27.10.2013 Aufrufe

Endokrin adjuvante Therapie des Mammakarzinoms

Endokrin adjuvante Therapie des Mammakarzinoms

Endokrin adjuvante Therapie des Mammakarzinoms

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

22/1/2013<br />

29<br />

Senologie aktuell<br />

Prof. H. Peter Scheidel<br />

Kooperatives Mammazentrum Hamburg,<br />

Krankenhaus Jerusalem<br />

Die endokrin <strong>adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> östrogen-<br />

rezeptorpositiven <strong>Mammakarzinoms</strong> der postmenopausalen<br />

Patientin oder „Where’s the beef?“ – Auf den ersten Blick recht<br />

vielversprechend Aussehen<strong>des</strong> hinterfragen.<br />

Die konsequente <strong>adjuvante</strong> endokrine <strong>Therapie</strong> ist<br />

weltweit Standard beim hormonsensiblen Mammakarzinom.<br />

Die Empfehlungen <strong>des</strong> National Comprehensive<br />

Cancer Network (NCCN) zur endokrinen<br />

<strong>Therapie</strong> bei peri- und postmenopausalen Patientinnen<br />

sind in Tabelle 1 zusammengestellt.<br />

Dies entspricht auch den Empfehlungen der deutschen AGO<br />

(Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie, Arbeitsgruppe<br />

Mamma), mit der Einschränkung, dass die verlängerte<br />

<strong>Therapie</strong> (Aromatase-Inhibitor nach 4.5–6 Jahren Tamoxifen)<br />

nur für nodal positive Patientinnen empfohlen wird.<br />

Alle Empfehlungen berücksichtigen keine individuellen<br />

Besonderheiten, weder die persönliche Anamnese noch<br />

kardiale Risikofaktoren, Alter, Gewicht oder Osteopenie.<br />

Der Grund dafür ist einfach: Da in Studien (nach Ausschlusskriterien<br />

ex ante) alle gleich behandelt werden,<br />

resultiert als Ergebnis eine für alle gleiche <strong>Therapie</strong>empfehlung.<br />

Wenn man nun die hormonrezeptorpositive<br />

Mammakarzinompatientin mit ihren persönlichen Besonderheiten<br />

individualisiert behandeln möchte, sollte man<br />

die aktuellen Erfahrungen kennen.<br />

Wenn Sie das wollen, lesen Sie weiter. Wenn Sie im Wesentlichen<br />

an praktischen Handlungsempfehlungen interessiert<br />

sind, dann weiter mit Abschnitt „Where’s the beef?<br />

Diese amerikanische Redewendung hat ihren Ursprung in<br />

einem Werbespot der Fastfood-Kette „Wendy’s“. Drei ältere<br />

Damen stehen an einem Tisch und inspizieren einen<br />

übergroßen Hamburger. Während zwei der Damen <strong>des</strong>sen<br />

Größe, die Brötchen etc. loben, fällt dem Zuschauer auf,<br />

dass sich kein Fleisch in dem Hamburger befindet. Die<br />

dritte der älteren Damen, dar gestellt von Clara Peller,<br />

fragt dann auch unablässig: „Where’s the beef?“ Der Ausspruch<br />

wurde in den 1980er Jahren im Alltag rasch dazu<br />

gebraucht, auf den ersten Blick recht vielversprechend<br />

Aussehen<strong>des</strong> zu hinterfragen.<br />

<strong>Endokrin</strong>e Modulatoren (SERMs, Aromatase-Inhibitoren<br />

und reine Antiöstrogene)<br />

Selektive Östrogenrezeptor Modulatoren (SERM)<br />

Tab. 1. Empfehlungen <strong>des</strong> NCCN zur endokrinen <strong>Therapie</strong> bei peri- und postmenopausalen Patientinnen<br />

Peri-Prämenopausal<br />

zum Zeitpunkt der Diagnose<br />

Postmenopausal zum Zeitpunkt der<br />

Diagnose<br />

Postmenopausale Frauen mit Kontraindikationen<br />

für Aromataseinhibitoren<br />

oder Frauen die Aromataseinhibitoren<br />

ablehnen, bzw. bei Unverträglichkeit<br />

5 Jahre Tamoxifen<br />

(mit/ohne Ovarialsuppression,<br />

bzw. -ablation)<br />

Aromataseinhibitor 5 Jahre<br />

oder<br />

SERMs binden an den Östrogenrezeptor und haben gewebsspezifische<br />

agonistische und antagonistische Eigen-<br />

Tamoxifen 2–3 Jahre oder gefolgt von Aromataseinhibitor insgesamt<br />

5 Jahre oder<br />

Aromataseinhibitor 2–3 Jahre gefolgt von Tamoxifen für insgesamt<br />

5 Jahre oder<br />

Tamoxifen 4.5–6 Jahre gefolgt von Aromataseinhibitor 5 Jahre<br />

Tamoxifen für 5 Jahre


Senologie aktuell<br />

schaften. Die Gewebsspezifität lässt sich durch die unterschiedliche<br />

Wirkung der beiden Östrogen-Rezeptor-Subtypen<br />

(a und b), die unterschiedliche intrazelluläre Umgebung<br />

in den Geweben sowie die unterschiedliche Struktur<br />

<strong>des</strong> SERM-Östrogenrezeptor-Komplexes und <strong>des</strong>sen spezifische<br />

DNA-Bindungsstsellen erklären. SERMs hemmen<br />

die durch Östrogen induzierte Proliferation von Brustkarzinom-Zelllinien.<br />

Die knochenprotektive Wirkung entsteht<br />

durch die Hemmung der Osteoklastenaktivität [1].<br />

Aufgrund der Pharmakologie können SERMs auch zur<br />

<strong>adjuvante</strong>n Behandlung von prä- und perimenopausalen<br />

Frauen mit Mammakarzinom eingesetzt werden. Die<br />

wichtigsten Vertreter neben dem Tamoxifen sind derzeit<br />

noch das Raloxifen und Toremifen. Neue Substanzen,<br />

die sog. dritte Generation der SERMs (Bazedoxifene,<br />

Lasofoxifen und Ospemifen) zeichnen sich durch ein<br />

günstigeres Nebenwirkungsprofil aus, sind aber bislang<br />

in der <strong>adjuvante</strong>n Situation nicht hinreichend untersucht.<br />

Tamoxifen (Tam)<br />

Tamoxifen wird in der Behandlung <strong>des</strong> hormonsensiblen<br />

<strong>Mammakarzinoms</strong> seit Anfang der 70er Jahre eingesetzt<br />

[2]. Nach Untersuchungen zur Dosis und Dauer hat sich<br />

als Standard die 20 mg Gabe über 5 Jahre etabliert.<br />

Die Empfehlung zur fünfjährigen Tamoxifentherapie wird<br />

bestätigt durch die Nachbeobachtung von Brustkrebspatientinnen<br />

mit Tamoxifen über 2 bzw. 5 Jahre, welche die<br />

höhere Wirksamkeit der <strong>Therapie</strong> über 5 Jahre bestätigt<br />

[3]. 3 449 Patientinnen zwischen 50 und 81 Jahren wurden<br />

in der 10 Jahresauswertung erfasst. Bei 1103 Patientinnen<br />

kann es zum Rezidiv, 755 verstarben an Brustkrebs.<br />

Im gleichen Zeitraum verstarben 236 Frauen an<br />

Herzkreislauferkrankungen. Pro 100 Frauen profitieren<br />

5.8 von der längeren Einnahme, d.h. bei ihnen kam es<br />

nicht zu einem Rezidiv. Gleichzeitig konnte bei Frauen<br />

zwischen 50 und 59 das Risiko an einer Herzkreislauferkrankung<br />

zu versterben mit der längeren Gabe um 59 %<br />

30<br />

22/1/2013<br />

gesenkt werden. Auch das Risiko eines kontralateralen<br />

Karzinoms wird durch die 5 Jahrestherapie gesenkt (HR<br />

0.70). Neuerdings wird auch wieder die zehnjährige Tamoxifentherapie<br />

diskutiert, da hiermit späte Rezidive noch<br />

weiter reduziert werden können [4]. Nach vorliegenden<br />

Daten reduziert die verlängerte Gabe nicht nur das Rezidivrisiko<br />

sondern erhöht auch das Gesamtüberleben signifikant.<br />

Leider wird nur die fünf- gegen die zehnjährige<br />

Tamoxifentherapie getestet, damit ist ein Vergleich mit<br />

der aktuellen Standardtherapie nur eingeschränkt möglich.<br />

Toremifen<br />

Toremifen ist ein relativ neu entwickeltes Antiöstrogen.<br />

Die östrogenähnlichen Wirkungen sind bei Toremifen<br />

geringer als bei Tamoxifen. Bislang ist Toremifen in<br />

Deutschland nur zur Behandlung von postmenopausalen<br />

Frauen mit metastasiertem Brustkrebs zugelassen. Toremifen<br />

ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der selektiven Östrogenrezeptormodulatoren<br />

