Forschungsgruppe Meilensteine e.V.

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27.10.2013 Aufrufe

Olaf Grell: 4 Das neue Meilensteinensemble in Rathenow Am 29.10.2012 wurde in Rathenow-West im Beisein des Vorstandsvorsitzenden des Landesbetriebes Straßenwesen Brandenburg ein Meilensteinensemble feierlich eingeweiht. Zu dem Meilensteinensemble gehören ein vollständig rekonstruierter Ganzmeilenobelisk, das originale Reststück dieses Ganzmeilenobelisken und ein Rundsockelstein. Der Standort des Meilensteinensembles ist an der Nordostseite eines Kreisverkehrs am westlichen Ortsausgang von Rathenow. An diesem Kreisverkehr gabeln sich die alte Straßenführung in Richtung Stendal (alte B 188), die Straße in Richtung Genthin (L 96) und die Straße nach Wulkau (L 96 bzw. L 18 im angrenzenden Landkreis Stendal). Um welche Meilensteine handelt es sich nun dabei? - Der Rundsockelstein ist der alten Chaussee in Richtung Wulkau zuzuordnen. Historisch gesehen steht er jetzt fast wieder an originaler Stelle. Dieser Meilenstein dürfte mit dem Bau der Chaussee nach Wulkau um 1850 als sogenannter Nullstein dieser Chaussee aufgestellt worden sein. Die Aufstellung solcher Nullsteine am Beginn einer Chaussee war in der ehemaligen preußischen Provinz Sachsen (speziell den Kreisen Jerichow und Stendal) damals üblich. Dies kann man anhand vieler Beispiele in dieser Gegend heute noch nachvollziehen. Das Gebiet um das heutige Stadtgebiet von Rathenow-West gehörte früher nicht zur ehemaligen preußischen Provinz Brandenburg sondern zur Provinz Sachsen und war Teil der Gemeinde Steckelsdorf. Nach Einführung des metrischen Systems in Deutschland erhielt dieser Stein etwa 1875 die heute noch fragmentarisch vorhandene Beschriftung mit der Richtungsangabe nach Wulkau und einer nicht mehr lesbaren Kilometerangabe. Erste mir bekannte Aufnahmen dieses Rundsockelsteines zeigen ihn an der Nordostecke des Chausseehauses Steckelsdorf (siehe AM 37/Seite 34). Dieses Chausseehaus stand an der genannten Straßengabelung und musste mit dem Bau des Kreisverkehrs weichen. Ob der Rundsockelstein von Anfang an direkt am Chausseehaus stand oder erst später hierhin versetzt wurde, ist mir nicht bekannt. Am 12.03.1999 wurde der Rundsockelstein an der westlichen Seite des Kreisverkehrs zwischen den Straßeneinmündungen aus Richtung Stendal und Genthin neu aufgestellt. Danach erfolgten noch restauratorische Maßnahmen durch die Straßenmeisterei Rathenow. An dieser Stelle stand der Meilenstein nun bis Mitte 2012. An der Straße in Richtung Wulkau befindet sich in exakt 10 km Entfernung bei Schollene ein weiterer Rundsockelstein (siehe MJ 63/Seite 57). Auch dies belegt den Nullpunktcharakter des Rundsockelsteines in Rathenow-West. - Bei dem Originalteil des Ganzmeilenobelisken handelt es sich um ein Reststück (das würfelförmige Mittelteil) eines Postmeilensteines von der alten Poststraße von Berlin über Rathenow nach Stendal. Ein Vergleich der Abmessungen dieses Reststückes mit noch vorhandenen Postmeilensteinen belegt, dass es sich um ein Reststück eines Ganzmeilenobelisken handelt. Dass es ein Mittelteil ist, ergibt sich neben den Abmessungen auch aus am Originalstein noch vorhandenen Nuten bzw. Aussparungen. Wie man es heute noch an Postmeilensteinen in der Altmark beobachten kann, wurden so die Meilensteinteile bei der Montage „verzahnt“ und gegen ein Verrutschen gesichert. Nachteil dieser Methode gegenüber einem einfachen Aufeinandersetzen der Teile waren die höheren Kosten und die höhere Abb. 1: Reststück des Ganzmeilenobelisken vor dem Witterungsanfälligkeit durch mögliches Eindrin- ruinösen Forsthaus Buckow (im Hintergen von Wasser in nicht gesicherte Fugen. Das grund). An der Oberkante des Steines (Pfeil- Originalteil wurde etwa 1974 am ehemaligen spitze) ist die ringsum verlaufene Ausspa- Forsthaus Buckow (gelegen im Wald südwestlich rung von 0,02 m Höhe und 0,04 m Tiefe zu von Großwudicke, heute ruinöse Gebäude) aufgeerkennen (Foto: Grell/Bernau. 26.06.2007). funden. Nach dem Umbau des Forsthauses zu einem Schulungsheim war der Stein zunächst verschwunden (siehe AM 7/Seite 22). Allerdings konnte das Teil später wiedergefunden werden. Es lag westlich des Förstereigeländes an der westlichen Waldwegseite (Jagen 6341) in Höhe der ersten Baumreihe, 5 m Forschungsgruppe Meilensteine e.V. DAS MEILENSTEIN-JOURNAL Nr. 65 / Juni 2013

