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Magazin 01/2011 - Stiftung Mercator Schweiz

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<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1<br />

EngagiErt.<br />

FrEiwillig.<br />

EuropäischEs FrEiwilligEnjahr 2<strong>01</strong>1: MEnschEn<br />

und ihr gEsEllschaFtlichEs EngagEMEnt<br />

stEhEn iM Fokus<br />

<strong>Mercator</strong>-PhD-Fellowships<br />

pFlanzEnwissEnschaFtlEr ForschEn an dEr<br />

schnittstEllE zur politik<br />

Schulen lernen von Schulen<br />

schulhäusEr aus dEM kanton zürich ErhaltEn<br />

auszEichnungEn Für ihrE innovativEn projEktE<br />

Ich… Du…Wir!<br />

in radioworkshops sEtzEn sich jugEndlichE<br />

Mit ihrEM uMFEld ausEinandEr<br />

Vermittlungsstelle<br />

caritas luzErn bildEt proFEssionEllE intErkulturEllE<br />

vErMittlEr aus<br />

MERCATOR NEWS


vorwort ⁄ MERCATOR NEWS<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

2<strong>01</strong>1 ist das europäische Jahr der Freiwilligenarbeit. Ein Jahr,<br />

in dem das gesellschaftliche Engagement von Millionen von Menschen<br />

im Mittelpunkt steht. Ein Jahr, in das viele Engagierte<br />

grosse Hoffnungen setzen: Sie wünschen sich, dass ihre Leistungen<br />

sichtbar werden, dass ihre Tätigkeiten mehr Anerkennung finden –<br />

und dass noch mehr Menschen Interesse am ehrenamtlichen Engagement<br />

bekommen. Denn ohne Freiwillige würde unserer Gesellschaft<br />

vieles fehlen. Wer würde sich zum Beispiel um Bedürftige<br />

kümmern? Wer würde Freizeitaktivitäten und Ferienlager für Kinder<br />

anbieten? Wer würde Quartierfeste oder Sportveranstaltungen<br />

organisieren?<br />

Der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> ist die Stärkung von Freiwilligen<br />

und ihrer wertvollen Tätigkeiten ein besonderes Anliegen.<br />

Deshalb widmen wir unsere erste Ausgabe der <strong>Mercator</strong> News<br />

im Freiwilligenjahr 2<strong>01</strong>1 dem freiwilligen Engagement. In unserem<br />

The menschwerpunkt lassen wir Menschen zu Wort kommen,<br />

die in unterschiedlichsten Bereichen ehrenamtlich tätig sind. Wir<br />

stellen Projekte vor, die wie die Aktion ‹ Step into Action › gesellschaftliches<br />

Engagement vorbildlich fördern. Dass gerade auch junge<br />

Menschen mit eigenen Vorhaben viel bewegen können, zeigt unter<br />

anderem der Jugendprojektwettbewerb ‹ Projekter ›. Lesen Sie auf den<br />

folgenden Seiten, wie unsere <strong>Stiftung</strong> Freiwillige, ihre mutigen<br />

Initiativen und ihr grossartiges Wirken fördert. Erfahren Sie, wie wir<br />

ihnen dabei helfen, ihre Tätigkeiten sichtbar zu machen.<br />

Trotz ihrer Bedeutung steht die Freiwilligenarbeit vor einer<br />

Herausforderung: Es wird immer schwieriger, Menschen zum<br />

Engagement zu motivieren. Wie können wir Freiwilligenarbeit zu -<br />

kunftsfähig gestalten? Über diese zentrale Frage macht sich Petra<br />

Baumberger im Interview Gedanken. Die Co-Geschäftsleiterin<br />

der <strong>Schweiz</strong>erischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV)<br />

wünscht sich vertiefte Diskussionen, neue Impulse und Anreize<br />

für die Freiwilligenarbeit. Genau das ist die Chance des Freiwilligenjahres<br />

2<strong>01</strong>1.<br />

Albert Kesseli<br />

Geschäftsführer


inhalt ⁄ MERCATOR NEWS<br />

SchwErpunkt<br />

freiwilliges<br />

engagement<br />

S. 6 – 15<br />

FrEiwilligEnarbEit<br />

Sie sind freiwillig aktiv oder fördern ehrenamtliches<br />

Engagement: Fünf Aussagen zur<br />

Freiwilligenarbeit.<br />

S.16 – 21<br />

intErviEw<br />

Petra Baumberger, Co-Geschäftsleiterin der<br />

SAJV, erklärt im Gespräch, was sie sich vom<br />

Freiwilligenjahr 2<strong>01</strong>1 erhofft.<br />

S. 22 –27<br />

stEp into action<br />

Der interaktive Parcours der Organisation<br />

euforia zeigt 800 Schülern, wie und wo sie sich<br />

gesellschaftlich engagieren können.<br />

S. 28–29<br />

inFoklick.ch<br />

Markus Gander, Geschäftsleiter von<br />

Infoklick.ch, macht die Bedeutung der Förderung<br />

von jugendlichem Engagement deutlich.<br />

S. 30 – 37<br />

projEktEr<br />

Engagierte Jugendliche und ihre vorbildlichen<br />

Ideen stehen beim Jugendprojektwettbewerb<br />

‹ Projekter › im Mittelpunkt.<br />

S. 38–41<br />

EngagiEr dich!<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> unterstützt mit<br />

einem Förderprogramm studentische Initiativen<br />

bei der Verwirklichung ihrer Projekte.<br />

S. 42–44<br />

jugEndparlaMEntE<br />

Jugendparlamente geben jungen Menschen<br />

eine Plattform, um ihren Lebensraum aktiv<br />

mitzugestalten.<br />

S. 45<br />

dank<br />

Nationalrätin Christa Markwalder dankt den<br />

Freiwilligen für ihr wertvolles und unersetzliches<br />

gesellschaftliches Engagement.


projEktE<br />

S. 46–49<br />

MErcator-phd-FEllowships<br />

Vier Doktoranden der Pflanzenwissenschaften<br />

forschen im Rahmen eines Stipendienprogramms<br />

an der Schnittstelle zur Politik.<br />

S. 50<br />

phd acadEMy<br />

15 Doktorierende diskutieren an einer Akademie<br />

der ETH Zürich mit namhaften Professoren<br />

ihre Forschungsarbeiten.<br />

S. 51–53<br />

schulEn lErnEn von schulEn<br />

Schulhäuser aus dem Kanton Zürich erhalten<br />

Auszeichnungen für ihre innovativen und<br />

vorbildlichen Projekte.<br />

S. 54–58<br />

ich…du…wir!<br />

In Radioworkshops setzen sich Jugendliche mit<br />

ihrem Umfeld auseinander und produzieren<br />

ihre eigene Sendung.<br />

S. 59 – 61<br />

vErMittlungsstEllE<br />

Caritas Luzern bildet interkulturelle Vermittler<br />

aus und macht deren wertvolle Arbeit bei<br />

Behörden und Fachstellen bekannt.<br />

S. 62<br />

agEnda<br />

iMprEssuM<br />

MErcator nEws<br />

Ausgabe <strong>01</strong> ⁄ 2<strong>01</strong>1<br />

Nr. 09<br />

hErausgEbEr<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

Gartenstrasse 33<br />

Postfach 2148<br />

CH – 8022 Zürich<br />

Tel. + 41 ( 0 ) 44 206 55 80<br />

Fax + 41 ( 0 ) 44 206 55 85<br />

mercator@stiftung - mercator.ch<br />

www.stiftung - mercator.ch<br />

vErantwortlich<br />

Beno Baumberger<br />

rEdaktion<br />

Nadine Fieke<br />

autorEn diEsEr ausgabE<br />

Timo Busch<br />

Nadine Fieke<br />

Markus Gander<br />

Louise Graf<br />

Nicola Jorio<br />

Christa Markwalder<br />

Andrea Pfisterer<br />

Maya Sonderegger Sowe<br />

bildnachwEis ⁄ FotograFiE<br />

Brigit Rufer / S. 7–17, 29, 46–49<br />

Nadine Fieke / S. 19<br />

SAJV / S. 20<br />

Cornelia Biotti / S. 23–27, 55–58<br />

Jürg Müller, Projekter / S. 31–33<br />

Verein Mondopoly / S. 35–37<br />

Calcutta Project / S. 39<br />

Magellan / S. 39<br />

oikos St. Gallen / S. 40<br />

Nicola Jorio / S. 43<br />

Pia Neuenschwander / S. 45<br />

ETH Zürich / S. 50<br />

Alex Pistoja, PH Zürich / S. 52–53<br />

Jonas Jäggi / S. 60–61<br />

gEstaltung<br />

Rob & Rose Zürich<br />

Brigit Rufer, Matthias Rohrbach<br />

lithograFiE<br />

Andreas Muster, Basel<br />

druck<br />

Odermatt AG, Dallenwil ⁄ Die Druckerei<br />

Odermatt wurde mit dem FSC-Zertifikat aus<br />

gezeichnet und druckt nach FSC-Richtlinien.<br />

papiEr<br />

PlanoArt 100 gm2 ⁄ PlanoArt ist ein vom Forest<br />

Stewardship Council ( FSC ) zertifiziertes Papier<br />

und stammt aus nachhaltig bewirtschafteten<br />

Wäldern.<br />

kliMaschutz<br />

MyClimate: Diese Drucksache ist klimaneutral<br />

produziert.<br />

auFlagE<br />

1500 Exemplare<br />

© <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> 2<strong>01</strong>1


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

EngagiErt.<br />

FrEiwillig.<br />

Für diE<br />

gEsEllschaFt.<br />

drEi MillionEn MEnschEn sind in dEr schwEiz FrEiwillig<br />

aktiv. siE lEistEn 700 MillionEn stundEn EhrEnaMtlichE<br />

arbEit pro jahr. Mit diEsEn zahlEn niMMt diE schwEiz<br />

EuropawEit EinE spitzEnstEllung Ein: in dEr EuropäischEn<br />

union En gagiErEn sich 23 prozEnt dEr übEr 15-jährigEn<br />

FrEiwillig, in dEr schwEiz sind Es rund 40 prozEnt.<br />

≥ Jeder vierte Einwohner der <strong>Schweiz</strong> ist in Vereinen oder Organisationen<br />

aktiv. Knapp ein Drittel von ihnen hat dabei ein Ehrenamt inne.<br />

≥ Jede fünfte Person engagiert sich im informellen Bereich, also ausserhalb<br />

fester Strukturen von Organisationen. Sie unterstützen Freunde,<br />

Bekannte oder Nachbarn mit persönlichen Hilfeleistungen.<br />

≥ Ein Drittel der <strong>Schweiz</strong>er Jugendlichen engagiert sich in der Freizeit.<br />

≥ Drei von vier Personen spenden Geld oder Naturalien.<br />

≥ Nur 16,5 Prozent der Bevölkerung sind in keinster Weise freiwillig aktiv.<br />

≥ 2<strong>01</strong>1 ist das europäische Jahr der Freiwilligenarbeit. In der <strong>Schweiz</strong><br />

steht es unter dem Motto ‹ Engagiert. Freiwillig ›.<br />

* Die Zahlen stammen vom Verein ‹ Forum Freiwilligenarbeit ›, der das Freiwilligenjahr<br />

2<strong>01</strong>1 in der <strong>Schweiz</strong> organisiert.<br />

6 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

gabriEl dahindEn / PfAdi SChWEiz<br />

«In Kursen und internationalen Lagern der<br />

Pfadi hatte ich die einmalige Chance, meinen<br />

Horizont zu erweitern. Diese Möglichkeit<br />

möchte ich durch mein Engagement für das<br />

Projekt ‹ Unity in Diversity › auch anderen<br />

geben. Gerade in diesem internationalen Projekt<br />

sehe ich, wie viel man erreichen kann,<br />

wenn sich viele Menschen aus verschiedenen<br />

Kulturen für eine Sache einsetzen.»<br />

Gabriel Dahinden ist nicht nur Ausbilder und Experte bei der<br />

Pfadi, er engagiert sich auch für das Programm ‹ Unity<br />

in Diversity ›. Mit diesem Projekt organisiert die Pfadibewegung<br />

<strong>Schweiz</strong> in den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>4 zusammen mit<br />

den Pfadiverbänden in Serbien und Georgien gemeinsame<br />

Austauschaktivitäten, die von der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> mit 700 000.– Franken gefördert werden. In internationalen<br />

Pfadilagern und bei Weiterbildungskursen<br />

begegnen sich Jugendliche und junge Erwachsene aus<br />

den drei Ländern.


8 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1


Marlis lustig / ARChE KiNdERbEglEiTuNg<br />

«Es macht mir grosse Freude, für die Kinder<br />

da zu sein und mit ihnen zusammenzuarbeiten.<br />

Ich erlebe ihre Entwicklung mit, stehe ihnen<br />

bei Fragen und Problemen zur Seite. Das Ver-<br />

trauen, das ich zurückbekomme, ist eine<br />

ganz besondere Motivation, mich für die Arche<br />

Kinderbegleitung zu engagieren.»<br />

Nach ihrer Pensionierung wollte sich Marlis Lustig gerne<br />

freiwillig engagieren – und fand in der Arche Kinderbegleitung<br />

eine schöne Aufgabe. Einmal in der Woche<br />

treffen sich in der Arche Kinder mit Migrationshinter -<br />

grund für 1,5 Stunden mit ihrer festen Begleitperson,<br />

um ge meinsam Deutsch zu üben, Schulaufgaben zu<br />

machen, zu diskutieren oder zu spielen. Ein wichtiges<br />

Grundprinzip des Projekts ist die Einzelbetreuung der<br />

Kinder. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> fördert das Angebot<br />

der Arche in Zürich-Affoltern in den Jahren 2007<br />

bis 2<strong>01</strong>1 mit 125 000.– Franken.


10 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1


sElina MEiEr / PRO NATuRA<br />

«Mit meinem Engagement als Leiterin einer<br />

Naturschutzgruppe kann ich vielen Menschen<br />

etwas Ablenkung vom Alltag ermöglichen.<br />

Natürlich profitiere ich auch selbst davon: Es<br />

kommt viel Wertschätzung und Dankbarkeit<br />

zurück. Ich kann mich bei der Organisation von<br />

Veranstaltungen immer neu herausfordern,<br />

viel dazu lernen und mit interessanten Menschen<br />

zusammenarbeiten.»<br />

Selina Meier ist nicht nur Gruppenleiterin bei Pro Natura.<br />

Sie hat bereits zwei Mal mitgeholfen, das nationale Treffen<br />

der Jugendnaturschutzgruppen ‹ Ökotopia › zu organisieren.<br />

Bei dieser Veranstaltung treffen sich alle zwei Jahre<br />

Kinder und Jugendliche aus der ganzen <strong>Schweiz</strong>. Gemeinsam<br />

erleben sie die Natur und lernen, wie sie selbst dazu<br />

beitragen können, die Zukunft durch eine nachhaltige<br />

Lebensweise zu gestalten. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

hat Ökotopia 2008 und 2<strong>01</strong>0 mit insgesamt 21 600.–<br />

Franken gefördert.


12 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1


stEFan bradEr / JugENdSESSiON<br />

«Die Organisation der Jugendsession ist eine<br />

spannende und herausfordernde Aufgabe.<br />

Es ist immer wieder schön zu sehen, dass die<br />

Teilnehmer Spass am Anlass haben und neue<br />

Erfahrungen mit nach Hause nehmen. Auch ich<br />

habe durch mein Engagement viel gelernt.<br />

Das schätze ich sehr.»<br />

Über 200 Jugendliche nehmen jedes Jahr an der Jugend-<br />

session im Bundeshaus teil und erhalten damit Einblicke<br />

in die Politik. Im Auftrag der <strong>Schweiz</strong>erischen Arbeitsgemeinschaft<br />

der Jugendverbände (SAJV) organisiert ein<br />

Komitee aus rund 15 Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

den grossen Anlass. Zu diesem gehört Stefan Brader.<br />

Mit 90 000.– Franken fördert die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> die Jugendsession in den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>2.


thEMa ⁄ MERCATOR NEWS<br />

14 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1


julia diEnEr / CEvi<br />

«Die Gastgeberrolle für den World YWCA<br />

Council ist für den Cevi <strong>Schweiz</strong> eine grosse<br />

Ehre und ein organisatorisches Kunststück<br />

zugleich. Ohne den Einsatz von Freiwilligen<br />

wäre die Veranstaltung in Zürich gar nicht<br />

möglich. Ich erlebe bei der Organisation des<br />

Gipfels ein unglaublich starkes Netzwerk<br />

von freiwilligen Helfern. Das zu erleben, ist<br />

einzigartig.»<br />

Als Projektleiterin organisiert Julia Diener zusammen mit<br />

einem Team des Cevi <strong>Schweiz</strong> den World YWCA Council in<br />

Zürich. 150 Freiwillige werden für die Veranstaltung vom<br />

10. bis 16. Juli 2<strong>01</strong>1 aktiviert, an der 1000 Frauen aus über<br />

100 Ländern zum Thema ‹ Frauen schaffen eine sichere<br />

Welt › diskutieren. Verständigung, Austausch und gemeinsames<br />

Lernen stehen im Mittelpunkt des internationalen<br />

Gipfels, der alle vier Jahre auf einem anderen Kontinent<br />

stattfindet. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> unterstützt das<br />

Engagement der Volontäre mit 73 500.– Franken.


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

FrEiwilligEnjahr 2<strong>01</strong>1:<br />

DiE wunSchliStE iSt lang<br />

siE pFlEgEn krankE, sEtzEn sich Für diE uMwElt Ein, organisiErEn diskussionsrundEn,<br />

kulturvEranstaltungEn odEr FrEizEitaktivitätEn. ohnE FrEiwilligE würdEn<br />

dEr gEsEllschaFt viElE wichtigE angEbotE FEhlEn. trotzdEM: FrEiwilligEnarbEit<br />

bEkoMMt nicht gEnug anErkEnnung, MEint pEtra bauMbErgEr. dEshalb<br />

sEtzt diE co-gEschäFtslEitErin dEr schwEizErischEn arbEitsgEMEinschaFt dEr<br />

jugEndvErbändE (sajv) viElE hoFFnungEn in das jahr 2<strong>01</strong>1 – dEM EuropäischEn<br />

jahr dEr FrEiwilligEnarbEit. iNTERviEW ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />

