Qualität und frühkindliche Bildung - Frühkindliche Bildung in der ...

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Vorwort Wenn immer mehr Kinder vor Schuleintritt in immer früherem Alter und für eine zunehmend längere Zeit während des Tages ein Vorschulangebot, beispielsweise eine Kinderkrippe (Kita), besuchen, dann interessiert, wie diese Angebote beschaffen sind. Ausschlaggebend ist somit ihre Qualität, aber auch, wie man diese feststellen, entwickeln und sichern kann. ‚Qualität in Kindertagesstätten‘ wird aktuell nicht nur in der wissenschaftlichen, sondern zunehmend auch in der bildungspolitischadministrativen Diskussion und auch in den Kitas selbst zu einem vehement diskutierten Thema. Wieso jedoch gerade jetzt? Sicher zum Ersten, weil zunehmend erkannt wird, dass die frühe Kindheit ein besonders bedeutsamer Lebensabschnitt darstellt. In dieser Phase erwirbt ein Kind Dispositionen wie Erkundungsdrang, Neugier, Motivation oder Selbstvertrauen, die für das spätere Lernverhalten und damit den Schulerfolg grundlegend sind. Ein zweiter Grund liegt darin, dass die frühe Kindheit innerhalb der aktuellen Bildungsdiskussion einen hohen Stellenwert erhalten hat. Ausschlaggebend waren vor allem die Ergebnisse der PISA-Studien, in welchen die Mängel unserer 15-jährigen Schülerinnen und Schüler im Lesen offengelegt und die Lösung hierfür von der Politik vor allem in einer besseren Förderung im Vorschulalter geortet wurde. Darauf verweist neuerdings auch der Schweizer Wissenschafts- und Technologierat SWR, der für eine effiziente und nachhaltige Nachwuchsförderung plädiert und dabei fordert, dass sie bereits bei der frühkindlichen Entwicklung ansetzen müsse. Der dritte Grund liegt in der empirisch vielfach begründeten Tatsache, dass sich Kinder in qualitativ hochstehenden Einrichtungen besser entwickeln und auf den Schuleintritt vorbereitet sind als in qualitativ durchschnittlichen Einrichtungen. Schliesslich ist der vierte Grund im Umstand zu suchen, dass sowohl unsere UN- ESCO-Studie als auch eine Untersuchung der UNICEF aufgezeigt haben, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen Staaten weit geringere Investitionen in den Vorschulbereich tätigt und sein Ausbau deshalb lediglich als Mittelmass bezeichnet werden kann. Eine der sieben Empfehlungen unserer UNESCO- Studie betraf denn auch die Verbesserung der pädagogischen Qualität durch die Ausarbeitung Qualität und frühkindliche Bildung Seite 5 von Minimalstandards und Richtlinien, welche dem Vorschulpersonal Orientierungspunkte für ihre Alltagspraxis liefern und Eltern dadurch die Qualität des Angebots besser einschätzen lassen. Hierzu liegen inzwischen Instrumente vor: der Orientierungsrahmen sowie das soeben fertiggestellte Manual Qualitätslabel für Kindertagesstätten. Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Kitas? Beispielsweise, dass sie Kinder nicht nur betreuen und erziehen, sondern vor allem auch fördern und bilden sollen. Damit sind jedoch auch neue Anforderungen an die Professionalisierung des Personals verbunden. Gleichzeitig wird von den Kitas erwartet, dass sie ‚kundenorientierter‘ werden und ihr Angebot stärker auf die Bedürfnisse der Eltern ausrichten. Denn mit dem Angebotsausbau entsteht zunehmend eine Marktsituation. Sie erhöht den Druck auf die Kitas, sich marktwirtschaftlich zu profilieren und ein eigenes Profil zu entfalten, das sie gegenüber anderen Institutionen auszeichnet. Kitas müssen somit – ähnlich wie Schulen – zu lernenden Organisationen werden. Denn Qualität stellt sich nicht bereits durch die Abfassung von Leitbildern oder pädagogischen Konzepten ein, sondern, indem sie erarbeitet wird. Kantone, Gemeinden und Trägerschaften fordern deshalb zunehmend die Einrichtung eines systematischen Qualitätsmanagements. Tatsache ist jedoch, dass viele Kitas in diesem Bereich bereits aktiv und mehr oder weniger weit fortgeschritten sind. Ein genauerer Blick in die aktuelle Diskussion zur Frage nach der Qualität von Kitas und ihrer Verpflichtung zur frühkindlichen Bildung macht schnell einmal deutlich, wie heterogen die Vorstellungen und Überzeugungen hierzu sind. Was unter Qualität in und von Kitas zu verstehen ist, wie sie sich messen lässt und wer dafür zuständig ist, wird genauso unterschiedlich beantwortet wie die Frage, was frühkindliche Bildung eigentlich meint und welchen Bezug sie zur Qualität hat. Insgesamt ist der Qualitäts- und Bildungsdiskurs ein vielstimmiger, der auch in einem teilweise konkurrierenden Feld stattfindet. Dieses Dossier macht es sich zum Ziel, Information und Hintergründe zur Thematik sowie darauf aufbauende Grundlagen für eine umfassende ‚Qualitätspolitik‘ zu liefern. Prof. Dr. Margrit Stamm Fribourg, 29. August 2012

