Definiendum<br />
• Semantische Ebene:<br />
Menge von<br />
Begriffen<br />
ein Begriff<br />
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Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 7
Wissenschaftstheorie<br />
Definitionen – Fortsetzung<br />
Definiens Definiendum<br />
umschreibende Termini,<br />
umständliche sprachliche<br />
Kennzeichnung des Designatum<br />
Ausmaß, in welchem<br />
Konsumenten dazu neigen,<br />
regelmäßig dieselbe Marke eines<br />
Produkts zu kaufen<br />
Beispiele<br />
zu definierender Terminus, der als<br />
knappe Kennzeichnung für einen<br />
Begriff für das selbe Designatum<br />
stehen soll<br />
„Markentreue“<br />
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Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 8
Wissenschaftstheorie<br />
Prüfung von Definitionen<br />
Kriterien:<br />
Es gibt weder wahre noch falsche Definitionen,<br />
nur zweckmäßige und unzweckmäßige!<br />
Geltung / Konsistenz Wie unterschiedlich wird der Terminus verwendet?<br />
Präzision / Operationalität Wie eindeutig ist die Zuordnung Terminus -<br />
Designatum?<br />
Gültigkeit / Validität Eigentlich eine Frage nach der Wahrheit - nicht<br />
beantwortbar!<br />
Operationale Definitionen können aber empirisch<br />
versagen.<br />
Fruchtbarkeit Ist der definierte Begriff theoretisch tauglich?<br />
Hat er in vielen Zusammenhängen (Theorien)<br />
Bedeutung?<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Wissenschaftliche Aussagen<br />
Spekulation Hypothese Gesetz<br />
(zunehmender Reifegrad von Aussagen)<br />
Hypothese = begründete, aber nur mehr oder weniger bewährte<br />
Aussage<br />
Gesetz = bewährte, nicht widerlegte Hypothese<br />
Theorie = System von konsistent verknüpften Hypothesen<br />
Axiom = für wahr hingenommene Aussage,<br />
Ausgangspunkt für logische Aussagen<br />
Theorem = aus einem relativ allgemeinen Aussagensystem<br />
abgeleitete relativ spezielle Aussage<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Falsifizieren – Verifizieren<br />
Allsätze<br />
(nomologische Aussagen)<br />
Nicht verifizierbar<br />
Eine einzige konträre<br />
Beobachtung reicht, um sie zu<br />
falsifizieren.<br />
Falsifizieren: endgültig als falsch erweisen<br />
Verifizieren : endgültig als wahr erweisen<br />
Es-gibt-Sätze<br />
(Existenz-Aussagen)<br />
Nicht falsifizierbar<br />
Eine einzige stimmige<br />
Beobachtung reicht, um sie zu<br />
verifizieren.<br />
Dass ein Allsatz nicht verifiziert werden kann, heißt nicht, daß die Aussage nicht wahr<br />
sein könne. Nur: Die mögliche Wahrheit der Aussage kann nie endgültig bewiesen<br />
werden.<br />
Es sollen Aussagen gewonnen werden, die unabhängig von Raum und Zeit Geltung<br />
beanspruchen (nomologische Gestze).<br />
Kromrey H., (1980), “Empirische Sozialforschung”.<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Vorgehen bei der Überprüfung empirischer Aussagen<br />
Wenn nun aber in einer erfahrungswissenschaftlichen Theorie widerlegbare Aussagen zugelassen,<br />
nicht widerlegbare Aussagen verboten sind, dann besteht das Problem darin, wie man an “wahre<br />
Aussagen” kommen soll<br />
Um sich angesichts dieser Schwierigkeit dennoch an die Wahrheit heranzutasten, wird als<br />
eine Strategie das folgende Vorgehen bei der Überprüfung empirischer Aussagen<br />
empfohlen:<br />
Bei Falsifikation<br />
erneuter Test<br />
Kromrey H., (1980), “Empirische Sozialforschung”.<br />
Empirischer Test<br />
Bei Bestätigung<br />
Umformulierung Verschärfung<br />
der Überprüfungsbedingungen<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Begründungszusammenhang<br />
Wann ist eine Aussage wertvoll ?<br />
Wahrheit<br />
Gehalt<br />
Logisch z.B. Wahrheitstafeln<br />
Faktisch<br />
Allgemeinheit<br />
Präzision<br />
Prüfung Ideale Ausprägung<br />
