Aufgabenblatt 1: Grundlagen der Wohlfahrtsökonomik
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Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 1<br />
<strong>Aufgabenblatt</strong> 1:<br />
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Wohlfahrtsökonomik</strong><br />
Zum Begriff Allokationspolitik<br />
• Unter Allokationspolitik versteht man die Einflussnahme des Staates<br />
auf Produktion und Konsum, d.h. die Güterzusammensetzung und<br />
Güterverteilung unter den Konsumenten in einer Volkswirtschaft.<br />
• Es kann gezeigt werden, dass das Marktergebnis (unter bestimmten<br />
Annahmen) zu einer effizienten Lösung führt. Staatliche Eingriffe in<br />
den Marktmechanismus sind in einer Marktwirtschaft subsidiär, also<br />
nur gerechtfertigt bei Marktversagen, d.h. wenn kein Markt existiert<br />
o<strong>der</strong> existierende Märkte nicht zu einem effizienten Ergebnis führen.<br />
• Als Maßnahmen staatlicher Allokationspolitik kommen bspw. öffentliche<br />
Produktion, Steuern und Transfers in Frage.<br />
Exkurs zum Pareto-Optimum<br />
Eckwerte <strong>der</strong> Modell-Ökonomie<br />
• Zwei Güter: Gut 1 und Gut 2, die in den Mengen x1 und x2 bereit<br />
gestellt werden<br />
• Zwei Konsumenten A und B mit den Nutzenfunktionen u A (x A 1 , x A 2 ) und<br />
u B (x B 1 , x B 2 )<br />
• Zwei Inputfaktoren <strong>der</strong> Produktion: Kapital K und Arbeit L<br />
Definition Pareto-Optimum<br />
Eine Allokation heißt pareto-optimal (-effizient), wenn keine alternative Allokation<br />
existiert, in <strong>der</strong> sich ein Wirtschaftssubjekt besser stellen kann, ohne<br />
dass das an<strong>der</strong>e schlechter gestellt wird.<br />
Effizienter Konsum<br />
Für stetig differenzierbare konkave Nutzenfunktionen ui erhält man leicht folgende<br />
notwendige Bedingung für eine pareto-effiziente Güterallokation<br />
A x1 , xA <br />
B<br />
2 und x1 , xB <br />
2 im Tauschoptimum:
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 2<br />
∂uA ∂xA /<br />
1<br />
∂uA<br />
∂xA 2<br />
= ∂uB<br />
∂xB /<br />
1<br />
∂uB2 ∂xB 2<br />
GRS A = GRS B<br />
d.h. im Tauschoptimum stimmen die Grenzraten <strong>der</strong> Substitution GRS A und<br />
GRS B für die Individuen überein. Im Tauschoptimum gilt also: Wenn man<br />
beiden Individuen eine Einheit von Gut 1 wegnimmt, muss man ihnen dieselbe<br />
Menge von Gut 2 geben, um ihr Nutzenniveau konstant zu halten (GRS<br />
beschreibt die Steigung <strong>der</strong> Indifferenzkurve).<br />
⇒ Warum ist stellt genau diese Situation das Pareto-Optimum dar?<br />
Angenommen: GRS A = 5 > GRS B = 3<br />
D.h. wenn man Individuum A eine Einheit von Gut 1 wegnimmt, muss<br />
man ihm 5 Einheiten von Gut 2 geben, damit sein Nutzenniveau konstant<br />
bleibt. Wenn man Individuum B hingegen eine Einheit von Gut 1 wegnimmt,<br />
muss man ihm nur 3 Einheiten von Gut 2 geben, damit sein Nutzenniveau<br />
konstant bleibt. Zwischen diesen beiden Individuen ergeben sich nun<br />
noch Tauschmöglichkeiten, die Paretoverbesserungen darstellen. Z.B. könnte<br />
Individuum B eine Einheit von Gut 1 an Individuum A, und Individuum<br />
A im Gegenzug 3 Einheiten von Gut 2 an Individuum B transferieren.<br />
Dies stellt eine Pareto-Verbesserung dar, da Individuum A durch den<br />
Tausch besser gestellt wird, während <strong>der</strong> Nutzen von Individuum B konstant<br />