Vorwort<br />

Wenn immer mehr K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

vor Schule<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong><br />

immer früherem Alter<br />

<strong>und</strong> für e<strong>in</strong>e zunehmend<br />

längere Zeit während<br />

des Tages e<strong>in</strong> Vorschulangebot,<br />

beispielsweise<br />

e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong>krippe (Kita),<br />

besuchen, dann <strong>in</strong>teressiert,<br />

wie diese Angebote<br />

beschaffen s<strong>in</strong>d. Ausschlaggebend ist somit<br />

ihre <strong>Qualität</strong>, aber auch, wie man diese feststellen,<br />

entwickeln <strong>und</strong> sichern kann.<br />

‚<strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätten‘ wird aktuell<br />

nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> wissenschaftlichen, son<strong>der</strong>n zunehmend<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> bildungspolitischadm<strong>in</strong>istrativen<br />

Diskussion <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> den Kitas<br />

selbst zu e<strong>in</strong>em vehement diskutierten Thema.<br />

Wieso jedoch gerade jetzt? Sicher zum Ersten,<br />

weil zunehmend erkannt wird, dass die frühe<br />

K<strong>in</strong>dheit e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s bedeutsamer Lebensabschnitt<br />

darstellt. In dieser Phase erwirbt e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />

Dispositionen wie Erk<strong>und</strong>ungsdrang, Neugier,<br />

Motivation o<strong>der</strong> Selbstvertrauen, die für das<br />

spätere Lernverhalten <strong>und</strong> damit den Schulerfolg<br />

gr<strong>und</strong>legend s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> zweiter Gr<strong>und</strong> liegt dar<strong>in</strong>,<br />

dass die frühe K<strong>in</strong>dheit <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> aktuellen<br />

<strong>Bildung</strong>sdiskussion e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert erhalten<br />

hat. Ausschlaggebend waren vor allem die<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> PISA-Studien, <strong>in</strong> welchen die<br />

Mängel unserer 15-jährigen Schüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Schüler im Lesen offengelegt <strong>und</strong> die Lösung<br />

hierfür von <strong>der</strong> Politik vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er besseren<br />

För<strong>der</strong>ung im Vorschulalter geortet wurde.<br />

Darauf verweist neuerd<strong>in</strong>gs auch <strong>der</strong> Schweizer<br />

Wissenschafts- <strong>und</strong> Technologierat SWR, <strong>der</strong> für<br />

e<strong>in</strong>e effiziente <strong>und</strong> nachhaltige Nachwuchsför<strong>der</strong>ung<br />

plädiert <strong>und</strong> dabei for<strong>der</strong>t, dass sie bereits<br />

bei <strong>der</strong> <strong>frühk<strong>in</strong>dliche</strong>n Entwicklung ansetzen<br />

müsse. Der dritte Gr<strong>und</strong> liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> empirisch<br />

vielfach begründeten Tatsache, dass sich K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> qualitativ hochstehenden E<strong>in</strong>richtungen besser<br />

entwickeln <strong>und</strong> auf den Schule<strong>in</strong>tritt vorbereitet<br />

s<strong>in</strong>d als <strong>in</strong> qualitativ durchschnittlichen<br />

E<strong>in</strong>richtungen. Schliesslich ist <strong>der</strong> vierte Gr<strong>und</strong><br />

im Umstand zu suchen, dass sowohl unsere UN-<br />

ESCO-Studie als auch e<strong>in</strong>e Untersuchung <strong>der</strong><br />

UNICEF aufgezeigt haben, dass die Schweiz im<br />

Vergleich zu an<strong>der</strong>en Staaten weit ger<strong>in</strong>gere Investitionen<br />

<strong>in</strong> den Vorschulbereich tätigt <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong> Ausbau deshalb lediglich als Mittelmass bezeichnet<br />

werden kann.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> sieben Empfehlungen unserer UNESCO-<br />