und hat je nach Gewebe östrogenagonistische<br />

oder östrogenantagonistische Effekte. Ein<br />

möglicher Vorteil <strong>des</strong> Toremifens ist seine positiverer Einfluss<br />

auf das Lipidprofil im Vergleich zu Tamoxifen [5].<br />

Es liegen Hinweise darauf vor, dass Toremifen und Tamoxifen<br />

in der <strong>adjuvante</strong>n endokrinen <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> östrogenrezeptorpositiven<br />

<strong>Mammakarzinoms</strong> vergleichbar<br />

wirksam sind [6]. Weder beim krankheitsfreien Überleben<br />

noch beim Gesamtüberleben gab es bei 1813 peri- und<br />

postmenopausalen Frauen statistisch signifikante Unterschiede.<br />

Damit könnte Toremifen eine Alternative in der<br />

<strong>adjuvante</strong>n Situation darstellen.<br />

Unter der Behandlung mit dem Antiöstrogen Toremifen<br />

kann es zu einer Verlängerung <strong>des</strong> QTc-Intervalls im<br />

Elektrokardiogramm (EKG) kommen. Deshalb sollen Patientinnen<br />

mit bekannter Verlängerung <strong>des</strong> QTc-Intervalls<br />

oder gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten, die das<br />

QTc-Intervall verlängern können, nicht mit Toremifen


Senologie aktuell<br />

behandelt werden. Zur Vorsicht wird geraten bei Patientinnen<br />

mit „andauernden proarythmischen Beschwerden“,<br />

etwa nach Herzinfarkt. Falls Zeichen oder Symptome<br />

einer Herzrhythmusstörung beobachtet werden, sollte die<br />

<strong>Therapie</strong> abgebrochen werden.<br />

Raloxifen<br />

Raloxifen ist nur zugelassen zur der Vorbeugung und<br />

Behandlung der postmenopausalen Osteoporose. In der<br />

randomisierten STAR-Studie (Study of Tamoxifene and<br />

Raloxifene) zeigte sich, dass Raloxifen und Tamoxifen<br />

präventiv das invasive Brustkrebsrisiko um etwa die<br />

Hälfte, d. h. auf das normale Risiko senken. Im Gegensatz<br />

dazu war Tamoxifen in der Prävention <strong>des</strong> duktalen<br />

Carcinoma in situ (DCIS) überlegen. Schon frühere Studien<br />

hatten gezeigt, dass Tamoxifen auch die Entstehung<br />

der non-invasiven Brustkrebsformen etwa um die Hälfte<br />

senkt. Bei Raloxifen war das nicht der Fall.<br />

Unter Raloxifen ist das Risiko für tiefe Venenthrombosen<br />

und Endometriumkarzinome geringer als bei Tamoxifen [7].<br />

Obwohl Raloxifen neben dem Serumcholesterin auch<br />

Fibrinogen und Homozystein günstig beeinflusst, konnte<br />

in der RUTH-Studie kein kardioprotektiver Effekt nachgewiesen<br />

werden [8]. Einen Vorteil scheint Raloxifen<br />

hinsichtlich der Kataraktentstehung zu besitzen, welches<br />

ebenfalls zu den Risiken einer Tamoxifen-<strong>Therapie</strong> zählt.<br />

Raloxifen wird heute für postmenopausale Frauen zwischen<br />

50 und 70 zur Behandlung der Osteopenie und<br />

Osteoporose empfohlen, wenn ein erhöhtes Brustkrebsrisko<br />

vorliegt [9].<br />

Neue Substanzen: Bazedoxifene, Lasofoxifen und<br />

Ospemifen<br />

Neue Substanzen mit günstigem Nebenwirkungsprofil, die<br />

sog. dritte Generation der SERMs – Bazedoxifene, Lasofoxifen<br />

und Ospemifen – werden derzeit in Präventions-<br />

32<br />

22/1/2013<br />

und <strong>Therapie</strong>studien eingesetzt. Lasofoxifen, ein neuer<br />

selektiver Östrogenrezeptormodulator, wurde primär zur<br />

Behandlung der Osteoporose geprüft und zeigte dabei auch<br />

eine Reduktion <strong>des</strong> Brustkrebsrisikos. Gegenüber den bisherigen<br />

Medikamenten dieser Gruppe (Raloxifen und Tamoxifen)<br />

zeigt Lasofoxifen eine verbesserte enterale Resorption.<br />

Neben der wirksamen Osteoporosebehandlung zeigt<br />

Lasofoxifen einen positiven Effekt auf den Fettstoffwechsel.<br />

Ein für Frauen nach den Wechseljahren besonders angenehmer<br />

Nebeneffekt ist eine Verbesserung der Scheidentrockenheit<br />

und anders als beim Tamoxifen wird das Endometrium<br />

nicht stimuliert. Nach einer vorliegenden Analyse<br />

reduziert Lasofoxifen präventiv das Brustkrebsrisiko um<br />

ca. 83 %, das Herzinfarkrisiko um 32 % und das Risiko<br />

eines Schlaganfalls um 36 %. Damit wäre Lasofoxifen in<br />

der Brustkrebsprävention genauso wirksam wie Tamoxifen,<br />

aber um einiges günstiger im Nebenwirkungsprofil.<br />

Lasofoxifen und Ospemifen könnten somit künftig neben<br />

der Behandlung der vulvo-vaginalen Atrophie auch zur<br />

Brustkrebsprävention eingesetzt werden [10].<br />

Aromataseinhibitoren (AI)<br />

Der erste Aromataseinhibitor war das Aminoglutethimid,<br />

welches in Kombination mit Prednisolon beim metastasierten<br />

Mammakarzinom wirksam war [11]. Aminoglutethimid<br />

hemmt den Aufbau von Androgenen, Östrogenen<br />

und den suprarenalen kortikalen Hormonen (Glucokortikoide<br />

und Mineralokortikoide) und musste <strong>des</strong>halb mit<br />

Prednisolon kombiniert werden. In der <strong>adjuvante</strong>n Situation<br />

zeigte Aminoglutethimid in Kombination mit Tamoxifen<br />

keine besseren Ergebnisse als Tam alleine [12].<br />

Moderne Aromatase-Inhibitoren blockieren isoliert die<br />

Bildung von Östrogenen aus den androgenen Vorstufen<br />

Testosteron und Androstendion durch die Hemmung <strong>des</strong><br />

Enzyms Aromatase (Abb.1).<br />

Aufgrund der Pharmakologie werden Aromatase-Inhibi


22/1/2013<br />

Abb.1. Pharmakologische Angriffspunkte der Aromataseinhibitoren (AI), bzw. Aminoglutethimid (AG).<br />

toren (AI) nur zur <strong>adjuvante</strong>n Behandlung von postmenopausalen<br />