MErcator nEws ⁄ 2<strong>01</strong>1 ist das europäische<br />

Jahr der Freiwilligenarbeit. Was erhoffen<br />

Sie sich von diesem Jahr?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Ich wünsche mir<br />

mehr Sichtbarkeit für die Freiwilligenarbeit,<br />

mehr Aufmerksamkeit und<br />

Anerkennung. Es ist wichtig, dass immer<br />

wieder ins Bewusstsein gerückt wird,<br />

wie wichtig die Freiwilligenarbeit ist. Zudem<br />

sollte dieses Jahr zum Anlass genommen<br />

werden, vertiefte Diskussionen<br />

über Freiwilligenarbeit zu führen. Dis-<br />

kussionen, die neue Impulse und Anreize<br />

für die Freiwilligenarbeit geben, für die<br />

sich immer weniger Leute engagieren. Das<br />

heisst auch, Ideen für ein neues System<br />

der Freiwilligenarbeit zu entwickeln, das<br />

Zukunft haben könnte.<br />

MErcator nEws ⁄ Hat denn die heutige<br />

Freiwilligenarbeit keine Zukunft mehr?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Viele Vereine bauen<br />

auf Freiwilligenarbeit, sie hängen von ihr<br />

ab. Aber immer weniger Leute möchten<br />

sich langfristig verpflichten, sie tendieren<br />

eher dazu, sich punktuell zu engagieren.<br />

Entsprechend ist die Struktur, wie heute<br />

die Vereine oder das politische Milizsystem<br />

aufgebaut sind, langfristig wahrscheinlich<br />

nicht mehr tragfähig. Und das wird<br />

zu einem Problem.<br />

MErcator nEws ⁄ Sie sagen, Sie wünschen<br />

sich mehr Anerkennung für die Freiwilligenarbeit.<br />

Würdigt die Gesellschaft dieses<br />

16 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

Engagement nicht ausreichend?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Man ist sich bewusst,<br />

dass viel Freiwilligenarbeit geleistet wird,<br />

dass Freiwilligenarbeit wichtig ist, dass<br />

das Engagement der Freiwilligen toll ist.<br />

Leider ist dies oft nur ein Lippenbekenntnis.<br />

Schön wäre es, wenn konkrete Taten<br />

folgen würden. Ein Beispiel: Die Leiter<br />

von Ausbildungskursen für Jugendverbände<br />

arbeiten ehrenamtlich, die Teilnehmer<br />

investieren ihre Freizeit, um die Kurse zu<br />

besuchen. Aber für die Durchführung<br />

braucht man auch Kursmaterial, Räume –<br />

und all das kostet Geld. Immer wieder gibt<br />

es einen Kampf darum, wie diese struk-<br />

turellen Dinge finanziert werden können.<br />

Eine wichtige Form der An erkennung<br />

wäre also zum Beispiel, dort Unterstützung<br />

zu leisten und damit die Rahmenbedingungen<br />

fürs Freiwilligenengagement<br />

zu verbessern. Da muss noch viel passie -<br />

ren, auch politisch.<br />

MErcator nEws ⁄ Den Kampf fürs Frei-<br />

willigenengagement hat sich die SAJV auf<br />

die Fahnen geschrieben. Was sind Ihre<br />

Ziele?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Eines unserer Ziele<br />

ist, dass das freiwillige Engagement als<br />

eine Form von Bildung wahrgenommen<br />

wird, und dass es eine viel stärkere<br />

Vernetzung, eine Zusammenarbeit mit<br />

formalen Bildungsinstitutionen gibt.<br />

Wir versuchen zurzeit, mit verschiedenen<br />

Akteuren Mittel und Wege zu finden, wie<br />

die Kompetenzen, die Freiwillige bei<br />

ihrem Engagement erwerben, besser aus-<br />

gewiesen werden können. Es gibt ver -<br />

schiedene Ideen dazu: Zum Beispiel, dass<br />

Jugendliche, die sich freiwillig engagieren,<br />

‹ Credit Points › für ihren Einsatz<br />

bekommen, die dann in ihrem formalen,<br />

schulischen Bildungsgang angerechnet<br />

werden. Oder dass das Freiwilligenengagement<br />

bei der Ausbildungsplatz- oder<br />

Stellensuche zu einem Vorteil wird. Wenn<br />

in der Bewerbung auf Freiwilligenarbeit<br />

aufmerksam gemacht wird, sollte der<br />

Arbeitgeber dies honorieren. Das sind die<br />

zwei grossen Vorhaben, an denen wir<br />

im Moment arbeiten. Aber die Förderung<br />

von Freiwilligenarbeit ist eigentlich ein<br />

Dauerziel der SAJV.<br />

MErcator nEws ⁄ Die <strong>Schweiz</strong> ist im euro -<br />

päischen Vergleich Spitzenreiter im frei-<br />

willigen Engagement: Rund 40 Prozent der<br />

Bevölkerung leistet Freiwilligenarbeit. Wie<br />

erklären Sie diese guten Zahlen?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Diese Zahl muss<br />

man ein wenig relativieren. Die Frage ist:<br />

Wo beginnt Freiwilligenarbeit? Man unter-<br />

scheidet zwischen der formellen Freiwilligenarbeit,<br />

die in Organisationen, also<br />

in Strukturen passiert, und informeller<br />

Freiwilligenarbeit, die nicht organisiert<br />

ist, wie zum Beispiel Nachbarschaftshilfe.<br />

Wenn sich jemand einmal im Jahr zwei<br />

Stunden ums Nachbarskind kümmert,<br />

zählt er bereits zu diesen 40 Prozent. Die-


se Zahl ist also mit Vorsicht zu genies -<br />

sen. Trotzdem: Dass sich in der <strong>Schweiz</strong><br />

viele Menschen engagieren, hängt mit<br />

unserer Vereinskultur zusammen. Die<br />

<strong>Schweiz</strong> hat eine unglaubliche Dichte an<br />

Vereinen. Kinder wachsen durch ihre<br />

Eltern schon sehr früh in diese Organisationen<br />

hinein und viele übernehmen<br />

dann irgendwann in ihrem Leben eine<br />

Funktion in einem Verein.<br />

MErcator nEws ⁄ Dies tun sie oft nicht<br />

erst als Erwachsene, sondern bereits als<br />

Jugendliche. Laut Statistik sind ein Drittel<br />

der 15- bis 24-jährigen <strong>Schweiz</strong>er frei-<br />

willig aktiv. Welchen Beitrag leistet die<br />

Jugend für die Gesellschaft?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Mehr als 500 000<br />

Kinder und Jugendliche, die in der<br />

<strong>Schweiz</strong> leben, sind Mitglieder einer Kin-<br />

der- und Jugendorganisation. Diese<br />

Organisationen machen also einen wich-<br />

tigen Teil der Freizeitgestaltung aus –<br />

und dieser würde nicht existieren, wenn<br />

es keine Jugendlichen geben würde,<br />

die Freiwilligenarbeit leisten. Tatsächlich<br />

finden die meisten Menschen, die sich<br />

ehrenamtlich engagieren, den Einstieg<br />

ins freiwillige Engagement in ihrer<br />

Jugendzeit. So gesehen leisten die Jugend-<br />

lichen einen enorm wichtigen Beitrag<br />

an die Gesellschaft: Indem sie langfristig,<br />

vielleicht ein Leben lang engagiert und<br />

damit ein tragendes Mitglied unserer Ge-<br />

meinschaft bleiben. Es ist deshalb wich-<br />

Vereine müssen Jugendlichen möglichkeiten<br />

geben, sich auch nur punktuell zu engagieren.<br />

Dafür sind strukturelle Veränderungen nötig.<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ CO-gESChäfTSlEiTERiN SAJv<br />

17


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

tig, dass Jugendliche früh motiviert<br />

werden, Freiwilligenarbeit zu leisten.<br />

MErcator nEws ⁄ Warum engagieren sich<br />

junge Leute freiwillig? Wollen sie schlichtweg<br />

Gutes tun oder sind es eher egoistische<br />

Gründe?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Es sind lustigerweise<br />

fast nur egoistische Gründe, die zu so zia-<br />

lem Engagement führen – übrigens nicht<br />

nur bei den Jugendlichen. Aber Jugendliche<br />

sind sich meist gar nicht bewusst,<br />

dass sie Freiwilligenarbeit leisten, und<br />

betiteln es auch nicht als solche. Die Moti-<br />

vation, etwas Gutes zu tun, ist also eher<br />

selten ausschlaggebend dafür, dass sich<br />

Jugendliche freiwillig betätigen. Viel<br />

wichtiger ist der Spass an der Arbeit. Und<br />

an gleicher oder zweiter Stelle stehen<br />

die Beziehungen, die sie dabei knüpfen,<br />

Freundschaften, die sie durch das Frei -<br />

willigenengagement aufbauen und pflegen<br />

können. Dies sind Beziehungen, die<br />

meistens ein Leben lang bleiben. Die Ju -<br />

gendlichen wissen dies oft nicht, aber<br />

das Netzwerk kann später sehr wertvoll<br />

für sie sein.<br />

MErcator nEws ⁄ Wie kann man noch<br />

mehr junge Leute motivieren, sich zu<br />

engagieren?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Es braucht Anreize<br />

für die Jugendlichen, die heute sehr<br />

pragmatisch veranlagt sind. Wenn man<br />

sie anfragt, sich für ein Projekt zu<br />

18 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

engagieren, kommt oft die Frage: «Was<br />

habe ich davon?» Auf diese Frage braucht<br />

man konkrete Antworten. Wir von der<br />

SAJV schreiben unseren ehrenamtlichen<br />

Mitarbeitern zum Beispiel Arbeitszeugnisse,<br />

die nachweisen, welche Arbeit sie<br />

geleistet haben, welche Kenntnisse da-<br />

für erforderlich waren. Dies in der Hoff-<br />

nung, dass ihnen das in ihrer beruflichen<br />

Laufbahn weiterhilft. Vereine müssen<br />

Jugendlichen zudem vermehrt Möglichkeiten<br />

geben, sich auch nur punktuell zu<br />

engagieren. Dafür sind strukturelle Ver-<br />

änderungen nötig. Der Verein kann nicht<br />

mehr nur auf einem Vorstand und ver-<br />

schiedenen Fachgruppen basieren, sondern<br />

muss projektartiges, kurzfristiges<br />

Mitarbeiten ermöglichen.<br />

MErcator nEws ⁄ Eben das war die Idee<br />

der ‹ Aktion 72 Stunden ›, mit der die SAJV<br />

im September 2<strong>01</strong>0 rund 28 000 Kinder<br />

und Jugendliche animiert hat, sich für ge-<br />

meinnützige Projekte einzusetzen.<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Genau. Das ist ein<br />

sehr gutes Beispiel. Auf diesen drei Tagen,<br />

beziehungsweise 72 Stunden, lag der Fo -<br />

kus dieser Aktion. Diese drei Tage haben<br />

die Jugendlichen für ein bestimmtes<br />

Projekt gearbeitet. Dann war ihr Engagement<br />

abgeschlossen, es stand keine<br />

längerfristige Verpflichtung dahinter. Mit<br />

der medienwirksamen ‹ Aktion 72 Stun -<br />

den › ist es uns zudem gelungen, das<br />

besondere Engagement der zahlreichen<br />

Freiwilligen ins Zentrum zu rücken und<br />

zu zeigen, was möglich ist, wenn sich<br />

viele Leute freiwillig engagieren. Es gibt<br />

einige solcher Aktionen. Wir sind na-<br />

türlich nicht die einzigen Akteure, die<br />

solche Projekte durchführen. Aber all<br />

diese Aktionen sind noch zu wenig nach-<br />

haltig in dem Sinne, dass die Aufmerksamkeit<br />

leider zu kurz ist und rasch<br />

verpufft.<br />

MErcator nEws ⁄ Die Aktion hat vor allem<br />

Kinder und Jugendliche angesprochen,<br />

die in Vereinen organisiert sind. Wie kann<br />

man auch sozial benachteiligte Jugendliche<br />

erreichen, die oft nicht Mitglieder in<br />

Verbänden sind?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Das ist eine ganz<br />

schwierige Frage, über die wir uns auch<br />

den Kopf zerbrechen. Unsere Vereine<br />

sind nicht geschaffen für benachteiligte<br />

Jugendliche. Diese haben oft einen<br />

Migrationshintergrund, und Verbände<br />

sind in ihren Herkunftsländern nicht<br />

bekannt. Sie schauen die Vereine also von<br />

aussen an, sehen dort nur die hiesige<br />

Bevölkerung und denken: «Das ist nichts<br />

für uns.» In einem Projekt arbeiten<br />

wir deshalb an der Öffnung der Verbände.<br />

Wir versuchen herauszufinden, welche<br />

Hindernisse wir abbauen müssen, damit<br />

sie für Jugendliche aus sozial benachteiligten<br />

Milieus zugänglich werden. Eine<br />

Möglichkeit ist, mit der offenen Jugendarbeit<br />

zusammenzuarbeiten, da die


aktion 72 StunDEn<br />

www.72stundEn.ch<br />

28 000 Kinder und Jugendliche haben vom 9.<br />

bis 12. September 2<strong>01</strong>0 in der ganzen <strong>Schweiz</strong><br />

innerhalb von genau 72 Stunden eigene<br />

Projekte verwirklicht. Der Fantasie waren keine<br />

Grenzen gesetzt. Die einzigen Bedingungen:<br />

Die Projekte mussten gemeinnützig sein und<br />

die Teilnehmer sollten diese ohne den Einsatz<br />

von Geld im Wettlauf gegen die Zeit verwirklichen.<br />

Die Freiwilligenaktion der SAJV wurde<br />

von den nationalen Radiosendern der SRG SSR<br />

idée suisse begleitet. Damit standen Jugendliche<br />

und Jugendorganisationen drei Tage lang<br />

im positiven Rampenlicht.<br />

19


20 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

jugEnDSESSion<br />

www.jugEndsEssion.ch<br />

Mit der Jugendsession gibt die SAJV jährlich<br />

über 200 Jugendlichen einen Einblick in die<br />

Abläufe der <strong>Schweiz</strong>er Politik. Die Teilnehmer<br />

haben die Möglichkeit, sich unverbindlich über<br />

politische Prozesse und Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

zu informieren, was im besten Fall zur<br />

Motivation für weitere politische Tätigkeiten<br />

oder zu eigenem zivilgesellschaftlichem Engagement<br />

führt. Nach der Veranstaltung, die<br />

jedes Jahr drei Tage lang im Berner Bundeshaus<br />

stattfindet, können sich die Jugendlichen<br />

weiter im Projekt engagieren, sei es im Organisationskomitee<br />

der Jugendsession oder im<br />

Forum Jugendsession, das Lobbyarbeit für die<br />

Anliegen der Jugend in der Politik leistet.


man ist sich bewusst, dass freiwilligenarbeit wichtig<br />

ist, dass das engagement der freiwilligen toll ist.<br />

leider ist dies oft nur ein lippenbekenntnis. schön<br />

wäre es, wenn konkrete taten folgen würden.<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ CO-gESChäfTSlEiTERiN SAJv<br />

Mehrheit der Jugendlichen, die sich dort<br />

aufhalten, einen Migrationshintergrund<br />

hat. Der Jugendtreff könnte also als Drehscheibe<br />

dienen und diese Jugendlichen<br />

motivieren, in einem Verband mitzumachen.<br />

Man weiss, dass Verbände jungen<br />

Menschen viele Vorteile bieten: Sie pro fi -<br />

tieren von einem sozialen Netzwerk,<br />

haben einen festen Freundeskreis, der sie<br />

durch die schwierige Entwicklungsphase<br />

begleitet, in der sie sich befinden. Ausser -<br />

dem lernen sie sich einzubringen und<br />

Verantwortung zu übernehmen, bekommen<br />

Wertschätzung und das Gefühl, dass<br />

sie gebraucht werden. All dies ist wichtig<br />

für die Entwicklung von Kindern und<br />

Jugendlichen.<br />

MErcator nEws ⁄ Die SAJV fördert nicht<br />

nur das freiwillige Engagement von<br />

Jugendlichen, sie möchte mit der Jugendsession<br />

auch ihre politische Partizipation<br />

stärken.<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Mit der Jugendsession<br />

bieten wir Jugendlichen erste Be -<br />

rührungspunkte mit dem politischen<br />

System. Sie entdecken dort die Lust an<br />

der politischen Partizipation, am Debat-<br />

tieren und an politischen Themen. Die<br />

Teilnehmer lernen die Abläufe der Politik<br />

kennen und können selbst an aktuellen<br />

Themen arbeiten und mit Gleichaltrigen<br />

diskutieren. Die Jugendlichen arbeiten<br />

auch konkrete Petitionen aus, die hinter-<br />

her dem Nationalrat übergeben werden.<br />

MErcator nEws ⁄ Mit Erfolg?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Bedauerlicherweise<br />

sind die Petitionen der Jugendlichen<br />

bisher immer auf eine recht magere Reso-<br />

nanz gestossen. Es wird leider immer<br />

noch als herzig abgetan, wenn sich<br />

Jugendliche mit einem Thema befassen<br />

und sich politisch einmischen wollen.<br />

Jugendliche können in der Politik inner-<br />

halb des bestehenden Systems immer<br />

noch zu wenig bewegen, sie haben zu<br />

wenig Durchschlagskraft. Dabei haben<br />

sie so viel zu sagen.<br />

MErcator nEws ⁄ Was ist nötig, damit die<br />

Jugendlichen mehr Einfluss bekommen?<br />

pEtra bauMbErgEr ⁄ Es gibt sehr viele<br />

Bestrebungen ausserhalb des politischen<br />

Systems, Partizipationsmöglichkeiten<br />

für Jugendliche zu schaffen. Die Jugendsession<br />

ist eine davon, ‹ Jugend Mit<br />

Wirkung › ist eine andere Initiative, die<br />

Jugendlichen auf Gemeindeebene in<br />

ihrem direkten Umfeld Gestaltungsmöglichkeiten<br />

gibt, indem sie dort eigene<br />

Projekte umsetzen können. Beides sind<br />

ganz tolle Gefässe, aber es gibt leider<br />

noch kaum Verbindungen mit dem wirk -<br />

lichen politischen System. Man muss<br />

einen Weg finden, die Durchlässigkeit<br />

zwischen diesen beiden Welten zu<br />

erhöhen. Die Jugendvertretung ist die<br />

eine Seite, die einen Schritt in diese<br />

Richtung machen kann. Aber für mich<br />

ist vielmehr ein Schritt von Seiten der<br />

Politik nötig. Zuallererst müsste diese die<br />

Bereitschaft zeigen, Jugendliche und ihre<br />

Argumente tatsächlich als vollwertig<br />

anzuerkennen.<br />

SajV<br />

www.sajv.ch<br />

Die <strong>Schweiz</strong>erische Arbeitsgemeinschaft der<br />

Jugendverbände (SAJV) ist die Dachorga-<br />

ni sa tion von rund 70 Jugendverbänden der<br />

<strong>Schweiz</strong>. Sie vertritt seit 1933 deren Anliegen<br />

bei den Behörden, in politischen Gremien<br />

und gegenüber der Öffentlichkeit. Die Jugend -<br />

politik sowie die Jugendpartizipation und<br />

Jugendförderung sind die Kerngeschäfte der<br />

SAJV. Dazu gehören auch die Förderung der<br />

Chancengleichheit für alle Kinder und Jugend-<br />

lichen sowie der Freiwilligenarbeit und der<br />

non-formalen Bildung. Die SAJV besteht aus<br />

rund 120 ehrenamtlichen und 16 vollamtlichen<br />

Mitarbeitern. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

arbeitet in verschiedenen Projekten mit der<br />

SAJV zusammen, unter anderem hat sie im Jahr<br />

2<strong>01</strong>0 die ‹ Aktion 72 Stunden › mit 120 000.–<br />

Franken unterstützt, auch die jährliche<br />

Jugendsession fördert sie 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>2 mit<br />

90 000.– Franken.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

sajv<br />

Petra Baumberger<br />

+41 (0) 31 326 29 29<br />

petra.baumberger@sajv.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Jorge Tamayo<br />

+41 (0) 44 206 55 92<br />

p.tamayo@stiftung-mercator.ch<br />

21


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

22 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

parcourS wEckt luSt<br />

am EngagEmEnt<br />

hungErkatastrophEn. rassistischE übErgriFFE. uMwEltvErschMutzung. drohEndEr kliMawandEl.<br />

viElE MEnschEn FühlEn sich Machtlos bEiM gEdankEn an diEsE globalEn hEraus-<br />

FordErungEn. diE aktion ‹stEp into action› sEnsibilisiErtE nicht nur 800 schülEr Für problEME<br />

unsErEr zEit. dEr intEraktivE parcours zEigtE ihnEn, wiE siE sich in ihrEM lokalEn<br />

uMFEld Für gEsEllschaFtlichE FragEn EinsEtzEn könnEn.<br />

TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />

Die Aktion sollte jung sein. Frech. «Um die<br />

Jugendlichen abzuholen», erklärt Jerónimo<br />

Calderón. Die Jugendorganisation euforia<br />

wollte die jungen Besucher nicht einfach in<br />

irgendeinen Saal einladen und über die<br />

Be deutung und Möglichkeiten von Freiwilligenarbeit<br />

informieren. Sie wollte bei den<br />

Teilnehmern die Lust am gesellschaftlichen<br />

Engagement wecken, indem sie diese aktiv<br />

in die Veranstaltung einbezog – und entwickelte<br />

ein aufwändiges Spiel.<br />

«Jedes Spiel braucht eine Szene», lacht<br />

der Geschäftsleiter von euforia. So verwandelten<br />

er und sein Team die <strong>Stiftung</strong> Brasilea<br />

im Hafen Basel-Kleinhüningen in ein riesiges<br />

Schiff. Die drei Stockwerke wurden zu den<br />

drei Phasen des Spiels – zu den Levels, wie<br />

es im Spiel-Jargon heisst. Und weil ein Spiel<br />

auch Spielfiguren benötigt, legte das Organisationsteam<br />

die Rollen von Chris, Alex, Kim,<br />

Manu und Flo fest. Diese fünf fiktiven Cha-<br />

raktere interessieren sich für fünf unter-<br />

schiedliche Themen – Migration, Umwelt,<br />

Menschenrechte, Gesundheit und internationale<br />

Solidarität. Einen dieser Schwerpunkte<br />

sollten die Teilnehmer im dreistündigen<br />

Parcours der Aktion ‹Step into Action›, die<br />

die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> mit 60 000.–<br />

Franken unterstützt hat, verfolgen.<br />

übErall aktivE schülEr ⁄ Jerónimo Calderón<br />

blickt sich zufrieden um. Es ist voll an die -<br />

sem 25. Februar 2<strong>01</strong>1 in der <strong>Stiftung</strong> Brasilea.<br />

In jedem Raum, in jeder Ecke, überall sind<br />

Schüler zwischen 16 und 18 Jahren an ver-<br />

schiedenen Etappen des Parcours. Sie diskutieren.<br />

Lauschen interessiert. Machen<br />

sich Gedanken. Und notieren diese in ihrem<br />

Reisepass, der sie mit diversen Aufgaben<br />

durchs Spiel führt. 800 Schüler werden am<br />

Ende des Tages den Parcours durchlaufen<br />

haben. 39 Schulklassen aus 15 Basler Schulen.<br />

Jerónimo Calderón ist mehr als zufrieden:<br />

«Mehr Teilnehmer konnten wir wirklich nicht<br />

aufnehmen.»<br />

kurzFilM und workshops ⁄ Schon wieder<br />

kommt eine Gruppe an der <strong>Stiftung</strong> Brasilea<br />

im Hafen Kleinhüningen an. Mit einem<br />

breiten Lachen emp fängt ein Kapitän im<br />

weissen Anzug die Schüler, weist ihnen<br />

den Weg ins ‹Schiff›. Ein kurzes Briefing.<br />

Das Spiel beginnt.<br />

level 1 – sensibilisierung. Ein Kurzfilm<br />

führt ins Thema ein: Die Erde, dargestellt<br />

als Boot, segelt kopfüber durchs Universum.<br />

Rohstoffe und Menschen purzeln heraus –<br />

bis eine Gruppe Jugendlicher beherzt das Boot<br />

packt, wieder aufrichtet und die Ressourcen<br />

zurückholt. Eine junge Stimme appelliert<br />

an die Zuschauer: «Wage auch du den Step into<br />

Action!» In Workshops vertiefen die Jugendlichen<br />

ihre Schwerpunktthemen. Da werden<br />

Menschenrechte diskutiert, Vorurteile über -<br />

dacht, Gesundheitsrisiken durch schmutziges<br />

Trinkwasser thematisiert, Umweltprobleme<br />

sichtbar gemacht, die durch unseren Konsum<br />

entstehen, und die Bedeutung von internationaler<br />

Solidarität betont. Alles spielerisch, auf<br />

Augenhöhe, ohne erhobenen Zeigefinger.


