Magazin 01/2011 - Stiftung Mercator Schweiz
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<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1<br />
EngagiErt.<br />
FrEiwillig.<br />
EuropäischEs FrEiwilligEnjahr 2<strong>01</strong>1: MEnschEn<br />
und ihr gEsEllschaFtlichEs EngagEMEnt<br />
stEhEn iM Fokus<br />
<strong>Mercator</strong>-PhD-Fellowships<br />
pFlanzEnwissEnschaFtlEr ForschEn an dEr<br />
schnittstEllE zur politik<br />
Schulen lernen von Schulen<br />
schulhäusEr aus dEM kanton zürich ErhaltEn<br />
auszEichnungEn Für ihrE innovativEn projEktE<br />
Ich… Du…Wir!<br />
in radioworkshops sEtzEn sich jugEndlichE<br />
Mit ihrEM uMFEld ausEinandEr<br />
Vermittlungsstelle<br />
caritas luzErn bildEt proFEssionEllE intErkulturEllE<br />
vErMittlEr aus<br />
MERCATOR NEWS
vorwort ⁄ MERCATOR NEWS<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
2<strong>01</strong>1 ist das europäische Jahr der Freiwilligenarbeit. Ein Jahr,<br />
in dem das gesellschaftliche Engagement von Millionen von Menschen<br />
im Mittelpunkt steht. Ein Jahr, in das viele Engagierte<br />
grosse Hoffnungen setzen: Sie wünschen sich, dass ihre Leistungen<br />
sichtbar werden, dass ihre Tätigkeiten mehr Anerkennung finden –<br />
und dass noch mehr Menschen Interesse am ehrenamtlichen Engagement<br />
bekommen. Denn ohne Freiwillige würde unserer Gesellschaft<br />
vieles fehlen. Wer würde sich zum Beispiel um Bedürftige<br />
kümmern? Wer würde Freizeitaktivitäten und Ferienlager für Kinder<br />
anbieten? Wer würde Quartierfeste oder Sportveranstaltungen<br />
organisieren?<br />
Der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> ist die Stärkung von Freiwilligen<br />
und ihrer wertvollen Tätigkeiten ein besonderes Anliegen.<br />
Deshalb widmen wir unsere erste Ausgabe der <strong>Mercator</strong> News<br />
im Freiwilligenjahr 2<strong>01</strong>1 dem freiwilligen Engagement. In unserem<br />
The menschwerpunkt lassen wir Menschen zu Wort kommen,<br />
die in unterschiedlichsten Bereichen ehrenamtlich tätig sind. Wir<br />
stellen Projekte vor, die wie die Aktion ‹ Step into Action › gesellschaftliches<br />
Engagement vorbildlich fördern. Dass gerade auch junge<br />
Menschen mit eigenen Vorhaben viel bewegen können, zeigt unter<br />
anderem der Jugendprojektwettbewerb ‹ Projekter ›. Lesen Sie auf den<br />
folgenden Seiten, wie unsere <strong>Stiftung</strong> Freiwillige, ihre mutigen<br />
Initiativen und ihr grossartiges Wirken fördert. Erfahren Sie, wie wir<br />
ihnen dabei helfen, ihre Tätigkeiten sichtbar zu machen.<br />
Trotz ihrer Bedeutung steht die Freiwilligenarbeit vor einer<br />
Herausforderung: Es wird immer schwieriger, Menschen zum<br />
Engagement zu motivieren. Wie können wir Freiwilligenarbeit zu -<br />
kunftsfähig gestalten? Über diese zentrale Frage macht sich Petra<br />
Baumberger im Interview Gedanken. Die Co-Geschäftsleiterin<br />
der <strong>Schweiz</strong>erischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV)<br />
wünscht sich vertiefte Diskussionen, neue Impulse und Anreize<br />
für die Freiwilligenarbeit. Genau das ist die Chance des Freiwilligenjahres<br />
2<strong>01</strong>1.<br />
Albert Kesseli<br />
Geschäftsführer
inhalt ⁄ MERCATOR NEWS<br />
SchwErpunkt<br />
freiwilliges<br />
engagement<br />
S. 6 – 15<br />
FrEiwilligEnarbEit<br />
Sie sind freiwillig aktiv oder fördern ehrenamtliches<br />
Engagement: Fünf Aussagen zur<br />
Freiwilligenarbeit.<br />
S.16 – 21<br />
intErviEw<br />
Petra Baumberger, Co-Geschäftsleiterin der<br />
SAJV, erklärt im Gespräch, was sie sich vom<br />
Freiwilligenjahr 2<strong>01</strong>1 erhofft.<br />
S. 22 –27<br />
stEp into action<br />
Der interaktive Parcours der Organisation<br />
euforia zeigt 800 Schülern, wie und wo sie sich<br />
gesellschaftlich engagieren können.<br />
S. 28–29<br />
inFoklick.ch<br />
Markus Gander, Geschäftsleiter von<br />
Infoklick.ch, macht die Bedeutung der Förderung<br />
von jugendlichem Engagement deutlich.<br />
S. 30 – 37<br />
projEktEr<br />
Engagierte Jugendliche und ihre vorbildlichen<br />
Ideen stehen beim Jugendprojektwettbewerb<br />
‹ Projekter › im Mittelpunkt.<br />
S. 38–41<br />
EngagiEr dich!<br />
Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> unterstützt mit<br />
einem Förderprogramm studentische Initiativen<br />
bei der Verwirklichung ihrer Projekte.<br />
S. 42–44<br />
jugEndparlaMEntE<br />
Jugendparlamente geben jungen Menschen<br />
eine Plattform, um ihren Lebensraum aktiv<br />
mitzugestalten.<br />
S. 45<br />
dank<br />
Nationalrätin Christa Markwalder dankt den<br />
Freiwilligen für ihr wertvolles und unersetzliches<br />
gesellschaftliches Engagement.
projEktE<br />
S. 46–49<br />
MErcator-phd-FEllowships<br />
Vier Doktoranden der Pflanzenwissenschaften<br />
forschen im Rahmen eines Stipendienprogramms<br />
an der Schnittstelle zur Politik.<br />
S. 50<br />
phd acadEMy<br />
15 Doktorierende diskutieren an einer Akademie<br />
der ETH Zürich mit namhaften Professoren<br />
ihre Forschungsarbeiten.<br />
S. 51–53<br />
schulEn lErnEn von schulEn<br />
Schulhäuser aus dem Kanton Zürich erhalten<br />
Auszeichnungen für ihre innovativen und<br />
vorbildlichen Projekte.<br />
S. 54–58<br />
ich…du…wir!<br />
In Radioworkshops setzen sich Jugendliche mit<br />
ihrem Umfeld auseinander und produzieren<br />
ihre eigene Sendung.<br />
S. 59 – 61<br />
vErMittlungsstEllE<br />
Caritas Luzern bildet interkulturelle Vermittler<br />
aus und macht deren wertvolle Arbeit bei<br />
Behörden und Fachstellen bekannt.<br />
S. 62<br />
agEnda<br />
iMprEssuM<br />
MErcator nEws<br />
Ausgabe <strong>01</strong> ⁄ 2<strong>01</strong>1<br />
Nr. 09<br />
hErausgEbEr<br />
<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
Gartenstrasse 33<br />
Postfach 2148<br />
CH – 8022 Zürich<br />
Tel. + 41 ( 0 ) 44 206 55 80<br />
Fax + 41 ( 0 ) 44 206 55 85<br />
mercator@stiftung - mercator.ch<br />
www.stiftung - mercator.ch<br />
vErantwortlich<br />
Beno Baumberger<br />
rEdaktion<br />
Nadine Fieke<br />
autorEn diEsEr ausgabE<br />
Timo Busch<br />
Nadine Fieke<br />
Markus Gander<br />
Louise Graf<br />
Nicola Jorio<br />
Christa Markwalder<br />
Andrea Pfisterer<br />
Maya Sonderegger Sowe<br />
bildnachwEis ⁄ FotograFiE<br />
Brigit Rufer / S. 7–17, 29, 46–49<br />
Nadine Fieke / S. 19<br />
SAJV / S. 20<br />
Cornelia Biotti / S. 23–27, 55–58<br />
Jürg Müller, Projekter / S. 31–33<br />
Verein Mondopoly / S. 35–37<br />
Calcutta Project / S. 39<br />
Magellan / S. 39<br />
oikos St. Gallen / S. 40<br />
Nicola Jorio / S. 43<br />
Pia Neuenschwander / S. 45<br />
ETH Zürich / S. 50<br />
Alex Pistoja, PH Zürich / S. 52–53<br />
Jonas Jäggi / S. 60–61<br />
gEstaltung<br />
Rob & Rose Zürich<br />
Brigit Rufer, Matthias Rohrbach<br />
lithograFiE<br />
Andreas Muster, Basel<br />
druck<br />
Odermatt AG, Dallenwil ⁄ Die Druckerei<br />
Odermatt wurde mit dem FSC-Zertifikat aus<br />
gezeichnet und druckt nach FSC-Richtlinien.<br />
papiEr<br />
PlanoArt 100 gm2 ⁄ PlanoArt ist ein vom Forest<br />
Stewardship Council ( FSC ) zertifiziertes Papier<br />
und stammt aus nachhaltig bewirtschafteten<br />
Wäldern.<br />
kliMaschutz<br />
MyClimate: Diese Drucksache ist klimaneutral<br />
produziert.<br />
auFlagE<br />
1500 Exemplare<br />
© <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> 2<strong>01</strong>1
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
EngagiErt.<br />
FrEiwillig.<br />
Für diE<br />
gEsEllschaFt.<br />
drEi MillionEn MEnschEn sind in dEr schwEiz FrEiwillig<br />
aktiv. siE lEistEn 700 MillionEn stundEn EhrEnaMtlichE<br />
arbEit pro jahr. Mit diEsEn zahlEn niMMt diE schwEiz<br />
EuropawEit EinE spitzEnstEllung Ein: in dEr EuropäischEn<br />
union En gagiErEn sich 23 prozEnt dEr übEr 15-jährigEn<br />
FrEiwillig, in dEr schwEiz sind Es rund 40 prozEnt.<br />
≥ Jeder vierte Einwohner der <strong>Schweiz</strong> ist in Vereinen oder Organisationen<br />
aktiv. Knapp ein Drittel von ihnen hat dabei ein Ehrenamt inne.<br />
≥ Jede fünfte Person engagiert sich im informellen Bereich, also ausserhalb<br />
fester Strukturen von Organisationen. Sie unterstützen Freunde,<br />
Bekannte oder Nachbarn mit persönlichen Hilfeleistungen.<br />
≥ Ein Drittel der <strong>Schweiz</strong>er Jugendlichen engagiert sich in der Freizeit.<br />
≥ Drei von vier Personen spenden Geld oder Naturalien.<br />
≥ Nur 16,5 Prozent der Bevölkerung sind in keinster Weise freiwillig aktiv.<br />
≥ 2<strong>01</strong>1 ist das europäische Jahr der Freiwilligenarbeit. In der <strong>Schweiz</strong><br />
steht es unter dem Motto ‹ Engagiert. Freiwillig ›.<br />
* Die Zahlen stammen vom Verein ‹ Forum Freiwilligenarbeit ›, der das Freiwilligenjahr<br />
2<strong>01</strong>1 in der <strong>Schweiz</strong> organisiert.<br />
6 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
gabriEl dahindEn / PfAdi SChWEiz<br />
«In Kursen und internationalen Lagern der<br />
Pfadi hatte ich die einmalige Chance, meinen<br />
Horizont zu erweitern. Diese Möglichkeit<br />
möchte ich durch mein Engagement für das<br />
Projekt ‹ Unity in Diversity › auch anderen<br />
geben. Gerade in diesem internationalen Projekt<br />
sehe ich, wie viel man erreichen kann,<br />
wenn sich viele Menschen aus verschiedenen<br />
Kulturen für eine Sache einsetzen.»<br />
Gabriel Dahinden ist nicht nur Ausbilder und Experte bei der<br />
Pfadi, er engagiert sich auch für das Programm ‹ Unity<br />
in Diversity ›. Mit diesem Projekt organisiert die Pfadibewegung<br />
<strong>Schweiz</strong> in den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>4 zusammen mit<br />
den Pfadiverbänden in Serbien und Georgien gemeinsame<br />
Austauschaktivitäten, die von der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> mit 700 000.– Franken gefördert werden. In internationalen<br />
Pfadilagern und bei Weiterbildungskursen<br />
begegnen sich Jugendliche und junge Erwachsene aus<br />
den drei Ländern.
8 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1
Marlis lustig / ARChE KiNdERbEglEiTuNg<br />
«Es macht mir grosse Freude, für die Kinder<br />
da zu sein und mit ihnen zusammenzuarbeiten.<br />
Ich erlebe ihre Entwicklung mit, stehe ihnen<br />
bei Fragen und Problemen zur Seite. Das Ver-<br />
trauen, das ich zurückbekomme, ist eine<br />
ganz besondere Motivation, mich für die Arche<br />
Kinderbegleitung zu engagieren.»<br />
Nach ihrer Pensionierung wollte sich Marlis Lustig gerne<br />
freiwillig engagieren – und fand in der Arche Kinderbegleitung<br />
eine schöne Aufgabe. Einmal in der Woche<br />
treffen sich in der Arche Kinder mit Migrationshinter -<br />
grund für 1,5 Stunden mit ihrer festen Begleitperson,<br />
um ge meinsam Deutsch zu üben, Schulaufgaben zu<br />
machen, zu diskutieren oder zu spielen. Ein wichtiges<br />
Grundprinzip des Projekts ist die Einzelbetreuung der<br />
Kinder. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> fördert das Angebot<br />
der Arche in Zürich-Affoltern in den Jahren 2007<br />
bis 2<strong>01</strong>1 mit 125 000.– Franken.
10 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1
sElina MEiEr / PRO NATuRA<br />
«Mit meinem Engagement als Leiterin einer<br />
Naturschutzgruppe kann ich vielen Menschen<br />
etwas Ablenkung vom Alltag ermöglichen.<br />
Natürlich profitiere ich auch selbst davon: Es<br />
kommt viel Wertschätzung und Dankbarkeit<br />
zurück. Ich kann mich bei der Organisation von<br />
Veranstaltungen immer neu herausfordern,<br />
viel dazu lernen und mit interessanten Menschen<br />
zusammenarbeiten.»<br />
Selina Meier ist nicht nur Gruppenleiterin bei Pro Natura.<br />
Sie hat bereits zwei Mal mitgeholfen, das nationale Treffen<br />
der Jugendnaturschutzgruppen ‹ Ökotopia › zu organisieren.<br />
Bei dieser Veranstaltung treffen sich alle zwei Jahre<br />
Kinder und Jugendliche aus der ganzen <strong>Schweiz</strong>. Gemeinsam<br />
erleben sie die Natur und lernen, wie sie selbst dazu<br />
beitragen können, die Zukunft durch eine nachhaltige<br />
Lebensweise zu gestalten. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
hat Ökotopia 2008 und 2<strong>01</strong>0 mit insgesamt 21 600.–<br />
Franken gefördert.
12 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1
stEFan bradEr / JugENdSESSiON<br />
«Die Organisation der Jugendsession ist eine<br />
spannende und herausfordernde Aufgabe.<br />
Es ist immer wieder schön zu sehen, dass die<br />
Teilnehmer Spass am Anlass haben und neue<br />
Erfahrungen mit nach Hause nehmen. Auch ich<br />
habe durch mein Engagement viel gelernt.<br />
Das schätze ich sehr.»<br />
Über 200 Jugendliche nehmen jedes Jahr an der Jugend-<br />
session im Bundeshaus teil und erhalten damit Einblicke<br />
in die Politik. Im Auftrag der <strong>Schweiz</strong>erischen Arbeitsgemeinschaft<br />
der Jugendverbände (SAJV) organisiert ein<br />
Komitee aus rund 15 Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
den grossen Anlass. Zu diesem gehört Stefan Brader.<br />
Mit 90 000.– Franken fördert die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> die Jugendsession in den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>2.
thEMa ⁄ MERCATOR NEWS<br />
14 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1
julia diEnEr / CEvi<br />
«Die Gastgeberrolle für den World YWCA<br />
Council ist für den Cevi <strong>Schweiz</strong> eine grosse<br />
Ehre und ein organisatorisches Kunststück<br />
zugleich. Ohne den Einsatz von Freiwilligen<br />
wäre die Veranstaltung in Zürich gar nicht<br />
möglich. Ich erlebe bei der Organisation des<br />
Gipfels ein unglaublich starkes Netzwerk<br />
von freiwilligen Helfern. Das zu erleben, ist<br />
einzigartig.»<br />
Als Projektleiterin organisiert Julia Diener zusammen mit<br />
einem Team des Cevi <strong>Schweiz</strong> den World YWCA Council in<br />
Zürich. 150 Freiwillige werden für die Veranstaltung vom<br />
10. bis 16. Juli 2<strong>01</strong>1 aktiviert, an der 1000 Frauen aus über<br />
100 Ländern zum Thema ‹ Frauen schaffen eine sichere<br />
Welt › diskutieren. Verständigung, Austausch und gemeinsames<br />
Lernen stehen im Mittelpunkt des internationalen<br />
Gipfels, der alle vier Jahre auf einem anderen Kontinent<br />
stattfindet. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> unterstützt das<br />
Engagement der Volontäre mit 73 500.– Franken.