Olaf Grell:<br />

4<br />

Das neue <strong>Meilensteine</strong>nsemble in Rathenow<br />

Am 29.10.2012 wurde in Rathenow-West im Beisein des Vorstandsvorsitzenden des Landesbetriebes<br />

Straßenwesen Brandenburg ein <strong>Meilensteine</strong>nsemble feierlich eingeweiht. Zu dem <strong>Meilensteine</strong>nsemble<br />

gehören ein vollständig rekonstruierter Ganzmeilenobelisk, das originale Reststück dieses Ganzmeilenobelisken<br />

und ein Rundsockelstein. Der Standort des <strong>Meilensteine</strong>nsembles ist an der Nordostseite eines<br />

Kreisverkehrs am westlichen Ortsausgang von Rathenow. An diesem Kreisverkehr gabeln sich die alte<br />

Straßenführung in Richtung Stendal (alte B 188), die Straße in Richtung Genthin (L 96) und die Straße nach<br />

Wulkau (L 96 bzw. L 18 im angrenzenden Landkreis Stendal).<br />

Um welche <strong>Meilensteine</strong> handelt es sich nun dabei?<br />

- Der Rundsockelstein ist der alten Chaussee in Richtung Wulkau zuzuordnen. Historisch gesehen steht er<br />

jetzt fast wieder an originaler Stelle. Dieser Meilenstein dürfte mit dem Bau der Chaussee nach Wulkau um<br />

1850 als sogenannter Nullstein dieser Chaussee aufgestellt worden sein. Die Aufstellung solcher Nullsteine<br />

am Beginn einer Chaussee war in der ehemaligen preußischen Provinz Sachsen (speziell den Kreisen<br />

Jerichow und Stendal) damals üblich. Dies kann man anhand vieler Beispiele in dieser Gegend heute noch<br />

nachvollziehen. Das Gebiet um das heutige Stadtgebiet von Rathenow-West gehörte früher nicht zur<br />

ehemaligen preußischen Provinz Brandenburg sondern zur Provinz Sachsen und war Teil der Gemeinde<br />

Steckelsdorf. Nach Einführung des metrischen Systems in Deutschland erhielt dieser Stein etwa 1875 die<br />

heute noch fragmentarisch vorhandene Beschriftung mit der Richtungsangabe nach Wulkau und einer nicht<br />

mehr lesbaren Kilometerangabe. Erste mir bekannte Aufnahmen dieses Rundsockelsteines zeigen ihn an<br />

der Nordostecke des Chausseehauses Steckelsdorf (siehe AM 37/Seite 34). Dieses Chausseehaus stand an<br />

der genannten Straßengabelung und musste mit dem Bau des Kreisverkehrs weichen. Ob der<br />