‹ step into action › ist genau der event, der mir<br />

als 18-Jährige den letzten anstoss und das<br />

nötige selbstvertrauen gegeben hätte, um den<br />

schritt aus meiner Passivität zu wagen.<br />

corina hElFEnstEin ⁄ MiTORgANiSATORiN ‹STEP iNTO ACTiON›<br />

24 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1


ildEr<br />

obEn links ⁄ Interessiert lauschen die Teilnehmer<br />

engagierten jungen Menschen, die<br />

von ihrer Freiwilligenarbeit erzählen.<br />

MittE und rEchts ⁄ Jeder kann schon im Alltag<br />

mit bewusstem Handeln etwas verändern:<br />

Im interaktiven Theater befassen sich die<br />

Schüler mit Problemen rund um das Thema<br />

Kleiderkonsum.<br />

25


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

mit ‹ step into action › möchte ich<br />

zeigen, dass wir jungen leute etwas<br />

bewirken können.<br />

silja raMsEiEr ⁄ MiTORgANiSATORiN ‹STEP iNTO ACTiON›<br />

26 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

level 2 – reflexion. Auf in den zweiten<br />

Stock! Dort berichten junge Leute von ihrer<br />

Arbeit mit Strassenkindern in Ecuador, sie<br />

stellen ihre Umweltprojekte vor, erzählen von<br />

ihrem Einsatz für die Menschenrechte und<br />

machen deutlich, was man mit persönlichem<br />

Engagement alles erreichen kann – auch<br />

und gerade als junger Mensch in der heutigen<br />

Zeit. In einem interaktiven Theater lernen<br />

die Schüler am Beispiel Kleiderkonsum, dass<br />

jeder Einzelne durch bewusstes Handeln im<br />

Alltag bereits etwas verändern kann: Denn wo,<br />

wie oft und welche Kleidung man kauft, hat<br />

nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, son-<br />

dern auch auf die Menschen, die diese Klei-<br />

dung produzieren, auf ihre Gesundheit, sogar<br />

auf ihre Menschenrechte.<br />

level 3 – aktion. Wo kann ich mich enga-<br />

gieren? Welche Organisationen freuen sich<br />

über meine Mithilfe? Wer hilft mir bei der Um -<br />

setzung meiner eigenen Projekte? Auf dem<br />

Aktionsmarktplatz im dritten Stock treffen die<br />

Jugendlichen auf Vertreter von über 30 Orga-<br />

nisationen und Initiativen – vom Jungrotkreuz<br />

Basel und dem Verein beraber, der sich für die<br />

Integration von fremdsprachigen Schülern<br />

einsetzt, über die Gesundheitsorganisation Viva<br />

con Agua, das Ökozentrum Langenbruck<br />

und den Verein für Kinder- und Jugendförderung<br />

Infoklick.ch bis hin zu Amnesty International.<br />

Beide Seiten kommen ins Gespräch<br />

und knüpfen Kontakte für ein mögliches<br />

Engagement.<br />

«Wir bieten Jugendlichen mit unserer<br />

Aktion einen Zugang zum freiwilligen En-<br />

gagement», erklärt Jerónimo Calderón.<br />

Bereits in der Vorbereitungsphase von ‹ Step<br />

into Action › hatte das Organisationsteam<br />

die Schulklassen besucht. Dabei wurde deut-<br />

lich: Eine Veranstaltung wie ‹ Step into Action ›<br />

ist wichtig und nötig. Denn obwohl sich<br />

48 Prozent der befragten Jugendlichen enga -<br />

gieren möchten, tun dies bislang nur 10,3<br />

Prozent. Ein grosses Problem, so zeigten die<br />

Gespräche in den Klassen, ist die Information.<br />

69 Prozent der Schüler wissen nicht, wo und<br />

wie sie sich engagieren können. «Tatsächlich<br />

sind die Mög lichkeiten für ein Engagement<br />

vielfältig», betont Jerónimo Calderón. «‹ Step<br />

into Action › zeigt viele Beispiele und schafft<br />

die Grund lage für ein breites Mitwirken von<br />

Jugend lichen.»<br />

übEr 100 MitstrEitEr ⁄ Dass junge Menschen<br />

gemeinsam viel bewegen können, beweist<br />

bereits die Veranstaltung ‹ Step into Action ›:<br />

Anderthalb Jahre hat das 14-köpfige Organisationskomitee<br />

an über 100 Sitzungen das<br />

Spiel vorbereitet. Sie haben über 100 Mitstreiter<br />

gefunden – freiwillige, meist jugendliche<br />

Helfer aus mindestens 13 Kantonen.<br />

Organisationsteam und Partnerorganisationen<br />

haben für die Verwirklichung des Projekts<br />

rund 10 000 Arbeitsstunden investiert. Ohne<br />

freiwilliges Engagement wäre ‹ Step into<br />

Action › nicht möglich gewesen. Und auch<br />

in Zukunft braucht euforia Hilfe: Die Aktion<br />

soll wieder stattfinden – 2<strong>01</strong>2 in Genf, 2<strong>01</strong>3<br />

in Basel und in Zukunft wenn möglich in der<br />

ganzen <strong>Schweiz</strong>.


ildEr<br />

links ⁄ Am Ende des Parcours hinterlassen die<br />

Teilnehmer ihren Fingerabdruck. Auf diese<br />

Weise entsteht der Satz ‹ Die Welt mit uns ›.<br />

untEn / Wo wurde das T-Shirt produziert, das<br />

ihr gerade tragt? Mit Stecknadeln markieren<br />

die Schüler das entsprechende Land.<br />

StEp into action<br />

www.EuForiaction.org<br />

Ziel von ‹ Step into Action › ist es, Jugendliche<br />

davon zu überzeugen, dass sie mit ihrem En-<br />

gagement etwas bewirken können. Die Jugendorganisation<br />

euforia hat die Veranstaltung<br />

in anderthalbjähriger Vorbereitungszeit auf die<br />

Beine gestellt. Seit ihrer Gründung durch Stu-<br />

dierende im Jahr 2007 hat die Organisa tion mit<br />

grossem Erfolg verschiedene Projekte durchgeführt,<br />

um junge Menschen zu aktivieren und<br />

diese in ihrem gesellschaftlichen Engagement<br />

zu stärken. Das 14-köpfige Organisationsteam<br />

des ersten ‹ Step into Action › 2<strong>01</strong>1 in Basel leis -<br />

tete seine Arbeit ehrenamtlich in seiner<br />

Freizeit.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

EuForia<br />

Jerónimo Calderón<br />

+41 (0) 22 320 90 59<br />

jeronimo@euforiaction.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Sara Fink<br />

+41 (0) 44 206 55 87<br />

s.fink@stiftung-mercator.ch<br />

27


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

28 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

FrEiwillig FrEiwillig?<br />

auF jEDEn Fall!<br />

Markus gandEr ist übErzEugt: jugEndlichE habEn viElE idEEn. siE MöchtEn Etwas bEwEgEn,<br />

EigEnE projEktE auF diE bEinE stEllEn, sich Für andErE EinsEtzEn. Man Muss siE<br />

nur in ihrEr positivEn EnErgiE untErstützEn, ihnEn bEi FragEn zur sEitE stEhEn und<br />

bEi hindErnissEn EntsprEchEndE wErkzEugE zur vErFügung stEllEn, sagt dEr gEschäFts-<br />

FührEr dEs vErEins Für kindEr- und jugEndFördErung, inFoklick.ch.<br />

TExT ⁄ MARKuS gANdER, iNfOKliCK.Ch<br />

Der Psychoanalytiker Erich Fromm (1900–<br />

1980) schrieb einmal: «Die Langeweile ist eine<br />

der furchtbarsten Plagen unserer Zeit.»<br />

Wahr scheinlich passt dieser Satz in jedes Zeit-<br />

alter. Der Mensch sucht nach Sinnhaftigkeit.<br />

Aus diesem Grund engagiert sich die Menschheit<br />

und somit auch die Jugend und sucht<br />

nach Beschäftigungen. So etablierten sich in<br />

der <strong>Schweiz</strong> im vergangenen Jahrhundert<br />

Jugendverbände wie die Pfadibe wegung oder<br />

Jungwacht Blauring. Aber auch im Bereich<br />

von Sport und Kultur entwickelte sich ein<br />

reichhaltiges, lokal verankertes Vereinsleben.<br />

austritt aus vErEinEn ⁄ Jugendliche von<br />

heute haben völlig andere Möglichkeiten als Ju-<br />

gendliche vor 30 Jahren: Die Bahn hat den<br />

Stunden- und zum Teil den Halbstundentakt<br />

eingerichtet. Es gibt Nachtverbindungen in<br />

die entlegen sten Orte. Das Internet ermöglicht<br />

Kommunikation weltweit. Ausbildungs- und<br />

Berufsort sind heute selten dort zu finden,<br />

wo man aufwächst. Das hat zur Folge, dass viele<br />

Jugendliche nach der obligatorischen Schul-<br />

zeit auch aus ihren Vereinen austreten.<br />

Gleichzeitig werden heute aber viel mehr<br />

eigene Initiativen von Jugendlichen gestartet,<br />

um der Langeweile vorzubeugen. Sie engagieren<br />

sich in Feldern, wo es kein traditionelles<br />

Angebot gibt. So setzen sie sich für ein<br />

Jugendkulturhaus in Nidwalden ein, befassen<br />

sich mit aussenpolitischen Themen, organisieren<br />

Podien oder stellen Openair-Kinos mit<br />

solarbetriebenen Anlagen auf die Beine. Ande -<br />

re übersetzen die Abstimmungsbotschaften in<br />

eine Jugendsprache, bieten Spielnachmit ta ge<br />

für Kinder aus armutsbetroffenen Haus halten<br />

an oder organi sieren Nachhilfeunterricht<br />

für türkischstämmige Jugendliche. Die Liste<br />

des jugendlichen Engagements könnte un-<br />

endlich lange weitergeführt werden. Jugend -<br />

liche füllen heute Lücken, die das traditionelle<br />

Angebot der Vereine nicht abdeckt. Sie erwei-<br />

tern auch das Spektrum des gesellschaftlichen<br />

Engagements.<br />

hilFE zur sElbsthilFE ⁄ Im Vordergrund jedes<br />

Jugendprojekts steht eine Idee. Nach der<br />

Idee beginnen für viele Initiativen allerdings<br />

die Schwierigkeiten. Die Jugendlichen kön-<br />

nen nicht auf bestehende Strukturen zurückgreifen,<br />

es fehlen ihnen Erfahrungen und<br />

Werkzeuge. Dieser Herausforderung begegnet<br />

der Verein Infoklick.ch. Mit seinem Beratungsangebot<br />

versucht er, Jugendliche zu be-<br />

fähigen, ihre Projekte selbst zu realisieren.<br />

So erwerben sie in den so genannten Juniorexpertkursen<br />

von Infoklick.ch wichtige<br />

Kenntnisse in den Bereichen Projektmanagement,<br />

Personal, Kommunikation und Finanzen.<br />

Aus dem ‹ MY Project Fund ›, der von<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> zur Verfügung<br />

gestellt wird, können engagierte junge<br />

Leute unkompliziert und schnell Starthilfen<br />

für ihre Vorhaben erhalten. Dank dieses<br />

Förderfonds entstand zum Beispiel in Luzern<br />

eine Plattform für junge Musiker, in Basel<br />

eine Kollektion von jungen Schneiderinnen<br />

oder im Thurgau ein internationales Pfaditreffen.


zugang zu projEktEn ⁄ Es gibt aber auch viele<br />

Jugendliche, die selbst keine Idee für ein<br />

Projekt haben. Jugendliche, die sich nicht viel<br />

zutrauen, die in ihrem Umfeld nie die Er -<br />

fahrung gemacht haben, dass sich Engagement<br />

lohnt. Diesen Jugendlichen wird es oft lang-<br />

weilig – und Langeweile spielt bei negativen<br />

Entwicklungen sehr oft eine grosse Rolle.<br />

Das Ziel muss es sein, genau diese Jugendlichen<br />

in ein aktiviertes Umfeld zu integrieren. Die<br />

Philosophie von Infoklick.ch ist deshalb,<br />

die ‹ starken › Jugendlichen zu fördern und so<br />

den ‹ schwachen › Zugang zu Projekten zu<br />

ermöglichen. In diesem Umfeld lernen diese<br />

jungen Leute erstmals, was es heisst, sich<br />

einzusetzen. Sie erhalten Orte, wo sie echte<br />

Freunde finden, wo sie fürs Leben lernen,<br />

wo sie ihr Selbstwertgefühl über die viel<br />

zitierte Selbstwirksamkeit auf eine positive Art<br />

steigern. Die mit Ideen gespickten Jugendlichen<br />

freuen sich über diese Mitstreiter: Denn<br />

sie sind auf Unterstützung angewiesen – auf<br />

junge Menschen, die anpacken und Nägel ein-<br />

schlagen können.<br />

Die Jugend lässt sich engagieren. Freiwillig<br />

freiwillig! Sie braucht nur die richtigen<br />

Förderer und eine Gesellschaft, die ihnen<br />

etwas zutraut.<br />

bild<br />

Markus Gander ist überzeugt: Jugendliche wollen<br />

und können mit eigenen Projekten etwas bewegen.<br />

inFoklick.ch<br />

www.inFoklick.ch<br />

Infoklick.ch wurde 1998 gegründet. 35 Mitarbeiter<br />

bieten Informationen und konkrete Hilfeleistungen<br />

für Kinder und Jugendliche sowie deren Bezugspersonen.<br />

Die Organisation hat Regionalstellen in<br />

Basel, Bellinzona, Lausanne, Moosseedorf bei Bern,<br />

Solothurn, St. Gallen und seit 2009 auch in Luzern.<br />

Den Aufbau dieser Regionalstelle für die Zentralschweiz<br />

unterstützt die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

in den Jahren 2009 bis 2<strong>01</strong>2 mit 1 150 000.– Franken.<br />

Ein aktuelles gemeinsames Projekt im Bereich<br />

der Förderung des Jugendengagements ist der ‹ MY<br />

Project Fund ›, der Jugendlichen unkompliziert und<br />

unbürokratisch Startkapital für ihre Projekte zur Ver-<br />

fügung stellt, inklusive Beratung und Hilfestellung.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

inFoklick.ch<br />

Markus Gander<br />

+41 (0) 31 850 10 90<br />

markus.gander@infoklick.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Tobias Oetiker<br />

+41 (0) 44 206 55 84<br />

t.oetiker@stiftung-mercator.ch<br />

29


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

aktiVE jugEnDlichE<br />

im rampEnlicht<br />

Mutig tratEn siE vors publikuM und stElltEn ihrE projEktE vor. diE zEhn Fina-<br />

listEn dEs jugEndprojEktwEttbEwErbs ‹projEktEr› zEigtEn aM abEnd dEr<br />

siEgErEhrung, wElch positivE EnErgiE in dEr jugEnd von hEutE stEckt: dEnn<br />

jugEndlichE MöchtEn diE gEsEllschaFt aktiv MitgEstaltEn, siE EntwickEln<br />

vorbildlichE projEktidEEn und sEtzEn diEsE Mit grossEM pErsönlichEn Einsatz<br />

uM. wEttbEwErbsjury und zuschauEr warEn bEgEistErt von so viEl EngagEMEnt.<br />

TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />

Eigentlich hatten die Verantwortlichen<br />

des Jugendprojektwettbewerbs ‹ Projekter ›<br />

zwei Jugendliche mit einer Videokamera<br />

auf Zürichs Strassen geschickt, um mög -<br />

lichst viele schlechte Meinungen über<br />

die Jugend von heute zu sammeln. «Doch<br />

am Ende haben nur zwei Männer etwas<br />

Negatives gesagt», musste Patric Schatzmann<br />

vor 150 zumeist jungen Zuhörern<br />

zugeben und entlockte ihnen ein zufriedenes<br />

Schmunzeln. Der Projektleiter<br />

hatte es genau geplant: Er wollte den<br />

Abend der Preisverleihung am 5. Februar<br />

2<strong>01</strong>1 im Zürcher Jugendkulturhaus<br />

Dynamo mit einem Zusammenschnitt<br />

aus vielen negativen Schlagzeilen einführen<br />

und diese mit noch mehr schlechten<br />

Meinungen von Passanten über<br />

Jugendliche ergänzen – um so die Leistungen<br />

der Wettbewerbsteilnehmer<br />

besonders hervorzuheben.<br />

ErMutigEndE aussagEn ⁄ Seinen Plan<br />

musste Patric Schatzmann kurzfristig<br />

ändern, da der Beitrag mit nur zwei<br />

kritischen Interviewten kürzer ausgefallen<br />

war als geplant. Dafür konnte der<br />

Projektleiter am Ende des Abends einen<br />

Film mit vielen ermutigenden Aussagen<br />

zeigen. Und eben diese Aussagen unterstrichen,<br />

was die Gäste der Siegerehrung<br />

mit eigenen Augen gesehen haben: Die<br />

Jugend von heute ist alles andere als ein<br />

Problem, wie Schlagzeilen in den Medien<br />

so oft glauben machen. Sie ist aktiv,<br />

30 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

kreativ und sozial. Viele Jugendliche<br />

stellen eigene Projekte auf die Beine und<br />

setzen sich engagiert für ihr Umfeld ein.<br />

proFEssionEll und untErhaltsaM ⁄ Es<br />

war ein Abend von Jugendlichen für<br />

Jugendliche. Mit Nino Seiler und Rubina<br />

Meixger führten zwei junge Moderatoren<br />

professionell und unterhaltsam durch<br />

die Veranstaltung. Der 18-jährige Rapper<br />

Tumen gab Stücke seiner zweiten CD<br />

zum Besten. Und fünf jugendliche Break-<br />

dancer, die regelmässig im Jugendkulturhaus<br />

Dynamo trainieren, lockerten das<br />

Programm mit ihren akrobatischen Tanz-<br />

einlagen auf. Doch im Mittelpunkt des<br />

Abends standen sie: die zehn Finalisten<br />

von Projekter. Mit diesem Wettbewerb<br />

suchen die kantonale Kinder- und Jugendförderung<br />

okaj zürich und die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> Projekte, die Jugendliche<br />

zwischen zwölf und 25 Jahren<br />

durchgeführt haben, um in ihrem Dorf,<br />

im Quartier oder in ihrer Stadt etwas<br />

zu bewegen.<br />

«Wir möchten mit dem Wettbewerb<br />

Jugendliche unterstützen, die etwas<br />

machen», betonte Patric Schatzmann.<br />

«Wir möchten zeigen, was ihre Arbeit<br />

Wert ist.» 38 Projekte waren bei der Pre-<br />

miere des Jugendwettbewerbs einge -<br />

reicht worden. Zehn schafften es in die<br />

Finalrunde. Fünf Minuten hatten die<br />

Jugendlichen am Abend der Preisverleihung<br />

Zeit, ihre Projekte dem Publikum<br />

vorzustellen und die Jury zu überzeugen.<br />

Unter ihnen war mit Big Siz auch eine<br />

bekannte <strong>Schweiz</strong>er Rapperin.<br />

«Eine Entscheidung zu treffen, war<br />

nicht leicht», gab Tobias Oetiker zu, der<br />

für die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> in<br />

der Jury sass. Alle Projekte überzeugten<br />

in ihrer Konzeption, Umsetzung, Mo-<br />

tivation und im Einsatz der Beteiligten.<br />

Am Ende siegte der Zürcher Verein<br />

Mondopoly mit seinem gleichnamigen<br />

Begegnungsspiel. «Dieses Projekt ist<br />

ein echtes Vorbild», erklärte das 14-jährige<br />

Jury-Mitglied Melissa Bürgi bei der<br />

Preisverleihung. Das Konzept sei auf an-<br />

dere Städte übertragbar, es wurden<br />

viele Menschen mobilisiert – im Organisationskomitee<br />

und als Teilnehmer. Das<br />

Preisgeld von 3000.– Franken kann der<br />

Verein sehr gut gebrauchen: «Wir möch-<br />

ten das Begegnungsspiel 2<strong>01</strong>2 wieder<br />

durchführen», sagte Projektinitiatorin<br />

Katrin Pfrunder.<br />

glücklichE prEisträgEr ⁄ Die Gruppe<br />

‹ Mädchen für Mädchen › aus Thalwil, die<br />

sich mit jungen Skatern aus Winterthur<br />

den dritten Platz teilt, wird einen Teil<br />

ihres Preisgeldes in Höhe von 850.– Franken<br />

an Unicef spenden. Damit möchten<br />

sie sich gegen Mädchenbeschneidung<br />

einsetzen, wie sie es mit ihrem vorweihnachtlichen<br />

Projekt ‹ Soziali Güetzli ›<br />

gemacht haben. Die Skater werden mit<br />

dem Gewinn ihre Skateranlage, die sie


Projekter macht sichtbar,<br />

was beim lauten gerede über<br />

alkohol und Jugendgewalt<br />

untergeht: Dass die Jugend<br />

kein Problem ist, sondern<br />

eine kreative Kraft, die<br />

unsere gesellschaft positiv<br />

mitgestaltet.<br />

patric schatzMann ⁄ OKAJ züRiCh<br />

bildEr<br />

links ⁄ Rubina Meixger und Nino Seiler führen<br />

souverän durch den Abend.<br />

obEn ⁄ Jury-Mitglied Melissa Bürgi verkündet<br />

die Sieger: Der Verein Mondopoly überzeugte<br />

die Experten (Bild links). Mit ihrem ‹ Theater<br />

für Chlini › erreicht die Jugendgruppe aus Elsau<br />

den zweiten Platz (Bild rechts).<br />

31


mit einer Unterschriftensammlung und<br />

viel Durchhaltevermögen am Winterthurer<br />

Schulhaus Schachen ermöglicht<br />

haben, verbessern und ausbauen. Die<br />

Zweitplatzierten, eine Jugendtreff-<br />

Gruppe aus Elsau, wird mit Hilfe ihrer<br />

gewonnenen 1500.– Franken in der<br />

Weihnachtszeit 2<strong>01</strong>1 ihr erfolgreiches<br />

‹ Theater für Chlini › mit einem neuen<br />

Stück wiederholen.<br />

«Ich finde es super, was ihr macht»,<br />

hatte die Zürcher Regierungsrätin Regine<br />

Aeppli die Jugendlichen zu Beginn der<br />

Veranstaltung in ihren Begrüssungsworten<br />

gelobt. «Es ist wichtig, zusammen<br />

etwas zu bewegen.» Dem konnte der Ge-<br />

schäftsführer der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> knapp drei Stunden später nur<br />

