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Ausgabe 9 - IPOS

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

sondern welche die eigene Fremdheit gegenüber dem<br />

anderen ernst nimmt. “Wer Kontakt aufnimmt, erfährt<br />

die eigene und die Grenze der anderen; und nur wo<br />

Kontakt geschlossen wird, entsteht etwas Neues”<br />

(Schmidt / Berg 27 37 ). Ein Gottesverständnis, das<br />

sich nicht de facto einem hierarchischen und patriarchalischen<br />

Henotheismus aussetzt, wird in einer dynamischen<br />

Trinitätstheologie eine theo-logische Basis<br />

für den Umgang mit Grenzen finden, insofern Gott<br />

an sich selbst die lebenspendende Kraft ständiger<br />

und vielwegiger Grenzüberschreitung darstellt (vgl.<br />

unten Kap. 4.1.4).<br />

Veränderungen bringen Konflikte mit sich<br />

Grundsätzlich muss man feststellen, dass gerade<br />

Veränderungsprozesse, die Unruhe in gewohntes<br />

Handeln und gewohnte Konstellationen hineinbringen,<br />

die neue Kontakt- und Reibungsflächen schaffen, die<br />

hohe Energie erfordern, praktisch immer auch mit<br />

Konflikten in unterschiedlichen Konstellationen einhergehen<br />

38 . Deshalb haben alle methodisch geleiteten<br />

Formen von Umgang mit Konflikten, Konfliktschlichtung,<br />

Mediation usw. eine prominente Rolle im<br />

Leitungshandeln bei Veränderungsprozessen. “Das<br />

Leitungshandeln einer Organisation ist per<br />

definitionem mit Konfliktwahrnehmung, -diagnose und<br />

-handhabung befasst” (Schmidt / Berg 319). Doppler<br />

weist mit Recht darauf hin, dass die vorhandenen<br />

Energien konstruktiv genutzt werden müssen: “Es<br />

gilt, nach dem System des Judo die vorhandenen<br />

Kräfte zu erkennen und umzulenken, anstatt sie zu<br />

zerstören: mit der Energie zu gehen, nicht gegen sie”<br />

(Doppler 101, H.i.O. 39 ). In ähnlicher Weise führt<br />

Schettgen diese Vorstellung monographisch am Beispiel<br />

des Aikido für Konflikte in Organisationen aus<br />

(vgl. Schettgen).<br />

So kann es, wenn es gut geht, auch in Konflikten zu<br />

der so genannten “Triangulierung” kommen, wenn es<br />

gelingt, dass Konfliktparteien sich aus dem Clinch<br />

lösen und sich (wieder) der gemeinsamen primären<br />

Aufgabe zuwenden.<br />

Psychodynamik von Veränderungsprozessen<br />

Veränderungsprozesse in Organisationen sind nicht<br />

nur rational zu beurteilen. Die Beiträge zur<br />

“psychodynamische Organisationsberatung” des von<br />

Lohmer herausgegebenen Sammelbandes machen<br />

psychoanalytische Kategorien und Vorgehensweisen<br />

nicht nur für die individuelle Ebene, sondern gerade<br />

auch für die Ebene von Gruppen und Großgruppen<br />

fruchtbar; ähnliches gilt für Ansätze aus der Gestaltberatung.<br />

Veränderungen haben es immer mit Personen<br />

und Beziehungen zu tun. Es kommt auf die<br />

Wahrnehmung der Tiefendimension an (Lohmer 7).<br />

Sehr viele Wandlungsprozesse scheitern deshalb,<br />

“…weil der inneren Erfahrung des Wandels durch die<br />

betroffenen Menschen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt<br />

wurde” (Kets de Vries und Balazs, 163).<br />

Insofern tut “Veränderungsmanagement” gut daran,<br />

von vorneherein die Psychodynamik von<br />

Veränderungsprozessen in Betracht zu ziehen. Auf<br />

ein sensibles Wahrnehmen und auch Nutzen dieser<br />

Psychodynamik hin müssen die “Instrumente” ausgelegt<br />

sein, mit denen Veränderungen gestaltet werden<br />

sollen. Emotionale Erschütterungen als Lern- und<br />

Veränderungschance sind von großer Bedeutung.<br />

Sowohl Kampf- und Fluchtmechanismen als auch die<br />

Mechanismen von Widerstand und Übertragung spielen<br />

eine bedeutende Rolle in der Reaktion von Organisationen<br />

und ihrer Träger auf Veränderungsherausforderungen.<br />

So bewirken die oben skizzierten Ängste<br />

entsprechende Widerstände in Organisationen (vgl.<br />

Lohmer, 21 ff.; Doppler). Der Widerstand im psychoanalytischen<br />

Sinn zeigt dann allerdings auch, dass<br />

im System eine ernsthafte Auseinandersetzung mit<br />

den (geplanten) Veränderungen im Gang ist. Insofern<br />

ist Widerstand in diesem Sinn ein positives Zeichen<br />

für die Dynamik des Veränderungsprozesses. Er kann<br />

eine solche positive Wirkung allerdings nur dann entfalten,<br />

wenn die in solchen Veränderungsprozessen<br />

Verantwortlichen sensibel und kommunikativ mit den<br />

Widerständen umgehen 40 . Nur wenn die Widerstände<br />

durchgearbeitet werden, kann man auf ein positives<br />

Ergebnis hoffen – Garantien für das Gelingen von Prozessen<br />

dieser Art kann ohnehin niemand geben.<br />

Lohmer verweist auf die entscheidende Rolle von<br />

“Führenden” in Organisationen, die der Organisation<br />

als “Container” dienen, in das die Organisation und<br />

ihre Beteiligten unverarbeitete Elemente (Ängste,<br />

Konflikte usw.) projizieren können (vgl. Lohmer 33) 41 .<br />

Lohmer versteht die emotionale Wahrnehmungsaufgabe<br />

der Führungskraft in bestimmten (regressiven)<br />

Phasen der Großgruppendynamik – sie muss<br />

filtern wie eine semipermeable Membran (vgl. a.a.O.<br />

33) – als Entwicklungschance für die Organisation,<br />

die durch Appelle an die rationalen und erwachsenen

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