bleibt. D.h. Möglichkeiten zur Pareto-Verbesserung bestehen solange,<br />
bis gilt GRS A = GRS B .<br />
Effizienter Output-Mix<br />
In <strong>der</strong> Vorlesung wurde gezeigt, dass im Markt-Gleichgewicht Paretoeffizienz<br />
herrscht und gilt<br />
(1)<br />
(2)<br />
GRS A = GRS B = GRT (3)<br />
wobei GRT die Grenzrate <strong>der</strong> Transformation und damit die Steigung <strong>der</strong><br />
Transformationskurve (Produktionsmöglichkeiten-Kurve) beschreibt, d.h. die<br />
GRT gibt an, wieviel mehr von Gut 2 in <strong>der</strong> Ökonomie produziert werden<br />
kann, wenn eine Einheit von Gut 1 weniger produziert wird. Im Markt-GG<br />
entspricht die GRT <strong>der</strong> GRS.<br />
⇒ Warum ist diese Situation pareto-effizient?<br />
Angenommen GRT = 3 < GRS = 5:
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 3<br />
D.h. um eine Einheit von Gut 1 mehr zu produzieren, müssen in <strong>der</strong> Ökonomie<br />
drei Einheiten von Gut 2 weniger produziert werden. Im Gegensatz dazu,<br />
sind die Konsumenten allerdings bereit für eine Einheit von Gut 1, fünf<br />
Einheiten von Gut 2 zu bezahlen. D.h. durch eine Umschichtung <strong>der</strong> Produktion<br />
hin zu Gut 1 kann entwe<strong>der</strong> die Firma o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Konsument besser<br />
gestellt werden, ohne dass die an<strong>der</strong>e Partei schlechter gestellt wird, d.h. eine<br />
Pareto-Verbesserung ist möglich. ⇒ Produktion wird solange angepasst, bis<br />
gilt GRT = GRS.<br />
Aufgabe 1 (Hauptsätze <strong>der</strong> Wohlfahrtstheorie)<br />
• 1. Hauptsatz <strong>der</strong> Wohlfahrtstheorie:<br />
Jedes Markt-GG ist pareto-effizient. Es gilt GRS A = GRS B = GRT .<br />
⇒ Implikation: Marktergebnisse sind effizient, Eingriff des Staates nur<br />
dann gerechtfertigt, wenn Marktversagen vorliegt.<br />
• 2. Hauptsatz <strong>der</strong> Wohlfahrtstheorie:<br />
Jede pareto-effiziente Situation kann als Markt-GG implementiert werden<br />
(über eine Umverteilung <strong>der</strong> Anfangsausstattungen).<br />
⇒ Implikation: Über ein Besteuerungs- und Transfersystem kann jede<br />
beliebige pareto-effiziente Situation als Markt-GG implementiert werden.<br />
D.h. Verteilungsfragen sind losgelöst von allokativer Effizienz, d.h.<br />
ich kann beliebig zwischen den Individuen umverteilen und dennoch<br />
allokative effiziente GG erhalten.<br />
• Beachte, dass <strong>der</strong> 1. und 2. Hauptsatz <strong>der</strong> Wohlfahrtstheorie nur unter<br />
bestimmten Annahmen gilt, u.a. vollkommene Konkurrenz auf Produktmärkten<br />
(siehe auch Skript).<br />
Aufgabe 2 (Produktionseffizienz)<br />
Definition 1 (Neoklassische Produktionsfunktion) Eine zweimal partiell<br />
differenzierbare Produktionsfunktion F (K, L) heißt neoklassisch, wenn<br />
für alle (K, L)<br />
FKK (K, L) < 0 < FK (K, L) (4)<br />
FLL (K, L) < 0 < FL (K, L) . (5)<br />
Notwendige Bedingung für Pareto-effizienten Faktoreinsatz.<br />
Im Pareto-Optimum gilt: Durch Reallokation des vorhandenen Faktorbestandes<br />
kann die Produktion eines Gutes nicht gesteigert werden, ohne die eines
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 4<br />
an<strong>der</strong>en zu reduzieren. Wir verwenden die Idee des sozialen Planers, <strong>der</strong> die<br />