zustimmen, als er den zurecht stolzen<br />

Jugendlichen die Preise übergab. «Die<br />

zehn Projekte haben euer soziales Gefühl<br />

für Benachteiligte und Schwächere ge-<br />

zeigt», sagte Albert Kesseli. «Diesen Geist<br />

bewundere ich. Respekt dafür!»<br />

wiEdErholung 2<strong>01</strong>1 ⁄ Der Jugendprojektwettbewerb<br />

soll in Zukunft jährlich statt-<br />

finden. Eingabeschluss für Projekter<br />

2<strong>01</strong>1/2<strong>01</strong>2 ist im Oktober. In der Zwischenzeit<br />

werden die Siegerprojekte dokumentiert<br />

und weiterverbreitet. «Damit<br />

möglichst viele Jugendliche sehen, was<br />

alles Gutes getan wird», erklärte Patric<br />

Schatzmann. Im Projekter-Club können<br />

die Jugendlichen sich vernetzen, sie<br />

32 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

können sich über ihre Ideen und Erfahrungen<br />

austauschen, sie erhalten Weiter-<br />

bildungen und Beratungen. Dafür wird<br />

auch die Projekter-Homepage umgebaut:<br />

Jeder registrierte Jugendliche hat in<br />

Zukunft die Möglichkeit, andere Projekt-<br />

Verantwortliche zu kontaktieren.<br />

«Schliesslich können auch Jugendliche<br />

mit ihren Erfahrungen viele Fragen<br />

beantworten», betonte der Projektleiter.<br />

projEktEr<br />

www.projEktEr.ch<br />

Jugendliche engagieren sich mit Projekten<br />

für unsere Gesellschaft. Die öffentliche Wahr -<br />

nehmung von jungen Menschen ist jedoch<br />

primär problembezogen. Ihrer Fähigkeit, ihren<br />

Lebensraum aktiv und konstruktiv mitzugestalten,<br />

wird nur am Rande Aufmerksamkeit<br />

geschenkt. Der Jugendprojektwett bewerb<br />

‹ Projekter › von okaj zürich und der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> fördert Jugend liche, indem<br />

er ihr Engagement anerkennt und auszeichnet.<br />

Er schafft ein Instrument, um gelungene<br />

Projekte sichtbar und nutzbar zu machen:<br />

Jugendliche, Jugendarbeiter und auch eine<br />

breite Öffentlichkeit erfahren von diesen Pro-<br />

jekten, die als Vorbilder für weitere Ideen<br />

funktionieren. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

stellt für den Auf- und Ausbau des Projekts in<br />

den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>3 insgesamt 3<strong>01</strong> 800.–<br />

Franken zur Verfügung.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

okaj zürich<br />

Patric Schatzmann<br />

+41 (0) 44 366 50 16<br />

projekter@okaj.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Tobias Oetiker<br />

+41 (0) 44 206 55 84<br />

t.oetiker@stiftung-mercator.ch<br />

bildEr<br />

rEchts ⁄ Sie teilen sich den dritten Platz: Die<br />

jungen Skater aus Winterthur und die Mädchen<br />

aus Thalwil.<br />

obEn ⁄ Der 18-jährige Rapper Tumen sorgt im<br />

Jugendkulturhaus Dynamo für Stimmung.


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

DiE zEhn FinaliStEn<br />

Mondopoly<br />

Der Verein Mondopoly Zürich hat ein Spiel<br />

entwickelt und durchgeführt, das Schülern die<br />

Vielfalt der Bewohner Zürichs näherbringt.<br />

Persönliche Begegnungen stehen im Mittelpunkt<br />

der Aktion.<br />

thEatEr Für chlini<br />

Jugendliche aus Elsau haben in der Vorweihnachtszeit<br />

das Märchen ‹ S’Maitli mit em Zünd-<br />

hölzli › für Kinder zwischen vier und zehn<br />

Jahren gezeigt. Das Drehbuch haben sie selbst<br />

überarbeitet.<br />

soziali güEtzli<br />

Die Gruppe ‹ Mädchen für Mädchen › aus<br />

Thalwil hat in der Weihnachtszeit Plätzchen<br />

gebacken und verkauft. Der Erlös ging an<br />

ein Unicef-Projekt, das sich gegen Mädchenbeschneidung<br />

einsetzt.<br />

skatEranlagE schachEn<br />

Weil in ihrem Quartier eine Skate-Möglichkeit<br />

fehlte, haben Jugendliche aus Winterthur<br />

Unterschriften für eine eigene Skateranlage<br />

gesammelt. Für den Wunschplatz gab es<br />

vom Stadtrat zwar eine Absage, dafür erhiel-<br />

ten die Jungs eine Anlage am Schulhausplatz<br />

Schachen.<br />

acht bluMEn<br />

Die junge ehrenamtliche Filmcrew von BMC<br />

Pictures Zürich hat den fiktiven sozialkritischen<br />

Film ‹ Acht Blumen › gedreht. Damit machen<br />

sie auf die menschliche Isolation auf Internetplattformen<br />

aufmerksam.<br />

grüEni wEllE<br />

Jungwacht Blauring und das Jugendparlament<br />

Dietikon haben auf dem öffentlichen<br />

Limmat-Spielplatz in Dietikon einen begehbaren<br />

Tunnel aus Weidenästen gebaut,<br />

kahle Flächen gepflastert und drei selbst be-<br />

malte Bänke aufgestellt.<br />

radio von dEr jugEndsEssion<br />

Die Jugendsendung Tinnitus auf Radio Stadtfilter<br />

Winterthur berichtete einen ganzen<br />

Nach mittag live von der Jugendsession im<br />

Berner Bundeshaus, um das Interesse von<br />

jungen Menschen an Politik zu stärken.<br />

trEFFMobil<br />

Mit vereinten Kräften baute der Cevi Dürnten<br />

ein Treffmobil, das der Bevölkerung für Quar-<br />

tierfeste, Geburtstage und andere Anlässe zur<br />

Verfügung steht.<br />

visuEllE Musik<br />

Durch sein Studium an der Zürcher Hochschule<br />

der Künste beschäftigte sich Joel de Giovanni<br />

intensiv mit dem Thema ‹ Gehörlosigkeit und<br />

Musik ›. Um Gehörlosen Musik näherzubringen,<br />

visualisiert er Musik auf Konzerten.<br />

pizza-kuriEr Für dEn FriEdEn<br />

Das Jugend-Camp der reformierten Kirchengemeinde<br />

Illnau-Effretikon stellte einen Pizza-<br />

Kurierdienst auf die Beine, um die Organisation<br />

Digger zu unterstützen, die Panzer zur<br />

Vernichtung von Antipersonenminen baut.<br />

33


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

ErStEr prEiS<br />

Für monDopoly<br />

gEspräch Mit projEktinitiatorin<br />

katrin pFrundEr<br />

Die Premiere im Jahr 2<strong>01</strong>0 war ein voller<br />

Erfolg: Mondopoly sorgte bei Schü -<br />

lern, Lehrern und Beteiligten für grosse<br />

Begeisterung, ebenso bei der Jury des<br />

Jugendprojektwettbewerbs Projekter. Sie<br />

zeichnete die aufwändige Aktion mit dem<br />

ersten Preis aus – eine besondere Ehre<br />

für Projektinitiatorin Katrin Pfrunder und<br />

ihr engagiertes Team, das sich mit dem<br />

Begegnungsspiel gegen Rassismus und<br />

Vorurteile einsetzt.<br />

MErcator nEws ⁄ Sie haben den Jugendprojektwettbewerb<br />

gewonnen. Was haben<br />

Sie gedacht, als Ihre Gruppe bei der Sie-<br />

gerehrung aufgerufen wurde?<br />

katrin pFrundEr ⁄ Wir haben uns un-<br />

glaub lich über diese Anerkennung<br />

gefreut. Um ehrlich zu sein, hatte ich<br />

nicht damit gerechnet. Je nach Schwerpunktsetzung<br />

hätten für mich auch<br />

andere Projekte gewinnen können. Den -<br />

noch war der erste Preis natürlich ein<br />

Motivationsschub. Das Preisgeld werden<br />

wir auf jeden Fall in die nächste Aus gabe<br />

investieren – Mondopoly 2<strong>01</strong>2.<br />

MErcator nEws ⁄ Wie ist Ihnen die Idee<br />

für das Begegnungsspiel gekommen?<br />

katrin pFrundEr ⁄ Als ich 2009 an einem<br />

Jugendgipfel teilgenommen hatte, hörte<br />

ich von dem Projekt Ethnopoly. Ein halbes<br />

Jahr später hatte ich das Gefühl: Ich<br />

möchte etwas machen, ich möchte mich<br />

gegen Rassismus einsetzen, da ich auch<br />

34 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

in meinem Umkreis immer wieder da-<br />

mit konfrontiert wurde. So habe ich<br />

mich näher über Ethnopoly informiert<br />

und schliesslich gemeinsam mit alten<br />

und neuen Freunden Mondopoly für die<br />

Stadt Zürich entwickelt. Dabei haben<br />

wir grundsätzlich mit der Idee von Ethno-<br />

poly gearbeitet: Die Aktion setzt bei<br />

Begeg nungen an und funktioniert spie -<br />

lerisch. Jedoch haben wir den Kultur-<br />

begriff ausgeweitet. Wir wollten nicht,<br />

dass Kultur als eindimensionale, ethnische<br />

Identität zementiert wird. Denn<br />

unsere Identität wird durch unterschiedliche<br />

Merkmale bestimmt, wie<br />

zum Beispiel auch Alter, Geschlecht<br />

oder körperliche Fähigkeiten. Die Teil -<br />

nehmenden sollten sehen, dass jeder<br />

verschiedenen Gruppen angehört und<br />

dass vereinfachende Kategorien wie ‹ der<br />

Türke ›, ‹ die <strong>Schweiz</strong>erin › oder ‹ der<br />

Behinderte › den Menschen, der dahinter<br />

steht, nicht fassen können.<br />

MErcator nEws ⁄ Wie funktioniert<br />

Mondopoly?<br />

katrin pFrundEr ⁄ Es geht darum, mög-<br />

lichst viele Realitäten von Zürich sinnlich<br />

zu erfahren. Mondopoly führt Menschen<br />

mit ganz unterschiedlichen Geschichten<br />

zusammen, die sich im Alltag kaum be-<br />

gegnen und austauschen würden: Kinder<br />

und Erwachsene, Frauen und Männer,<br />

Menschen mit und ohne <strong>Schweiz</strong>er Wur-<br />

zeln, solche mit und ohne Behinderung.


ildEr<br />

Mit einem Stadtplan ausgerüstet suchen die<br />

Teilnehmer von Mondopoly den Weg zu den<br />

Posten (Bild rechts). Dort treffen sie auf Personen<br />

mit ganz unterschiedlichen Hintergründen.<br />

Sie kommen mit ihnen ins Gespräch, erhalten<br />

Einblicke in ihre Lebenswelten – und können<br />

sogar ausprobieren, wie sich ein blinder Mensch<br />

in der Stadt zurechtfindet (Bild oben).<br />

35


36 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1


Die Schüler sind in Vierergruppen, mit<br />

einem Stadtplan ausgerüstet, in Zürich<br />

unterwegs. Auf der Karte sind verschiedene<br />

Posten eingezeichnet, die sie besuchen<br />

können. Sie gehen zu den beteiligten<br />

Leuten nach Hause oder an den Arbeitsplatz,<br />

besuchen Quartierläden, Altersheime,<br />

Kulturzentren, Vermittlungsstellen<br />

und andere Institutionen. An den<br />

Posten sam meln die Gruppen jeweils<br />

Punkte, die Sieger erhalten am Ende eine<br />

Medaille. 240 Schüler haben 2<strong>01</strong>0 an<br />

Mondopoly teilgenommen.<br />

MErcator nEws ⁄ Die Vorbereitungen für<br />

das Begegnungsspiel waren sicher sehr<br />

aufwändig.<br />

katrin pFrundEr ⁄ Sie waren extrem auf -<br />

wändig. Anderthalb Jahre haben wir<br />

Mondopoly vorbereitet. Am Anfang waren<br />

wir nur zu fünft; Freunde von mir und<br />

ich. Mit der Zeit sind immer mehr Leute<br />

dazugestossen und am Ende haben sich<br />

rund 25 Personen im Verein engagiert –<br />

diese 25 waren auch dringend nötig. Am<br />

Anlass selbst ist ein Grossteil der Arbeit,<br />

die hinter dem Projekt steckt, nicht<br />

sichtbar. Dazu gehören zum Beispiel<br />

mühsame Bewilligungen, das Sicherheitskonzept,<br />

die Helferkoordination, die<br />

aufwändige Suche nach Posten, die Ge -<br />

spräche mit den Schulen, Werbemassnahmen<br />

und viel mehr. Bei den Vorberei-<br />

tungen sind wir auf sehr viel Wohlwollen<br />

gestossen, viele Organisationen haben<br />

uns aktiv unterstützt. Auch die Lehrer<br />

waren beeindruckt, als sie realisiert<br />

haben, dass wir die Aktionstage in eigener<br />

Regie und aus Überzeugung organisieren.<br />

MErcator nEws ⁄ 2<strong>01</strong>2 findet Mondopoly<br />

wieder statt. Was sind Ihre Ziele?<br />

katrin pFrundEr ⁄ Die Grundziele bleiben<br />

natürlich auch 2<strong>01</strong>2 erhalten: Wir möch -<br />

ten Türen öffnen, die im Alltag ver schlossen<br />

bleiben und dadurch Vorurteile ab-<br />

bauen. Hinzu kommt, dass wir Mondopoly<br />

für die Stadt Zürich nachhaltig gestalten<br />

und institutionalisieren wollen. So haben<br />

wir zum Beispiel zwei neue Präsidenten<br />

gewählt, die frischen Wind bringen und<br />

eine neue, klar aufgeteilte Struktur erlauben.<br />

Ausserdem möchten wir von der<br />

ersten Veranstaltung lernen und den An-<br />

lass weiter verbessern. Unsere Evaluation<br />

wird uns dabei helfen.<br />

bildEr<br />

links ⁄ Ob Werkstatt oder Küche: Die Jugendlichen<br />

besuchen auch Menschen an ihrem<br />

Arbeitsplatz.<br />

obEn ⁄ Auch körperlich betätigen sich<br />

die Jugendlichen – hier beim asiatischen<br />

Kampfsport.<br />

37


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

38 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

StuDiErEnDE SEtzEn Sich Für DiE<br />

gESEllSchaFt Ein<br />

idEEn und EngagEMEnt allEinE rEichEn nicht aus. studEntischE initiativEn sind auF FinanziEllE<br />

hilFE angEwiEsEn, uM ihrE projEktE zu vErwirklichEn. Mit dEM FördErprograMM<br />

‹EngagiEr dich!› untErstützt diE stiFtung MErcator schwEiz studiErEndE in ihrEM gEsEllschaFtlichEn<br />

EngagEMEnt. 13 vorbildlichE projEktE wurdEn iM hErbstsEMEstEr 2<strong>01</strong>0 Für<br />

EinE FördErung ausgEwählt. TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />

‹ Nur › studieren ist ihnen zu wenig. Sie suchen<br />

nach Herausforderungen neben der Universität.<br />

Sie möchten etwas bewegen. Etwas für die<br />

Gesellschaft tun. Und ‹ nebenbei › etwas Neues<br />

lernen und wertvolle Erfahrungen fürs Be-<br />

rufsleben sammeln. Fragt man Studierende,<br />

warum sie sich in studentischen Initiativen<br />

engagieren, bekommt man diese oder ähnliche<br />

Antworten.<br />

proFEssionEll und vorbildlich ⁄ Viele<br />

Stu dierende entwickeln mit grossem persönlichen<br />

Ein satz vorbildliche Projekte oder<br />

stellen professionelle Veranstaltungen auf die<br />

Beine. In der einjährigen Pilotphase des<br />

Förderprogramms ‹ Engagier dich! › stellt die<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> studentischen<br />

Initiativen für die Verwirklichung ihrer Vor-<br />

haben 150 000.– Franken zur Verfügung.<br />

Mit bis zu 15 000.– Franken fördert sie einzelne<br />

Projekte. «Diese finanzielle Unterstützung<br />

der Studierenden ist eine Anerken nung für ihr<br />

wertvolles gesellschaftliches Engagement»,<br />

sagt Albert Kesseli, Geschäftsführer der<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />

Die ganzheitliche wissenschaftliche Nach -<br />

wuchsförderung ist der <strong>Stiftung</strong> ein besonderes<br />

Anliegen. Dazu zählt nicht nur die Förderung<br />

akademischer und analytischer Fähigkeiten<br />

von Studierenden, sondern insbesondere auch<br />

die der Handlungs- und Sozialkompetenzen,<br />

die sie bei der Organisation von Projekten er-<br />

langen. Albert Kesseli ist überzeugt: «Die<br />

Studierenden profitieren von ihrem Engagement<br />

– durch die Zusammenarbeit im Team,<br />

durch die Planung des Projekts und den<br />

Kontakt mit anderen Personen oder durch die<br />

Durchführung der Veranstaltung selbst.»<br />

drEi thEMEnbErEichE ⁄ Einmal pro Semester<br />

– jeweils im Frühjahr und Herbst – können<br />

studentische Initiativen ihre Projektideen bei<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> einreichen.<br />

