Patricks Zeichnungen - Freinet-Kooperative eV

Patricks Zeichnungen - Freinet-Kooperative eV Patricks Zeichnungen - Freinet-Kooperative eV

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26.10.2013 Aufrufe

Über die Autoren: Michèle Le Guillou Geboren am 8.4 .1931 in der Bretagne, dort Grundschullehrerin, Unterricht in Klassen der Regelschule, Mitarbeit in der französischen Freinet-Bewegung. Le Guillou veröffentlicht Arbeiten ihrer Kinder („1000 Gedichte in einem Jahr“), erstellt Sammlungen zur Erforschung der Kreativität von Kindern. Ihre praktische Arbeit in der Klasse ist bestimmt von dem Wunsch, dem freien Ausdruck der Kinder Raum zu geben, sie darin zu unterstützen, sich auf den Weg zu sich selbst zu machen. „Patricks Zeichnungen“ kann auch als Porträt ihres Unterrichts und als anschauliches Beispiel für die Pädagogik Célestin Freinets gelesen werden. Paul Le Bohec Geboren am 28.7. 1921, 30 Jahre lang Grundschullehrer in der Bretagne, engagiert in der französischen und internationalen Freinet- Bewegung. Le Bohec bezeichnet sich selbst als „instituteur-chercheur“, d.h. als Grundschullehrer, der Forschungen zur Praxis der Grundschule (mit Blick auf eine an der Freinet-Pädagogik orientierte Grundschulpraxis) selbst in die Hand nimmt. Ab 1970 Dozent an der Fachhochschule für Sozialpädagogik in Rennes, danach bis heute in der Erwachsenenfortbildung tätig. Le Bohec‘s Forschungsinteresse gilt natürlichen und kreativen Lernprozessen in den verschiedensten Bereichen. Demnächst erscheint bei der Pädagogik-Kooperative e.V. sein Buch über den „freien mathematischen Text“.

Über die Autoren:<br />

Michèle Le Guillou<br />

Geboren am 8.4 .1931 in der Bretagne, dort Grundschullehrerin, Unterricht in Klassen der Regelschule, Mitarbeit in der französischen<br />

<strong>Freinet</strong>-Bewegung.<br />

Le Guillou veröffentlicht Arbeiten ihrer Kinder („1000 Gedichte in einem Jahr“), erstellt Sammlungen zur Erforschung der Kreativität<br />

von Kindern.<br />

Ihre praktische Arbeit in der Klasse ist bestimmt von dem Wunsch, dem freien Ausdruck der Kinder Raum zu geben, sie darin zu<br />

unterstützen, sich auf den Weg zu sich selbst zu machen. „<strong>Patricks</strong> <strong>Zeichnungen</strong>“ kann auch als Porträt ihres Unterrichts und als<br />

anschauliches Beispiel für die Pädagogik Célestin <strong>Freinet</strong>s gelesen werden.<br />

Paul Le Bohec<br />

Geboren am 28.7. 1921, 30 Jahre lang Grundschullehrer in der Bretagne, engagiert in der französischen und internationalen <strong>Freinet</strong>-<br />

Bewegung.<br />

Le Bohec bezeichnet sich selbst als „instituteur-chercheur“, d.h. als Grundschullehrer, der Forschungen zur Praxis der Grundschule<br />

(mit Blick auf eine an der <strong>Freinet</strong>-Pädagogik orientierte Grundschulpraxis) selbst in die Hand nimmt. Ab 1970 Dozent<br />

an der Fachhochschule für Sozialpädagogik in Rennes, danach bis heute in der Erwachsenenfortbildung tätig. Le Bohec‘s<br />

Forschungsinteresse gilt natürlichen und kreativen Lernprozessen in den verschiedensten Bereichen. Demnächst erscheint bei der<br />

Pädagogik-<strong>Kooperative</strong> e.V. sein Buch über den „freien mathematischen Text“.


<strong>Patricks</strong> <strong>Zeichnungen</strong><br />

Erfahrungen mit der therapeutischen Wirkung des freien<br />

Ausdrucks<br />

von Paul Le Bohec und Michèle Le Guillou<br />

Pädagogik - <strong>Kooperative</strong> e.V. • Bremen<br />

Das französische Original erschien unter dem Titel:<br />

LES DESSINS DE PATRICK<br />

Effets therapeutiques de l‘expression libre<br />

von Paul Le Bohec und Michèle Guillou<br />

bei Castermann S.A. Tournai, Belgien 1980<br />

Übersetzung: Iris Heller,<br />

Endredaktion und Layout: Pädagogik-<strong>Kooperative</strong>, Gerda Frommeyer<br />

Für ihre freundliche Unterstützung danken wir:<br />

Emmerich Gradauer, Österreich, Marie-Claude Flügge, Berlin,<br />

Jochen Hering, Bremen und der Berliner <strong>Freinet</strong>-Gruppe


Impressum:<br />

© Pädagogik-<strong>Kooperative</strong> e.V., Bremen 1993<br />

für die deutschsprachige Ausgabe.<br />

Das Nachwort von Jacques Lévine der Originalausgabe wurde für die deutschsprachige Ausgabe ersetzt durch ein Schreibgespräch<br />

von <strong>Freinet</strong>-LehrerInnen.<br />

Alle Rechte der Veröffentlichungen und fotomechanischer Wiedergabe liegen ausschließlich bei der <strong>Freinet</strong>-<strong>Kooperative</strong> e.V. (Früher<br />

Pädagogik-<strong>Kooperative</strong> e.V.), Sielwall 45, 28203 Bremen, Tel/Fax.: 0421-34 49 29, mail@freinet-kooperative.de, www.freinetkooperative.de


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Vorwort zur deutschen Ausgabe 5<br />

von Marie-Luise Schrage<br />

Vorwort 6<br />

<strong>Patricks</strong> <strong>Zeichnungen</strong> 12<br />

Schlußbemerkungen 135<br />

Anstelle eines Nachwortes 138<br />

Ein Schreibgespräch deutscher <strong>Freinet</strong>-LehrerInnen


Über dieses Buch<br />

Vor uns liegt die Übersetzung einer pädagogischen Arbeit zweier <strong>Freinet</strong>-Pädagogen, die, wie sie selbst sagen, sich auf ein<br />

‚Abenteuer‘ eingelassen haben.<br />

Was taten sie? Sie gaben Schülern die Möglichkeit, das heißt, den Rahmen, die Zeit und eine sich nicht einmischende Unterstützung,<br />

sich frei zu äußern. Daraus entstand eine Sammlung der graphischen und sprachlichen Arbeiten eines 10-jährigen Jungen, die<br />

wahrhaft faszinieren und zugleich zu einer intensiven Auseinandersetzung herausfordern. Sie zeigen auf, was entstehen kann, wenn<br />

ein/e Lehrer/in davon überzeugt ist“, dass der Ausdruck der Kinder wirklich ihnen gehören soll und dass sie unbeirrt ihren Weg gehen<br />

müssen.“ (Paul le Bohec)<br />

Was so beeindruckend ist an diesem Experiment, so befreiend und Mut machend, das ist die behutsame, geduldige, aufmerksame<br />

Haltung der Lehrerin, die die Arbeiten der Kinder würdigt, sich aber vor jeder Einmischung und Deutung rigoros hütet. Beide Autoren<br />

maßen sich nicht an, therapeutisch einzugreifen; dennoch zeigen sie, dass, wenn Kinder sich herantastend ihren bedrückenden<br />

Phantasien annähern dürfen und sie zum Ausdruck bringen können, eine natürliche Psychotherapie“ ohne Interpretationen, ohne<br />

Gewalt, ohne dass sich jemand bedrängt fühlt, von jedem unbemerkt, sogar ohne Wissen des Betroffenen“ geschehen kann.<br />

In der vorliegenden Arbeit bekommen wir Einblicke gewährt, wir können Anteil nehmen an dieser Entwicklung - das ist außergewöhnlich<br />

und wir fühlen uns betroffen. Dafür danken wir Michèle und Paul, den Autoren, aber ebenso Patrick, dem Kind, das sich<br />

von seiner Last befreite, indem es zeichnete und schrieb.<br />

Marie-Luise Schrage, Januar 1991


VORWORT<br />

Michèle Le Guillou und Paul Le Bohec gehören seit mehr als zwanzig Jahren der gleichen pädagogischen Bewegung<br />

an. Sie waren lange nicht nur bezüglich ihres Wohnortes, sondern auch hinsichtlich ihrer pädagogischen Vorstellungen<br />

Nachbarn, weil sie beide immer um vielfältige Ausdrucks- und Schaffensformen bemüht waren. Sie waren ständig gegenseitig<br />

Zeugen ihrer Untersuchungen, die sie in ihren jeweiligen Klassen durchführten. Daher ist ihre Zusammenarbeit bei<br />

diesem Werk nur eine zusätzliche Etappe einer langen Gemeinschaftsarbeit.<br />

PAUL: Während der zwanzig Jahre, in denen ich an der Grundschule in Tregastel (Cotes-du-Nord) unterrichtet habe, konnte ich<br />

feststellen, dass die Kinder die Möglichkeiten, sich frei auszudrücken, die ich ihnen immer geboten habe, außergewöhnlich gut<br />

aufgenommen haben.<br />

Die Mehrzahl meiner Schüler waren Kinder von Hochseematrosen, deren Väter nach langer Abwesenheit plötzlich wieder nach<br />

Hause kamen. Oft gab es auch Kinder, die eigentlich in Paris lebten, die aber aus Gesundheitsgründen, wegen der Geburt eines<br />

anderen Kindes, wegen Auslandsreisen der Eltern oder aus anderen Gründen auf dem Land bei ihren Großeltern untergebracht<br />

waren ....<br />

Und allmählich stellte ich fest, dass man in den freien Texten der Kinder einen Widerhall der Störungen erkennen konnte, die durch<br />

die Rückkehr der Väter oder durch die Verbannung der Kinder verursacht worden sind.<br />

Da ich aber keinerlei psychotherapeutische Ausbildung habe, brauchte ich zunächst sehr eindeutige Hinweise, um endlich wahrnehmen<br />

zu können, dass die ungewöhnlichen Vorstellungsleistungen der Kinder ihren Ursprung in ihrem realen Erleben hatten.<br />

Als ich den Kindern infolgedessen mehr kreative Freiheit gab, konnte ich mich davon überzeugen, dass die Kinder den mündlichen<br />

Ausdruck ebenso wie Zeichnen, Singen und sogar die Mathematik dazu benutzten, um sich unbewusst von ihren Spannungen, die<br />

sie so sehr belasteten, zu befreien.<br />

Das weckte natürlich meine Neugier. Auf den Spuren <strong>Freinet</strong>s habe ich jedoch gelernt, mich nicht ganz auf fremde Theorien und<br />

Analysen für meinen Arbeitsalltag zu verlassen. Also beschloss ich, den Versuch zu starten, für mich selbst herauszufinden, welche<br />

Bedeutung der freie Ausdruck hat.<br />

Aus diesem Interesse heraus habe ich zuerst 556 freie Texte eines Kindes von seinem 6. bis zu seinem 9. Lebensjahr gesammelt und<br />

untersucht 1 . Danach verfolgte ich die Entwicklung der Spiegelschrift eines Linkshänders 2 Schließlich studierte ich das Verhalten von<br />

Kindern bei ‚mathematischen Erfindungen‘ 3 . So habe ich mich allmählich damit vertraut gemacht, aufeinander folgende Schriftstücke<br />

über einen längeren Zeitraum hin zu untersuchen.<br />

1970 wurde ich an das Institut Universitaire der Technologie - Fachhochschule für Sozialberufe von Rennes berufen (Ausbildung von<br />

Sozialpädagogen), wo es mir gelungen ist, Erwachsene mit ihrem schriftlichen Ausdruck auszusöhnen, indem ich mit ihnen Arbeiten<br />

aus den verschiedensten Schulklassen untersuchte.<br />

MICHÈLE: In den zwanzig Jahren als Lehrerin in einem kleinen Marktflecken im Finistère habe ich mich auch in einem emotional<br />

stark belasteten Milieu befunden. Und ich wollte ebenfalls herausfinden, was die freien Arbeiten der Kinder genau beinhalten. Ich habe<br />

das allerdings ausschließlich für mich getan, ohne dabei an eine Publikation zu denken, weil mich die Entwicklung solcher Dinge<br />

immer interessiert. Niemals habe ich daran gedacht, dass ich die Grundlage für einen theoretischen Ansatz liefern könnte.<br />

1972 begann ich also, alle ‚Gedichte‘, die in meiner 5. Klasse (Zehn- bis Zwölfjährige) geschrieben worden sind, zu sammeln 4 .‘Während<br />

eines Seminars hat Paul von der Existenz dieser Sammlung erfahren. Ich habe sie ihm bereitwillig überlassen, weil ich dachte,


dass das eine gute Gelegenheit wäre, Lehrer auf die Einfachheit und Notwendigkeit von dichterischer Schöpfung in allen Klassen<br />

aufmerksam zu machen.<br />

Wir arbeiteten dann bei der Untersuchung des Materials zusammen. Er war der außenstehende Zeuge, den ich benötigte, um besser<br />

zu erfassen, was in meiner Klasse vor sich ging. Und ich gab ihm alle Informationen, die zum Verständnis dieser Arbeiten notwendig<br />

waren. Daraus entstand das Buch: ‚1000 poèmes en un an‘ [1000 Gedichte in einem Jahr] 5 .<br />

Während dieser ersten Arbeit, die mir viele pädagogische Erfahrungen gebracht hat, habe ich Vieles gelernt. Und mit gesteigerter<br />

Neugier begann ich zu verfolgen, was sich auf dem Gebiet des Zeichnens abspielte. Außerdem hatte ich noch andere Gründe, diese<br />

neuen Beobachtungen mit neuen Schülern zu machen.<br />

Beim Aussuchen der 1000 Gedichte habe ich eine Art Gesetz entdeckt: Bereits die Aufmerksamkeit des Lehrers kann genügen,<br />

damit sich die Klasse einer Aktivität intensiv zuwendet. Wirklich, während normalerweise nur 4 oder 5 Schüler jährlich Gedichte<br />

schrieben, haben in diesem Jahr alle 25 Schüler meiner Klasse damit begonnen. Und das, meiner Meinung nach hauptsächlich<br />

deshalb, weil ich begonnen hatte, sie zu sammeln.<br />

Daraufhin wollte ich also dieses ‚Gesetz‘ in Bezug auf das Zeichnen überprüfen. Und tatsächlich, es bestätigte sich auch hier: Alle<br />

Schüler, ausnahmslos, wurden von einer Zeichenleidenschaft befallen. Dann wollte ich darüber hinaus beweisen, dass diejenigen,<br />

die sagen: „Im Alter von 10 Jahren sind die Kinder schon zu alt, um einen ersten Zugang zum Zeichnen zu finden“, sich irren. Und<br />

das ist der Grund, warum ich versuchte, das ‚Gesetz der Lehreraufmerksamkeit‘ nachzuprüfen, und warum ich mich entschloss,<br />

eher Graphiken als mathematische Arbeiten, freie Kartonagen oder Tischlerarbeiten zu sammeln. Außerdem wusste ich, dass es<br />

sich um Kinder handelte, die im freien Ausdruck unverbildet waren und ich wusste, dass ich sie zwei Jahre lang in meiner Klasse<br />

haben würde.<br />

Das war wirklich ein reizvolles Abenteuer: Sie waren ganz ‚neu‘ und zwischen 9 und 10 Jahre alt. Sie waren zum ersten Mal mit den Techniken<br />

der <strong>Freinet</strong>-Pädagogik konfrontiert: freier Text, Erforschung der Umgebung, Klassenzeitung, Klassenkorrespondenz,<br />

freier mündlicher und schriftlicher Ausdruck, schöpferischer Umgang mit Materialien, künstlerische, mathematische und<br />

musikalische Kreationen...<br />

Gleichzeitig hatte ich auch ein anderes Interesse:<br />

Im vorherigen Jahr hatten einige Kinder weniger Gedichte vorgelegt. Ich habe mir gedacht, dass der Grund wohl darin lag, dass ihre<br />

spezifische Sprache anders war. Ich wollte außerdem zugleich die Bestätigung, dass es auch notwendig sei, die unterschiedlichsten<br />

Ausdrucksmöglichkeiten anzubieten. Deshalb habe ich jedem Kind einen Block gegeben, wie ich es mir schon lange gewünscht<br />

hatte. Die Kinder konnten jederzeit darin zeichnen, weil er ständig auf dem Tisch lag. Das sind die Gründe, die mich dazu veranlasst<br />

haben, die <strong>Zeichnungen</strong> der Kinder zu sammeln.<br />

PAUL: Die Sammlung enthält übrigens auch die mündlichen Kommentare jedes Zeichners über seine Arbeit.<br />

MICHÈLE: Ja, ich habe ihnen nie Fragen gestellt. Wie hätte ich das auch tun können? Ich weiß absolut nichts von der Psychoanalyse...<br />

und dann habe ich auch gar keine Zeit dafür gehabt. Hätte ich ihre Arbeiten beobachten können, oder mich auch nur um deren<br />

Bedeutung gekümmert, dann hätte ich ihre Entwicklung beeinflusst. Das ist aber nicht der Fall gewesen. Übrigens, sehr bald hat<br />

Patrick, das Kind, das wir auf den folgenden Seiten beobachten werden, selber seine Kommentare geschrieben. Sieben von diesen<br />

Schülern waren mit zwei Jahren Verspätung in die vierte Klasse gekommen. Das waren ein junger Portugiese und sechs Kinder,<br />

die meiner Meinung nach aus finanziellen Gründen oder wegen mangelnder Zuneigung in ihrer Entwicklung beeinträchtigt waren.<br />

Weitere sieben Kinder, darunter Patrick, und zwei andere Portugiesen, waren ein Jahr zurückgestellt. Nur vier Kinder hatten das<br />

‚normale‘ Alter. Aber es war trotz allem eine ganz normale vierte Klasse.<br />

PAUL: Das ist wichtig, dass deine Klasse eine ganz normale Klasse war, mit üblicher Klassenfrequenz, mit Lehr- und<br />