Frauen mit einem ER-positiven Mammakarzinom<br />

eingesetzt, da sie bei prämenopausalen Frauen zur<br />

einer Stimulation der ovariellen Östrogene führen.<br />

Drei Substanzen wurden zur endokrin <strong>adjuvante</strong>n <strong>Therapie</strong><br />

in großen Studien getestet:<br />

1. Anastrozol ATAC [13]<br />

2. Exemestan IES [14]<br />

3. Letrozol BIG 1-98 [15]<br />

33<br />

Senologie aktuell<br />

In allen Studien zeigen sich AI gegenüber Tam als effektiver<br />

in der Reduzierung von Rezidiven [16].<br />

Nach der letzten Auswertung <strong>des</strong> BIG 1-98 Trial zeigt<br />

sich ein Vorteil im Gesamtüberleben für die AI Gruppe<br />

vs. Tamoxifen, jeweils bei der Monotherapie. Dieser Vorteil<br />

ist bei nodal negativen Patientinnen (HR 0.82) geringer<br />

als bei den nodal positiven (HR 0.74). In den Studienarmen<br />

mit „Switch“ (z. B. Tamoxifen gefolgt von Letrozol,<br />

oder Letrozol gefolgt von Tamoxifen) zeigte sich<br />

kein Unterschied zur 5 Jahres-Monotherapie mit Letro


Senologie aktuell<br />

zol. Die beobachteten kardialen Probleme verteilten sich<br />

zwar gleich häufig in der Letrozol und der Tamoxifen<br />

Gruppe (Letrozol 4.8 % versus Tamoxifen 4.7 %),<br />

schwerwiegende Probleme traten unter AI jedoch signifikant<br />

häufiger auf [17].<br />

Reine Antiöstrogene: Fulvestrant<br />

Fulvestrant bindet kompetitiv an den Östrogenrezeptor mit<br />

einer dem Östradiol vergleichbaren Bindungsaffinität. Die<br />

Substanz unterscheidet sich in ihrem Wirkmechanismus<br />

grundlegend von den SERM-Wirkstoffen (selektiven<br />

Östrogenrezeptormodulatoren) wie Tamoxifen. Da die<br />

Substanz keine partiell agonistische Wirkung wie Tamoxifen<br />

besitzt, wird erstmals eine vollständige Deaktivierung<br />

<strong>des</strong> Östrogenrezeptors erreicht. Fulvestrant verhindert<br />

zusätzlich die Rezeptordimerisierung. Dadurch bleibt der<br />

Rezeptor gänzlich inaktiv und wird beschleunigt abgebaut<br />

(Downregulation). Des Weiteren weist Fulvestrant im Gegensatz<br />

zu den SERMs keine Kreuzresistenzen zu anderen<br />

Antiöstrogenen oder Aromatasehemmern auf [18].<br />

Zugelassen ist Fulvestrant für die Behandlung postmenopausaler<br />

Frauen mit östrogenrezeptor-positivem, lokal<br />

fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs, beim<br />

Rezidiv während oder nach <strong>adjuvante</strong>r Antiöstrogentherapie<br />

sowie bei Progression der Erkrankung unter einer<br />

Antiöstrogentherapie.<br />

Die CYP2D6 „Story“<br />

Heute wird der Ausdruck „personalisierten Medizin“ für<br />

die Individualisierung der <strong>Therapie</strong> aufgrund molekulargenetischer<br />

Erkenntnisse benutzt. Es ist lange bekannt, dass<br />

Patienten mit identischer Diagnose auf die Behandlung mit<br />

dem gleichen Medikament unterschiedlich ansprechen.<br />

Man hofft auf molekularbiologischer Ebene künftig Unterschiede<br />

in der genomischen DNA, der mRNA und der Pro-<br />

34<br />

22/1/2013<br />

teine bereits im Vorfeld zu erkennen, um damit vorauszusehen,<br />

ob bzw. wie die Patientin z. B. auf eine Tamoxifentherapie<br />

anspricht. Bekannt ist, dass Tamoxifen erst durch<br />

das polymorphe Enzym CYP2D6 zum wirksamen Metaboliten,<br />

dem Endoxifen wird. Jede zehnte Patientin gehört zu<br />

den „Poor Metabolizers“ mit einer zu geringen Aktivität<br />

dieses essentiellen Biokatalysators. Dennoch fanden die<br />

Subanalysen der Breast International Group (BIG)<br />

1-98-Studie sowie der ATAC- und IBIS I – Studie, dass<br />

der CYP2D6 Genotyp keinen klinischen Einfluss auf die<br />

Wirksamkeit der endokrinen <strong>Therapie</strong> hat. Auch zeigte<br />

sich keine Korrelation zwischen dem Auftreten von Nebenwirkungen<br />

und der <strong>Therapie</strong> effektivität. Kleinere Studien<br />

legen jedoch weiterhin die Vermutung nahe, dass eine<br />

niedrige CYP2D6 Aktivität mit einer erhöhten Rezidivrate<br />

<strong>des</strong> <strong>Mammakarzinoms</strong> einhergehen könnte [19].<br />

Umgekehrt zeigt sich aber auch ein interessantes Ergebnis:<br />

Bei einer Untersuchung an 297 Frauen mit Tamoxifentherapie<br />

konnte festgestellt werden, dass eine hohe<br />

Aktivität <strong>des</strong> Enzyms die unerwünschten Wirkungen verstärkt<br />

und negativ mit der Compliance korreliert [20].<br />

Da bislang die Auswertungen aller großen Studien keine<br />

Assoziation zwischen dem individuellen CYP2D6-Status<br />

and erkrankungsfreier Überlebenszeit bei den mit Tamoxifen<br />

behandelten Patientinnen zeigen, kann derzeit eine<br />

CYP2D6-Phänotypiserung zur <strong>Therapie</strong>planung nicht<br />

empfohlen werden.<br />

Ganz ohne Einfluss scheint das Enzymsystem jedoch nicht<br />

zu sein. Bei einer gleichzeitigen antidepressiven Behandlung<br />

mit Vertretern aus der Gruppe der selektiven Serotonin-<br />

Reuptake-Inhibitoren (SSRI) z.B. dem Paroxetin – ein<br />

potenter CYP2D6-Inhibitor – lassen Studienregebisse vermuten,<br />

dass solche Interaktionen klinisch relevant sein<br />

könnten. In der Abhängig von der Dauer der Paroxetin-Einnahme<br />

ließ sich eine vergleichsweise erhöhte Brustkrebssterblichkeit<br />

feststellen [21]. Eine Paroxetin-Behandlung<br />

über die Dauer von 41 % der Tamoxifen-Einnahmezeit<br />

führte nach dieser Studie innerhalb von fünf Jahren unter 20


22/1/2013<br />

Patientinnen zu einem zusätzlichen Brustkrebsto<strong>des</strong>fall. Für<br />

eine Paroxetin-Einnahme während der gesamten Tamoxifen-<br />

<strong>Therapie</strong>dauer errechneten die Autoren eine NNH (number<br />

needed to harm) von 6,9 innerhalb von fünf Jahren. Es wird<br />

daher empfohlen, auf Antidepressiva auszuweichen, die<br />

CYP2D6 gar nicht oder nur schwach inhibieren, z. B. das<br />

Venlafaxine. Unklar ist die Bedeutung anderer gebräuchlicher<br />

Inhibitoren z.B. Diphenhydramine und Cimetidin.<br />

Auch bei der Aktivität von Aromatase-Inhibitoren sind<br />

genetische Polymorphismen (CYP19A1) bekannt, welche<br />

die Effektivität beeinflussen können [22].<br />

Die teilweise widersprüchlichen Ergebnisse zeigen, dass<br />

die Molekulargenetik doch komplexer ist als zunächst<br />

vermutet wurde. Aber es wird noch komplizierter. Nach<br />

der relativ neuen Erkenntnis, dass bestimmte Regionen<br />

der DNA („Junk DNA“) aktiviert beziehungsweise geblockt<br />

werden (Epigenetik), rückt nun das Stoffwechselgeschehen<br />

der einzelnen Zelle, das sog. Metabolom, in<br />

das Interesse der Forschung.<br />

Where is the Beef?<br />

Die endokrine <strong>Therapie</strong> bei postmenopausalen Mammakarzinompatientinnen<br />

führt verstärkt zu Hitzewallungen,<br />

Schweißausbrüchen, Nachtschweiß, vaginaler Trockenheit<br />

und leichtem Haarausfall. Während diese Veränderungen<br />

eindeutig auf die antihormonelle <strong>Therapie</strong> zurückzuführen<br />

sind, ist dies bei anderen Symptomen weniger<br />

sicher. So sind Nervosität, Reizbarkeit aber auch Müdigkeit,<br />

Lethargie und Leistungsabfall nicht selten Folge der<br />

Belastung durch Diagnose und <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Mammakarzinoms</strong>.<br />