empirisch<br />
(Falsifikationsversuch)<br />
Umfang der Wenn-<br />
Komponente<br />
Umfang der Dann-<br />
Komponente<br />
wahr<br />
bewährt<br />
(oft geprüft, nie<br />
falsifiziert)<br />
keine UND-<br />
Verknüpfung<br />
keine ODER-<br />
Verknüpfung<br />
⇒ quantitativ<br />
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Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 13
Wissenschaftstheorie<br />
Mit wahren Statistiken lügen:<br />
Prüfen Sie mal die LOGISCHE Wahrheit!<br />
“Das Gesundheitsministerium stellt fest,<br />
daß es jährlich 163.000 Krebs-Todesfälle gibt.<br />
Davon sind 50.000 Raucher.<br />
Das sind weniger als 30 Prozent.<br />
Der Anteil der Raucher an der Gesamtbevölkerung<br />
beträgt nach derselben Quelle 37 Prozent.<br />
Die Raucher sind also an den Krebs-Todesfällen weniger beteiligt,<br />
als es ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht.”<br />
Quelle: Spiegel-Interview mit Zigaretten Managern im Zusammenhang mit einer Anti-Raucher-Offensive der Bundesregierung, 05.07.1987<br />
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Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 14
Wissenschaftstheorie<br />
Begründungszusammenhang<br />
Aussagenprüfkriterien<br />
Prämissen<br />
Allgemeinheit (-)<br />
Gehalt<br />
Konklusion<br />
Präzision (+)<br />
Je größer der Prämissengehalt und<br />
je kleiner der Konklusionsgehalt,<br />
desto weniger empirischer Gehalt der Aussage<br />
Gehalt und Prüfbarkeit:<br />
Je gehaltvoller eine Aussage, desto mehr Prüfmöglichkeiten<br />
Gehaltlose Aussagen (Tautologien) sind nicht prüfbar, immer richtig<br />
Daraus folgen die wichtigsten Prüfkriterien von Aussagen:<br />
• Bewährtheit (Wahrheitsnähe)<br />
• Gehalt<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Aussagenverwendung<br />
Unterhaltung<br />
Art der Verwendung Wissenschaftlicher Anspruch<br />
Beschreibung (deskriptiv)<br />
Erklärung (explikativ)<br />
Vorhersage (prognostisch)<br />
Infragestellen (kritisch)<br />
Handlungsanweisung (präskriptiv)<br />
keiner<br />
Realität abbilden<br />
Grund für Beobachtungen angeben<br />
Künftige Zustände vorhersagen<br />
Aussage durch Falsifikationsprinzip<br />
prüfen<br />
Entscheidungen empfehlen<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
„<strong>Marktforschung</strong>“ hat unterschiedliche Bedeutungen<br />
Forschung<br />
<strong>Marktforschung</strong><br />
Wissenschaft<br />
„Entdeckung und<br />
Begründung allgemeiner<br />
Aussagen“<br />
Beschreibung von<br />
Absatzmöglichkeiten<br />
Praxis<br />
„Tätigkeit eines<br />
<strong>Marktforschung</strong>sinstitutes<br />
oder der Mafo-Abteilung“<br />
Eng Weit<br />
„Marketingforschung“:<br />
Beschreibung, Erklärung und<br />
Prognose von Marketing-<br />
Faktoren<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
<strong>Marktforschung</strong><br />
Grundbegriffe 1<br />
Feldforschung<br />
(Field Research)<br />
Quantitative MaFo<br />
(objektiv)<br />
„Nasenzähler“<br />
Problemorientiert: Datenbeschaffung und Datenanalyse<br />
Aber: jede <strong>Marktforschung</strong> sollte objektivieren / quantifizieren<br />
Schreibtischforschung<br />
(Desk Research)<br />
Qualitative MaFo<br />
(subjektiv)<br />
„Psychospinner“<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
<strong>Marktforschung</strong><br />
Grundbegriffe 2<br />
Objektive Merkmale<br />
(registrierbare Daten)<br />
Bsp.: demographische Merkmale<br />
Problemorientiert: Datenbeschaffung und Datenanalyse<br />
S und R: objektiv erfassbar<br />
I: i.d.R. nicht direkt objektiv erfassbar, aber operationalisierbar<br />
Subjektive Merkmale<br />
(operationalisierbar)<br />
Bsp.: psychographische<br />
Merkmale<br />
S I R<br />
Stimulus Intervenierende Variable<br />
Reaktion<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Typische <strong>Marktforschung</strong>saufgaben<br />