Stundenplanzwängen. Die Beobachtungen, die wir dort gemacht haben, können daher nicht mit der simplen Behauptung übergangen


werden, dass es sich um eine spezielle Klasse für spezielle Kinder handelte. Es ist nicht zu leugnen, dass es eine normale Klasse<br />

für normale Kinder war.<br />

MICHÈLE: Und Patrick ist ein ganz normales Kind, das fähig ist, eine ‚normale‘ Ausbildung zu erhalten. Der Grund, weshalb er um<br />

ein Jahr zurückversetzt wurde, lag in einer Gefühlserschütterung, von der wir später sprechen werden.<br />

PAUL: Ich finde es auch notwendig festzustellen, dass sich der Tonfall oder Sinn nicht ändert, egal ob Patrick dir seine Kommentare<br />

erzählte oder sie selbst niederschrieb. Das muss ganz klar betont werden, denn es kann ja auch passieren, dass Lehrer ihre<br />

Vorstellungen auf die Kinder projizieren und dadurch deren Freiraum einschränken. Das ist oft wahr und fast unvermeidlich; aber für<br />

dich, Michèle, gilt das nicht. Der deutlichste Beweis ist die enorme Verschiedenheit der gesammelten Gedichte und <strong>Zeichnungen</strong>.<br />

Hättest du zu sehr abgewogen, wären all diese Arbeiten in dieselbe Richtung gegangen. Und die Leser der 1000 Gedichte zum<br />

Beispiel wissen, dass dies nicht der Fall ist. Es stimmt aber, dass du auf dem Gebiet des freien Ausdrucks eine äußerst wichtige<br />

Arbeit geleistet hast.<br />

Ich muss gestehen, dass es genau das ist, was mich an deinen Zeichenmappen so fasziniert hat. Es ist eine Freude, Leser dieses<br />

so rein graphischen Abenteuers zu sein.<br />

Diese Unterlagen können uns zeigen, dass der Ausdruck der Kinder wirklich ihnen eigen ist, und dass sie unbeirrt ihren<br />

Weg gehen müssen - vorausgesetzt, sie bekommen jemals die Gelegenheit, den eigenen Weg zu finden.<br />

Einen Augenblick lang habe ich gedacht, dass deine Arbeit leicht zu realisieren sei. Es stimmt, dass es gewissermaßen simpel<br />

ist, da es genügt, grundsätzliche technische Dinge, wie Stift und Zeichenblock anzubieten, die immer und überall zur Verfügung<br />

stehen. Nach einigem Überlegen habe ich mir jedoch gesagt, dass du keine gewöhnliche Lehrerin bist. Seit dem Beginn deiner<br />

Berufstätigkeit hast du dich ständig fortgebildet. Es handelt sich um eine besondere Art von Fortbildung: um Seminare und Tagungen,<br />

die, auf freiwilliger Basis von der <strong>Freinet</strong> ICEM-Pädagogik 6 , außerhalb des offiziellen Rahmens veranstaltet worden sind. Dank<br />

dieses ständigen Gedankenaustausches bist du so weit gekommen, dir die wesentlichen Fragen zu stellen und neue Prioritäten im<br />

Rahmen der Erziehung zu setzen.<br />

MICHÈLE: Dieses Prinzip, voneinander zu lernen, gab es nicht nur bei den <strong>Freinet</strong>-Fortbildungen, sondern auch in meiner Klasse.<br />

Die Kinder haben mir Vieles beigebracht. Und es sind die in meiner pädagogischen Praxis auftretenden Fragen, die mich veranlasst<br />

haben, mich zu informieren, Zeitschriften zu lesen, mich zu ‚bilden‘.<br />

Aber Paul, warum hast du dich entschlossen, vor allem die <strong>Zeichnungen</strong> von Patrick zu beobachten? Mir scheint, dass dich zuerst<br />

die <strong>Zeichnungen</strong> von Michel angezogen haben.<br />

PAUL: Ich muss sagen, dass ich mehrmals und lange die 3000 <strong>Zeichnungen</strong> deiner Klasse angesehen habe. Mehr als einen Sommer<br />

habe ich damit verbracht. Immer wieder habe ich die Seiten dieses Bilderbuches mit einer Art Leidenschaft durchgeblättert. Und<br />

dann, allmählich, wurde ich mir über eines klar: Patrick war in seiner Arbeit die intensivste, selbständigste Persönlichkeit. Vor allem<br />

schien mir, dass im Laufe der sechs Monate etwas Greifbares, Wahrnehmbares, etwas über jeden Zweifel Erhabenes zustande<br />

gekommen ist.<br />

Das wollte ich als erstes mitteilen. Ich habe mich bemüht, so zu lesen, wie man das heutzutage bei einer Textanalyse machen würde,<br />

d.h., dass ich ausschließlich von den Unterlagen ausgegangen bin. Ich habe nicht nach zusätzlichen Informationen gesucht. Ich<br />

wollte den Versuch machen, mich ausschließlich auf die vorhandenen <strong>Zeichnungen</strong> und Texte zu stützen. Nachdem ich dann mit dir<br />

über die Durchführung der Untersuchung gesprochen hatte, habe ich selbstverständlich auch Informationen bekommen, die ich nicht<br />

gesucht habe. Ich werde sie dem Leser weitergeben, damit er über sie verfügen kann.<br />

Ich will gleich ganz deutlich sagen, dass es für mich niemals darum gegangen ist, endgültige Erklärungen abzugeben; denn darin bin<br />

ich nicht kompetent. Ich habe mich bemüht, die Dinge nüchtern zu betrachten und mich darauf beschränkt, das, was mir eindeutig<br />

und unstrittig schien, hervorzuheben. Man könnte sich auch durchaus damit begnügen, die Materialien als solche zu untersuchen,


ohne das von mir Geschriebene zu beachten.<br />

Was mich dennoch veranlasst hat, Kommentare zu schreiben, ist die Erfahrung, die ich aus der Veröffentlichung meiner früheren<br />

Werke gewonnen habe. Sie hat mir gezeigt, dass der Leser gerne von der Möglichkeit Gebrauch macht, ‚parallel‘ zu lesen, d.h. in<br />

gleicher Richtung oder entgegengesetzt, oder in einer, die senkrecht dazu steht. Sie bietet ihm die Möglichkeit zur Konfrontation, zum<br />

Vergleich, kurz gesagt, zum aufmerksamen Lesen.<br />

Die aktive Neugier des Lesers wird allerdings stärker gefordert, als ich es geahnt hatte; denn als ich zum dritten Mal die <strong>Zeichnungen</strong><br />

von Patrick betrachten wollte, hast du mir noch sämtliche freien Texte dazugegeben, die in diesen zwei Jahren von ihm geschrieben<br />

worden sind. Das gab unserer Arbeit eine neue Dimension, die von nun an einem fünffachen Interesse gerecht werden kann:<br />

1. Wir können die <strong>Zeichnungen</strong> betrachten,<br />

2. Wir können uns den Texten widmen, die, wie man sehen wird, wirklich freie Texte sind.<br />

3. Wir können das Verhältnis zwischen Text und <strong>Zeichnungen</strong> untersuchen.<br />

4. Wir können über zusätzliche <strong>Zeichnungen</strong> verfügen. Das Bedürfnis des Kindes zu zeichnen war nämlich so stark, dass ihm<br />

der Block nicht mehr genügte. Die Blattränder der <strong>Zeichnungen</strong> sind auch mit <strong>Zeichnungen</strong> übersäht. Für Patrick war jeder<br />

weiße Fleck Papier zum Kritzeln geeignet.<br />

5. Die Untersuchung derjenigen Arbeiten <strong>Patricks</strong>, die er in den ersten sechs Monaten (von insgesamt 18 Monaten) angefertigt<br />

hat, wird bereits soviel zeigen, dass wir uns damit begnügen können. In naher Zukunft wollen wir den Rest des Schatzes<br />

bearbeiten. Denn die Werke der anderen Kinder verdienen es auch, beachtet zu werden. Und wir werden sehen, wie jedes<br />

Kind zu seinem eigenen Vorteil und doch in völlig unterschiedlicher Art und Weise die ihm gebotenen Möglichkeiten ausnützt.<br />

Diese Vielfalt sollte die Erzieher veranlassen, ihren Akzeptanzbereich zu erweitern.<br />

MICHÈLE: Aber glaubst du, dass die Erzieher solch eine Form des Ausdrucks einfach akzeptieren werden?<br />

PAUL: Das stimmt, es kann sein, dass sich einige Leser über die Phantasmen 7 in den <strong>Zeichnungen</strong> wundern werden. Man muss<br />

sehen, dass bis heute wenige Leute Zugang zu einem echten freien Ausdruck von Kindern haben. Und wenn man die Absicht hat,<br />

die schöpferische Freiheit zu erweitern, sollte man sich doch darauf einstellen, einen solchen Ausdruck zu akzeptieren; denn er<br />

blüht auf, sobald ein Minimum günstiger Bedingungen zusammentrifft. Er ist übrigens nicht erst heute entstanden. Jahrhunderte<br />

hindurch hat man über Einhörner, Drachen, Dinosaurier, Heinzelmännchen, Dämonen, Geister, Wasserspeier, Hydren, Greife,<br />

Totems, Wahnbilder, Ungeheuer aller Art phantasiert und zwar in den verschiedensten Kulturen. Heutzutage sind Kino, Literatur,<br />

Musik, Kunst und Comics von Phantasmen überfüllt.<br />

Es scheint, dass der Mensch grundsätzlich versucht, sich von seinen Gespenstern zu befreien, indem er sie nach außen projiziert,<br />

d.h. er versucht, sie durch Darstellung auszutreiben. Aber im allgemeinen hindert ihn die Zensur seiner sozialen Umgebung daran.<br />

Die Schule sollte in unserer neurotischen Gesellschaft mehr denn je der Ort sein, an dem das akzeptiert und angenommen wird,<br />

was anderswo verboten ist. Sie könnte zur Wiederherstellung des Gleichgewichts verhelfen; denn dieses Bedürfnis (unseres<br />

Reptiliengehirns?) nach Ausdruck ist sehr stark, und es wird großes Leiden verursacht, wenn es unterdrückt wird. Im Grunde ist<br />

dieses Ausdrucksbedürfnis gar nicht unterdrückbar, aber manchmal wird es gezwungen, dramatische Ausdrucksformen zu nutzen.<br />

In der normalen Schule ist es oft nicht möglich, die eigenen Phantasmen schriftlich auszudrücken, da man sich aus Angst schützt.<br />

Diese Sprache ist schwer zu übersehen - wenn sie auftaucht, sollte man sie beachten. Darauf ist man jedoch normalerweise nicht<br />

vorbereitet; andererseits kann man leicht so tun, als ob man das, was in den <strong>Zeichnungen</strong> ausgedrückt ist, nicht sieht; oder man<br />

kann etwas anderes sehen, bzw. gelernt haben, nicht zu sehen, vielleicht sogar nicht wissen, dass es etwas zu sehen gibt. Das<br />

ist vermutlich mit ein Grund, weshalb die Kinder die künstlerische Sprache so gerne verwenden, wenn sie akzeptiert wird. Dann<br />

spüren sie, dass sie diesen Weg gehen und sich mit Hilfe dieses Deckmantels ohne Enthüllungsrisiko ausdrücken können.


Die tiefe Motivation unserer Arbeit ist nicht, das aufzudecken, was sich in den Arbeiten von Patrick versteckt, sondern den Leser<br />

davon zu überzeugen, dass etwas darin steckt, was uns Erwachsene zwar nichts angeht, was aber aus den tieferen Schichten des<br />

kindlichen Geistes hinausdrängen und bis zur Oberfläche gelangen möchte.<br />

Deswegen haben wir es für richtig gehalten, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen:<br />

Nur ausnahmsweise untersucht ein Klassenfremder die Arbeiten der Kinder und dies erst fünf Jahre nach ihrer Erstellung; also glücklicherweise<br />

zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Untersuchungsergebnisse nicht mehr durch die Reaktionen der Lehrerin auf die<br />

Phantasie der Kinder auswirken konnten. Diese Arbeit dient einzig dem Zweck, dass man sich überzeugen kann, wie notwendig es<br />

ist, den Kindern die bildnerische Sprache als freien Ausdruck anzubieten.<br />

Dann genügt es, sie sich selbst entwickeln zu lassen - ohne Einmischung: Jedes Kind wählt seinen eigenen Weg. Man müsste<br />

sich eigentlich nicht die Mühe machen, ein solches Werk zu veröffentlichen, wenn die grundsätzlichen Erziehungsbedingungen<br />

überall vorhanden wären: Zeit - Werkzeug - Pädagogik - Aufnahme - Respekt - Zahl - Raum ... . Aber das ist selten der Fall. Es ist<br />

notwendig, laut aufzuschreien, damit die Dinge sich ändern, damit den Kindern nicht noch mehr von ihren Entfaltungsmöglichkeiten<br />

entzogen wird oder sie ihrer Schätze beraubt werden oder sie ihr Verborgenes versperren, das sie immer wieder schwer belastet.<br />

Und dieses Dossier ist ein Aufschrei, weil es eine Kumulation von Extremen ist. In dieser Klasse hatten die Kinder, die stärker als<br />

üblich belastet waren, die Möglichkeit, sich freier als gewöhnlich auszudrücken. Darüber hinaus hatte der besonders dichte Ausdruck<br />

ihrer Phantasmen zur Folge, dass ein Großteil der Kinder eine Tiefgründigkeit in ihrem Ausdruck finden konnte, die für sie ohne diese<br />

Bedingungen unerreichbar gewesen wäre.<br />

Michèle, deine Ausdauer, 3000 <strong>Zeichnungen</strong> zwei Jahre lang zu sammeln, ist sehr zu bewundern. Diese Unterlagen sind wegen<br />

des Alters der Kinder, ihrer Freiheit, ihrer Ungeschicklichkeit, andere Sprachformen zu verwenden, ihrer Gemütsbelastung, der<br />

Problemanhäufungen, ihrer Begeisterung beim Zeichnen, der Risikobereitschaft von manchen ... und der inneren Ausgeglichenheit<br />

der Lehrerin, ihrer Neutralität und ihres Mutes, außergewöhnlich.<br />

Aber bevor wir mit der Betrachtung beginnen, muss ich den Leser darauf vorbereiten, dass dieses Betrachten bei mir eine wahre<br />

Gedankenflut ausgelöst hat. Ich will diese Gedanken dem Leser mitteilen, ihn aber besonders darauf hinweisen, damit er sie als<br />

meine Gedanken erkennt und daher selbst urteilen kann. Am Ende des Buches könnte er seine eigenen Gedanken mit den folgenden<br />

vergleichen.<br />

1. Solche <strong>Zeichnungen</strong> können jederzeit in einer ‘befreiten’ Klasse auftauchen.<br />

2. Es ist normal und natürlich, dass sie erscheinen, das ist kein Krankheitssymptom. Es ist aber weder notwendig noch obligatorisch.<br />

Tatsächlich braucht man ein Minimum an Gefühlsbewegung, um die Kugel dieser Leidenschaft ins Rollen zu bringen.<br />

Zum Glück sind solche inneren Spannungen nicht bei allen Kindern vorhanden. Es wäre gefährlich, wenn Erzieher<br />

sich vorwerfen würden, schuldig oder unfähig zu sein, wenn in ihrer Klasse nicht ähnliche Arbeiten entstehen würden. Es<br />

müssen dafür verschiedene Faktoren zusammentreffen, was nicht immer gegeben ist.<br />

3. Der freie zeichnerische Ausdruck sollte in all jenen Schulen stark gefördert werden, die ‘belastete’ Kinder aufnehmen: Behinderte,<br />

sozial Benachteiligte, Verhaltensauffällige, psychisch Kranke...<br />

4. Es geht uns nicht um ‘schulische Leistung’ - und doch hat sich die erreichte Lockerung bestimmt auch hier positiv ausgewirkt.<br />

Es geht um die Ausdrucksfreiheit jedes Einzelnen für sich selbst. Es geht darum, wie er seine Phantasmen zähmt, sie abnutzt<br />

und das innere Gleichgewicht durch Symbolisierung wiederfindet. Die Schule sollte nicht versuchen, die Produktionen<br />

aufzuarbeiten, sie zu lenken, daraus einen ‘Fortschritt’ zu machen. Sie genügen sich selbst und sollten respektiert werden.<br />

Wir haben die feste Absicht, die Ziele der Schule zu ändern, die im Dienste des Individuums und der Gruppe stehen sollte<br />

und nicht im Dienste einer entfremdenden und ausbeutenden Konsumgesellschaft.<br />

5. Roger Gentis hat in Guérir la vie (‘Das Leben heilen’) geschrieben: “Die Psychoanalyse wäre nur dann wirklich verwendbar,<br />

wenn sie populär werden würde.”


Ich glaube nicht, dass wir ein Wundermittel gefunden haben, sie populär zu machen. Aber eine fünfunddreißigjährige Praxis in der<br />

Pädagogik des freien Ausdrucks veranlasst mich zu glauben, dass eine populäre und natürliche Psychotherapie möglich ist. <strong>Patricks</strong><br />

<strong>Zeichnungen</strong> und Texte scheinen diese Gedanken zu bestätigen.<br />

Es handelt sich auf keinen Fall um Psychoanalyse, sondern um eine Form der Psychotherapie; wobei mir dieser Begriff fast zu<br />

hochtrabend erscheint, um die direkte Erleichterung zu charakterisieren, die jeder freie Ausdruck zwangsläufig mit sich bringt, der<br />

nicht nur sporadisch stattfindet und dem Aufmerksamkeit geschenkt wird.<br />

Diese Psychotherapie wäre eine Therapie fürs Volk, weil sie nicht mehr einer bestimmten Klasse vorbehalten wäre. Sie wäre vielen<br />

Menschen zugänglich, denen es auf diese Art möglich wäre, ihre Kindheit aufzuarbeiten - und damit könnten sie bereits in der Schulzeit<br />

beginnen.<br />

Die Psychotherapie wäre natürlich, weil es dabei um den spontanen, freien Ausdruck geht, der sich Bahn bricht, sobald gewisse<br />

Mindestbedingungen erfüllt sind.<br />

Und sie erfüllt ihren Zweck ohne Interpretation, ohne Gewalt, ohne, dass jemand sich bedrängt fühlt, von jedem unbemerkt, sogar<br />

ohne Wissen des Betroffenen.<br />

Aber Vorsicht. Es braucht sehr, sehr viel Zeit, bis die Phantasmen sich erschöpfen und allmählich verlöschen. Man muss Rückschläge<br />

hinnehmen und eine distanzierte Haltung bewahren können. Die innere hundertköpfige Hydra, die sich mit ihren kräftigen Kiefern in<br />

das Wesen festgebissen hat, spürt ihre Kräfte allmählich schwinden, und nach und nach lassen die Kiefer das Wesen los, das sie<br />

festhielten. Ein Kopf nach dem anderen fällt, schwach, matt und leblos.<br />

Handelt es sich in diesem Fall nicht ganz einfach um die Anerkennung des Rechts zum Ausdruck, zur Poesie, zur Kunst ... ?<br />

Wenn das ein Traum ist, was für ein Traum! Unser Traum von heute, unsere gewaltige Utopie, unsere solle Realität von morgen.


