Magazin 01/2011 - Stiftung Mercator Schweiz
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schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
FrEiwilligEnjahr 2<strong>01</strong>1:<br />
DiE wunSchliStE iSt lang<br />
siE pFlEgEn krankE, sEtzEn sich Für diE uMwElt Ein, organisiErEn diskussionsrundEn,<br />
kulturvEranstaltungEn odEr FrEizEitaktivitätEn. ohnE FrEiwilligE würdEn<br />
dEr gEsEllschaFt viElE wichtigE angEbotE FEhlEn. trotzdEM: FrEiwilligEnarbEit<br />
bEkoMMt nicht gEnug anErkEnnung, MEint pEtra bauMbErgEr. dEshalb<br />
sEtzt diE co-gEschäFtslEitErin dEr schwEizErischEn arbEitsgEMEinschaFt dEr<br />
jugEndvErbändE (sajv) viElE hoFFnungEn in das jahr 2<strong>01</strong>1 – dEM EuropäischEn<br />
jahr dEr FrEiwilligEnarbEit. iNTERviEW ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />
MErcator nEws ⁄ 2<strong>01</strong>1 ist das europäische<br />
Jahr der Freiwilligenarbeit. Was erhoffen<br />
Sie sich von diesem Jahr?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Ich wünsche mir<br />
mehr Sichtbarkeit für die Freiwilligenarbeit,<br />
mehr Aufmerksamkeit und<br />
Anerkennung. Es ist wichtig, dass immer<br />
wieder ins Bewusstsein gerückt wird,<br />
wie wichtig die Freiwilligenarbeit ist. Zudem<br />
sollte dieses Jahr zum Anlass genommen<br />
werden, vertiefte Diskussionen<br />
über Freiwilligenarbeit zu führen. Dis-<br />
kussionen, die neue Impulse und Anreize<br />
für die Freiwilligenarbeit geben, für die<br />
sich immer weniger Leute engagieren. Das<br />
heisst auch, Ideen für ein neues System<br />
der Freiwilligenarbeit zu entwickeln, das<br />
Zukunft haben könnte.<br />
MErcator nEws ⁄ Hat denn die heutige<br />
Freiwilligenarbeit keine Zukunft mehr?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Viele Vereine bauen<br />
auf Freiwilligenarbeit, sie hängen von ihr<br />
ab. Aber immer weniger Leute möchten<br />
sich langfristig verpflichten, sie tendieren<br />
eher dazu, sich punktuell zu engagieren.<br />
Entsprechend ist die Struktur, wie heute<br />
die Vereine oder das politische Milizsystem<br />
aufgebaut sind, langfristig wahrscheinlich<br />
nicht mehr tragfähig. Und das wird<br />
zu einem Problem.<br />
MErcator nEws ⁄ Sie sagen, Sie wünschen<br />
sich mehr Anerkennung für die Freiwilligenarbeit.<br />
Würdigt die Gesellschaft dieses<br />
16 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
Engagement nicht ausreichend?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Man ist sich bewusst,<br />
dass viel Freiwilligenarbeit geleistet wird,<br />
dass Freiwilligenarbeit wichtig ist, dass<br />
das Engagement der Freiwilligen toll ist.<br />
Leider ist dies oft nur ein Lippenbekenntnis.<br />
Schön wäre es, wenn konkrete Taten<br />
folgen würden. Ein Beispiel: Die Leiter<br />
von Ausbildungskursen für Jugendverbände<br />
arbeiten ehrenamtlich, die Teilnehmer<br />
investieren ihre Freizeit, um die Kurse zu<br />
besuchen. Aber für die Durchführung<br />
braucht man auch Kursmaterial, Räume –<br />
und all das kostet Geld. Immer wieder gibt<br />
es einen Kampf darum, wie diese struk-<br />
turellen Dinge finanziert werden können.<br />
Eine wichtige Form der An erkennung<br />
wäre also zum Beispiel, dort Unterstützung<br />
zu leisten und damit die Rahmenbedingungen<br />
fürs Freiwilligenengagement<br />
zu verbessern. Da muss noch viel passie -<br />
ren, auch politisch.<br />
MErcator nEws ⁄ Den Kampf fürs Frei-<br />
willigenengagement hat sich die SAJV auf<br />
die Fahnen geschrieben. Was sind Ihre<br />
Ziele?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Eines unserer Ziele<br />
ist, dass das freiwillige Engagement als<br />
eine Form von Bildung wahrgenommen<br />
wird, und dass es eine viel stärkere<br />
Vernetzung, eine Zusammenarbeit mit<br />
formalen Bildungsinstitutionen gibt.<br />
Wir versuchen zurzeit, mit verschiedenen<br />
Akteuren Mittel und Wege zu finden, wie<br />
die Kompetenzen, die Freiwillige bei<br />
ihrem Engagement erwerben, besser aus-<br />
gewiesen werden können. Es gibt ver -<br />
schiedene Ideen dazu: Zum Beispiel, dass<br />
Jugendliche, die sich freiwillig engagieren,<br />
‹ Credit Points › für ihren Einsatz<br />
bekommen, die dann in ihrem formalen,<br />
schulischen Bildungsgang angerechnet<br />
werden. Oder dass das Freiwilligenengagement<br />
bei der Ausbildungsplatz- oder<br />
Stellensuche zu einem Vorteil wird. Wenn<br />
in der Bewerbung auf Freiwilligenarbeit<br />
aufmerksam gemacht wird, sollte der<br />
Arbeitgeber dies honorieren. Das sind die<br />
zwei grossen Vorhaben, an denen wir<br />
im Moment arbeiten. Aber die Förderung<br />
von Freiwilligenarbeit ist eigentlich ein<br />
Dauerziel der SAJV.<br />
MErcator nEws ⁄ Die <strong>Schweiz</strong> ist im euro -<br />
päischen Vergleich Spitzenreiter im frei-<br />
willigen Engagement: Rund 40 Prozent der<br />
Bevölkerung leistet Freiwilligenarbeit. Wie<br />
erklären Sie diese guten Zahlen?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Diese Zahl muss<br />
man ein wenig relativieren. Die Frage ist:<br />
Wo beginnt Freiwilligenarbeit? Man unter-<br />
scheidet zwischen der formellen Freiwilligenarbeit,<br />
die in Organisationen, also<br />
in Strukturen passiert, und informeller<br />
Freiwilligenarbeit, die nicht organisiert<br />
ist, wie zum Beispiel Nachbarschaftshilfe.<br />
Wenn sich jemand einmal im Jahr zwei<br />
Stunden ums Nachbarskind kümmert,<br />
zählt er bereits zu diesen 40 Prozent. Die-