Beschreibung - Erklärung - Prognose - Handlungsempfehlung<br />
Markt- und<br />
Umfeldanalysen<br />
Marktreaktionsanalysen<br />
• Marktvolumen<br />
• Absatzpotenzial (ggf. nach Segmenten und<br />
Positionierung)<br />
• Konkurrenzanalysen<br />
• Umfeldanalysen<br />
• Produktanalysen<br />
• Werbewirkungsanalysen<br />
• Preisanalysen<br />
• Distributionsanalysen<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Industriegüter-<strong>Marktforschung</strong><br />
Anforderungen<br />
Folgerungen<br />
Branchenkenntnis<br />
• Internationale Erfahrung<br />
• Technisches Verständnis<br />
• Vertrautheit mit der Organisation des Kunden<br />
(Buying Center)<br />
Im Mittelstand ist <strong>Marktforschung</strong> “Chefsache”<br />
Mitlaufende <strong>Marktforschung</strong> über alle Kanäle<br />
• Außendienst, Vertreter, Service<br />
• Kundenkontakte, Beschwerden<br />
• Messen, Kongresse, Verbandsarbeit<br />
• Konjunktur- und Brancheninformationen<br />
• Betriebsvergleich, Erfa-Gruppen, Benchmarking,<br />
PIMS etc.<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Exemplarische Aufgaben strategischer <strong>Marktforschung</strong><br />
unmittelbar,<br />
situativ<br />
mittelbar,<br />
generalisierend<br />
Kundenprobleme, Marktpotenziale<br />
Wettbewerberverhalten<br />
Technologie-Markt-Entwicklungen<br />
Umfeldentwicklungen<br />
Positionierungen<br />
usw.<br />
kritische Erfolgsfaktoren<br />
Innovationstiming<br />
Sensitivität, Zeit versus Kosten<br />
usw.<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Methodische Kategorien von <strong>Marktforschung</strong><br />
Untersuchungseinheit Person / Haushalt / Firma / Branche / ...<br />
Entscheidungsziel Strategie / Marketinginstrument / ...<br />
Aussage-Anspruch Beschreibung / Erklärung / Vorhersage // Entdeckung / Prüfung<br />
Entwicklungsstand Pilotstudie / Pretest / Hauptuntersuchung<br />
Vergleichsachse Querschnitt / Längsschnitt<br />
Wiederholung einmalig / vorher-nachher / wiederholt (Panel oder Monitor)<br />
Datenpräsenz primär (Feldforschung) / sekundär (Schreibtischforschung)<br />
Meßinstrument mit Fragen (schriftlich, telefonisch, persönlich) / ohne Fragen<br />
Datenniveau qualitativ (nominal) / quantitativ (ordinal oder metrisch)<br />
Repräsentanzanspruch willkürlich / typisch (Fokusstudie) / repräsentativ<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Arten der Datenerhebung<br />
Kausalitätsanspruch<br />
nicht-kausal<br />
deskriptiv<br />
nur messen<br />
kausal<br />
explikativ<br />
experimentieren<br />
reaktiv, Fragen nicht-reaktiv<br />
Befragung<br />
schriftlich<br />
persönlich<br />
telefonisch<br />
Datenerzeugung<br />
Experiment<br />
Querschnitt<br />
Längsschnitt<br />
Beobachtung<br />
persönlich<br />
apparativ<br />
scanning<br />
z.B. Recall-Test z.B. Store-Test<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 24
Wissenschaftstheorie<br />
Untersuchungsdesigns<br />
Wissensstand<br />
Aufgaben<br />
Ansatz<br />
Methoden<br />
Explorativ<br />
keine Vorkenntnisse<br />
Problem präzisieren,<br />
Handlungsalternativen<br />
eruierten<br />
flexibles Vorgehen<br />
Sekundäranalyse<br />
Expertenbefragung<br />
Gruppendiskussion<br />
Deskriptiv<br />
Vorkenntnisse<br />
Situationsbedingungen<br />
Beschreiben<br />
(Antezedenz-bedingungen)<br />
Untersuchungsfrage<br />
fixiert<br />
Messung mit standardisierten<br />
Verfahren<br />
(Fragen, Scanning etc.)<br />
Konfirmativ<br />
Theoriekenntnis<br />
Kausaleinflüsse prüfen<br />
und schätzen<br />
Hypothese fixiert<br />
Experiment,<br />
nichtexperimentelle<br />
Kausalforschung<br />
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Wissenschaftstheorie<br />
Interviewverteilung nach Befragungsart in % seit 1990<br />