Faktorallokation (für den Spezialfall zweier Güter x1, x2 und zweier Faktoren<br />
K, L) durch Lösen eines sog. Pareto-Programms bestimmt (Abbildung 1).<br />
x1 = f1 (K1, L1) → max!<br />
K1,L1<br />
(6)<br />
s.t. x2 = f2 (K2, L2) ¯x2, (7)<br />
K1 + K2 K, (8)<br />
L1 + L2 L. (9)<br />
Im Optimum müssen alle drei Nebenbedingungen mit Gleichheit erfüllt<br />
sein: Falls in (7) strikte Ungleichheit gilt, kann die verwendete Inputmenge an<br />
Kapital K2 o<strong>der</strong> Arbeit L2 (o<strong>der</strong> beide) reduziert und zur Produktion von x1<br />
verwendet werden, was <strong>der</strong>en Produktionsmenge steigert, ohne das Produktionsziel<br />
bei x2 zu verletzen. Ein ähnliches Argument greift für (8) und (9):<br />
Gilt strikte Ungleichheit, wird nicht <strong>der</strong> gesamte vorhandene Faktorbestand<br />
verwendet. Das kann bei positiven Grenzerträgen nicht effizient sein; durch<br />
Einsatz des nicht verwendeten Faktorbestandes könnte die Produktion von<br />
x1 erhöht werden. Also gilt bei allen drei Nebenbedingungen im Optimum<br />
Gleichheit. Wir substituieren K2 = K − K1 aus (8) und L2 = L − L1 aus (9)<br />
in (7) und verwenden folgenden Lagrangeansatz:<br />
L (K1, L1, λ) := f1 (K1, L1) + λ (f2 (K − K1, L − L1) − ¯x2) (10)<br />
Die Bedingungen erster Ordnung für ein Optimum lauten:<br />
∂L<br />
∂K1<br />
∂L<br />
= ∂f1<br />
∂K1<br />
∂f2<br />
(K1, L1) + λ1 (K − K1, L − L1)<br />
∂K2<br />
dK2<br />
dK1<br />
<br />
=−1<br />
!<br />
= 0 (11)<br />
∂L1<br />
= ∂f1<br />
∂f2<br />
(K1, L1) + λ1 (K − K1, L − L1, λ)<br />
∂L1<br />
∂L2<br />
dL2 !<br />
= 0<br />
dL1 <br />
=−1<br />
(12)<br />
∂L<br />
∂λ = f2<br />
!<br />
(K − K1, L − L1) − ¯x2 = 0 (13)<br />
Umformen liefert für die optimalen Faktorallokation (L ∗ 1, K ∗ 1, L ∗ 2, K ∗ 2):<br />
<br />
∂f1 ∂f1<br />
=<br />
∂K1 ∂L1<br />
<br />
=:GRTS1<br />
∂f2<br />
<br />
∂f2<br />
∂K2 ∂L2<br />
<br />
=:GRTS2<br />
(14)<br />
Im Optimum sind die Verhältnisse <strong>der</strong> Grenzprodukte, also die Grenzraten<br />
<strong>der</strong> Technischen Substitution (GRTS), in beiden Sektoren gleich. Die GRTS
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 5<br />
beschreibt dabei das Austauschverhältnis <strong>der</strong> Produktionsfaktoren innerhalb<br />
eines Sektors unter <strong>der</strong> Prämisse, dass <strong>der</strong> Output im betrachteten Sektor<br />
konstant ist: d.h. die GRT S1 gibt an, um wieviel <strong>der</strong> Einsatz des Produktionsfaktor<br />
Arbeit L1 erhöht werden muss, wenn bei <strong>der</strong> Produktion von Gut<br />
1 eine Einheit Kapital weniger verwendet wird und <strong>der</strong> Output konstant gehalten<br />
werden soll x1 = x1.<br />
⇒ Warum entspricht das <strong>der</strong> pareto-effizienten Situation?<br />
Angenommen GRT S1 = 5 < GRT S2 = 3, dann gilt, dass infolge einer Senkung<br />
des Kapitaleinsatzes im Produktionsprozess von Gut 1, Arbeit um 5<br />
Einheiten steigen muss, um den Output konstant zu halten. Im Gegensatz<br />
dazu gilt für den Produktionsprozess von Gut 2, dass die Reduktion des<br />
Kapitaleinsatzes um eine Einheit durch eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes<br />
um drei Einheiten kompensiert werden kann und <strong>der</strong> Output von Gut 2<br />
konstant bleibt. Demnach kann noch eine pareto-verbessernde Reallokation<br />