Rundsockelstein von Anfang an direkt am Chausseehaus stand oder erst später hierhin versetzt wurde, ist<br />

mir nicht bekannt. Am 12.03.1999 wurde der Rundsockelstein an der westlichen Seite des Kreisverkehrs<br />

zwischen den Straßeneinmündungen aus Richtung Stendal und Genthin neu aufgestellt. Danach erfolgten<br />

noch restauratorische Maßnahmen durch die Straßenmeisterei Rathenow. An dieser Stelle stand der Meilenstein<br />

nun bis Mitte 2012. An der Straße in Richtung Wulkau befindet sich in exakt 10 km Entfernung<br />

bei Schollene ein weiterer Rundsockelstein (siehe MJ 63/Seite 57). Auch dies belegt den Nullpunktcharakter<br />

des Rundsockelsteines in Rathenow-West.<br />

- Bei dem Originalteil des Ganzmeilenobelisken<br />

handelt es sich um ein Reststück (das würfelförmige<br />

Mittelteil) eines Postmeilensteines von<br />

der alten Poststraße von Berlin über Rathenow<br />

nach Stendal. Ein Vergleich der Abmessungen<br />

dieses Reststückes mit noch vorhandenen Postmeilensteinen<br />

belegt, dass es sich um ein Reststück<br />

eines Ganzmeilenobelisken handelt. Dass es<br />

ein Mittelteil ist, ergibt sich neben den Abmessungen<br />

auch aus am Originalstein noch vorhandenen<br />

Nuten bzw. Aussparungen. Wie man es<br />

heute noch an Postmeilensteinen in der Altmark<br />

beobachten kann, wurden so die Meilensteinteile<br />

bei der Montage „verzahnt“ und gegen ein Verrutschen<br />

gesichert. Nachteil dieser Methode<br />

gegenüber einem einfachen Aufeinandersetzen der<br />

Teile waren die höheren Kosten und die höhere<br />

Abb. 1: Reststück des Ganzmeilenobelisken vor dem<br />

Witterungsanfälligkeit durch mögliches Eindrin-<br />

ruinösen Forsthaus Buckow (im Hintergen<br />

von Wasser in nicht gesicherte Fugen. Das<br />

grund). An der Oberkante des Steines (Pfeil-<br />

Originalteil wurde etwa 1974 am ehemaligen<br />

spitze) ist die ringsum verlaufene Ausspa-<br />

Forsthaus Buckow (gelegen im Wald südwestlich<br />

rung von 0,02 m Höhe und 0,04 m Tiefe zu<br />

von Großwudicke, heute ruinöse Gebäude) aufgeerkennen<br />

(Foto: Grell/Bernau. 26.06.2007).<br />

funden. Nach dem Umbau des Forsthauses zu einem Schulungsheim war der Stein zunächst verschwunden<br />

(siehe AM 7/Seite 22). Allerdings konnte das Teil später wiedergefunden werden. Es lag westlich des<br />

Förstereigeländes an der westlichen Waldwegseite (Jagen 6341) in Höhe der ersten Baumreihe, 5 m<br />

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westlich des Weges bzw. 104 m südlich der Trafostation (TST) Forsthaus Buckow bzw. 48 m südlich des<br />

Hauseinganges des ehemaligen Forsthauses. Der Fundort entsprach keinem originalen Standort an der<br />

Poststraße, die aber in der Nähe vorbeigegangen ist. Vermutlich wurde dieses Reststück, welches an der<br />

mitten im Wald gelegenen und aufgegebenen Poststraße lag, durch die Forstverwaltung eingesammelt und<br />

am Forsthaus abgelegt. Die Poststraße Rathenow – Stendal wurde durch die neu gebaute Chaussee<br />

Rathenow – Stendal (die B 188), welche in etwas anderer Streckenführung als die Poststraße verlief,<br />

ersetzt. Etwa 2009 wurde das Reststück auf Anregung unseres Vereins durch die Straßenmeisterei<br />

Rathenow geborgen und im Hof der Straßenmeisterei eingelagert.<br />

2<br />

Abb. 2:<br />

Übersichtsskizze zur Darstellung der Situation zwischen Rathenow (rechts in der Karte) und Großwudicke<br />

(am linken Rand der Karte). Grundlage ist eine Karte aus den Planfeststellungsunterlagen zum Bau der<br />

Ortsumgehungsstraße Rathenow. Diese ist in der Karte die untere der beiden mit B 188 gekennzeichneten<br />

Straßenführungen südlich der Eisenbahn (Kartenvorlage: VSVI-Journal 2011, Vereinigung der Straßenbauund<br />

Verkehrsingenieure Berlin-Brandenburg e. V., Seite 51). Die nördliche der mit B 188 gekennzeichneten<br />

