Familienergänzende Kinderbetreuung im Kanton St. Gallen - Amt für ...

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27.10.2013 Aufrufe

1 Einleitung In den letzten Jahren entwickelte sich die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit in der Schweiz zum Kernbereich einer ganzheitlichen und zukunftsgerichteten Familienpolitik, die unter anderem darauf abzielt, die Auswirkungen des demografischen Wandels auf Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern. Dabei spielen Einrichtungen für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung 2 eine wichtige Rolle. Sie gewährleisten eine qualitativ hochstehende Bildung und Erziehung von Kindern und ermöglichen gleichzeitig eine zunehmende Erwerbsbeteiligung von Müttern. Familien mit geringem Verdienst erhalten zudem eine bessere Möglichkeit, ihr Auskommen eigenständig zu erwirtschaften. Zudem zeigen diverse Studien, 3 dass die Geburtenrate in Ländern mit ausgebauten Betreuungsmöglichkeiten höher liegt, was für die Bewältigung des demografischen Wandels essenziell ist. Daneben wird im gesellschaftspolitischen Diskurs eine ganze Palette weiterer Zielsetzungen mit der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung verbunden. 4 Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Betreuung von Kleinkindern zu. 5 Unter dem Stichwort »Frühbildung« wird vermehrt diskutiert, ob und in welchem Masse die qualifizierte Betreuung von (Klein-)Kindern in Tagesstrukturen den Bildungsprozess unterstützt und zur Integration insbesondere von Kindern aus benachteiligten Familien bzw. aus Familien mit Migrationshintergrund beitragen kann. 6 Insgesamt belegen zahlreiche Studien, dass die qualifizierte Betreuung von Kindern in Tagesstrukturen in mehrfacher Hinsicht einen positiven gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen erzielt. 7 Nicht zuletzt deshalb wurde die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung in den letzten Jahren stark ausgebaut. Ist sie früher noch als reine Privatangelegenheit der Eltern angesehen worden, entwickelt sie sich zunehmend zu einer prioritären Verbundaufgabe von Politik und Wirtschaft. Eine besondere Rolle kommt dabei der kommunalen Ebene zu. Im Kanton St. Gallen existiert bis heute weder ein umfassender Überblick über die vorhandenen familien- und schulergänzenden Betreuungsangebote noch über das finanzielle Engagement der Gemeinden im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung. Ebenso unbekannt ist, ob es einen Zusammenhang zwischen regionaler Angebotsstruktur und öffentlicher Finanzbeteiligung gibt und welche Kinder in besonderem Masse von dem Angebot profitieren. Die vorliegende Studie soll diese Lücke schliessen. In einem ersten Schritt werden Zielsetzung und Vorgehensweise (Kapitel 2) beschrieben und die Ausgangslage im Kanton St. Gallen (Kapitel 3) erläutert. Anschliessend wird die Forschungsmethodik (Kapitel 4) dargestellt. In einem nächsten Schritt werden die Ergebnisse der Untersuchung (Kapitel 5 und 6) präsentiert und darauf aufbauend zentrale Schlussfolgerungen (Kapitel 7) abgeleitet. 2 Vgl. zur Abgrenzung EKFF, 2008, S. 12 f. 3 Vgl. exemplarisch, Kröhnert, Klingholz, 2005, S. 10 ff. 4 Vgl. EKFF, 2008, S. 26 ff. 5 Vgl. grundlegend zu einer Bestandsaufnahme der familienergänzenden Kinderbetreuung im Frühbereich INFRAS, 2010. 6 Vgl. Stamm, 2009, S. 83 ff. 7 Vgl. insbesondere Müller Kucera, Bauer, 2000 sowie Sozialdepartement der Stadt Zürich, 2001. Familienergänzende Kinderbetreuung im Kanton St. Gallen 8