vorgenommen werden: Es könnte eine Einheit Kapital von Sektor 2 in Sektor<br />
1 realloziert werden. Wenn im Gegenzug drei Einheiten Arbeit von Sektor<br />
1 an Sektor 2 geliefert werden, dann ist <strong>der</strong> Output in Sektor 2 konstant,<br />
während <strong>der</strong> Output in Sektor 1 gestiegen ist.<br />
Marktlösung.<br />
Angenommen, die Güter i = 1, 2 werden von jeweils einem Unternehmen i =<br />
1, 2 produziert, das seinen Gewinn bei gegebenen Preisen pi und Faktorkosten<br />
r, w durch die Wahl von Ki, Li maximiert:<br />
π := pifi (Ki, Li) − rKi − wLi → max!<br />
(15)<br />
Ki,Li<br />
Die Bedingungen erster Ordnung für ein Optimum lauten:<br />
also im Optimum für i ∈ {1, 2}:<br />
<br />
∂f1 ∂f1<br />
∂π<br />
∂fi<br />
(Ki, Li) = pi (Ki, Li) − r<br />
∂Ki<br />
∂Ki<br />
! = 0, (16)<br />
∂π<br />
∂fi<br />
(Ki, Li) = pi (Ki, Li) − w<br />
∂Li<br />
∂Li<br />
! = 0, (17)<br />
∂K1 ∂L1<br />
<br />
=GRTS1<br />
= r<br />
w<br />
<br />
∂f2 ∂f2<br />
= . (18)<br />
∂K2 ∂L2<br />
<br />
=GRTS2<br />
Agiert ein Unternehmen auf Absatz- und Faktormarkt als Preisnehmer (also<br />
unter ’Wettbewerbsbedingungen’), so führt die Marktlösung zu einem effizienten<br />
Ergebnis (Spezialfall des ersten Hauptsatzes <strong>der</strong> Wohlfahrtstheorie).
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 6<br />
Aufgabe 3 (Transformationskurve)<br />
Definition 2 (Transformationskurve) Die Transformationskurve (Produktionsmöglichkeitenkurve)<br />
ist <strong>der</strong> geometrische Ort <strong>der</strong> Güterkombinationen,<br />
die in einer Volkswirtschaft bei effizienter Faktorallokation hergestellt<br />
werden können.<br />
Definition 3 (Grenzrate <strong>der</strong> Transformation) Die Steigung <strong>der</strong> Transformationskurve<br />
wird als Grenzrate <strong>der</strong> Transformation bezeichnet. Im Zwei-<br />
Güter-Fall gibt<br />
dx2<br />
=: GRTx1,x2<br />
dx1<br />
an, auf welche Menge von Gut 2 man marginal verzichten muss, wenn eine<br />
zusätzliche Einheit von Gut 1 produziert werden soll.<br />
Gesucht: Steigung <strong>der</strong> Transformationskurve<br />
Totales Differenzieren <strong>der</strong> Produktionsfunktionen liefert:<br />
dx1 = ∂f1<br />
dK1 +<br />
∂K1<br />
∂f1<br />
dL1 =<br />
∂L1<br />
∂f1<br />
<br />
dK1 +<br />
∂K1<br />
∂f1<br />
<br />
∂f1<br />
dL1 , (19)<br />
∂L1 ∂K1<br />
dx2 = ∂f2<br />
dK2 +<br />
∂K2<br />
∂f2<br />
dL2 =<br />
∂L2<br />
∂f2<br />
<br />
dK2 +<br />
∂K2<br />
∂f2<br />
<br />
∂f2<br />
dL2 . (20)<br />
∂L2 ∂K2<br />
Weiterhin herrscht im Optimum Vollauslastung <strong>der</strong> Faktoren, d.h.<br />
K1 + K2 = K (21)<br />
L1 + L2 = L (22)<br />
Total Differenzieren von Gleichungen (21) und (22) sowie Berücksichtigen<br />
einer fixen Faktorausstattung in <strong>der</strong> Ökonomie mit dK = 0 und dL = 0<br />
liefert: dK1 = −dK2 und dL1 = −dL2. Einsetzen in Gleichung (20) ergibt<br />
dx2 = − ∂f2<br />
dK1 −<br />
∂K2<br />
∂f2<br />
dL1 = −<br />
∂L2<br />
∂f2<br />
∂K2<br />
Im Optimum gilt außerdem<br />
∂f1<br />
∂L1<br />
<br />
dK1 + ∂f2<br />
∂L2<br />
∂f2<br />
<br />
dL1<br />
∂K2<br />
. (23)<br />
GRT S1 = GRT S2 (24)<br />
/ ∂f1<br />
∂K1<br />
= ∂f2<br />
/<br />
∂L2<br />
∂f2<br />
∂K2<br />
(25)
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 7<br />
