PDF, 430 KB - Bernischer Anwaltsverband
PDF, 430 KB - Bernischer Anwaltsverband
PDF, 430 KB - Bernischer Anwaltsverband
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
nicht eine eigentliche, InhaberInnen eines Anwaltspatentes vorbehaltene Kinderanwaltschaft<br />
eingeführt hat. Die Beistandschaft hat die Funktion, einerseits das Kind<br />
bezüglich des Scheidungsprozesses seiner Eltern zu betreuen und anderseits, es in<br />
diesem Prozess zu vertreten. Die Vertretungsfunktion kann durch AnwältInnen sicher<br />
optimal erfüllt werden. Die Betreuung von Kindern in Konfliktsituationen ist jedoch<br />
nicht unbedingt von Haus aus ein Tätigkeitsbereich von AnwältInnen. Hier sind mehr<br />
spezielle psychologische Kenntnisse gefragt. AnwältInnen können durchaus auch<br />
über solche verfügen, doch sind andere Personen (PsychologInnen, SozialarbeiterInnen)<br />
in dieser Beziehung eher besser befähigt. Im Weiteren ist die Beurteilung<br />
der Unterhaltsregelung, die von allen sich bezüglich des Kindes im<br />
Scheidungsprozess stellenden Fragen am Ehesten spezifische juristische Kenntnisse<br />
erfordert, von den Aufgaben der Beistandschaft gerade ausgenommen. Schliesslich<br />
verhindert der Umstand, dass auch das Gericht dem Kindeswohl verpflichtet ist, weitgehend,<br />
dass die Kindesvertretung über prozessuale Fallstricke stolpern kann. Darin<br />
liegt möglicherweise ein Unterschied zum angelsächsischen Raum, von wo die Kinderanwaltsbewegung<br />
stammt.<br />
Auf Wünsche des Kindes bezüglich der einzusetzenden Person sollte im Rahmen des<br />
gesetzlichen Anforderungsprofils Rücksicht genommen werden (entsprechend Art.<br />
381 ZGB bei der Vormundschaft) 19 .<br />
Der Umstand, dass die die Beistandschaft führende Person bei der ernennenden Vormundschaftsbehörde<br />
angestellt ist, sollte keinen Ausschlussgrund bilden, sofern die<br />
Weisungsunabhängigkeit im konkreten Fall gewährleistet ist. Fachkompetenz in Belangen<br />
der Sozialarbeit ist in den schweizerischen Verhältnissen vorab bei den Amtsvormundschaften<br />
vorhanden und sollte entsprechend genutzt werden können 20 .<br />
Nicht in Frage kommen Personen, die keine spezifischen Kenntnisse in Betreuungsund<br />
Verfahrensfragen haben. Vormundschaftsbehörden aus Gemeinden, die nicht über<br />
einen professionellen Sozialdienst verfügen, werden nicht umhin kommen, für diese<br />
Aufgabe Fachpersonen aus anderen Gemeinden oder aus der freien Praxis beizuziehen.<br />
Die Verschiedenheit der Funktionen schliesst Personen aus, die im konkreten Fall ein<br />
Gutachten erstellt haben, obwohl auch diese das Kindeswohl im Auge haben müssen.<br />
Es ist jedoch schlecht denkbar, dass jemand als aussen stehende Person ein Gutachten<br />
verfasst und dann über die Kinderbeistandschaft in den Prozess eingreift. Ebenso<br />
kann nicht die selbe Person das Kind gemäss Art. 144 ZGB anhören und die Beistandschaft<br />
führen 21 . Hingegen kann die Kindesvertretung an der Anhörung teilnehmen 22 .<br />
140