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
FrEiwilligEnjahr 2<strong>01</strong>1:<br />
DiE wunSchliStE iSt lang<br />
siE pFlEgEn krankE, sEtzEn sich Für diE uMwElt Ein, organisiErEn diskussionsrundEn,<br />
kulturvEranstaltungEn odEr FrEizEitaktivitätEn. ohnE FrEiwilligE würdEn<br />
dEr gEsEllschaFt viElE wichtigE angEbotE FEhlEn. trotzdEM: FrEiwilligEnarbEit<br />
bEkoMMt nicht gEnug anErkEnnung, MEint pEtra bauMbErgEr. dEshalb<br />
sEtzt diE co-gEschäFtslEitErin dEr schwEizErischEn arbEitsgEMEinschaFt dEr<br />
jugEndvErbändE (sajv) viElE hoFFnungEn in das jahr 2<strong>01</strong>1 – dEM EuropäischEn<br />
jahr dEr FrEiwilligEnarbEit. iNTERviEW ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />
MErcator nEws ⁄ 2<strong>01</strong>1 ist das europäische<br />
Jahr der Freiwilligenarbeit. Was erhoffen<br />
Sie sich von diesem Jahr?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Ich wünsche mir<br />
mehr Sichtbarkeit für die Freiwilligenarbeit,<br />
mehr Aufmerksamkeit und<br />
Anerkennung. Es ist wichtig, dass immer<br />
wieder ins Bewusstsein gerückt wird,<br />
wie wichtig die Freiwilligenarbeit ist. Zudem<br />
sollte dieses Jahr zum Anlass genommen<br />
werden, vertiefte Diskussionen<br />
über Freiwilligenarbeit zu führen. Dis-<br />
kussionen, die neue Impulse und Anreize<br />
für die Freiwilligenarbeit geben, für die<br />
sich immer weniger Leute engagieren. Das<br />
heisst auch, Ideen für ein neues System<br />
der Freiwilligenarbeit zu entwickeln, das<br />
Zukunft haben könnte.<br />
MErcator nEws ⁄ Hat denn die heutige<br />
Freiwilligenarbeit keine Zukunft mehr?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Viele Vereine bauen<br />
auf Freiwilligenarbeit, sie hängen von ihr<br />
ab. Aber immer weniger Leute möchten<br />
sich langfristig verpflichten, sie tendieren<br />
eher dazu, sich punktuell zu engagieren.<br />
Entsprechend ist die Struktur, wie heute<br />
die Vereine oder das politische Milizsystem<br />
aufgebaut sind, langfristig wahrscheinlich<br />
nicht mehr tragfähig. Und das wird<br />
zu einem Problem.<br />
MErcator nEws ⁄ Sie sagen, Sie wünschen<br />
sich mehr Anerkennung für die Freiwilligenarbeit.<br />
Würdigt die Gesellschaft dieses<br />
16 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
Engagement nicht ausreichend?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Man ist sich bewusst,<br />
dass viel Freiwilligenarbeit geleistet wird,<br />
dass Freiwilligenarbeit wichtig ist, dass<br />
das Engagement der Freiwilligen toll ist.<br />
Leider ist dies oft nur ein Lippenbekenntnis.<br />
Schön wäre es, wenn konkrete Taten<br />
folgen würden. Ein Beispiel: Die Leiter<br />
von Ausbildungskursen für Jugendverbände<br />
arbeiten ehrenamtlich, die Teilnehmer<br />
investieren ihre Freizeit, um die Kurse zu<br />
besuchen. Aber für die Durchführung<br />
braucht man auch Kursmaterial, Räume –<br />
und all das kostet Geld. Immer wieder gibt<br />
es einen Kampf darum, wie diese struk-<br />
turellen Dinge finanziert werden können.<br />
Eine wichtige Form der An erkennung<br />
wäre also zum Beispiel, dort Unterstützung<br />
zu leisten und damit die Rahmenbedingungen<br />
fürs Freiwilligenengagement<br />
zu verbessern. Da muss noch viel passie -<br />
ren, auch politisch.<br />
MErcator nEws ⁄ Den Kampf fürs Frei-<br />
willigenengagement hat sich die SAJV auf<br />
die Fahnen geschrieben. Was sind Ihre<br />
Ziele?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Eines unserer Ziele<br />
ist, dass das freiwillige Engagement als<br />
eine Form von Bildung wahrgenommen<br />
wird, und dass es eine viel stärkere<br />
Vernetzung, eine Zusammenarbeit mit<br />
formalen Bildungsinstitutionen gibt.<br />
Wir versuchen zurzeit, mit verschiedenen<br />
Akteuren Mittel und Wege zu finden, wie<br />
die Kompetenzen, die Freiwillige bei<br />
ihrem Engagement erwerben, besser aus-<br />
gewiesen werden können. Es gibt ver -<br />
schiedene Ideen dazu: Zum Beispiel, dass<br />
Jugendliche, die sich freiwillig engagieren,<br />
‹ Credit Points › für ihren Einsatz<br />
bekommen, die dann in ihrem formalen,<br />
schulischen Bildungsgang angerechnet<br />
werden. Oder dass das Freiwilligenengagement<br />
bei der Ausbildungsplatz- oder<br />
Stellensuche zu einem Vorteil wird. Wenn<br />
in der Bewerbung auf Freiwilligenarbeit<br />
aufmerksam gemacht wird, sollte der<br />
Arbeitgeber dies honorieren. Das sind die<br />
zwei grossen Vorhaben, an denen wir<br />
im Moment arbeiten. Aber die Förderung<br />
von Freiwilligenarbeit ist eigentlich ein<br />
Dauerziel der SAJV.<br />
MErcator nEws ⁄ Die <strong>Schweiz</strong> ist im euro -<br />
päischen Vergleich Spitzenreiter im frei-<br />
willigen Engagement: Rund 40 Prozent der<br />
Bevölkerung leistet Freiwilligenarbeit. Wie<br />
erklären Sie diese guten Zahlen?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Diese Zahl muss<br />
man ein wenig relativieren. Die Frage ist:<br />
Wo beginnt Freiwilligenarbeit? Man unter-<br />
scheidet zwischen der formellen Freiwilligenarbeit,<br />
die in Organisationen, also<br />
in Strukturen passiert, und informeller<br />
Freiwilligenarbeit, die nicht organisiert<br />
ist, wie zum Beispiel Nachbarschaftshilfe.<br />
Wenn sich jemand einmal im Jahr zwei<br />
Stunden ums Nachbarskind kümmert,<br />
zählt er bereits zu diesen 40 Prozent. Die-
se Zahl ist also mit Vorsicht zu genies -<br />
sen. Trotzdem: Dass sich in der <strong>Schweiz</strong><br />
viele Menschen engagieren, hängt mit<br />
unserer Vereinskultur zusammen. Die<br />
<strong>Schweiz</strong> hat eine unglaubliche Dichte an<br />
Vereinen. Kinder wachsen durch ihre<br />
Eltern schon sehr früh in diese Organisationen<br />
hinein und viele übernehmen<br />
dann irgendwann in ihrem Leben eine<br />
Funktion in einem Verein.<br />
MErcator nEws ⁄ Dies tun sie oft nicht<br />
erst als Erwachsene, sondern bereits als<br />
Jugendliche. Laut Statistik sind ein Drittel<br />
der 15- bis 24-jährigen <strong>Schweiz</strong>er frei-<br />
willig aktiv. Welchen Beitrag leistet die<br />
Jugend für die Gesellschaft?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Mehr als 500 000<br />
Kinder und Jugendliche, die in der<br />
<strong>Schweiz</strong> leben, sind Mitglieder einer Kin-<br />
der- und Jugendorganisation. Diese<br />
Organisationen machen also einen wich-<br />
tigen Teil der Freizeitgestaltung aus –<br />
und dieser würde nicht existieren, wenn<br />
es keine Jugendlichen geben würde,<br />
die Freiwilligenarbeit leisten. Tatsächlich<br />
finden die meisten Menschen, die sich<br />
ehrenamtlich engagieren, den Einstieg<br />
ins freiwillige Engagement in ihrer<br />
Jugendzeit. So gesehen leisten die Jugend-<br />
lichen einen enorm wichtigen Beitrag<br />
an die Gesellschaft: Indem sie langfristig,<br />
vielleicht ein Leben lang engagiert und<br />
damit ein tragendes Mitglied unserer Ge-<br />
meinschaft bleiben. Es ist deshalb wich-<br />
Vereine müssen Jugendlichen möglichkeiten<br />
geben, sich auch nur punktuell zu engagieren.<br />
Dafür sind strukturelle Veränderungen nötig.<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ CO-gESChäfTSlEiTERiN SAJv<br />
17
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
tig, dass Jugendliche früh motiviert<br />
werden, Freiwilligenarbeit zu leisten.<br />
MErcator nEws ⁄ Warum engagieren sich<br />
junge Leute freiwillig? Wollen sie schlichtweg<br />
Gutes tun oder sind es eher egoistische<br />
Gründe?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Es sind lustigerweise<br />
fast nur egoistische Gründe, die zu so zia-<br />
lem Engagement führen – übrigens nicht<br />
nur bei den Jugendlichen. Aber Jugendliche<br />
sind sich meist gar nicht bewusst,<br />
dass sie Freiwilligenarbeit leisten, und<br />
betiteln es auch nicht als solche. Die Moti-<br />
vation, etwas Gutes zu tun, ist also eher<br />
selten ausschlaggebend dafür, dass sich<br />
Jugendliche freiwillig betätigen. Viel<br />
wichtiger ist der Spass an der Arbeit. Und<br />
an gleicher oder zweiter Stelle stehen<br />
die Beziehungen, die sie dabei knüpfen,<br />
Freundschaften, die sie durch das Frei -<br />
willigenengagement aufbauen und pflegen<br />
können. Dies sind Beziehungen, die<br />
meistens ein Leben lang bleiben. Die Ju -<br />
gendlichen wissen dies oft nicht, aber<br />
das Netzwerk kann später sehr wertvoll<br />
für sie sein.<br />
MErcator nEws ⁄ Wie kann man noch<br />
mehr junge Leute motivieren, sich zu<br />
engagieren?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Es braucht Anreize<br />
für die Jugendlichen, die heute sehr<br />
pragmatisch veranlagt sind. Wenn man<br />
sie anfragt, sich für ein Projekt zu<br />
18 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
engagieren, kommt oft die Frage: «Was<br />
habe ich davon?» Auf diese Frage braucht<br />
man konkrete Antworten. Wir von der<br />
SAJV schreiben unseren ehrenamtlichen<br />
Mitarbeitern zum Beispiel Arbeitszeugnisse,<br />
die nachweisen, welche Arbeit sie<br />
geleistet haben, welche Kenntnisse da-<br />
für erforderlich waren. Dies in der Hoff-<br />
nung, dass ihnen das in ihrer beruflichen<br />
Laufbahn weiterhilft. Vereine müssen<br />
Jugendlichen zudem vermehrt Möglichkeiten<br />
geben, sich auch nur punktuell zu<br />
engagieren. Dafür sind strukturelle Ver-<br />
änderungen nötig. Der Verein kann nicht<br />
mehr nur auf einem Vorstand und ver-<br />
schiedenen Fachgruppen basieren, sondern<br />
muss projektartiges, kurzfristiges<br />
Mitarbeiten ermöglichen.<br />
MErcator nEws ⁄ Eben das war die Idee<br />
der ‹ Aktion 72 Stunden ›, mit der die SAJV<br />
im September 2<strong>01</strong>0 rund 28 000 Kinder<br />
und Jugendliche animiert hat, sich für ge-<br />
meinnützige Projekte einzusetzen.<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Genau. Das ist ein<br />
sehr gutes Beispiel. Auf diesen drei Tagen,<br />
beziehungsweise 72 Stunden, lag der Fo -<br />
kus dieser Aktion. Diese drei Tage haben<br />
die Jugendlichen für ein bestimmtes<br />
Projekt gearbeitet. Dann war ihr Engagement<br />
abgeschlossen, es stand keine<br />
längerfristige Verpflichtung dahinter. Mit<br />
der medienwirksamen ‹ Aktion 72 Stun -<br />
den › ist es uns zudem gelungen, das<br />
besondere Engagement der zahlreichen<br />
Freiwilligen ins Zentrum zu rücken und<br />
zu zeigen, was möglich ist, wenn sich<br />
viele Leute freiwillig engagieren. Es gibt<br />
einige solcher Aktionen. Wir sind na-<br />
türlich nicht die einzigen Akteure, die<br />
solche Projekte durchführen. Aber all<br />
diese Aktionen sind noch zu wenig nach-<br />
haltig in dem Sinne, dass die Aufmerksamkeit<br />
leider zu kurz ist und rasch<br />
verpufft.<br />
MErcator nEws ⁄ Die Aktion hat vor allem<br />
Kinder und Jugendliche angesprochen,<br />
die in Vereinen organisiert sind. Wie kann<br />
man auch sozial benachteiligte Jugendliche<br />
erreichen, die oft nicht Mitglieder in<br />
Verbänden sind?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Das ist eine ganz<br />
schwierige Frage, über die wir uns auch<br />
den Kopf zerbrechen. Unsere Vereine<br />
sind nicht geschaffen für benachteiligte<br />
Jugendliche. Diese haben oft einen<br />
Migrationshintergrund, und Verbände<br />
sind in ihren Herkunftsländern nicht<br />
bekannt. Sie schauen die Vereine also von<br />
aussen an, sehen dort nur die hiesige<br />
Bevölkerung und denken: «Das ist nichts<br />
für uns.» In einem Projekt arbeiten<br />
wir deshalb an der Öffnung der Verbände.<br />
Wir versuchen herauszufinden, welche<br />
Hindernisse wir abbauen müssen, damit<br />
sie für Jugendliche aus sozial benachteiligten<br />
Milieus zugänglich werden. Eine<br />
Möglichkeit ist, mit der offenen Jugendarbeit<br />
zusammenzuarbeiten, da die
aktion 72 StunDEn<br />
www.72stundEn.ch<br />
28 000 Kinder und Jugendliche haben vom 9.<br />
bis 12. September 2<strong>01</strong>0 in der ganzen <strong>Schweiz</strong><br />
innerhalb von genau 72 Stunden eigene<br />
Projekte verwirklicht. Der Fantasie waren keine<br />
Grenzen gesetzt. Die einzigen Bedingungen:<br />
Die Projekte mussten gemeinnützig sein und<br />
die Teilnehmer sollten diese ohne den Einsatz<br />
von Geld im Wettlauf gegen die Zeit verwirklichen.<br />
Die Freiwilligenaktion der SAJV wurde<br />
von den nationalen Radiosendern der SRG SSR<br />
idée suisse begleitet. Damit standen Jugendliche<br />
und Jugendorganisationen drei Tage lang<br />
im positiven Rampenlicht.<br />
19
20 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
jugEnDSESSion<br />
www.jugEndsEssion.ch<br />
Mit der Jugendsession gibt die SAJV jährlich<br />
über 200 Jugendlichen einen Einblick in die<br />
Abläufe der <strong>Schweiz</strong>er Politik. Die Teilnehmer<br />
haben die Möglichkeit, sich unverbindlich über<br />
politische Prozesse und Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
zu informieren, was im besten Fall zur<br />
Motivation für weitere politische Tätigkeiten<br />
oder zu eigenem zivilgesellschaftlichem Engagement<br />
führt. Nach der Veranstaltung, die<br />
jedes Jahr drei Tage lang im Berner Bundeshaus<br />
stattfindet, können sich die Jugendlichen<br />
weiter im Projekt engagieren, sei es im Organisationskomitee<br />
der Jugendsession oder im<br />
Forum Jugendsession, das Lobbyarbeit für die<br />
Anliegen der Jugend in der Politik leistet.
man ist sich bewusst, dass freiwilligenarbeit wichtig<br />
ist, dass das engagement der freiwilligen toll ist.<br />
leider ist dies oft nur ein lippenbekenntnis. schön<br />
wäre es, wenn konkrete taten folgen würden.<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ CO-gESChäfTSlEiTERiN SAJv<br />
Mehrheit der Jugendlichen, die sich dort<br />
aufhalten, einen Migrationshintergrund<br />
hat. Der Jugendtreff könnte also als Drehscheibe<br />
dienen und diese Jugendlichen<br />
motivieren, in einem Verband mitzumachen.<br />
Man weiss, dass Verbände jungen<br />
Menschen viele Vorteile bieten: Sie pro fi -<br />
tieren von einem sozialen Netzwerk,<br />
haben einen festen Freundeskreis, der sie<br />
durch die schwierige Entwicklungsphase<br />
begleitet, in der sie sich befinden. Ausser -<br />
dem lernen sie sich einzubringen und<br />
Verantwortung zu übernehmen, bekommen<br />
Wertschätzung und das Gefühl, dass<br />
sie gebraucht werden. All dies ist wichtig<br />
für die Entwicklung von Kindern und<br />
Jugendlichen.<br />
MErcator nEws ⁄ Die SAJV fördert nicht<br />
nur das freiwillige Engagement von<br />
Jugendlichen, sie möchte mit der Jugendsession<br />
auch ihre politische Partizipation<br />
stärken.<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Mit der Jugendsession<br />
bieten wir Jugendlichen erste Be -<br />
rührungspunkte mit dem politischen<br />
System. Sie entdecken dort die Lust an<br />
der politischen Partizipation, am Debat-<br />
tieren und an politischen Themen. Die<br />
Teilnehmer lernen die Abläufe der Politik<br />
kennen und können selbst an aktuellen<br />
Themen arbeiten und mit Gleichaltrigen<br />
diskutieren. Die Jugendlichen arbeiten<br />
auch konkrete Petitionen aus, die hinter-<br />
her dem Nationalrat übergeben werden.<br />
MErcator nEws ⁄ Mit Erfolg?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Bedauerlicherweise<br />
sind die Petitionen der Jugendlichen<br />
bisher immer auf eine recht magere Reso-<br />
nanz gestossen. Es wird leider immer<br />
noch als herzig abgetan, wenn sich<br />
Jugendliche mit einem Thema befassen<br />
und sich politisch einmischen wollen.<br />
Jugendliche können in der Politik inner-<br />
halb des bestehenden Systems immer<br />
noch zu wenig bewegen, sie haben zu<br />
wenig Durchschlagskraft. Dabei haben<br />
sie so viel zu sagen.<br />
MErcator nEws ⁄ Was ist nötig, damit die<br />
Jugendlichen mehr Einfluss bekommen?<br />
pEtra bauMbErgEr ⁄ Es gibt sehr viele<br />
Bestrebungen ausserhalb des politischen<br />
Systems, Partizipationsmöglichkeiten<br />
für Jugendliche zu schaffen. Die Jugendsession<br />
ist eine davon, ‹ Jugend Mit<br />
Wirkung › ist eine andere Initiative, die<br />
Jugendlichen auf Gemeindeebene in<br />
ihrem direkten Umfeld Gestaltungsmöglichkeiten<br />
gibt, indem sie dort eigene<br />
Projekte umsetzen können. Beides sind<br />
ganz tolle Gefässe, aber es gibt leider<br />
noch kaum Verbindungen mit dem wirk -<br />
lichen politischen System. Man muss<br />
einen Weg finden, die Durchlässigkeit<br />
zwischen diesen beiden Welten zu<br />
erhöhen. Die Jugendvertretung ist die<br />
eine Seite, die einen Schritt in diese<br />
Richtung machen kann. Aber für mich<br />
ist vielmehr ein Schritt von Seiten der<br />
Politik nötig. Zuallererst müsste diese die<br />
Bereitschaft zeigen, Jugendliche und ihre<br />
Argumente tatsächlich als vollwertig<br />
anzuerkennen.<br />
SajV<br />
www.sajv.ch<br />
Die <strong>Schweiz</strong>erische Arbeitsgemeinschaft der<br />
Jugendverbände (SAJV) ist die Dachorga-<br />
ni sa tion von rund 70 Jugendverbänden der<br />
<strong>Schweiz</strong>. Sie vertritt seit 1933 deren Anliegen<br />
bei den Behörden, in politischen Gremien<br />
und gegenüber der Öffentlichkeit. Die Jugend -<br />
politik sowie die Jugendpartizipation und<br />
Jugendförderung sind die Kerngeschäfte der<br />
SAJV. Dazu gehören auch die Förderung der<br />
Chancengleichheit für alle Kinder und Jugend-<br />
lichen sowie der Freiwilligenarbeit und der<br />
non-formalen Bildung. Die SAJV besteht aus<br />
rund 120 ehrenamtlichen und 16 vollamtlichen<br />
Mitarbeitern. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
arbeitet in verschiedenen Projekten mit der<br />
SAJV zusammen, unter anderem hat sie im Jahr<br />
2<strong>01</strong>0 die ‹ Aktion 72 Stunden › mit 120 000.–<br />
Franken unterstützt, auch die jährliche<br />
Jugendsession fördert sie 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>2 mit<br />
90 000.– Franken.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
sajv<br />
Petra Baumberger<br />
+41 (0) 31 326 29 29<br />
petra.baumberger@sajv.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Jorge Tamayo<br />
+41 (0) 44 206 55 92<br />
p.tamayo@stiftung-mercator.ch<br />
21
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
22 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
parcourS wEckt luSt<br />
am EngagEmEnt<br />
hungErkatastrophEn. rassistischE übErgriFFE. uMwEltvErschMutzung. drohEndEr kliMawandEl.<br />
viElE MEnschEn FühlEn sich Machtlos bEiM gEdankEn an diEsE globalEn hEraus-<br />
FordErungEn. diE aktion ‹stEp into action› sEnsibilisiErtE nicht nur 800 schülEr Für problEME<br />
unsErEr zEit. dEr intEraktivE parcours zEigtE ihnEn, wiE siE sich in ihrEM lokalEn<br />
uMFEld Für gEsEllschaFtlichE FragEn EinsEtzEn könnEn.<br />
TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />
Die Aktion sollte jung sein. Frech. «Um die<br />
Jugendlichen abzuholen», erklärt Jerónimo<br />
Calderón. Die Jugendorganisation euforia<br />
wollte die jungen Besucher nicht einfach in<br />
irgendeinen Saal einladen und über die<br />
Be deutung und Möglichkeiten von Freiwilligenarbeit<br />
informieren. Sie wollte bei den<br />
Teilnehmern die Lust am gesellschaftlichen<br />
Engagement wecken, indem sie diese aktiv<br />
in die Veranstaltung einbezog – und entwickelte<br />
ein aufwändiges Spiel.<br />
«Jedes Spiel braucht eine Szene», lacht<br />
der Geschäftsleiter von euforia. So verwandelten<br />
er und sein Team die <strong>Stiftung</strong> Brasilea<br />
im Hafen Basel-Kleinhüningen in ein riesiges<br />
Schiff. Die drei Stockwerke wurden zu den<br />
drei Phasen des Spiels – zu den Levels, wie<br />
es im Spiel-Jargon heisst. Und weil ein Spiel<br />
auch Spielfiguren benötigt, legte das Organisationsteam<br />
die Rollen von Chris, Alex, Kim,<br />
Manu und Flo fest. Diese fünf fiktiven Cha-<br />
raktere interessieren sich für fünf unter-<br />
schiedliche Themen – Migration, Umwelt,<br />
Menschenrechte, Gesundheit und internationale<br />
Solidarität. Einen dieser Schwerpunkte<br />
sollten die Teilnehmer im dreistündigen<br />
Parcours der Aktion ‹Step into Action›, die<br />
die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> mit 60 000.–<br />
Franken unterstützt hat, verfolgen.<br />
übErall aktivE schülEr ⁄ Jerónimo Calderón<br />
blickt sich zufrieden um. Es ist voll an die -<br />
sem 25. Februar 2<strong>01</strong>1 in der <strong>Stiftung</strong> Brasilea.<br />
In jedem Raum, in jeder Ecke, überall sind<br />
Schüler zwischen 16 und 18 Jahren an ver-<br />
schiedenen Etappen des Parcours. Sie diskutieren.<br />
Lauschen interessiert. Machen<br />
sich Gedanken. Und notieren diese in ihrem<br />
Reisepass, der sie mit diversen Aufgaben<br />
durchs Spiel führt. 800 Schüler werden am<br />
Ende des Tages den Parcours durchlaufen<br />
haben. 39 Schulklassen aus 15 Basler Schulen.<br />
Jerónimo Calderón ist mehr als zufrieden:<br />
«Mehr Teilnehmer konnten wir wirklich nicht<br />
aufnehmen.»<br />
kurzFilM und workshops ⁄ Schon wieder<br />
kommt eine Gruppe an der <strong>Stiftung</strong> Brasilea<br />
im Hafen Kleinhüningen an. Mit einem<br />
breiten Lachen emp fängt ein Kapitän im<br />
weissen Anzug die Schüler, weist ihnen<br />
den Weg ins ‹Schiff›. Ein kurzes Briefing.<br />
Das Spiel beginnt.<br />
level 1 – sensibilisierung. Ein Kurzfilm<br />
führt ins Thema ein: Die Erde, dargestellt<br />
als Boot, segelt kopfüber durchs Universum.<br />
Rohstoffe und Menschen purzeln heraus –<br />
bis eine Gruppe Jugendlicher beherzt das Boot<br />
packt, wieder aufrichtet und die Ressourcen<br />
zurückholt. Eine junge Stimme appelliert<br />
an die Zuschauer: «Wage auch du den Step into<br />
Action!» In Workshops vertiefen die Jugendlichen<br />
ihre Schwerpunktthemen. Da werden<br />
Menschenrechte diskutiert, Vorurteile über -<br />
dacht, Gesundheitsrisiken durch schmutziges<br />
Trinkwasser thematisiert, Umweltprobleme<br />
sichtbar gemacht, die durch unseren Konsum<br />
entstehen, und die Bedeutung von internationaler<br />
Solidarität betont. Alles spielerisch, auf<br />
Augenhöhe, ohne erhobenen Zeigefinger.