Der Eingabeschluss fürs Frühlingssemester<br />

endete am 15. April 2<strong>01</strong>1, bis Anfang Juni<br />

2<strong>01</strong>1 werden die Projekte ausgewählt. Bedingung<br />

für die Förderung durch ‹ Engagier<br />

dich! ›: Die Studierenden müssen Initianten<br />

und treibende Kraft des Vorhabens sein.<br />

Die Projekte dürfen keine kommerziellen Ziele<br />

verfolgen und nicht mit einem akademischen<br />

Leistungsnachweis in Verbindung stehen.<br />

Zudem konzentriert sich die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> auf die Förderung von Projekten in<br />

den drei Themenbereichen ‹ Natürliche<br />

Lebensgrundlagen ›, ‹ Interkulturelle Verständigung<br />

und Integration › sowie ‹ Internatio -<br />

nale Organisationen ›. Dies sind Themen, die<br />

auch in der übrigen Fördertätigkeit der Stif-<br />

tung eine wichtige Rolle spielen.<br />

13 spannEndE projEktE ⁄ Aufgrund dieser Kri-<br />

terien hat die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> im<br />

vergangenen Herbstsemester 13 Projekte zur<br />

Förderung ausgewählt. Darunter ist zum<br />

Beispiel die Internetplattform greenings.ch,<br />

die Studierende des Vereins Generation<br />

Zukunft initiiert haben, um darauf Veranstaltungen<br />

mit Fokus auf ökologischer Nachhaltigkeit<br />

zu veröffentlichen. Oder das Vorhaben


ildEr<br />

obEn ⁄ Studierende von der Universität<br />

St. Gallen treffen im Austauschprojekt ‹ Magellan<br />

› auf junge Menschen aus Lateinamerika.<br />

untEn ⁄ Ziel des ‹ Calcutta-Project › ist es, die<br />

Lebensbedingungen der Ärmsten in der indischen<br />

Metropole Kalkutta zu verbessern. Auch<br />

den interkulturellen Austausch im Medizinbereich<br />

fördern die Projektverantwortlichen<br />

der Universität Basel.<br />

nächstE sEitE ⁄ Bei der Konferenz des<br />

studentischen Vereins oikos beschäftigen sich<br />

die Teilnehmer mit nachhaltigen Geschäftsmodellen.<br />

39


40 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

des Vereins P.I.E.C.E.S der Universität<br />

St. Gallen, das Studierende ermutigt, Sozialprojekte<br />

in Entwicklungsländern zu machen.<br />

Mit Unterstützung von ‹ Engagier dich! ›<br />

or ga nisiert AIESEC Basel unter dem Motto<br />

‹ Global View – One Week of World Issues ›<br />

eine Eventwoche für Studierende und interessierte<br />

Basler, die zentrale aktuelle Diskurse<br />

rund um Globalisierung und nachhaltige Ent-<br />

wicklung thematisiert. Der studentische<br />

Verein oikos hat an der Universität St. Gallen<br />

eine zweitägige Konferenz zum Thema<br />

‹ Business model innovation for a sustainable<br />

future › angeboten.<br />

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt<br />

‹ Magellan 2<strong>01</strong>1 › der Studentenschaft der Uni -<br />

versität St. Gallen, das einen Austausch zwi-<br />

schen 40 Studierenden der Universität St. Gallen<br />

und einer brasilianischen Universität herstellt.<br />

Seit 20 Jahren leistet das ‹ Calcutta-Project ›<br />

der Universität Basel einen Beitrag, die Lebens -<br />

bedingungen der Menschen in Kalkutta zu<br />

verbessern und die interkulturelle Verständigung<br />

zwischen Indien und der <strong>Schweiz</strong> durch<br />

Austauschprogramme im Medizinbereich<br />

zu fördern. Im Jubiläumsjahr 2<strong>01</strong>1 unterstützt<br />

‹ Engagier dich! › diese Tätigkeiten.<br />

FinanziEllE untErstützung ⁄ So unterschiedlich<br />

all diese Projekte auch sind – sie haben<br />

etwas gemeinsam: Sie leben aufgrund des aus -<br />

serordentlichen Engagements und der Krea-<br />

tivität von Studierenden. Und sie alle sind auf<br />

finanzielle Unterstützung angewiesen. «Stu -<br />

dentische Initiativen erhalten normalerweise<br />

keine finanzielle Hilfe von Universitäten»,<br />

weiss David Züger, der die oikos-Konferenz an<br />

der Universität St. Gallen organisiert hat.<br />

«Deshalb ist eine Förderung für studentische<br />

Initiativen essentiell.» Das betont auch<br />

Ann-Christine Heusch, die sich für das Projekt<br />

‹ Magellan › engagiert: «Ohne die Unterstützung<br />

von ‹ Engagier dich! › wäre unser Projekt<br />

wohl kaum durchführbar.»<br />

EngagiEr Dich!<br />

www.EngagiEr-dich.ch<br />

‹ Engagier dich! › ist ein Programm der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> zur Förderung studen ti -<br />

scher Initiativen. Studierende können für ihre<br />

geplanten Projekte finanzielle Unterstützung<br />

beantragen. Das Programm soll sie dazu<br />

an regen, sich mit gesellschaftlich relevanten<br />

Themen zu befassen. Es soll junge Menschen<br />

unterstützen, neben ihrem Studium Verantwortung<br />

zu übernehmen. Bei der Förderung<br />

werden Schwerpunkte in den Themenbereichen<br />

‹ Natürliche Lebensgrundlagen ›, ‹ Inter-<br />

kulturelle Verständigung und Integration ›<br />

sowie ‹ Internationale Organisationen › gesetzt.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Sara Fink und Tobias Oetiker<br />

+41 (0) 44 206 55 80<br />

s.fink@stiftung-mercator.ch<br />

t.oetiker@stiftung-mercator.ch


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

EngagEmEnt<br />

nEbEn<br />

DEm StuDium<br />

ErFahrungEn von drEi studiErEndEn<br />

david zügEr<br />

OiKOS CONfERENCE, uNivERSiTäT ST. gAllEN<br />

Nach meinen ersten Semesterprüfungen im<br />

Winter 2009/2<strong>01</strong>0 an der Universität St. Gallen<br />

hatte ich das Gefühl, dass mir ein greifbares<br />

Resultat fehlte. Ich hatte mich lange und inten-<br />

siv auf die Prüfungen vorbereitet und am Ende<br />

hielt ich lediglich ein A4-Blatt mit meinen<br />

Noten in den Händen. Das war mir zu wenig.<br />

Deshalb entschied ich mich, die Herausforderung<br />

‹ oikos conference 2<strong>01</strong>0 › anzunehmen.<br />

Ich wusste, dass meine harte Arbeit dort mit<br />

einer sichtbaren und erlebbaren zweitägigen<br />

Veranstaltung belohnt wird. Ziel der 22. Kon -<br />

ferenz war es, die 74 Teilnehmer über das<br />

Thema ‹ Nachhaltige und innovative Geschäftsmodelle<br />

› weiterzubilden. Neben einem abwechslungsreichen<br />

Konferenzprogramm mit<br />

vielen Informationen konnten sie ihr gelerntes<br />

Wissen in Workshops in die Tat umsetzen.<br />

Bei der Organisation der Konferenz habe ich<br />

unglaublich viele Erfahrungen gesammelt<br />

und auch persönlich viel gelernt – von Telefonskills<br />

bis hin zur Budgeterstellung. Ich finde<br />

es ex trem wichtig, dass Universitäten studentisches<br />

Engagement zulassen und fördern.<br />

angEla jorns<br />

CAlCuTTA PROJECT, uNivERSiTäT bASEl<br />

Mit meinem Engagement möchte ich mein an<br />

der Uni erworbenes, eher theoretisches Wissen<br />

konkret anwenden und mich sinnvoll für<br />

benachteiligte Menschen einsetzen. In einem<br />

studentischen Projekt wie dem ‹ Calcutta<br />

Project › treffe ich auf Menschen mit verschiedensten<br />

Hintergründen und Studienrichtungen.<br />

Dabei kann ich viel lernen – Dinge, die ich<br />

mir in einer Vorlesung oder einem Seminar nicht<br />

aneignen könnte. Gerade weil Studierende<br />

eher zu den Privilegierten unserer Gesellschaft<br />

gehören, finde ich es wichtig, dass die All-<br />

gemeinheit etwas von ihrem Wissen, von ihren<br />

Perspektiven und von ihrer Zeit zurückbekommt.<br />

Unser Projekt möchte in Zusammenarbeit<br />

mit seinem indischen Partnerverein<br />

die Gesundheitsversorgung benachteiligter<br />

Bevölkerungsschichten in Kalkutta verbessern.<br />

Das Projekt beruht auf einer Gegenseitig keit:<br />

Nicht nur die ärmeren Bevölkerungsschichten<br />

in Kalkutta profitieren von unseren Aktivitä -<br />

ten, sondern auch wir, die Studierenden. Die<br />

Mitarbeit in einer Entwicklungsorganisation<br />

lehrt mich Dinge, die auch im Arbeitsleben un -<br />

erlässlich sind.<br />

ann-christinE hEusch<br />

MAgEllAN, uNivERSiTäT ST. gAllEN<br />

‹ Nur › zu studieren finde ich mit der Zeit zu<br />

einseitig und theoretisch. Deshalb suche ich<br />

gerne anderweitig Herausforderungen, bei<br />

denen ich praktische Erfahrungen sammeln,<br />

Leute kennen lernen und mich entfalten<br />

kann. An der Universität St. Gallen haben wir<br />

grosses Glück, dass dieses Engagement gefördert<br />

und gut geheissen wird. Gesellschaftliches<br />

Engagement von Studierenden finde ich<br />

sehr wichtig. Man kann damit nicht nur etwas<br />

bewirken, die freiwillige Arbeit bringt einen<br />

auch persönlich weiter. Mit unserem Projekt<br />

‹ Magellan › organisieren wir einen bilatera -<br />

len Austausch zwischen insgesamt 40 Studierenden<br />

der Universität St. Gallen und einer<br />

lateinamerikanischen Universität. Ich finde es<br />

sehr wichtig, andere Kulturen zu kennen, von<br />

diesen zu lernen und einen engen, verständnisvollen<br />

und möglichst auch freundschaftli -<br />

chen Kontakt pflegen zu können. Gerade dies<br />

ist das Hauptziel von ‹ Magellan ›, weshalb<br />

ich mich gerne für das Projekt engagiere. Nicht<br />

zu vergessen der Spass, der die Organisation<br />

des Projekts macht.<br />

41


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

42 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

jugEnDparlamEntE:<br />

mEhr alS DiSkutiErEn<br />

sEit Er ElF jahrE jung war, EngagiErt sich nicola jorio politisch. Er war bErEits MEhrErE<br />

jahrE iM jugEndparlaMEnt sEinEr hEiMatgEMEindE worb aktiv, als Er das präsidiuM<br />

dEs jugEndratEs übErnahM. parallEl dazu ist dEr 22-jährigE studEnt hEutE vorstands-<br />

MitgliEd dEs dachvErbands schwEizEr jugEndparlaMEntE. nicola jorio ist dEr MEinung:<br />

EngagEMEnt lohnt sich, jugEndlichE könnEn in ihrEr gEMEindE viEl bEwEgEn und ihrEn<br />

lEbEnsrauM MitgEstaltEn. TExT ⁄ NiCOlA JORiO, dAChvERbANd SChWEizER JugENdPARlAMENTE<br />

Rund die Hälfte meines jungen Lebens wurde<br />

durch Jugendparlamente geprägt. Mit elf<br />

Jahren bin ich dem Jugendrat Worb (Kanton<br />

Bern) beigetreten, der zu dieser Zeit von<br />

meinem älteren Bruder präsidiert wurde. Mit<br />

zwölf Jahren habe ich mit einem gleichaltrigen<br />

Freund meinen ersten Event organisiert:<br />

eine Unihockeynight mit 200 Spielern und<br />

ebenso vielen Zuschauern. Im Alter von 14<br />

Jahren wurde ich Kassierer unseres Jugendrats<br />

und konnte ein Budget von rund 20 000.–<br />

Franken verwalten. Dadurch habe ich ausserschulisch<br />

die Buchhaltung gelernt, was mir<br />

heute in meinem Wirtschaftsstudium an der<br />

Universität Zürich zugute kommt.<br />

Das Präsidium des Jugendrates Worb<br />

habe ich mit 16 Jahren übernommen. Parallel<br />

dazu war und bin ich Vorstandsmitglied des<br />

Dachverbands <strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente<br />

(DSJ), dem ich seit gut zwei Jahren als Co-<br />

Präsident vorstehe. Durch mein Engagement<br />

habe ich gelernt, mich für meine Ideen, aber<br />

vor allem auch für die Anliegen meines Jugend-<br />

parlamentes und der Worber Jugend stark<br />

zu machen. Ich konnte zahlreiche Erfahrungen<br />

sammeln, die ich ohne Jugendrat wohl nicht<br />

erlangt hätte – zumindest nicht in so kurzer<br />

Zeit und in diesem jungen Alter.<br />

vErnEtzung und austausch ⁄ An meiner ersten<br />

Jugendparlamentskonferenz habe ich mit<br />

zwölf Jahren teilgenommen, seither habe ich<br />

keine der jährlich wiederkehrenden Konferenzen<br />

des DSJ verpasst. Die Jugendparlamentskonferenz<br />

gehört zu den grössten jugendpoli-<br />

tischen An lässen der <strong>Schweiz</strong> und wird gröss-<br />

tenteils von Jugendlichen auf ehrenamt -<br />

licher Basis organisiert. Für die Organisation<br />

dieser grossen Veranstaltung hat die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> in den vergangenen zwei<br />

Jahren 12 500.– Franken zur Verfügung gestellt.<br />

Rund 120 Jugendparlamentarier aus kommunalen,<br />

regionalen und kantonalen Jugendparlamenten<br />

der ganzen <strong>Schweiz</strong> sowie aus<br />

dem Ausland treffen sich jährlich am letzten<br />

Oktoberwochenende. Auf sie wartet ein breites<br />

Angebot an Workshops, Diskussionsgruppen<br />

und Ausflügen. Die Teilnehmer knüpfen neue<br />

Kontakte, schmieden Pläne für neue Projekte.<br />

Nach der Jugendparlamentskonferenz sind<br />

sie meist doppelt so motiviert, sich für und im<br />

Jugendparlament zu engagieren.<br />

viElE ziElE ⁄ Jugendparlamente sind eine<br />

abwechslungsreiche Möglichkeit der Jugendpartizipation<br />

von und für Jugendliche. Sie<br />

verfolgen nicht nur politische, sondern auch<br />

gesellschaftliche und kulturelle Ziele. Meine<br />

Erfahrungen als Präsident des Jugendrats<br />

Worb haben gezeigt, dass sich die Jugendlichen<br />

nur selten aus politischem Interesse für eine<br />

Mitgliedschaft in einem Jugendparlament be-<br />

geistern lassen. Vielmehr konnte ich die Ju-<br />

gendlichen sehr oft mit Hilfe von gesellschaftlichen<br />

und kulturellen Projekten gewinnen –<br />

zum Beispiel durch die Organisation der<br />

besagten Unihockeynight, durch die Veranstaltung<br />

von Partys und eines Openair-Kinos<br />

oder durch die Realisierung einer Skating-<br />

Anlage.


politischE ErFolgE ⁄ Dank der Nähe zur<br />

kommunalen Politik und zu den Ge-<br />

meindebehörden erkannten auch einige<br />

unserer anfänglich politikscheuen<br />

Mitglieder schnell den persönlichen Nut-<br />

zen der Politik und versuchten, ihre<br />

Projekte auf politischem Weg zum Er folg<br />

zu führen. Der Jugendrat Worb besitzt<br />

ein Motionsrecht in der Legislative,<br />

mit dem er Vorstösse aller Art ins kom-<br />

munale Parlament einbringen kann<br />

und vor dem Plenum vertreten darf. Wir<br />

haben gelernt, geschickt mit dem Jugend-<br />

vorteil umzugehen, aber auch bei Miss-<br />

erfolgen nicht zu resignieren. Unser Vor-<br />

stoss zum Bau eines Skaterparks kann<br />

zum Beispiel als Erfolg bezeichnet werden,<br />

der zur Schaffung einer legalen Graffitiwand<br />

war ein Misserfolg. Auf Wunsch von<br />

einer Gruppe einst politisch desinteressierter,<br />

junger Mädchen wurde die Diskus-<br />

sion über politische Themen zu einem<br />

festen Bestandteil unserer monatlichen<br />

Plenumssitzungen. Politik darf man den<br />

Jugendlichen nicht aufdrängen. Man<br />

muss sie ihnen auf einfache Weise zugäng -<br />

lich machen und auf ihre Bedürfnisse<br />

herunterbrechen.<br />

Jugendparlamente bieten eine optimale<br />

Plattform für junge Menschen, ihren<br />

persönlichen Lebensraum aktiv mitzugestalten.<br />

Ein positiver Nebeneffekt ist ein<br />

weitreichendes politisches und organisatorisches<br />

Wissen, das sich die Jugendlichen<br />

durch ‹ Learning by Doing › aneignen.<br />

Jugendparlamente befinden sich stets<br />

in einem dynamischen Prozess: Erfahrene<br />

Jugendparlamentarier gehen, neue<br />

kommen. Deshalb muss man auf eine<br />

nach haltige Übergabe des erworbenen<br />

Wissens achten. Es kommt nicht selten<br />

vor, dass die Übernahme einer Position<br />

in einem Jugendparlament einem Sprung<br />

ins kalte Wasser gleicht. Aber oft ist ge-<br />

rade das auch etwas Positives! Der Mensch<br />

lernt immer am meisten, wenn er etwas<br />

selbstständig aufbauen muss. Dies gilt<br />

auch für Jugendparlamentarier, die sich<br />

durch ihr Engagement in einem Jugendparlament<br />

ein analytisches und systematisches<br />

Denken aneignen können, das<br />

ihnen im späteren Berufsleben zugute<br />

kommt.<br />

bild<br />

Aus eigener Erfahrung weiss Nicola Jorio:<br />

Jugendparlamente bilden eine optimale Plattform<br />

für junge Menschen, ihren Lebensraum<br />

aktiv mitzugestalten.<br />

DachVErbanD SchwEizEr<br />

jugEnDparlamEntE<br />

www.dsj.ch<br />

Der Dachverband <strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente<br />

(DSJ) vereinigt über 40 kommunale, regionale<br />

und kantonale Jugendparlamente und vertritt<br />

ihre Anliegen auf nationaler Ebene. Er unter-<br />

stützt bestehende Jugendparlamente, fördert<br />

und begleitet Neugründungen. Nationale<br />

Arbeitsgruppen, Konferenzen wie die jährliche<br />

dreitägige Jugendparlamentskonferenz, Weiter-<br />

bildungsangebote und Austauschplattformen<br />

bieten rund 1500 Jugendparlamentariern<br />

die Möglichkeit, sich gemeinsam der kommunalen,<br />

kantonalen und nationalen Politik<br />

anzunehmen.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

dachvErband schwEizEr<br />

jugEndparlaMEntE<br />

Nicola Jorio<br />

+41 (0) 31 850 10 26<br />

nicola.jorio@dsj.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Jorge Tamayo<br />

+41 (0) 44 206 55 92<br />

p.tamayo@stiftung-mercator.ch<br />

43


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

jugEnDlichE<br />

inFormiErEn<br />

jugEnDlichE<br />

übEr politik<br />

Easy-abstiMMigsbüEchli<br />

«Die Stimmbeteiligung ist in der<br />

<strong>Schweiz</strong> bei Jugendlichen zwischen<br />

18 und 24 Jahren am geringsten»,<br />

bedauert Alexandra Molinaro. Deshalb<br />

haben die Co-Präsiden tin des Dachverbands<br />

<strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente<br />

(DSJ) und ihre Mitstreiter ein Ziel: «Wir<br />

möchten das politische Inte resse von<br />

Jugendlichen fördern und sie ermutigen,<br />

sich vermehrt an Wahlen und Abstimmungen<br />

zu beteiligen.» Dafür gibt der<br />

Dachverband bald schweizweit das ‹ Easy-<br />

Abstimmigsbüechli › heraus. Dieses<br />

Heft informiert junge Stimmbürger auf<br />

jugendfreundliche, kurze und verständliche<br />

Weise über die jeweils aktuellen<br />

kantonalen und eidgenössischen Abstimmungsvorlagen.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> unterstützt dieses Projekt in den<br />

Jahren 2<strong>01</strong>1 bis 2<strong>01</strong>3 mit 50 000.– Franken.<br />

ErFolg in bErn ⁄ Seit drei Jahren gibt<br />

es das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli › bereits<br />

im Kanton Bern. Mitglieder von sechs<br />

Jugendparlamenten erstellen dort ehren-<br />

amtlich die jugendfreundliche Abstimmungshilfe.<br />

Gemeinden im Kanton kön-<br />

nen das Heft für ihre jungen Einwohner<br />

kostenpflichtig abonnieren, 9000 jugend-<br />

liche Stimmbürger erhalten auf diese<br />

Weise dieses politisch neutrale Heft. Die-<br />

ser grosse Erfolg hat den DSJ ermutigt,<br />

das Projekt auf die ganze <strong>Schweiz</strong> auszu-<br />

weiten und auf Deutsch, Französisch und<br />

Italienisch anzubieten.<br />

44 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

pro und contra ⁄ Inhaltlich wird das<br />

bisherige Format beibehalten: Jeweils<br />

auf einer Doppelseite werden Ausgangslage,<br />

Änderungen und Auswirkungen<br />

sowie Pro und Contra zu den kantonalen<br />

und landesweiten Vorlagen vorgestellt.<br />

«Da die Verfasser des Easy-Abstimmigsbüechlis<br />

selbst Jugendliche sind, in-<br />

formiert es zielgruppengerecht», erklärt<br />

Alexandra Molinaro. Die Projektleitung<br />

des Berner Hefts war bisher ehrenamtlich.<br />

Für die schweizweite Verbreitung wird<br />

eine Geschäftsstelle aufgebaut, die für die<br />

Gesamtkoordination des Projekts zu-<br />

ständig ist. «Der Grossteil der Arbeiten<br />

soll jedoch wie bisher durch die Freiwilligenarbeit<br />

von engagierten Jugendlichen<br />

geleistet werden», betont Alexandra<br />

Molinaro. Diese kommen in erster Linie<br />

aus den Jugendparlamenten und Ju-<br />

gendräten, die im Dachverband organisiert<br />

sind. In Kantonen, in denen es<br />

keine Jugendparlamente gibt, werden<br />

motivierte Jugendliche über Jugendverbände<br />

und Jugendarbeiter zur Mitar-<br />

beit angefragt.<br />

Das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli ›<br />

erscheint vier Mal im Jahr. Das erste<br />

Heft wird für die Volksabstimmungen<br />

vom Mai 2<strong>01</strong>1 für die Kantone Bern,<br />

Basel-Landschaft, Luzern, Thurgau und<br />

Fribourg hergestellt. Die Gemeinden<br />

zahlen für das Abonnement des Hefts;<br />

pro Jugendlichen sind es fünf Franken<br />

im Jahr. Diese Einnahmen sollen auf<br />

Dauer die Kosten für die Produktion der<br />

jugendgerechten Abstimmungshilfe<br />

decken. Die Abstimmigsbüechli werden<br />

den Jugendlichen jeweils etwa zwei<br />

Wochen nach den offiziellen Abstimmungsunterlagen<br />

nach Hause geschickt.<br />

Easy-abstiMMigsbüEchli<br />

Das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli › ist eine jugendfreundliche,<br />

einfach verständliche und neu-<br />

trale Abstimmungshilfe für junge Stimmbürger<br />

zwischen 18 und 24 Jahren. Das Heft wird von<br />

engagierten Jugendlichen zu allen eidgenössischen<br />

und kantonalen Abstimmungsvorlagen<br />

erstellt. Gemeinden können es kostenpflichtig<br />

für ihre jugendlichen Einwohner abon-<br />

nieren. Das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli › ist<br />

nicht die erste Publikation des Dachverbands<br />

<strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente, die die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> unterstützt hat. Die Jung-<br />

parlamentarier haben Mitte August 2<strong>01</strong>0 das<br />

‹ Handbuch Jugendparlamente – von der<br />

Gründung bis zur Umsetzung › auf Deutsch und<br />

Französisch herausgegeben. Es ist ein prak-<br />

tisches Hilfsmittel für Gründer, Jugendarbeiter<br />

und Mitglieder bestehender Jugendparlamente.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

dachvErband schwEizEr<br />

jugEndparlaMEntE<br />

Alexandra Molinaro<br />

+41 (0) 31 850 10 26<br />

alexandra.molinaro@dsj.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Sara Fink<br />