<strong>Patricks</strong> <strong>Zeichnungen</strong><br />

Das Schuljahr beginnt. Patrick kann in seiner neuen Klasse unter mehreren Formen des freien Ausdrucks wählen. Von Anfang an<br />

richtet er sein Interesse auf den graphischen Ausdruck, der Schreiben und Zeichnen beinhaltet. Es ist ihm absolut freigestellt, was er<br />

zeichnen oder schreiben will. Dennoch verwendet er diese beiden Möglichkeiten unterschiedlich: ab der zweiten Zeichnung begibt er<br />

sich in das Gebiet des Imaginären - im Gegensatz zu seinem schriftlichen Ausdruck; in diesem Bereich befindet er sich von Anfang<br />

an in einem Schöpfungsprozeß, der realistische und imaginäre Texte gleichermaßen hervorbringt.<br />

Wie wird sich diese Situation weiterentwickeln? Wird das Kind seine schriftlichen Arbeiten weiter normalisieren, oder wird sich auch<br />

hier eher eine Tendenz zum Imaginären herauskristallisieren? Zu diesem Zeitpunkt sind die Texte jedoch rein realistisch. Hier zwei<br />

Beispiele:<br />

KARTOFFELERNTE<br />

Gestern haben wir Kartoffeln gesammelt und eingelagert. Ein Mann hat seinen Traktor und einen Kartoffelroder<br />

mitgebracht. Diese Maschine hat die Kartoffeln ausgegraben. Kurz danach haben mein Taufpate, meine Mutter,<br />

mein Vater und unsere Nachbarin die Kartoffeln in Körben gesammelt. Danach haben sie sie in Plastiksäcken<br />

mitgenommen.<br />

AM BAUERNHOF<br />

Am Bauernhof leben Kühe, Schafe, Hühner, Enten, Schweine und Säue. Wir haben 12 Milchkühe, 9 Schweine<br />

und 15 Stiere. Die Schweine fressen zerquetschte Kartoffeln und gekochte Futterrüben. Die Kühe fressen Mais<br />

und Heu. Die Stiere bekommen dasselbe wie die Kühe.<br />

Man kann wohl annehmen, dass dieser Bauernsohn ein Realist ist und mit beiden Füßen fest auf dem Boden steht. Seltsamerweise<br />

verschwindet dieser Realismus im Bereich der bildnerischen Darstellung ab der zweiten Zeichnung. Und es wird sich abzeichnen,<br />

dass Patrick, wenn er beispielsweise einen Traktor zeichnet, dessen Bedeutung verändert.<br />

Da die erste Zeichnung erst am 1. Oktober entstanden ist, halten wir es für notwendig, ein paar Zeilen den Texten zu widmen, die<br />

zwischen dem 14. September und dem 1. Oktober geschrieben wurden.<br />

Die ersten 5 Texte sind rein realistisch, mit Abzählversen folgenden Typs vermischt:<br />

Ich fliege auf einer Biene nach Marseiile<br />

Ich fliege auf einer Elster nach Paris.<br />

[Je vais à Marseille sur une abeille<br />

Je vais à Paris sur une pie.]<br />

Man sieht, dies sind Spiele mit dem Klang ohne tieferen Inhalt. Der 6. Text aber, vom 17. September 1973, ist sehr interessant:<br />

RATET, WER DAS IST!<br />

Er ist 37 Jahre alt, er hat ziemlich weiße Haare, er ist 1,70 m groß, er wiegt 84 kg. Er trägt immer eine lange<br />

Hose, er ist ein alter Algeriensoldat, er ist Bauer, ratet, ratet wer das ist!


Ab diesem 17. September geht es häufig um diese Person, die sehr kräftig zu sein scheint, vergleicht man Gewicht mit Größe.<br />

Nach zwei realistischen Texten, folgt am 21. September:<br />

DER KLEINE PILZ<br />

In einem großen Obstgarten wohnt ein kleiner Pilz. Eines Tages ging ein Mann namens Dickbauch [Gros Bidon]<br />

Pilze sammeln. Er trat in die Wohnung des kleinen Pilzes. Er pflückte ihn vorsichtig und tat ihn in seine Tasche,<br />

um ihn zu Mittag zu essen.<br />

So könnte es sich abspielen, wenn eine machtvolle Persönlichkeit an ein kleines Wesen herantritt, um es aufzufressen.<br />

Unmittelbar darauf folgen 6 realistische Texte und Schüttelreime ohne Bedeutung.<br />

Dann entsteht <strong>Patricks</strong> erste Zeichnung - die einzige, die sachlich ist. Sie ist nicht besonders originell. Sieben andere Kinder haben<br />

ebenfalls das Thema Der erste Schultag aufgegriffen.<br />

25. September - Zeichnung Nr. 1<br />

Der erste Schultag


Bis zum 25. September entstanden 15 realistische Texte, eine realistische Zeichnung und nur zwei Texte, die eine besondere<br />

Bedeutung haben könnten. Die ‚Maschinerie‘ ist noch nicht in Gang gesetzt. Am 28. September aber schreibt Patrick einen<br />

Schüttelreim und dann einen seltsamen Text, der wie ein Schüttelreim beginnt.<br />

KLEINE BLUME<br />

[Petite fleur, dans mon coeur, tu pleures, tu as une soeur, tu as habité la Breure. Une fois, tu avais volé, tu avais<br />

crié, tu avais chanté, tu avais arraché. (...)]<br />

Kleine Blume in meinem Herzen, du weinst, du hast eine Schwester, du hast in Breure gewohnt. Einmal hast<br />

du gestohlen, du hast geschrien, du hast gesungen, du bist von zu Hause ausgerissen. Aber eines Tages hat<br />

dich jemand bestraft, ja, jemand, der sehr mächtig ist, damit dir ein Ende gesetzt wird, du Diebin, Ausreißerin,<br />

Rotznase. Du hast dann gesagt: „Verzeihen Sie mir, ich flehe Sie an, töten Sie mich nicht.“<br />

Jetzt ist es aber zu spät. Das ist ein Befehl meines Herrn. Wenn ich dich nicht töte, schmeißen sie mich in die<br />

Maschine, die Menschen frisst. Ich habe schon einmal einen meiner Freunde aus meiner Abteilung gesehen,<br />

der von dieser Macht zermalmt worden ist. Ich werde dich mit einem elektrischen Handschlag töten. Sie gab<br />

also auf. Der elektrische Schlag warf sie zu Boden. Steif lag sie da.<br />

Beachtenswert sind folgende Aspekte. Es gibt:<br />

- eine Schuldige<br />

- eine Machtperson, die straft<br />

- die Bedrohung durch eine Maschine, die Menschen frisst<br />

- der Gebrauch von Elektrizität für die Vollstreckung und<br />

- die Verwendung einer Hand.<br />

Am Tag darauf, am 1. Oktober, ein Text über ein Schiff, der uns nicht viel erklärt. Schade, denn es tauchen häufig Schiffszeichnungen<br />

auf:<br />

CHRISTIAN WILL EIN SCHIFF<br />

Ein fünfjähriger Junge will ein kleines Schiff.<br />

„Oh, nein“, antwortet die Mutter streng, weil es zu zerbrechlich ist.<br />

„Ich will aber das da und nichts anderes.“<br />

Die Mutter stimmte zu.


1. Oktober - Zeichnung Nr. 2<br />

Die Werkzeugmännchen 8<br />

Ab seiner zweiten Zeichnung zieht es Patrick in den Bereich des Imaginären. Dagegen sind von 16 Texten nur 3 imaginär. Ist das<br />

der Einfluss seiner Freunde?<br />

Am 25. September hat Armel ‚Mein Kopf denkt nach‘ (eine sehr groteske Arbeit!) gezeichnet. Yann hat ein Mädchen mit einem<br />

verkehrten Kopf, zerzausten Haaren und sechs Fingern pro Hand dargestellt. Und Gaél hat einen ‚Mädchenbaum‘ gezeichnet. Sind<br />

dies die Auslöser für Patrick gewesen, sich freier auszudrücken?<br />

Es scheint, dass es hier eine erste Darstellung von immer wiederkehrenden Symbolen gibt, die ganz am Anfang ihrer Entwicklung<br />

stehen. Man erkennt einen viereckigen Kopf, Spiralen, Kreise, die als Ketten oder Antennen dienen.<br />

Beachten müssen wir auch die Besonderheit zusammengesetzter Worte: die Werkzeug - Männchen. Die zusammengesetzten<br />

Worte eröffnen die Möglichkeit, bei Bedarf den Ort zu wechseln, so wie die Fledermaus der französischen Fabel.


Gehen wir die Sache von den Werkzeugen aus an: - Nein, das sind Männchen. Und umgekehrt. Denn die Umwelt könnte feindlich<br />

reagieren. Man muss sich eine Taktik einfallen lassen.<br />

2. Oktober: Ein Phantasietext über einen imaginären Baum.<br />

3. Oktober: Ein realistischer Text.<br />

4. Oktober: Die Geschichte von einem Fetzen, der den Kreiden hilft:<br />

Weil ich jetzt alles gelöscht habe, werdet ihr nicht vom Chef geschlagen. „Uff!“ sagt die kleine Kreide.<br />

Absolut bemerkenswert aber ist, dass der Text in riesigen schwarzen Buchstaben mit dem Wort fin [Ende] aufhört:<br />

4. Oktober - Zeichnung Nr. 3<br />

4. Oktober - Zeichnung Nr. 4<br />

Mein Kopf denkt nach (Textillustration)


Schon am selben Tag ein weiterer Schritt in der imaginären Darstellung: Jetzt ist es eher ein Männchen als ein Werkzeug. Im Inneren<br />

sind zwei Herzen, Eingeweide, eine Kette. Und es hat große viereckige Ohren.<br />

Am 5. Oktober schreibt er einen realistischen Text und den folgenden:<br />

TOTO, DER SCHRECKLICHE<br />

Ich heiße Toto, der Schreckliche. Ich habe sieben Jahre lang geboxt, vier Jahre Judo trainiert, zehn Jahre lang<br />

Tennis gespielt. Ich bin in der ganzen Welt bekannt. Ich erzähle von einem Boxkampf. Ich gebe meinem Gegner<br />

einen Faustschlag, mitten ins Gesicht. Aus dem Augenwinkel erkenne ich einen Mörder, der mit einer Pistole<br />

bewaffnet ist. Er wird sicherlich meinen Gegner erschießen. Ich schreie, und die Polizisten legen den Mann mit<br />

einem Schuss um.<br />

Noch einmal werden die Macht und die Beseitigung eines Mörders, der den Gegner bedroht, behandelt. Toto, der Schreckliche,<br />

spricht in der ersten Person. Vier realistische Texte und ein Schüttelreim folgen.<br />

18. Oktober - Zeichnung Nr. 5<br />

Aufbruch zu einem anderen eigenartigen Planeten


Hier gibt es etwas Überraschendes. Bis jetzt hat sich kein Text mit dem Thema ‚Aufbruch‘ beschäftigt. Das ist auch der große Start<br />

ins Reich der <strong>Zeichnungen</strong>. Es muss betont werden, dass die anderen Kinder vom 4. bis zum 18. Oktober weiter gezeichnet haben.<br />

Vor allem Étienne, ein stark belastetes Kind, hat als erster die Gelegenheit wirklich genutzt, die ihm geboten wurde. Wäre er nicht in<br />

dieser Klasse gewesen, hätte vielleicht kein einziges Kind seine Phantasmen zeichnend zum Ausdruck gebracht. Patrick selbst hat<br />

vielleicht einen Wegbereiter gebraucht.<br />

Hier sind die beiden <strong>Zeichnungen</strong> von Étienne, die als Zündstoff für die Phantasie der anderen gedient haben.<br />

Zeichnung Nr. 6<br />

Zeichnung Nr. 7<br />

Die Sonne ist wütend, weil der Mond lacht (Etienne)<br />

Ein Drache mit Schlangenzunge. Er kann kriechen (Étienne).


Die folgenden <strong>Zeichnungen</strong> von Patrick werden zeigen, wie er sich den von Étienne eröffneten Weg zu eigen macht. Er hat zweifellos<br />

feststellen können, dass Étienne sich dem Bereich alptraumhafter Phantasien [délire] genähert hat, ohne dass seine Lehrerin reagiert<br />

hat. Daraufhin hat er sich vermutlich gesagt: „Aha, in diese Richtung kann man also auch gehen, ohne Angst haben zu müssen!“<br />

Und er ist in diese Richtung gegangen. Aber wohin führt sie? Am 18. Oktober beginnt er mit einem Kosmonauten, der auf dem Weg<br />

zu einem anderen Planeten ist.<br />

20. Oktober - Zeichnung Nr. 8<br />

Hier findet sich der Machtgedanke wieder, der schon im Text von ‚Toto, dem Schrecklichen‘ (vom 5.10.) aufgetaucht ist (7 Jahre<br />

Boxen, 4 Jahre Judo) und bei dem 84 kg schweren Mann (vom 17.9.). Und hier geht es um sportliche Leistung: das ist der stärkste<br />

Mann der Welt. Er ist mit Orden, Medaillen und einem U.S.Army-Abzeichen dekoriert. Die Zahlen bestehen hauptsächlich aus<br />

Neunen, womit die höchsten Werte erreicht werden können. Auch die Wiederverwendung der Zähne aus Etiennes ‚wütender Sonne‘<br />

fällt auf.<br />

Danach folgt eine achttägige Zeichenpause. Es ist aber keine wirkliche Pause. Sie betrifft nämlich nur die <strong>Zeichnungen</strong> auf dem<br />

Zeichenblock. Eigentlich ist ein neues Phänomen aufgetaucht: Blattrand-<strong>Zeichnungen</strong>.<br />

Es ist eine Serie von 8 realistischen Texten entstanden: Der Hund des Cousins, Maisernte, Rübenernte, das kleine Kalb aus Charol<br />

etc. Die Ränder dieser Textblätter sind völlig mit <strong>Zeichnungen</strong> bedeckt: Arabesken, Spiralen, konzentrische Kreise und Rechtecke.<br />

Und das Wort fin [Ende] ist mehrmals in fetten Buchstaben geschrieben.


Zeichnung Nr. 9<br />

Am 25. Oktober geht Patrick noch einen Schritt weiter; er zeichnet am Blattrand zwei Totenköpfe. Am 26. Oktober füllt er zwei<br />

Piratenflaggen mit Totenköpfen und zwei Figuren haben viereckige Köpfe und Antennen. Ich habe das Gefühl, dass uns diese<br />

Randzeichnungen zusätzliche, ernstzunehmende Informationen bringen werden.<br />

Am 5. November ist in <strong>Patricks</strong> Texten eine neue Spur erkennbar:<br />

WIE SEHE ICH AUS?<br />

Ich sehe vielleicht wie ein Gorilla aus oder wie ein wütender Stier. Wenn ich mich im Spiegel anschaue, finde<br />

ich, dass ich dem Onkel Paul, als er jung war, ähnlich bin. Aber vielleicht sehe ich auch wie etwas ganz anderes<br />

aus. Mein Kopf zum Beispiel, ist ein echter Fußball. Wegen einem ungeschickten Hammer habe ich einen<br />

plattgeschlagenen Finger. Wegen einem Stein habe ich eine Narbe auf der Stirn: Ich habe mit ihm herumgerauft<br />

und er hat gewonnen. Zwei Nähte haben sie mir gemacht. Da hat mir der Stein gesagt: „Du hättest ja nur Ruhe<br />

zu geben brauchen „.<br />

Diese Geschichte endet mit einer erstaunlichen Arbeit:


5. November - Zeichnung Nr. 10<br />

Was soll dieser Ausbruch von Fin wohl heißen? Sollte man vielleicht Faim [Hunger] statt ‚Fin‘ [Ende] verstehen? 9<br />

Oder ist es das Drängen nach rascher Beendigung - aber wovon? Ist es der Anfang von Finistère 10 oder sind es die Anfangsbuchstaben<br />

des Namens der älteren Schwester Francoise? Wird das je herauskommen?‘<br />

Kehren wir aber zur Serie der Blockzeichnungen zurück. Vom 29. Oktober gibt es 3 <strong>Zeichnungen</strong>.


29. Oktober - Zeichnung Nr. 11<br />

Das ist eine Statue<br />

Diese Statue eines riesigen Tieres ist auf einem sehr hohen Sockel errichtet; daher ist eine Leiter angelehnt. Die Menschen sind sehr<br />

klein. Aber das liegt vielleicht an der Perspektive.


29. Oktober - Zeichnung Nr. 12<br />

Jemand schiebt etwas, das im Feld stört<br />

Dies ist ein sehr wichtiges Dokument. Seit der achten Zeichnung dreht es sich immer wieder um etwas, das jemanden stört. Aber der<br />

Kommentar erklärt die Zeichnung nicht. Da ja Augen, ein Mund und Beine vorhanden sind, kann man deutlich erkennen, dass es sich<br />

eher um jemanden als um etwas handelt. Zweifellos kann das Kind aber noch nicht klar ausdrücken, dass jemand stört. Das muss<br />

es, zumindest im Kommentar, noch etwas verschleiern. Dennoch soll man die störende Gestalt gewissermaßen erahnen können<br />

- sie ist übrigens riesig. Man braucht eine starke Maschine, um sie wegzuschieben.<br />

Außerdem gibt es noch zwei Piratenflaggen und, weiter unten, eine Art Gespenst.