‹ step into action › ist genau der event, der mir<br />
als 18-Jährige den letzten anstoss und das<br />
nötige selbstvertrauen gegeben hätte, um den<br />
schritt aus meiner Passivität zu wagen.<br />
corina hElFEnstEin ⁄ MiTORgANiSATORiN ‹STEP iNTO ACTiON›<br />
24 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1
ildEr<br />
obEn links ⁄ Interessiert lauschen die Teilnehmer<br />
engagierten jungen Menschen, die<br />
von ihrer Freiwilligenarbeit erzählen.<br />
MittE und rEchts ⁄ Jeder kann schon im Alltag<br />
mit bewusstem Handeln etwas verändern:<br />
Im interaktiven Theater befassen sich die<br />
Schüler mit Problemen rund um das Thema<br />
Kleiderkonsum.<br />
25
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
mit ‹ step into action › möchte ich<br />
zeigen, dass wir jungen leute etwas<br />
bewirken können.<br />
silja raMsEiEr ⁄ MiTORgANiSATORiN ‹STEP iNTO ACTiON›<br />
26 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
level 2 – reflexion. Auf in den zweiten<br />
Stock! Dort berichten junge Leute von ihrer<br />
Arbeit mit Strassenkindern in Ecuador, sie<br />
stellen ihre Umweltprojekte vor, erzählen von<br />
ihrem Einsatz für die Menschenrechte und<br />
machen deutlich, was man mit persönlichem<br />
Engagement alles erreichen kann – auch<br />
und gerade als junger Mensch in der heutigen<br />
Zeit. In einem interaktiven Theater lernen<br />
die Schüler am Beispiel Kleiderkonsum, dass<br />
jeder Einzelne durch bewusstes Handeln im<br />
Alltag bereits etwas verändern kann: Denn wo,<br />
wie oft und welche Kleidung man kauft, hat<br />
nicht nur Auswirkungen auf die Umwelt, son-<br />
dern auch auf die Menschen, die diese Klei-<br />
dung produzieren, auf ihre Gesundheit, sogar<br />
auf ihre Menschenrechte.<br />
level 3 – aktion. Wo kann ich mich enga-<br />
gieren? Welche Organisationen freuen sich<br />
über meine Mithilfe? Wer hilft mir bei der Um -<br />
setzung meiner eigenen Projekte? Auf dem<br />
Aktionsmarktplatz im dritten Stock treffen die<br />
Jugendlichen auf Vertreter von über 30 Orga-<br />
nisationen und Initiativen – vom Jungrotkreuz<br />
Basel und dem Verein beraber, der sich für die<br />
Integration von fremdsprachigen Schülern<br />
einsetzt, über die Gesundheitsorganisation Viva<br />
con Agua, das Ökozentrum Langenbruck<br />
und den Verein für Kinder- und Jugendförderung<br />
Infoklick.ch bis hin zu Amnesty International.<br />
Beide Seiten kommen ins Gespräch<br />
und knüpfen Kontakte für ein mögliches<br />
Engagement.<br />
«Wir bieten Jugendlichen mit unserer<br />
Aktion einen Zugang zum freiwilligen En-<br />
gagement», erklärt Jerónimo Calderón.<br />
Bereits in der Vorbereitungsphase von ‹ Step<br />
into Action › hatte das Organisationsteam<br />
die Schulklassen besucht. Dabei wurde deut-<br />
lich: Eine Veranstaltung wie ‹ Step into Action ›<br />
ist wichtig und nötig. Denn obwohl sich<br />
48 Prozent der befragten Jugendlichen enga -<br />
gieren möchten, tun dies bislang nur 10,3<br />
Prozent. Ein grosses Problem, so zeigten die<br />
Gespräche in den Klassen, ist die Information.<br />
69 Prozent der Schüler wissen nicht, wo und<br />
wie sie sich engagieren können. «Tatsächlich<br />
sind die Mög lichkeiten für ein Engagement<br />
vielfältig», betont Jerónimo Calderón. «‹ Step<br />
into Action › zeigt viele Beispiele und schafft<br />
die Grund lage für ein breites Mitwirken von<br />
Jugend lichen.»<br />
übEr 100 MitstrEitEr ⁄ Dass junge Menschen<br />
gemeinsam viel bewegen können, beweist<br />
bereits die Veranstaltung ‹ Step into Action ›:<br />
Anderthalb Jahre hat das 14-köpfige Organisationskomitee<br />
an über 100 Sitzungen das<br />
Spiel vorbereitet. Sie haben über 100 Mitstreiter<br />
gefunden – freiwillige, meist jugendliche<br />
Helfer aus mindestens 13 Kantonen.<br />
Organisationsteam und Partnerorganisationen<br />
haben für die Verwirklichung des Projekts<br />
rund 10 000 Arbeitsstunden investiert. Ohne<br />
freiwilliges Engagement wäre ‹ Step into<br />
Action › nicht möglich gewesen. Und auch<br />
in Zukunft braucht euforia Hilfe: Die Aktion<br />
soll wieder stattfinden – 2<strong>01</strong>2 in Genf, 2<strong>01</strong>3<br />
in Basel und in Zukunft wenn möglich in der<br />
ganzen <strong>Schweiz</strong>.
ildEr<br />
links ⁄ Am Ende des Parcours hinterlassen die<br />
Teilnehmer ihren Fingerabdruck. Auf diese<br />
Weise entsteht der Satz ‹ Die Welt mit uns ›.<br />
untEn / Wo wurde das T-Shirt produziert, das<br />
ihr gerade tragt? Mit Stecknadeln markieren<br />
die Schüler das entsprechende Land.<br />
StEp into action<br />
www.EuForiaction.org<br />
Ziel von ‹ Step into Action › ist es, Jugendliche<br />
davon zu überzeugen, dass sie mit ihrem En-<br />
gagement etwas bewirken können. Die Jugendorganisation<br />
euforia hat die Veranstaltung<br />
in anderthalbjähriger Vorbereitungszeit auf die<br />
Beine gestellt. Seit ihrer Gründung durch Stu-<br />
dierende im Jahr 2007 hat die Organisa tion mit<br />
grossem Erfolg verschiedene Projekte durchgeführt,<br />
um junge Menschen zu aktivieren und<br />
diese in ihrem gesellschaftlichen Engagement<br />
zu stärken. Das 14-köpfige Organisationsteam<br />
des ersten ‹ Step into Action › 2<strong>01</strong>1 in Basel leis -<br />
tete seine Arbeit ehrenamtlich in seiner<br />
Freizeit.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
EuForia<br />
Jerónimo Calderón<br />
+41 (0) 22 320 90 59<br />
jeronimo@euforiaction.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Sara Fink<br />
+41 (0) 44 206 55 87<br />
s.fink@stiftung-mercator.ch<br />
27
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
28 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
FrEiwillig FrEiwillig?<br />
auF jEDEn Fall!<br />
Markus gandEr ist übErzEugt: jugEndlichE habEn viElE idEEn. siE MöchtEn Etwas bEwEgEn,<br />
EigEnE projEktE auF diE bEinE stEllEn, sich Für andErE EinsEtzEn. Man Muss siE<br />
nur in ihrEr positivEn EnErgiE untErstützEn, ihnEn bEi FragEn zur sEitE stEhEn und<br />
bEi hindErnissEn EntsprEchEndE wErkzEugE zur vErFügung stEllEn, sagt dEr gEschäFts-<br />
FührEr dEs vErEins Für kindEr- und jugEndFördErung, inFoklick.ch.<br />
TExT ⁄ MARKuS gANdER, iNfOKliCK.Ch<br />
Der Psychoanalytiker Erich Fromm (1900–<br />
1980) schrieb einmal: «Die Langeweile ist eine<br />
der furchtbarsten Plagen unserer Zeit.»<br />
Wahr scheinlich passt dieser Satz in jedes Zeit-<br />
alter. Der Mensch sucht nach Sinnhaftigkeit.<br />
Aus diesem Grund engagiert sich die Menschheit<br />
und somit auch die Jugend und sucht<br />
nach Beschäftigungen. So etablierten sich in<br />
der <strong>Schweiz</strong> im vergangenen Jahrhundert<br />
Jugendverbände wie die Pfadibe wegung oder<br />
Jungwacht Blauring. Aber auch im Bereich<br />
von Sport und Kultur entwickelte sich ein<br />
reichhaltiges, lokal verankertes Vereinsleben.<br />
austritt aus vErEinEn ⁄ Jugendliche von<br />
heute haben völlig andere Möglichkeiten als Ju-<br />
gendliche vor 30 Jahren: Die Bahn hat den<br />
Stunden- und zum Teil den Halbstundentakt<br />
eingerichtet. Es gibt Nachtverbindungen in<br />
die entlegen sten Orte. Das Internet ermöglicht<br />
Kommunikation weltweit. Ausbildungs- und<br />
Berufsort sind heute selten dort zu finden,<br />
wo man aufwächst. Das hat zur Folge, dass viele<br />
Jugendliche nach der obligatorischen Schul-<br />
zeit auch aus ihren Vereinen austreten.<br />
Gleichzeitig werden heute aber viel mehr<br />
eigene Initiativen von Jugendlichen gestartet,<br />
um der Langeweile vorzubeugen. Sie engagieren<br />
sich in Feldern, wo es kein traditionelles<br />
Angebot gibt. So setzen sie sich für ein<br />
Jugendkulturhaus in Nidwalden ein, befassen<br />
sich mit aussenpolitischen Themen, organisieren<br />
Podien oder stellen Openair-Kinos mit<br />
solarbetriebenen Anlagen auf die Beine. Ande -<br />
re übersetzen die Abstimmungsbotschaften in<br />
eine Jugendsprache, bieten Spielnachmit ta ge<br />
für Kinder aus armutsbetroffenen Haus halten<br />
an oder organi sieren Nachhilfeunterricht<br />
für türkischstämmige Jugendliche. Die Liste<br />
des jugendlichen Engagements könnte un-<br />
endlich lange weitergeführt werden. Jugend -<br />
liche füllen heute Lücken, die das traditionelle<br />
Angebot der Vereine nicht abdeckt. Sie erwei-<br />
tern auch das Spektrum des gesellschaftlichen<br />
Engagements.<br />
hilFE zur sElbsthilFE ⁄ Im Vordergrund jedes<br />
Jugendprojekts steht eine Idee. Nach der<br />
Idee beginnen für viele Initiativen allerdings<br />
die Schwierigkeiten. Die Jugendlichen kön-<br />
nen nicht auf bestehende Strukturen zurückgreifen,<br />
es fehlen ihnen Erfahrungen und<br />
Werkzeuge. Dieser Herausforderung begegnet<br />
der Verein Infoklick.ch. Mit seinem Beratungsangebot<br />
versucht er, Jugendliche zu be-<br />
fähigen, ihre Projekte selbst zu realisieren.<br />
So erwerben sie in den so genannten Juniorexpertkursen<br />
von Infoklick.ch wichtige<br />
Kenntnisse in den Bereichen Projektmanagement,<br />
Personal, Kommunikation und Finanzen.<br />
Aus dem ‹ MY Project Fund ›, der von<br />
der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> zur Verfügung<br />
gestellt wird, können engagierte junge<br />
Leute unkompliziert und schnell Starthilfen<br />
für ihre Vorhaben erhalten. Dank dieses<br />
Förderfonds entstand zum Beispiel in Luzern<br />
eine Plattform für junge Musiker, in Basel<br />
eine Kollektion von jungen Schneiderinnen<br />
oder im Thurgau ein internationales Pfaditreffen.
zugang zu projEktEn ⁄ Es gibt aber auch viele<br />
Jugendliche, die selbst keine Idee für ein<br />
Projekt haben. Jugendliche, die sich nicht viel<br />
zutrauen, die in ihrem Umfeld nie die Er -<br />
fahrung gemacht haben, dass sich Engagement<br />
lohnt. Diesen Jugendlichen wird es oft lang-<br />
weilig – und Langeweile spielt bei negativen<br />
Entwicklungen sehr oft eine grosse Rolle.<br />
Das Ziel muss es sein, genau diese Jugendlichen<br />
in ein aktiviertes Umfeld zu integrieren. Die<br />
Philosophie von Infoklick.ch ist deshalb,<br />
die ‹ starken › Jugendlichen zu fördern und so<br />
den ‹ schwachen › Zugang zu Projekten zu<br />
ermöglichen. In diesem Umfeld lernen diese<br />
jungen Leute erstmals, was es heisst, sich<br />
einzusetzen. Sie erhalten Orte, wo sie echte<br />
Freunde finden, wo sie fürs Leben lernen,<br />
wo sie ihr Selbstwertgefühl über die viel<br />
zitierte Selbstwirksamkeit auf eine positive Art<br />
steigern. Die mit Ideen gespickten Jugendlichen<br />
freuen sich über diese Mitstreiter: Denn<br />
sie sind auf Unterstützung angewiesen – auf<br />
junge Menschen, die anpacken und Nägel ein-<br />
schlagen können.<br />
Die Jugend lässt sich engagieren. Freiwillig<br />
freiwillig! Sie braucht nur die richtigen<br />
Förderer und eine Gesellschaft, die ihnen<br />
etwas zutraut.<br />
bild<br />
Markus Gander ist überzeugt: Jugendliche wollen<br />
und können mit eigenen Projekten etwas bewegen.<br />
inFoklick.ch<br />
www.inFoklick.ch<br />
Infoklick.ch wurde 1998 gegründet. 35 Mitarbeiter<br />
bieten Informationen und konkrete Hilfeleistungen<br />
für Kinder und Jugendliche sowie deren Bezugspersonen.<br />
Die Organisation hat Regionalstellen in<br />
Basel, Bellinzona, Lausanne, Moosseedorf bei Bern,<br />
Solothurn, St. Gallen und seit 2009 auch in Luzern.<br />
Den Aufbau dieser Regionalstelle für die Zentralschweiz<br />
unterstützt die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
in den Jahren 2009 bis 2<strong>01</strong>2 mit 1 150 000.– Franken.<br />
Ein aktuelles gemeinsames Projekt im Bereich<br />
der Förderung des Jugendengagements ist der ‹ MY<br />
Project Fund ›, der Jugendlichen unkompliziert und<br />
unbürokratisch Startkapital für ihre Projekte zur Ver-<br />
fügung stellt, inklusive Beratung und Hilfestellung.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
inFoklick.ch<br />
Markus Gander<br />
+41 (0) 31 850 10 90<br />
markus.gander@infoklick.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Tobias Oetiker<br />
+41 (0) 44 206 55 84<br />
t.oetiker@stiftung-mercator.ch<br />
29
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
aktiVE jugEnDlichE<br />
im rampEnlicht<br />
Mutig tratEn siE vors publikuM und stElltEn ihrE projEktE vor. diE zEhn Fina-<br />
listEn dEs jugEndprojEktwEttbEwErbs ‹projEktEr› zEigtEn aM abEnd dEr<br />
siEgErEhrung, wElch positivE EnErgiE in dEr jugEnd von hEutE stEckt: dEnn<br />
jugEndlichE MöchtEn diE gEsEllschaFt aktiv MitgEstaltEn, siE EntwickEln<br />
vorbildlichE projEktidEEn und sEtzEn diEsE Mit grossEM pErsönlichEn Einsatz<br />
uM. wEttbEwErbsjury und zuschauEr warEn bEgEistErt von so viEl EngagEMEnt.<br />
TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />
Eigentlich hatten die Verantwortlichen<br />
des Jugendprojektwettbewerbs ‹ Projekter ›<br />
zwei Jugendliche mit einer Videokamera<br />
auf Zürichs Strassen geschickt, um mög -<br />
lichst viele schlechte Meinungen über<br />
die Jugend von heute zu sammeln. «Doch<br />
am Ende haben nur zwei Männer etwas<br />
Negatives gesagt», musste Patric Schatzmann<br />
vor 150 zumeist jungen Zuhörern<br />
zugeben und entlockte ihnen ein zufriedenes<br />
Schmunzeln. Der Projektleiter<br />
hatte es genau geplant: Er wollte den<br />
Abend der Preisverleihung am 5. Februar<br />
2<strong>01</strong>1 im Zürcher Jugendkulturhaus<br />
Dynamo mit einem Zusammenschnitt<br />
aus vielen negativen Schlagzeilen einführen<br />
und diese mit noch mehr schlechten<br />
Meinungen von Passanten über<br />
Jugendliche ergänzen – um so die Leistungen<br />
der Wettbewerbsteilnehmer<br />
besonders hervorzuheben.<br />
ErMutigEndE aussagEn ⁄ Seinen Plan<br />
musste Patric Schatzmann kurzfristig<br />
ändern, da der Beitrag mit nur zwei<br />
kritischen Interviewten kürzer ausgefallen<br />
war als geplant. Dafür konnte der<br />
Projektleiter am Ende des Abends einen<br />
Film mit vielen ermutigenden Aussagen<br />
zeigen. Und eben diese Aussagen unterstrichen,<br />
was die Gäste der Siegerehrung<br />
mit eigenen Augen gesehen haben: Die<br />
Jugend von heute ist alles andere als ein<br />
Problem, wie Schlagzeilen in den Medien<br />
so oft glauben machen. Sie ist aktiv,<br />
30 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
kreativ und sozial. Viele Jugendliche<br />
stellen eigene Projekte auf die Beine und<br />
setzen sich engagiert für ihr Umfeld ein.<br />
proFEssionEll und untErhaltsaM ⁄ Es<br />
war ein Abend von Jugendlichen für<br />
Jugendliche. Mit Nino Seiler und Rubina<br />
Meixger führten zwei junge Moderatoren<br />
professionell und unterhaltsam durch<br />
die Veranstaltung. Der 18-jährige Rapper<br />
Tumen gab Stücke seiner zweiten CD<br />
zum Besten. Und fünf jugendliche Break-<br />
dancer, die regelmässig im Jugendkulturhaus<br />
Dynamo trainieren, lockerten das<br />
Programm mit ihren akrobatischen Tanz-<br />
einlagen auf. Doch im Mittelpunkt des<br />
Abends standen sie: die zehn Finalisten<br />
von Projekter. Mit diesem Wettbewerb<br />
suchen die kantonale Kinder- und Jugendförderung<br />
okaj zürich und die <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> Projekte, die Jugendliche<br />
zwischen zwölf und 25 Jahren<br />
durchgeführt haben, um in ihrem Dorf,<br />
im Quartier oder in ihrer Stadt etwas<br />
zu bewegen.<br />
«Wir möchten mit dem Wettbewerb<br />
Jugendliche unterstützen, die etwas<br />
machen», betonte Patric Schatzmann.<br />
«Wir möchten zeigen, was ihre Arbeit<br />
Wert ist.» 38 Projekte waren bei der Pre-<br />
miere des Jugendwettbewerbs einge -<br />
reicht worden. Zehn schafften es in die<br />
Finalrunde. Fünf Minuten hatten die<br />
Jugendlichen am Abend der Preisverleihung<br />
Zeit, ihre Projekte dem Publikum<br />
vorzustellen und die Jury zu überzeugen.<br />
Unter ihnen war mit Big Siz auch eine<br />
bekannte <strong>Schweiz</strong>er Rapperin.<br />
«Eine Entscheidung zu treffen, war<br />
nicht leicht», gab Tobias Oetiker zu, der<br />
für die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> in<br />
der Jury sass. Alle Projekte überzeugten<br />
in ihrer Konzeption, Umsetzung, Mo-<br />
tivation und im Einsatz der Beteiligten.<br />
Am Ende siegte der Zürcher Verein<br />
Mondopoly mit seinem gleichnamigen<br />
Begegnungsspiel. «Dieses Projekt ist<br />
ein echtes Vorbild», erklärte das 14-jährige<br />
Jury-Mitglied Melissa Bürgi bei der<br />
Preisverleihung. Das Konzept sei auf an-<br />
dere Städte übertragbar, es wurden<br />
viele Menschen mobilisiert – im Organisationskomitee<br />
und als Teilnehmer. Das<br />
Preisgeld von 3000.– Franken kann der<br />
Verein sehr gut gebrauchen: «Wir möch-<br />
ten das Begegnungsspiel 2<strong>01</strong>2 wieder<br />
durchführen», sagte Projektinitiatorin<br />
Katrin Pfrunder.<br />
glücklichE prEisträgEr ⁄ Die Gruppe<br />
‹ Mädchen für Mädchen › aus Thalwil, die<br />
sich mit jungen Skatern aus Winterthur<br />
den dritten Platz teilt, wird einen Teil<br />
ihres Preisgeldes in Höhe von 850.– Franken<br />
an Unicef spenden. Damit möchten<br />
sie sich gegen Mädchenbeschneidung<br />
einsetzen, wie sie es mit ihrem vorweihnachtlichen<br />
Projekt ‹ Soziali Güetzli ›<br />
gemacht haben. Die Skater werden mit<br />
dem Gewinn ihre Skateranlage, die sie
Projekter macht sichtbar,<br />
was beim lauten gerede über<br />
alkohol und Jugendgewalt<br />
untergeht: Dass die Jugend<br />
kein Problem ist, sondern<br />
eine kreative Kraft, die<br />
unsere gesellschaft positiv<br />
mitgestaltet.<br />
patric schatzMann ⁄ OKAJ züRiCh<br />
bildEr<br />
links ⁄ Rubina Meixger und Nino Seiler führen<br />
souverän durch den Abend.<br />
obEn ⁄ Jury-Mitglied Melissa Bürgi verkündet<br />
die Sieger: Der Verein Mondopoly überzeugte<br />
die Experten (Bild links). Mit ihrem ‹ Theater<br />
für Chlini › erreicht die Jugendgruppe aus Elsau<br />
den zweiten Platz (Bild rechts).<br />
31
mit einer Unterschriftensammlung und<br />
viel Durchhaltevermögen am Winterthurer<br />
Schulhaus Schachen ermöglicht<br />
haben, verbessern und ausbauen. Die<br />
Zweitplatzierten, eine Jugendtreff-<br />
Gruppe aus Elsau, wird mit Hilfe ihrer<br />
gewonnenen 1500.– Franken in der<br />
Weihnachtszeit 2<strong>01</strong>1 ihr erfolgreiches<br />
‹ Theater für Chlini › mit einem neuen<br />
Stück wiederholen.<br />
«Ich finde es super, was ihr macht»,<br />
hatte die Zürcher Regierungsrätin Regine<br />
Aeppli die Jugendlichen zu Beginn der<br />
Veranstaltung in ihren Begrüssungsworten<br />
gelobt. «Es ist wichtig, zusammen<br />
etwas zu bewegen.» Dem konnte der Ge-<br />
schäftsführer der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> knapp drei Stunden später nur<br />
zustimmen, als er den zurecht stolzen<br />
Jugendlichen die Preise übergab. «Die<br />
zehn Projekte haben euer soziales Gefühl<br />
für Benachteiligte und Schwächere ge-<br />
zeigt», sagte Albert Kesseli. «Diesen Geist<br />
bewundere ich. Respekt dafür!»<br />
wiEdErholung 2<strong>01</strong>1 ⁄ Der Jugendprojektwettbewerb<br />
soll in Zukunft jährlich statt-<br />
finden. Eingabeschluss für Projekter<br />
2<strong>01</strong>1/2<strong>01</strong>2 ist im Oktober. In der Zwischenzeit<br />
werden die Siegerprojekte dokumentiert<br />
und weiterverbreitet. «Damit<br />
möglichst viele Jugendliche sehen, was<br />
alles Gutes getan wird», erklärte Patric<br />
Schatzmann. Im Projekter-Club können<br />
die Jugendlichen sich vernetzen, sie<br />
32 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
können sich über ihre Ideen und Erfahrungen<br />
austauschen, sie erhalten Weiter-<br />
bildungen und Beratungen. Dafür wird<br />
auch die Projekter-Homepage umgebaut:<br />
Jeder registrierte Jugendliche hat in<br />
Zukunft die Möglichkeit, andere Projekt-<br />
Verantwortliche zu kontaktieren.<br />
«Schliesslich können auch Jugendliche<br />
mit ihren Erfahrungen viele Fragen<br />
beantworten», betonte der Projektleiter.<br />
projEktEr<br />
www.projEktEr.ch<br />
Jugendliche engagieren sich mit Projekten<br />
für unsere Gesellschaft. Die öffentliche Wahr -<br />
nehmung von jungen Menschen ist jedoch<br />
primär problembezogen. Ihrer Fähigkeit, ihren<br />
Lebensraum aktiv und konstruktiv mitzugestalten,<br />
wird nur am Rande Aufmerksamkeit<br />
geschenkt. Der Jugendprojektwett bewerb<br />
‹ Projekter › von okaj zürich und der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> fördert Jugend liche, indem<br />
er ihr Engagement anerkennt und auszeichnet.<br />
Er schafft ein Instrument, um gelungene<br />
Projekte sichtbar und nutzbar zu machen:<br />
Jugendliche, Jugendarbeiter und auch eine<br />
breite Öffentlichkeit erfahren von diesen Pro-<br />
jekten, die als Vorbilder für weitere Ideen<br />
funktionieren. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
stellt für den Auf- und Ausbau des Projekts in<br />
den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>3 insgesamt 3<strong>01</strong> 800.–<br />
Franken zur Verfügung.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
okaj zürich<br />
Patric Schatzmann<br />
+41 (0) 44 366 50 16<br />
projekter@okaj.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Tobias Oetiker<br />
+41 (0) 44 206 55 84<br />
t.oetiker@stiftung-mercator.ch<br />
bildEr<br />
rEchts ⁄ Sie teilen sich den dritten Platz: Die<br />
jungen Skater aus Winterthur und die Mädchen<br />
aus Thalwil.<br />
obEn ⁄ Der 18-jährige Rapper Tumen sorgt im<br />
Jugendkulturhaus Dynamo für Stimmung.
