Qualität und frühkindliche Bildung - Frühkindliche Bildung in der ...
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Normen <strong>und</strong> Überzeugungen beigemessen werden<br />
soll <strong>und</strong> welche Rolle Experten im gesamten<br />
Prozess spielen. So lassen sich m<strong>in</strong>destens drei<br />
verschiedene Positionen vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unterscheiden:<br />
1. E<strong>in</strong> beteiligtenorientierter Zugang: Er geht<br />
von e<strong>in</strong>em kulturspezifischen Verständnis<br />
von <strong>Qualität</strong> aus, das sich auf historisch gewachsene<br />
Zielsetzungen <strong>und</strong> Wertvorstellungen<br />
abstützt. Dementsprechend werden<br />
die mit dem <strong>Qualität</strong>sverständnis verb<strong>und</strong>enen<br />
Perspektiven stets diskursiv <strong>und</strong> partizipatorisch<br />
ausgehandelt.<br />
2. E<strong>in</strong> standardisierter Zugang: Er basiert auf<br />
e<strong>in</strong>em Modell pädagogischer <strong>Qualität</strong>, das<br />
strukturale <strong>und</strong> prozessuale Aspekte <strong>in</strong>tegriert.<br />
Die <strong>Qualität</strong>skriterien werden vorab<br />
von Experten festgelegt.<br />
3. E<strong>in</strong> dynamischer Zugang: Er legt den Fokus<br />
nicht auf die Frage, wie gut e<strong>in</strong>e Kita ist,<br />
son<strong>der</strong>n, wie <strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> Kitas entsteht.<br />
Zu (1): E<strong>in</strong> Beispiel zum beteiligtenorientierten<br />
Zugang<br />
Das Modellprojekt «K<strong>in</strong><strong>der</strong>situationen» unter<br />
<strong>der</strong> Leitung von Jürgen Zimmer (Roux, 2002)<br />
hatte zum Ziel, die pädagogische <strong>Qualität</strong> <strong>in</strong><br />
Kitas <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Erzieher<strong>in</strong>nen, Eltern<br />
<strong>und</strong> Trägern weiterzuentwickeln. Deshalb<br />
wurde e<strong>in</strong> handlungsorientierter, dialogischer<br />
Zugang gewählt. Gr<strong>und</strong>lage bildeten (a) die<br />
k<strong>in</strong>dlichen Kompetenzen, (b) die Beziehungsqualität<br />
zwischen Erzieher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />
<strong>und</strong> das berufliche Selbstbild sowie (c) Planung<br />
<strong>und</strong> Tagesablaufgestaltung. Die eigens dafür<br />
entwickelten <strong>Qualität</strong>sstandards wurden anschliessend<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis erprobt <strong>und</strong> weiterentwickelt.<br />
Das Projekt wurde durch e<strong>in</strong>e externe<br />
empirische Evaluation ergänzt.<br />
Zu (2): E<strong>in</strong> Beispiel zum standardisierten Zugang<br />
Die Studie «Wie gut s<strong>in</strong>d unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong>gärten?»<br />
von Tietze (1998) folgte dem Ziel, die pädagogische<br />
<strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten <strong>und</strong> Familie zu beschreiben<br />
<strong>und</strong> ihren E<strong>in</strong>fluss auf die k<strong>in</strong>dliche<br />
Entwicklung zu untersuchen. Die <strong>Qualität</strong>skriterien<br />
waren zuvor festgelegt <strong>und</strong> zu Skalen, den<br />
so genannten KES-Skalen, zusammengefasst<br />
worden (vgl. Tietze et al., 2005). Diese Skalen<br />
differenzieren zwischen <strong>der</strong> Prozessqualität (Interaktionen<br />
<strong>und</strong> Erfahrungen des K<strong>in</strong>des <strong>in</strong> sei-<br />
<strong>Qualität</strong> <strong>und</strong> <strong>frühk<strong>in</strong>dliche</strong> <strong>Bildung</strong><br />
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ner sozialen <strong>und</strong> räumlichen Umwelt), <strong>der</strong><br />