Straßenführungen ist die alte Führung der B 188 durch die Ortslage. Die Pfeile kennzeichnen folgende Orte:<br />

1 – bisheriger Standort des Rundsockelsteines am Kreisverkehr in Rathenow-West, 2 – ungefährer<br />

Auffindeort des Reststückes des Ganzmeilenobelisken am Forsthaus Buckow, 3 – Standort des neuen<br />

<strong>Meilensteine</strong>nsembles in Rathenow-West, 4 – berechneter Standort 11 Meilen von Berlin an der alten Poststraße<br />

Berlin – Rathenow – Stendal. Die Punktlinie zeigt den ungefähren Verlauf der Poststraße westlich von<br />

Rathenow über Buckow und Großwudicke (Ergänzende Karteneintragungen: Grell/Bernau).<br />

Zur Ermittlung der Meilenposition des aufgefundenen Teiles des Ganzmeilenobelisken<br />

Um die entfernungsmäßige Einordnung des Ganzmeilenobelisken vornehmen zu können, musste nun<br />

versucht werden, die ursprüngliche Entfernung nach Berlin zu bestimmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

dürfte der Nullpunkt der Poststraße Berlin – Spandau – Rathenow – Stendal in Berlin liegen. Weiterhin bin<br />

ich davon ausgegangen, dass die Vermessung der Poststraße und die Aufstellung der <strong>Meilensteine</strong> an dieser<br />

in dem Zeitraum von 1800 bis 1806 unter der Leitung des preußischen Generalpostmeisters Graf von der<br />

Schulenburg erfolgt sind. Für die Nachmessung der Entfernungen per digitaler Landkarten (TOP 50) des<br />

Landesbetriebes Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg habe ich nun einen passenden<br />

Bezugspunkt gesucht. Um die Problematik der sich ändernden Nullpunkte in Berlin und die mir nicht<br />

bekannte exakte Streckenführung der alten Poststraße im heutigen Berliner Stadtgebiet zu umgehen, habe ich<br />

den heute noch an originaler Stelle stehenden Ganzmeilenobelisken bei Tremmen als Bezugspunkt gewählt.<br />

Er gehört zwar zur Poststraße von Berlin über Spandau nach Brandenburg, aber die Poststraßen von Spandau<br />

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nach Brandenburg und von Spandau nach Rathenow folgten bis Wustermark der gleichen Streckenführung.<br />

Demzufolge müssten also die <strong>Meilensteine</strong> beider Straßen den selben Bezug haben. Der Tremmener<br />

Ganzmeilenobelisk steht 6 Meilen von Berlin entfernt. Wenn man nun die Entfernung nach Wustermark<br />

(dem Verzweigungspunkt beider ehemaliger Poststraßen) zurückrechnet und dann die alte Poststraße in<br />

Richtung Rathenow und Stendal vermisst, ergibt sich, dass sich in der Nähe (östlich) des ehemaligen<br />

Forsthauses Buckow die Position für die Entfernung 12 Meilen von Berlin befunden haben muss.<br />

Festzuhalten bleibt aber, dass es bei diesen Überlegungen noch Unsicherheitsfaktoren gibt, die die<br />

rechnerische Ermittlung eines originalen Ganzmeilenstandortes beeinflussen. Zum ersten sind speziell zum<br />

genauen Verlauf der Poststraße zwischen Spandau und Rathenow noch weitergehende Untersuchungen<br />

nötig. Je nach Zeitraum (Jahr) des Erscheinens zeigen historische Karten immer mal einen etwas anderen<br />

Streckenverlauf. So führte die Poststraße mal über Schwanebeck (südlich von Nauen) und durch Groß<br />

Behnitz, mal über Nauen und mal ohne die genannten Orte zu berühren zwischen diesen hindurch. Anhand<br />

von <strong>Meilensteine</strong>intragungen in alten Messtischblättern kann man aber gewisse Rückschlüsse auf den<br />

Poststraßenverlauf ziehen. Nimmt man den Verlauf der Poststraße ohne Berührung der Orte Nauen und<br />

Schwanebeck an, passen die in den Messtischblättern (Preußisches Urmesstischblatt Band VI, Blatt 3 von<br />