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
DiE zEhn FinaliStEn<br />
Mondopoly<br />
Der Verein Mondopoly Zürich hat ein Spiel<br />
entwickelt und durchgeführt, das Schülern die<br />
Vielfalt der Bewohner Zürichs näherbringt.<br />
Persönliche Begegnungen stehen im Mittelpunkt<br />
der Aktion.<br />
thEatEr Für chlini<br />
Jugendliche aus Elsau haben in der Vorweihnachtszeit<br />
das Märchen ‹ S’Maitli mit em Zünd-<br />
hölzli › für Kinder zwischen vier und zehn<br />
Jahren gezeigt. Das Drehbuch haben sie selbst<br />
überarbeitet.<br />
soziali güEtzli<br />
Die Gruppe ‹ Mädchen für Mädchen › aus<br />
Thalwil hat in der Weihnachtszeit Plätzchen<br />
gebacken und verkauft. Der Erlös ging an<br />
ein Unicef-Projekt, das sich gegen Mädchenbeschneidung<br />
einsetzt.<br />
skatEranlagE schachEn<br />
Weil in ihrem Quartier eine Skate-Möglichkeit<br />
fehlte, haben Jugendliche aus Winterthur<br />
Unterschriften für eine eigene Skateranlage<br />
gesammelt. Für den Wunschplatz gab es<br />
vom Stadtrat zwar eine Absage, dafür erhiel-<br />
ten die Jungs eine Anlage am Schulhausplatz<br />
Schachen.<br />
acht bluMEn<br />
Die junge ehrenamtliche Filmcrew von BMC<br />
Pictures Zürich hat den fiktiven sozialkritischen<br />
Film ‹ Acht Blumen › gedreht. Damit machen<br />
sie auf die menschliche Isolation auf Internetplattformen<br />
aufmerksam.<br />
grüEni wEllE<br />
Jungwacht Blauring und das Jugendparlament<br />
Dietikon haben auf dem öffentlichen<br />
Limmat-Spielplatz in Dietikon einen begehbaren<br />
Tunnel aus Weidenästen gebaut,<br />
kahle Flächen gepflastert und drei selbst be-<br />
malte Bänke aufgestellt.<br />
radio von dEr jugEndsEssion<br />
Die Jugendsendung Tinnitus auf Radio Stadtfilter<br />
Winterthur berichtete einen ganzen<br />
Nach mittag live von der Jugendsession im<br />
Berner Bundeshaus, um das Interesse von<br />
jungen Menschen an Politik zu stärken.<br />
trEFFMobil<br />
Mit vereinten Kräften baute der Cevi Dürnten<br />
ein Treffmobil, das der Bevölkerung für Quar-<br />
tierfeste, Geburtstage und andere Anlässe zur<br />
Verfügung steht.<br />
visuEllE Musik<br />
Durch sein Studium an der Zürcher Hochschule<br />
der Künste beschäftigte sich Joel de Giovanni<br />
intensiv mit dem Thema ‹ Gehörlosigkeit und<br />
Musik ›. Um Gehörlosen Musik näherzubringen,<br />
visualisiert er Musik auf Konzerten.<br />
pizza-kuriEr Für dEn FriEdEn<br />
Das Jugend-Camp der reformierten Kirchengemeinde<br />
Illnau-Effretikon stellte einen Pizza-<br />
Kurierdienst auf die Beine, um die Organisation<br />
Digger zu unterstützen, die Panzer zur<br />
Vernichtung von Antipersonenminen baut.<br />
33
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
ErStEr prEiS<br />
Für monDopoly<br />
gEspräch Mit projEktinitiatorin<br />
katrin pFrundEr<br />
Die Premiere im Jahr 2<strong>01</strong>0 war ein voller<br />
Erfolg: Mondopoly sorgte bei Schü -<br />
lern, Lehrern und Beteiligten für grosse<br />
Begeisterung, ebenso bei der Jury des<br />
Jugendprojektwettbewerbs Projekter. Sie<br />
zeichnete die aufwändige Aktion mit dem<br />
ersten Preis aus – eine besondere Ehre<br />
für Projektinitiatorin Katrin Pfrunder und<br />
ihr engagiertes Team, das sich mit dem<br />
Begegnungsspiel gegen Rassismus und<br />
Vorurteile einsetzt.<br />
MErcator nEws ⁄ Sie haben den Jugendprojektwettbewerb<br />
gewonnen. Was haben<br />
Sie gedacht, als Ihre Gruppe bei der Sie-<br />
gerehrung aufgerufen wurde?<br />
katrin pFrundEr ⁄ Wir haben uns un-<br />
glaub lich über diese Anerkennung<br />
gefreut. Um ehrlich zu sein, hatte ich<br />
nicht damit gerechnet. Je nach Schwerpunktsetzung<br />
hätten für mich auch<br />
andere Projekte gewinnen können. Den -<br />
noch war der erste Preis natürlich ein<br />
Motivationsschub. Das Preisgeld werden<br />
wir auf jeden Fall in die nächste Aus gabe<br />
investieren – Mondopoly 2<strong>01</strong>2.<br />
MErcator nEws ⁄ Wie ist Ihnen die Idee<br />
für das Begegnungsspiel gekommen?<br />
katrin pFrundEr ⁄ Als ich 2009 an einem<br />
Jugendgipfel teilgenommen hatte, hörte<br />
ich von dem Projekt Ethnopoly. Ein halbes<br />
Jahr später hatte ich das Gefühl: Ich<br />
möchte etwas machen, ich möchte mich<br />
gegen Rassismus einsetzen, da ich auch<br />
34 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
in meinem Umkreis immer wieder da-<br />
mit konfrontiert wurde. So habe ich<br />
mich näher über Ethnopoly informiert<br />
und schliesslich gemeinsam mit alten<br />
und neuen Freunden Mondopoly für die<br />
Stadt Zürich entwickelt. Dabei haben<br />
wir grundsätzlich mit der Idee von Ethno-<br />
poly gearbeitet: Die Aktion setzt bei<br />
Begeg nungen an und funktioniert spie -<br />
lerisch. Jedoch haben wir den Kultur-<br />
begriff ausgeweitet. Wir wollten nicht,<br />
dass Kultur als eindimensionale, ethnische<br />
Identität zementiert wird. Denn<br />
unsere Identität wird durch unterschiedliche<br />
Merkmale bestimmt, wie<br />
zum Beispiel auch Alter, Geschlecht<br />
oder körperliche Fähigkeiten. Die Teil -<br />
nehmenden sollten sehen, dass jeder<br />
verschiedenen Gruppen angehört und<br />
dass vereinfachende Kategorien wie ‹ der<br />
Türke ›, ‹ die <strong>Schweiz</strong>erin › oder ‹ der<br />
Behinderte › den Menschen, der dahinter<br />
steht, nicht fassen können.<br />
MErcator nEws ⁄ Wie funktioniert<br />
Mondopoly?<br />
katrin pFrundEr ⁄ Es geht darum, mög-<br />
lichst viele Realitäten von Zürich sinnlich<br />
zu erfahren. Mondopoly führt Menschen<br />
mit ganz unterschiedlichen Geschichten<br />
zusammen, die sich im Alltag kaum be-<br />
gegnen und austauschen würden: Kinder<br />
und Erwachsene, Frauen und Männer,<br />
Menschen mit und ohne <strong>Schweiz</strong>er Wur-<br />
zeln, solche mit und ohne Behinderung.
ildEr<br />
Mit einem Stadtplan ausgerüstet suchen die<br />
Teilnehmer von Mondopoly den Weg zu den<br />
Posten (Bild rechts). Dort treffen sie auf Personen<br />
mit ganz unterschiedlichen Hintergründen.<br />
Sie kommen mit ihnen ins Gespräch, erhalten<br />
Einblicke in ihre Lebenswelten – und können<br />
sogar ausprobieren, wie sich ein blinder Mensch<br />
in der Stadt zurechtfindet (Bild oben).<br />
35
36 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1
Die Schüler sind in Vierergruppen, mit<br />
einem Stadtplan ausgerüstet, in Zürich<br />
unterwegs. Auf der Karte sind verschiedene<br />
Posten eingezeichnet, die sie besuchen<br />
können. Sie gehen zu den beteiligten<br />
Leuten nach Hause oder an den Arbeitsplatz,<br />
besuchen Quartierläden, Altersheime,<br />
Kulturzentren, Vermittlungsstellen<br />
und andere Institutionen. An den<br />
Posten sam meln die Gruppen jeweils<br />
Punkte, die Sieger erhalten am Ende eine<br />
Medaille. 240 Schüler haben 2<strong>01</strong>0 an<br />
Mondopoly teilgenommen.<br />
MErcator nEws ⁄ Die Vorbereitungen für<br />
das Begegnungsspiel waren sicher sehr<br />
aufwändig.<br />
katrin pFrundEr ⁄ Sie waren extrem auf -<br />
wändig. Anderthalb Jahre haben wir<br />
Mondopoly vorbereitet. Am Anfang waren<br />
wir nur zu fünft; Freunde von mir und<br />
ich. Mit der Zeit sind immer mehr Leute<br />
dazugestossen und am Ende haben sich<br />
rund 25 Personen im Verein engagiert –<br />
diese 25 waren auch dringend nötig. Am<br />
Anlass selbst ist ein Grossteil der Arbeit,<br />
die hinter dem Projekt steckt, nicht<br />
sichtbar. Dazu gehören zum Beispiel<br />
mühsame Bewilligungen, das Sicherheitskonzept,<br />
die Helferkoordination, die<br />
aufwändige Suche nach Posten, die Ge -<br />
spräche mit den Schulen, Werbemassnahmen<br />
und viel mehr. Bei den Vorberei-<br />
tungen sind wir auf sehr viel Wohlwollen<br />
gestossen, viele Organisationen haben<br />
uns aktiv unterstützt. Auch die Lehrer<br />
waren beeindruckt, als sie realisiert<br />
haben, dass wir die Aktionstage in eigener<br />
Regie und aus Überzeugung organisieren.<br />
MErcator nEws ⁄ 2<strong>01</strong>2 findet Mondopoly<br />
wieder statt. Was sind Ihre Ziele?<br />
katrin pFrundEr ⁄ Die Grundziele bleiben<br />
natürlich auch 2<strong>01</strong>2 erhalten: Wir möch -<br />
ten Türen öffnen, die im Alltag ver schlossen<br />
bleiben und dadurch Vorurteile ab-<br />
bauen. Hinzu kommt, dass wir Mondopoly<br />
für die Stadt Zürich nachhaltig gestalten<br />
und institutionalisieren wollen. So haben<br />
wir zum Beispiel zwei neue Präsidenten<br />
gewählt, die frischen Wind bringen und<br />
eine neue, klar aufgeteilte Struktur erlauben.<br />
Ausserdem möchten wir von der<br />
ersten Veranstaltung lernen und den An-<br />
lass weiter verbessern. Unsere Evaluation<br />
wird uns dabei helfen.<br />
bildEr<br />
links ⁄ Ob Werkstatt oder Küche: Die Jugendlichen<br />
besuchen auch Menschen an ihrem<br />
Arbeitsplatz.<br />
obEn ⁄ Auch körperlich betätigen sich<br />
die Jugendlichen – hier beim asiatischen<br />
Kampfsport.<br />
37
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
38 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
StuDiErEnDE SEtzEn Sich Für DiE<br />
gESEllSchaFt Ein<br />
idEEn und EngagEMEnt allEinE rEichEn nicht aus. studEntischE initiativEn sind auF FinanziEllE<br />
hilFE angEwiEsEn, uM ihrE projEktE zu vErwirklichEn. Mit dEM FördErprograMM<br />
‹EngagiEr dich!› untErstützt diE stiFtung MErcator schwEiz studiErEndE in ihrEM gEsEllschaFtlichEn<br />
EngagEMEnt. 13 vorbildlichE projEktE wurdEn iM hErbstsEMEstEr 2<strong>01</strong>0 Für<br />
EinE FördErung ausgEwählt. TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />
‹ Nur › studieren ist ihnen zu wenig. Sie suchen<br />
nach Herausforderungen neben der Universität.<br />
Sie möchten etwas bewegen. Etwas für die<br />
Gesellschaft tun. Und ‹ nebenbei › etwas Neues<br />
lernen und wertvolle Erfahrungen fürs Be-<br />
rufsleben sammeln. Fragt man Studierende,<br />
warum sie sich in studentischen Initiativen<br />
engagieren, bekommt man diese oder ähnliche<br />
Antworten.<br />
proFEssionEll und vorbildlich ⁄ Viele<br />
Stu dierende entwickeln mit grossem persönlichen<br />
Ein satz vorbildliche Projekte oder<br />
stellen professionelle Veranstaltungen auf die<br />
Beine. In der einjährigen Pilotphase des<br />
Förderprogramms ‹ Engagier dich! › stellt die<br />
<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> studentischen<br />
Initiativen für die Verwirklichung ihrer Vor-<br />
haben 150 000.– Franken zur Verfügung.<br />
Mit bis zu 15 000.– Franken fördert sie einzelne<br />
Projekte. «Diese finanzielle Unterstützung<br />
der Studierenden ist eine Anerken nung für ihr<br />
wertvolles gesellschaftliches Engagement»,<br />
sagt Albert Kesseli, Geschäftsführer der<br />
<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
Die ganzheitliche wissenschaftliche Nach -<br />
wuchsförderung ist der <strong>Stiftung</strong> ein besonderes<br />
Anliegen. Dazu zählt nicht nur die Förderung<br />
akademischer und analytischer Fähigkeiten<br />
von Studierenden, sondern insbesondere auch<br />
die der Handlungs- und Sozialkompetenzen,<br />
die sie bei der Organisation von Projekten er-<br />
langen. Albert Kesseli ist überzeugt: «Die<br />
Studierenden profitieren von ihrem Engagement<br />
– durch die Zusammenarbeit im Team,<br />
durch die Planung des Projekts und den<br />
Kontakt mit anderen Personen oder durch die<br />
Durchführung der Veranstaltung selbst.»<br />
drEi thEMEnbErEichE ⁄ Einmal pro Semester<br />
– jeweils im Frühjahr und Herbst – können<br />
studentische Initiativen ihre Projektideen bei<br />
der <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> einreichen.<br />
Der Eingabeschluss fürs Frühlingssemester<br />
endete am 15. April 2<strong>01</strong>1, bis Anfang Juni<br />
2<strong>01</strong>1 werden die Projekte ausgewählt. Bedingung<br />
für die Förderung durch ‹ Engagier<br />
dich! ›: Die Studierenden müssen Initianten<br />
und treibende Kraft des Vorhabens sein.<br />
Die Projekte dürfen keine kommerziellen Ziele<br />
verfolgen und nicht mit einem akademischen<br />
Leistungsnachweis in Verbindung stehen.<br />
Zudem konzentriert sich die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> auf die Förderung von Projekten in<br />
den drei Themenbereichen ‹ Natürliche<br />
Lebensgrundlagen ›, ‹ Interkulturelle Verständigung<br />
und Integration › sowie ‹ Internatio -<br />
nale Organisationen ›. Dies sind Themen, die<br />
auch in der übrigen Fördertätigkeit der Stif-<br />
tung eine wichtige Rolle spielen.<br />
13 spannEndE projEktE ⁄ Aufgrund dieser Kri-<br />
terien hat die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> im<br />
vergangenen Herbstsemester 13 Projekte zur<br />
Förderung ausgewählt. Darunter ist zum<br />
Beispiel die Internetplattform greenings.ch,<br />
die Studierende des Vereins Generation<br />
Zukunft initiiert haben, um darauf Veranstaltungen<br />
mit Fokus auf ökologischer Nachhaltigkeit<br />
zu veröffentlichen. Oder das Vorhaben
ildEr<br />
obEn ⁄ Studierende von der Universität<br />
St. Gallen treffen im Austauschprojekt ‹ Magellan<br />
› auf junge Menschen aus Lateinamerika.<br />
untEn ⁄ Ziel des ‹ Calcutta-Project › ist es, die<br />
Lebensbedingungen der Ärmsten in der indischen<br />
Metropole Kalkutta zu verbessern. Auch<br />
den interkulturellen Austausch im Medizinbereich<br />
fördern die Projektverantwortlichen<br />
der Universität Basel.<br />
nächstE sEitE ⁄ Bei der Konferenz des<br />
studentischen Vereins oikos beschäftigen sich<br />
die Teilnehmer mit nachhaltigen Geschäftsmodellen.<br />
39
40 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
des Vereins P.I.E.C.E.S der Universität<br />
St. Gallen, das Studierende ermutigt, Sozialprojekte<br />
in Entwicklungsländern zu machen.<br />
Mit Unterstützung von ‹ Engagier dich! ›<br />
or ga nisiert AIESEC Basel unter dem Motto<br />
‹ Global View – One Week of World Issues ›<br />
eine Eventwoche für Studierende und interessierte<br />
Basler, die zentrale aktuelle Diskurse<br />
rund um Globalisierung und nachhaltige Ent-<br />
wicklung thematisiert. Der studentische<br />
Verein oikos hat an der Universität St. Gallen<br />
eine zweitägige Konferenz zum Thema<br />
‹ Business model innovation for a sustainable<br />
future › angeboten.<br />
Ein weiteres Beispiel ist das Projekt<br />
‹ Magellan 2<strong>01</strong>1 › der Studentenschaft der Uni -<br />
versität St. Gallen, das einen Austausch zwi-<br />
schen 40 Studierenden der Universität St. Gallen<br />
und einer brasilianischen Universität herstellt.<br />
Seit 20 Jahren leistet das ‹ Calcutta-Project ›<br />
der Universität Basel einen Beitrag, die Lebens -<br />
bedingungen der Menschen in Kalkutta zu<br />
verbessern und die interkulturelle Verständigung<br />
zwischen Indien und der <strong>Schweiz</strong> durch<br />
Austauschprogramme im Medizinbereich<br />
zu fördern. Im Jubiläumsjahr 2<strong>01</strong>1 unterstützt<br />
‹ Engagier dich! › diese Tätigkeiten.<br />
FinanziEllE untErstützung ⁄ So unterschiedlich<br />
all diese Projekte auch sind – sie haben<br />
etwas gemeinsam: Sie leben aufgrund des aus -<br />
serordentlichen Engagements und der Krea-<br />
tivität von Studierenden. Und sie alle sind auf<br />
finanzielle Unterstützung angewiesen. «Stu -<br />
dentische Initiativen erhalten normalerweise<br />
keine finanzielle Hilfe von Universitäten»,<br />
weiss David Züger, der die oikos-Konferenz an<br />
der Universität St. Gallen organisiert hat.<br />
«Deshalb ist eine Förderung für studentische<br />
Initiativen essentiell.» Das betont auch<br />
Ann-Christine Heusch, die sich für das Projekt<br />
‹ Magellan › engagiert: «Ohne die Unterstützung<br />
von ‹ Engagier dich! › wäre unser Projekt<br />
wohl kaum durchführbar.»<br />
EngagiEr Dich!<br />
www.EngagiEr-dich.ch<br />
‹ Engagier dich! › ist ein Programm der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> zur Förderung studen ti -<br />
scher Initiativen. Studierende können für ihre<br />
geplanten Projekte finanzielle Unterstützung<br />
beantragen. Das Programm soll sie dazu<br />
an regen, sich mit gesellschaftlich relevanten<br />
Themen zu befassen. Es soll junge Menschen<br />
unterstützen, neben ihrem Studium Verantwortung<br />
zu übernehmen. Bei der Förderung<br />
werden Schwerpunkte in den Themenbereichen<br />
‹ Natürliche Lebensgrundlagen ›, ‹ Inter-<br />
kulturelle Verständigung und Integration ›<br />
sowie ‹ Internationale Organisationen › gesetzt.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Sara Fink und Tobias Oetiker<br />
+41 (0) 44 206 55 80<br />
s.fink@stiftung-mercator.ch<br />
t.oetiker@stiftung-mercator.ch
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
EngagEmEnt<br />
nEbEn<br />
DEm StuDium<br />
ErFahrungEn von drEi studiErEndEn<br />
david zügEr<br />
OiKOS CONfERENCE, uNivERSiTäT ST. gAllEN<br />