Strukturqualität (Rahmenbed<strong>in</strong>gungen wie<br />
Gruppengrösse, Betreuungsschlüssel, Raumgestaltung<br />
etc.) <strong>und</strong> <strong>der</strong> Orientierungsqualität<br />
(E<strong>in</strong>stellungen, Werte des Personals sowie Leitbil<strong>der</strong><br />
des Angebots). Diesem Zugang liegt somit<br />
e<strong>in</strong> expertenorientiertes <strong>Qualität</strong>skonzept zu<br />
Gr<strong>und</strong>e, das e<strong>in</strong>e explizite Aussenperspektive<br />
e<strong>in</strong>nimmt <strong>und</strong> restriktiv def<strong>in</strong>iert, was unter pädagogischer<br />
<strong>Qualität</strong> zu fassen ist. Deshalb s<strong>in</strong>d<br />
kaum Optionen für <strong>in</strong>dividuelle Spielräume vorhanden.<br />
Zu (3): E<strong>in</strong> Beispiel zum dynamischen Zugang<br />
E<strong>in</strong>en ganz an<strong>der</strong>en Zugang wählten Honig et al.<br />
(2004) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Studie «Was ist e<strong>in</strong> guter K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten?»,<br />
weil nicht die <strong>in</strong>haltlichen Massstäbe<br />
<strong>der</strong> Leistungsfähigkeit von Kitas <strong>in</strong> den Mittelpunkt<br />
gestellt werden. Honig vertritt viel mehr<br />
die Ansicht, dass es bei <strong>der</strong> Messung pädagogischer<br />
<strong>Qualität</strong> nicht lediglich darum geht, was<br />
Kitas leisten, son<strong>der</strong>n wie sie etwas leisten.<br />
Deshalb kann die Frage nach e<strong>in</strong>er guten Kita<br />
nicht damit beantwortet werden, was pädagogische<br />
<strong>Qualität</strong> ist <strong>und</strong> wie e<strong>in</strong>e gute Kita beschaffen<br />
se<strong>in</strong> sollte, son<strong>der</strong>n, wie gute Praxis entsteht.<br />
Insgesamt bezeichnet Honig die Debatte<br />
um <strong>Qualität</strong> als unterkomplex, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
auch, weil das <strong>Qualität</strong>sverständnis <strong>der</strong> Eltern<br />
nicht h<strong>in</strong>reichend berücksichtigt sei.<br />
Folgt man allerd<strong>in</strong>gs Tietze et al. (2005), dann<br />
s<strong>in</strong>d Eltern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur unzureichend <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Lage, die tatsächliche <strong>Qualität</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>richtung,<br />
welche ihr K<strong>in</strong>d besucht, zu beurteilen. Dies führe<br />
dazu, dass viele Eltern die Angebotsqualität<br />
überschätzen. Meist orientieren sie sich an <strong>der</strong><br />
Sauberkeit, <strong>der</strong> Gruppengrösse o<strong>der</strong> am Bef<strong>in</strong>den<br />
ihres K<strong>in</strong>des, wenn sie es abholen.<br />
Fazit<br />
Dieses Brief<strong>in</strong>g Paper hat deutlich gemacht, dass<br />
<strong>Qualität</strong> <strong>in</strong> Kitas weit weg von e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigen<br />
Bestimmung ist. Im Wesentlichen orientiert<br />
man sich entwe<strong>der</strong> an e<strong>in</strong>er rigiden Def<strong>in</strong>ition<br />
durch Experten o<strong>der</strong> begreift <strong>Qualität</strong> als etwas,<br />
das durch dialogische respektive partizipatorische<br />
Elemente angemessen bestimmt werden<br />
kann <strong>und</strong> dabei die Me<strong>in</strong>ungen des praktischen<br />
Feldes berücksichtigt werden.<br />
Sich solcher Unterschiedlichkeiten bewusst zu<br />
werden, ist <strong>der</strong> erste Schritt auf dem Weg zur<br />
Ausarbeitung e<strong>in</strong>es <strong>Qualität</strong>skonzepts.