Teilen von Gleichung (23) durch Gleichung (19) ergibt<br />
GRTx1,x2 = dx2<br />
dx1<br />
= − ∂f2<br />
<br />
∂f1<br />
∂K2 ∂K1<br />
<br />
= − ∂f2<br />
<br />
∂f1<br />
.<br />
∂L2 ∂L1<br />
(26)<br />
⇒ Begründung für den konkaven Verlauf <strong>der</strong> Transformationskurve:<br />
• Wenn x1 groß und x2 klein: In <strong>der</strong> Ökonomie wird relativ viel von Gut<br />
1 hergestellt und relativ wenig von Gut 2. Gegeben eine neoklassische<br />
Produktionsfunktion mit fallenden Grenzerträgen, bedeutet das, dass<br />
eine Reduktion <strong>der</strong> Herstellung von Gut 1 um eine Einheit relativ viele<br />
Produktionsfaktoren freisetzt (da bei großem x1 die Grenzproduktivität<br />
<strong>der</strong> Faktoren klein ist. Werden diese Faktoren in den Produktionsprozess<br />
von Gut 2 gesteckt, induzieren sie dort eine starke Outputsteigerung,<br />
da bei kleiner Produktionsmenge von x2 die Grenzproduktivität<br />
<strong>der</strong> Faktoren groß ist. Dies impliziert eine im Betrag große Steigung<br />
<strong>der</strong> Transformationskurve dx2/dx1 im x2-x1-Diagramm. → Bezug zu<br />
Gleichung (26): ∂f2/∂K2 groß und ∂f1/∂K1 klein, damit ergibt sich<br />
eine im Betrag große Steigung dx2/dx1.<br />
• Wenn x1 klein und x2 groß: Analog zur Argumentation oben ergibt<br />
sich, dass die Steigung <strong>der</strong> Transformationskurve absolut gesehen klein<br />
ist.<br />
Aufgabe 4 (Gesellschaftliche Indifferenzkurven)<br />
Definition 4 Eine Scitovsky-Indifferenzkurve beschreibt den geometrischen<br />
Ort <strong>der</strong> Güterkombinationen, für die die Individuen einer Volkswirtschaft bei<br />
effizienter Verteilung <strong>der</strong> Güter gerade ein jeweils vorgegebenes Nutzenniveau<br />
erreichen.<br />
Graphische Herleitung<br />
• Je<strong>der</strong> Punkt auf <strong>der</strong> Transformationskurve repräsentiert eine effiziente<br />
Produktionsmengenkombination von Gut 1 und Gut 2 und legt eine<br />
Edgeworth-Box samt Kontraktkurve für effizienten Tausch fest.<br />
• Man nehme an, es wird in P0 produziert und es stellt sich ein Tauschgleichgewicht<br />
in T0 ein, das den Individuen A und B den Nutzen u A 0<br />
und u B 0 stiftet.
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 8<br />
• Gibt man sich gerade diese Nutzenniveaus u A 0 und u B 0 vor, so liegt<br />
<strong>der</strong> Punkt P0 = (x1, x2) offensichtlich auf <strong>der</strong> zugehörigen Scitovsky-<br />
Indifferenzkurve. Im zugehörigen Tauschpunkt T0 gilt nämlich:<br />
x1 = x A 1 + x B 1 , (27)<br />
x2 = x A 2 + x B 2 , (28)<br />
u A (x A 1 , x A 2 ) = u A 0 , (29)<br />
u B (x B 1 , x B 2 ) = u B 0 . (30)<br />
Welche Punkte liegen noch auf <strong>der</strong>selben Scitovsky-Indifferenzkurve,<br />
d.h. welche Produktionsmengen (x1, x2) stiften den Individuen gerade<br />
den gleichen vorgegebenen Nutzen u A 0 und u B 0 ?<br />
• Fixiert man die Konsumniveaus (x B 1 , x B 2 ) für Konsument B in Punkt<br />
T0 und damit seinen Nutzen auf u B 0 , so muss man bei Reduktion <strong>der</strong><br />
Produktion von Gut 1 um (hinreichend kleines) ∆x1 die Produktion von<br />
Gut 2 gemäß <strong>der</strong> Indifferenzkurve von Konsument 1 um ∆x2 erhöhen,<br />
damit auch Konsument A ein unverän<strong>der</strong>tes Nutzenniveau u A 0 erreicht<br />
