Hypertonie: Gefäße unter Druck - Springer GuP

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T I T E l T H E m A < Einordnung leicht gemacht Die Familie der Antihypertensiva ist groß und nicht zwingend übersichtlich. Einige Substanzklassen lassen sich jedoch an ihren Endungen erkennen: » ACE-Hemmer: enden auf -pril, z. B. Captopril, Enalapril, Ramipril » Alpha-1-Blocker: enden auf -zosin, z. B. Prazosin, Terazosin » Betablocker: enden auf -(o)lol, z. B. Atenolol, Carvedilol, Metoprolol » Calciumkanalblocker Nifedipin-Typ: enden auf -ipin, z. B. Nifedipin, Nimodipin » Calciumkanalblocker Verapamil-Typ: enden auf -pamil, z. B. Gallopamil, Verapamil » Sartane (AT1-Blocker): enden auf -sartan, z. B. Candesartan, Valsartan Neben der Höhe des Blutdrucks hängt es vom kardiovaskulären Risiko des Patienten ab, wann eine medikamentöse Therapie begonnen wird. Liegen bereits im mittleren Lebensalter mehrere Risikofaktoren vor, wie Diabetes mellitus, erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und/oder kardiovaskuläre Erkrankungen, so empfiehlt die Deutsche Hochdruckliga e. V. eine medikamentöse Intervention auch bei hoch normalem Blutdruck, das heißt systolischen Blutdruckwerten von 130 bis 139 mm Hg oder diastolischen Werten von 85 bis 89 mm Hg. Antihypertensiva setzen an ganz verschiedenen Stellen im Organismus an: » an einem Enzym (ACE-Hemmer, Renin-Inhibitor) » am Ionenkanal (Calciumkanalblocker) » an einem Transportprozess (einige Diuretika) » an einem Rezeptor (Betablocker, Sartane, Alpha-2-Agonisten, Alpha-1-Antagonisten). ACE-Hemmer Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer (ACE-Hemmer) setzen am Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) an, das über eine Beeinflussung des Flüssigkeits- und Elektrolyt- haushaltes sowie des Gefäßwiderstandes an der Blutdruckregulation beteiligt ist. Sie blockieren das Schlüsselenzym Angiotensin-Converting-Enzym (ACE), bremsen so die Umsetzung von Angiotensin I zum Angiotensin II: Die Bildung von Angiotensin II, eine der am stärksten gefäßverengenden und damit blutdrucksteigernden Substanzen überhaupt, wird gedrosselt. In Folge sinken der periphere Gefäßwiderstand und der Blutdruck. Zudem schützen ACE-Hemmer die Niere, da sie einer Schädigung der feinen Nierenkanälchen entgegenwirken. Beispiele für häufig eingesetzte ACE-Hemmer sind Cap- 24 > DAS PTA MAGAZIN -- 0 6 / 2 0 1 1 -- Heft 06 < topril, Enalapril, Lisinopril, Perindopril und Quinapril. Meist werden ACE-Hemmer gut vertragen. Allerdings entwickeln zehn Prozent aller Patienten, die mit ACE-Hemmern behandelt werden, einen Reizhusten, denn die Wirkstoffe hemmen auch den Abbau des Vasodilatators Bradykinin (Kumulation der Substanz). Dadurch können sich die Atemwege verengen, und es kann ein Hustenreiz entstehen. AT-1-Antagonisten (Sartane) Einen anderen Weg als die ACE-Hemmer, in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System einzugreifen, bieten die Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten, die auch AT1-Blocker, AT1-Rezeptorantagonisten und Sartane genannt werden. Sie blockieren direkt die Angiotensin-II-Rezeptoren, vor allem den Subtyp AT1 (antihypertensive Wirkung), haben aber keinen Einfluss auf die Bradykininbildung (Nebenwirkung Reizhusten wird vermieden). AT1-Antagonisten gelten als sehr gut Bluthochdruck verursacht kaum Beschwerden, schädigt jedoch Gefäße und Organe. Die häufigsten Folgen einer Hypertonie sind Schlaganfall, Herzinfarkt oder Niereninsuffizienz. verträglich, ihre Nebenwirkungsrate liegt auf Placeboniveau. Zu dieser Wirkstoffgruppe gehören Candesartan, Eprosartan, Irbesartan, Losartan, Olmesartan, Telmisartan und Valsartan. Renin-Inhibitoren Schon lange erwarteten Hochdruckexperten Fortschritte durch einen früheren Eingriff in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, als er bisher durch ACE-Hemmer und Sartane möglich ist. Seit Herbst 2007 ist in Deutschland der Renin- Inhibitor Aliskiren zugelassen. Damit wird bereits der erste © petersemler-photography / shutterstock.com