29. Oktober - Zeichnung Nr. 13<br />

Ein Skelett in der Wüste<br />

In dieser dritten Zeichnung des 29. Oktober wird der Todesgedanke wiederholt und präzisiert.<br />

Mehrere wichtige Dinge sind an diesem Tag ausgedrückt worden:<br />

Die Macht, eine Störung, der Tod. Man könnte einen schönen Satz mit diesen drei Worten bilden, lässt man sie in dieser Reihenfolge.<br />

Der Kopf ist total zersprungen; längs des Körpers gibt es sehr viele Dreiecke - wie Drachenkämme oder Krokodilzähne. Man muss<br />

hinzufügen, dass dies alles am Tag vor Allerheiligen entstanden ist.<br />

5. November<br />

Am Donnerstag, dem 1. November, sind wir auf den Friedhof gegangen. Auf den Gräbern blühten schöne<br />

Blumen. Allerheiligen ist ein trauriger Tag.<br />

Ich möchte dem Leser an dieser Stelle mitteilen, dass vier Jahre zuvor, als Patrick sechs Jahre alt war, seine neun Monate alte<br />

Schwester plötzlich gestorben ist. Seine Mutter trauerte sehr lange um ihre Tochter; sie weigerte sich beispielsweise zwei Jahre lang,<br />

in die Stadt zu gehen.<br />

Am selben Tag entsteht ein Text, der vollständig der Beschreibung des Nachbarhundes gewidmet ist. Unten auf der Seite ist eine naturgetreue<br />

Zeichnung des Hundes zu sehen. Aber zwischen Textende und dieser Zeichnung findet sich eine andere Randzeichnung,<br />

die mit dem Hund nichts mehr zu tun hat. Was soll das darstellen? Soll man sie mit den früheren Texten in Verbindung bringen?


5. November - Zeichnung Nr. 14


5. November - Zeichnung Nr. 15<br />

Ein eigenartiger Mann, der Francoise heißt und einen Geburtsfehler hat.<br />

Das Thema ‚Eigenartigkeit‘ taucht wieder auf. Patrick ist der Einzige, der dieses Thema behandelt. Er nennt einen Mann francoise<br />

(erinnern wir uns, dass dies der Vorname seiner älteren Schwester ist), was ihm eine nicht abzusprechende Eigenartigkeit zusichert.<br />

Auch die Buchstaben des Vornamens sind in die Zeichnung eingearbeitet. Nur das ‚r‘ fehlt. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?<br />

Rätselhaft.<br />

Außerdem fallen die Schwimmfüße auf und die kleinen Armstummel in dieser seltsamen Form. Sie sind schwarz ausgemalt, als ob<br />

ihre Wichtigkeit hervorgehoben werden sollte. Dieses ‚Schwarz-Ausmalen von Details wird übrigens noch des öfteren auftreten.<br />

Man findet auch spiralförmige ‚S‘, die Patrick später einfach Spiralen nennen wird. Handelt es sich nicht auch bei der Figur, die das<br />

störende Ding schiebt, um so eine Spirale? (29.10.; Nr. 12)


6. November - Zeichnung Nr. 16<br />

Ein elektrisch betriebener Mann<br />

Am folgenden Tag wieder ein Mann, aus Rechtecken zusammengesetzt.<br />

Im Gespräch (mit der Lehrerin, d. Verf.) wird diesmal die ‚Elektrizität‘ betont, während in der Zeichnung selbst die Fernsehantenne<br />

durch die schwarze Farbe hervorgehoben wird. Man hat den Eindruck, ein Robotermännchen vor sich zu haben.


9. November - Zeichnung Nr. 17<br />

Ein außergewöhnlicher Vogel. Er ist eine Statue.<br />

Schon wieder taucht ein Sockel für ein Statuenwesen auf. Wozu? Für seine Kraft? Seine Macht? Seinen Ruhm? Auch das Wort<br />

außergewöhnlich kehrt wieder. Eigentlich könnte man eher glauben, dass das Gebilde links oben der Vogel sei.<br />

Wir müssen aber die Blockzeichnungen kurz bei Seite legen, um uns den Texten zu widmen. Denn an diesem Tag schreibt Patrick:<br />

ES PASSIERT MIR MANCHMAL<br />

Es passiert mir manchmal, meinen Kopf zu vergessen.<br />

Es passiert mir manchmal, dass ich vergesse, in die Schule zu gehen.<br />

Es passiert mir manchmal, zu brüllen.<br />

Es passiert mir manchmal, mich in Scheiben zu schneiden, wie eine Wurst.<br />

Es passiert mir manchmal, ungeschickt zu sein.<br />

Es passiert mir manchmal, jemanden umzubringen.<br />

Es passiert mir manchmal, einen Spaß zu machen.<br />

Es passiert mir manchmal, jemandem einen Fußtritt zu geben.<br />

Es ist unbestreitbar, dass Patrick hier etwas Außergewöhnliches ausdrücken will. Das ist aber eine Ausnahme. Sämtliche anderen<br />

Texte dieser Periode sind sehr still und ruhig beschreibend. Es scheint wohl so zu sein, dass es die <strong>Zeichnungen</strong> sind, die es Patrick<br />

am ehesten erlauben, seine Phantasmen auszudrücken.


10. November - Zeichnung Nr. 18<br />

Das Donnertier auf dem Berg<br />

Wiederum wird ein Wort zusammengesetzt: Nach den Werkzeugmännchen kreiert Patrick ein ‚Ding-Tier‘.<br />

Durch die Blitze, den Berg und die vielen großen Pfoten ist abermals das Stärke- und Machtthema spürbar. Die Aggressivität der<br />

spitzen Dreiecke des Berges bilden einen Kontrast zu den umhüllenden Rundungen der Wolken.<br />

Die schwarzen Teile könnten Elemente eines zackigen Drachenkamms darstellen. Dieses Tier scheint jedenfalls Angriffs- und Ve<br />

rteidigungsmöglichkeiten zu haben.<br />

Nach diesen Bildern tritt eine fünftägige Ruhepause ein. Dann kommt unvermittelt eine sehr, sehr starke Serie: 12 Bilder in nur 4<br />

Tagen. Und in dieser Zeit ist nur eine schriftliche Erzählung entstanden von einem aggressiven Überfall auf seinen Onkel in der Nähe<br />

von Paris.


16. November - Zeichnung Nr. 19<br />

Der Mann mit der Pfeife. Seit seiner Geburt trägt er eine Kette.<br />

Diesmal versucht Patrick einen menschlichen Kopf darzustellen. Im großen und ganzen ist die Darstellung normal. Bart und Kette<br />

sind schwarz betont. Zum dritten Mal wird eine Sonne freundlich gemalt.


16. November - Zeichnung Nr. 20<br />

Ein Vogel, der fliegt.<br />

Das ist wirklich eine merkwürdige Zeichnung. Es ist nicht ganz klar, wie man sie verstehen soll. Jetzt fliegt der Vogel; saß er zuvor<br />

auf dem Sockel, der durch konzentrische Kreise dargestellt ist?<br />

Anstelle der Sonne ist eine ‚Spirale‘ zu sehen; und, was besonders auffällt, von rechts kommt ein tiefschwarzer Pfeil ins Bild. Wen<br />

will er treffen?


17. November - Zeichnung Nr. 21<br />

Buchstabenbilder<br />

Hier sind Buchstaben, die Tiere oder Menschen darstellen. Man könnte glauben, es gehe dem Kind lediglich darum zu experimentieren,<br />

um aus den Buchstabenzeichen Figuren entstehen zu lassen.<br />

Aber es scheint noch mehr dahinter zu stecken. Wiederum sind gewisse Elemente schwarz ausgemalt und dadurch betont: darunter<br />

zweimal der Buchstabe ‚N‘ wobei das eine ‚N‘ einen Kopf hat, das andere eine Fernsehantenne.<br />

Die Figur links steht auf der zweiten Stufe eines Podestes. Ihr Körper ist gefüllt mit Spiralen und konzentrischen Vierecken. Am<br />

Tag darauf, am 18. November, entstehen drei <strong>Zeichnungen</strong> und ein dramatischer Text, der sachlich von einem Überfall auf eine alte<br />

Dame berichtet. Gehört hat Patrick diese Geschichte von seinem Onkel. Dies scheint aber diese Serie von Phantasiezeichnungen<br />

nicht zu beeinflussen.


18. November - Zeichnung Nr. 22<br />

Ein Fernseher<br />

Warum jetzt dieser Fernseher mit einer Antenne, die aussieht wie das W der vorigen Zeichnung?<br />

Eine der <strong>Zeichnungen</strong> des 11. Januar (Nr. 48) wird uns auf diese hier zurückverweisen, die in einem (weiblichen ?) Körper<br />

eingeschlossen zu sein scheint.<br />

Die Antenne und das Kabel sind sehr schwarz. Wiederum gibt es eine Spirale und eine Treppe (oder ein Zick-Zack).


18. November - Zeichnung Nr. 23<br />

Der elektrische N-Mann<br />

Wer wird jemals sagen können, warum das ‚N‘ das Kind so sehr fasziniert?<br />

Dieses Mal dreht es sich um einen Buchstabenmann. Eigentlich sieht man hier zwei Figuren: den Mann aus dem großen ‚N‘, der<br />

zwei Füße, Antennen, Elektrizität und zwei große schwarze beobachtende Augen hat. Und es gibt ein winziges Männchen, das nur<br />

über einen Fuß und eine viereckige Spirale verrügt.


18. November - Zeichnung Nr. 24<br />

Ein Mann kommt von einem anderen Planeten. Er ist in eine Maschine geraten, die ihn in Stücke geschnitten hat. Diese Stücke haben<br />

sich elektrisch wieder zusammengeklebt.<br />

Die dritte Zeichnung des 18. November ist anscheinend der Magie der Wellen gewidmet.<br />

Der elektrische Mann hat von der Macht der Elektrizität profitiert: er wurde zerstört, konnte aber wieder zusammengesetzt werden.<br />

Die imaginäre Welt ist sehr praktisch: Am 18.10. flog ein Raumschiff zu einem eigenartigen Planeten und an diesem 18.11. kehrt ein<br />

Mann von dort zurück - zerstückelt, doch dann auf magische Weise wieder zusammengesetzt.


18. November - Zeichnung Nr. 25<br />

Das ist Esau<br />

Es geht hier wohl um Esau aus einem Kinderlied, das in der Klasse gelernt wurde:<br />

„Das ist Esau, der König der Behaarten, der König der Bärtigen und Zottigen.<br />

Sein Bart reichte bis zum Boden und sein Körper war über und über behaart.<br />

Er trug weder Hose noch Hemd noch Rock.<br />

Ah, Esau ist wirklich erstaunlich!“<br />

An diesem 18.11. entstanden also drei <strong>Zeichnungen</strong> zum Thema ‚Elektrizität‘ und eine zum Thema ‚Haare‘.


19. November - Zeichnung Nr. 26<br />

Wettbewerb der Statuen. Diese hier gewinnt.<br />

Diesmal ist der erste Platz des Podestes besetzt. Und das mit einer Frau. Der ersten gezeichneten Frau!!<br />

Am Tag darauf, dem 20. November, entstehen wiederum vier <strong>Zeichnungen</strong>. Das Kind verwendet beim Zeichnen die unterschiedlichsten<br />

graphischen Ausdrucksmittel.


20. November - Zeichnung Nr. 27<br />

In der Zukunft: Die Zahl 99 geht spazieren. Eine Hand legt sich nieder. Ein Mann mit langen Armen. Er hat einen Sprechapparat. Man<br />

sieht seine künstlichen Stimmbänder. Das ‚N‘ ist ein Tier.<br />

Es ist bequem, Dinge in die Zukunft zu versetzen. Niemand kann dem Zeichner vorwerfen, dass er die Realität nicht beachtet, da<br />

niemand die Zukunft kennt. Wie in der Science-fiction ist alles vorstellbar, zum Beispiel die künstlichen Stimmbänder, für die, die nicht<br />

sprechen können. Und immens lange Arme. Die Zahl 99 hat konzentrische Kreise. 99 ist die größte zweistellige Zahl. Nochmals gibt<br />

es eine Anspielung auf das große ‚N‘. Immer wieder kommt dieses ‚N‘.<br />

‚N‘/N‘/N/ was kann das bloß bedeuten? Nur <strong>Patricks</strong> Unbewusstes kann uns dies verraten. Auf der Hand, die daliegt, ist<br />

ein Anker eintätowiert.


20. November - Zeichnung Nr. 28<br />

Yves hat ein Kind bekommen.<br />

Mit Erstaunen und Begeisterung entdecken Kinder jedesmal die Möglichkeiten der rächenden Aggressivität, die die freien<br />

Ausdrucksformen (Text, Gesang, Bild) bieten. Patrick verwendet seine Zeichnung, um sich über einen Freund (Yves ist einer seiner<br />

Mitschüler) lustig zu machen. Er ist bärtig und behaart. Warum haben seine Arme solch eine Form und sind schwarz angemalt? Und<br />

das, obwohl man weiß, dass Patrick Arme und Hände zeichnen kann? Warum die Treppe und dieses Stück Antenne? Wer weiß<br />

das?<br />

Jedenfalls ist ein Junge, der ein Kind bekommt, genauso außergewöhnlich, wie ein Mann namens Francoise. Wird diese Doppeldeutigkeit<br />

Mann - Frau wieder auftauchen? Ist das der Kern dessen, was das Kind ausdrücken will? Wir werden sehen.


20. November - Zeichnung Nr. 29<br />

Yves ist behaart<br />

Nein, eine Zeichnung reicht nicht, um mit Yves abzurechnen. Also noch eine. Der Gegenspieler ist stark verunstaltet: Er hat einen<br />

Buckel, einen langen Bart und eine Rotznase (mit ‚Glocken‘).


20. November - Zeichnung Nr. 30<br />

Ein Mann ohne Bauch. Er hat das Herz in den Beinen.<br />

Auf wen bezieht sich Patrick diesmal? Noch eine Mißgeburt. Also in 4 Tagen, vom 16. bis zum 20. November, gibt es zwölf <strong>Zeichnungen</strong>.<br />

Es ist, als ob er eine Art Krise durchgemacht hätte. Wir haben einiges zu sehen bekommen: lächerliche, struppige Figuren,<br />

elektrische Menschen, Buchstabenfiguren, den Buchstaben ‚N‘, Fernseher mit Antennen, eine Figur auf der zweiten Stufe und eine<br />

Frau auf der ersten Stufe eines Podestes.<br />

Und während der gesamten Zeit schrieb er ausschließlich realistische Texte ( unter anderem über Aggression, was sich jedoch in<br />

keiner Zeichnung widerspiegelte).<br />

Am 23. November schreibt Patrick die Geschichte: WIE WERDEN DIE MENSCHEN GEBOREN? Wiederum behandelt er das<br />

Problem der Geburt.<br />

Neben diesem Text gibt es zwei bemerkenswerte <strong>Zeichnungen</strong>:


23. November - Zeichnung Nr. 31<br />

Der zweite Fuß dieser Figur sieht aus wie ein Klumpfuß, der eine Blume in der Mitte hat.


23. November - Zeichnung Nr. 32<br />

Zuerst erkennt man zwei riesige, schwarze Hände. Wir werden später erdrückende Hände zu sehen bekommen.<br />

Die Hände entwachsen direkt dem Bart, nicht dem Körper.<br />

Merkwürdigerweise vergehen nach dem Schub der 12 Blockzeichnungen 10 Tage; erst am 30. November entsteht die nächste Zeichnung<br />

auf dem Block.<br />

In Wirklichkeit unterbrach er allerdings seine zeichnerische Phantasietätigkeit fast nie - an den Blatträndern findet man immer wieder<br />

ungewöhnliche <strong>Zeichnungen</strong>:


23. November - Zeichnung Nr. 33<br />

23. November - Zeichnung Nr. 34<br />

Zwei Stunden verrinnen<br />

Mittag macht Pipi<br />

Kommen wir zu der Blockzeichnung des 30. November:


30. November - Zeichnung Nr. 35<br />

Ein Mann schaut ins Wasser. Er bläst hinein. Das Wasser trübt sich. Der Mann erzittert.<br />

Alles ist deformiert: die Augen, der Mund, die Zähne, die Arme. Diese gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Auf dem Kopf trägt<br />

der Mann so etwas wie einen Kamm oder eine Krone.<br />

1. Dezember<br />

EINE KURZE BESCHREIBUNG VON HERRN CHABAN-DELMAS<br />

Er hat sehr lange Augenbrauen, einen Meter lang. Er hat ein Herz aus gewickeltem Eisendraht. Er hat seine<br />

Haare angezündet. Er hat nur einen Fuß, den anderen hat er mit einer Kreissäge abgeschnitten, er hat einen<br />

Hals aus Rohren. Ich frage mich, ob die Vorfahren von Herrn Chaban-Delmas jemals gelebt haben.<br />

Dieser Text scheint mir sehr wichtig. Das Kind wagt sich an eine machtvolle Persönlichkeit heran (den Premierminister). Und er hat<br />

nur einen Fuß.<br />

Auf der Randzeichnung vom 23. November gab es auch jemanden mit nur einem Fuß (siehe Nr. 23 vom 18. November/ die Figur<br />

neben dem ‚N‘-Mann). Es drängt sich der Verdacht auf, dass sich hinter den gezeichneten Armen und Beinen etwas verbirgt.<br />

Das ist einer der ersten Texte, in denen er seine Phantasmen ausdrückt. Wird es weitere geben?