Quelle: ADM Jahresbericht 2007, S. 12<br />
persönliche Interviews<br />
telefonische Interviews<br />
schriftliche Interviews<br />
Online-Interviews<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 26
Agenda<br />
• Wissenschaftstheorie<br />
• Wissenschaftliche Sprachregelung<br />
• <strong>Marktforschung</strong> Grundbegriffe<br />
• Arten der Datenerhebung<br />
• Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
• Messtheoretische Grundlagen<br />
• Messtheorie Gütekriterien<br />
• Erhebungsverfahren<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 27
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Indikatoren<br />
1. Die gemessenen Variablen bezeichnet man als Indikatoren (engl. indicator), weil sie<br />
anhand beobachtbarer Sachverhalte Hinweise auf das zugrundeliegende theoretische<br />
Konstrukt geben, nicht jedoch mit ihm identisch sind<br />
2. Sie werden in einem späteren Schritt zuweilen auch für die Formulierung von<br />
Fragen oder Beobachtungselementen verwendet, also zur Entwicklung eines<br />
Datenerhebungsinstrumentes<br />
3. Häufig werden mehrere Indikatoren für ein- und dasselbe Konstrukt verwendet. Das<br />
ist dann notwendig, wenn das zugrundeliegende Konstrukt mehrdimensional ist<br />
und/oder wenn die einzelnen Indikatoren, wie fast immer, fehlerbehaftet sind<br />
4. Dabei ensteht das Problem, wie die verschiedenen Einzelindikatoren wiederum zu<br />
einer Meßgröße kombiniert werden können: Typologien, Indizes, Skalen und Tests<br />
sind Beispiele für solche Kombinationen<br />
5. Skalierungsmodelle, Cluster und Faktorenanalysen sowie Analysen latenter Klassen<br />
sind statistische Verfahren zur Entwicklung und Überprüfung solcher<br />
Indikatorenmodelle<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 28
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Messtheoretische Grundlagen<br />
Merkmal: Kriterium, nach dem man Objekte klassifizieren<br />
möchte<br />
Variable: Kriterium, nach dem man Objekte klassifizieren<br />
kann, Operationaldefinitionen des Merkmales<br />
Ausprägung: Abstufung, die einem Objekt auf einer Variablen<br />
zukommt<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 29
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Variablen<br />
unabhängig (u.V.) abhängig (a.V.)<br />
exogen endogen<br />
S Stimulus I intervenierend R Reaktion<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 30
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Messen<br />
Definition<br />
Zuordnen von Zeichen zu Objekten so,<br />
daß die Relationen unter den Zeichen<br />
den Relationen unter den Objekten<br />
entsprechen<br />
Enger (jenseits Sozialwissenschaften):<br />
Die Relationen müssen metrisch sein,<br />
z.B. Metermaß für Distanzrelationen<br />
Problem Sozialwissenschaften:<br />
nicht direkt beobachtbare Konstrukte<br />
über Indikatoren "operationalisieren"<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 31
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Systeme nach Variablenanzahl<br />
monovariat<br />
V<br />
I<br />
V<br />
I<br />
bivariat<br />
V<br />
I<br />
I<br />
I<br />
multivariat<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 32<br />
I<br />
V<br />
V<br />
V<br />
V I<br />
V I
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Messtheorie<br />
Theoretische Annahmen<br />
1. Das Messergebnis setzt sich additiv aus “wahren” Werten und<br />
Messfehlern zusammen.<br />
2. Messwiederholungen bewirken Fehlerausgleich. Der Messfehler-<br />
Erwartungswert ist Null.<br />
3. Die Messfehlergröße ist unabhängig von der Ausprägung des<br />
Messmerkmals.<br />
4. Die Messfehlergröße ist unabhängig vom gemessenen Objekt.<br />
Diese Annahmen sind in der Realität mehr oder weniger stark verletzt<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 33