Nach meinen ersten Semesterprüfungen im<br />
Winter 2009/2<strong>01</strong>0 an der Universität St. Gallen<br />
hatte ich das Gefühl, dass mir ein greifbares<br />
Resultat fehlte. Ich hatte mich lange und inten-<br />
siv auf die Prüfungen vorbereitet und am Ende<br />
hielt ich lediglich ein A4-Blatt mit meinen<br />
Noten in den Händen. Das war mir zu wenig.<br />
Deshalb entschied ich mich, die Herausforderung<br />
‹ oikos conference 2<strong>01</strong>0 › anzunehmen.<br />
Ich wusste, dass meine harte Arbeit dort mit<br />
einer sichtbaren und erlebbaren zweitägigen<br />
Veranstaltung belohnt wird. Ziel der 22. Kon -<br />
ferenz war es, die 74 Teilnehmer über das<br />
Thema ‹ Nachhaltige und innovative Geschäftsmodelle<br />
› weiterzubilden. Neben einem abwechslungsreichen<br />
Konferenzprogramm mit<br />
vielen Informationen konnten sie ihr gelerntes<br />
Wissen in Workshops in die Tat umsetzen.<br />
Bei der Organisation der Konferenz habe ich<br />
unglaublich viele Erfahrungen gesammelt<br />
und auch persönlich viel gelernt – von Telefonskills<br />
bis hin zur Budgeterstellung. Ich finde<br />
es ex trem wichtig, dass Universitäten studentisches<br />
Engagement zulassen und fördern.<br />
angEla jorns<br />
CAlCuTTA PROJECT, uNivERSiTäT bASEl<br />
Mit meinem Engagement möchte ich mein an<br />
der Uni erworbenes, eher theoretisches Wissen<br />
konkret anwenden und mich sinnvoll für<br />
benachteiligte Menschen einsetzen. In einem<br />
studentischen Projekt wie dem ‹ Calcutta<br />
Project › treffe ich auf Menschen mit verschiedensten<br />
Hintergründen und Studienrichtungen.<br />
Dabei kann ich viel lernen – Dinge, die ich<br />
mir in einer Vorlesung oder einem Seminar nicht<br />
aneignen könnte. Gerade weil Studierende<br />
eher zu den Privilegierten unserer Gesellschaft<br />
gehören, finde ich es wichtig, dass die All-<br />
gemeinheit etwas von ihrem Wissen, von ihren<br />
Perspektiven und von ihrer Zeit zurückbekommt.<br />
Unser Projekt möchte in Zusammenarbeit<br />
mit seinem indischen Partnerverein<br />
die Gesundheitsversorgung benachteiligter<br />
Bevölkerungsschichten in Kalkutta verbessern.<br />
Das Projekt beruht auf einer Gegenseitig keit:<br />
Nicht nur die ärmeren Bevölkerungsschichten<br />
in Kalkutta profitieren von unseren Aktivitä -<br />
ten, sondern auch wir, die Studierenden. Die<br />
Mitarbeit in einer Entwicklungsorganisation<br />
lehrt mich Dinge, die auch im Arbeitsleben un -<br />
erlässlich sind.<br />
ann-christinE hEusch<br />
MAgEllAN, uNivERSiTäT ST. gAllEN<br />
‹ Nur › zu studieren finde ich mit der Zeit zu<br />
einseitig und theoretisch. Deshalb suche ich<br />
gerne anderweitig Herausforderungen, bei<br />
denen ich praktische Erfahrungen sammeln,<br />
Leute kennen lernen und mich entfalten<br />
kann. An der Universität St. Gallen haben wir<br />
grosses Glück, dass dieses Engagement gefördert<br />
und gut geheissen wird. Gesellschaftliches<br />
Engagement von Studierenden finde ich<br />
sehr wichtig. Man kann damit nicht nur etwas<br />
bewirken, die freiwillige Arbeit bringt einen<br />
auch persönlich weiter. Mit unserem Projekt<br />
‹ Magellan › organisieren wir einen bilatera -<br />
len Austausch zwischen insgesamt 40 Studierenden<br />
der Universität St. Gallen und einer<br />
lateinamerikanischen Universität. Ich finde es<br />
sehr wichtig, andere Kulturen zu kennen, von<br />
diesen zu lernen und einen engen, verständnisvollen<br />
und möglichst auch freundschaftli -<br />
chen Kontakt pflegen zu können. Gerade dies<br />
ist das Hauptziel von ‹ Magellan ›, weshalb<br />
ich mich gerne für das Projekt engagiere. Nicht<br />
zu vergessen der Spass, der die Organisation<br />
des Projekts macht.<br />
41
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
42 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
jugEnDparlamEntE:<br />
mEhr alS DiSkutiErEn<br />
sEit Er ElF jahrE jung war, EngagiErt sich nicola jorio politisch. Er war bErEits MEhrErE<br />
jahrE iM jugEndparlaMEnt sEinEr hEiMatgEMEindE worb aktiv, als Er das präsidiuM<br />
dEs jugEndratEs übErnahM. parallEl dazu ist dEr 22-jährigE studEnt hEutE vorstands-<br />
MitgliEd dEs dachvErbands schwEizEr jugEndparlaMEntE. nicola jorio ist dEr MEinung:<br />
EngagEMEnt lohnt sich, jugEndlichE könnEn in ihrEr gEMEindE viEl bEwEgEn und ihrEn<br />
lEbEnsrauM MitgEstaltEn. TExT ⁄ NiCOlA JORiO, dAChvERbANd SChWEizER JugENdPARlAMENTE<br />
Rund die Hälfte meines jungen Lebens wurde<br />
durch Jugendparlamente geprägt. Mit elf<br />
Jahren bin ich dem Jugendrat Worb (Kanton<br />
Bern) beigetreten, der zu dieser Zeit von<br />
meinem älteren Bruder präsidiert wurde. Mit<br />
zwölf Jahren habe ich mit einem gleichaltrigen<br />
Freund meinen ersten Event organisiert:<br />
eine Unihockeynight mit 200 Spielern und<br />
ebenso vielen Zuschauern. Im Alter von 14<br />
Jahren wurde ich Kassierer unseres Jugendrats<br />
und konnte ein Budget von rund 20 000.–<br />
Franken verwalten. Dadurch habe ich ausserschulisch<br />
die Buchhaltung gelernt, was mir<br />
heute in meinem Wirtschaftsstudium an der<br />
Universität Zürich zugute kommt.<br />
Das Präsidium des Jugendrates Worb<br />
habe ich mit 16 Jahren übernommen. Parallel<br />
dazu war und bin ich Vorstandsmitglied des<br />
Dachverbands <strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente<br />
(DSJ), dem ich seit gut zwei Jahren als Co-<br />
Präsident vorstehe. Durch mein Engagement<br />
habe ich gelernt, mich für meine Ideen, aber<br />
vor allem auch für die Anliegen meines Jugend-<br />
parlamentes und der Worber Jugend stark<br />
zu machen. Ich konnte zahlreiche Erfahrungen<br />
sammeln, die ich ohne Jugendrat wohl nicht<br />
erlangt hätte – zumindest nicht in so kurzer<br />
Zeit und in diesem jungen Alter.<br />
vErnEtzung und austausch ⁄ An meiner ersten<br />
Jugendparlamentskonferenz habe ich mit<br />
zwölf Jahren teilgenommen, seither habe ich<br />
keine der jährlich wiederkehrenden Konferenzen<br />
des DSJ verpasst. Die Jugendparlamentskonferenz<br />
gehört zu den grössten jugendpoli-<br />
tischen An lässen der <strong>Schweiz</strong> und wird gröss-<br />
tenteils von Jugendlichen auf ehrenamt -<br />
licher Basis organisiert. Für die Organisation<br />
dieser grossen Veranstaltung hat die <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> in den vergangenen zwei<br />
Jahren 12 500.– Franken zur Verfügung gestellt.<br />
Rund 120 Jugendparlamentarier aus kommunalen,<br />
regionalen und kantonalen Jugendparlamenten<br />
der ganzen <strong>Schweiz</strong> sowie aus<br />
dem Ausland treffen sich jährlich am letzten<br />
Oktoberwochenende. Auf sie wartet ein breites<br />
Angebot an Workshops, Diskussionsgruppen<br />
und Ausflügen. Die Teilnehmer knüpfen neue<br />
Kontakte, schmieden Pläne für neue Projekte.<br />
Nach der Jugendparlamentskonferenz sind<br />
sie meist doppelt so motiviert, sich für und im<br />
Jugendparlament zu engagieren.<br />
viElE ziElE ⁄ Jugendparlamente sind eine<br />
abwechslungsreiche Möglichkeit der Jugendpartizipation<br />
von und für Jugendliche. Sie<br />
verfolgen nicht nur politische, sondern auch<br />
gesellschaftliche und kulturelle Ziele. Meine<br />
Erfahrungen als Präsident des Jugendrats<br />
Worb haben gezeigt, dass sich die Jugendlichen<br />
nur selten aus politischem Interesse für eine<br />
Mitgliedschaft in einem Jugendparlament be-<br />
geistern lassen. Vielmehr konnte ich die Ju-<br />
gendlichen sehr oft mit Hilfe von gesellschaftlichen<br />
und kulturellen Projekten gewinnen –<br />
zum Beispiel durch die Organisation der<br />
besagten Unihockeynight, durch die Veranstaltung<br />
von Partys und eines Openair-Kinos<br />
oder durch die Realisierung einer Skating-<br />
Anlage.
politischE ErFolgE ⁄ Dank der Nähe zur<br />
kommunalen Politik und zu den Ge-<br />
meindebehörden erkannten auch einige<br />
unserer anfänglich politikscheuen<br />
Mitglieder schnell den persönlichen Nut-<br />
zen der Politik und versuchten, ihre<br />
Projekte auf politischem Weg zum Er folg<br />
zu führen. Der Jugendrat Worb besitzt<br />
ein Motionsrecht in der Legislative,<br />
mit dem er Vorstösse aller Art ins kom-<br />
munale Parlament einbringen kann<br />
und vor dem Plenum vertreten darf. Wir<br />
haben gelernt, geschickt mit dem Jugend-<br />
vorteil umzugehen, aber auch bei Miss-<br />
erfolgen nicht zu resignieren. Unser Vor-<br />
stoss zum Bau eines Skaterparks kann<br />
zum Beispiel als Erfolg bezeichnet werden,<br />
der zur Schaffung einer legalen Graffitiwand<br />
war ein Misserfolg. Auf Wunsch von<br />
einer Gruppe einst politisch desinteressierter,<br />
junger Mädchen wurde die Diskus-<br />
sion über politische Themen zu einem<br />
festen Bestandteil unserer monatlichen<br />
Plenumssitzungen. Politik darf man den<br />
Jugendlichen nicht aufdrängen. Man<br />
muss sie ihnen auf einfache Weise zugäng -<br />
lich machen und auf ihre Bedürfnisse<br />
herunterbrechen.<br />
Jugendparlamente bieten eine optimale<br />
Plattform für junge Menschen, ihren<br />
persönlichen Lebensraum aktiv mitzugestalten.<br />
Ein positiver Nebeneffekt ist ein<br />
weitreichendes politisches und organisatorisches<br />
Wissen, das sich die Jugendlichen<br />
durch ‹ Learning by Doing › aneignen.<br />
Jugendparlamente befinden sich stets<br />
in einem dynamischen Prozess: Erfahrene<br />
Jugendparlamentarier gehen, neue<br />
kommen. Deshalb muss man auf eine<br />
nach haltige Übergabe des erworbenen<br />
Wissens achten. Es kommt nicht selten<br />
vor, dass die Übernahme einer Position<br />
in einem Jugendparlament einem Sprung<br />
ins kalte Wasser gleicht. Aber oft ist ge-<br />
rade das auch etwas Positives! Der Mensch<br />
lernt immer am meisten, wenn er etwas<br />
selbstständig aufbauen muss. Dies gilt<br />
auch für Jugendparlamentarier, die sich<br />
durch ihr Engagement in einem Jugendparlament<br />
ein analytisches und systematisches<br />
Denken aneignen können, das<br />
ihnen im späteren Berufsleben zugute<br />
kommt.<br />
bild<br />
Aus eigener Erfahrung weiss Nicola Jorio:<br />
Jugendparlamente bilden eine optimale Plattform<br />
für junge Menschen, ihren Lebensraum<br />
aktiv mitzugestalten.<br />
DachVErbanD SchwEizEr<br />
jugEnDparlamEntE<br />
www.dsj.ch<br />
Der Dachverband <strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente<br />
(DSJ) vereinigt über 40 kommunale, regionale<br />
und kantonale Jugendparlamente und vertritt<br />
ihre Anliegen auf nationaler Ebene. Er unter-<br />
stützt bestehende Jugendparlamente, fördert<br />
und begleitet Neugründungen. Nationale<br />
Arbeitsgruppen, Konferenzen wie die jährliche<br />
dreitägige Jugendparlamentskonferenz, Weiter-<br />
bildungsangebote und Austauschplattformen<br />
bieten rund 1500 Jugendparlamentariern<br />
die Möglichkeit, sich gemeinsam der kommunalen,<br />
kantonalen und nationalen Politik<br />
anzunehmen.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
dachvErband schwEizEr<br />
jugEndparlaMEntE<br />
Nicola Jorio<br />
+41 (0) 31 850 10 26<br />
nicola.jorio@dsj.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Jorge Tamayo<br />
+41 (0) 44 206 55 92<br />
p.tamayo@stiftung-mercator.ch<br />
43
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
jugEnDlichE<br />
inFormiErEn<br />
jugEnDlichE<br />
übEr politik<br />
Easy-abstiMMigsbüEchli<br />
«Die Stimmbeteiligung ist in der<br />
<strong>Schweiz</strong> bei Jugendlichen zwischen<br />
18 und 24 Jahren am geringsten»,<br />
bedauert Alexandra Molinaro. Deshalb<br />
haben die Co-Präsiden tin des Dachverbands<br />
<strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente<br />
(DSJ) und ihre Mitstreiter ein Ziel: «Wir<br />
möchten das politische Inte resse von<br />
Jugendlichen fördern und sie ermutigen,<br />
sich vermehrt an Wahlen und Abstimmungen<br />
zu beteiligen.» Dafür gibt der<br />
Dachverband bald schweizweit das ‹ Easy-<br />
Abstimmigsbüechli › heraus. Dieses<br />
Heft informiert junge Stimmbürger auf<br />
jugendfreundliche, kurze und verständliche<br />
Weise über die jeweils aktuellen<br />
kantonalen und eidgenössischen Abstimmungsvorlagen.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> unterstützt dieses Projekt in den<br />
Jahren 2<strong>01</strong>1 bis 2<strong>01</strong>3 mit 50 000.– Franken.<br />
ErFolg in bErn ⁄ Seit drei Jahren gibt<br />
es das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli › bereits<br />
im Kanton Bern. Mitglieder von sechs<br />
Jugendparlamenten erstellen dort ehren-<br />
amtlich die jugendfreundliche Abstimmungshilfe.<br />
Gemeinden im Kanton kön-<br />
nen das Heft für ihre jungen Einwohner<br />
kostenpflichtig abonnieren, 9000 jugend-<br />
liche Stimmbürger erhalten auf diese<br />
Weise dieses politisch neutrale Heft. Die-<br />
ser grosse Erfolg hat den DSJ ermutigt,<br />
das Projekt auf die ganze <strong>Schweiz</strong> auszu-<br />
weiten und auf Deutsch, Französisch und<br />
Italienisch anzubieten.<br />
44 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
pro und contra ⁄ Inhaltlich wird das<br />
bisherige Format beibehalten: Jeweils<br />
auf einer Doppelseite werden Ausgangslage,<br />
Änderungen und Auswirkungen<br />
sowie Pro und Contra zu den kantonalen<br />
und landesweiten Vorlagen vorgestellt.<br />
«Da die Verfasser des Easy-Abstimmigsbüechlis<br />
selbst Jugendliche sind, in-<br />
formiert es zielgruppengerecht», erklärt<br />
Alexandra Molinaro. Die Projektleitung<br />
des Berner Hefts war bisher ehrenamtlich.<br />
Für die schweizweite Verbreitung wird<br />
eine Geschäftsstelle aufgebaut, die für die<br />
Gesamtkoordination des Projekts zu-<br />
ständig ist. «Der Grossteil der Arbeiten<br />
soll jedoch wie bisher durch die Freiwilligenarbeit<br />
von engagierten Jugendlichen<br />
geleistet werden», betont Alexandra<br />
Molinaro. Diese kommen in erster Linie<br />
aus den Jugendparlamenten und Ju-<br />
gendräten, die im Dachverband organisiert<br />
sind. In Kantonen, in denen es<br />
keine Jugendparlamente gibt, werden<br />
motivierte Jugendliche über Jugendverbände<br />
und Jugendarbeiter zur Mitar-<br />
beit angefragt.<br />
Das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli ›<br />
erscheint vier Mal im Jahr. Das erste<br />
Heft wird für die Volksabstimmungen<br />
vom Mai 2<strong>01</strong>1 für die Kantone Bern,<br />
Basel-Landschaft, Luzern, Thurgau und<br />
Fribourg hergestellt. Die Gemeinden<br />
zahlen für das Abonnement des Hefts;<br />
pro Jugendlichen sind es fünf Franken<br />
im Jahr. Diese Einnahmen sollen auf<br />
Dauer die Kosten für die Produktion der<br />
jugendgerechten Abstimmungshilfe<br />
decken. Die Abstimmigsbüechli werden<br />
den Jugendlichen jeweils etwa zwei<br />
Wochen nach den offiziellen Abstimmungsunterlagen<br />
nach Hause geschickt.<br />
Easy-abstiMMigsbüEchli<br />
Das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli › ist eine jugendfreundliche,<br />
einfach verständliche und neu-<br />
trale Abstimmungshilfe für junge Stimmbürger<br />
zwischen 18 und 24 Jahren. Das Heft wird von<br />
engagierten Jugendlichen zu allen eidgenössischen<br />
und kantonalen Abstimmungsvorlagen<br />
erstellt. Gemeinden können es kostenpflichtig<br />
für ihre jugendlichen Einwohner abon-<br />
nieren. Das ‹ Easy-Abstimmigsbüechli › ist<br />
nicht die erste Publikation des Dachverbands<br />
<strong>Schweiz</strong>er Jugendparlamente, die die <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> unterstützt hat. Die Jung-<br />
parlamentarier haben Mitte August 2<strong>01</strong>0 das<br />
‹ Handbuch Jugendparlamente – von der<br />
Gründung bis zur Umsetzung › auf Deutsch und<br />
Französisch herausgegeben. Es ist ein prak-<br />
tisches Hilfsmittel für Gründer, Jugendarbeiter<br />
und Mitglieder bestehender Jugendparlamente.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
dachvErband schwEizEr<br />
jugEndparlaMEntE<br />
Alexandra Molinaro<br />
+41 (0) 31 850 10 26<br />
alexandra.molinaro@dsj.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Sara Fink<br />
+41 (0) 44 206 55 87<br />
s.fink@stiftung-mercator.ch
schwErpunkt ⁄ fREiWilligES ENgAgEMENT<br />
ES iSt zEit, DankE zu SagEn<br />
diE Motivation von FrEiwilligEn, sich zu EngagiErEn, ist viElFältig: diE arbEit<br />
Macht ihnEn FrEudE, siE lErnEn viEl, ErwEitErn ihrEn horizont. odEr siE MöchtEn<br />
dEr gEsEllschaFt EinFach Etwas zurückgEbEn. das EuropäischE jahr dEr FrEiwilligEnarbEit<br />
2<strong>01</strong>1 ist EinE gElEgEnhEit, das wirkEn diEsEr MEnschEn in dEn Fokus<br />
zu stEllEn – und ihnEn Für ihrE wErtvollEn tätigkEitEn dankE zu sagEn.<br />
TExT ⁄ ChRiSTA MARKWAldER, NATiONAlRäTiN<br />
Das europäische Jahr 2<strong>01</strong>1 steht im Zei-<br />