+41 (0) 44 206 55 87<br />

s.fink@stiftung-mercator.ch


schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />

ES iSt zEit, DankE zu SagEn<br />

diE Motivation von FrEiwilligEn, sich zu EngagiErEn, ist viElFältig: diE arbEit<br />

Macht ihnEn FrEudE, siE lErnEn viEl, ErwEitErn ihrEn horizont. odEr siE MöchtEn<br />

dEr gEsEllschaFt EinFach Etwas zurückgEbEn. das EuropäischE jahr dEr FrEiwilligEnarbEit<br />

2<strong>01</strong>1 ist EinE gElEgEnhEit, das wirkEn diEsEr MEnschEn in dEn Fokus<br />

zu stEllEn – und ihnEn Für ihrE wErtvollEn tätigkEitEn dankE zu sagEn.<br />

TExT ⁄ ChRiSTA MARKWAldER, NATiONAlRäTiN<br />

Das europäische Jahr 2<strong>01</strong>1 steht im Zei-<br />

chen der Freiwilligenarbeit. Nach dem<br />

UNO-Jahr der Freiwilligenarbeit vor zehn<br />

Jahren haben wir erneut die Gelegenheit,<br />

den Wert der Freiwilligenarbeit in den<br />

Fokus zu rücken. Freiwillig und ehren-<br />

amtlich Tätige leisten einen enorm<br />

wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt<br />

unserer Gesellschaft und tragen bei<br />

zur kulturellen, sportlichen, politischen<br />

und sozialen Vielfalt unseres Landes.<br />

diEnst an dEr gEsEllschaFt ⁄ Oft stellen<br />

wir uns die Frage, was denn freiwillig<br />

und ehrenamtlich arbeitende Menschen<br />

motiviert für ihren Dienst an der Gesell-<br />

schaft. Wir fragen uns, wie wir neue<br />

Freiwillige motivieren können, sich für<br />

günstige Menüs in der Kantine, für<br />

ausleihbare Spielzeuge in der Ludothek,<br />

für die Wiederverwendung von Möbeln in<br />

der Brockenstube oder für den Lese -<br />

genuss von Patienten in der Spitalbibliothek<br />

zu engagieren. Die gleichen Fragen<br />

stellen sich für Nachwuchstrainer in<br />

Sportvereinen, für Initianten von kultu-<br />

rellen Festivals und Dorffesten sowie<br />

für die Milizpolitik. Dieses unbezahlte<br />

Engagement im Bereich Kultur, Sport,<br />

Soziales, Politik und Wirtschaft zeichnet<br />

unser Land aus und hat es gesellschaft -<br />

lich und wirtschaftlich zum Erfolg<br />

geführt.<br />

Für andErE da sEin ⁄ Deshalb ist es im<br />

Rahmen des europäischen Jahrs der<br />

Freiwilligenarbeit besonders angebracht,<br />

den vielfältig engagierten Freiwilligen<br />

von Herzen Danke zu sagen. Wenn<br />

andere ihre Freizeit mit Freunden und<br />

Familie geniessen, sind Freiwillige da<br />

für andere Menschen und für die Gesellschaft<br />

– unbezahlt. Ohne Freiwillige<br />

sähe das öffentliche Leben in der <strong>Schweiz</strong><br />

trist aus. Kein Turnverein, kein Liebhaber-Orchester,<br />

keine traditionellen Feste,<br />

kein Jazz-Keller, keine Betreuung von<br />

einsamen Menschen, keine Milizpolitik.<br />

Da die Freiwilligenarbeit so vielfältig<br />

ist, ist es tatsächlich schwierig, gemeinsame<br />

Gründe für die Motivation von Frei -<br />

willigen zu finden. Diese Frage ist aber<br />

wichtig für die aktuelle und künftige<br />

Förderung von Freiwilligenarbeit, gerade<br />

im europäischen Freiwilligenjahr 2<strong>01</strong>1.<br />

Es mag sein, dass Freiwillige mit dieser<br />

Tradition in ihrer Familie aufgewachsen<br />

sind und gelernt haben, dass man der<br />

Gesellschaft, von der man so vieles erhält,<br />

auch etwas zurückgeben soll. Es mag<br />

sein, dass Freiwillige in ihrer ehrenamtlichen<br />

Tätigkeit mindestens ebenso viel<br />

Freude erfahren wie in ihrer bezahlten<br />

beruflichen Arbeit. Es mag sein, dass sie<br />

merken, dass ihnen ihr freiwilliges En-<br />

gagement den Erwerb von neuen Fähig -<br />

keiten ermöglicht und dass sie ihren<br />

Horizont erweitern können.<br />

Nichtsdestotrotz ist Dankbarkeit<br />

die wichtigste und motivierendste<br />

Anerkennung des unbezahlten Engagements.<br />

bild<br />

Nationalrätin Christa Markwalder (FDP) ist Co-<br />

Präsidentin der parlamentarischen Gruppe<br />

‹ Freiwilligenarbeit und Ehrenamt ›. Von 2004<br />

bis 2008 präsidierte sie das Forum Freiwilligenarbeit,<br />

eine Plattform zur Förderung, Anerkennung<br />

und Vernetzung der freiwilligen und<br />

ehrenamtlichen Arbeit in der <strong>Schweiz</strong>.<br />

45


FördErbErEich ⁄ WiSSENSChAfT STäRKEN<br />

pFlanzEnwiSSEnSchaFtlEr<br />

zwiSchEn ForSchung unD politik<br />

ihrE ForschungsErgEbnissE sollEn EinEn dirEktEn nutzEn habEn und zur lösung von<br />

uMwEltproblEMEn bEitragEn. daFür arbEitEn viEr doktoriErEndE dEs ‹zurich-basEl plant<br />

sciEncE cEntErs› nicht nur an ihrEn dissErtationEn, siE sind iM rahMEn dEs psc-MErcator-phd-FEllowships<br />

‹bridging plant sciEncEs and policy› gEziElt an dEr schnittstEllE<br />

zur politik tätig. TExT ⁄ ANdREA PfiSTERER, PlANT SCiENCE CENTER<br />

Vier Doktorierende der Pflanzenwissenschaften<br />

in Zürich und Basel verfolgen ganz spezielle<br />

Projekte: Sie schreiben nicht nur drei Jahre<br />

ihre Doktorarbeit. Ihre Forschung wird auch<br />

einen direkten Nutzen für die Umsetzung<br />

in Biodiversitäts-, Klima- oder Umweltschutz<br />

haben. Zudem werden sie ein sechsmonatiges<br />

Praktikum absolvieren und basierend auf<br />

ihren Forschungsresulta ten ein Diskussionspapier,<br />

ein so genanntes Grünbuch, ver fassen.<br />

Auch die Mitwirkung an einer öffentlichen<br />

Veranstaltung in ihren Themenbereichen ge-<br />

hört zu den Aufgaben der Doktorierenden.<br />

nEuartigE idEE ⁄ Das ‹ Zurich-Basel Plant<br />

Science Center › (PSC) traf bei der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> mit dieser neuartigen<br />

Idee eines Promotionsprogramms auf offene<br />

Ohren, und so wurden die PSC-<strong>Mercator</strong>-<br />

PhD-Fellowships ‹ Bridging Plant Sciences and<br />

Policy › mit vier Forschungsstipendien ins<br />

Leben gerufen. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

unterstützt dieses Programm in den Jahren<br />

2<strong>01</strong>1 bis 2<strong>01</strong>4 mit 758 000.– Franken. Die ein-<br />

zelnen Doktorarbeiten sind eingebettet in<br />

das spezialisierte PSC-PhD-Programm ‹ Plant<br />

Sciences and Policy ›. Darin haben die Stipendiaten<br />

die Möglichkeit, Kompetenzen für<br />

die politische Arbeit zu lernen, eine grundlegende<br />

Einführung in Politikwissenschaften zu<br />

erhalten und nationale oder internationale<br />

Konferenzen an der Schnittstelle von Pflanzenwissenschaften<br />

und Politik zu besuchen.<br />

Aufgebaut und koordiniert wird das Kursprogramm<br />

von Andrea Pfisterer und Melanie<br />

Paschke vom PSC. Für die Workshops ziehen<br />

sie jeweils Experten aus Wissenschaft, Poli tik<br />

oder NGOs bei, um einen aktuellen Praxisbezug<br />

zu gewährleisten.<br />

viElFältigE ForschungsthEMEn ⁄ Themen,<br />

Forschungsmethoden und Kooperationspartner<br />

sind breit angelegt. Sehr international ist<br />

das Projekt ‹ Umfassende Tradeoff-Analyse der<br />

REDD+- Umsetzung › von Professor Jaboury<br />

Ghazoul und Dr. Lian Pin Koh an der ETH<br />

Zürich. Der Doktorand John Garcia Ulloa wird<br />

anhand von Daten aus Kolumbien, Indonesien<br />

und der Demokratischen Republik Kongo<br />

Modelle zur Erforschung der ökologischen und<br />

sozioökonomischen Risiken und Chancen<br />

bei der Anwendung des Instruments ‹ REDD+ ›<br />

erstellen. Der so genannte REDD+-Prozess<br />

bewertet Emissionen aus der Entwaldung mo-<br />

netär. «Wie bei der nachhaltigen Nutzung<br />

von Wäldern die Vorteile für die landwirtschaftliche<br />

Produktion, den Waldschutz, die Erhal-<br />

tung der Artenvielfalt und die wirtschaftliche<br />

Entwicklung maximiert werden können, ist<br />

eine wichtige Frage in diesem Forschungsprojekt»,<br />

erklärt Professor Jaboury Ghazoul.<br />

«Unser Projekt verbindet ein regionales<br />

gesellschaftliches Anliegen, nämlich den<br />

Kultur landverlust durch Verbuschung mit<br />

Grünerlen im Alpenraum, mit einem sehr<br />

aktuellen Problembereich, dem Biodiversitätsverlust»,<br />

sagt Dr. Erika Hiltbrunner. Zusammen<br />

mit Professor Christian Körner leitet sie<br />

an der Universität Basel das Projekt ‹ ALNEX:<br />

Das Erlen-Problem und die Überschreitung der<br />

47


FördErbErEich ⁄ WiSSENSChAfT STäRKEN<br />

bildEr<br />

Sie forschen an der Schnittstelle zwischen<br />

Pflanzenwissenschaften und Politik: Die Doktorierenden<br />

John Garcia Ulloa, Tobias Bühlmann<br />

und Sonja Hassold (Bilder von links) schätzen<br />

die Möglichkeiten, die ihnen die <strong>Mercator</strong>-<br />

Fellowships bieten.<br />

48 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

kritischen Belastungen durch Stickstoff in<br />

den Alpen ›, an dem der Doktorand Tobias Bühl-<br />

mann beteiligt ist. Die wissenschaftlichen<br />

Arbeiten in alpiner Ökologie finden dank ihrer<br />

politischen Verankerung eine Anwendung,<br />

zum Beispiel in Form von empfohlenen Grenz-<br />

werten für Stickstoff in verschiedenen Ökosystemen.<br />

In Zusammenarbeit mit dem Zoo Zürich<br />

und dem Sekretariat des Washingtoner Arten-<br />

schutzübereinkommens geht es im Projekt von<br />

Professor Alex Widmer von der ETH Zürich<br />

darum, eine Methode in Form einer so genann-<br />

ten DNA-Etikettierung zu entwickeln, um sel-<br />

tene Holzarten zuverlässig identifizieren<br />

und dadurch dem illegalen Abholzen gefährdeter<br />

Arten Einhalt gebieten zu können. Die<br />

Forschungsresultate sind wichtig, um international<br />

bindende Regulierungen für den<br />

Schutz von tropischen Hölzern zu entwickeln,<br />

und um die Möglichkeit zu haben, das Holz<br />

aus illegaler Abholzung zu bestimmen und zu<br />

beschlagnahmen. An diesem Projekt arbeitet<br />

die Doktorandin Sonja Hassold.<br />

Einzig das Projekt ‹ Einflüsse von Um-<br />

welt faktoren auf das Waldwachstum in der<br />

<strong>Schweiz</strong> › sucht noch einen Doktorierenden. Das<br />

Forschungsvorhaben von Professorin Nina<br />

Buchmann von der ETH Zürich in Zusammenarbeit<br />

mit dem Bundesamt für Umwelt möchte<br />

umfangreiche Datenbanken über das Waldwachstum<br />

miteinander verbinden. Dadurch soll<br />

das tatsächliche Wachstum des <strong>Schweiz</strong>er<br />

Waldes direkter und zeitgenau erfasst sowie mit<br />

möglichen Umwelteinflüssen in Verbindung<br />

gebracht werden. Ziel sind auch Prognosen für<br />

zukünftige Entwicklungen.<br />

willkoMMEnEs prograMM ⁄ Die beteiligten<br />

Professoren begrüssen das <strong>Mercator</strong>-Stipendienprogramm:<br />

«Die Stipendien bieten eine<br />

willkommene Gelegenheit, Forschung in einem<br />

transdisziplinären und politischen Rahmen<br />

durchzuführen», erklärt Professor Jaboury<br />

Ghazoul. Die Studenten erweitern ihren Erfah-<br />

rungshorizont und können sich mit den<br />

Realitäten des Umweltmanagements auseinandersetzen.<br />

«Dies wiederum ebnet den Weg<br />

für die Bereitstellung von leichter interpretierbaren<br />

Forschungsresultaten, die politisch<br />

umgesetzt werden und zur Lösung von Um-<br />

welt problemen beitragen können», betont<br />

der Professor. Insbesondere die Vernetzung<br />

und der Austausch zwischen den Universitäten<br />

mit politisch aktiven Institutionen und Bundes-


ämtern begrüsst Dr. Erika Hiltbrunner. «Das<br />

wird selten gefördert. Hier leistet das Programm<br />

einen wichtigen Beitrag.» Professorin<br />

Nina Buchmann spricht begeistert über die<br />

Möglichkeiten, die sich für ihre Doktorierenden<br />

eröffnen: «Die Fellowships ermöglichen<br />

es den Doktorierenden, Wissenschaft nahe an<br />

die Umsetzung zu bringen. Sie schliessen eine<br />

Lücke für all diejenigen, die bereits vor bezie -<br />

hungsweise während der Doktorarbeit wissen,<br />

dass sie später an der Schnittstelle Wissenschaft-Politik<br />

oder Wissenschaft-Gesellschaft<br />

arbeiten wollen.»<br />

plant SciEncE cEntEr<br />

www.plantsciEncEs.ch<br />

Das Kompetenzzentrum für Pflanzenwissenschaften<br />

der Universitäten Zürich und Basel<br />

sowie der ETH Zürich bildet mit seinen 26 For-<br />

schungsgruppen und 700 Mitarbeitenden<br />

ein international bedeutendes Netzwerk. Das<br />

Plant Science Center (PSC) vereint alle Diszi-<br />

plinen der Pflanzenwissenschaften: Evolution,<br />

Genetik, Ökologie, Agrarwissenschaften, Bio-<br />

chemie, Biotechnologie, Physiologie, Pflanzen-<br />

medizin und Systematik. Diese Vielfalt bietet<br />

eine einmalige Chance für interdisziplinäre<br />

Forschung.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

plant sciEncE cEntEr<br />

Andrea Pfisterer<br />

+41 (0) 44 632 02 71<br />

andreapf@ethz.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Sara Fink<br />

+41 (0) 44 206 55 87<br />

s.fink@stiftung-mercator.ch<br />

49


FördErbErEich ⁄ WiSSENSChAfT STäRKEN<br />

DoktoriErEnDE StEllEn<br />

ihrE arbEitEn Vor<br />

zuM viErtEn Mal hat dEr lEhrstuhl Für nachhaltigkEit und tEchnologiE dEr Eth<br />

zürich voM 16. bis 21. januar 2<strong>01</strong>1 sEinE ‹ phd acadEMy › organisiErt. traditionEll<br />

stEht das thEMa kliMawandEl iM zEntruM dEr vEranstaltung. 15 intErnationalE<br />

doktoriErEndE habEn ihrE arbEitEn diskutiErt. tEilnEhMEr und naMhaFtE proFEssorEn<br />

gabEn ihnEn hilFrEichE rückMEldungEn. TExT ⁄ TiMO buSCh, ETh züRiCh<br />

Wie wirken sich Massnahmen zur An-<br />

passung an den Klimawandel auf Unter-<br />

nehmen aus? Was ist der Einfluss poli-<br />

tischer Fördermassnahmen im Bereich<br />

erneuerbarer Energien auf Unternehmensstrategien?<br />

Und inwiefern trägt die<br />

Kooperation zwischen Firmen zu einer<br />

verstärkten Emissionsreduktion bei?<br />

Dies sind nur drei von zahlreichen Fragen,<br />

die vom 16. bis zum 21. Januar 2<strong>01</strong>1 im<br />

Mittelpunkt der einwöchigen ‹ ETH PhD<br />

Academy on Sustainability and Technology<br />

› im Monte Verità Konferenzzentrum<br />

in Ascona standen. Unter dem Motto ‹ Cli-<br />

mate Change Mitigation and Adaptation:<br />

An Organizational Science Perspec tive ›<br />

stellten dort 15 Doktorierende aus Europa<br />

und den USA ihre Arbeiten im Bereich<br />

der wirtschaftswissenschaftlichen Nach-<br />

haltigkeitsforschung vor. Sie disku tierten<br />

ihre Forschungsvorhaben mit den Pro-<br />

fessoren Volker Hoffmann (ETH Zürich),<br />

James P. Wals (University Michigan) und<br />

Irene Henriques (York University,<br />

Toronto).<br />

viErtE akadEMiE ⁄ Es war die mittlerweile<br />

vierte ‹ PhD Academy ›, die der Lehr stuhl<br />

für Nachhaltigkeit und Technologie<br />

der ETH Zürich organisiert hat. Wie die<br />

vorangegangenen drei Akademien stand<br />

auch diese Veranstaltung im Zeichen<br />

des globalen Klimawandels. Während sich<br />

die früheren Akademien vor allem mit<br />

der Frage beschäftigten, wie sich der nega-<br />

50 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

tive Einfluss wirtschaftlichen Handelns<br />

auf Klima und Umwelt eingrenzen<br />

lässt, rückte bei der Akademie 2<strong>01</strong>1 die<br />

Anpassung an den Klimawandel in<br />

den Vordergrund. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> unterstützt die ‹ PhD Academy ›<br />

in den Jahren 2<strong>01</strong>1 bis 2<strong>01</strong>3 mit 30 100.–<br />

Franken.<br />

«Ziel der Veranstaltungsserie ist<br />

die Förderung herausragender Doktorierender,<br />

um diese auf verantwortungs -<br />

volle Positionen in Wirtschaft und Gesell-<br />

schaft vorzubereiten», erklärt Professor<br />

Volker Hoffmann. Hierzu stellte jeder der<br />

Teilnehmer sein Forschungsvorhaben<br />

vor und erhielt ein detailliertes Feedback.<br />

Am letzten Tag der Akademie fand eine<br />

Diskussionsrunde mit Unternehmensvertretern<br />

statt, um die Teilnehmer für<br />

aktuelle Probleme aus der Praxis zu sen-<br />

sibilisieren und im Gespräch mit den<br />

Unternehmen Lösungswege zu thematisieren.<br />

zahlrEichE anrEgungEn ⁄ Die Resonanz<br />

auf die Akademie war sowohl auf Seiten<br />

der Doktorierenden als auch der Professoren<br />

äusserst positiv. Im Rahmen vieler<br />

Diskussionsrunden und persönlicher Ge-<br />

spräche konnten die Doktorierenden von<br />

dem umfangreichen Erfahrungs- und<br />

Wissensschatz der Professoren profitieren<br />

und erhielten viele Anregungen für ihre<br />

weitere Forschung. Die Professoren waren<br />

beeindruckt von den spannenden Diskus-<br />

sionen sowie der grossen Einsatzbereitschaft<br />

der Doktorierenden.<br />

Eth phD acaDEmy<br />

www.sustEc.Ethz.ch<br />

Im Rahmen der Forschung und Lehre konzentrieren<br />

sich die Mitarbeiter des Lehrstuhls für<br />

Nachhaltigkeit und Technologie der ETH Zürich<br />

auf die globale Herausforderung einer nach-<br />

haltigen Entwicklung. Thematisch befassen sich<br />

die meisten der wissenschaftlichen Arbeiten<br />

mit zwei drängenden ökologischen Herausforderungen:<br />

dem globalen Klimawandel und<br />

der Verknappung der verfügbaren Energiereserven.<br />

Im Fokus der Forscher stehen dabei<br />

Unternehmen. Zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlern<br />

in diesem Bereich organi siert<br />

der Lehrstuhl regelmässig die ‹ PhD Academy ›,<br />

an der Doktorierende und namhafte Wissenschaftler<br />

die Forschungsarbeiten der Teilnehmer<br />

diskutieren.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

Eth zürich<br />

Dr. Timo Busch<br />

+41 (0) 44 632 05 53<br />

tobusch@ethz.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Sara Fink<br />

+41 (0) 44 206 55 87<br />

s.fink@stiftung-mercator.ch<br />

bild<br />

Neben dem inhaltlichen Programm wartete<br />

auch eine Schneeschuhwanderung auf die<br />

Doktorierenden. Hier machen die Teilnehmer<br />

Rast oberhalb des Lago Maggiore.