Durchfall und Erbrechen wurde besonders bei<br />

Aromatasehemmern beschrieben.<br />

Etwa 75 % aller postmenopausalen Mammakarzinompatientinnen<br />

mit antiöstrogener <strong>Therapie</strong> leiden unter den vasomotorischen<br />

Beschwerden, die Hälfte davon schwerwiegend.<br />

35<br />

Senologie aktuell<br />

Es ist bekannt, dass Brustkrebspatientinnen die endokrine<br />

<strong>Therapie</strong> mit Tamoxifen oder einem AI <strong>des</strong>halb nicht selten<br />

auch gegen ärztlichen Rat vorzeitig beenden. Eine Studie<br />

aus England an 13 479 Frauen betätigt das Ausmaß <strong>des</strong> Problems.<br />

18.9 % der Patientinnen mit AI beenden die <strong>Therapie</strong><br />

vorzeitig. Bei Tamoxifen sind es 31,0 %. Bei jungen Frauen<br />

(unter 40 Jahren, alle mit Tamoxifen-Behandlung) betrug<br />

die Rate sogar 50.7 % [23]. Bei den älteren Frauen mit Aromatasehemmern<br />

„switchen” 14 % von einem Aromatasehemmer<br />

ungeplant auf Tamoxifen. Auch mit zusätzlichen<br />

Informationen und Motivationshilfen sinkt die Rate der<br />

<strong>Therapie</strong>abbrüche (Anastrozol PACT – Studie) nicht.<br />

Vor allem ohne Unterstützung durch das soziale Umfeld<br />

und ärztliche Beratung, bzw. Betreuung bei Nebenwirkungen<br />

nimmt die Zahl der <strong>Therapie</strong>abbrüche zu. Damit<br />

ist der Nutzen einer endokrinen <strong>Therapie</strong> außerhalb von<br />

Studien vermutlich geringer als erhofft.<br />

Medikamentenfreie Reduzierung der Östrogene<br />

Nachweislich ist die Gewichtsreduktion eine effektive endokrine<br />

Maßnahme bei postmenopausalen Frauen. Patientinnen<br />

mit einem BMI (Body Mass Index) von 30 und<br />

mehr sind meist älter, zeigten aber fortgeschrittenere<br />

Brustkrebsstadien als Patientinnen mit BMI von 25 und<br />

weniger. Nach der Primärbehandlung bleibt der erhöhte<br />

BMI nicht nur ein Risikofaktor für ein lokoregionäres<br />

Rezidiv, sondern mindert auch das Gesamtüberleben. Verantwortlich<br />

dafür sind nicht nur erhöhte Östrogen-, Insulin-<br />

und Leptinwerte, sondern möglicherweise auch erhöhte<br />

Entzündungsmediatoren. Auch zeigen einzelne Studien.<br />

dass bei übergewichtigen Patientinnen die endokrine<br />

<strong>Therapie</strong> vergleichsweise weniger wirksam ist [24].<br />

Neben der Gewichtsreduktion sind Bewegung und geänderter<br />

Lebensstil (Ernährung, Bewegung, Genussmittel)<br />

weitere Faktoren durch welche die Patientinnen den<br />

Krankheitsverlauf eigenständig beeinflussen können.


Senologie aktuell<br />

Tab. 2. Faktoren, welche die Wahl der geeigneten endokrinen <strong>Therapie</strong> beeinflussen.<br />

Katarakt, Retinopathien Kontraindikation für Tam<br />

Tiefe Becken-Beinvenenthrombose Kontraindikation für Tam<br />

Übergewicht Cave AI (Unterdosierung)<br />

diabetische Stoffwechsellage Ggf. <strong>Therapie</strong> mit Metformin<br />

Fettstoffwechselstörungen Cave AI (möglicherweise erhöhtes kardiales Risiko)<br />

Antidepressiva Cave Tam (Paroxetin)<br />

Osteopenie, Osteoporose Cave AI (ggf. Bisphosphonat)<br />

kardiale Erkrankungen Cave AI (erhöhte Morbidität)<br />

Rheumatischer Symptomenkomplex Cave AI (Symptomverschlechterung möglich)<br />

Sexualität Cave AI (Minderung <strong>des</strong> sexuellen Interesses, Lubrifikation)<br />

Medikamentöse endokrine <strong>Therapie</strong><br />

Vor Beginn der endokrinen <strong>Therapie</strong> sind Anamnese und<br />

Befunderhebung unverzichtbar. Diese bezieht sich im<br />

Wesentlichen auf wenige Faktoren (Tabelle 2):<br />

• Gewicht (BMI) und diabetische Stoffwechsellage, Fettstoffwechselstörungen<br />

• Medikamentenanamnese (Wechselwirkungen, Hinweis<br />

auf vorbestehende Erkrankungen)<br />

• Vorerkrankungen (Thrombosen, kardiale Erkrankungen,<br />

Rheumatischer Symptomenkomplex),<br />

• Osteopenie, Osteoporose (-Index),<br />

• Augenproblematik (Katarakt, Retinopathien)<br />

• Sexualität<br />

Nach Anamnese und einer abgewogenen Life Style Beratung<br />

sollte eine Berücksichtigung der Lebenswelt der<br />

Patientin erfolgen (Alter, Partner, Sexualität, Beruf), da<br />

das Nebenwirkungsprofil Einfluss auf das Leben und Erleben<br />

der Patientinnen haben kann. Vor Beginn der <strong>Therapie</strong><br />

wird darauf hingewiesen ggf. das Übergewicht zu<br />

36<br />

22/1/2013<br />

reduzieren und eine diabetische Stoffwechsellage auszuschließen,<br />

bzw. zu therapieren (Metformin). Der negative<br />

Einfluss der AI bei sexuell aktiven Frauen wird oft<br />

unterschätzt. Die Muskel und Gelenkbeschwerden unter<br />

AI sind meist erträglich (abendliche Einnahme, nichtsteroidale<br />

Antirheumatika) und gehen nach zwei Monaten<br />

der Anwendung zurück.<br />

Zeigt sich kein erhöhtes Thromboserisiko und sind Katarakt<br />

und Retinopathie ausgeschlossen, wird die <strong>Therapie</strong><br />

mit Tam begonnen (Cave: Antidepressiva). Liegen keine<br />

kardiale Vorerkrankungen, keine gravierende Fettstoffwechselstörung<br />

und keine manifeste Osteoporose vor und<br />

besteht ein erhöhtes Thromboserisiko, Katarakt oder Retinopathie,<br />

kann die <strong>Therapie</strong> mit einem AI begonnen<br />

werden. Auch beim erhöhten Rezidivrisiko sollte nach<br />

sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung mit einem AI gestartet<br />

werden. Bei Vorliegen einer Osteopenie ist die<br />

Kombination mit einem Bisphosphonat zu empfehlen.<br />

Je<strong>des</strong> schematische Vorgehen hat Grenzen. Nicht selten<br />

sind Patientinnen keine eindeutigen Kandidatinnen für AI


22/1/2013<br />

oder Tam, z.B. die Patientin mit erhöhtem kardialen Risiko<br />

und erhöhtem Thromboserisiko (Adipositas, Hypertonus,<br />

Raucherin). Dann ist eine Risikoabwägung schwierig<br />

und ggf. erst nach internistischem Konsil möglich.<br />

Wurde die <strong>Therapie</strong> mit Tam begonnen, wird nach drei,<br />

nach Beginn mit AI nach zwei Jahren eine Zwischenanamnese<br />

erhoben. In der Regel erfolgt dann der „Switch“<br />

d.h. die endokrine <strong>Therapie</strong> wird mit dem alternativen<br />

Medikament insgesamt 5 Jahre fortgesetzt. War die Patientin<br />

primär nodalpositiv oder gehört zur high risk-Gruppe,<br />

kann die <strong>Therapie</strong> mit Tam (bei guter Verträglichkeit und<br />

Kontraindikationen für AI) über 5–10 Jahre fortgesetzt<br />

und/oder nach 5 Jahren für weitere zwei bis fünf Jahre<br />

Letrozol (nach 4–6 Jahren Tam) gegeben werden, sog.<br />

„extended adjuvant endocrine therapy“ [25]. Die verlängerte<br />

Gabe zeigt sich besonders effektiv bei initial prämenopausalen<br />

Frauen, die im Laufe der <strong>Therapie</strong> postmenopausal<br />

werden. Cave! bei jungen Frauen (unter 48 Jahren)<br />

kann die Gabe eines AI auch bei amenorrhoischen Frauen<br />

nach Chemotherapie zur ovariellen Stimulation führen!<br />

Zusammenfassend ist nach den vorliegenden Ergebnissen<br />

die <strong>Therapie</strong>empfehlung (unter Beachtung der relativen<br />

und absoluten Kontraindikationen) für postmenopausale<br />

Patientinnen mit niedrigem Rezidivrisiko (invasiv duktal,<br />

Luminal A (ER pos und PR pos), N0, T1/2, G1/2):<br />

3 Jahre Tamoxifen, gefolgt von einem Aromatasehemmer<br />

(Letrozol/Exemestan) für insgesamt 5 Jahre.<br />

Bei postmenopausalen Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko<br />