1833 (siehe auch MJ 56/Seite 45-46)) verzeichneten Meilensteinstandorte entfernungsmäßig zum Standort<br />

des Tremmener Ganzmeilenobelisken. Ein zweiter Punkt, der die Unsicherheit hinsichtlich der Ermittlung<br />

der Ganzmeilenpositionen im Raum Rathenow bestärkt, ist ein Eintrag in einem Messtischblatt (Preußisches<br />

Urmesstischblatt von 1839, – Archiv Rendler). In diesem Messtischblattauszug ist südöstlich von Buschow<br />

am Verlauf der Poststraße Berlin – Rathenow der Eintrag eines Symboles für einen Meilenstein mit dem<br />

nebenstehenden Schriftzug „1 Meile“ eingetragen. Dieser Eintrag passt nicht mit dem oben genannten<br />

Bezugspunkt Ganzmeilenobelisk Tremmen überein. Gemäß meiner Nachmessungen in den digitalen Landkarten<br />

ergibt sich für diesen Punkt im Messtischblatt ein Viertelmeilensteinstandort, nämlich 7 ¼ Meilen von<br />

Berlin. Beide oben genannten Messtischblätter zeigen diesen Meilensteinstandort. Während in dem<br />

Messtischblatt von 1833 nur das Meilensteinsymbol (ein rotes Dreieck) eingezeichnet ist, steht in dem<br />

Messtischblatt von 1839 zusätzlich der Schriftzug „ 1 Meile“.<br />

Restaurierung und Aufstellung der <strong>Meilensteine</strong> in Rathenow-West<br />

Am 03.06.2009 gab es ein Treffen zwischen dem Leiter der<br />

Straßenmeisterei Rathenow, Herrn Ziehm, und unserem Mitglied<br />

Herrn Liman, um sich über restauratorische Maßnahmen<br />

an historischen Wegweisersteinen und <strong>Meilensteine</strong>n auszutauschen.<br />

Herr Ziehm stellte dabei einen restaurierten Wegweiserstein<br />

als Muster für die Restaurierung weiterer Wegweisersteine<br />

und <strong>Meilensteine</strong> vor und bat um Bewertung.<br />

Aus diesem Gespräch heraus entwickelte sich ein<br />

regelmäßiger Gedankenaustausch zwischen der Straßenmeisterei<br />

Rathenow und unserem Verein. Im Ergebnis dieser<br />

Gespräche wurde einerseits das am Forsthaus Buckow<br />

lagernde Reststück eines Ganzmeilenobelisken geborgen und<br />

andererseits wurde im Januar 2010 dann der am Kreisverkehr<br />

in Rathenow-West stehende Rundsockelstein restauriert und<br />

an seinem damaligen Standort mit einer Umpflasterung<br />

versehen (siehe MJ 59/Seite 46). Das ganze geschah im<br />

Rahmen eines Ausbildungsprojektes der Straßenmeisterei<br />

Rathenow, mit dem die Auszubildenden der Straßenmeisterei<br />

einen Beitrag zum Erhalt kulturhistorisch bedeutsamer Steine<br />

leisten wollten. Im Rahmen dieses Ausbildungsprojektes wurden<br />

2010 bis 2012 insgesamt 14 historische Wegweisersteine,<br />

6 <strong>Meilensteine</strong> und auch 2 Kreisgrenzsteine an Bundes- und Abb. 3: Mitarbeiter der Straßenmeisterei<br />

Landesstraßen restauriert, neu aufgestellt und umpflastert. Rathenow beim Umpflastern eines<br />

Interessanterweise befinden sich mehrere dieser restaurierten restaurierten Wegweisersteines an<br />

Wegweisersteine an Stellen, wo die heutigen Straßen mit der der L 99 in Retzow (Foto:<br />

alten Poststraßenführung übereinstimmen, z.B. in Barnewitz, Grell/Bernau, 19.09.2012).<br />

Unser Titelbild: Die Auszubildenden der Straßenmeisterei Rathenow haben Aufstellung zur Einweihung<br />

des <strong>Meilensteine</strong>nsembles in Rathenow-West genommen (Foto: Grell/Bernau, 29.10.2012).<br />

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Garlitz und Gräningen. Das Bergen der Objekte vor der Restaurierung, die Wiederaufstellung nach der<br />

Restaurierung, die Einfassung, die Pflasterarbeiten und die Dokumentation der Objekte wurden von<br />