FördErbErEich ⁄ KiNdER uNd JugENdliChE föRdERN<br />

SchulEn mit VorbilDFunktion<br />

Mut und innovationsgEist wErdEn bElohnt: Für ihrE vorbildlichEn schulEntwick-<br />

lungsMassnahMEn hat das projEkt ‹schulEn lErnEn von schulEn › drEi schulhäusEr<br />

iM kanton zürich ausgEzEichnEt. diE sEkundarschulE pEtErMoos in buchs<br />

und diE priMarschulE huttEn in zürich ErhiEltEn jE EinEn ErstEn prEis Für ihrE<br />

wEgwEisEndEn schulModEllE, diE priMarschulE birMEnsdorF FrEut sich übEr<br />

EinEn zwEitEn prEis Für ihr projEkt zur stärkung dEr EltErnMitwirkung.<br />

TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />

«Am Anfang steht die Idee», sagt Ueli<br />

Müller. «Diese reift, von ihr muss man<br />

überzeugt und begeistert sein – dann<br />

wird der Funke zu einem Feuer.» Seit<br />

einigen Jahrzehnten bereits gilt die<br />

Sekundarschule Petermoos als innovative<br />

Kraft in der Schullandschaft. Immer<br />

wieder hat die Schule in Buchs mit mo-<br />

dernen und mutigen Ansätzen von<br />

sich reden gemacht. Einige Jahre war<br />

Ruhe – jetzt hat sich die Schule zurückgemeldet:<br />

mit einem neuen Schulmodell,<br />

das individuelles und leistungsdurchmischtes<br />

Lernen der Schüler<br />

in den Mittelpunkt stellt. «Unser wich-<br />

tigstes Ziel ist es, unsere Schüler auf die<br />

sich stetig ändernden Anforderungen<br />

der Berufswelt und der Anschlussschulen<br />

vorzubereiten», betont der Co-Schulleiter<br />

von Petermoos.<br />

nEuE ansätzE ⁄ Das neue Lernkonzept<br />

mit einer Mischung aus geführtem Unterricht<br />

und individuellem Studium im Lern-<br />

atelier überzeugte die Jury des Projekts<br />

‹ Schulen lernen von Schulen › (sls). Sie<br />

zeichnete die Sekundarschule Petermoos<br />

am 26. Januar 2<strong>01</strong>1 im Rahmen einer<br />

feierlichen Veranstaltung im Kunsthaus<br />

Zürich mit einem ersten Preis im Wert<br />

von 40 000.– Franken aus. «Mit dem Geld<br />

können wir zum Beispiel ein Vikariat<br />

bezahlen und die Lehrer entlasten», er-<br />

klärt Co-Schulleiter Ralph Zollinger.<br />

«So bekommt das Kollegium Zeit, das<br />

Projekt weiterzuentwickeln.» Wie die<br />

Schule aus Buchs überzeugte auch<br />

die Primarschule Hutten aus Zürich mit<br />

ihrem Schulmodell: Unterrichtet<br />

wird dort mit der Didaktik des Dialogischen<br />

Lernens, das die Schüler auf<br />

besondere Weise in ihren Lernprozessen<br />

begleitet und fördert. Mit dem Projekt<br />

‹ Multikulturella › gelang es der Primarschule<br />

Birmensdorf, die Eltern intensiver<br />

in das Schulleben zu integrieren – ein<br />

zweiter Preis (20 000.– Franken).<br />

«Ich bin beeindruckt von der inno-<br />

vativen Kraft, mit der die Schulen Neues<br />

auf die Beine stellen», lobt die operative<br />

Projektleiterin von ‹ Schulen lernen von<br />

Schulen ›, Enikö Zala-Mezö. «Drei<br />

wunderbare Projekte bringen nun neue<br />

Themen in den Kreis der mittlerweile 17<br />

Preisträger.» Seit dem Jahr 2008 zeichnet<br />

sls vorbildliche und nachahmenswerte<br />

Schulentwicklungsmassnahmen im Kan-<br />

ton Zürich aus und prämiert diese mit<br />

10 000 bis 40 000.– Franken. Das Ziel des<br />

Projekts, das die PH Zürich in Zusammenarbeit<br />

mit dem Volksschulamt Zürich<br />

und mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> durchführt: Gut funk-<br />

tionierende lokale Lösungen mit Hilfe<br />

der Fördergelder weiterzuentwickeln<br />

und anderen Schulen zugänglich zu ma-<br />

chen. Mit den Auszeichnungen wer-<br />

den die Anstrengungen der Schulen nicht<br />

nur honoriert, sie werden öffentlich<br />

gemacht.<br />

51


FördErbErEich ⁄ KiNdER uNd JugENdliChE föRdERN<br />

mit unserem eingeleiteten schulentwicklungsprozess<br />

brechen wir zu neuen Horizonten auf. wir<br />

sind überzeugt, mit den neuen strukturen unsere<br />

schulqualität noch weiter steigern zu können.<br />

uEli MüllEr und ralph zollingEr ⁄ CO-SChullEiTER SEKuNdARSChulE PETERMOOS<br />

vonEinandEr lErnEn ⁄ Was ist eine gute<br />

Schule? Wie können Schulen voneinander<br />

lernen? «Diese Fragen beschäftigen<br />

uns intensiv», erklärt sls-Mitarbeiterin<br />

Bettina Diethelm von der PH Zürich.<br />

Die drei Siegerschulen 2<strong>01</strong>1 geben mit<br />

ihren innovativen Ansätzen drei inte ressante<br />

Antworten auf die erste Frage.<br />

Wie Schulen voneinander lernen können,<br />

sei hingegen schwieriger zu beantworten.<br />

«Doch wir sind dieser Frage auf der<br />

Spur», macht Bettina Diethelm Mut.<br />

Mit den jährlich durchgeführten Vernetzungstagungen<br />

hat das Projekt sls ein<br />

wirkungsvolles Instrument geschaffen,<br />

das den Wissenstransfer zwischen<br />

Schulen stärkt. Am Samstag, 19. März<br />

2<strong>01</strong>1, fand in den Räumen der PH<br />

Zürich wieder eine solche Tagung statt.<br />

Das Thema: ‹ Individuelles und soziales<br />

Lernen ›.<br />

«Um das Lernen als individuellen<br />

Prozess zu unterstützen, sind Unterrichtsformen<br />

notwendig, die auf unterschiedliche<br />

Bedürfnisse und Fähigkeiten<br />

der Schüler eingehen», erklärt Bettina<br />

Diethelm. Gleichzeitig ist Lernen ein<br />

sozialer Prozess, der durch Lernanreize,<br />

Unterstützung und die Gestaltung des<br />

schulischen Umfelds angeregt wird. Wie<br />

beide Aspekte des Lernens zusammenhängen<br />

und wie man sie im Schulumfeld<br />

optimal zusammenbringen kann, disku-<br />

tierten die Teilnehmer der Tagung unter-<br />

einander – und mit den neuen Preisträ-<br />

52 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

gerschulen. Diese haben an diesem Tag<br />

nicht nur ihre Projekte präsentiert. In<br />

sechs thematischen Workshops erörterten<br />

sie zusammen mit den anderen Tagungsteilnehmern<br />

wichtige Fragen rund um<br />

die Themen ‹ Lernumgebungen für indivi-<br />

duelles Lernen ›, ‹ Chancen von heterogenen<br />

Lerngruppen ›, ‹ Lernbegleitung ›,<br />

‹ Unterschiedliche Schullaufbahnen<br />

von Kindern ›, ‹ Lernen reflektieren › und<br />

‹ Lebens- und Erfahrungsraum Schule:<br />

Regeln, Rituale, Zugehörigkeit ›. «Durch<br />

den direkten Austausch lernen die Schul-<br />

vertreter von den Erfahrungen ande rer<br />

Schulen», sagt Bettina Diethelm. «Sie<br />

können Ideen aufnehmen, Konzepte wei-<br />

terentwickeln und an eigene Bedürfnisse<br />

anpassen.»<br />

bildEr<br />

links ⁄ Die Schulleiter der Sekundarschule<br />

Petermoos, Ralph Zollinger (links) und Ueli<br />

Müller, freuen sich über einen ersten Preis.<br />

Sie möchten ihr innovatives Schulmodell, das<br />

auf individuelles und leistungsdurchmischtes<br />

Lernen baut, weiterentwickeln.<br />

rEchts ⁄ Interessiert verfolgen die Gäste der<br />

Preisverleihung die Ausführungen der Preisträger<br />

und der Verantwortlichen der PH Zürich<br />

(Bild unten). Zwei Schülerinnen schauen sich<br />

die Stelltafeln mit Informationen der Siegerprojekte<br />

an (Bild oben).<br />

SchulEn lErnEn Von SchulEn<br />

www.projEkt-sls.ch<br />

Mit dem Projekt ‹ Schulen lernen von Schulen ›<br />

(sls) möchte die Pädagogische Hochschule<br />

Zürich in Kooperation mit dem Volksschulamt<br />

des Kantons Zürich Erfahrungen und Produkte<br />

aus innovativen lokalen Unterrichts- und<br />

Schulprojekten für andere Schulen zugänglich<br />

machen. Dafür findet jährlich ein Preisausschreiben<br />

statt, in dem vorbildliche Schulmassnahmen<br />

im Kanton Zürich mit Geldpreisen<br />

im Gesamtwert von bis zu 200 000.– Franken<br />

ausgezeichnet werden. Die prämierten Pro -<br />

jekte werden mit Hilfe der Fördergelder weiterbearbeitet.<br />

Ziel ist es, auf andere Schulen<br />

übertragbare Formate zu entwickeln. Durch<br />

das Projekt sls werden die Schulen ausserdem<br />

untereinander und mit der Hochschule<br />

vernetzt. So findet ein fruchtbarer Austausch<br />

zwischen Praxis und Forschung statt.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

ph zürich, koordinationsstEllE<br />

projEkt-sls<br />

Bettina Diethelm<br />

+41 (0) 43 305 61 08<br />

projekt-sls@phzh.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Nadine Felix<br />

+41 (0) 44 206 55 83<br />

n.felix@stiftung-mercator.ch


SiEgErSchulEn 2<strong>01</strong>1<br />

1. prEis: sEkundarschulE<br />

pEtErMoos, buchs<br />

«Schulisches Lernen und schulische Leistung<br />

haben in der Sekundarschule Petermoos einen<br />

hohen Stellenwert», bescheinigt die Jury des<br />

Projekts sls dem Oberstufenschulhaus aus<br />

Buchs. Unterricht findet zum einen geführt in<br />

Klassen statt, andererseits lernen die Schüler<br />

individuell und leistungsdurchmischt in Lern-<br />

ateliers. Die individuellen Leistungsziele der<br />

Schüler sind den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen<br />

der Jugendlichen angepasst. Die<br />

jeweiligen Lernprozesse und Lernwege werden<br />

laufend festgehalten und reflektiert. Dieses<br />

Lernkonzept verlangt ein neues Rollenverständnis<br />

der Lehrpersonen: Sie sind nicht nur Wis-<br />

sensvermittler, sie werden zum Coach. «Gerade<br />

schwächere Schüler gewinnen durch die<br />

stärkenorientierten Rückmeldungen schnell<br />

Lernfreude und entwickeln ein entsprechendes<br />

Selbstbewusstsein», erklärt die Jury.<br />

1. prEis: priMarschulE huttEn, zürich<br />

Die Primarschule Hutten in der Stadt Zürich war<br />

auf der Suche nach einer Didaktik, die es<br />

ermöglicht, einen offenen und motivierenden<br />

Unterricht zu führen. Ziel war es, die Schüler<br />

dort abzuholen, wo sie stehen, sie in ihrem<br />

Lernen zu fordern und gleichzeitig den Druck<br />

des Wettbewerbs innerhalb der Klassen weg-<br />

zunehmen. Als Lösung hat sich die Schule Hut-<br />

ten auf das Konzept des Dialogischen Lernens<br />

ausgerichtet. Die Begleitung der Lernwege<br />

(«Das mache ich so»), das Pflegen des Austau-<br />

sches («Wie machst du es?») und das ge-<br />

meinsame Finden von Regeln und Abmachungen<br />

(«Das machen wir ab») leiten den<br />

Unterricht. «Das strikte Einhalten der Abfolge<br />

ICH-DU-WIR zeigt sich als erfolgreiches Prinzip<br />

für die Förderung und Forderung der Schüler,<br />

die aus einem sehr bildungsnahen Umfeld<br />

kommen», schreibt die Jury in ihrer Bewertung.<br />

Daneben tragen alle Lehrpersonen auch der<br />

Heterogenität innerhalb der Klasse grosse<br />

Rechnung. So werden im Dialogischen Lernen<br />

die Erstaufträge an die Schüler jeweils für<br />

alle gleich formuliert, erst in einem zweiten<br />

Schritt werden Aufträge, Auseinandersetzung<br />

und Erarbeitung so differenziert, dass jedes<br />

Kind gemäss seinem Entwicklungs- und Lern-<br />

stand fähig sein sollte, einen möglichen<br />

Lösungsweg zu finden. Diese Auftrags- und<br />

Rückmeldekultur ermöglicht eine offene<br />

und motivierende Lernatmosphäre.<br />

2. prEis: priMarschulE birMEnsdorF<br />

Die Zusammenarbeit mit den Eltern führte an<br />

der Primarschule Birmensdorf zum Projekt<br />

‹ Multikulturella ›. Dabei wurden für die Schüler<br />

an drei Vormittagen jeweils zehn Workshops<br />

angeboten, wobei jeder Workshop einem Land<br />

und einem kulturellen Schwerpunkt gewid-<br />

met war, und von Eltern aus der entsprechenden<br />

Region gestaltet wurde. Dadurch konnten<br />

sich Eltern innerhalb und über ihren eigenen<br />

Kulturkreis hinaus kennen lernen und Beziehungen<br />

knüpfen. Die Jury erkennt an, dass es<br />

der Schule mit einer durchdachten Projektanlage<br />

gelungen ist, eine breite Elternschaft für<br />

die Anliegen der Schule zu gewinnen und so<br />

den Elternrat aktiv in das Schulleben einzubinden.<br />

«Aus dem Projekt lässt sich lernen, wie<br />

die soziale Heterogenität als Chance genutzt<br />

werden kann», schreibt die Jury.<br />

53


FördErbErEich ⁄ KiNdER uNd JugENdliChE föRdERN<br />

54 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

ErFolgSErlEbniSSE im raDio<br />

siE lErnEn nicht nur das MEdiuM radio kEnnEn. diE tEilnEhMEr dEr workshops ‹ich…<br />

du…wir!› dEr radioschulE klipp+klang sEtzEn sich Mit ihrEM uMFEld ausEinandEr, gEhEn<br />

FragEn nach, diE siE intErEssiErEn, und lErnEn, Mit andErEn MEinungEn uMzugEhEn.<br />

jugEndlichE produziErEn ihrE EigEnE radiosEndung – und ganz nEbEnbEi stärkEn diE<br />

ErFolgsErlEbnissE das sElbstvErtrauEn dEr jungEn radio-MachEr.<br />

TExT ⁄ lOuiSE gRAf, RAdiOSChulE KliPP+KlANg<br />

«Justin Bieber kann leider nicht in die<br />

Sendung kommen», scherzt Natascha. «Wir<br />

haben ihn angefragt, aber ihm ist ein Not-<br />

fall dazwischen gekommen.» Natascha und ihre<br />

Freunde werden aber auch ohne den berühmten<br />

Teenie-Star genügend Material haben,<br />

um ihre eigene Radiosendung zu gestalten.<br />

Zum Beispiel das Interview mit Benjamin<br />

Blaser von der Fachstelle Jugend und Familie<br />

ihrer Gemeinde Köniz. Jan ist gerade dabei,<br />

es zu schneiden. Konzentriert sitzt er am<br />

Computer des Radiostudios RaBe in Bern und<br />

entscheidet, welche Stellen vom Gespräch er<br />

löschen will und welche er behält.<br />

oFFEnE jugEndarbEit ⁄ Wie das Audio-Editierprogramm<br />

funktioniert, hat Jan im Workshop<br />

der Radioschule klipp+klang gelernt. Zusammen<br />

mit Natascha und weiteren Jugendlichen<br />

besucht er einen ‹Ich… Du… Wir! ›-Workshop.<br />

klipp+klang organisiert die zweitägigen<br />

Workshops regelmässig zusammen mit lokalen<br />

Gemeinschaftsradios und der offenen Jugendarbeit.<br />

Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt,<br />

das in den Jahren 2008 und 2009 stattfand, bie-<br />

tet klipp+klang die Workshops nun in der<br />

ganzen <strong>Schweiz</strong> an. Im Kanton Zürich werden<br />

in den Jahren 2<strong>01</strong>0/2<strong>01</strong>1 insgesamt zehn Work-<br />

shops durchgeführt, die die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> mit 26 000.– Franken unterstützt.<br />