(Luminal B (PR neg), N1/2, G3) unter Beachtung<br />

der relativen und absoluten Kontraindikationen:<br />

2 Jahre Aromatasehemmer (Letrozol) gefolgt von Tamoxifen<br />

für insgesamt 5 Jahre.<br />

Bei N1/2 sollte die verlängerte endokrine <strong>Therapie</strong><br />

erwogen werden.<br />

37<br />

Keine Regel ohne Ausnahme<br />

Senologie aktuell<br />

Lobuläre Karzinome und Tumoren mit erhöhtem Proliferationsindex<br />

(KI 67 >14 %) scheinen von einem <strong>Therapie</strong>beginn<br />

mit AI (Letrozol) zu profitieren [26]. Noch ist<br />

dies kein Standard.<br />

Aktuelle Untersuchungen lassen auch einen Zusammenhang<br />

zwischen ER-Rezeptorpositivität und rezidivfreiem<br />

Überleben in Abhängigkeit von der endokrinen <strong>Therapie</strong><br />

vermuten. Bei hohem ER Rezeptor war im Team-Trial<br />

(Tamoxifen Exemestane Adjuvant Multinational) der<br />

Beginn mit Exemestan effektiver. Das würde bedeuten<br />

hohes Risiko und hoher ER – zunächst AI (gefolgt von<br />

Tam), niedriges Risiko und niedriger ER – Switch (Tam<br />

gefolgt von AI). Dieses Ergebnis zeigte sich übrigens<br />

unabhängig vom histologischen (intraduktal/lobulär)Typ<br />

[27]. Noch wurden diese Ergebnisse nicht bestätigt.<br />

Warum „Switch“?<br />

Der festgestellte Nutzen einer alleinigen AI <strong>Therapie</strong><br />

über 5 Jahre besteht nur gegenüber Tam für fünf Jahre.<br />

Beide Formen <strong>des</strong> „Switch“ sind in der Effektivität mit<br />

AI alleine für 5 Jahre gleichzusetzen. Dies kann an den<br />

ins gesamt sehr guten Behandlungsergebnissen beim<br />

frühen Mammakarzinom liegen. Es könnte aber auch<br />

sein, dass eine erhöhte kardiovaskuläre Toxizität von<br />

Aromatase- Inhibitoren die Vorteile zunichte macht, die<br />

aber durch eine „Switch“-Strategie vermieden werden<br />

könnten [28].<br />

Argumente für den Beginn im Switch mit Tamoxifen<br />

1. Die Gabe von Tam kann altersunabhängig auch bei<br />

perimenopausalen Patientinnen begonnen werden und<br />

zeigt bei älteren Frauen eine Reduktion der kardialen<br />

Mortalität.


Senologie aktuell<br />

2. Tam hat keinen negativen Einfluss auf eine möglicherweise<br />

bestehende Osteopenie.<br />

3. Tam zeigt weniger negativen Einfluss auf die Sexualität<br />

(Dyspareunierate geringer als bei AI, weniger Lubrifikationsstörungen)).<br />

4. Bei Patientinnen mit Übergewicht gibt es Hinweise auf<br />

eine mögliche Unterdosierung der Aromatsaseinhibitoren<br />

[29] obwohl die klinischen Ergebnisse keinen Unterschied<br />

in der Wirksamkeit zeigen konnten [30]. Es<br />

ist <strong>des</strong>halb fraglich ist ob dies eine klinische Relevanz<br />

besitzt [31].<br />

Wann primär Aromatasehemmer ?<br />

Die unerwünschten Wirkungen der AI scheinen umso<br />

stärker, je kürzer nach der Menopause sie eingesetzt werden.<br />

Dies gilt für die typischen Muskel- und Skelettbeschwerden<br />

– meist latent bereits vorhanden – ebenso<br />

wie für die negativen Folgen auf die Sexualität [32]. Vor<br />

einem Beginn mit AI sollten serologische (Fettstoffwechsel)<br />

und kardiologische Untersuchungen ein erhöhtes<br />

Risiko für kardiale Ereignisse ausschließen. Wegen <strong>des</strong><br />

Osteoporoserisikos ist eine Osteopenie zu berücksichtigen.<br />

Bei älteren Patientinnen sprechen die beiden letztgenannten<br />

Faktoren häufig gegen eine längere AI <strong>Therapie</strong>.<br />

Eine Untersuchung an 1 011 Frauen nach einer endokrinen<br />

Behandlung zeigte, das ca. 70 % der Patientinnen über Störungen<br />

der Sexualfunktion klagen [33]. Besonders oft<br />

wurde diese Beeinträchtigung der Lebensqualität bei postmenopausalen<br />

Patientinnen unter der Behandlung mit<br />

einem Aromatasehemmer gefunden. Unter der Einnahme<br />

von Tamoxifen traten weniger Störungen der Sexualfunktion<br />

auf. Ein weiterer Faktor, welcher das Sexualleben beeinträchtigt,<br />

ist jedoch auch das gestörte Körperempfinden.<br />

Nach einer kanadischen Metaanalyse von sieben randomisierten<br />

klinischen Studien mit 30 023 Patientinnen ergibt<br />

sich eine erhöhte Rate von kardiovaskulären Erkran-<br />

38<br />

22/1/2013<br />

kungen bei Patientinnen, die mit Aromatase-Inhibitoren<br />

behandelt wurden, auch wenn der Unterschied zu Tamoxifen<br />

gering ist [34]. Die Studie errechnet eine „Number<br />

Needed to Harm“ (NNH) von 132 Patientinnen auf die<br />

unter der Behandlung mit Aromatase-Inhibitoren ein zusätzliches<br />

kardiovaskuläres Ereignis kommt. Etwas geringer<br />

(und damit ungünstiger) ist die NNH mit 46 beim<br />

Endpunkt Knochenbrüche, die unter Aromatase-Inhibitoren<br />

häufiger sind als unter Tamoxifen.<br />

Dem steht unter Tamoxifen eine erhöhte Rate von venösen<br />

Thromboembolien (NNH 79) und Endometriumkarzinomen<br />

(NNH 258) gegenüber. Zusammenfassend ergibt<br />

sich ein leicht (plus 11 Prozent), aber nicht signifikant erhöhtes<br />

Risiko, dass Frauen unter der <strong>Therapie</strong> mit einem<br />

Aromatase-Inhibitor an anderen Krankheiten (außer dem<br />

Mammakarzinom) sterben. Dieser Unterschied findet sich<br />

sowohl im Vergleich mit einer fünfjährige Tamoxifen-<br />

Behandlung, als auch mit der „Switch“- Strategie. Dabei<br />

spielt in diesem Vergleich – AI vs. Tam, bzw. Switch –<br />

auch das Alter eine Rolle. Aus retrospektiven Studien<br />

wissen wir, dass sie Wahrscheinlichkeit einer über 66<br />

jährigen Frau an einer kardiovaskulären Erkrankung zu<br />

versterben, höher ist als die Sterblichkeit am Mammakarzinom<br />

(15.9 % vs. 15.1 %).<br />

Unklar ist noch inwieweit AI einen Einfluss auf kognitive<br />

Gehirnfunktionen (Denken und Merken) haben. Hier gibt<br />

es deutliche Unterschiede im objektiv Messbaren und der<br />

subjektiven Wahrnehmung, insgesamt sind die Einschränkungen<br />

nach Absetzten rückläufig [35].<br />

Deshalb sollten AI nur dann zu Beginn eingesetzt werden,<br />

wenn ein erhöhtes Rezidivrisiko besteht oder eine<br />

Kontraindikation gegen Tam vorliegt.<br />

Überexpression von HER2<br />

Ob für die Auswahl der <strong>adjuvante</strong>n <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> <strong>Mammakarzinoms</strong><br />