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Messtheoretische Grundlagen<br />
Skalenniveau I<br />
1. Nominalniveau<br />
DefinitionDie Ausprägungen des Merkmals sind eindeutige Kategorien.<br />
Es ist lediglich bestimmbar, ob eine Ausprägung gleich oder ungleich einer<br />
anderen ist (Äquivalenz)<br />
Beispiel: Merkmal: ausgeübter Beruf des Befragten<br />
Ausprägungen: 1 = Arbeiter / 2 = Angestellter / 3 = sonst / 4 = kein<br />
Zulässige Transformation: Umbenennung, Permutation<br />
2. Ordinalniveau<br />
Definition: Die Ausprägungen des Merkmals sind eindeutige, geordnete Kategorien.<br />
Es ist bestimmbar, ob eine Ausprägung einen höheren Rang hat als eine<br />
andere<br />
(Ordnung)<br />
Beispiel: Merkmal: Markterfolg einer Innovation<br />
Ausprägungen: 3 = schlecht / 2 = mittelmäßig / 1 = gut<br />
Zulässige Transformation: streng monotone Transformation x’ = fm (x)<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
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Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Messtheoretische Grundlagen<br />
Skalenniveau II<br />
3. Intervallniveau<br />
Definition: Die Ausprägungen des Merkmals sind eindeutige, geordnete, gleich<br />
breite Kategorien. Es ist bestimmbar, welchen metrischen Abstand zwei<br />
verschiedene Ausprägungen haben (definierte Abstände)<br />
Beispiel: Merkmal: Preisbewußtsein von Konsumenten Ausprägungen:<br />
Punktwerte einer geeichten Skala<br />
Zulässige Transformation: lineare Transformation x’ = a + b . x<br />
4. Rationalniveau<br />
Definition: Die Ausprägungen des Merkmals sind eindeutige, geordnete, gleich<br />
breite Kategorien, deren unterste als absoluter Nullpunkt definiert ist<br />
Bestimmbar: Proportionen<br />
Beispiel: Merkmal: Wiederholungskaufrate einer Marke<br />
Ausprägungen: Prozentzahlen zwischen 0 und 100<br />
Zulässige Transformation: linear-homogene Transformation x’ = b . x<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
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Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Messtheoretische Grundlagen<br />
Skalenniveau-Kurzübersicht<br />
Zulässige<br />
Datentransformation<br />
Zulässige Statistiken<br />
(z.B.)<br />
Nominal Ordinal Metrisch<br />
alle äquivalenten,<br />
auch Permutationen<br />
Modalwert,<br />
Konzentrationsmaße<br />
Kontingenzkoeff.<br />
Beispiele Fachbereichskennzahlen,<br />
Typen aus Typologie<br />
alle streng<br />
monotonen,<br />
z. B. logarithmieren<br />
Medianwert,<br />
Quartilabstand,<br />
Rangkorrelation<br />
Bundesligatabelle,<br />
Schulnoten<br />
Lineare<br />
Transformation<br />
arithmetisches Mittel,<br />
Varianz,<br />
Pearson-Korrelation<br />
°C-Temperaturskala,<br />
skalierte „Tests“,<br />
Einkommen<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 36
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Messtheorie<br />
Gütekriterien<br />
Objektivität<br />
Gültigkeit<br />
(Validität)<br />
Zuverlässigkeit<br />
Test-Retest-<br />
Reliabilität<br />
Paralleltest-<br />
Reliabilität<br />
Split-Half-<br />
Reliabilität<br />
Verallgemeinerung:<br />
Cronbachs Alpha =<br />
Erwartungswert<br />
aller möglichen Splits<br />
Güte eines<br />
Indikators<br />
Sensitivität<br />
Validitätskennzeichen<br />
Inhaltsvalidität<br />
Vergleichsgruppen-<br />
validität<br />
Kriteriumvalidität<br />
Konstruktvalidität<br />
Skalenniveau<br />
Diskriminanzvalidität<br />
Konvergenzvalidität<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 37
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Zuverlässigkeit (Reliabilität)<br />
Voraussetzung:<br />
Das Messinstrument besteht aus mehreren Indikatoren (Items)<br />
Test-Retest Parallel-Test Split-Half-Test<br />
Korrelation mit Messung<br />
desselben Indikators zu<br />
einem anderen Zeitpunkt<br />