In diesen Angeboten werden Jugendliche<br />

ins Radiomachen eingeführt, am Schluss pro-<br />

duzieren sie gemeinsam eine Sendung. Diese<br />

wird über das Internet oder von einem loka-<br />

len Radio ausgestrahlt – in Zürich meist vom<br />

Gemeinschaftsradio LoRa. Ausschnitte aus der<br />

Sendung werden zudem auf der Projekt-Webseite<br />

veröffentlicht. Dort findet sich auch ein<br />

Beitrag, den Jugendliche aus Samstagern beim<br />

Zürichsee im vergangenen Jahr produziert<br />

haben. In einer Strassenumfrage haben sie die<br />

Leute gefragt: «Was würden Sie in Samsta -<br />

gern ändern, wenn Sie könnten?» Aus den<br />

Antworten, die die Jugendlichen zusammengeschnitten<br />

haben, stellt sich schnell heraus,<br />

dass im Dorf Orte fehlen, wo man sich treffen<br />

kann: Cafés, Spielplätze oder eine Disco.<br />

Für die Jugendlichen aus dem Zürcher Lang -<br />

strassen-Quartier sind Gewalt und Drogen<br />

ein Thema. Sie haben eine städtische Sozialarbeiterin<br />

zur aktuellen Situation und zur<br />

Entwicklung ihres Quartiers in den vergangenen<br />

Jahren befragt.<br />

Mit Hilfe des Radioprojekts setzen sich<br />

die Jugendlichen mit ihrem Umfeld auseinander<br />

und bearbeiten Themen, die sie interessieren.<br />

Gleichzeitig lernen sie, mit unterschiedlichen<br />

Meinungen umzugehen. Und vor<br />

allem erfahren sie, dass sie Antworten auf<br />

ihre Fragen erhalten, dass sie sich einbringen<br />

können und ernst genommen werden. ‹ Ich…<br />

Du… Wir! › gibt Jugendlichen eine Stimme,<br />

sich mitzuteilen und über ihre Anliegen zu<br />

berichten.<br />

MEhr als Musik ⁄ «Für die meisten Jugendlichen<br />

bedeutet Radio einfach Musik», sagt<br />

Sam. Der Nachwuchs-Sendungsmacher bei<br />

Radio RaBe leitet den Workshop von Jan und<br />

Natascha. «Zu einer richtigen Radiosendung


ildEr<br />

Dass Radio viel mehr ist als Musik, erfahren die<br />

Teilnehmer der Radio-Workshops ‹ Ich… Du…<br />

Wir! ›. Experten führen sie ins Radiomachen<br />

ein – und am Ende produzieren die Jugendlichen<br />

sogar gemeinsam eine eigene Sendung.<br />

55


56 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1


gehören aber nicht nur Songs, sondern<br />

auch Beiträge, Interviews und die<br />

Moderation», erklärt der 18-Jährige. Am<br />

ersten Workshop-Tag hatte er deshalb<br />

mit den Jugendlichen besprochen, welche<br />

Themen sie in ihrer Sendung behandeln<br />

wollen. Der Rahmen für die Themenwahl<br />

war dabei wie immer sehr offen. Die<br />

Jugendlichen haben selbst entschieden,<br />

wie sie ihre Themen umsetzen möchten.<br />

Jugendarbeiter Tom, der die Teilneh -<br />

mer zum Workshop begleitet hat, schätzt<br />

diese Offenheit: «Dies ermöglicht es den<br />

Jugendlichen, sehr kreativ zu arbeiten.»<br />

Die Jugendlichen können ihren Frei-<br />

raum nutzen, wo nötig hilft die Workshop-Leitung<br />

mit methodischen Inputs<br />

und professionellen Tipps. «Die Erfolgserlebnisse<br />

im Workshop stärken das<br />

Selbstbewusstsein der Jugendlichen»,<br />

weiss der Workshop-Leiter. Auch wenn<br />

die Teilnehmer am Anfang oft Berührungsängste<br />

mit dem Medium Radio<br />

haben. «Aber beim Radiomachen merken<br />

sie dann schnell: Das geht schon. Ich<br />

mache das jetzt auf meine Art. Ich kann<br />

das», sagt Sam. Das kann Jan nach<br />

seinem Gespräch mit dem Gemeindevertreter<br />

nur bestätigen: «Vor dem Inter -<br />

view war ich ganz aufgeregt, ob es klappen<br />

würde», erzählt er. Jan hatte die Fragen<br />

zum Thema Jugendtreff vorher vorbereitet<br />

und sein Gesprächspartner war dann<br />

ganz offen. Das Interview ist spannend<br />

geworden. Und Radiomachen gefällt Jan:<br />

«Vor allem das Reden mit den Leuten,<br />

das Interviewen.»<br />

auF sEndung ⁄ Jetzt aber muss er schnell<br />

weiterarbeiten – nur noch eine halbe<br />

Stunde bis zur Sendung! Zusammen mit<br />

Natascha geht Jan den Ablauf durch<br />

und kontrolliert, ob auch alles bereit ist.<br />

Ist die Umfrage zu Justin Bieber fertig<br />

geschnitten? Wie lang ist das Interview<br />

mit Herrn Blaser geworden? Sind alle<br />

Musikstücke da? Und wie sieht es mit den<br />

Moderationstexten aus, die wie ein roter<br />

Faden durch die Sendung führen? Beim<br />

letzten Durchlesen der Moderation merkt<br />

Natascha, dass sie zweimal kurz hintereinander<br />

das Wort ‹ Lied › aufgeschrieben<br />

hat. Sie streicht es einmal durch und er-<br />

setzt es mit ‹ Stück › – so ist’s besser.<br />

Aufgeregt versammelt sich die Grup-<br />

pe im Aufnahmestudio. Und dann geht<br />

es auch schon los: Natascha begrüsst zur<br />

Sendung und kündigt das erste Musikstück<br />

an. Wenig später ist auch Jan das<br />

erste Mal am Mikrofon. Alles läuft gut,<br />

die Anspannung lässt langsam nach.<br />

Freude und Stolz zeichnen sich auf den<br />

Gesichtern der Jugendlichen ab.<br />

57


Die Jugendlichen setzen sich<br />

mit ihren Bedürfnissen auseinander<br />

und erfahren, wie sie ihre ideen<br />

und wünsche in ihrem Umfeld einbringen<br />

können.<br />

louisE graF ⁄ RAdiOSChulE KliPP+KlANg<br />

58 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

raDioworkShopS ‹ich… Du…wir!›<br />

www.klippklang.ch, www.ichduwir.ch<br />

In zweitägigen Workshops der Radioschule<br />

klipp+klang erstellen Jugendliche Audiopor träts<br />

und produzieren eigene Radiosendungen.<br />

Die Sendungen werden ausgestrahlt und Aus-<br />

schnitte daraus auf der Projekthomepage<br />

veröffentlicht. Die Radioschule klipp+klang<br />

führt die Workshops in Zusammenarbeit<br />

mit der offenen Jugendarbeit und lokalen Ra-<br />

dios durch. Die Radioschule organisiert und<br />

koordiniert die Radioausbildung für nicht<br />

kommerzorientierte Lokalradios und veranstaltet<br />

Kurse für verschiedene Privatradios.<br />

klipp+klang betreibt auch Forschung und ini-<br />

tiiert eigene Projekte, insbesondere in den<br />

Bereichen Jugend und Integration. Die Radio-<br />

schule wird vom Verein klipp+klang betrieben<br />

(gegründet 1995) und ist eduqua-zertifiziert.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

radioschulE klipp+klang<br />

Louise Graf<br />

+41 (0) 44 242 00 31<br />

lg@klippklang.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Jorge Tamayo<br />

+41 (0) 44 206 55 92<br />

p.tamayo@stiftung-mercator.ch


FördErbErEich ⁄ KulTuREN vERSTEhEN – TOlERANz lERNEN<br />

VErmittlung zwiSchEn kulturEn<br />

in viElEn situationEn rEicht das rEinE übErsEtzEn nicht aus. in bEratungsgEsprächEn Mit<br />

MigrantEn gEht Es oFt auch daruM, das vErtrauEn zu dEn gEsprächspartnErn auFzubauEn<br />

odEr MissvErständnissE zu klärEn. intErkulturEllE vErMittlEr biEtEn Mit ihrEM pErsönlichEn<br />

hintErgrund und ihrEM FachwissEn lösungsansätzE in diEsEn gEsprächEn. caritas<br />

luzErn bildEt diEsE proFEssionEllEn MittElspErsonEn aus und vErMittElt siE übEr ihrEn<br />

dolMEtschdiEnst. TExT ⁄ MAyA SONdEREggER SOWE, CARiTAS luzERN<br />

Seit dem Jahr 2006 führt Caritas Luzern die<br />

Vermittlungsstelle für interkulturelles Über-<br />

setzen im Auftrag der Zentralschweizer<br />

Kantone. Die interkulturelle Vermittlung war<br />

ursprünglich nicht inbegriffen. Wie wich-<br />

tig jedoch in vielen Situationen interkulturelle<br />

Vermittler sind, weiss die Caritas aus eigener<br />

Erfahrung: Schon seit über zehn Jahren setzt<br />

sie diese in eigenen Projekten ein. Damit<br />

dieses Potenzial breiter genutzt werden kann,<br />

hat Caritas Luzern mit Unterstützung der<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> ein Pilotprojekt zum<br />

Aufbau einer Vermittlungsstelle gestartet,<br />

wofür die <strong>Stiftung</strong> in den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>2<br />

insgesant 211 500.– Franken zur Verfügung<br />

stellt. «Ziel des Projekts ist es, aus der Praxis<br />

heraus einen Beitrag zur Förderung und<br />

Professionalisierung von interkulturellen Ver-<br />

mittlerinnen und Vermittlern zu leisten»,<br />

erklärt Helen von Flüe, Projektleiterin bei Ca-<br />

ritas Luzern. In Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen<br />

möchte die Vermittlungsstelle<br />

das breite Feld der Einsatzmöglichkeiten inter-<br />

kultureller Vermittler aufzeigen.<br />

viElE EinsatzgEbiEtE ⁄ «Im Unterschied zu den<br />

interkulturellen Übersetzern gestalten die<br />

interkulturellen Vermittler den Verständigungsprozess<br />

aktiv mit», sagt Helen von Flüe. Inter-<br />

kulturelle Vermittler arbeiten mit Beratungs-<br />

und Amtsstellen im Sozial-, Bildungs- und<br />

Gesundheitsbereich zusammen. Sie informieren,<br />

zeigen kulturelle Hintergründe auf,<br />

klären Missverständnisse und bieten Lösungsansätze<br />

in Gesprächen zwischen Migranten<br />

und Fachpersonen. Grundlegend für eine<br />

erfolgreiche Zusammenarbeit ist ein klarer<br />

Auftrag, wissen die Verantwortlichen von<br />

Caritas Luzern. Ein Leitfaden hilft, den Ein-<br />

satz der interkulturellen Vermittler und die<br />

Zusammenarbeit im Gespräch zu definieren<br />

und anschliessend zu evaluieren. Bevor ein<br />

Auftrag angenommen wird, werden die Fach-<br />

personen der anfragenden Institution in die<br />

Zusammenarbeit mit interkulturellen Vermittlern<br />

eingeführt. Vor- und Nachgespräch sind<br />

dabei von besonderer Bedeutung. Idealerweise<br />

findet auch eine Weiterbildung für die Fach-<br />

leute der Institution gemeinsam mit den<br />

Vermittlern statt.<br />

rEgEr ErFahrungsaustausch ⁄ Bei einer<br />

rege besuchten Fachveranstaltung von Caritas<br />

Luzern zeigten am 19. Januar 2<strong>01</strong>1 Zentralschweizer<br />

Institutionen und Fachpersonen auf,<br />

wie sie interkulturelle Vermittler einsetzen.<br />

In Workshops diskutierten sie mit den Teilnehmern<br />

Praxisbeispiele. «Obwohl anfänglich<br />

höhere Kosten entstehen, weil zwei Personen<br />

im Einsatz sind, macht sich diese Zusammenarbeit<br />

längerfristig bezahlt. Wir können so viel<br />

schneller an den effektiven Themen arbeiten»,<br />

erklärte Ann Plattner, regionale Leiterin der<br />

Sozialpädagogischen Familienbegleitung, den<br />

Teilnehmern. Ursula Zürcher, Leiterin der<br />

Mütter-Väterberatungsstelle Luzern, hat ähn-<br />

liche Erfahrungen gemacht: «Nach 20-jähriger<br />

Tätigkeit erst stellte ich fest, dass ich mich<br />

in der Beratung ohne interkulturelle Vermittler<br />

häufig auf eigene Interpretationen abge-<br />

59


FördErbErEich ⁄ KulTuREN vERSTEhEN – TOlERANz lERNEN<br />

60 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

stützt hatte. So konnte es schnell einmal Miss-<br />

verständnisse geben.» Erst in der Zusammenarbeit<br />

mit den professionellen Mittelspersonen<br />

erkannte sie ihre Grenzen im kulturellen<br />

Kontext. «Ich kann jetzt effektiver beraten.»<br />

Eins wurde im Rahmen der Veranstaltung<br />

deutlich: Der Bedarf an interkulturellen Ver-<br />

mittlern ist gross – und Institutionen, die<br />

bereits mit diesen zusammenarbeiten, möch-<br />

ten auf diese Kooperationen nicht mehr ver-<br />

zichten. Der grosse Gewinn des Einsatzes von<br />

interkulturellen Vermittlern besteht in einem<br />

gegenseitigen Lernprozess, betonten die<br />

Referenten.<br />

Ihre interkulturellen Vermittler sucht Ca-<br />

ritas Luzern nach klaren Kriterien aus: Die<br />

Zertifizierung zum interkulturellen Übersetzen<br />

ist ebenso Voraussetzung wie eine langjähri ge<br />

Erfahrung in dieser Tätigkeit. Eine hohe So-<br />

zialkompetenz, Erfahrungen in Gruppenleitung<br />

und Erwachsenenbildung, wie auch eine<br />

persönliche Vernetzung und Akzeptanz in der<br />

eigenen Migrationsgemeinschaft sind gefordert.<br />

Aber auch auf persönliche Eigenschaften<br />

wie Zuverlässigkeit und Abgrenzungsvermö-<br />

gen achtet die Caritas.<br />

noch iM auFbau ⁄ Im Gegensatz zum interkulturellen<br />

Übersetzen befindet sich das Feld<br />

der interkulturellen Vermittlung in der<br />

<strong>Schweiz</strong> noch im Aufbau. Rolle und Funktion<br />

dieser Mittelspersonen müssen ebenso wie<br />

einheitliche Ausbildungsstandards noch genau<br />

definiert werden. Aus diesem Grund schult<br />

Caritas Luzern ihre interkulturellen Vermittler<br />

zurzeit noch selbst. «Dies sollte sich bald<br />

einmal ändern», hofft Helen von Flüe. «Im<br />

Rahmen unseres Pilotprojekts ist bereits<br />

eine mögliche Kooperation für eine umfassende<br />

Ausbildung in Diskussion.» Der Verein<br />

Interpret habe signalisiert, dass er für das in-<br />

terkulturelle Vermitteln national gültige<br />

Standards definieren will, erklärt Helen von<br />

Flüe. Dies hat er in der Vergangenheit bereits<br />

für das interkulturelle Übersetzen gemacht.<br />

VErmittlungSStEllE<br />

www.dolMEtschdiEnst.ch<br />

Der von der Caritas Luzern geführte Dolmetschdienst<br />

vermittelt qualifizierte interkulturelle Übersetzer<br />

für eine optimale Verständigung zwischen Migranten<br />

und Fachpersonen von privaten oder öffentlichen<br />

Stellen in der Zentralschweiz. Viele interkulturelle<br />

Übersetzer sind auch als interkulturelle Ver-<br />

mittler tätig. Dank einer Zusatzausbildung sind sie<br />

in der Lage, bei Beratungsgesprächen aktiv zu<br />

vermitteln, Gesprächsrunden zu moderieren und<br />

Informationsveranstaltungen in der Muttersprache<br />

durchzuführen. Die interkulturellen Vermittler<br />

können beim Dolmetschdienst angefordert werden.<br />

wEitErE inForMationEn<br />

caritas luzErn<br />

Maya Sonderegger Sowe<br />

+41 (0) 41 368 52 81<br />

m.sonderegger@caritas-luzern.ch<br />

stiFtung MErcator schwEiz<br />

Jorge Tamayo<br />

+41 (0) 44 206 55 92<br />

p.tamayo@stiftung-mercator.ch


ildEr<br />

Interkulturelle Vermittler können sehr wertvoll<br />

sein – wie wertvoll, das machen bei einer rege<br />

besuchten Fachveranstaltung von Caritas Luzern<br />

Institutionen und Fachpersonen deutlich. In<br />

Workshops tauschen sich die Teilnehmer über<br />

ihre Erfahrungen aus. Sie stellen Fragen und<br />

erhalten hilfreiche Antworten.<br />

als interkultureller Vermittler<br />

stehe ich immer wieder<br />

vor neuen Herausforderungen.<br />

Keine lösung sieht aus wie<br />

die andere, weil alle menschen<br />

ganz unterschiedlich sind.<br />

ahMEd liiban ⁄ iNTERKulTuREllER vERMiTTlER<br />

61


agenda ⁄ MERCATOR NEWS<br />

April<br />

27. 4.2<strong>01</strong>1<br />

Themenabend<br />

Japan SwiSS Made<br />

Professor David Chiavacci hat im Herbstsemester<br />

2<strong>01</strong>0 seine Arbeit am neuen <strong>Mercator</strong>-Lehrstuhl<br />

für sozialwissenschaftliche<br />

Japanologie aufgenommen. In einer öffentlichen<br />

Veranstaltung mit Beginn um 19 Uhr<br />

wird er offiziell vorgestellt. Neben zwei Referaten<br />

gibt es eine Podiumsdiskussion, unter<br />

anderem mit einem Vertreter der japanischen<br />

Botschaft.<br />

ORT ⁄ Universität Zürich, Aula<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.ostasien.uzh.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ Universität Zürich<br />

MAi<br />

31. 5. 2<strong>01</strong>1<br />

Buchvernissage<br />

MenSch KliMa! weR beSTiMMT die ZuKunFT?<br />

Der bekannte Wissenschaftsjournalist Beat<br />

Glogger moderiert ab 18.30 Uhr den feierlichen<br />

Abend der Vernissage des neuen <strong>Schweiz</strong>er<br />

Klimabuchs ‹ Mensch Klima! Wer bestimmt die<br />

Zukunft? ›. Vier Autoren aus Wissenschaft<br />

und Journalismus sind an dem reich bebilderten<br />

Buch, das im Verlag Lars Müller Publishers<br />

erscheint, beteiligt.<br />

ORT ⁄ ETH Zürich, Semper Aula<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.ethz.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ ETH Zürich<br />

Juni<br />

1.–5. 6. 2<strong>01</strong>1<br />

Musik und Workshops<br />

KindeR- und JugendchORFeSTival<br />

37 Chöre nehmen am <strong>Schweiz</strong>er Kinder- und<br />

Jugendchorfestival 2<strong>01</strong>1 in Lausanne teil.<br />

Neben Konzerten werden auch Workshops,<br />

unter anderem zu improvisierter Musik und<br />

Gospel, angeboten.<br />

ORT ⁄ Lausanne<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.skjf.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ <strong>Schweiz</strong>er Kinder- und<br />

Jugendchorfestival<br />

62 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />

3. /4. 6. 2<strong>01</strong>1<br />

Öffentliche Tagung<br />

gOTT denKen<br />

Das Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie<br />

der Universität Zürich veranstaltet<br />

eine öffentliche Tagung zu einer aktuellen Kontroverse<br />

in Theologie und Philosophie: ‹ Gott<br />

denken – Metaphysik oder Metaphysikkritik? ›.<br />

Der Eintritt ist frei.<br />

ORT ⁄ Universität Zürich, Religionswissenschaftliches<br />

Seminar<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.hermes.uzh.ch/activities<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ Universität Zürich<br />

16./17. 6. 2<strong>01</strong>1<br />

Schulaufführungen<br />

TheaTeR SynTheSe<br />

Das Theater Synthese zeigt am 16. Juni 2<strong>01</strong>1<br />

um 10.20 Uhr und um 13.40 Uhr sowie am<br />

17. Juni 2<strong>01</strong>1 um 10.20 Uhr drei kostenlose<br />

Schulaufführungen des Theaterstücks ‹ Nur<br />

´ne handvoll Tausender ›.<br />

ORT ⁄ Uster, Kreuzsaal<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.theatersynthese.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ Theater Synthese<br />

28. 6. 2<strong>01</strong>1<br />

Abschlusstagung<br />

bildungS- und ReSilienZFöRdeRung<br />

Die Teilnehmer der Abschlussveranstaltung des<br />

Projekts ‹ Bildungs- und Resilienzförderung im<br />

Frühbereich › diskutieren von 13.30 bis 18 Uhr<br />

Ergebnisse, Praxiserfahrungen und Beispiele<br />

aus dem Projekt des Marie Meierhofer Instituts<br />

für das Kind.<br />

ORT ⁄ Zürich, Pfarreizentrum Liebfrauen<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.mmi.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ Marie Meierhofer Institut<br />

für das Kind<br />

29. 6. 2<strong>01</strong>1<br />

Siegerehrung<br />

puSa-weTTbeweRb<br />

Die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz<br />

Luzern und der Schulverlag plus veranstalten<br />

den PUSA-Wettbewerb (Projekte und Selbstständiges<br />

Arbeiten auf der Sekundarstufe I). Am<br />

29. Juni 2<strong>01</strong>1 findet ab 9 Uhr die Schlussveranstaltung<br />

statt, an der zehn Schülergruppen ihre<br />

Projekte präsentieren. Eine namhafte Jury bewertet<br />

die Projektarbeiten und verleiht Preise.<br />

ORT ⁄ Luzern, Südpol<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.schulverlag.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ PH Zentralschweiz<br />

Juli<br />

11.–14.7. 2<strong>01</strong>1<br />

Kongress<br />

SOMMeRaKadeMie inFOKlicK.ch<br />

Zum vierten Mal organisiert Infoklick. ch die<br />

Sommerakademie. Der Kongress für Kinderund<br />

Jugendförderung steht 2<strong>01</strong>1 unter dem<br />

Thema ‹ Die beste Generation. Zukunftsmodelle<br />

für das Miteinander zwischen Jung und Alt ›.<br />

ORT ⁄ Engelberg, Hotel Europe<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.infoklick.ch/sommerakademie<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ Infoklick.ch<br />

22.–31.7. 2<strong>01</strong>1<br />

Workshops<br />

SOMMeRaKadeMie FliMS<br />

Im Rahmen der Waldhauskonzerte Flims bieten<br />

die Organisatoren für Kinder und Jugendliche<br />

Workshops an, um ihnen die klassische<br />

Musik spielerisch näherzubringen. Am 23. Juli<br />

2<strong>01</strong>1 findet zusätzlich ein Kinderfestival statt,<br />

an dem Kinder auch selbst mitwirken können.<br />

ORT ⁄ Flims<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.waldhauskonzerteflims.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ Waldhauskonzerte Flims<br />

August<br />

27. 8.– 3.9. 2<strong>01</strong>1<br />

Sommerakademie<br />

SchweiZeRiSche STudienSTiFTung<br />

Studierende aller Fächer und Stufen diskutieren<br />

bei der Sommerakademie der <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Studienstiftung das Thema ‹ Individueller<br />

Lebensstil und Ressourcenstrategien:<br />

Herausforderungen für die Nachhaltigkeit<br />

im 21. Jahrhundert ›.<br />

ORT ⁄ Sils-Maria, Silserhof<br />

inFORMaTiOn ⁄ www.studienstiftung.ch<br />

FöRdeRpaRTneR ⁄ <strong>Schweiz</strong>erische Studienstiftung


übEr unS<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> gehört<br />

zu den grösseren <strong>Stiftung</strong>en in der<br />

<strong>Schweiz</strong>. Sie initiiert und unterstützt<br />

Projekte für bessere Bildungsmöglichkeiten<br />

an Schulen und Hochschulen. Im<br />

Sinne Gerhard <strong>Mercator</strong>s fördert sie Vorhaben,<br />

die den Gedanken der Weltoffenheit<br />

und Toleranz durch interkulturelle<br />

Begegnungen mit Leben erfüllen<br />

und den Austausch von Wissen und<br />

Kultur anregen. Die <strong>Stiftung</strong> zeigt neue<br />

Wege auf und gibt Beispiele, damit<br />

Menschen – gleich welcher nationalen,<br />

kulturellen und sozialen Herkunft – ihre<br />

Persönlichkeit entfalten, Engagement<br />

entwickeln und Chancen nutzen können.

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