der HER2/neu-Status als prognostischer


Senologie aktuell<br />

Faktor herangezogen werden sollte ist nicht abschließend<br />

geklärt. Einige Studien lassen vermuten, dass die Überexpression<br />

von HER2 die Wirkung einer endokrinen <strong>Therapie</strong>,<br />

insbesondere von Tamoxifen, abschwächt. Experimentelle<br />

Untersuchungen an Zelllinien sprechen ebenfalls<br />

dafür, dass Interaktionen zwischen ER und HER2 die Signaltransduktion<br />

in ER- und HER2-positiven Tumorzellen<br />

verändern und Tamoxifen in Tumorzellen mit starker<br />

HER2/neu-Expression wie ein Östrogenagonist wirken<br />

kann [36].<br />

Die klinische Bedeutung dieser experimentellen in-vitro-<br />

Befunde konnte jedoch durch die bisher vorliegenden,<br />

fast ausschließlich retrospektiven klinischen Auswertungen<br />

nicht sicher belegt werden, da zum Einfluss einer<br />

HER2-Expression auf das Ansprechen gegenüber Tamoxifen,<br />

sowohl in der (neo-)<strong>adjuvante</strong>n als auch in der<br />

metastasierten Situation, widersprüchliche Ergebnisse publiziert<br />

wurden [37]. Vor diesem Hintergrund ist die derzeitige<br />

Diskussion um die optimale <strong>adjuvante</strong> Hormontherapie<br />

bei Patientinnen mit HER2-positivem Mammakarzinom<br />

zu sehen.<br />

Unstrittig ist, dass Patientinnen mit ER und HER2 Positivität<br />

auch von der endokrin <strong>adjuvante</strong>n <strong>Therapie</strong> profitieren.<br />

Präklinische Daten und Subgruppen-Analysen liefern<br />

Hinweise darauf, dass bei postmenopausalen Patientinnen<br />

mit HER2-positivem und ER-positivem/PR-negativem<br />

Mammakarzinom die <strong>adjuvante</strong> Gabe eines AI besser<br />

wirksam ist als Tamoxifen.<br />

Insgesamt wird man bei bekannt erhöhtem Rezidivrisiko<br />

der HER2 positiven Tumoren den AI Einsatz großzügig<br />

indizieren.<br />

Sind alle Aromatase-Inhibitoren gleich wirksam?<br />

Da es bislang nur einen direkten Vergleich (Exemestan<br />

vs. Anastrozol) gibt, kann man diese Frage nicht mit Si-<br />

40<br />

22/1/2013<br />

cherheit beantworten. Dieser Vergleich (MA. 27) betätigt<br />

die Effektivität beider Substanzen bei leicht unterschiedlichem<br />

Nebenwirkungsprofil [38]. Die ausführlichsten<br />

Daten liegen nach wie für Anastrozol und Letrozol vor.<br />

Es gibt aber keinen erkennbaren Grund Exemestan nicht<br />

ebenfalls am Anfang der <strong>Therapie</strong> einzusetzen. Vergleicht<br />

man Effektivität und unerwünschte Wirkungen<br />

könnte Letrozol als Substanz der ersten Wahl bezeichnet<br />

werden [39]. Im Bezug auf die Verträglichkeit (TEAM<br />

Trial) erscheint auch der Beginn mit Tam gefolgt von Exemestan<br />

ist eine Alternative zu sein [40].<br />

Warum bei niedrigem Risiko nicht nur 5 Jahre Tam?<br />

Nach dem Motto „old but good enough“ raten nicht wenige<br />

Therapeuten bei low risk Patientinnen (z. B.: G1 pT1<br />

N0) zur fünfjährigen Tam <strong>Therapie</strong>. Nach allen vorliegenden<br />

Erfahrungen ist Tamoxifen nicht grundsätzlich<br />

das „harmlosere“ Medikament. Die chronische östrogene<br />

Stimulation <strong>des</strong> Endometriums führt über eine längere<br />

Dauer zur mehr Endometriumveränderungen als die kürzere<br />

<strong>Therapie</strong> [41]. Zudem steigt die Gefahr thromboembolischer<br />

Komplikationen. Ob allerdings die Vorstellung<br />

noch aufrecht zu erhalten ist, dass bei längerer Gabe die<br />

Gefahr der Resistenzentwicklung besteht, die sogar zur<br />

Stimulation führen kann, muss nach den ATLAS Daten<br />

(5 vs. 10 Jahre Tam) bezweifelt werden. Wenn keine<br />

Kontraindikationen gegen AIs bestehen, dann sollten<br />

diese nach drei Jahren Tam eingesetzt werden.<br />

Warum weiter Letrozol nach 5 Jahren Tam?<br />

Das Rezidivrisiko vieler Brustkrebspatientinnen ist nach<br />

fünf Jahren nicht beseitigt. Auch späte Rezidive zeigen<br />

eine schlechte Prognose. Die vom Spätrezidiv (länger als<br />

5 Jahre nach Erstbehandlung) betroffenen Frauen haben<br />

im Vergleich zu Frauen ohne Rezidiv ein mehr als fünfmal<br />

so hohes Risiko Fernmetastasen zu entwickeln und


22/1/2013<br />

an der Erkrankung zu versterben [42]. Dies ist die Rationale<br />

für die verlängerte <strong>Therapie</strong> bei den nodal positiven<br />

Mammakarzinomen, vorausgesetzt dass die Patientinnen<br />

die <strong>Therapie</strong> tolerieren.<br />

Was tun, wenn trotz aller Argumente die Patientin<br />

keine antiöstrogene <strong>Therapie</strong> toleriert?<br />

Wenn die Patientinnen trotz aller Argumente und effektiver<br />

<strong>Therapie</strong>versuche der Nebenwirkungen auch nach<br />

Wechsel <strong>des</strong> Präparats nicht zur Fortsetzung der <strong>Therapie</strong><br />

zu motivieren sind (ca. 25–30 %), gibt es keine gesicherte<br />

vergleichbar wirksame Alternative. Aber bevor man resigniert<br />

und der Patientin zu ungesicherten Konzepten rät<br />

(Ut aliquid fieri videatur, Um es so aussehen zu lassen, es<br />

werde etwas getan) sollte man berücksichtigen, dass es<br />

Ansätze gibt, die zumin<strong>des</strong>t nicht völlig unsinnig sind.<br />

Reinduktion<br />

Wenn Patientinnen nach 2–3 Jahren Tamoxifen die weitere<br />

<strong>Therapie</strong> ablehnen, kann man eine <strong>Therapie</strong>pause<br />

einlegen. Danach sollte aber der Versuch erfolgen die<br />

Patientin zur erneuten <strong>Therapie</strong> mit Letrozol zu motivieren.<br />