Erinnern wir uns, dass die erste surreale Zeichnung vor zwei Monaten (Nr. 2 vom 1. Oktober) entstanden ist. An diesem 1.Dezember<br />

taucht noch ein anderer Phantasietext auf:<br />

EINE UNGEWÖHNLICHE PENDELUHR<br />

Alles blieb stehen, als sie stand. Aber wenn das kleine Mädchen sie wieder aufzog, ging alles wieder weiter: die<br />

Raumschiffe, die Autobusse, die Uhren, die Wecker.<br />

Man spürt die außergewöhnliche Macht der Pendeluhr - oder die des kleinen Mädchens.<br />

Am selben Tag entstehen noch zwei realistische Texte und ein fünfter Text, ein Wortspiel.<br />

Man sieht, dass Patrick im Schriftlichen genauso produktiv ist wie im Zeichnerischen. Er hat seine Ausdrucksfähigkeit erweitert.<br />

6. Dezember - Zeichnung Nr. 36<br />

Ein prähistorisches Tier<br />

Die weit zurückliegende Vergangenheit ermöglicht der Phantasie genau so viel Freiheit, wie die Zukunft oder die Welt der Gestirne.<br />

Dieses Tier scheint sehr mächtig zu sein. Sein Haar, seine Zähne und seine perspektivisch dargestellten Pfoten sind schwarz betont.<br />

Es hat starke Arme und überall sehr aggressiv aussehende Drachenkämme. Das andere Tier daneben erscheint dagegen sehr<br />

klein.


7. Dezember - Zeichnung Nr. 37<br />

Auto des Jahres 2000<br />

Zurück in die freie Zukunft! Gestern handelte es sich um ein prähistorisches Tier, heute geht es um das Jahr 2000. Und Patrick drückt<br />

hier vielleicht denselben Gedanken aus: Den der zerstörenden Macht (Granaten).<br />

Es scheint, als ob das Kind versucht, sich von dem lähmenden Kriterium der Glaubwürdigkeit oder dem der wahrheitsgetreuen Darstellung<br />

zu befreien, indem es seine Objekte in die Vergangenheit oder Zukunft oder sogar in den Weltraum versetzt. Es sichert sich<br />

gegen eventuelle Kritik ab und versucht zugleich, sich einen größtmöglichen Kreativitätsbereich zu schaffen.<br />

Dieses Auto ist wirklich eigenartig! Es ist eine Art waagerechter Doppelhaken, der hinten Granaten ausspuckt. Am Fahrgestell sind<br />

zwei Pfoten mit schwarzen Enden und eine Stoßstange befestigt. Das Auto speit Gase (oder Wasser). Es scheint, es hätte mitten im<br />

Körper zwei Augen mit zitterndem Blick. Der Fahrer dieser mächtigen Maschine ist winzig klein. 29 N - das heißt Nord-Finistere. Aha<br />

! Das bedeutet also das ‚N‘!!! - Aber ist es wirklich nur das?


8. Dezember - Zeichnung Nr. 38<br />

Jemand auf einem Berg mit Füßen<br />

Wiederum taucht die Idee des Podestes auf. Die darauf stehende Figur raucht eine Pfeife verkehrt herum. Nach oben spritzt aus<br />

einem beeindruckenden Organ eine üppige Urinfontäne. Das ist die zweite direkte Anspielung auf ein Sexualorgan (siehe auch<br />

Mittag macht Pipi vom 23.November). Ein mit der Spitze nach unten gerichtetes Dreieck steckt in der Mitte von konzentrischen<br />

Kreisen. Eine andere Spitze richtet sich nach oben, zur Mitte des rechteckigen Sockels hin.


Am 9. Dezember aber erscheint ein Gedicht von großer Intensität:<br />

DER MENSCH<br />

Der Mensch ist geboren<br />

Er wurde erschaffen, um aufzubauen und zu zerstören<br />

Er stirbt auch<br />

Er ist ein eigenartiges Geschöpf<br />

Der Mensch hat ein gutes Gedächtnis<br />

Der Mensch rächt sich, er tötet sich<br />

Er tötet andere Menschen<br />

Manchmal spielt er den Gerissenen<br />

Er lebt seit sehr, sehr langer Zeit<br />

Der Mensch ist eine wandernde Maschine.<br />

Er hat ein gutes Gedächtnis, er rächt sich, er tötet sich. Man kann diese Worte mit Manchmal passiert es mir, jemanden zu töten vom<br />

9. November vergleichen. Es scheint, dass die Texte auf ihre Weise von Zerstörungsphantasien durchdrungen sind. Man kann nicht<br />

mehr sagen, dass nur der bildliche Ausdruck Phantasmen zulässt. Am selben Tag entsteht ICH LERNE MEINE KONJUGATION.<br />

Das ist ein Spiel mit dem Hilfsverb ‚sein‘ in der Gegenwart. Ihr bist im Bett. Ich sind im Bett, etc. Aber beim Verb ‚haben‘ handelt es<br />

sich darum, ein Taschenmesser zu haben!<br />

Dieser Text ist wiederum mit <strong>Zeichnungen</strong> illustriert. Auf dem Seitenrand sieht man Fin [Ende], einen Klumpfuß, Rauch und konzentrische<br />

Kreise.<br />

12. Dezember- Zeichnung Nr. 39


11. Dezember - Zeichnung Nr. 40<br />

Seine Hände sind nach hinten gerichtet. Er ist durchsichtig.<br />

Noch eine Figur auf einem Sockel. Sie heißt Tokey. Sollte das nicht vielleicht toque [verrückt] heißen? Es wäre praktisch, wenn die<br />

Figur verrückt wäre. Man könnte sie auf jede noch so groteske Art zeichnen. Versucht das Kind nicht, seinen Freiraum auszudehnen,<br />

indem es diesmal in den Bereich der Anomalien vordringt?<br />

Wir werden diese Hypothese weiter verfolgen.<br />

Dieses Männchen ist durchsichtig. Innen und außen sind Drachenkämme zu sehen.<br />

Am Tag darauf entsteht ein Lied, das auf Wortspielen basiert:<br />

[Chez moi, il ya un taureau en terreau II s‘amuse en compagnie d‘une buse...]<br />

Bei mir zu Haus gibt es einen Stier aus Humus Er spielt gerne mit einem Bussard....<br />

Das bringt uns nicht weiter. Im Gegensatz dazu ist die Zeichnung auf der Rückseite dieses Textblattes sehr vielsagend.


12. Dezember - Zeichnung Nr. 41<br />

Diesmal ist das Wesen, das im Inneren einer anderen Figur zu sehen ist, eindeutig ein Kind.


13. Dezember - Zeichnung Nr. 42<br />

Ein Mann ist wütend, weil ihm Feuer aus den Ohren kommt. Er gestikuliert wild.<br />

Ist dies ein weiterer Schritt, den Freiraum zu vergrößern? Das kann sein. Denn Patrick nimmt hier einen Gedanken von Pierrick auf:<br />

«Eine Zeichnung nach einem Gegenstand zu entwerfen (z.B. eine Schere) ist lustig, sie wird dann nicht so ernst genommen. Und<br />

man kann dadurch das Maximum von dem, was man sagen will, ausdrücken.»<br />

Die Figur hat zwei Herzen und ein kleines Männchen im Inneren. Außen sind Hörner und zwei Anhänger erkennbar.


15. Dezember - Zeichnung Nr. 43<br />

Eine Heuschrecke, die ein Junge fangen will.<br />

Wiederum ein Sockel, diesmal mit einer riesigen Heuschrecke darauf. Sie hat eine klar umrissene Körperform und zwei kleine<br />

Viereckige Spiralen hängen zwischen ihren Beinen. Der Junge hat ein kräftiges und ein schwaches Bein.<br />

Der 16. Dezember. Patrick spielt mit Worten:<br />

DIE ZWISCHENFÄLLE BEI MIR ZU HAUSE<br />

Meine Mutter ist verrückt [Ma mère est folle<br />

Tayaut spielt den Überschlauen Tayaut afait son gros malin<br />

Eine Blume hat mich am Ohr gezogen Une fleur m ‚a tiré sur l‘oreille<br />

Meine Katze ist verrückt Man chat est fou<br />

Der Traktor ist kaputt Le tracteur ne marche pas<br />

Der Regen bringt mich um, etc. La pluie me tue, etc.]


Am 18. Dezember schreibt er einen Text mit der Überschrift:<br />

ALLES IST DURCHEINANDER.<br />

Es folgt ein Text, in dem es nacheinander um folgende Themen geht:<br />

die Malerei auf einem Kalender - Schulaufgaben - den Kauf einer Gasflasche - die Nacht - den Monat Dezember - einen<br />

Steinbruch.<br />

Dieses Kind liebt es, mit Klängen, Worten und Sätzen in Schüttelreimen, Rätseln und außergewöhnlichen Texten zu spielen. Es<br />

hat viele Ideen und ist sehr originell. Es ist wirklich frei im Ausdruck. Es lässt auch seinen Phantasmen freien Lauf: Es hält sie nicht<br />

zurück, es lässt sie los.<br />

23. Dezember - Zeichnung Nr. 44<br />

Ein nackter Frauen-Mann. Er hat einen Kopf und Busen.<br />

Nun bricht das Thema Sexualität heraus; man kann es nicht mehr vertuschen. Da es in dieser Klasse kaum Zensur gibt, kann man<br />

weiter gehen als üblich.<br />

Bemerkenswert ist die Wortzusammensetzung Frauen-Mann. Es ist ein Widerspruch in sich. Obwohl man den Busen der Frau sieht,<br />

kann man nichts von einem Mann sehen. Bis auf die Haare... oder die Nase... Aber dieser Ausdruck des sexuellen Zwiespaltes ist<br />

nichts Neues.


Das neue Jahr beginnt mit einem Gedicht:<br />

3. Januar 1974<br />

Regen, der so schnell fällt<br />

Hör auf zu fallen<br />

Hör auf, ich flehe dich an<br />

Du willst mir nicht gehorchen<br />

Warte, ich lasse einen ganzen Trupp Soldaten kommen, damit sie dich umbringen<br />

Aber es gibt ein Problem: Man müsste wissen, woher er kommt<br />

Die Soldaten suchen<br />

Einer findet die Quelle.<br />

Der Anführer sagt: „Laden, zielen, schießen“<br />

Dann schossen die Soldaten<br />

Und der Regen starb für immer.<br />

Soll man dies mit der Zeile Der Regen bringt mich um vom 16.12. in Zusammenhang bringen? Es geht zweifellos um einen Störfaktor.<br />

Wenn man dessen Quelle finden könnte, könnte man ihn beseitigen.<br />

4. Januar<br />

DER PHANTASIETRAKTOR<br />

100 Millionen Kilometer lang - 2900000 PS. Ein stark behaarter, bärtiger Gorilla lenkt ihn. Hast du Angst? -<br />

Nein. Man hat ein Miniaturdenkmal zur Erinnerung gebaut. Aber ihr glaubt, das ist nicht wahr.<br />

Macht und Miniaturausgabe. Behaarter, bärtiger Gorilla. Angst. Die Zeichnung, die diesen Text illustriert, ist bemerkenswert. Vor<br />

langer Zeit schon hat uns Patrick bewiesen, dass er die Räder eines Traktors zeichnen kann. Es ist also kein Zufall, dass sie hier<br />

diese Form haben und so schwarz ausgemalt sind. Die rechte Figur hat keine Arme. Warum? Das bleibt ein Rätsel.<br />

4. Januar - Zeichnung Nr. 45


4. Januar - Zeichnung Nr. 46<br />

Ein Flugzeug durchdringt einen Wirbelsturm.<br />

Haben wir den sexuellen Bereich verlassen? Oder haben wir es hier im Gegenteil mit einer Versinnbildlichung des Sexualaktes zu<br />

tun, dargestellt durch dieses Flugzeug mit großem Schwanz, das in einen Wirbelsturm eindringt?<br />

Es ist auch nicht das erste Mal, dass diese konzentrischen Kreise auftauchen. Wir haben sie schon oft gesehen z.B. am 16.11. (Nr.<br />

20), am 17.11. (Nr. 21) oder am 8.12. (Nr. 38).<br />

Das Kreuz rechts im Rhombus erinnert an das Raumschiff des Kosmonauten, das in der dritten imaginären Zeichnung (Nr.5) zu<br />

sehen war.<br />

Vom 6. Januar gibt es wieder einen nicht- realistischen Text:<br />

DIE TIERE<br />

Die Tiere sind wie wir, sie töten sich wie wir. 11<br />

Es wäre vielleicht interessant, die Zahl der äußerlichen, realistischen Texte den ‚innerlichen‘ gegenüberzustellen, d.h. denen, die<br />

offensichtlich eine tiefere Bedeutung haben.<br />

Zu Beginn des Buches hätte man sich vielleicht die Frage stellen können: „Kann sich das Kind mehr erlauben, wenn es zeichnet oder<br />

wenn es schreibt? Gibt es eine Spezialisierung auf die eine oder andere Ausdrucksform?“<br />

Vergleichen wir den prozentualen Anteil der Texte mit tieferer Bedeutung pro Monat:<br />

September: 25 %<br />

Oktober: 31 %.<br />

November: 16%, aber viele Phantasiezeichnungen an den Blatträndern.<br />

Dezember: 38 %<br />

Trotz des Rückgangs im November gibt es eine gewisse Steigerung. Wird Patrick gleichermaßen beim Beschreiben, Erzählen,<br />

Projizieren und beim Spielerischen bleiben? Oder wird er sich zum Phantastischen hinwenden, wie er es beim Zeichnen zu 100 %<br />

macht?<br />

Am 10. Januar schreibt er zwei spielerische Texte: DER KLEBSTOFF und DAS GEGENTEIL.


11. Januar - Zeichnung Nr. 47<br />

Ein Raumschiff fliegt zum Mond<br />

Hier gibt es ein Raumschiff zu sehen, das sehr viele Abgase ausstößt/ daneben eine ‚Zielscheibe‘.<br />

Ein Student aus dem I.U.T. (Institut Universitaire de Technologie), in dem ich arbeite, bemerkt: „Ich finde, dass das Raumschiff wie<br />

ein Männchen aussieht, und sein Auspuff liegt an der richtigen Stelle“ (Gelächter)!<br />

Zwei realistische Texte folgen: DER MOND und DIE MELKMASCHINE.


33. Januar - Zeichnung Nr. 48<br />

Ein Mann im Körper von jemand anderem. Das vermischt sich.<br />

Zum dritten Mal sehen wir ein Wesen im Körper eines anderen. (vgl. die Randzeichnung vom 12.12. (Nr. 41); am 18.11. (Nr. 22) war<br />

es ein Fernseher).<br />

Man könnte an eine Mutter denken, die ihr Kind trägt. Aber diese Figur hat ein eigenartiges Kinnbärtchen. Außerdem spricht Patrick<br />

von einem Mann, und er fügt hinzu: Das vermischt sich. Vielleicht ist dieses Vermischtsein, dieses unscharfe Bild doch mit dem<br />

Fernseher in Verbindung zu bringen.<br />

12. Januar - Zeichnung Nr. 49<br />

Am 12. Januar entsteht ein realistischer Text über die Mondlandung, begleitet von dieser merkwürdigen Randzeichnung, die vielleicht<br />

mit der vom 5.11. (Nr. 14) in Verbindung steht.


14. Januar - Zeichnung Nr. 50<br />

Jemand, dem Rauch aus den Ohren kommt.<br />

Dies ist eine Zeichnung, die nach allem bisher Gekannten überrascht: Sie ist eckig, hart und fast zur Gänze schwarz ausgemalt. Patrick<br />

hat uns nicht auf diese Arbeitsweise vorbereitet. Dennoch ist es nichts Neues, dass jemandem Rauch aus den Ohren kommt,<br />

wie z.B. bei dem wütenden Mann (nach einer Schere gezeichnet, 13. Dezember). Hier wird die Wut nicht extra ausgesprochen, sie<br />

scheint aber da zu sein. Was geht in Patrick vor?


24. Januar - Zeichnung Nr. 51<br />

Ein origineller Wal, der Schiffe verschlingt.<br />

Die Reihenfolge seiner Produktionen ist nicht rein zufällig. Manchmal spürt man so etwas wie einen Leitfaden. Diese zweite Zeichnung<br />

des 14. Januar scheint einen Gedanken des 11. Januar (Nr. 48) wieder aufzunehmen. Hier handelt es sich nicht um einen Mann<br />

im Körper eines anderen, sondern um einen Wal, der ein Schiff verschlingt. Es könnte sich um dieselbe Idee handeln. Man wünschte<br />

sich, Entkodifizierungsspezialist zu sein. Wie aber könnte man Spezialist in allen Bereichen sein?<br />

Begnügen wir uns damit zu vermerken, dass die Zähne tiefschwarz gemalt sind und im Vergleich zu einem so kleinen Schiff sehr<br />

aggressiv wirken. Bemerkenswert auch der originelle Entwurf.


15. Januar - Zeichnung Nr. 52<br />

Jemand geht auf die Jagd. Er sieht Fische.<br />

Wie soll man dieses Bild deuten? Charakteristisch für den zeichnerischen Ausdruck mit Bedeutungstiefe scheint, jedenfalls bei diesem<br />

Kind, die Vielseitigkeit zu sein. Wird hier eine Enttäuschung ausgedrückt, oder sogar die Unmöglichkeit, ans Ziel zu gelangen? Er<br />

geht auf die Jagd, sieht aber lediglich Fische. Wozu hat er ein Gewehr umgehängt, wenn er es nicht verwenden kann? Sind die<br />

Fische nicht fliegende Fische?<br />

Ersetzt das umgehängte Gewehr nicht die Halskette des Mannes mit der Pfeife vom 16.11. (Nr. 19), der wie dieser Jäger aussieht?<br />

So viele Fragen, die ins Leere gehen!