Korrelation mit Messung<br />
durch anerkannten anderen<br />
Indikator<br />
Das Standard-Reliabilitätsmaß Cronbachs α<br />
ist die Verallgemeinerung des Split-Half-Tests:<br />
die durchschnittliche Korrelation je zweier Teilskalen<br />
über alle möglichen Paare von Item-Teilmengen<br />
Korrelation zwischen zwei<br />
Teilmengen (Items) eines<br />
Multi-Item-Indikators (Skala)<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 38
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Gültigkeit (Validität)<br />
Gültigkeit (Validität) ist das Entsprechungsverhältnis von faktisch gemessener Dimension<br />
und eigentlich zu messender Dimension. Die unmittelbare Erfassung, der „Beweis“ von<br />
Validität einer Messung, ist unmöglich<br />
Vorbedingungen für Validität:<br />
• Reliabilität (Zuverlässigkeit):<br />
Eine Messung kann nur gültig sein, wenn sie nicht durch “Rauschen” überlagert ist<br />
• Objektivität:<br />
Unabhängigkeit des Messergebnisses von der Person des Messenden<br />
• Sensitivität:<br />
Trennschärfe des Messinstruments bei kleinen Ausprägungsunterschieden des zu<br />
messenden Merkmals<br />
Alle diese Vorbedingungen sind notwendig, aber nicht hinreichend für Validität<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 39
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Gültigkeit<br />
Ersatzkriterien für Validität<br />
• Eindimensionalität:<br />
messen verschiedene Maßstäbe, die ein bestimmtes Merkmal messen sollen, auf<br />
derselben (d.h. noch nicht: der richtigen!) Dimension?<br />
• “Expertenvalidität” (face validity):<br />
nach subjektivem Augenschein<br />
• Vergleichsgruppenvalidität:<br />
nach der Differenzierungsfähigkeit des Messinstruments zwischen Gruppen von<br />
Messobjekten, deren kontrastierende Ausprägungen der Messdimension bekannt<br />
sind<br />
• Unabhängige-Kriterien-Validität:<br />
nach der Übereinstimmung der Messungen mit dem fraglichen Instrument mit<br />
Messungen durch ein bekanntermaßen gültiges Instrument<br />
• Konstruktvalidität (⇒ Konvergenz-/Diskriminanzvalidität) :<br />
nach der Übereinstimmung der Messergebnisse mit theoretisch zu erwartenden<br />
Ergebnissen (nach bereits bewährten Hypothesen)<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 40
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Konvergenz- und Diskriminanzvalidität<br />
Konvergenz Diskriminanz<br />
Grad der Übereinstimmung von<br />
Messungen eines Konstrukts mit<br />
verschiedenen Methoden<br />
I IA1 A1<br />
A<br />
I A2<br />
Grad d. Unterschiedlichkeit von Messungen<br />
verschiedener Konstruktemit derselben<br />
Methode<br />
A B<br />
I IA1 A1 IA2 IA1 Bei gegebener Konvergenzvalidität, z.B. Korrelation der Indikatoren I A1, I A2 = .50<br />
müssen die Korrelationen zwischen den unterschiedlichen Konstrukten, A, B<br />
geringer sein als die zwischen den Indikatoren zum selben Konstrukt, also < .50<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 41<br />
I A2
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Omnibusbefragung<br />
Definition: Regelmäßige Umfragewellen eines <strong>Marktforschung</strong>s-Instituts in<br />
ähnlichen Stichproben zu unterschiedlichen Themen von<br />
verschiedenen Auftraggebern<br />
Arten: schriftlich / telefonisch / persönlich<br />
z.B. <strong>Berlin</strong>-Monitor der FfH <strong>Berlin</strong><br />
Bewertung: + billig<br />
+ schnell<br />
+ wenig Auftraggeber-Bias<br />
+/- besonders für Monitoring<br />
- eingeschränkte Fragenkapazität<br />
- nur für oberflächliche Informationen<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 42
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Panelforschung<br />
Definition: regelmäßig wiederholte Messung derselben Variablen bei<br />
denselben Erhebungseinheiten<br />
Arten: Haushaltspanel / Handelspanel / Spezialpanel<br />