T I T E l T H E m A < Gewichtsreduktion ist ein wichtiger Bestandteil der antihypertensiven Therapie Schritt in der Aktivierung der RAAS-Kaskade unter drückt: Er hemmt die Umwandlung von Renin in Angiotensin I. Betarezeptorenblocker Zentralnervöse Veränderungen, insbesondere ein erhöhter Sympathikustonus, können ebenfalls für die Entwicklung einer Hypertonie verantwortlich sein. Neuere, weitgehend selektive Beta-1-Rezeptorenblocker (Betablocker, Beta-Adrenorezeptor-Antagonisten), wie Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol, und Nebivolol, blockieren vor allem Beta-1-Rezeptoren, die sich am Herzen, in der Niere und im Zentralen Nervensystem befinden. Sie schirmen unter anderem das Herz von dem aktivierenden Einfluss des Sympathikus ab und senken so die Herzfrequenz, das Auf einen Blick Schlagvolumen und damit den Blutdruck. Besonders ausgeprägt sind diese Wirkungen bei körperlicher und emotionaler Belastung. Calciumkanalblocker Calcium spielt eine Schlüsselrolle bei der Kontraktionsauslösung in Muskelzellen. Werden Calciumkanäle geöffnet, strömen Calciumionen in die Zelle und bilden dort mit Calciumionen bindenden Proteinen, unter anderem Calmodulin, einen Komplex, der an der Muskelkontraktion beteiligt ist. Calciumkanalblocker (Calciumantagonisten) vom Nifedipin- (1,4-Dihydropyridin-), Verapamil- und Diltiazem-Typ behindern diesen Vorgang; der Tonus der glatten 26 > DAS PTA MAGAZIN -- 0 6 / 2 0 1 1 -- Heft 06 < Gefäßmuskultur sinkt, und es kommt zur Weitstellung der Gefäße und über die Abnahme des peripheren Widerstands zu einer Blutdrucksenkung. Da es unterschiedliche Calciumkanäle gibt, kann bei Versagen eines Calciumkanalblockers eine andere Substanz den Druck durchaus noch erfolgreich senken. Der heute am häufigsten eingesetzte Calciumkanalblocker ist das zum Nifedipin-Typ zählende Amlodipin. Aus dieser Gruppe werden auch Felodipin, Isradipin, Lercanidipin und Nimodipin therapeutisch verwendet, aus den beiden anderen Klassen die Leitsubstanzen Verapamil und Diltiazem. Diuretika Drei Klassen von Diuretika stehen zur Behandlung von Bluthochdruck zur Verfügung: Thiazide, Schleifendiuretika und kaliumsparende Diuretika. Ihre Hauptwirkung besteht in einer erhöhten Natriumausscheidung und damit einem sinkenden Plasma- und Herzzeitvolumen (antihypertensiver Effekt durch gesteigerten Harnfluss). Thiazid-Diuretika wie Hydrochlorothiazid und die Thiazid- Analoga Chlortalidon, Indapamid und Xipamid werden für die Monotherapie nicht eingesetzt, jedoch in der Kombinationstherapie, besonders Hydrochlorothiazid. Großer Nachteil der bewährten und preisgünstigen Therapie: Der Kaliumspiegel im Blut sinkt, was zu Herzrhythmusstörungen und im Extremfall zum plötzlichen Herztod führen kann. Thiazid-Diuretika werden deshalb nur in Kombination mit anderen Wirkstoffen angewandt. Vor allem bei älteren Menschen muss zudem der Kaliumwert im Serum regelmäßig kontrolliert werden. Hauptvertreter der Schleifendiuretika ist Furosemid, dessen wichtigste Nebenwirkung ein reversibler Hörverlust/Tinnitus ist. Allerdings weist Furosemid eine ungünstige Pharmakokinetik auf: Es wird von Patient zu Patient unterschiedlich resorbiert. Unter pharmakologischen Aspekten sind die länger wirksamen Schleifendiuretika Torasemid und Piretanid vorzuziehen. » Jeder fünfte Bundesbürger leidet an Bluthochdruck. » Als Grenzwert für einen normalen Blutdruck gilt heute für alle Altersstufen 140/90 mm Hg. » Die weitaus häufigste Form eines Bluthochdrucks ist die primäre Hypertonie, deren Ursache noch weitgehend ungeklärt ist. » Als erste Maßnahmen bei Bluthochdruck werden Änderungen des Lebensstils empfohlen: Bei Übergewicht abnehmen, auf das Rauchen verzichten, Alkoholgenuss vermindern, viel kaliumreiches Obst und Gemüse essen und wenig Kochsalz verwenden, regelmäßig Ausdauersport betreiben. » Für eine medikamentöse Behandlung der Hypertonie stehen verschiedene Substanzklassen zur Verfügung, die an unterschiedlichen Stellen der Blutdruckkaskade ansetzen. » Bei einer Ersteinstellung des Patienten wird ein Antihypertensivum je nach Alter des Patienten, weiteren Erkrankungen oder Risikofaktoren ausgewählt. » Bei mittelschwerer bis schwerer Hypertonie ist häufig eine Kombination einzelner Substanzen notwendig. » Meist muss ein Bluthochdruck lebenslang behandelt werden, wozu viele Patienten immer wieder erneut motiviert werden müssen. © Kokhanchikov / fotolia.com

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Einordnung leicht gemacht<br />

Die Familie der Antihypertensiva ist groß und nicht zwingend übersichtlich.<br />