chen der Freiwilligenarbeit. Nach dem<br />
UNO-Jahr der Freiwilligenarbeit vor zehn<br />
Jahren haben wir erneut die Gelegenheit,<br />
den Wert der Freiwilligenarbeit in den<br />
Fokus zu rücken. Freiwillig und ehren-<br />
amtlich Tätige leisten einen enorm<br />
wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt<br />
unserer Gesellschaft und tragen bei<br />
zur kulturellen, sportlichen, politischen<br />
und sozialen Vielfalt unseres Landes.<br />
diEnst an dEr gEsEllschaFt ⁄ Oft stellen<br />
wir uns die Frage, was denn freiwillig<br />
und ehrenamtlich arbeitende Menschen<br />
motiviert für ihren Dienst an der Gesell-<br />
schaft. Wir fragen uns, wie wir neue<br />
Freiwillige motivieren können, sich für<br />
günstige Menüs in der Kantine, für<br />
ausleihbare Spielzeuge in der Ludothek,<br />
für die Wiederverwendung von Möbeln in<br />
der Brockenstube oder für den Lese -<br />
genuss von Patienten in der Spitalbibliothek<br />
zu engagieren. Die gleichen Fragen<br />
stellen sich für Nachwuchstrainer in<br />
Sportvereinen, für Initianten von kultu-<br />
rellen Festivals und Dorffesten sowie<br />
für die Milizpolitik. Dieses unbezahlte<br />
Engagement im Bereich Kultur, Sport,<br />
Soziales, Politik und Wirtschaft zeichnet<br />
unser Land aus und hat es gesellschaft -<br />
lich und wirtschaftlich zum Erfolg<br />
geführt.<br />
Für andErE da sEin ⁄ Deshalb ist es im<br />
Rahmen des europäischen Jahrs der<br />
Freiwilligenarbeit besonders angebracht,<br />
den vielfältig engagierten Freiwilligen<br />
von Herzen Danke zu sagen. Wenn<br />
andere ihre Freizeit mit Freunden und<br />
Familie geniessen, sind Freiwillige da<br />
für andere Menschen und für die Gesellschaft<br />
– unbezahlt. Ohne Freiwillige<br />
sähe das öffentliche Leben in der <strong>Schweiz</strong><br />
trist aus. Kein Turnverein, kein Liebhaber-Orchester,<br />
keine traditionellen Feste,<br />
kein Jazz-Keller, keine Betreuung von<br />
einsamen Menschen, keine Milizpolitik.<br />
Da die Freiwilligenarbeit so vielfältig<br />
ist, ist es tatsächlich schwierig, gemeinsame<br />
Gründe für die Motivation von Frei -<br />
willigen zu finden. Diese Frage ist aber<br />
wichtig für die aktuelle und künftige<br />
Förderung von Freiwilligenarbeit, gerade<br />
im europäischen Freiwilligenjahr 2<strong>01</strong>1.<br />
Es mag sein, dass Freiwillige mit dieser<br />
Tradition in ihrer Familie aufgewachsen<br />
sind und gelernt haben, dass man der<br />
Gesellschaft, von der man so vieles erhält,<br />
auch etwas zurückgeben soll. Es mag<br />
sein, dass Freiwillige in ihrer ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit mindestens ebenso viel<br />
Freude erfahren wie in ihrer bezahlten<br />
beruflichen Arbeit. Es mag sein, dass sie<br />
merken, dass ihnen ihr freiwilliges En-<br />
gagement den Erwerb von neuen Fähig -<br />
keiten ermöglicht und dass sie ihren<br />
Horizont erweitern können.<br />
Nichtsdestotrotz ist Dankbarkeit<br />
die wichtigste und motivierendste<br />
Anerkennung des unbezahlten Engagements.<br />
bild<br />
Nationalrätin Christa Markwalder (FDP) ist Co-<br />
Präsidentin der parlamentarischen Gruppe<br />
‹ Freiwilligenarbeit und Ehrenamt ›. Von 2004<br />
bis 2008 präsidierte sie das Forum Freiwilligenarbeit,<br />
eine Plattform zur Förderung, Anerkennung<br />
und Vernetzung der freiwilligen und<br />
ehrenamtlichen Arbeit in der <strong>Schweiz</strong>.<br />
45
FördErbErEich ⁄ WiSSENSChAfT STäRKEN<br />
pFlanzEnwiSSEnSchaFtlEr<br />
zwiSchEn ForSchung unD politik<br />
ihrE ForschungsErgEbnissE sollEn EinEn dirEktEn nutzEn habEn und zur lösung von<br />
uMwEltproblEMEn bEitragEn. daFür arbEitEn viEr doktoriErEndE dEs ‹zurich-basEl plant<br />
sciEncE cEntErs› nicht nur an ihrEn dissErtationEn, siE sind iM rahMEn dEs psc-MErcator-phd-FEllowships<br />
‹bridging plant sciEncEs and policy› gEziElt an dEr schnittstEllE<br />
zur politik tätig. TExT ⁄ ANdREA PfiSTERER, PlANT SCiENCE CENTER<br />
Vier Doktorierende der Pflanzenwissenschaften<br />
in Zürich und Basel verfolgen ganz spezielle<br />
Projekte: Sie schreiben nicht nur drei Jahre<br />
ihre Doktorarbeit. Ihre Forschung wird auch<br />
einen direkten Nutzen für die Umsetzung<br />
in Biodiversitäts-, Klima- oder Umweltschutz<br />
haben. Zudem werden sie ein sechsmonatiges<br />
Praktikum absolvieren und basierend auf<br />
ihren Forschungsresulta ten ein Diskussionspapier,<br />
ein so genanntes Grünbuch, ver fassen.<br />
Auch die Mitwirkung an einer öffentlichen<br />
Veranstaltung in ihren Themenbereichen ge-<br />
hört zu den Aufgaben der Doktorierenden.<br />
nEuartigE idEE ⁄ Das ‹ Zurich-Basel Plant<br />
Science Center › (PSC) traf bei der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> mit dieser neuartigen<br />
Idee eines Promotionsprogramms auf offene<br />
Ohren, und so wurden die PSC-<strong>Mercator</strong>-<br />
PhD-Fellowships ‹ Bridging Plant Sciences and<br />
Policy › mit vier Forschungsstipendien ins<br />
Leben gerufen. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
unterstützt dieses Programm in den Jahren<br />
2<strong>01</strong>1 bis 2<strong>01</strong>4 mit 758 000.– Franken. Die ein-<br />
zelnen Doktorarbeiten sind eingebettet in<br />
das spezialisierte PSC-PhD-Programm ‹ Plant<br />
Sciences and Policy ›. Darin haben die Stipendiaten<br />
die Möglichkeit, Kompetenzen für<br />
die politische Arbeit zu lernen, eine grundlegende<br />
Einführung in Politikwissenschaften zu<br />
erhalten und nationale oder internationale<br />
Konferenzen an der Schnittstelle von Pflanzenwissenschaften<br />
und Politik zu besuchen.<br />
Aufgebaut und koordiniert wird das Kursprogramm<br />
von Andrea Pfisterer und Melanie<br />
Paschke vom PSC. Für die Workshops ziehen<br />
sie jeweils Experten aus Wissenschaft, Poli tik<br />
oder NGOs bei, um einen aktuellen Praxisbezug<br />
zu gewährleisten.<br />
viElFältigE ForschungsthEMEn ⁄ Themen,<br />
Forschungsmethoden und Kooperationspartner<br />
sind breit angelegt. Sehr international ist<br />
das Projekt ‹ Umfassende Tradeoff-Analyse der<br />
REDD+- Umsetzung › von Professor Jaboury<br />
Ghazoul und Dr. Lian Pin Koh an der ETH<br />
Zürich. Der Doktorand John Garcia Ulloa wird<br />
anhand von Daten aus Kolumbien, Indonesien<br />
und der Demokratischen Republik Kongo<br />
Modelle zur Erforschung der ökologischen und<br />
sozioökonomischen Risiken und Chancen<br />
bei der Anwendung des Instruments ‹ REDD+ ›<br />
erstellen. Der so genannte REDD+-Prozess<br />
bewertet Emissionen aus der Entwaldung mo-<br />
netär. «Wie bei der nachhaltigen Nutzung<br />
von Wäldern die Vorteile für die landwirtschaftliche<br />
Produktion, den Waldschutz, die Erhal-<br />
tung der Artenvielfalt und die wirtschaftliche<br />
Entwicklung maximiert werden können, ist<br />
eine wichtige Frage in diesem Forschungsprojekt»,<br />
erklärt Professor Jaboury Ghazoul.<br />
«Unser Projekt verbindet ein regionales<br />
gesellschaftliches Anliegen, nämlich den<br />
Kultur landverlust durch Verbuschung mit<br />
Grünerlen im Alpenraum, mit einem sehr<br />
aktuellen Problembereich, dem Biodiversitätsverlust»,<br />
sagt Dr. Erika Hiltbrunner. Zusammen<br />
mit Professor Christian Körner leitet sie<br />
an der Universität Basel das Projekt ‹ ALNEX:<br />
Das Erlen-Problem und die Überschreitung der<br />
47
FördErbErEich ⁄ WiSSENSChAfT STäRKEN<br />
bildEr<br />
Sie forschen an der Schnittstelle zwischen<br />
Pflanzenwissenschaften und Politik: Die Doktorierenden<br />
John Garcia Ulloa, Tobias Bühlmann<br />
und Sonja Hassold (Bilder von links) schätzen<br />
die Möglichkeiten, die ihnen die <strong>Mercator</strong>-<br />
Fellowships bieten.<br />
48 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
kritischen Belastungen durch Stickstoff in<br />
den Alpen ›, an dem der Doktorand Tobias Bühl-<br />
mann beteiligt ist. Die wissenschaftlichen<br />
Arbeiten in alpiner Ökologie finden dank ihrer<br />
politischen Verankerung eine Anwendung,<br />
zum Beispiel in Form von empfohlenen Grenz-<br />
werten für Stickstoff in verschiedenen Ökosystemen.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Zoo Zürich<br />
und dem Sekretariat des Washingtoner Arten-<br />
schutzübereinkommens geht es im Projekt von<br />
Professor Alex Widmer von der ETH Zürich<br />
darum, eine Methode in Form einer so genann-<br />
ten DNA-Etikettierung zu entwickeln, um sel-<br />
tene Holzarten zuverlässig identifizieren<br />
und dadurch dem illegalen Abholzen gefährdeter<br />
Arten Einhalt gebieten zu können. Die<br />
Forschungsresultate sind wichtig, um international<br />
bindende Regulierungen für den<br />
Schutz von tropischen Hölzern zu entwickeln,<br />
und um die Möglichkeit zu haben, das Holz<br />
aus illegaler Abholzung zu bestimmen und zu<br />
beschlagnahmen. An diesem Projekt arbeitet<br />
die Doktorandin Sonja Hassold.<br />
Einzig das Projekt ‹ Einflüsse von Um-<br />
welt faktoren auf das Waldwachstum in der<br />
<strong>Schweiz</strong> › sucht noch einen Doktorierenden. Das<br />
Forschungsvorhaben von Professorin Nina<br />
Buchmann von der ETH Zürich in Zusammenarbeit<br />
mit dem Bundesamt für Umwelt möchte<br />
umfangreiche Datenbanken über das Waldwachstum<br />
miteinander verbinden. Dadurch soll<br />
das tatsächliche Wachstum des <strong>Schweiz</strong>er<br />
Waldes direkter und zeitgenau erfasst sowie mit<br />
möglichen Umwelteinflüssen in Verbindung<br />
gebracht werden. Ziel sind auch Prognosen für<br />
zukünftige Entwicklungen.<br />
willkoMMEnEs prograMM ⁄ Die beteiligten<br />
Professoren begrüssen das <strong>Mercator</strong>-Stipendienprogramm:<br />
«Die Stipendien bieten eine<br />
willkommene Gelegenheit, Forschung in einem<br />
transdisziplinären und politischen Rahmen<br />
durchzuführen», erklärt Professor Jaboury<br />
Ghazoul. Die Studenten erweitern ihren Erfah-<br />
rungshorizont und können sich mit den<br />
Realitäten des Umweltmanagements auseinandersetzen.<br />
«Dies wiederum ebnet den Weg<br />
für die Bereitstellung von leichter interpretierbaren<br />
Forschungsresultaten, die politisch<br />
umgesetzt werden und zur Lösung von Um-<br />
welt problemen beitragen können», betont<br />
der Professor. Insbesondere die Vernetzung<br />
und der Austausch zwischen den Universitäten<br />
mit politisch aktiven Institutionen und Bundes-
ämtern begrüsst Dr. Erika Hiltbrunner. «Das<br />
wird selten gefördert. Hier leistet das Programm<br />
einen wichtigen Beitrag.» Professorin<br />
Nina Buchmann spricht begeistert über die<br />
Möglichkeiten, die sich für ihre Doktorierenden<br />
eröffnen: «Die Fellowships ermöglichen<br />
es den Doktorierenden, Wissenschaft nahe an<br />
die Umsetzung zu bringen. Sie schliessen eine<br />
Lücke für all diejenigen, die bereits vor bezie -<br />
hungsweise während der Doktorarbeit wissen,<br />
dass sie später an der Schnittstelle Wissenschaft-Politik<br />
oder Wissenschaft-Gesellschaft<br />
arbeiten wollen.»<br />
plant SciEncE cEntEr<br />
www.plantsciEncEs.ch<br />
Das Kompetenzzentrum für Pflanzenwissenschaften<br />
der Universitäten Zürich und Basel<br />
sowie der ETH Zürich bildet mit seinen 26 For-<br />
schungsgruppen und 700 Mitarbeitenden<br />
ein international bedeutendes Netzwerk. Das<br />
Plant Science Center (PSC) vereint alle Diszi-<br />
plinen der Pflanzenwissenschaften: Evolution,<br />
Genetik, Ökologie, Agrarwissenschaften, Bio-<br />
chemie, Biotechnologie, Physiologie, Pflanzen-<br />
medizin und Systematik. Diese Vielfalt bietet<br />
eine einmalige Chance für interdisziplinäre<br />
Forschung.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
plant sciEncE cEntEr<br />
Andrea Pfisterer<br />
+41 (0) 44 632 02 71<br />
andreapf@ethz.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Sara Fink<br />
+41 (0) 44 206 55 87<br />
s.fink@stiftung-mercator.ch<br />
49
FördErbErEich ⁄ WiSSENSChAfT STäRKEN<br />
DoktoriErEnDE StEllEn<br />
ihrE arbEitEn Vor<br />
zuM viErtEn Mal hat dEr lEhrstuhl Für nachhaltigkEit und tEchnologiE dEr Eth<br />
zürich voM 16. bis 21. januar 2<strong>01</strong>1 sEinE ‹ phd acadEMy › organisiErt. traditionEll<br />
stEht das thEMa kliMawandEl iM zEntruM dEr vEranstaltung. 15 intErnationalE<br />
doktoriErEndE habEn ihrE arbEitEn diskutiErt. tEilnEhMEr und naMhaFtE proFEssorEn<br />
gabEn ihnEn hilFrEichE rückMEldungEn. TExT ⁄ TiMO buSCh, ETh züRiCh<br />
Wie wirken sich Massnahmen zur An-<br />
passung an den Klimawandel auf Unter-<br />
nehmen aus? Was ist der Einfluss poli-<br />
tischer Fördermassnahmen im Bereich<br />
erneuerbarer Energien auf Unternehmensstrategien?<br />
Und inwiefern trägt die<br />
Kooperation zwischen Firmen zu einer<br />
verstärkten Emissionsreduktion bei?<br />
Dies sind nur drei von zahlreichen Fragen,<br />
die vom 16. bis zum 21. Januar 2<strong>01</strong>1 im<br />
Mittelpunkt der einwöchigen ‹ ETH PhD<br />
Academy on Sustainability and Technology<br />
› im Monte Verità Konferenzzentrum<br />
in Ascona standen. Unter dem Motto ‹ Cli-<br />
mate Change Mitigation and Adaptation:<br />
An Organizational Science Perspec tive ›<br />
stellten dort 15 Doktorierende aus Europa<br />
und den USA ihre Arbeiten im Bereich<br />
der wirtschaftswissenschaftlichen Nach-<br />
haltigkeitsforschung vor. Sie disku tierten<br />
ihre Forschungsvorhaben mit den Pro-<br />
fessoren Volker Hoffmann (ETH Zürich),<br />
James P. Wals (University Michigan) und<br />
Irene Henriques (York University,<br />
Toronto).<br />
viErtE akadEMiE ⁄ Es war die mittlerweile<br />
vierte ‹ PhD Academy ›, die der Lehr stuhl<br />
für Nachhaltigkeit und Technologie<br />
der ETH Zürich organisiert hat. Wie die<br />
vorangegangenen drei Akademien stand<br />
auch diese Veranstaltung im Zeichen<br />
des globalen Klimawandels. Während sich<br />
die früheren Akademien vor allem mit<br />
der Frage beschäftigten, wie sich der nega-<br />
50 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
tive Einfluss wirtschaftlichen Handelns<br />
auf Klima und Umwelt eingrenzen<br />
lässt, rückte bei der Akademie 2<strong>01</strong>1 die<br />
Anpassung an den Klimawandel in<br />
den Vordergrund. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> unterstützt die ‹ PhD Academy ›<br />
in den Jahren 2<strong>01</strong>1 bis 2<strong>01</strong>3 mit 30 100.–<br />
Franken.<br />
«Ziel der Veranstaltungsserie ist<br />
die Förderung herausragender Doktorierender,<br />
um diese auf verantwortungs -<br />
volle Positionen in Wirtschaft und Gesell-<br />
schaft vorzubereiten», erklärt Professor<br />
Volker Hoffmann. Hierzu stellte jeder der<br />
Teilnehmer sein Forschungsvorhaben<br />
vor und erhielt ein detailliertes Feedback.<br />
Am letzten Tag der Akademie fand eine<br />
Diskussionsrunde mit Unternehmensvertretern<br />
statt, um die Teilnehmer für<br />
aktuelle Probleme aus der Praxis zu sen-<br />
sibilisieren und im Gespräch mit den<br />
Unternehmen Lösungswege zu thematisieren.<br />
zahlrEichE anrEgungEn ⁄ Die Resonanz<br />
auf die Akademie war sowohl auf Seiten<br />
der Doktorierenden als auch der Professoren<br />
äusserst positiv. Im Rahmen vieler<br />
Diskussionsrunden und persönlicher Ge-<br />
spräche konnten die Doktorierenden von<br />
dem umfangreichen Erfahrungs- und<br />
Wissensschatz der Professoren profitieren<br />
und erhielten viele Anregungen für ihre<br />
weitere Forschung. Die Professoren waren<br />
beeindruckt von den spannenden Diskus-<br />
sionen sowie der grossen Einsatzbereitschaft<br />
der Doktorierenden.<br />
Eth phD acaDEmy<br />
www.sustEc.Ethz.ch<br />
Im Rahmen der Forschung und Lehre konzentrieren<br />
sich die Mitarbeiter des Lehrstuhls für<br />
Nachhaltigkeit und Technologie der ETH Zürich<br />
auf die globale Herausforderung einer nach-<br />
haltigen Entwicklung. Thematisch befassen sich<br />
die meisten der wissenschaftlichen Arbeiten<br />
mit zwei drängenden ökologischen Herausforderungen:<br />
dem globalen Klimawandel und<br />
der Verknappung der verfügbaren Energiereserven.<br />
Im Fokus der Forscher stehen dabei<br />
Unternehmen. Zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlern<br />
in diesem Bereich organi siert<br />
der Lehrstuhl regelmässig die ‹ PhD Academy ›,<br />
an der Doktorierende und namhafte Wissenschaftler<br />
die Forschungsarbeiten der Teilnehmer<br />
diskutieren.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
Eth zürich<br />
Dr. Timo Busch<br />
+41 (0) 44 632 05 53<br />
tobusch@ethz.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Sara Fink<br />
+41 (0) 44 206 55 87<br />
s.fink@stiftung-mercator.ch<br />
bild<br />
Neben dem inhaltlichen Programm wartete<br />
auch eine Schneeschuhwanderung auf die<br />
Doktorierenden. Hier machen die Teilnehmer<br />
Rast oberhalb des Lago Maggiore.