Studie betraf denn auch die Verbesserung <strong>der</strong><br />

pädagogischen <strong>Qualität</strong> durch die Ausarbeitung<br />

<strong>Qualität</strong> <strong>und</strong> <strong>frühk<strong>in</strong>dliche</strong> <strong>Bildung</strong><br />

Seite 5<br />

von M<strong>in</strong>imalstandards <strong>und</strong> Richtl<strong>in</strong>ien, welche<br />

dem Vorschulpersonal Orientierungspunkte für<br />

ihre Alltagspraxis liefern <strong>und</strong> Eltern dadurch die<br />

<strong>Qualität</strong> des Angebots besser e<strong>in</strong>schätzen lassen.<br />

Hierzu liegen <strong>in</strong>zwischen Instrumente vor: <strong>der</strong><br />

Orientierungsrahmen sowie das soeben fertiggestellte<br />

Manual <strong>Qualität</strong>slabel für K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätten.<br />

Welche Herausfor<strong>der</strong>ungen ergeben sich daraus<br />

für die Kitas? Beispielsweise, dass sie K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

nicht nur betreuen <strong>und</strong> erziehen, son<strong>der</strong>n vor allem<br />

auch för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> bilden sollen. Damit s<strong>in</strong>d<br />

jedoch auch neue Anfor<strong>der</strong>ungen an die Professionalisierung<br />

des Personals verb<strong>und</strong>en. Gleichzeitig<br />

wird von den Kitas erwartet, dass sie ‚k<strong>und</strong>enorientierter‘<br />

werden <strong>und</strong> ihr Angebot stärker<br />

auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Eltern ausrichten. Denn<br />

mit dem Angebotsausbau entsteht zunehmend<br />

e<strong>in</strong>e Marktsituation. Sie erhöht den Druck auf<br />

die Kitas, sich marktwirtschaftlich zu profilieren<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> eigenes Profil zu entfalten, das sie gegenüber<br />

an<strong>der</strong>en Institutionen auszeichnet. Kitas<br />

müssen somit – ähnlich wie Schulen – zu lernenden<br />

Organisationen werden. Denn <strong>Qualität</strong> stellt<br />

sich nicht bereits durch die Abfassung von Leitbil<strong>der</strong>n<br />

o<strong>der</strong> pädagogischen Konzepten e<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n,<br />

<strong>in</strong>dem sie erarbeitet wird. Kantone, Geme<strong>in</strong>den<br />

<strong>und</strong> Trägerschaften for<strong>der</strong>n deshalb<br />

zunehmend die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es systematischen<br />

<strong>Qualität</strong>smanagements. Tatsache ist jedoch,<br />

dass viele Kitas <strong>in</strong> diesem Bereich bereits<br />

aktiv <strong>und</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger weit fortgeschritten<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong> genauerer Blick <strong>in</strong> die aktuelle Diskussion zur<br />

Frage nach <strong>der</strong> <strong>Qualität</strong> von Kitas <strong>und</strong> ihrer Verpflichtung<br />

zur <strong>frühk<strong>in</strong>dliche</strong>n <strong>Bildung</strong> macht<br />

schnell e<strong>in</strong>mal deutlich, wie heterogen die Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Überzeugungen hierzu s<strong>in</strong>d. Was<br />

unter <strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> <strong>und</strong> von Kitas zu verstehen ist,<br />

wie sie sich messen lässt <strong>und</strong> wer dafür zuständig<br />

ist, wird genauso unterschiedlich beantwortet<br />

wie die Frage, was <strong>frühk<strong>in</strong>dliche</strong> <strong>Bildung</strong> eigentlich<br />

me<strong>in</strong>t <strong>und</strong> welchen Bezug sie zur <strong>Qualität</strong><br />

hat. Insgesamt ist <strong>der</strong> <strong>Qualität</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Bildung</strong>sdiskurs<br />

e<strong>in</strong> vielstimmiger, <strong>der</strong> auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

teilweise konkurrierenden Feld stattf<strong>in</strong>det.<br />

Dieses Dossier macht es sich zum Ziel, Information<br />

<strong>und</strong> H<strong>in</strong>tergründe zur Thematik sowie darauf<br />

aufbauende Gr<strong>und</strong>lagen für e<strong>in</strong>e umfassende<br />

‚<strong>Qualität</strong>spolitik‘ zu liefern.<br />

Prof. Dr. Margrit Stamm<br />

Fribourg, 29. August 2012

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