Einige Substanzklassen lassen sich jedoch an ihren Endungen erkennen:<br />

» ACE-Hemmer: enden auf -pril, z. B. Captopril, Enalapril, Ramipril<br />

» Alpha-1-Blocker: enden auf -zosin, z. B. Prazosin, Terazosin<br />

» Betablocker: enden auf -(o)lol, z. B. Atenolol, Carvedilol, Metoprolol<br />

» Calciumkanalblocker Nifedipin-Typ: enden auf -ipin, z. B. Nifedipin, Nimodipin<br />

» Calciumkanalblocker Verapamil-Typ: enden auf -pamil, z. B. Gallopamil,<br />

Verapamil<br />

» Sartane (AT1-Blocker): enden auf -sartan, z. B. Candesartan, Valsartan<br />

Neben der Höhe des Blutdrucks hängt es vom<br />

kardiovaskulären Risiko des Patienten ab, wann<br />

eine medikamentöse Therapie begonnen wird.<br />

Liegen bereits im mittleren Lebensalter mehrere<br />

Risikofaktoren vor, wie Diabetes mellitus,<br />

erhöhte Blutfettwerte, Rauchen und/oder kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen, so empfiehlt die<br />

Deutsche Hochdruckliga e. V. eine medikamentöse Intervention<br />

auch bei hoch normalem Blutdruck, das heißt systolischen<br />

Blutdruckwerten von 130 bis 139 mm Hg oder diastolischen<br />

Werten von 85 bis 89 mm Hg.<br />

Antihypertensiva setzen an ganz verschiedenen Stellen im Organismus<br />

an:<br />

» an einem Enzym (ACE-Hemmer, Renin-Inhibitor)<br />

» am Ionenkanal (Calciumkanalblocker)<br />

» an einem Transportprozess (einige Diuretika)<br />

» an einem Rezeptor (Betablocker, Sartane, Alpha-2-Agonisten,<br />

Alpha-1-Antagonisten).<br />

ACE-Hemmer<br />

Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer (ACE-Hemmer)<br />

setzen am Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) an,<br />

das über eine Beeinflussung des Flüssigkeits- und Elektrolyt-<br />

haushaltes sowie des Gefäßwiderstandes an der Blutdruckregulation<br />

beteiligt ist. Sie blockieren das Schlüsselenzym<br />

Angiotensin-Converting-Enzym (ACE), bremsen so die Umsetzung<br />

von Angiotensin I zum Angiotensin II: Die Bildung<br />

von Angiotensin II, eine der am stärksten gefäßverengenden<br />

und damit blutdrucksteigernden Substanzen überhaupt, wird<br />

gedrosselt. In Folge sinken der periphere Gefäßwiderstand und<br />

der Blutdruck. Zudem schützen ACE-Hemmer die Niere, da<br />

sie einer Schädigung der feinen Nierenkanälchen entgegenwirken.<br />

Beispiele für häufig eingesetzte ACE-Hemmer sind Cap-<br />

24 > DAS PTA MAGAZIN -- 0 6 / 2 0 1 1 -- Heft 06 <<br />

topril, Enalapril, Lisinopril, Perindopril und Quinapril. Meist<br />

werden ACE-Hemmer gut vertragen. Allerdings entwickeln<br />

zehn Prozent aller Patienten, die mit ACE-Hemmern behandelt<br />

werden, einen Reizhusten, denn die Wirkstoffe hemmen<br />

auch den Abbau des Vasodilatators Bradykinin (Kumulation<br />

der Substanz). Dadurch können sich die Atemwege verengen,<br />

und es kann ein Hustenreiz entstehen.<br />

AT-1-Antagonisten (Sartane)<br />

Einen anderen Weg als die ACE-Hemmer, in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System<br />

einzugreifen, bieten die Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten,<br />

die auch AT1-Blocker,<br />

AT1-Rezeptorantagonisten und Sartane genannt werden. Sie<br />

blockieren direkt die Angiotensin-II-Rezeptoren, vor allem<br />

den Subtyp AT1 (antihypertensive Wirkung), haben aber keinen<br />

Einfluss auf die Bradykininbildung (Nebenwirkung Reizhusten<br />

wird vermieden). AT1-Antagonisten gelten als sehr gut<br />

Bluthochdruck verursacht kaum Beschwerden, schädigt jedoch<br />

<strong>Gefäße</strong> und Organe. Die häufigsten Folgen einer <strong>Hypertonie</strong><br />

sind Schlaganfall, Herzinfarkt oder Niereninsuffizienz.<br />

verträglich, ihre Nebenwirkungsrate liegt auf Placeboniveau.<br />

Zu dieser Wirkstoffgruppe gehören Candesartan, Eprosartan,<br />

Irbesartan, Losartan, Olmesartan, Telmisartan und Valsartan.<br />

Renin-Inhibitoren<br />

Schon lange erwarteten Hochdruckexperten Fortschritte<br />

durch einen früheren Eingriff in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System,<br />

als er bisher durch ACE-Hemmer und Sartane<br />

möglich ist. Seit Herbst 2007 ist in Deutschland der Renin-<br />

Inhibitor Aliskiren zugelassen. Damit wird bereits der erste<br />

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