FördErbErEich ⁄ KiNdER uNd JugENdliChE föRdERN<br />
SchulEn mit VorbilDFunktion<br />
Mut und innovationsgEist wErdEn bElohnt: Für ihrE vorbildlichEn schulEntwick-<br />
lungsMassnahMEn hat das projEkt ‹schulEn lErnEn von schulEn › drEi schulhäusEr<br />
iM kanton zürich ausgEzEichnEt. diE sEkundarschulE pEtErMoos in buchs<br />
und diE priMarschulE huttEn in zürich ErhiEltEn jE EinEn ErstEn prEis Für ihrE<br />
wEgwEisEndEn schulModEllE, diE priMarschulE birMEnsdorF FrEut sich übEr<br />
EinEn zwEitEn prEis Für ihr projEkt zur stärkung dEr EltErnMitwirkung.<br />
TExT ⁄ NAdiNE fiEKE, STifTuNg MERCATOR SChWEiz<br />
«Am Anfang steht die Idee», sagt Ueli<br />
Müller. «Diese reift, von ihr muss man<br />
überzeugt und begeistert sein – dann<br />
wird der Funke zu einem Feuer.» Seit<br />
einigen Jahrzehnten bereits gilt die<br />
Sekundarschule Petermoos als innovative<br />
Kraft in der Schullandschaft. Immer<br />
wieder hat die Schule in Buchs mit mo-<br />
dernen und mutigen Ansätzen von<br />
sich reden gemacht. Einige Jahre war<br />
Ruhe – jetzt hat sich die Schule zurückgemeldet:<br />
mit einem neuen Schulmodell,<br />
das individuelles und leistungsdurchmischtes<br />
Lernen der Schüler<br />
in den Mittelpunkt stellt. «Unser wich-<br />
tigstes Ziel ist es, unsere Schüler auf die<br />
sich stetig ändernden Anforderungen<br />
der Berufswelt und der Anschlussschulen<br />
vorzubereiten», betont der Co-Schulleiter<br />
von Petermoos.<br />
nEuE ansätzE ⁄ Das neue Lernkonzept<br />
mit einer Mischung aus geführtem Unterricht<br />
und individuellem Studium im Lern-<br />
atelier überzeugte die Jury des Projekts<br />
‹ Schulen lernen von Schulen › (sls). Sie<br />
zeichnete die Sekundarschule Petermoos<br />
am 26. Januar 2<strong>01</strong>1 im Rahmen einer<br />
feierlichen Veranstaltung im Kunsthaus<br />
Zürich mit einem ersten Preis im Wert<br />
von 40 000.– Franken aus. «Mit dem Geld<br />
können wir zum Beispiel ein Vikariat<br />
bezahlen und die Lehrer entlasten», er-<br />
klärt Co-Schulleiter Ralph Zollinger.<br />
«So bekommt das Kollegium Zeit, das<br />
Projekt weiterzuentwickeln.» Wie die<br />
Schule aus Buchs überzeugte auch<br />
die Primarschule Hutten aus Zürich mit<br />
ihrem Schulmodell: Unterrichtet<br />
wird dort mit der Didaktik des Dialogischen<br />
Lernens, das die Schüler auf<br />
besondere Weise in ihren Lernprozessen<br />
begleitet und fördert. Mit dem Projekt<br />
‹ Multikulturella › gelang es der Primarschule<br />
Birmensdorf, die Eltern intensiver<br />
in das Schulleben zu integrieren – ein<br />
zweiter Preis (20 000.– Franken).<br />
«Ich bin beeindruckt von der inno-<br />
vativen Kraft, mit der die Schulen Neues<br />
auf die Beine stellen», lobt die operative<br />
Projektleiterin von ‹ Schulen lernen von<br />
Schulen ›, Enikö Zala-Mezö. «Drei<br />
wunderbare Projekte bringen nun neue<br />
Themen in den Kreis der mittlerweile 17<br />
Preisträger.» Seit dem Jahr 2008 zeichnet<br />
sls vorbildliche und nachahmenswerte<br />
Schulentwicklungsmassnahmen im Kan-<br />
ton Zürich aus und prämiert diese mit<br />
10 000 bis 40 000.– Franken. Das Ziel des<br />
Projekts, das die PH Zürich in Zusammenarbeit<br />
mit dem Volksschulamt Zürich<br />
und mit Unterstützung der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> durchführt: Gut funk-<br />
tionierende lokale Lösungen mit Hilfe<br />
der Fördergelder weiterzuentwickeln<br />
und anderen Schulen zugänglich zu ma-<br />
chen. Mit den Auszeichnungen wer-<br />
den die Anstrengungen der Schulen nicht<br />
nur honoriert, sie werden öffentlich<br />
gemacht.<br />
51
FördErbErEich ⁄ KiNdER uNd JugENdliChE föRdERN<br />
mit unserem eingeleiteten schulentwicklungsprozess<br />
brechen wir zu neuen Horizonten auf. wir<br />
sind überzeugt, mit den neuen strukturen unsere<br />
schulqualität noch weiter steigern zu können.<br />
uEli MüllEr und ralph zollingEr ⁄ CO-SChullEiTER SEKuNdARSChulE PETERMOOS<br />
vonEinandEr lErnEn ⁄ Was ist eine gute<br />
Schule? Wie können Schulen voneinander<br />
lernen? «Diese Fragen beschäftigen<br />
uns intensiv», erklärt sls-Mitarbeiterin<br />
Bettina Diethelm von der PH Zürich.<br />
Die drei Siegerschulen 2<strong>01</strong>1 geben mit<br />
ihren innovativen Ansätzen drei inte ressante<br />
Antworten auf die erste Frage.<br />
Wie Schulen voneinander lernen können,<br />
sei hingegen schwieriger zu beantworten.<br />
«Doch wir sind dieser Frage auf der<br />
Spur», macht Bettina Diethelm Mut.<br />
Mit den jährlich durchgeführten Vernetzungstagungen<br />
hat das Projekt sls ein<br />
wirkungsvolles Instrument geschaffen,<br />
das den Wissenstransfer zwischen<br />
Schulen stärkt. Am Samstag, 19. März<br />
2<strong>01</strong>1, fand in den Räumen der PH<br />
Zürich wieder eine solche Tagung statt.<br />
Das Thema: ‹ Individuelles und soziales<br />
Lernen ›.<br />
«Um das Lernen als individuellen<br />
Prozess zu unterstützen, sind Unterrichtsformen<br />
notwendig, die auf unterschiedliche<br />
Bedürfnisse und Fähigkeiten<br />
der Schüler eingehen», erklärt Bettina<br />
Diethelm. Gleichzeitig ist Lernen ein<br />
sozialer Prozess, der durch Lernanreize,<br />
Unterstützung und die Gestaltung des<br />
schulischen Umfelds angeregt wird. Wie<br />
beide Aspekte des Lernens zusammenhängen<br />
und wie man sie im Schulumfeld<br />
optimal zusammenbringen kann, disku-<br />
tierten die Teilnehmer der Tagung unter-<br />
einander – und mit den neuen Preisträ-<br />
52 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
gerschulen. Diese haben an diesem Tag<br />
nicht nur ihre Projekte präsentiert. In<br />
sechs thematischen Workshops erörterten<br />
sie zusammen mit den anderen Tagungsteilnehmern<br />
wichtige Fragen rund um<br />
die Themen ‹ Lernumgebungen für indivi-<br />
duelles Lernen ›, ‹ Chancen von heterogenen<br />
Lerngruppen ›, ‹ Lernbegleitung ›,<br />
‹ Unterschiedliche Schullaufbahnen<br />
von Kindern ›, ‹ Lernen reflektieren › und<br />
‹ Lebens- und Erfahrungsraum Schule:<br />
Regeln, Rituale, Zugehörigkeit ›. «Durch<br />
den direkten Austausch lernen die Schul-<br />
vertreter von den Erfahrungen ande rer<br />
Schulen», sagt Bettina Diethelm. «Sie<br />
können Ideen aufnehmen, Konzepte wei-<br />
terentwickeln und an eigene Bedürfnisse<br />
anpassen.»<br />
bildEr<br />
links ⁄ Die Schulleiter der Sekundarschule<br />
Petermoos, Ralph Zollinger (links) und Ueli<br />
Müller, freuen sich über einen ersten Preis.<br />
Sie möchten ihr innovatives Schulmodell, das<br />
auf individuelles und leistungsdurchmischtes<br />
Lernen baut, weiterentwickeln.<br />
rEchts ⁄ Interessiert verfolgen die Gäste der<br />
Preisverleihung die Ausführungen der Preisträger<br />
und der Verantwortlichen der PH Zürich<br />
(Bild unten). Zwei Schülerinnen schauen sich<br />
die Stelltafeln mit Informationen der Siegerprojekte<br />
an (Bild oben).<br />
SchulEn lErnEn Von SchulEn<br />
www.projEkt-sls.ch<br />
Mit dem Projekt ‹ Schulen lernen von Schulen ›<br />
(sls) möchte die Pädagogische Hochschule<br />
Zürich in Kooperation mit dem Volksschulamt<br />
des Kantons Zürich Erfahrungen und Produkte<br />
aus innovativen lokalen Unterrichts- und<br />
Schulprojekten für andere Schulen zugänglich<br />
machen. Dafür findet jährlich ein Preisausschreiben<br />
statt, in dem vorbildliche Schulmassnahmen<br />
im Kanton Zürich mit Geldpreisen<br />
im Gesamtwert von bis zu 200 000.– Franken<br />
ausgezeichnet werden. Die prämierten Pro -<br />
jekte werden mit Hilfe der Fördergelder weiterbearbeitet.<br />
Ziel ist es, auf andere Schulen<br />
übertragbare Formate zu entwickeln. Durch<br />
das Projekt sls werden die Schulen ausserdem<br />
untereinander und mit der Hochschule<br />
vernetzt. So findet ein fruchtbarer Austausch<br />
zwischen Praxis und Forschung statt.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
ph zürich, koordinationsstEllE<br />
projEkt-sls<br />
Bettina Diethelm<br />
+41 (0) 43 305 61 08<br />
projekt-sls@phzh.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Nadine Felix<br />
+41 (0) 44 206 55 83<br />
n.felix@stiftung-mercator.ch
SiEgErSchulEn 2<strong>01</strong>1<br />
1. prEis: sEkundarschulE<br />
pEtErMoos, buchs<br />
«Schulisches Lernen und schulische Leistung<br />
haben in der Sekundarschule Petermoos einen<br />
hohen Stellenwert», bescheinigt die Jury des<br />
Projekts sls dem Oberstufenschulhaus aus<br />
Buchs. Unterricht findet zum einen geführt in<br />
Klassen statt, andererseits lernen die Schüler<br />
individuell und leistungsdurchmischt in Lern-<br />
ateliers. Die individuellen Leistungsziele der<br />
Schüler sind den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen<br />
der Jugendlichen angepasst. Die<br />
jeweiligen Lernprozesse und Lernwege werden<br />
laufend festgehalten und reflektiert. Dieses<br />
Lernkonzept verlangt ein neues Rollenverständnis<br />
der Lehrpersonen: Sie sind nicht nur Wis-<br />
sensvermittler, sie werden zum Coach. «Gerade<br />
schwächere Schüler gewinnen durch die<br />
stärkenorientierten Rückmeldungen schnell<br />
Lernfreude und entwickeln ein entsprechendes<br />
Selbstbewusstsein», erklärt die Jury.<br />
1. prEis: priMarschulE huttEn, zürich<br />
Die Primarschule Hutten in der Stadt Zürich war<br />
auf der Suche nach einer Didaktik, die es<br />
ermöglicht, einen offenen und motivierenden<br />
Unterricht zu führen. Ziel war es, die Schüler<br />
dort abzuholen, wo sie stehen, sie in ihrem<br />
Lernen zu fordern und gleichzeitig den Druck<br />
des Wettbewerbs innerhalb der Klassen weg-<br />
zunehmen. Als Lösung hat sich die Schule Hut-<br />
ten auf das Konzept des Dialogischen Lernens<br />
ausgerichtet. Die Begleitung der Lernwege<br />
(«Das mache ich so»), das Pflegen des Austau-<br />
sches («Wie machst du es?») und das ge-<br />
meinsame Finden von Regeln und Abmachungen<br />
(«Das machen wir ab») leiten den<br />
Unterricht. «Das strikte Einhalten der Abfolge<br />
ICH-DU-WIR zeigt sich als erfolgreiches Prinzip<br />
für die Förderung und Forderung der Schüler,<br />
die aus einem sehr bildungsnahen Umfeld<br />
kommen», schreibt die Jury in ihrer Bewertung.<br />
Daneben tragen alle Lehrpersonen auch der<br />
Heterogenität innerhalb der Klasse grosse<br />
Rechnung. So werden im Dialogischen Lernen<br />
die Erstaufträge an die Schüler jeweils für<br />
alle gleich formuliert, erst in einem zweiten<br />
Schritt werden Aufträge, Auseinandersetzung<br />
und Erarbeitung so differenziert, dass jedes<br />
Kind gemäss seinem Entwicklungs- und Lern-<br />
stand fähig sein sollte, einen möglichen<br />
Lösungsweg zu finden. Diese Auftrags- und<br />
Rückmeldekultur ermöglicht eine offene<br />
und motivierende Lernatmosphäre.<br />
2. prEis: priMarschulE birMEnsdorF<br />
Die Zusammenarbeit mit den Eltern führte an<br />
der Primarschule Birmensdorf zum Projekt<br />
‹ Multikulturella ›. Dabei wurden für die Schüler<br />
an drei Vormittagen jeweils zehn Workshops<br />
angeboten, wobei jeder Workshop einem Land<br />
und einem kulturellen Schwerpunkt gewid-<br />
met war, und von Eltern aus der entsprechenden<br />
Region gestaltet wurde. Dadurch konnten<br />
sich Eltern innerhalb und über ihren eigenen<br />
Kulturkreis hinaus kennen lernen und Beziehungen<br />
knüpfen. Die Jury erkennt an, dass es<br />
der Schule mit einer durchdachten Projektanlage<br />
gelungen ist, eine breite Elternschaft für<br />
die Anliegen der Schule zu gewinnen und so<br />
den Elternrat aktiv in das Schulleben einzubinden.<br />
«Aus dem Projekt lässt sich lernen, wie<br />
die soziale Heterogenität als Chance genutzt<br />
werden kann», schreibt die Jury.<br />
53
FördErbErEich ⁄ KiNdER uNd JugENdliChE föRdERN<br />
54 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
ErFolgSErlEbniSSE im raDio<br />
siE lErnEn nicht nur das MEdiuM radio kEnnEn. diE tEilnEhMEr dEr workshops ‹ich…<br />
du…wir!› dEr radioschulE klipp+klang sEtzEn sich Mit ihrEM uMFEld ausEinandEr, gEhEn<br />
FragEn nach, diE siE intErEssiErEn, und lErnEn, Mit andErEn MEinungEn uMzugEhEn.<br />
jugEndlichE produziErEn ihrE EigEnE radiosEndung – und ganz nEbEnbEi stärkEn diE<br />
ErFolgsErlEbnissE das sElbstvErtrauEn dEr jungEn radio-MachEr.<br />
TExT ⁄ lOuiSE gRAf, RAdiOSChulE KliPP+KlANg<br />
«Justin Bieber kann leider nicht in die<br />
Sendung kommen», scherzt Natascha. «Wir<br />
haben ihn angefragt, aber ihm ist ein Not-<br />
fall dazwischen gekommen.» Natascha und ihre<br />
Freunde werden aber auch ohne den berühmten<br />
Teenie-Star genügend Material haben,<br />
um ihre eigene Radiosendung zu gestalten.<br />
Zum Beispiel das Interview mit Benjamin<br />
Blaser von der Fachstelle Jugend und Familie<br />
ihrer Gemeinde Köniz. Jan ist gerade dabei,<br />
es zu schneiden. Konzentriert sitzt er am<br />
Computer des Radiostudios RaBe in Bern und<br />
entscheidet, welche Stellen vom Gespräch er<br />
löschen will und welche er behält.<br />
oFFEnE jugEndarbEit ⁄ Wie das Audio-Editierprogramm<br />
funktioniert, hat Jan im Workshop<br />
der Radioschule klipp+klang gelernt. Zusammen<br />
mit Natascha und weiteren Jugendlichen<br />
besucht er einen ‹Ich… Du… Wir! ›-Workshop.<br />
klipp+klang organisiert die zweitägigen<br />
Workshops regelmässig zusammen mit lokalen<br />
Gemeinschaftsradios und der offenen Jugendarbeit.<br />
Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt,<br />
das in den Jahren 2008 und 2009 stattfand, bie-<br />
tet klipp+klang die Workshops nun in der<br />
ganzen <strong>Schweiz</strong> an. Im Kanton Zürich werden<br />
in den Jahren 2<strong>01</strong>0/2<strong>01</strong>1 insgesamt zehn Work-<br />
shops durchgeführt, die die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> mit 26 000.– Franken unterstützt.<br />
In diesen Angeboten werden Jugendliche<br />
ins Radiomachen eingeführt, am Schluss pro-<br />
duzieren sie gemeinsam eine Sendung. Diese<br />
wird über das Internet oder von einem loka-<br />
len Radio ausgestrahlt – in Zürich meist vom<br />
Gemeinschaftsradio LoRa. Ausschnitte aus der<br />
Sendung werden zudem auf der Projekt-Webseite<br />
veröffentlicht. Dort findet sich auch ein<br />
Beitrag, den Jugendliche aus Samstagern beim<br />
Zürichsee im vergangenen Jahr produziert<br />
haben. In einer Strassenumfrage haben sie die<br />
Leute gefragt: «Was würden Sie in Samsta -<br />
gern ändern, wenn Sie könnten?» Aus den<br />
Antworten, die die Jugendlichen zusammengeschnitten<br />
haben, stellt sich schnell heraus,<br />
dass im Dorf Orte fehlen, wo man sich treffen<br />
kann: Cafés, Spielplätze oder eine Disco.<br />
Für die Jugendlichen aus dem Zürcher Lang -<br />
strassen-Quartier sind Gewalt und Drogen<br />
ein Thema. Sie haben eine städtische Sozialarbeiterin<br />
zur aktuellen Situation und zur<br />
Entwicklung ihres Quartiers in den vergangenen<br />
Jahren befragt.<br />
Mit Hilfe des Radioprojekts setzen sich<br />
die Jugendlichen mit ihrem Umfeld auseinander<br />
und bearbeiten Themen, die sie interessieren.<br />
Gleichzeitig lernen sie, mit unterschiedlichen<br />
Meinungen umzugehen. Und vor<br />
allem erfahren sie, dass sie Antworten auf<br />
ihre Fragen erhalten, dass sie sich einbringen<br />
können und ernst genommen werden. ‹ Ich…<br />
Du… Wir! › gibt Jugendlichen eine Stimme,<br />
sich mitzuteilen und über ihre Anliegen zu<br />
berichten.<br />
MEhr als Musik ⁄ «Für die meisten Jugendlichen<br />
bedeutet Radio einfach Musik», sagt<br />
Sam. Der Nachwuchs-Sendungsmacher bei<br />
Radio RaBe leitet den Workshop von Jan und<br />
Natascha. «Zu einer richtigen Radiosendung
ildEr<br />
Dass Radio viel mehr ist als Musik, erfahren die<br />
Teilnehmer der Radio-Workshops ‹ Ich… Du…<br />
Wir! ›. Experten führen sie ins Radiomachen<br />
ein – und am Ende produzieren die Jugendlichen<br />
sogar gemeinsam eine eigene Sendung.<br />
55
56 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1
gehören aber nicht nur Songs, sondern<br />
auch Beiträge, Interviews und die<br />
Moderation», erklärt der 18-Jährige. Am<br />
ersten Workshop-Tag hatte er deshalb<br />
mit den Jugendlichen besprochen, welche<br />
Themen sie in ihrer Sendung behandeln<br />
wollen. Der Rahmen für die Themenwahl<br />
war dabei wie immer sehr offen. Die<br />
Jugendlichen haben selbst entschieden,<br />
wie sie ihre Themen umsetzen möchten.<br />
Jugendarbeiter Tom, der die Teilneh -<br />
mer zum Workshop begleitet hat, schätzt<br />
diese Offenheit: «Dies ermöglicht es den<br />
Jugendlichen, sehr kreativ zu arbeiten.»<br />
Die Jugendlichen können ihren Frei-<br />
raum nutzen, wo nötig hilft die Workshop-Leitung<br />
mit methodischen Inputs<br />
und professionellen Tipps. «Die Erfolgserlebnisse<br />
im Workshop stärken das<br />
Selbstbewusstsein der Jugendlichen»,<br />
weiss der Workshop-Leiter. Auch wenn<br />
die Teilnehmer am Anfang oft Berührungsängste<br />
mit dem Medium Radio<br />
haben. «Aber beim Radiomachen merken<br />
sie dann schnell: Das geht schon. Ich<br />
mache das jetzt auf meine Art. Ich kann<br />
das», sagt Sam. Das kann Jan nach<br />
seinem Gespräch mit dem Gemeindevertreter<br />
nur bestätigen: «Vor dem Inter -<br />
view war ich ganz aufgeregt, ob es klappen<br />
würde», erzählt er. Jan hatte die Fragen<br />
zum Thema Jugendtreff vorher vorbereitet<br />
und sein Gesprächspartner war dann<br />
ganz offen. Das Interview ist spannend<br />