17. Januar<br />

Patrick schreibt einen eindrucksvollen Text: HERR UND FRAU DINGSDA. In einem weiteren Text, der genauso beeindruckend<br />

ist, liest man Sätze wie: Die drei stillen Messen sind nicht laut. Und dann, wie in Klammern eingefügt: Ich bin der Scharfrichter der<br />

Klasse, passt also auf eure Köpfe auf, weil ihr sonst auf der Guillotine landet! Die Vorstellung von Menschen, die auf der Guillotine<br />

enthauptet wurden, wird gegen Ende des Schuljahres in <strong>Patricks</strong> <strong>Zeichnungen</strong> des öfteren wiederkehren.<br />

18. Januar<br />

Noch ein eindrucksvoller Text: KÖNNT IHR EUER BROT TRINKEN? Und noch einer der gleichen Art: BELOHNUNGSPUNKT UND<br />

FAUSTSCHLAG (bon point et bon poing).<br />

Zu diesem Zeitpunkt dient das Schreiben vor allem der Unterhaltung.<br />

18. Januar - Zeichnung Nr. 53<br />

Ei» Raumschiff mit Händen. Die Hände sind die Startrampe.<br />

Man sieht hier ein Raumschiff, das seine Hände benutzt. Wozu? Als Startrampe. Was soll das wohl heißen? Das Kind ist zwischen<br />

10 und 11 Jahre alt.


21. Januar<br />

Ein beeindruckender Text über Städtenamen:<br />

Paris liegt am Mittelmeer<br />

Scrignac ist ein Dinosaurier<br />

Plougras ist so groß wie ein Knopf<br />

Am selben Tag folgt die (Phantasie-)Erzählung über einen Scheck - ‚Diebstahl‘, um seinem Vater einen elektrischen Rasierapparat<br />

zu kaufen.<br />

22. Januar<br />

Ein scherzhafter Text: DIE SPÄSSE SIND ZUM LACHEN DA. Beim Schreiben scherzt Patrick gerne; seine <strong>Zeichnungen</strong> hingegen<br />

sind niemals lustig. Während dieser ganzen Zeit gibt es nicht eine Randzeichnung.<br />

24. Januar<br />

Eine Geschichte über grammatikalische Dinge entsteht: ‚Mehrzahl, Einzahl, weiblich, männlich‘ - und eine Kindheitserinnerung:<br />

Meine Schwester hat nicht so lange Milch getrunken wie ich.. Abends sagte ich in meinem Bett: „Ist meine<br />

Milch fertig? „ Ich trank meine Milch, bis ich drei war. Ich habe alle meine Schnuller durchgebissen. Also hat<br />

meine Mutter die Saugflasche zugenäht. Ab diesem Tag habe ich keine Milch mehr getrunken; wegen dem<br />

Wollfaden.<br />

25. 1. Ein beschreibender Text: DAS MOTORRAD.<br />

26. 1. Ein realistischer Text: EINE HÜTTE AUS HEU.<br />

28. 1. Ein realistischer Text: MEINE NEUEN HOLZSCHUHE.<br />

29. 1. Ein realistischer Text: GEBURT EINES KALBES.<br />

31. 1. Ein merkwürdiger Text: DAS IST NICHT WAHR<br />

Meine Schwester putzte die Küche auf allen Vieren und kochte mit Abfall.<br />

Erstaunlich ist die Zeichnung, die diesen Text illustriert. Es ist die erste Randzeichnung seit ca. einem Monat.


31. Januar - Zeichnung Nr. 54<br />

Woran soll man bei diesem armlosen Wesen mit dieser ungewöhnlichen Form denken? Und wieder dieses mysteriöse Fin - Fin, das<br />

kein Ende nimmt.<br />

Soll man eine Verbindung herstellen: Meine Schwester - Abfall - Ende (vgl. den 5. November) ?<br />

Da es Ende Januar ist, wollen wir die Bilanz der Texte dieses Monats aufstellen. Bisher haben wir geglaubt, eine Tendenz <strong>Patricks</strong><br />

entdecken zu können: auch das Schreiben für das Imaginäre zu verwenden. Es scheint aber nun, dass die Texte mit tieferer<br />

Bedeutung immer seltener werden.<br />

Vergleichen wir: 19 % imaginäre Texte im Januar. Und das, weil die drei ersten Texte des Schuljahres (vom 3., 4. und 5. Januar)<br />

imaginär waren. Sonst kämen wir für den Rest des Monats auf lediglich 5 % (einer von 21 Texten).<br />

Im Gegensatz dazu gab es fünfzehn Phantasmen-<strong>Zeichnungen</strong>. Ist das Kind gerade dabei, auf das Schreiben zu verzichten, um das<br />

auszudrücken, was es wirklich zu sagen hat?<br />

Am Tag darauf, am 1. Februar, schreibt er zuerst einen unbedeutenden Text:<br />

Ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Ich mag keine leeren Blätter, etc.<br />

Doch dann, am selben Tag:<br />

SCHARFRICHTER SEIN<br />

Ich bin der Scharfrichter der Klasse. Also passt auf eure Köpfe auf. Ja! Ich bin der Scharfrichter der Klasse,<br />

mit meinem Menschenhaken. Ich bin nicht le bureau [der Schreibtisch] der Klasse, sondern le bourreau [der<br />

Scharfrichter]. Was für ein komischer Beruf! Mit einer gut geschliffenen Axt schneide ich die Köpfe der Menschen<br />

ab. Wisst ihr, ich habe tausende Menschen geköpft. Nur schneide ich den Menschen die Köpfe nicht mehr<br />

ab, ich hänge sie auf. Nicht schön anzusehen. Ich erzähle euch nicht mehr darüber, denn es ist entsetzlich<br />

anzusehen.


Die Anwort ist schnell gekommen. Man sieht, das Kind will nicht auf das Schreiben verzichten. Im Gegenteil, schon am nächsten Tag<br />

schreibt es weiter:<br />

SCHÖNE ERDENINSEL [Belle-isle-en-terre ]<br />

Das ist eine Stadt unter der Erde. Jemand sagt mir: „Aber die Menschen werden ersticken.“ - „Ich habe keine<br />

Ahnung. Aber ich habe Verwandte dort.“<br />

Ich glaube, sie haben ein Loch an der Oberfläche gemacht, um Sauerstoff zu bekommen.<br />

„Aber sie haben nichts zu essen.“ - „Oh doch, sie essen die Wurzeln der Bäume, Regenwürmer und Maulwürfe.“<br />

- „Seit wann sind sie unter der Erde?“ - „Seit Jahrhunderten.“ - „Sie müssen ja ganz schwarz sein.“ - „Oh ja, sie<br />

sind die Pioniere der Erde.“<br />

‚Belle-Isle-en-terre‘ ist der Name einer Gemeinde in der Bretagne;<br />

‚en-terre‘ wurde zu ‚Belle-Isle‘ hinzugefügt, um diesen Ort von der Insel ‚Belle-Ile-en-mer‘ zu unterscheiden. Diese Bezeichnung hat<br />

viel Eindruck auf Patrick gemacht.<br />

2. Februar - Zeichnung Nr. 55<br />

Man hat einen Menschenkopf abgeschnitten. Er ist jetzt auf der Kirchturmspitze ausgestellt. Man sieht die Hände von dem, der ihn<br />

gerade hinauf gesteckt hat.<br />

An diesem Tag entsteht eine Zeichnung, die genau dem Text über den Henker, der am Vortag geschrieben worden ist, entspricht. Es<br />

ist das erste Mal, dass es so ein direktes Verhältnis zwischen Text und Bild gibt.


MICHÈLE: „Eines Tages hat er unter anderem eine Art Galgen gebaut, den er ‚mein Fleischhaken‘ genannt hat.“<br />

Das Thema des Todes hat seinen Höhepunkt erreicht. Jedermann erfährt so, dass ein Mord begangen worden ist. Dieses Mal dienen<br />

die Hände nicht als Startrampe (vgl. Nr. 53 vom 18.1.); Sie sehen seltsam aus.<br />

Am 11. Februar (nach den Ferien) entsteht die Erzählung: DER STURM.<br />

Und am selben Tag:<br />

11. Februar - Zeichnung Nr. 56<br />

Ein wütender Riese. Er ist durchsichtig.<br />

Einen wütenden Mann haben wir schon gesehen (13.12.; Nr. 42). Bei diesem hier sind die Füße hochgestreckt.<br />

Ein Student: „Ich sehe da mehrmals den Buchstaben ‚P‘.“<br />

Der Stil der Zeichnung ist ganz neu: es gibt eine Überfülle von Arabesken.<br />

Am selben Tag entsteht auch folgende Zeichnung:


11. Februar- Zeichnung Nr. 57<br />

Ein Fischer hat ein unbekanntes Tier gefangen.<br />

Es scheint, als ob auch Patrick neue, unbekannte Mittel ‚fischt‘, um seine Phantasmen glaubhaft zu befreien. Diesmal begibt er sich<br />

ins Reich des Ungewöhnlichen, des Unbekannten. Der Meeresgrund ist voll davon. Es scheint mir offensichtlich, dass er sich darum<br />

bemüht, seine freien Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern.<br />

Das ist ein Phänomen, das man ernsthaft betrachten sollte. Das Unbewusste scheint suchend umherzutasten, um seinen Freiraum<br />

so groß wie möglich zu gestalten.<br />

Aber es braucht auch die Sicherheit, dass es keine unangenehmen Reaktionen der Umgebung gibt.<br />

Deshalb nutzt das Kind alle gegebenen Möglichkeiten: das Recht auf Science-fiction, sowie auf alles, was kulturell akzeptiert ist:<br />

die sichere Existenz prähistorischer Tiere, interplanetarische Abenteuer, die Existenz einer Unterseewelt, die noch zu entdecken ist,<br />

etc. Es sind Ungewisse Bereiche mit verschwommenen Grenzen. Man kann Erlebnisse und Wesen dort ansiedeln, ohne das Risiko<br />

einzugehen, sich von der Realität einschränken zu lassen. Es ist eine Modeerscheinung unserer Zeit, in diesen Bereichen ganz frei<br />

zu phantasieren.<br />

Der Wunsch, sich frei auszudrücken, ist enorm groß. Aber dies gilt in gleichem Maße für das Bestreben nach Sicherheit. Daher muss<br />

man sich eben eine Taktik einfallen lassen. Die Lehrer selbst müssen Wege finden, günstige Umstände zu schaffen.


Die zweite Zeichnung vom 11. Februar ist der ersten ähnlich: gleicher Kopf, gleiche Brust, gleiches Profil; aber diesmal sind die Arabesken<br />

zu Schlangen verwandelt worden.<br />

Man könnte sich fragen, ob das nicht ein Suchen nach Symbolen ist. Denn diese Schlangenformen gab es schon bei der Darstellung<br />

der Arme des zitternden Mannes (30.11., Nr. 35), beim prähistorischen Tier (6.12., Nr. 36) und beim abgeschnittenen Menschenkopf<br />

(2.2., Nr. 55). Übrigens könnte dieses Ausprobieren der Symbole auch an anderen Stellen, z.B. bei den Anhängern, vermutet werden.<br />

Es ist, als ob etwas Unbewusstes, Verschwommenes und vielleicht Vielschichtiges danach strebte, feste Formen anzunehmen.<br />

Die Zeichnung beschreibt ein riesiges Tier, das von dem winzig kleinen Fischer als sehr gefährlich empfunden wird. Es ist hoch<br />

aufgebäumt und hat zwei Anhänger. Das Tier hat Augenbrauen wie die Dame auf der Plattform (11.2., Nr. 60). Der Körper scheint<br />

aus zwei Teilen zu bestehen.<br />

Die Ferien dürften das Kind belastet haben, denn an diesem 11. Februar gibt es fünf <strong>Zeichnungen</strong>. Hier ist die dritte.<br />

11. Februar - Zeichnung Nr. 58<br />

In der imaginären Welt<br />

In dieser Welt ist man noch freier als irgendwo sonst. Was aber wird hier ausgedrückt? Eine Art Silhouette ist erkennbar, die aber<br />

noch verschwommener ist als die des Mannes, der sich im Wasser spiegelt. Und diese Zeichnung ist anders. Sie ist nirgends<br />

schwarz ausgemalt.


11. Februar - Zeichnung Nr. 59<br />

Julius Cäsar<br />

Im Unterschied zur vorherigen Zeichnung ist hier alles klar. Es handelt sich um Julius Cäsar: Das ist ein Kaiser, das heißt, jemand mit<br />

Macht. Aber er lebte vor sehr langer Zeit. Das Thema ‚Macht‘ ist allgegenwärtig: Schwergewichtsmeister, Riesenpinguine, Raketen,<br />

leistungsstarke Fahrzeuge, wütende Riesen, Podeste, Statuen, Julius Cäsar.<br />

Hier aber ist der Mächtige angegriffen worden. Er hat einen Pfeil in den Rücken bekommen. Vermutlich den, der schon am 16.<br />

November (Nr. 20) abgeschossen wurde. Eventuell auch den, der auf den Gewichtheber gerichtet war (20.10.; Nr. 8). Julius Cäsar<br />

blutet. Er raucht eine merkwürdige Pfeife,<br />

Aber das ist noch nicht alles. Am selben Tag ist noch eine fünfte Zeichnung entstanden.


11. Februar - Zeichnung Nr. 60<br />

Eine Frau fliegt auf einer Plattform in ein anderes Universum<br />

Dieses andere Universum hat die graphischen Charakteristika der imaginären Welt.<br />

Die Dame ähnelt dem wütenden Riesen dieses Tages (Nr. 56), ebenso dem nackten Frauen-Mann des 21.12. (Nr. 44). Sie hat vier<br />

Beine anstelle von zweien.<br />

Fünf <strong>Zeichnungen</strong> an einem Tag! Es ist eine Art Krise, wie die vom 16. bis zum 20. November (12 <strong>Zeichnungen</strong> in drei Tagen). Soll<br />

man das der Belastung der Februar-Ferien zuschreiben? Es ist wie eine aufbrechende Geschwulst, aus der Macht, Bedrohung,<br />

Angriff, Flucht ins Imaginäre hervorquellen. Man spürt, dass die Dinge sich langsam einzuordnen beginnen. Wir dürften am Anfang<br />

des 2. Aktes sein.<br />

Am gleichen Tag entsteht ein realistischer Text DER STURM, und am Tag darauf ein Spieltext: Die Erfindung einer neuen Sprache,<br />

bei der er an alle Wörter ein ‚e‘ anhängt.


Aber am 14. Februar:<br />

ERINNERST DU DICH<br />

Erinnerst du dich, dass wir das Grab verwechselt haben,<br />

dass wir in Eiern Domino gespielt haben,<br />

dass ich dir im Bistro vom Grab ein Glas Bier bezahlt hab‘,<br />

dass wir mit Messern und Äxten Selbstmord begangen haben,<br />

dass wir prähistorische Menschen waren,<br />

dass wir mit unseren verfaulten Knochen, die voll Regenwürmer<br />

waren, gespielt haben,<br />

dass wir Eier auf den Köpfen unserer Eltern zerschlagen haben,<br />

Fragt mich nicht, ob das stimmt, weil alles erlogen ist.<br />

Es scheint, dass sich im Schreiben etwas ausbalanciert. Wie am 4. Januar verneint Patrick in der letzten Zeile alles, was er zuvor<br />

gesagt hat. Wenn er betont, dass es nicht wahr ist, dann vielleicht, um sich selbst von der Unwahrheit des Geschriebenen zu<br />

überzeugen. Aber man merkt, dass er sich über den Tod den Kopf zerbricht. Man könnte sagen, dass sich das Kind beim Schreiben<br />

ein zweites Thema sucht (siehe Text vom 2.2.).


34. Februar - Zeichnung Nr. 61<br />

Kein Kommentar des Kindes zu dieser Zeichnung, die scheinbar in keinem Zusammenhang zum Text desselben Tages steht.<br />

Vielleicht hat uns Patrick alles gesagt, was er zu sagen hatte.<br />

Betrachten wir also das Bild.<br />

Es ist eine Baum-Frau. Sie hat Wurzeln, ein Herz, und darunter hat sie entweder noch ein Herz oder eher ein Baby, weil darin Augen<br />

und ein Mund erkennbar sind. Im Inneren hat sie Gedärme, etwas in der Art ist auch außen erkennbar. Es sind Arabesken. Man<br />

könnte meinen, dass ihr oben links ein Vogel in den rechten Arm pickt. Ist das auf dem linken Arm nicht ein großes Messer?<br />

Patrick spricht am selben Tag von Messern und Äxten. Am 9. Dezember wählte er für die Konjugation des Verbes ‚haben‘: ein kleines<br />

Taschenmesser haben.<br />

Wir wissen noch, dass am 16. November ein Pfeil von rechts ins Bild flog. Und der ist am 11. Februar, das heißt vor drei Tagen, im<br />

Rücken von Julius Cäsar gelandet.


15. Februar - Zeichnung Nr. 62<br />

Ein Riese betritt eine winzige Welt<br />

Es scheint, dass hier erstmals im Text ‚Macht‘ und ‚Schwäche‘ zugleich angesprochen werden. Denn bis jetzt war dieser Gegensatz,<br />

der in den <strong>Zeichnungen</strong> schon seit langem auftauchte, in den Kommentaren noch nie sichtbar gewesen. Sollte man sich auch für die<br />

Form der Bäume und der Wege interessieren? Die schwarzen Sporen sind stark hervorgehoben. Wie bei den Anhängern, die Patrick<br />

normalerweise zeichnet, sind es auch hier zwei Stück.