(Punkt S). Trägt man diese Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Produktionsmengen<br />
ausgehend von P0 ab, so erhält man einen weiteren Punkt P ′ auf <strong>der</strong><br />
gesuchten Scitovsky-Indifferenzkurve.<br />
• Ganz analog kann man die übrigen Punkte <strong>der</strong> Scitovsky-Indifferenzkurve<br />
konstruieren. Salopp gesprochen handelt es sich lokal (in einer<br />
Umgebung von P0) um eine Verschiebung <strong>der</strong> Indifferenzkurve u A 0 durch<br />
Punkt P0.<br />
Marginalbedingungen<br />
• Im Tauschoptimum in Punkt T0 gilt GRS A = GRS B und damit in<br />
Punkt P0 gemäß Konstruktion für die Steigung <strong>der</strong> Scitovsky-Indifferenzkurve<br />
GRS Sci :<br />
GRS Sci = GRS A = GRS B .<br />
• Schneidet die Scitovski-Indifferenzkurve die Transformationskurve in<br />
P0, so kann <strong>der</strong> Produktionspunkt P0 nicht gesamtwirtschaftlich effizient<br />
sein: Durch verän<strong>der</strong>te Produktionsmengen auf <strong>der</strong> Transformationskurve<br />
rechts oberhalb <strong>der</strong> Scitovski-Indifferenzkurve könnte sich<br />
mindestens einer <strong>der</strong> Konsumenten besser stellen, ohne den an<strong>der</strong>en<br />
schlechter zu stellen (vgl. Abbildung 3).
Prof. Dr. Rainald Borck Lösungshinweise zu den Übungen WS 07/08 9<br />
• Das gesamtwirtschaftliche Optimum liegt in einem Tangentialpunkt P ∗<br />
von Scitovsky-Indifferenzkurve und Transformationskurve, also gilt<br />
GRS Sci = GRT<br />
und damit für alle Güter und Individuen GRS = GRT .<br />
Aufgabe 5 (Allokationseffizienz)<br />
Relevante Frage: Warum wird in D (so viel) Kohle geför<strong>der</strong>t?<br />
Einfaches Modell: D als kleine offene Volkswirtschaft mit 2 Sektoren i = 1, 2,<br />
die die Güter 1 bzw. 2 in den Mengen x1 (Kohle) und x2 (restliche Güter)<br />
produzieren und zu den Weltmarktpreisen p1 bzw. p2 verkaufen. Die Handelsmöglichkeiten<br />
und damit das volkswirtschaftliche Budget und <strong>der</strong> gesellschaftliche<br />
Nutzen steigen mit dem Gesamtwert <strong>der</strong> volkswirtschaftlichen<br />
Produktion. Das Problem besteht also darin, mit Hilfe <strong>der</strong> vorhandenen Technologie<br />
F den volkswirtschaftlichen Output V zu maximieren:<br />
V (x1, x2) := p1x1 + p2x2 → max!<br />
x1,x2<br />
s.t. F (x1, x2) = 0.<br />
Aus den Bedingungen erster Ordnung ergibt sich, dass im Optimum das<br />
Preisverhältnis mit <strong>der</strong> Grenzrate <strong>der</strong> Transformation übereinstimmen muss:<br />
p1<br />
p2<br />
= ∂F/∂x1<br />
.<br />
∂F/∂x2<br />
Folglich wird <strong>der</strong> Produktionspunkt P ∗ gewählt. Durch internationalen Handel<br />
(Import von Kohle, Export an<strong>der</strong>er Güter) kann danach <strong>der</strong> optimale<br />
Konsumpunkt K gemäß den gesellschaftlichen Präferenzen gewählt werden.<br />
Die konsumoptimale Menge x1 > x ∗ 1 an Kohle selbst zu för<strong>der</strong>n (Punkt P0),<br />
ist allokativ ineffizient (vgl. Abbildung 4).<br />
Puzzle: Warum wird in D dennoch so viel Kohle geför<strong>der</strong>t?<br />
Mögliche Gründe:<br />
• Arbeitslosigkeit, sozialer Friede<br />
• strategische Aspekte <strong>der</strong> Rohstoffsicherheit und Energieversorgung<br />
• Unsicherheit bzgl. <strong>der</strong> Entwicklung des Weltmarktpreises für Kohle px.<br />
• Irreversibilität von Entscheidungen