Auszubildenden der Straßenmeisterei Rathenow ausgeführt. Die Restaurierung führte die Firma Neils-Stein<br />

aus Rathenow durch. Bei fünf von den genannten sechs restaurierten <strong>Meilensteine</strong>n handelt es sich, wie<br />

schon in verschiedenen zurückliegenden Ausgaben unseres MJ berichtet, um die <strong>Meilensteine</strong> bei Jerchel, in<br />

Böhne, in Schmetzdorf, in Rathenow-West und an der B 5 bei Wagenitz. Letzterer erhielt Ende 2012<br />

allerdings nur eine Einfassung mit Pflaster. Übrig blieb nun noch das beim Forsthaus Buckow geborgene<br />

Reststück eines Ganzmeilenobelisken. Um dieses nicht auf dem Hof der Straßenmeisterei in Vergessenheit<br />

geraten zu lassen, wurden Vertreter unseres Vereins vom Leiter der Straßenmeisterei Rathenow, Herrn<br />

Ziehm, Ende 2011 zu einem Vororttermin eingeladen. Bei diesem Termin kristallisierte sich die Idee heraus,<br />

das Reststück mit an dem Kreisverkehr in Rathenow-West aufzustellen. Eine Aufstellung an der Fundstelle<br />

mitten im Wald machte aus unserer Sicht keinen Sinn. Der Stein würde dort über kurz oder lang sicher<br />

verschwinden, zumal es an dieser Stelle auch keine geklärten Eigentumsverhältnisse für Stein bzw. Standort<br />

gibt. Außerdem wäre es aus Sicht der Straßenbauverwaltung nicht zu vertreten, finanzielle Mittel für eine<br />

Restaurierung eines <strong>Meilensteine</strong>s an solcher Stelle einzusetzen. Für den Aufstellort am Kreisverkehr in<br />

Rathenow-West sprach, dass der Meilenstein hier auf Grundstücken der Straßenbauverwaltung aufgestellt<br />

werden würde, dass hier auch die alte Poststraße Berlin – Rathenow – Stendal direkt vorbeiging, dass etwa<br />

650 m weiter stadteinwärts eine errechnete Stelle für die Position eines Ganzmeilenobelisken gewesen war<br />

(11 Meilen von Berlin) und dass hier ein repräsentatives Ensemble geschaffen werden könnte. Um eine<br />

sinnvolle und ansehnliche Aufstellung zu ermöglichen, sollte als Aufstellbasis der nicht mehr vorhandene<br />

Sockelstein neu angefertigt werden. 2012 ergaben sich für die Straßenbauverwaltung dann Möglichkeiten,<br />

auch das fehlende Obeliskenteil nachfertigen zu lassen. Nun musste nur noch der genaue Aufstellort<br />

festgelegt werden. Der an der Westseite des Kreisverkehrs bereits stehende Rundsockelstein hatte dort einen<br />

zwar geschützten aber sehr abgelegenen Standort. Fuß- oder Radwege führen dort nicht vorbei. Herr Ziehm<br />

und auch wir waren der Meinung, wenn schon eine Restaurierung und Aufstellung der <strong>Meilensteine</strong> erfolgt,<br />

dann sollten sie doch so stehen, dass interessierte Personen leicht an die Steine herankommen und auch in<br />

Ruhe und sicher vor dem Verkehr unsere zusätzlich angefertigten Erläuterungstafeln zu den Steinen lesen<br />

können. Unter diesen Gesichtspunkten kam dann nur eine Fläche an der Nordostseite des Kreisverkehrs in<br />

Frage. An dieser Stelle führt ein viel begangener bzw. befahrener Rad- und Fußweg vorbei, der Rathenow<br />

mit dem nahe gelegenen Steckelsdorf verbindet. So wurde nun beschlossen, den Rundsockelstein an diese<br />

Stelle zu versetzen. Dies geschah im Herbst 2012.<br />

Abb. 4 (links): Das neue <strong>Meilensteine</strong>nsemble in Rathenow-West im Aufbau. Der Rundsockelstein (der alte<br />

Standort war an der Pfeilspitze) ist bereits umgesetzt. Daneben die Schalung für die<br />

Fundamente der weiteren <strong>Meilensteine</strong> (Foto: Grell/Bernau, 19.09.2012).<br />