18. Februar<br />

Eine Abenteuererzählung über eine Gorillajagd in Afrika, mit dem Titel: DER AFFE.<br />

19.Februar<br />

IRGENDWIE MUSS MAN DIE ZEIT VERBRINGEN<br />

Es geht um eine Partie ‚Kleine Pferde‘ (ein Gesellschaftsspiel). Der Junge gewinnt im letzten Moment:<br />

19.Februar<br />

und es endet mit:<br />

Eh! Ja, ich bin vor meinem Vater und meiner Schwester, der<br />

Nachzüglerin, fertig geworden.<br />

Ah, ah, ah, ich bin Erster, meine Lieben!<br />

Verheiraten wir alle Schüler der Klasse. Yves mit Fabienne, Patrick mit Fernande, etc.<br />

die Lehrerin mit der Tafel.<br />

Man merkt, dass das Kind - auf der bewussten Ebene - keine Gelegenheit auslässt, zu spielen und zu lachen. Und das Vergnügen<br />

verschafft er sich.<br />

19. Februar<br />

21.Februar<br />

MEIN BART<br />

Ich habe einen Bart, also bin ich bärtig und behaart. Ich habe eine Idee, ich werde ihn abschneiden... Seitdem<br />

sage ich nur Bart, Bart, Bart und ich hab‘s satt [la barbe], Ein komische Geschichte. Findet ihr nicht? Ich finde<br />

schon.<br />

GANZ IM GEGENTEIL<br />

Mein Blatt Papier schreibt auf meinen Kugelschreiber...<br />

Ich ziehe mich aus, statt mich anzuziehen.<br />

Meine Schultasche trägt mich in die Schule -und das ganz umsonst.<br />

Meine Haare kämmen den Kamm. Das ist lustig.<br />

Du hast mich vorm Tod gerettet. Eher vorm Leben.<br />

Ich antworte, bevor du mich fragst!<br />

Es scheint, dass Patrick hier seine Grenzen erprobt. Er untersucht spielerisch, was bei der Vertauschung von Subjekt und Objekt<br />

herauskommt. Und schließlich/ wie es in ähnlichen Fällen oft vorkommt, nutzt das Unbewusste die Gelegenheit. Die sprachlichen<br />

Strukturen lösen sich auf, und so kann es sich einschleichen, um vom Tod und vom Leben zu sprechen.


22. Februar<br />

MEIN HEFT GEHT NICHT MEHR AUF<br />

Ich finde einfach keinen Grund dafür. Ich rufe den Arzt.<br />

Er sagt: „Es hält seinen Winterschlaf.“ - „Ich brauche es aber<br />

zum Schreiben!“ - „Aber es muss seinen Winterschlaf halten, das<br />

ist so üblich.“ - „Gut, auch egal. Gehen Sie weiterarbeiten. Das<br />

ist Ihr gutes Recht. Sie können jetzt sicher sein, dass es gefährlich<br />

wird. Ich hole einen 28-Tonnen-Bagger.“<br />

Hier im Feld steht ein Kran; er fasst das Heft mit seinem Haken<br />

und zieht. Das Heft geht auf.<br />

„Ah, ah, ah, mein Freund! Hab‘ ich dich erwischt! Jetzt kann ich<br />

in dir schreiben.“<br />

Wieder ein Sieg dank einer höheren Macht. Und wieder jemand, der ‚erwischt‘ worden ist.<br />

25. Februar<br />

HIER IST DER TEXT EINES KONSUMENTEN<br />

Ich spiele gerne Domino. Meine Schwester spielt gerne Domino.<br />

Es folgen zehn Zeilen: Der Vater - die Mutter - die Großmutter, usw. - und die Zerstörung des Dominospiels. Dann ein ähnlicher Text<br />

über ein Plastiklineal.<br />

Mein Nachname ist ‚Verschwender‘. Ich schreibe, wobei ich von allem ein wenig konsumiere.<br />

Dann, nach einer Serie von acht <strong>Zeichnungen</strong> in drei Tagen (11., 14., und 15.), folgen zehn Tage ohne Blockzeichnungen. Und in<br />

dieser Zeit entstehen sieben Texte mit äußerst wenigen Randzeichnungen. Es ist, als ob eine Entspannung eingetreten wäre.


25. Februar - Zeichnung Nr. 63<br />

Ein Spiralenflugzeug. Am Anfang hat es Startprobleme.<br />

Das ist das dritte Mal, dass ein Flugzeug auftaucht. Es ist mit einem ‚F.29‘ (29N - Finistere) gekennzeichnet. Das `T´ ist sehr groß und<br />

schwarz ausgemalt. Ist das der Anfangsbuchstabe von Frankreich oder von Francoise? Die Stützen der Spiralen sind auch schwarz.<br />

Sie haben eine eigenartige Form.<br />

Soll diese Zeichnung an das Raumschiff des 18. Januar (Nr. 53) erinnern, das Hände als Startrampe hatte?


25. Februar - Zeichnung Nr. 64<br />

Eines Tages hat die Brille angefangen zu leben<br />

Hier sind viele runde und viereckige Spiralen zu sehen. Bemerkenswert, dass es sich bei diesem Gegenstand, der normalerweise<br />

dem Sehen dient, um ein Tier handelt.<br />

Ein Student: „Man könnte vielleicht einige ‚P‘ erkennen.“


2.8. Februar - Zeichnung Nr. 65<br />

Ein Mann bereitet eine Ausstellung von eigenartigem Zeug vor.<br />

Er stellt einen Kopf und Haken aus.<br />

Wie könnte man die Aggressivität übersehen, die in dieser Zeichnung steckt? Der Tod hat hier herausragende Bedeutung. Seine<br />

Darstellung nimmt viel Platz in Anspruch (im unteren Teil des Bildes). An der Bartspitze kann man zwei Haken erkennen. Der Kopf<br />

hat eine seltsam aufgebogene Nase.<br />

Wenn man dies mit der Zeichnung von Julius Cäsar (11.Z, Nr. 59) vergleicht, könnte man sagen, dass die Spiralen an der Nase und<br />

an der Stirn Blut bedeuten. Aber ein und dasselbe Zeichen kann sicherlich mehrere Bedeutungen haben. Außerdem sucht Patrick<br />

nach Verzierungsvarianten. Man findet zwei viereckige Spiralen, eine über der anderen.<br />

‚“Vielleicht sind das ‚P‘.“ „Ja, wenn du willst.“<br />

An diesem 28. Februar füllen mehrere Spaßgeschichten beide Seiten eines Heftblattes: Öl der Marke Lesieur in einem Motorrad;<br />

eine Banane, die von einem Hund geschnappt wird; 15 Tage Gefängnis seines Vaters während des Militärdienstes; ein Naßrasieren<br />

ohne Klinge<br />

Stellen wir die Bilanz des Monats auf: ca. 45 % der Texte scheinen einen tieferen Sinn zu haben. Das ergibt bis jetzt, von September<br />

bis Februar, folgende Prozentsätze: 25, 31, 16, 38, 5, 45. Es variiert tatsächlich stark. Man sollte aber auch die Intensität dessen<br />

berücksichtigen, was Patrick sagt. Man hat manchmal den Eindruck, dass das Kind in seinen schriftlichen Enthüllungen sehr weit<br />

geht, ohne dass man sie je ganz verstehen könnte.


1. März<br />

WO BIN ICH ?<br />

Wo bin ich? Vielleicht in einem Wald. Ich frage mich, wo der Ausgang ist. Vielleicht viele Kilometer weit entfernt.<br />

Ich weiß es nicht. Was für ein komisches Universum. Oh, es gibt nur Grün, überall grüne Farbe, sogar unter<br />

meinen Füßen. Schnell meine Karte.<br />

Schau dir an, wo wir sind. Brasilien, Brasilien, ah! Ja, das ist es! Jetzt Peru, schau! Ah, ja, ich seh‘ es. Schau‘n<br />

wir uns den Amazonas an, da ist er. Wir sind mittendrin. Und wenn wir Indianer treffen, sind wir vollkommen<br />

verloren. Wir können uns von unserem Planeten verabschieden, denn es wird bald zu Ende gehen. Es wäre<br />

besser, wenn wir uns umbringen. Dann jagen sich alle Männer eine Kugel in den Kopf. So endet meine Expedition.<br />

Sie endet sehr, sehr schlimm. Ich empfehle euch, euch nicht alleine in eine solche Gefahr zu begeben, denn ihr<br />

werdet niemals lebend davonkommen.<br />

Der Text ist voller Leben, zumindest was den Stil betrifft. Das Kind kommt immer wieder auf das Thema ‚Selbstmord‘ und ‚Tod‘ zurück.<br />

2. März - Zeichnung Nr. 66<br />

Ein Mann hat zum Geburtstag eine Pfeife bekommen. Die Zwerge haben sie ihm geschenkt. Natürlich ist sie viel zu klein.<br />

Die ‚Pfeife‘ der Zwerge ist zu klein. Natürlich ist die der Riesen größer, hier aber wird nur ihre Winzigkeit betont. Was ist das Gegenteil<br />

von mächtig?<br />

Warum sind die Arme schwarz ausgemalt?


4. März<br />

5. März<br />

MEINE RIESIGE HAND<br />

Eine meiner Hände ist größer als die andere. Sie ist 100 Kilometer hoch, 89 Kilometer lang und 104 Kilometer<br />

breit. Sie ist schwer. Sie kann Paris umfassen. Wenn sie dir auf den Kopf fällt, kannst du tödlich verletzt sein.<br />

Weißt du, einmal wollte ein Männchen, eines wie du, allein ein Abenteuer erleben und ist in der Nacht auf sie<br />

geklettert. Zuerst zog es seine Schuhe aus, um sie nicht aufzuwecken. Dann nahm es sein Schwert und stach<br />

es mitten in sie hinein. Das Blut floss um den Körper herum und blieb stehen. Das Männchen war überrascht,<br />

dieses endlich [enfin] zu sehen, und fragte sich: „Was macht es denn? Ich glaube, dass es eine Vene aufsticht.“<br />

Ein bißchen später floss Blut weiter vor sich hin. Fortsetzung folgt.<br />

MEINE RIESIGE HAND (Fortsetzung)<br />

Die Uhr schlug fünf. Ohne Lärm zu machen, ging der Mann fort, denn sie wachte jede Nacht um fünf Uhr auf.<br />

Kaum war er fort, machte sie sich auf den Weg.<br />

Aber bald kam die Hand immer näher und fing den Mann und zerquetschte ihn. Die Sirene heulte dreimal. Die<br />

Nachricht verbreitete sich schnell. Man erzählte: „Ein Mann ist von einer riesigen Hand gefressen worden.“<br />

Ein Bagger zieht an den Fingern, um den Körper des Mannes bergen zu können. Aber die Hand wird wütend<br />

und lässt sich auf die Erde fallen. Alle werden getötet. So wird unser Leben auf Erden enden.<br />

Das Kind beginnt, Fortsetzungstexte zu schreiben. Das wird seine bevorzugte Ausdrucksform in den 12 Monaten sein, die es noch<br />

in der vierten und fünften Klasse verbringt.<br />

Es wird deutlich, dass sich die Art, wie es schreibt, parallel zu der Art, wie es zeichnet, entwickelt hat. Auch das bemerkenswerte Wort<br />

‚enfin‘ steht parallel zum Wort ‚fin‘, das häufig wiederkehrt und stark betont sogar in Form von packenden <strong>Zeichnungen</strong> zutage tritt.<br />

Dieses Wort enfin hat sich an Stelle des Wortes engin (Fahrzeug) eingeschlichen, das in diesem Fall genau dazu passt. Das ist ein<br />

erstaunlicher Lapsus calami 12 . Dieser Text ist mit bizarren Randzeichnungen illustriert.


4. März - Zeichnung Nr. 67<br />

Das ist einer der seltenen Fällen, in denen die Randzeichnung genau dem Text entspricht. Bis jetzt schien es, dass die weiße Fläche,<br />

die nach der Niederschrift eines Textes übrigbleibt, dem Unbewussten erlaubte, sich auch graphisch zu manifestieren.<br />

Man könnte das Gezeichnete als reine Textillustration ansehen, wenn es da nicht noch diese Einzelteile eines Gesichts gäbe.<br />

Erinnern wir uns ebenfalls an die Randzeichnung des 23. November (Nr. 32), in der zum ersten Mal große, schwarze Hände<br />

auftauchten.


5. März - Zeichnung Nr. 68<br />

Die zweite Randzeichnung könnte eine Stilisierung der Hand sein, denn sie ist fünffach gegliedert.<br />

Der Mann ist ganz schwarz und steht auf zwei ‚Stützen‘.<br />

<strong>Patricks</strong> Initialen sind an den Kopf der Figur angehängt; das T‘ direkt, das ‚V, das für den Namen des Vaters steht, mit Hilfe einer<br />

Spirale befestigt.


5. März - Zeichnung Nr. 69<br />

Seltsam, diese Stopschild-Figur.<br />

5. März - Zeichnung Nr. 70<br />

Ein Mann mit Schlangenhänden und -füßen<br />

An diesem 5. März taucht wiederum eine Blockzeichnung auf. Ist das auch eine stilisierte Hand (auch hier gibt es eine Gliederung<br />

in fünf Elemente)?<br />

Bemerkenswert ist auch das Wiedererscheinen der Schlangenarme des unbekannten Tieres (11. Februar, Nr. 57), das auch aus fünf<br />

Elementen zusammengesetzt war.<br />

Es ist eine beunruhigende Zeichnung. Für wen sind diese Schlangen? Was bedeutet diese Gefahr?


5. März - Zeichnung Nr. 71<br />

Ein Winkelmesser auf Holzständern, die er in die Erde gesteckt hat.<br />

Dieser 5. März ist wirklich ein sehr produktiver Tag. In diesem zweiten Zeichen-Block sind mehrere Dinge bemerkenswert:<br />

1. Das Vorhandensein von Schlangenarmen.<br />

2. Die Verwendung eines Gegenstandes als Zeichenvorlage: der Winkelmesser. Und das ist selten bei Patrick.<br />

3. Wir haben schon Menschen im Körper von anderen gesehen. Hier steckt ein Kopf in einem anderen, und im Körper ein Herz<br />

und zwei andere Gebilde.<br />

4. Patrick wiederholt die Idee der Randzeichnung des 5. März (Nr. 68). Die Figur ist auf zwei Holzständer gestellt. Dieses<br />

‘Hochstellen’ ist wirklich eine Konstante.<br />

5. Wie bei der ersten Randzeichnung desselben Tages malt er die zwei Holzständer schwarz aus.


7. März - Zeichnung Nr. 72<br />

Ein tobender Kopf<br />

Es scheint, dass der Unmut steigt, dass rasende Wut aufkommt. Wie schwarz die Zeichnung ist, welche Aggressivität sie ausdrückt!<br />

Überall gezähnte Mäuler, Krokodilzähne, Hörner und aufgebogene Nasen, und im Innern ein brav aussehender Kopf und ein Herz.<br />

Eine erstaunliche Zeichnung: Niemals zuvor ist die Ausstrahlung so finster gewesen. Es ist wie eine Verdichtung, eine Anhäufung,<br />

eine Zusammenballung von aggressiven, schon dagewesenen Elementen. Ganz unten erahnt man ein Gesicht, das durch Wasser<br />

verzerrt scheint.


8. März - Zeichnung Nr. 73<br />

Ein Vogel fischt<br />

Wieder eine Zeichnung voller Aggressivität: Gezähnte Mäuler, Hörner, Krallen, Granaten. Granaten, die in Kanonen stecken, sind<br />

nichts Neues. Das Auto des Jahres 2000 (7-Dezember, Nr.37) hatte bereits diese Kanonen. Das Thema des Fischfangs wurde auch<br />

schon verwandt (11. Februar, Nr. 57 und 15. Januar, Nr. 52).<br />

Die Pfoten und der Sack („sac‘h“ auf bretonisch) sind schwarz.


8. März - Zeichnung Nr. 74<br />

Eine Dame tanzt<br />

Bei so einem Titel könnte man an ein anmutiges Schauspiel denken. Aber das ist nicht der Fall. Alles ist völlig schwarz. Welch<br />

seltsame Form für eine Dame! Sie ist verwandt mit der Form der <strong>Zeichnungen</strong> vom 11. Februar, vom 4. und vom 5. März. Vielleicht<br />

ist auch sie eine Variation der Hand? Sie hat mächtige Krallen. Der Arm und der Schwanz sind hoch aufgerichtet.


8. März - Zeichnung Nr. 75<br />

Ein Mann fährt einen Panzer, der Fuße hat.<br />

Das ist die dritte Zeichnung dieses Tages. Sie ist genauso seltsam wie der fischende Vogel und die tanzende Dame. Hier findet man<br />

vereint:<br />

1. Die Macht: Ein kleines Männchen fährt einen mächtigen Panzer.<br />

2. Die Aggressivität: Die Kanonen feuern Granaten ab.<br />

3. Die Form des Schwanzes der Dame.<br />

4. Die schwarze Farbe der Füße des Männchens.<br />

5. Die Tatsache, dass der Panzer Füße statt Räder hat (wie das Auto des Jahres 2000 vom 7.12., Nr. 37). Das ist wirklich eine<br />

seltsame Idee, diese Füße.


9. März<br />

Wieder ein Text. Ob er etwas Neues bringt?<br />

OH! WAS FÜR EINE PREISSTEIGERUNG!<br />

Habt ihr nicht von der Preissteigerung gehört? Ich werde euch einige Preise nennen: Ein Apfel kostet 4<br />

Milliarden, eine Banane 800.000 Francs und so weiter. Ihr seht, die sind gestiegen. Oh, Herr Minister, ich werde<br />

Sie ohrfeigen, weil es eine Schande ist, wie Sie die Preise steigen lassen! Bald wird keiner mehr leben können,<br />

wegen der Preissteigerung. Preissteigerung, Preissteigerung, ich hob‘ es mehr als satt, dieses Wort zu hören.<br />

Tatsächlich, ‚Preissteigerung‘ [hausse], was für ein aufdringliches Wort. Was man dabei spürt, ist die große Wut auf ein Tagesthema.<br />

Das stimmt gut mit all den <strong>Zeichnungen</strong>, besonders mit dem rasenden Kopf, überein.<br />

Aber an diesem 9. März gibt es auch vier Blockzeichnungen.<br />

9. März - Zeichnung Nr. 76<br />

Panzer von 1974<br />

Das ist ein Panzer der Gegenwart. Die Zeichnung wirkt hart. Zwei Kanonen, eine Rakete - dieser Panzer ist gut bewaffnet. Und all<br />

diese Macht steht einem einzigen kleinen Männchen zur Verfügung. Es bewaffnet sich mehr und mehr.


9. März - Zeichnung Nr. 77<br />

Eine augenlose Katze<br />

Eine zweite, völlig unerwartete Zeichnung. Eine Katze, ohne Augen geboren, kann nicht sehen. Aber wieso?<br />

Erinnern wir uns an den Mann, der ins Wasser schaut (30.11., Nr. 35) und an den, der im Körper eines anderen steckt... (11.1., Nr.<br />

48).<br />

Es gibt auch den Fernseher in einem Köper (18.11., Nr. 22). Offensichtlich wird dem Blick eine große Bedeutung zugemessen.