Bewertung:<br />
+ Veränderungen nicht nur registrierbar, sondern auch durch<br />
Wanderungen erklärbar<br />
+ Stichproben- und Erhebungsfehler gleichen sich im Längsschnitt<br />
aus<br />
+ problemloses Einschalten in repräsentative Standardpanels, z.B.<br />
GfK Haushaltspanel<br />
+ große informationstechnische Fortschritte (Scanning,<br />
Split-Kabel-TV, Single Source)<br />
+/- besonders für Monitoring, kaum für Mafo-Projekte<br />
- Probleme der Auswahl und Pflege des Panels<br />
- systematische Verzerrungen (over- / underreporting, Lerneffekte)<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 43
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Panelforschung<br />
Verwendungen<br />
• Nachfrageveränderungen / Absatzprognose<br />
• Ursachen von Marktanteilsveränderungen<br />
• Absatzrate ohne pipeline-Effekt<br />
• Erstkäufer- und Wiederholkaufrate<br />
• Analyse des Konkurrenzmarketing<br />
• Grundlage für Marktsegmentierung<br />
• nach Geschäftstypen, Ortsgrößen, Absatzgebieten<br />
• nach Käufergruppen (demographische, psychographische und<br />
Kaufverhaltensmerkmale)<br />
• Distributionspolitik<br />
• Distributionsgrad<br />
• Einkaufs- und Lagerpolitik des Handels<br />
• Verkaufsförderungspolitik des Handels<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 44
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Haushaltspanel<br />
• Erhobene Daten:<br />
- Einkäufe im Berichtszeitraum nach Datum,<br />
Einkaufsquellen, Käufen (Marken,<br />
Packungsgrößen, Preis, etc.)<br />
- Demographie<br />
- u.U. Einstellungsvariablen<br />
- gelegentlich Zusatzbefragung<br />
• Erhebungseinheiten: 4.000 bis 10.000 Haushalte,<br />
meist geschichtete Zufallsauswahl<br />
• Anbieter: u.a. GfK, Nielsen<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 45
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Panelforschung<br />
Trend- vs. Panelanalyse<br />
• Trendanalysen ohne Identität der Untersuchungseinheit<br />
• Analogie zum nicht gematchten Experiment<br />
• Panelanalysen sind “perfekt gematcht” (Stichprobenfehlerkontrolle<br />
durch Konstanthalten)<br />
Trendtabelle Periode 1 Periode 2<br />
Kauft A 430 460<br />
Kauft B 570 540<br />
1000 1000<br />
Keine Information über Wechsler<br />
Paneltabelle<br />
Periode 2<br />
Summe Periode 1<br />
Kauft A Kauft B<br />
Kauft A 350 80 430<br />
Periode 1<br />
Kauft B 110 460 570<br />
Summe Periode 2<br />
460 540 1.000<br />
Ursachenanalyse durch Informationen über Wechsler<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 46
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Handelspanel<br />
Berichtsinformationen<br />
• Absatz, Umsatz an Endverbraucher<br />
• Einkäufe von Hersteller / Großhandel<br />
• Lagerbestand und Bevorratungszeit<br />
• Durchschnittsabsatz je Geschäft<br />
• Durchschnittslagerbestand<br />
• Distribution (%führend, %vorrätig)<br />
• dito Warengruppenumsatz-gewichtet<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 47
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Handelspanel<br />
Praktische Durchführung<br />
Ablauf der Erhebung: Beispiel April-Mai-Periode<br />
Nielsen-Panel; Quelle: Shoemaker / Pringle, JMR 1980<br />
zweimonatlich Inventur + Lieferscheinauswertung<br />
Anfangsbestand + Zugang – Endbestand = Absatz<br />
*Stichtagspreis = Umsatz (wertmäßiger Absatz)<br />
Datum<br />
10.3<br />
0 % .<br />
% besuchter<br />
Geschäfte<br />
Erhebungsbeginn<br />
12.4<br />
.<br />
Erhebungsende<br />
100 %<br />
März April Mai Juni<br />
• in die Zweimonatszahl gehen also Daten aus 3,5 Monaten ein, aber nur Stichtags-Verkaufspreise<br />
• Jahreskosten pro Warengruppe 40 – 100 TDM (Basis: 1.000 Einzelhandelgeschäfte)<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 48<br />
10.5<br />
.<br />
12.6<br />
.