geworden. Und Radiomachen gefällt Jan:<br />
«Vor allem das Reden mit den Leuten,<br />
das Interviewen.»<br />
auF sEndung ⁄ Jetzt aber muss er schnell<br />
weiterarbeiten – nur noch eine halbe<br />
Stunde bis zur Sendung! Zusammen mit<br />
Natascha geht Jan den Ablauf durch<br />
und kontrolliert, ob auch alles bereit ist.<br />
Ist die Umfrage zu Justin Bieber fertig<br />
geschnitten? Wie lang ist das Interview<br />
mit Herrn Blaser geworden? Sind alle<br />
Musikstücke da? Und wie sieht es mit den<br />
Moderationstexten aus, die wie ein roter<br />
Faden durch die Sendung führen? Beim<br />
letzten Durchlesen der Moderation merkt<br />
Natascha, dass sie zweimal kurz hintereinander<br />
das Wort ‹ Lied › aufgeschrieben<br />
hat. Sie streicht es einmal durch und er-<br />
setzt es mit ‹ Stück › – so ist’s besser.<br />
Aufgeregt versammelt sich die Grup-<br />
pe im Aufnahmestudio. Und dann geht<br />
es auch schon los: Natascha begrüsst zur<br />
Sendung und kündigt das erste Musikstück<br />
an. Wenig später ist auch Jan das<br />
erste Mal am Mikrofon. Alles läuft gut,<br />
die Anspannung lässt langsam nach.<br />
Freude und Stolz zeichnen sich auf den<br />
Gesichtern der Jugendlichen ab.<br />
57
Die Jugendlichen setzen sich<br />
mit ihren Bedürfnissen auseinander<br />
und erfahren, wie sie ihre ideen<br />
und wünsche in ihrem Umfeld einbringen<br />
können.<br />
louisE graF ⁄ RAdiOSChulE KliPP+KlANg<br />
58 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
raDioworkShopS ‹ich… Du…wir!›<br />
www.klippklang.ch, www.ichduwir.ch<br />
In zweitägigen Workshops der Radioschule<br />
klipp+klang erstellen Jugendliche Audiopor träts<br />
und produzieren eigene Radiosendungen.<br />
Die Sendungen werden ausgestrahlt und Aus-<br />
schnitte daraus auf der Projekthomepage<br />
veröffentlicht. Die Radioschule klipp+klang<br />
führt die Workshops in Zusammenarbeit<br />
mit der offenen Jugendarbeit und lokalen Ra-<br />
dios durch. Die Radioschule organisiert und<br />
koordiniert die Radioausbildung für nicht<br />
kommerzorientierte Lokalradios und veranstaltet<br />
Kurse für verschiedene Privatradios.<br />
klipp+klang betreibt auch Forschung und ini-<br />
tiiert eigene Projekte, insbesondere in den<br />
Bereichen Jugend und Integration. Die Radio-<br />
schule wird vom Verein klipp+klang betrieben<br />
(gegründet 1995) und ist eduqua-zertifiziert.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
radioschulE klipp+klang<br />
Louise Graf<br />
+41 (0) 44 242 00 31<br />
lg@klippklang.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Jorge Tamayo<br />
+41 (0) 44 206 55 92<br />
p.tamayo@stiftung-mercator.ch
FördErbErEich ⁄ KulTuREN vERSTEhEN – TOlERANz lERNEN<br />
VErmittlung zwiSchEn kulturEn<br />
in viElEn situationEn rEicht das rEinE übErsEtzEn nicht aus. in bEratungsgEsprächEn Mit<br />
MigrantEn gEht Es oFt auch daruM, das vErtrauEn zu dEn gEsprächspartnErn auFzubauEn<br />
odEr MissvErständnissE zu klärEn. intErkulturEllE vErMittlEr biEtEn Mit ihrEM pErsönlichEn<br />
hintErgrund und ihrEM FachwissEn lösungsansätzE in diEsEn gEsprächEn. caritas<br />
luzErn bildEt diEsE proFEssionEllEn MittElspErsonEn aus und vErMittElt siE übEr ihrEn<br />
dolMEtschdiEnst. TExT ⁄ MAyA SONdEREggER SOWE, CARiTAS luzERN<br />
Seit dem Jahr 2006 führt Caritas Luzern die<br />
Vermittlungsstelle für interkulturelles Über-<br />
setzen im Auftrag der Zentralschweizer<br />
Kantone. Die interkulturelle Vermittlung war<br />
ursprünglich nicht inbegriffen. Wie wich-<br />
tig jedoch in vielen Situationen interkulturelle<br />
Vermittler sind, weiss die Caritas aus eigener<br />
Erfahrung: Schon seit über zehn Jahren setzt<br />
sie diese in eigenen Projekten ein. Damit<br />
dieses Potenzial breiter genutzt werden kann,<br />
hat Caritas Luzern mit Unterstützung der<br />
<strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> ein Pilotprojekt zum<br />
Aufbau einer Vermittlungsstelle gestartet,<br />
wofür die <strong>Stiftung</strong> in den Jahren 2<strong>01</strong>0 bis 2<strong>01</strong>2<br />
insgesant 211 500.– Franken zur Verfügung<br />
stellt. «Ziel des Projekts ist es, aus der Praxis<br />
heraus einen Beitrag zur Förderung und<br />
Professionalisierung von interkulturellen Ver-<br />
mittlerinnen und Vermittlern zu leisten»,<br />
erklärt Helen von Flüe, Projektleiterin bei Ca-<br />
ritas Luzern. In Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen<br />
möchte die Vermittlungsstelle<br />
das breite Feld der Einsatzmöglichkeiten inter-<br />
kultureller Vermittler aufzeigen.<br />
viElE EinsatzgEbiEtE ⁄ «Im Unterschied zu den<br />
interkulturellen Übersetzern gestalten die<br />
interkulturellen Vermittler den Verständigungsprozess<br />
aktiv mit», sagt Helen von Flüe. Inter-<br />
kulturelle Vermittler arbeiten mit Beratungs-<br />
und Amtsstellen im Sozial-, Bildungs- und<br />
Gesundheitsbereich zusammen. Sie informieren,<br />
zeigen kulturelle Hintergründe auf,<br />
klären Missverständnisse und bieten Lösungsansätze<br />
in Gesprächen zwischen Migranten<br />
und Fachpersonen. Grundlegend für eine<br />
erfolgreiche Zusammenarbeit ist ein klarer<br />
Auftrag, wissen die Verantwortlichen von<br />
Caritas Luzern. Ein Leitfaden hilft, den Ein-<br />
satz der interkulturellen Vermittler und die<br />
Zusammenarbeit im Gespräch zu definieren<br />
und anschliessend zu evaluieren. Bevor ein<br />
Auftrag angenommen wird, werden die Fach-<br />
personen der anfragenden Institution in die<br />
Zusammenarbeit mit interkulturellen Vermittlern<br />
eingeführt. Vor- und Nachgespräch sind<br />
dabei von besonderer Bedeutung. Idealerweise<br />
findet auch eine Weiterbildung für die Fach-<br />
leute der Institution gemeinsam mit den<br />
Vermittlern statt.<br />
rEgEr ErFahrungsaustausch ⁄ Bei einer<br />
rege besuchten Fachveranstaltung von Caritas<br />
Luzern zeigten am 19. Januar 2<strong>01</strong>1 Zentralschweizer<br />
Institutionen und Fachpersonen auf,<br />
wie sie interkulturelle Vermittler einsetzen.<br />
In Workshops diskutierten sie mit den Teilnehmern<br />
Praxisbeispiele. «Obwohl anfänglich<br />
höhere Kosten entstehen, weil zwei Personen<br />
im Einsatz sind, macht sich diese Zusammenarbeit<br />
längerfristig bezahlt. Wir können so viel<br />
schneller an den effektiven Themen arbeiten»,<br />
erklärte Ann Plattner, regionale Leiterin der<br />
Sozialpädagogischen Familienbegleitung, den<br />
Teilnehmern. Ursula Zürcher, Leiterin der<br />
Mütter-Väterberatungsstelle Luzern, hat ähn-<br />
liche Erfahrungen gemacht: «Nach 20-jähriger<br />
Tätigkeit erst stellte ich fest, dass ich mich<br />
in der Beratung ohne interkulturelle Vermittler<br />
häufig auf eigene Interpretationen abge-<br />
59
FördErbErEich ⁄ KulTuREN vERSTEhEN – TOlERANz lERNEN<br />
60 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
stützt hatte. So konnte es schnell einmal Miss-<br />
verständnisse geben.» Erst in der Zusammenarbeit<br />
mit den professionellen Mittelspersonen<br />
erkannte sie ihre Grenzen im kulturellen<br />
Kontext. «Ich kann jetzt effektiver beraten.»<br />
Eins wurde im Rahmen der Veranstaltung<br />
deutlich: Der Bedarf an interkulturellen Ver-<br />
mittlern ist gross – und Institutionen, die<br />
bereits mit diesen zusammenarbeiten, möch-<br />
ten auf diese Kooperationen nicht mehr ver-<br />
zichten. Der grosse Gewinn des Einsatzes von<br />
interkulturellen Vermittlern besteht in einem<br />
gegenseitigen Lernprozess, betonten die<br />
Referenten.<br />
Ihre interkulturellen Vermittler sucht Ca-<br />
ritas Luzern nach klaren Kriterien aus: Die<br />
Zertifizierung zum interkulturellen Übersetzen<br />
ist ebenso Voraussetzung wie eine langjähri ge<br />
Erfahrung in dieser Tätigkeit. Eine hohe So-<br />
zialkompetenz, Erfahrungen in Gruppenleitung<br />
und Erwachsenenbildung, wie auch eine<br />
persönliche Vernetzung und Akzeptanz in der<br />
eigenen Migrationsgemeinschaft sind gefordert.<br />
Aber auch auf persönliche Eigenschaften<br />
wie Zuverlässigkeit und Abgrenzungsvermö-<br />
gen achtet die Caritas.<br />
noch iM auFbau ⁄ Im Gegensatz zum interkulturellen<br />
Übersetzen befindet sich das Feld<br />
der interkulturellen Vermittlung in der<br />
<strong>Schweiz</strong> noch im Aufbau. Rolle und Funktion<br />
dieser Mittelspersonen müssen ebenso wie<br />
einheitliche Ausbildungsstandards noch genau<br />
definiert werden. Aus diesem Grund schult<br />
Caritas Luzern ihre interkulturellen Vermittler<br />
zurzeit noch selbst. «Dies sollte sich bald<br />
einmal ändern», hofft Helen von Flüe. «Im<br />
Rahmen unseres Pilotprojekts ist bereits<br />
eine mögliche Kooperation für eine umfassende<br />
Ausbildung in Diskussion.» Der Verein<br />
Interpret habe signalisiert, dass er für das in-<br />
terkulturelle Vermitteln national gültige<br />
Standards definieren will, erklärt Helen von<br />
Flüe. Dies hat er in der Vergangenheit bereits<br />
für das interkulturelle Übersetzen gemacht.<br />
VErmittlungSStEllE<br />
www.dolMEtschdiEnst.ch<br />
Der von der Caritas Luzern geführte Dolmetschdienst<br />
vermittelt qualifizierte interkulturelle Übersetzer<br />
für eine optimale Verständigung zwischen Migranten<br />
und Fachpersonen von privaten oder öffentlichen<br />
Stellen in der Zentralschweiz. Viele interkulturelle<br />
Übersetzer sind auch als interkulturelle Ver-<br />
mittler tätig. Dank einer Zusatzausbildung sind sie<br />
in der Lage, bei Beratungsgesprächen aktiv zu<br />
vermitteln, Gesprächsrunden zu moderieren und<br />
Informationsveranstaltungen in der Muttersprache<br />
durchzuführen. Die interkulturellen Vermittler<br />
können beim Dolmetschdienst angefordert werden.<br />
wEitErE inForMationEn<br />
caritas luzErn<br />
Maya Sonderegger Sowe<br />
+41 (0) 41 368 52 81<br />
m.sonderegger@caritas-luzern.ch<br />
stiFtung MErcator schwEiz<br />
Jorge Tamayo<br />
+41 (0) 44 206 55 92<br />
p.tamayo@stiftung-mercator.ch
ildEr<br />
Interkulturelle Vermittler können sehr wertvoll<br />
sein – wie wertvoll, das machen bei einer rege<br />
besuchten Fachveranstaltung von Caritas Luzern<br />
Institutionen und Fachpersonen deutlich. In<br />
Workshops tauschen sich die Teilnehmer über<br />
ihre Erfahrungen aus. Sie stellen Fragen und<br />
erhalten hilfreiche Antworten.<br />
als interkultureller Vermittler<br />
stehe ich immer wieder<br />
vor neuen Herausforderungen.<br />
Keine lösung sieht aus wie<br />
die andere, weil alle menschen<br />
ganz unterschiedlich sind.<br />
ahMEd liiban ⁄ iNTERKulTuREllER vERMiTTlER<br />
61
agenda ⁄ MERCATOR NEWS<br />
April<br />
27. 4.2<strong>01</strong>1<br />
Themenabend<br />
Japan SwiSS Made<br />
Professor David Chiavacci hat im Herbstsemester<br />
2<strong>01</strong>0 seine Arbeit am neuen <strong>Mercator</strong>-Lehrstuhl<br />
für sozialwissenschaftliche<br />
Japanologie aufgenommen. In einer öffentlichen<br />
Veranstaltung mit Beginn um 19 Uhr<br />
wird er offiziell vorgestellt. Neben zwei Referaten<br />
gibt es eine Podiumsdiskussion, unter<br />
anderem mit einem Vertreter der japanischen<br />
Botschaft.<br />
ORT ⁄ Universität Zürich, Aula<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.ostasien.uzh.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ Universität Zürich<br />
MAi<br />
31. 5. 2<strong>01</strong>1<br />
Buchvernissage<br />
MenSch KliMa! weR beSTiMMT die ZuKunFT?<br />
Der bekannte Wissenschaftsjournalist Beat<br />
Glogger moderiert ab 18.30 Uhr den feierlichen<br />
Abend der Vernissage des neuen <strong>Schweiz</strong>er<br />
Klimabuchs ‹ Mensch Klima! Wer bestimmt die<br />
Zukunft? ›. Vier Autoren aus Wissenschaft<br />
und Journalismus sind an dem reich bebilderten<br />
Buch, das im Verlag Lars Müller Publishers<br />
erscheint, beteiligt.<br />
ORT ⁄ ETH Zürich, Semper Aula<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.ethz.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ ETH Zürich<br />
Juni<br />
1.–5. 6. 2<strong>01</strong>1<br />
Musik und Workshops<br />
KindeR- und JugendchORFeSTival<br />
37 Chöre nehmen am <strong>Schweiz</strong>er Kinder- und<br />
Jugendchorfestival 2<strong>01</strong>1 in Lausanne teil.<br />
Neben Konzerten werden auch Workshops,<br />
unter anderem zu improvisierter Musik und<br />
Gospel, angeboten.<br />
ORT ⁄ Lausanne<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.skjf.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ <strong>Schweiz</strong>er Kinder- und<br />
Jugendchorfestival<br />
62 / MERCATOR NEWS <strong>01</strong>–2<strong>01</strong>1<br />
3. /4. 6. 2<strong>01</strong>1<br />
Öffentliche Tagung<br />
gOTT denKen<br />
Das Institut für Hermeneutik und Religionsphilosophie<br />
der Universität Zürich veranstaltet<br />
eine öffentliche Tagung zu einer aktuellen Kontroverse<br />
in Theologie und Philosophie: ‹ Gott<br />
denken – Metaphysik oder Metaphysikkritik? ›.<br />
Der Eintritt ist frei.<br />
ORT ⁄ Universität Zürich, Religionswissenschaftliches<br />
Seminar<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.hermes.uzh.ch/activities<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ Universität Zürich<br />
16./17. 6. 2<strong>01</strong>1<br />
Schulaufführungen<br />
TheaTeR SynTheSe<br />
Das Theater Synthese zeigt am 16. Juni 2<strong>01</strong>1<br />
um 10.20 Uhr und um 13.40 Uhr sowie am<br />
17. Juni 2<strong>01</strong>1 um 10.20 Uhr drei kostenlose<br />
Schulaufführungen des Theaterstücks ‹ Nur<br />
´ne handvoll Tausender ›.<br />
ORT ⁄ Uster, Kreuzsaal<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.theatersynthese.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ Theater Synthese<br />
28. 6. 2<strong>01</strong>1<br />
Abschlusstagung<br />
bildungS- und ReSilienZFöRdeRung<br />
Die Teilnehmer der Abschlussveranstaltung des<br />
Projekts ‹ Bildungs- und Resilienzförderung im<br />
Frühbereich › diskutieren von 13.30 bis 18 Uhr<br />
Ergebnisse, Praxiserfahrungen und Beispiele<br />
aus dem Projekt des Marie Meierhofer Instituts<br />
für das Kind.<br />
ORT ⁄ Zürich, Pfarreizentrum Liebfrauen<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.mmi.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ Marie Meierhofer Institut<br />
für das Kind<br />
29. 6. 2<strong>01</strong>1<br />
Siegerehrung<br />
puSa-weTTbeweRb<br />
Die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz<br />
Luzern und der Schulverlag plus veranstalten<br />
den PUSA-Wettbewerb (Projekte und Selbstständiges<br />
Arbeiten auf der Sekundarstufe I). Am<br />
29. Juni 2<strong>01</strong>1 findet ab 9 Uhr die Schlussveranstaltung<br />
statt, an der zehn Schülergruppen ihre<br />
Projekte präsentieren. Eine namhafte Jury bewertet<br />
die Projektarbeiten und verleiht Preise.<br />
ORT ⁄ Luzern, Südpol<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.schulverlag.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ PH Zentralschweiz<br />
Juli<br />
11.–14.7. 2<strong>01</strong>1<br />
Kongress<br />
SOMMeRaKadeMie inFOKlicK.ch<br />
Zum vierten Mal organisiert Infoklick. ch die<br />
Sommerakademie. Der Kongress für Kinderund<br />
Jugendförderung steht 2<strong>01</strong>1 unter dem<br />
Thema ‹ Die beste Generation. Zukunftsmodelle<br />
für das Miteinander zwischen Jung und Alt ›.<br />
ORT ⁄ Engelberg, Hotel Europe<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.infoklick.ch/sommerakademie<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ Infoklick.ch<br />
22.–31.7. 2<strong>01</strong>1<br />
Workshops<br />
SOMMeRaKadeMie FliMS<br />
Im Rahmen der Waldhauskonzerte Flims bieten<br />
die Organisatoren für Kinder und Jugendliche<br />
Workshops an, um ihnen die klassische<br />
Musik spielerisch näherzubringen. Am 23. Juli<br />
2<strong>01</strong>1 findet zusätzlich ein Kinderfestival statt,<br />
an dem Kinder auch selbst mitwirken können.<br />
ORT ⁄ Flims<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.waldhauskonzerteflims.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ Waldhauskonzerte Flims<br />
August<br />
27. 8.– 3.9. 2<strong>01</strong>1<br />
Sommerakademie<br />
SchweiZeRiSche STudienSTiFTung<br />
Studierende aller Fächer und Stufen diskutieren<br />
bei der Sommerakademie der <strong>Schweiz</strong>erischen<br />
Studienstiftung das Thema ‹ Individueller<br />
Lebensstil und Ressourcenstrategien:<br />
Herausforderungen für die Nachhaltigkeit<br />
im 21. Jahrhundert ›.<br />
ORT ⁄ Sils-Maria, Silserhof<br />
inFORMaTiOn ⁄ www.studienstiftung.ch<br />
FöRdeRpaRTneR ⁄ <strong>Schweiz</strong>erische Studienstiftung
übEr unS<br />
Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Mercator</strong> <strong>Schweiz</strong> gehört<br />
zu den grösseren <strong>Stiftung</strong>en in der<br />
<strong>Schweiz</strong>. Sie initiiert und unterstützt<br />
Projekte für bessere Bildungsmöglichkeiten<br />
an Schulen und Hochschulen. Im<br />
Sinne Gerhard <strong>Mercator</strong>s fördert sie Vorhaben,<br />
die den Gedanken der Weltoffenheit<br />
und Toleranz durch interkulturelle<br />
Begegnungen mit Leben erfüllen<br />
und den Austausch von Wissen und<br />
Kultur anregen. Die <strong>Stiftung</strong> zeigt neue<br />
Wege auf und gibt Beispiele, damit<br />
Menschen – gleich welcher nationalen,<br />
kulturellen und sozialen Herkunft – ihre<br />
Persönlichkeit entfalten, Engagement<br />
entwickeln und Chancen nutzen können.