Die Analyse der MA 17 Studie zeigt, dass auch<br />

nach längerer <strong>Therapie</strong>unterbrechung im Switch noch<br />

eine signifikante Effektivität und Risikoreduktion zu<br />

beobachten ist [43].<br />

Alternative SERMS<br />

Wenn Patientinnen auch nach guter Aufklärung Tamoxifen<br />

absetzen wollen, wäre Toremifen eine denkbare Alternative,<br />

da es häufig besser vertragen wird. Toremifen<br />

ist aber bislang für diese Indikation nicht zugelassen. Bei<br />

Vorliegen einer Osteoporose kann Raloxifen rezeptiert<br />

werden. Beide Substanzen wirken antiöstrogen und sind<br />

vermutlich wirksamer als keine endokrine <strong>Therapie</strong>.<br />

Künftig werden Lasofoxifen und Ospemifen besonders<br />

bei vulvo-vaginaler Atrophie und Dyspareunie als Alternativen<br />

zur Verfügung stehen.<br />

41<br />

Senologie aktuell<br />

Anti-hormonal Drug Holidays<br />

Im SOLE Trial wird geprüft ob eine <strong>Therapie</strong>pause von<br />

drei Monaten (nach einer neunmonatigen Einnahme)<br />

einen Einfluss auf die Ergebnisse hat. Die Hypothese<br />

geht davon aus, dass die Unterbrechung eventuell sogar<br />

die Tumorzellen stärker gegen die <strong>Therapie</strong> sensibilisiert,<br />

bzw. weniger Resistenzentwicklung zu beobachten ist<br />

[44]. Wenn die Patientinnen dieses Purge-Konzept (engl.<br />

Purge, „Auswaschphase“) annehmen, ist dies dem Abbruch<br />

der <strong>Therapie</strong> vorzuziehen.<br />

Salicylate<br />

Es gibt eine Reihe von Daten die auf einen positiven Einfluss<br />

von Salicylaten in der primären und sekundären<br />

Prävention hindeuten. 4164 Patientinnen mit Brustkrebs<br />

wurden im Rahmen der Nurses Health Study auf die Einnahme<br />

von Aspirin und die Rezidivhäufigkeit beim<br />

Brustkrebs untersucht. Die Risikoreduktion war eindeutig<br />

und zwar abhängig von der Häufigkeit der Einnahme und<br />

der Aspirindosis [45]. Wenn sich diese Studie bestätigt,<br />

könnten Frauen ihr Brustkrebsrezidivrisiko mit der regelmäßigen<br />

Einnahme von Aspirin (drei normale Dosen pro<br />

Woche) um ca. die Hälfte verringern. Über den Wirkungsmechanismus<br />

wurde viel spekuliert. Es konnten bei<br />

Frauen nach den Wechseljahren mit Aspirineinnahme um<br />

ca. 10 % niedrigere Östrogenspiegel gemessen werden. In<br />

der Studie war die Aspirinwirkung jedoch rezeptorunabhänig.<br />

Die Acetylsalicylsäure wirkt unter anderem auch<br />

durch die Hemmung der sogenannten Cyclooxygenasen.<br />

Diese Enzyme sind bei der Entstehung von entzündlichen<br />

Vorgängen im Körper wesentlich beteiligt. Welche Rolle<br />

sie bei der Entstehung von Tumorrezidiven spielen, ist<br />

bislang nicht bekannt. Eine der Vermutungen ist, dass<br />

spezifische Hemmstoffe der Cyclooxygenasen (z.B. Celecoxib<br />

als COX-2-Antagonist) die Entzündungsreaktion<br />

im Gewebe um Tumorzellen herum verringern und damit<br />

die Entwicklung von Mikrometastasen blockieren. Ob<br />

dies ein neuer Ansatz zur Behandlung sein könnte, untersucht<br />

die REACT Studie (multizentrische, randomisierte,<br />

doppelblinde Studie der Phase III zum Vergleich von


Senologie aktuell<br />

Celecoxib versus Placebo bei Patientinnen mit primärem<br />

Mammakarzinom).<br />

Salicylate nehmen über das Enzym AMPK (AMP-Activated<br />

Protein Kinase) Einfluss auf den Energiestoffwechsel<br />

in den Zellen und können darüber die Zellteilung<br />

hemmen [46]. Die Aktivierung von AMPK führt andererseits<br />

zu einem Anstieg der Fettverbrennung und einem<br />

Abbau von Fett in der Leber [47]. Über die Aktivität von<br />

AMPK könnten Salicylate auch einer diabetischen Stoffwechsellage<br />

entgegenwirken. Tatsächlich gibt es für Salsalat,<br />

ein derzeit nicht gebräuchliches Salicylat, Belege<br />

für eine Wirkung beim Typ-2-Diabetes mellitus [48].<br />

Noch kann man Brustkrebspatientinnen aufgrund dieser<br />

Daten nicht zur Einnahme von Acetylsalicylsäure raten.<br />

Erst wenn in weiteren Studien mit einer sorgfältigen<br />

Risiko-Nutzen Analyse unter Berücksichtigung der bekannten<br />

Nebenwirkungen der Acetylsalicylsäure (Sodbrennen,<br />

Magenschmerzen und Blutungen im Verdauungstrakt)<br />

der positive Effekt bestätigt wird, rechtfertigt<br />

sich eine entsprechende <strong>Therapie</strong>empfehlung. Dennoch,<br />

wenn Patientinnen die nachweislich wirksame Nachbehandlung<br />

mit Tamoxifen oder einem Aromatasehemmer<br />

– aus welchen Gründen auch immer – absetzen und alle<br />

Versuche scheitern sie zur weiteren Einnahme zu bewegen,<br />

könnte ein Versuch der präventiv „<strong>adjuvante</strong>n“<br />

<strong>Therapie</strong> mit Aspirin vielleicht besser sein als keine<br />

Nachbehandlung [49]. Hinzu kommt, dass Aspirin<br />

offenbar auch das Risiko eines Endometriumkarzinoms<br />

reduziert [50]. Es scheinen jedoch nur adipöse Frauen<br />

zu profitieren.<br />

Bestimmung der Brustdichte<br />

Wie wissen wir, dass Tamoxifen die röntgenologische<br />

Dichte der Brust vermindern kann (gilt in gleicher Weise<br />

für AI). Bislang war jedoch nicht bekannt, ob diese Abnahme<br />

der Brustdichte mit der Risikoreduktion korreliert.<br />

Im Rahmen einer großen internationalen Studie (International<br />

Breast Cancer Intervention) wurden jetzt diese Zu-<br />

42<br />

22/1/2013<br />

sammenhänge untersucht [51]. Die Ergebnisse sind<br />

ebenso eindrucksvoll wie überraschend. Bei 123 Patientinnen<br />

mit Brustkrebs und Tamoxifeneinnahme, wurden<br />

die Veränderungen der Brustdichte nach 12–18 Monaten<br />

überprüft. Bei 46 % der Patientinnen kam es unter Tamoxifen<br />

zu einer Abnahme der Brustdichte um 10 % und<br />

mehr. Bei diesen Patientinnen betrug die Risikoreduktion<br />

63 %! Kam es unter Tamoxifen zu keiner Verminderung<br />

der Brustdichte, konnte auch keine signifikante Risikoreduktion<br />

beobachtet werden [52].<br />

Das würde bedeuten, ein Verzicht auf die endokrine <strong>Therapie</strong><br />

ist bei Patientinnen, bei denen sich die Brustdichte<br />

vermindert hat, folgenschwerer als bei Patientinnen ohne<br />

diese Effekt. Deshalb kann die Bestimmung der Brustdichte<br />

die Diskussion mit den Betroffenen erleichtern.<br />

Zusammenfassung<br />

Tamoxifen hat die Hormontherapie <strong>des</strong> <strong>Mammakarzinoms</strong><br />

begründet, doch aus guten Gründen ist heute die<br />

Kombination mit den neueren Aromatase-Inhibitoren<br />

(„Switch“) als <strong>Therapie</strong> der Wahl zu betrachten.<br />

Als Folge der <strong>Therapie</strong> („Hormonblocker“) kommt es<br />

regelhaft zu Ausfallserscheinungen (Hitzewallungen,<br />

Schweißausbrüchen, Nachtschweiß, vaginale Trockenheit<br />

und Haarausfall) die bei 25–30 % zum vorzeitigen Absetzten<br />

der Medikamente führen. Daneben sind die wichtigsten<br />

unerwünschten Wirkungen der endokrinen <strong>Therapie</strong><br />

mit Tamoxifen das induzierte Endometriumkarzinom,<br />

tiefe venöse Thrombosen, sowie Katarakt und Retinopathie.<br />

Hauptnebenwirkung der AI sind Knochen und Gelenkschmerzen<br />

(„muskulo-skelettale Probleme“) sowie<br />

ein erhöhtes Frakturrisiko (Osteoporose) und kardiale<br />

Ereignisse. Anders als Tam können AI einen negativen<br />

Einfluss auf die Knochendichte (Osteoporose) haben. Bei<br />

Patientinnen mit vorbestehenden Knochen- und Muskelerkrankungen<br />

ist <strong>des</strong>halb Vorsicht beim Einsatz von AI<br />

geboten. Der negative Einfluss auf die sexuelle Aktivität<br />

sollte berücksichtigt werden.