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Haushaltspanel<br />
Traditionell vs. Scanner<br />
Kriterium<br />
Erhebungsfrequenz<br />
Berichtszeitraum<br />
Absatzerfassung<br />
Preiserfahrung<br />
Bericht nach Kosten<br />
Zuverlässigkeit<br />
Traditionelles Panel<br />
zweimonatlich<br />
2 Monate<br />
Inventur + Belege<br />
Stichtag Inventur<br />
ca. 4 Wochen<br />
sehr hoch<br />
beschränkt<br />
Scanner-Panel<br />
Kontinuierlich<br />
1 Woche<br />
Abverkäufe<br />
je Kaufakt<br />
ca. 2 Wochen<br />
gering<br />
sehr hoch<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 49
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Panelprobleme<br />
• Motivation der Panelmitglieder (geringes Honorar), dadurch<br />
Repräsentativitätsproblem<br />
• Panelsterblichkeit durch Tod oder Umzug<br />
• Paneleffekt<br />
• Bewusstwerdung des Verhaltens, dadurch Verhaltensänderung<br />
• Checklisteneffekt (Warengruppenvorgabe)<br />
• Overreporting / Underreporting (Erwünschtheit)<br />
• Panelroutine<br />
• Ermüdungseffekte<br />
• Gegenmaßnahme: Panelpflege (ein Drittel pro Jahr erneuern)<br />
• Gültigkeitsmängel relativieren sich bei Zeitvergleich<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 50
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Panelforschung<br />
Weiterentwicklung<br />
• Ausstattung des Handels mit Scannern<br />
• Haushaltspanel mit ID-Karten (Personaldaten)<br />
• Experimentelles Panel-Splitting z.B. über:<br />
• Split-Kabel-TV<br />
• Direktwerbung<br />
• präparierte Zeitschriften<br />
• Probleme:<br />
• nationale Repräsentativität<br />
• Bewältigung der Datenflut<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 51
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Kohortenanalyse<br />
Drei Kohorten<br />
Querschnitt<br />
Kind Jugendlich Erwachsen Senior Greis<br />
Kind Jugendlich Erwachsen Senior Greis<br />
Längsschnitt<br />
Kind Jugendlich Erwachsen Senior Greis<br />
Kohortenvergleich<br />
Kohorte 1<br />
1900 1930 1960 1990 2020<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 52<br />
K 2<br />
K 3<br />
Zeit
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Kohortenanalyse<br />
Erfassung der Effekte<br />
Altersklasse<br />
jung<br />
alt<br />
K 3<br />
Längsschnitt = Alterseffekt + Periodeneffekt<br />
Querschnitt = Alterseffekt + Kohorteneffekt<br />
Kohortenvergleich = reiner Periodeneffekt<br />
Messzeitpunkt<br />
Meßzeitpunkt<br />
früher<br />
Kohorten-<br />
später<br />
vergleich<br />
K 1<br />
K 2<br />
Längsschnitt<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 53<br />
K 1<br />
Querschnitt<br />
jung<br />
alt
Messtheorie und Erhebungsverfahren<br />
Kohortenanalyse bedeutet kausale Trennung der Zeiteffekte<br />
Alterseffekt<br />
Veränderungen durch<br />
Personenentwicklung<br />
Reifung, Alterung,<br />
Familienzyklus<br />
Periodeneffekt<br />
Änderungen „mit der Zeit“:<br />
Ursachen nicht getrennt:<br />
1) Personenentwicklung<br />
(Alter)<br />
2) Umweltentwicklung<br />
(Generationen, Kohorten)<br />
Kohorteneffekt<br />
Veränderungen durch<br />
Umweltentwicklung<br />
Generationeneffekt<br />
Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />
Lehrstuhl Marketing Professor Dr. Volker Trommsdorff <strong>Marktforschung</strong> 1 und 2 – Methodologie und Erhebungsverfahren 54