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Ausgabe 9 - IPOS

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14<br />

Veränderungsmanagement in der Kirche als Leitungsaufgabe<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

inhärente Reformmodell in ständige Krisen getrieben,<br />

die sich an Grundentscheidungen über die jeweilige<br />

Ausrichtung von Veränderungen entzünden, so dass<br />

im Sinne einer zumindest rudimentären Selbstaufklärung<br />

einige strittige theologisch-ekklesiologische<br />

Kernpunkte dargestellt werden:<br />

Die Reformation beinhaltet das Programm fortwährender<br />

Veränderung. Der ständige Rückbezug der Gemeinde<br />

auf den Grund des Glaubens selbst bieten<br />

Grund und Motiv einer ständigen Veränderung der<br />

Gestalt der Kirche.<br />

Der liberalen Theologie im Anschluss an Schleiermacher<br />

oder Hegel war es in jeweils unterschiedlicher<br />

Weise weitgehend gelungen, die grundlegenden Gehalte<br />

der Theologie so umzuformulieren, dass sie<br />

anschlussfähig an den individualistischen Diskurs der<br />

modernen Gesellschaft wurden. Doch weder sie noch<br />

ihre konservativen Gegenspieler im 19. Jahrhundert<br />

konnten die strukturellen Ursachen des Pauperismus<br />

und der beginnenden Proletarisierung der ehemals<br />

bäuerlichen Massen begreifen. Insofern überschritt<br />

diese Theologie zwar die Grenze zur neuzeitlich-aufklärerischen<br />

Kultur, jedoch schloss sie sich gegenüber<br />

den strukturellen sozialen Veränderungen praktisch<br />

und theoretisch weitgehend ab.<br />

Weite Teile der Theologie des zwanzigsten Jahrhunderts<br />

unter der Ägide der Wort-Gottes-Theologie sind<br />

nach 1918 gekennzeichnet gewesen von einem Abbruch<br />

des Diskurses zwischen Theologie und zeitgenössischer<br />

Kultur, zwischen Theologie und Wissenschaft,<br />

zwischen Theologie und gesellschaftlichen<br />

Zusammenhängen. Gesellschaftlicher Diskurs war<br />

dem Prinzip nach nur unter der Überschrift der Dominanz<br />

der Christengemeinde denkbar. Das Neuluthertum<br />

im 20. Jahrhundert bot überhaupt kein<br />

brauchbares Instrumentarium für die gesellschaftlichen<br />

Auseinandersetzungen. Die Missachtung der<br />

Relevanz gesellschaftlicher und politischer Strukturen<br />

verdeckte die Kraft des Evangeliums im Bereich des<br />

Politischen, Gesellschaftlichen und Wirtschaftlichen.<br />

Demgegenüber kann Theologie als Wissenschaft vom<br />

Umgang mit Vielfalt und Grenzen bestimmt werden,<br />

wenn sie trinitätstheologisch als Theorie der Freiheit<br />

ausgearbeitet wird. Wenn Theologie in solcher Gestalt<br />

es mit der Vermittelbarkeit von individueller Person<br />

und Gesellschaft, von psychischen und sozialen<br />

Systemen zu tun hat und Religion die Differenz von<br />

Personalität und Sozialität reflektiert, bietet sie eine<br />

geeignete Grundlage, für das Veränderungshandeln in<br />

der Kirche auf personaler wie organisationaler Ebene.<br />

Netzwerke sind wesentlich besser als administrativlinear<br />

strukturierte Organisationen geeignet,<br />

Veränderungsanforderungen zu genügen. Diese Anforderungen<br />

an ein als Netzwerk strukturiertes System,<br />

das von zahlreichen miteinander kommunizierenden<br />

und sich gleichwohl selbst steuernden Knotenpunkten<br />

aus von kompetentem, an einer gemeinsamen Kultur<br />

orientiertem Personal gesteuert wird, entsprechen in<br />

hohem Maße einer idealtypischen(!) Beschreibung<br />

evangelischer Kirche.<br />

Die rechtliche Struktur der “Organisationseinheiten”<br />

der evangelischen Kirche sowie der Pfarrberuf als Profession<br />

bieten gute Voraussetzungen, selbstverantwortlich<br />

und kommunikativ im Netzwerk Kirche zu<br />

agieren. Zum besseren Gelingen dieser Aufgabe<br />

muss die Vernetzungs- und Koordinierungstätigkeit<br />

der Dekanate im Blick auf die verschiedenen kirchlichen<br />

Dienste in der Region verstärkt werden. Durch<br />

die Vermittlung von kybernetischen Kenntnissen in<br />

der Ausbildung müssen Kenntnisse und Fertigkeiten<br />

nicht nur für gemeindliche und funktionale Dienste<br />

vermittelt, sondern dem Kontakt mit der gesellschaftlichen<br />

Umwelt des Systems besondere Aufmerksamkeit<br />

gewidmet werden. Durch Vermittlung von<br />

Kommunikationsfähigkeiten, die sich auch auf<br />

organisationale Kommunikation erstrecken und damit<br />

die in der Seelsorge und anderen kirchlichen Arbeitsfeldern<br />

gut eingeübte face to face-Kommunikation<br />

gezielt überschreiten.<br />

Obwohl die Veränderungsfähigkeit der evangelischen<br />

Kirche eingeschrieben ist, erweist sie sich nicht unbedingt<br />

und immer als Motor des Wandels. U.a. haben<br />

die Gegenwart und der Widerstreit der unterschiedlichen<br />

Impulse von Verändern und Bewahren<br />

selbst theologische Gründe, die sich auf die Grundstruktur<br />

des “segnenden” und “rettenden” Handelns<br />

Gottes zurückführen lassen, aber auch mit der<br />

Rollenunsicherheit von Akteuren in der Kirche zu tun<br />

haben, die genau der radikale Wandel der Gesellschaft<br />

mit sich gebracht hat, auf den zu reagieren<br />

wäre.<br />

Stattdessen muss die Kirche von ihren Herausforde-

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