22/1/2013<br />

Für alle Patientinnen mit einem erhöhten kardiovaskulären<br />

Risiko ist (unter Berücksichtigung der Kontraindikationen)<br />

ein Beginn mit Tamoxifen mit Switch auf einen<br />

Aromatasehemmer zu bevorzugen. Patientinnen mit einer<br />

kardialen Ischämie in der Anamnese sollten nicht mit AI<br />

behandelt werden.<br />

Senologie aktuell<br />

Alternativen beruhen auf theoretischen Konzepten und<br />

sind nicht hinreichend geprüft. Dennoch können sie im<br />

Einzelfall bei entsprechender Aufklärung und unter<br />

Berücksichtigung <strong>des</strong> Zulassungsstatus als individueller<br />

<strong>Therapie</strong>versuch erwogen werden.<br />

Literatur<br />

Artikel mit Literaturverzeichnis auf Anfrage beim Verfasser.<br />

LUCRIN DEPOT ®<br />

Wirksam & individuell 1<br />

• Wirksam und zuverlässig 1<br />

• 1-Monats- und 3-Monatsdepot ermöglichen individuelle <strong>Therapie</strong> 1<br />

• Sanft: dünne Injektions-Nadel 2<br />

1 Arzneimittel-Fachinformation für Lucrin Depot ® : www.swissmedicinfo.ch, Stand der Informationen; Mai 2012. 2 Montgomery et al. Does needle size matter? Patient experience of luteinizing hormone-releasing hormone analogue injection. Prostate Cancer<br />

and Prostatic Diseases (2005) 8, 66–68. Kurzfassung Fachinformation Lucrin Depot ® 1/3/6 Mt (Leuprorelin): Z: Leuprorelinum; Zweikammerspritze I: Prostatakarzinom, 1M, 3M und 6M Depot: Symptomatische Behandlung <strong>des</strong> fortgeschrittenen<br />

hormonabhängigen Prostatakarzinoms. Als alternative Behandlung, wenn Orchiektomie oder Östrogengaben nicht indiziert oder für den Patienten nicht zumutbar sind; Mammakarzinom, 1M und 3M Depot: Adjuvante <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> frühen operablen <strong>Mammakarzinoms</strong><br />

und <strong>Therapie</strong> <strong>des</strong> fortgeschrittenen, metastasierenden <strong>Mammakarzinoms</strong> bei prämenopausalen Frauen mit Rezeptor-positiven Tumoren, bei denen eine Hormontherapie angezeigt ist; Endometriose, 1M und 3M Depot: Symptomatische,<br />

laparaskopisch gesicherte Endometriose, wenn eine Unterdrückung der ovariellen Hormonbildung angezeigt ist, sofern die Erkrankung nicht primär einer chirurgischen <strong>Therapie</strong> bedarf. Zur Reduktion der Östrogenmangelsymptome wird eine add-back<br />

<strong>Therapie</strong> empfohlen. Zentrale vorzeitige Pubertät (CPP), 1M Depot: Die Kinder sollten folgenden Kriterien entsprechen: 1. Es muss eine klinisch diagnostizierte Pubertas praecox centralis (idiopatisch oder neurogen) vorliegen, mit Einsetzen vor dem 8.<br />

Lebensjahr bei Mädchen bzw. vor dem 9. Lebensjahr bei Knaben und rascher Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale. 2. Die klinische Diagnose soll vor <strong>Therapie</strong>beginn mittels eines positiven GnRH-Stimulationstests bestätigt werden. Sensitivität<br />

und Methodologie dieses Tests müssen verstanden sein. Ausserdem sollte bestätigt sein, dass das Knochenalter um min<strong>des</strong>tens ein Jahr weiter fortgeschritten ist als das chronologische Alter. 3. Folgende Basisparameter sollten bestimmt werden: Körpergrösse<br />

und Gewicht; Sexualsteroidspiegel; Adrenale Steroidspiegel, um eine kongenitale adrenale Hyperplasie auszuschliessen; Spiegel <strong>des</strong> humanen Beta-Chorion-Gonadotropins, um einen Chorion-Gonadotropin sezernierenden Tumor auszuschliessen;<br />

Ultraschalluntersuchungen <strong>des</strong> kleinen Beckens, der Nebennierenrinde und der Hoden, um einen Steroid-sezernierenden Tumor auszuschliessen; Computertomographische Untersuchungen <strong>des</strong> Kopfes, um einen intrakraniellen Tumor auszuschliessen. D:<br />

1M Depot: Die Injektionsstelle ist jeden Monat zu wechseln (Bauchhaut, Gesäss, Oberschenkel); Prostatakarzinom: Alle 4 Wochen 1 Zweikammerspritze zu 3,75 mg subkutan oder intramuskulär. Für die Initialphase der Behandlung sollte die zusätzliche Gabe<br />

eines geeigneten Antiandrogens erwogen werden, um so die möglichen Folgeerscheinungen <strong>des</strong> anfänglichen Testosteronanstiegs und die vorübergehende Verschlechterung der klinischen Symptomatik abzuschwächen; Mammakarzinom: Alle 4 Wochen 1<br />

Zweikammerspritze zu 3,75 mg subkutan. Bei Verdacht auf eine ungenügende hormonelle Suppression soll eine Östrogenbestimmung durchgeführt werden. Eine Behandlungsdauer von mehr als 2 Jahren wurde nicht untersucht; Endometeriose: Alle 4 Wochen<br />

1 Zweikammerspritze zu 3,75 mg subkutan oder intramuskulär. Die erste Injektion sollte etwa am 3.Tag der Menstruation erfolgen, um eine Schwangerschaft auszuschliessen. Die Dauer der Anwendung ist auf einen Zeitraum von 6 Monaten zu begrenzen.<br />

Wiederholungsbehandlungen sollten nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen; CPP: Die Dosis soll für je<strong>des</strong> Kind individuell angepasst werden und richtet sich nach dem Körpergewicht. Jüngere Kinder brauchen höhere Dosen. 3M Depot: Alle<br />

12 Wochen 1 Zweikammerspritze zu 11,25 mg subkutan (Prostatakarzinom und Mammakarzinom) oder intramuskulär (Endometriose). Die Injektionsstelle sollte bei jeder Injektion gewechselt werden. 6M Depot: Alle 6 Monate 1 Zweikammerspritze zu 30,0<br />

mg subkutan. Die Injektionsstelle sollte bei jeder Injektion gewechselt werden. KI: Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff, ähnlichen Nona- oder Dekapeptiden, oder einem der Hilfsstoffe gemäss Zusammensetzung; Anwendung bei Prostatakarzinom:<br />

Bei nachgewiesener Hormonunabhängigkeit <strong>des</strong> Prostatakarzinoms ist Lucrin Depot ® nicht indiziert; Anwendung bei Endometriose, Mammakarzinom und CPP: Lucrin Depot ® ist kontraindiziert bei schwangeren Frauen oder Frauen, welche möglicherweise<br />

schwanger werden könnten. Leuprorelinacetat darf im Falle nicht abgeklärter irregulärer Vaginalblutungen nicht verabreicht werden. IA: Bis jetzt keine bekannt. UW: Anfangs kurzfristiger Anstieg der Serumtestosteron bzw. Serumöstradiolspiegel. Die<br />

häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Vasodilatation / Hitzewallungen, vermehrtes Schwitzen, Gewichtsveränderungen, verringerte Libido sowie bei Männern Potenzstörungen. P: 1 Zweikammerspritze. Kassenzulässig. Liste A. Zulassungsinhaberin:<br />

AbbVie AG, Neuhofstrasse 23, 6341 Baar, Tel. 041 399 15 00 . Ausführliche Informationen, siehe Arzneimittel-Fachinformation: www.swissmedicinfo.ch.<br />

n<br />

CHLUM130123 02/2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!