PDF, 430 KB - Bernischer Anwaltsverband
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Interview<br />
Was haben Sie allgemein für erste Erfahrungen<br />
mit dem neuen Scheidungsrecht gemacht?<br />
Ich teile die teilweise negativen Stimmen,<br />
vorab der Anwaltschaft, nicht vollumfänglich.<br />
Es stimmt zwar, dass der<br />
Verfahrensablauf etwas komplizierter geworden<br />
ist; zudem gibt es mehr administrativen<br />
Aufwand. Anderseits ist das Verfahren<br />
aber entschlackt worden, indem die<br />
Schuldfrage - mit Ausnahme der Scheidungen<br />
nach Art. 115 ZGB - nicht mehr<br />
thematisiert wird. Der Umgang mit den<br />
Leuten ist zudem lockerer geworden. Die<br />
Verhandlungen können weniger formalistisch<br />
geführt werden. Das ist ein Vorteil.<br />
Nachteilig sind, wie eben gesagt, der Papierkrieg<br />
und die zweimonatige Wartefrist,<br />
die niemand so recht versteht.<br />
146<br />
mit Herrn Daniel Bähler,<br />
Gerichtspräsident Thun<br />
bearbeitet durch Markus Stähli, Redaktor<br />
Was hat sich für die Hauptbetroffenen der<br />
Scheidungsverfahren, die Kinder, geändert?<br />
Neu ist vorab, dass wir nunmehr in allen<br />
Scheidungen, die auch Kinder betreffen,<br />
einen Bericht von der Vormundschaftsbehörde<br />
einholen müssen. Die mit Art. 146f<br />
ZGB neu geschaffene Kinderbeistandschaft<br />
wurde bisher aber noch nicht oft angeordnet.<br />
Ich persönlich hatte bis anhin<br />
lediglich drei Fälle. Einmal habe ich eine<br />
Anwältin durch die Vormundschaftsbehörde<br />
einsetzen lassen; in den anderen<br />
beiden Fällen waren es ein Sozialarbeiter<br />
und eine Juristin der Sozialdienste, die<br />
beide über Erfahrungen im Umgang mit<br />
Kindern verfügen. Der Vorteil der Anwältinnen<br />
und Anwälte liegt zweifelsohne in<br />
der Prozesserfahrung. Im erwähnten Fall,<br />
wo eine Anwältin eingesetzt worden ist,