Abb. 5 (rechts): Das neu angefertigte Sockelteil des Ganzmeilenobelisken in der Werkstatt der Firma Neils-<br />

Stein in Rathenow (Foto: Grell/Bernau, 19.09.2012).<br />

Neben dem Rundsockelstein sollte dann der rekonstruierte Ganzmeilenobelisk aufgestellt werden. Während<br />

der Anfertigung der neuen Teile und Begutachtung des Reststückes durch den Steinmetzmeister Christian<br />

Eißer von der Neils-Stein GbR stellte sich heraus, dass dieses Reststück durch die etwa zwei Jahrhunderte<br />

langen Witterungseinflüsse und die jahrelange Lagerung auf dem Waldboden nicht mehr stabil genug war,<br />

um den komplett neu angefertigten Obeliskenschaft standsicher tragen zu können. Also musste nun auch<br />

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noch eine Kopie des Reststückes angefertigt werden. Als Material wurde Postaer Sandstein für die neu<br />

anzufertigenden Teile verwendet. Steinmetzmeister Eißer achtete dabei besonders darauf, einen gut<br />

aussehenden Sandstein (dunkelgelbe Maserung ohne Einschlüsse) zu bekommen. Dies gelang ihm auch.<br />

Damit wurde ein richtiges Schmuckstück geschaffen, welches nach der Aufstellung jetzt als optischer<br />

Anziehungspunkt jedem nach Rathenow kommenden Auto- oder Radfahrer sofort ins Auge fällt. Der<br />

nachgebildete Ganzmeilenobelisk wurde im Oktober 2012 montiert und aufgestellt. Um nun den historischen<br />

Bezug zu haben, wurde zwischen dem Ganzmeilenobelisken und dem Rundsockelstein auch noch das<br />

originale Reststück auf einem Betonfundament aufgestellt. Ein kleiner aber nur dem eingeweihten<br />

Meilensteinfachmann auffallender Fehler ist dabei leider passiert, das Originalstück liegt verkehrtherum. Die<br />

gesamte Fläche um die <strong>Meilensteine</strong> herum wurde durch die Auszubildenden mit Kleinpflaster<br />

eingepflastert. Schließlich leistete auch noch unser Verein einen Beitrag zu dem <strong>Meilensteine</strong>nsemble. Wir<br />

sorgten für die Anfertigung von zwei Erläuterungstafeln, die vor den <strong>Meilensteine</strong>n aufgestellt wurden.<br />

Am 29.10.2012 wurde das <strong>Meilensteine</strong>nsemble feierlich<br />

eingeweiht. In Anwesenheit von Hans-Reinhard Reuter,<br />

Vorstandsvorsitzender des Landesbetriebes Straßenwesen<br />

Brandenburg, zwei Pressevertretern, Steinmetzmeister Eißer,<br />

mehreren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Straßenbauverwaltung<br />

sowie Vertretern der <strong>Forschungsgruppe</strong> <strong>Meilensteine</strong><br />

e. V. dankte Herr Ziehm, Leiter der Straßenmeisterei<br />

Rathenow den Auszubildenden – vertretungsweise waren<br />

Madlin Klose, Christoph Wolframm und Dennis Bollmann<br />

anwesend – für das Engagement bei der Umsetzung dieses<br />

Projektes. Die Auszubildenden übergaben den Teilnehmern an<br />

der Veranstaltung eine schön gestaltete Dokumentation ihrer<br />

ausgeführten Arbeiten. Auch unser Verein erhielt ein<br />

Exemplar. Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einem<br />

Gedankenaustausch bei Kaffee und Kuchen in einer<br />

nahegelegenen Gaststätte.<br />

Abb. 6: Einweihung des <strong>Meilensteine</strong>nsembles in Rathenow-<br />

West. Ganz rechts Herr Reuter (Vorstandsvorsitzender<br />

des Landesbetriebs Straßenwesen), in der Mitte hinten<br />

Herr Ziehm (Leiter der Straßenmeisterei Rathenow)<br />

(Foto: Grell/Bernau, 29.10.2012).<br />

Abb. 7 und 8 (beide rechts): Erläuterungstafeln für den<br />

Rundsockelstein (oben) und den<br />

Ganzmeilenobelisken (unten).<br />

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