2 Zielsetzung und Vorgehensweise Zielsetzung dieser Studie ist es, die Angebotsstruktur von familien- und schulergänzender Kinderbetreuung im Kanton St. Gallen sowie die Finanzierungsbeteiligung der Gemeinden zu erheben und relevante Zusammenhänge zu analysieren. Aus dieser übergeordneten Zielsetzung ergeben sich folgende Teilziele und Forschungsfragen: (1) Ein- und Abgrenzung der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung: Welche Betreuungsangebote werden zur familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung gezählt? Wie lassen sich diese differenzieren? (2) Erhebung des Versorgungsgrades: Wie viele Betreuungsplätze stehen für die in den Gemeinden wohnhaften Vorschulkinder zur Verfügung? Wie viele Betreuungsplätze stehen für die in den Gemeinden wohnhaften Schulkinder zur Verfügung unter besonderer Berücksichtigung der Mittagstischsituation? (3) Erhebung des öffentlichen Finanzierungsgrades: In welchem Umfang unterstützen die Gemeinden die familien- und schulergänzende Vorschulbetreuung im Verhältnis zu den in den Gemeinden wohnhaften Vorschulkindern? In welchem Umfang unterstützen die Gemeinden die familien- und schulergänzende Schulkinderbetreuung im Verhältnis zu den in den Gemeinden wohnhaften Schulkindern? (4) Berechnung des Betreuungsindex: Wie schneidet jede Gemeinde unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Versorgungs- und Finanzierungsgrad ab? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Versorgungs- und Finanzierungsgrad sowie Gemeindegrösse? (5) Analyse der Kleinkinderbetreuung und der Mittagstischsituation: In welchem Ausmass profitieren Kleinkinder und insbesondere Säuglinge von der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung? Wie stark wird das obligatorische Mittagstischangebot beansprucht? (6) Beurteilung der Integrationswirkung der Kinderbetreuungsstrukturen: Welchen soziodemografischen Hintergrund (z.B. Nationalität, Muttersprache) weisen die betreuten Kinder auf? Werden bestimmte Gruppen von Kindern vergleichsweise »gut« oder »schlecht« durch die bestehenden Betreuungsstrukturen erreicht? Aus diesen Forschungszielen und –fragen resultiert eine mehrstufige Vorgehensweise (vgl. Abbildung 1). Nach Definition und Eingrenzung des Terminus »familien- und schulergänzende Kinderbetreuung« (Phase 1), wurde dieses Betreuungsangebot getrennt nach Vorschul- und Schulbereich für alle Gemeinden des Kantons St. Gallen erhoben (Phase 2). Zu diesem Zweck wurde ein excelbasierter Fragebogen per E-Mail an 236 Betreuungsinstitutionen verschickt. Anschliessend wurden die materiellen und immateriellen Finanzierungsbeiträge der Gemeinde ebenfalls getrennt für den Vorschul- und Schulbereich erhoben (Phase 3). Diese Erhebung erfolgte ebenfalls per E-Mail-Fragebogen, der an alle 85 Gemeinden des Kantons St. Gallen verschickt wurde. 8 Aus den Angaben der Befragten konnte in Phase 4 für jede Gemeinde des Kantons St. Gallen der Versorgungsgrad sowie der öffentliche Finanzierungsgrad der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung bestimmt werden. Beide Indikatoren zusammen münden in den Betreuungsindex, der getrennt für den Vorschul- und Schulbereich ausgewiesen wird. Zusätzliche Erkenntnisse konnten über den Zusammenhang zwischen Versorgungs-, Finanzierungsgrad und Gemeindegrösse sowie die 8 Der Versand erfolgte in diesem Fall über die Vereinigung St. Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VGSP). Familienergänzende Kinderbetreuung im Kanton St. Gallen 9

1 Einleitung<br />

In den letzten Jahren entwickelte sich die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit in<br />

der Schweiz zum Kernbereich einer ganzheitlichen und zukunftsgerichteten Familienpolitik,<br />

die unter anderem darauf abzielt, die Auswirkungen des demografischen Wandels auf<br />

Wirtschaft und Gesellschaft abzufedern. Dabei spielen Einrichtungen <strong>für</strong> die familien- und<br />

schulergänzende <strong>Kinderbetreuung</strong> 2 eine wichtige Rolle. Sie gewährleisten eine qualitativ<br />

hochstehende Bildung und Erziehung von Kindern und ermöglichen gleichzeitig eine<br />

zunehmende Erwerbsbeteiligung von Müttern. Familien mit geringem Verdienst erhalten<br />

zudem eine bessere Möglichkeit, ihr Auskommen eigenständig zu erwirtschaften. Zudem<br />

zeigen diverse <strong>St</strong>udien, 3 dass die Geburtenrate in Ländern mit ausgebauten<br />

Betreuungsmöglichkeiten höher liegt, was <strong>für</strong> die Bewältigung des demografischen Wandels<br />

essenziell ist. Daneben wird <strong>im</strong> gesellschaftspolitischen Diskurs eine ganze Palette weiterer<br />

Zielsetzungen mit der familien- und schulergänzenden <strong>Kinderbetreuung</strong> verbunden. 4 Eine<br />

besondere Bedeutung kommt dabei der Betreuung von Kleinkindern zu. 5 Unter dem<br />

<strong>St</strong>ichwort »Frühbildung« wird vermehrt diskutiert, ob und in welchem Masse die qualifizierte<br />

Betreuung von (Klein-)Kindern in Tagesstrukturen den Bildungsprozess unterstützt und zur<br />

Integration insbesondere von Kindern aus benachteiligten Familien bzw. aus Familien mit<br />

Migrationshintergrund beitragen kann. 6<br />

Insgesamt belegen zahlreiche <strong>St</strong>udien, dass die qualifizierte Betreuung von Kindern in<br />

Tagesstrukturen in mehrfacher Hinsicht einen positiven gesellschaftlichen und<br />

volkswirtschaftlichen Nutzen erzielt. 7 Nicht zuletzt deshalb wurde die familien- und<br />

schulergänzende <strong>Kinderbetreuung</strong> in den letzten Jahren stark ausgebaut. Ist sie früher noch<br />

als reine Privatangelegenheit der Eltern angesehen worden, entwickelt sie sich zunehmend<br />

zu einer prioritären Verbundaufgabe von Politik und Wirtschaft. Eine besondere Rolle kommt<br />

dabei der kommunalen Ebene zu.<br />

Im <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong> existiert bis heute weder ein umfassender Überblick über die<br />

vorhandenen familien- und schulergänzenden Betreuungsangebote noch über das finanzielle<br />

Engagement der Gemeinden <strong>im</strong> Bereich der familienergänzenden <strong>Kinderbetreuung</strong>. Ebenso<br />

unbekannt ist, ob es einen Zusammenhang zwischen regionaler Angebotsstruktur und<br />

öffentlicher Finanzbeteiligung gibt und welche Kinder in besonderem Masse von dem<br />

Angebot profitieren. Die vorliegende <strong>St</strong>udie soll diese Lücke schliessen.<br />

In einem ersten Schritt werden Zielsetzung und Vorgehensweise (Kapitel 2) beschrieben und<br />

die Ausgangslage <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong> (Kapitel 3) erläutert. Anschliessend wird die<br />

Forschungsmethodik (Kapitel 4) dargestellt. In einem nächsten Schritt werden die<br />

Ergebnisse der Untersuchung (Kapitel 5 und 6) präsentiert und darauf aufbauend zentrale<br />

Schlussfolgerungen (Kapitel 7) abgeleitet.<br />

2<br />

Vgl. zur Abgrenzung EKFF, 2008, S. 12 f.<br />

3<br />

Vgl. exemplarisch, Kröhnert, Klingholz, 2005, S. 10 ff.<br />

4<br />

Vgl. EKFF, 2008, S. 26 ff.<br />

5<br />

Vgl. grundlegend zu einer Bestandsaufnahme der familienergänzenden <strong>Kinderbetreuung</strong> <strong>im</strong> Frühbereich<br />

INFRAS, 2010.<br />

6<br />

Vgl. <strong>St</strong>amm, 2009, S. 83 ff.<br />

7<br />

Vgl. insbesondere Müller Kucera, Bauer, 2000 sowie Sozialdepartement der <strong>St</strong>adt Zürich, 2001.<br />

<strong>Familienergänzende</strong> <strong>Kinderbetreuung</strong> <strong>im</strong> <strong>Kanton</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong><br />

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