9. März - Zeichnung Nr. 78<br />

Das ist die dritte Zeichnung des 9. März.<br />

Ein Mann hat eine Schlange um den Hals.<br />

Er trägt sie immer, wenn er Pfeife raucht.<br />

Schon zu Beginn haben wir diese Halskette gesehen. Und kurz darauf Schlangen als Arme. Was sollen diese Schlangen bedeuten,<br />

die man trägt, wenn man Pfeife raucht?


9. März - Zeichnung Nr. 79<br />

Ein Mann mit Schwimmfüßen<br />

Die vierte Zeichnung des 9. März. Das macht 12 <strong>Zeichnungen</strong> in fünf Tagen.<br />

Es scheint, dass Patrick eine Krise durchmacht (vgl, auch die Serie des 11.2., die eine ähnlich starke Krise spüren ließ)<br />

Das Thema ‚Füße‘ scheint wirklich an die Oberfläche kommen zu wollen. Man sollte die Füße in allen <strong>Zeichnungen</strong> untersuchen. Die<br />

Füße des 4.1. (Nr. 45) sind besonders groß und sehr schwarz. Als ob das Ausmalen mit schwarzer Farbe dazu diente, die wichtigen<br />

Elemente noch stärker zur Geltung zu bringen. Man sollte auch eine Untersuchung dieses Phänomens vornehmen.<br />

Es sind zwei mächtige Füße. Sollte man das Element ‚zwei‘ nicht auch näher betrachten (Füße, Anhänger, Sporen,...)? Die Hände<br />

sind ein bißchen schlangenartig. Das Herz nimmt viel Platz ein. Der Körper ist ein Rhombus.


11. März<br />

Hier haben wir einen ungewöhnlichen Text:<br />

Wozu dient ein Messer?<br />

Wozu dient ein Messer? Vielleicht, um zu töten oder um etwas zu zerschneiden. Meine Großmutter schlachtet<br />

Kaninchen. Dazu braucht sie natürlich ein Messer. Die Lehrerin sagt zu uns:<br />

„Bringt ein Messer mit in die Schule!“ Vielleicht ist ein Messer nützlich, wenn man sich nicht damit amüsiert.<br />

Manchmal lese ich in der Zeitung: „Eine Dame wurde von einem Unbekannten durch Messerstiche getötet.“<br />

Derjenige, der das Messer erfunden hat, ist gut und böse. Aber wenn es das Messer nicht gäbe, wie würde man<br />

dann Brot schneiden? Ich weiß es nicht. Stellen wir uns vor, unsere Finger wären Klingen. Wir würden einfach<br />

mit unseren Fingern schneiden. Eine gute Idee. Wir werden sehen, ob das klappt.<br />

In diesem Text untersucht Patrick das Messer als Werkzeug und als Waffe. Könnte die Hand vielleicht das Werkzeug ersetzen?<br />

Zwischen den 12 <strong>Zeichnungen</strong> (in vier Tagen), die wir gerade gesehen haben und den 6 folgenden (eines einzigen Tages), hat es<br />

nur eineinhalb Schultage gegeben. In der Zwischenzeit hat das Kind diesen Text niedergeschrieben, der, wie man feststellen kann,<br />

völlig der momentanen Ausdrucksart entspricht.


14. März - Zeichnung Nr. 80<br />

Eine Kriegsmaschine mit Pfoten und Raketenabschußrampe<br />

Hier haben wir eine Art Tier, verwandt mit der Zeichnung ‚Lebende Brille‘ (25.2., Nr. 64), das Patrick mit Pfoten versehen hat, mit<br />

denen des Panzers und anderen. Der Panzer schießt eine Rakete ab.<br />

Der Kopf ist der einer Schlange, sowohl im Profil, als auch von vorn zu sehen.<br />

Die Linienführung hat sich verfeinert. Die einzige eingeschwärzte Pfote ist eher grau.<br />

Aus dem Rücken kommt eine viereckige Spirale hervor.


14. März - Zeichnung Nr. 81<br />

Noch eine Kriegsmaschine. Sie lässt eiserne Herzen auf die Menschen fallen.<br />

Patrick fügt seinem Arsenal eine neue Maschine hinzu. Eiserne Herzen - das dürfte gefährlich sein. Die Herzen im Hintergrund scheinen<br />

einen anzublicken. Und die beiden Anhänger stechen regelrecht ins Auge und sie sind eingeschwärzt wie die beiden Räder.


14. März - Zeichnung Nr. 82<br />

Ein X hat sich vorgestellt, wie es wäre, ein<br />

Mensch zu sein. Man sieht, dass es ein Pendel hat<br />

Dieses Dokument bestätigt sämtliche ausgesprochenen und unausgesprochenen Hypothesen, die wir über den sexuellen Inhalt<br />

zahlreicher vorhergehender <strong>Zeichnungen</strong> aufgestellt haben.<br />

Bisher konnten wir vorsichtig oder skeptisch bleiben. Aber hier, mit so einem Pendel, an dieser Stelle gezeichnet, kann man nicht<br />

mehr schwanken. Die Dinge sind klar ausgesprochen: „Wer zum Mann wird, wird auch so ein Pendel haben.“<br />

Nach dieser Erklärung könnte man noch einmal an den Anfang zurückkehren, besonders zu Bildern wie Das Flugzeug, das einen<br />

Wirbelsturm durchdringt (4.1., Nr. 46) oder zur Person auf einem Berg mit Füßen (8.12., Nr. 38) oder auch zur Rakete mit Händen<br />

(18.1., Nr. 53). Bevor man sich aber auf so einen Rückblick einlässt, sollte man besser das betrachten, was man direkt vor Augen<br />

hat.<br />

Es scheint mir, dass Patrick etwas Wichtiges zu sagen hat. Also hat er auf das abstrakteste Symbol zurückgegriffen, den Buchstaben,<br />

um sich besser zu tarnen.<br />

Hätte er einen Menschen gezeichnet oder im Titel erwähnt, hätte man ihm Pornographie vorwerfen können. Aber ein ‚X‘! Wer mit<br />

Blick auf dieses X behaupten würde, Patrick hätte Hintergedanken, würde sich lächerlich machen. Diesen Angriff könnte Patrick<br />

leicht von sich weisen.


Mir scheint, dass dieser Junge, wie die meisten Menschen, eine Symbolhierarchie verwendet, die vom höchst Abstrakten bis hin<br />

zum ganz Konkreten reicht, oder, anders gesagt, von den getarnten Absichten bis hin zum freien, offenen Ausdruck. Aus meinem<br />

Blickwinkel sieht die Rangordnung von Patrick (von unten nach oben gelesen) so aus:<br />

5. Menschen<br />

4. Tiere<br />

3. Maschinen<br />

2. Buchstaben<br />

1. Geometrische Formen<br />

4.-5. Tiermenschen<br />

3.-4. Maschinentiere<br />

2.-3. Buchstabenmenschen<br />

Es ist möglich, dass Patrick in der zweiten Zeichnung vom 14.3. (Nr. 81) so viel zum Ausdruck bringen wollte, dass er geometrische<br />

Formen verwendet hat: Herzen. Und nur die Herzen, die sich ganz hinten im Bild befinden, haben einen lebendigen Blick.<br />

Möglich, dass das Kind zuerst das ‚X‘ gezeichnet hat, da es ja auf jedem Arm ein Auge hat. Und erst danach hätte er den Kopf<br />

hinzugefügt, damit seine Zeichnung ausdrucksvoller wird.<br />

Gleichzeitig arbeitet Patrick weiter an der Verzierungstechnik: verschiedene Grautöne, Schwarz, Kästchen, Arabesken,<br />

Schraffuren.<br />

14. März - Zeichnung Nr. 83<br />

Ein winziger Mann ist auf einer Rieseninsel gelandet. Der König hat seine Krone in den Sand gelegt. Der kleine Mann hat sie für einen<br />

Berg gehalten.<br />

Erneut stehen sich ‚das Winzige‘ (im Text hervorgehoben) und ‚das Riesige‘, in der Person des Königs der Riesen, gegenüber.<br />

Diesmal lächelt der Starke.


34. März - Zeichnung Nr. 84<br />

Ein Schaf träumt davon, ein Mensch zu sein. Es wird den Menschen töten und aus ihm einen Hammelspieß machen.<br />

Schon einmal ist der Gedanke an den Tod zusammen mit seinem Zeichen, dem Totenkopf, aufgetreten (28.2.; Nr. 65). Und das<br />

Thema ‚Tötungsmaschinen‘ ist mehrfach wieder aufgetaucht. Am 16. November (Nr. 20) hat ein Pfeil seine Spitze sehen lassen und<br />

am 11. Februar (Nr. 59) ist er im Rücken von Julius Cäsar gelandet.<br />

Bis jetzt sind die Dinge geschehen, aber nie ausgesprochen worden. Einzig der Gegensatz von Schwäche und Stärke wurde<br />

angesprochen. Aber heute ist der Wendepunkt: Die Dinge werden offen ausgesprochen.<br />

Mal sehen, wovon ist die Rede: Ein Schaf, also ein bekanntermaßen schwaches Lebewesen, träumt davon, ein Mensch zu werden.<br />

Denn dann wäre es stark genug, um einen Menschen zu töten, den es dann als Hammelspieß braten könnte. Eigenartig, dieser<br />

Verwandlungswunsch. Das Schaf wünscht, an Stelle des Menschen zu sein, um einen Mord zu begehen. Es trägt schon die Krone<br />

der Mächtigen.<br />

Auffällig das Unbestimmte: es träumt im ersten Satz. Und diese ausdrückliche Feststellung es wird löten im zweiten Satz. Bemerkenswert<br />

ist auch die seltsame Doppelnase.


14. März - Zeichnung Nr. 85<br />

Ein Verrückter hat gerade ein Spezialschiff gebaut. Er will alles für sich allein. Er feuert Bomben ab. Er will, dass die Menschheit<br />

verschwindet.<br />

Hier ist die sechste und letzte Zeichnung dieses Tages, eines Tages voller tiefgründiger Äußerungen. Drei Kriegsmaschinen - eine<br />

kleine neben einer großen - und zwei Nicht-Menschen (‚X‘ und Schaf), die sich vorstellen und davon träumen, Menschen zu werden.<br />

Was hat uns die sechste Zeichnung gebracht?<br />

Zuerst eine Tarnung: Man erklärt diesen Mann für verrückt, um wichtige Dinge auszudrücken. So ist der Zeichner unangreifbar. Der<br />

Mann ist verrückt, er will alles für sich allein (aber was alles?).<br />

Er will, dass die Menschheit verschwindet. (Was aber vielleicht nur das Verschwinden einer einzigen Person verdeckt: des Mannes,<br />

der zum Hammelspieß wurde.) Und um sein Projekt durchzurühren, hat er sich besondere Mittel ausgedacht. Zweifellos reichen<br />

alltägliche Warfen dafür nicht aus.<br />

Zusammenfassend kann man aus den <strong>Zeichnungen</strong> dieses Tages schließen: Wer einer realen Macht gegenübersteht, träumt davon,<br />

selbst mächtiger zu werden und sein Zerstörungspotential zu verstärken.<br />

Was erfahren wir aus dem in dieser Zeit Geschriebenen? An diesem Tag schreibt Patrick einen Text, der weder als beschreibend<br />

oder spielerisch noch als realistisch bezeichnet werden kann.


14. März<br />

JETZT BIN ICH GLÜCKLICH<br />

Es war einmal ein Mann, der überhaupt kein Geld hatte. Trotzdem war er sehr reich, weil er einen sehr großen<br />

Bauernhof hatte. Aber er war unglücklich, weil er einen Unfall gehabt hat und sein rechtes Bein amputiert<br />

werden sollte... Eines Tages kaufte ein sehr reicher Mann den Bauernhof. Und der Opa war bis zu seinem Tod<br />

glücklich, weil er viel Geld bekommen hat.<br />

Zum zweiten Mal geht es in einem Text um ein abgetrenntes Bein (siehe 1.12.). Bis dahin gab es nur abgetrennte Köpfe.<br />

Bei den <strong>Zeichnungen</strong> finden wir stattdessen ein viereckiges Spiralbein (18.11., Nr. 23) und andere Anspielungen auf<br />

eigenartige Füße oder Klumpfüße. Merken wir uns auf jeden Fall: bis zum Tod Geld im Überfluss.<br />

Am gleichen Tag erzählt Patrick sehr sachlich von einem Spaziergang<br />

18. März<br />

Erneut eine Serie von 3 <strong>Zeichnungen</strong>. Die Krise scheint noch nicht überstanden zu sein, im Gegenteil, sie scheint sich zu<br />

verstärken.<br />

Anzahl der <strong>Zeichnungen</strong>, die pro Tag entstanden sind:<br />

vom 2. bis 11.März: 1, 2, 1, 3, 4, 0<br />

vom 14. bis 22.März: 6, 3, 10, 9<br />

Die durchschnittliche Anzahl der <strong>Zeichnungen</strong> pro Woche:<br />

Februar: 3,5<br />

Anfang März: 11<br />

14. - 22. März: 28<br />

Diese Zahlen verdeutlichen, dass wir uns am 18, März mitten in einer Krise befinden; ihr Höhepunkt ist allerdings noch nicht erreicht.<br />

Irgend etwas will gerade zum Durchbruch kommen.


18. März - Zeichnung Nr. 86<br />

Jupiter Zeus, Gott des Donners<br />

Der Verrückte wollte, dass die Menschheit verschwindet, hier speit der Mächtigste der Mächtigen, der Gott der Götter, Blitze auf die<br />

ganze Welt. Diese Blitze, oder, wenn man es vorzieht, diese Elektrizität, ist ein häufig wiederkehrendes Zeichen der Zerstörung. Es<br />

ist mit Macht verbunden (vgl. das Donnertier auf den Bergen vom 10.11. (Nr. 18) und den elektrischen N-Mann (Nr. 23) vom 18.11.<br />

). Später verwandelt sich das Zerstörende dann in Granaten, Kugeln und Raketen.<br />

Welche stärkere Zerstörungsmacht als die des Jupiters kann man sich vorstellen? An wen könnte man sich jetzt noch wenden? Niemand<br />

steht mehr über ihm.<br />

Im allgemeinen stellen wir Texte und <strong>Zeichnungen</strong> eines Tages getrennt dar. Wir werden aber die Präsentation der zwei anderen<br />

<strong>Zeichnungen</strong> verschieben, denn der unten stehende Text scheint ein Echo der Zeichnung des Jupiters zu sein. Es ist uns nicht bekannt,<br />

ob diese Zeichnung vor oder nach dem folgenden Text entstand; wahrscheinlich aber vorher. Aber ist das von Bedeutung?<br />

MISSGESCHICK EINER KUGEL<br />

Ein kleines Mädchen hatte eine Kugel mit weißen Punkten. Eines Tages, als es mit seiner Mutter spazieren<br />

ging, ließ es die Kugel vor sich herrollen. Es gab der Kugel einen Stoß mit dem Fuß. Die Kugel rollte, rollte,<br />

rollte und landete in einem Wasserbecken. Ein kleiner Junge nahm sein Messer und warf es nach der Kugel.<br />

Zum Glück wehte eine leichte Brise, sonst hätte er ihn 13 durchstochen. Der Junge, unzufrieden, dass er sein<br />

Messer wegen der Kugel verloren hatte, beschloss, klüger zu sein. Er holte das Küchenmesser und nahm einen<br />

Strick mit. Als er zum Weg kam, band er den Strick an das Messer. Er rollte ein bißchen Strick in seiner Hand<br />

auf; noch einmal richtete er das Messer auf die Kugel und warf es. Diesmal traf er. Vielleicht ist das gut für den<br />

Jungen; für die Kugel nicht.<br />

Wir haben das ‚er‘ bemerkt, das wie ein Lapsus calami auftaucht. Das könnte dadurch erklärt werden, dass Patrick den Titel geändert


hat. Der ursprüngliche Titel lautete ‚Mißgeschick eines Balles‘. Warum hat das Kind ‚einen Ball‘ in ‚eine Kugel‘ umgewandelt? War es,<br />

um das Maskulinum zu verschleiern oder weil ‚Kugel‘ weiblich ist? Hat er in diesem Abenteuer ein weibliches Element gebraucht?<br />

Aber Patrick hat uns ja schon an eine gewisse Zweideutigkeit gewöhnt. Vielleicht ist es auch von Bedeutung, wann er diesen Text<br />

geschrieben hat. Aus Stundenplangründen wollte Patrick vielleicht zuerst einen Text schreiben, ehe er zu zeichnen anfing.<br />

Zwei <strong>Zeichnungen</strong> scheinen kurz darauf gefolgt zu sein. Sie befinden sich am Rand des Textes.<br />

18. März - Zeichnung Nr. 87<br />

18. März - Zeichnung Nr. 88 (auf der Rückseite von Nr. 87)<br />

Es scheint, dass wir uns einer fortschreitenden Stilisierung gegenübersehen. Die erste Zeichnung stellt einen Ball dar, der direkt<br />

einem ‚elektrischen Schlag‘ ausgesetzt ist. Die zweite Zeichnung ist eine Art Schwan, der ‚hinterrücks‘ von einem Arabesken-Vogel<br />

angegriffen wird. Diesmal illustrieren die <strong>Zeichnungen</strong> den Text gut. Die zweite Zeichnung ist in ihrem Symbolismus noch weiter<br />

fortgeschritten.<br />

Entstand die Zeichnung auf dem Block (Jupiter) vor den Randzeichnungen? Wenn ja, kann man feststellen, dass die Symbole<br />

deutlicher werden? Ansonsten wäre es eine „Rückverschleierung“.<br />

Wie könnte man bei diesen drei Dokumenten nicht an Leda denken? Es wäre erstaunlich, wenn das Kind daran gedacht hätte.


18. März - Zeichnung Nr. 89<br />

Ein Rhombus speit Feuer aus den Oliven.<br />

Er ist auf einen sechseckigen Arbeiter zornig.<br />

Wenn ich mich nicht irre, heißt das, dass Patrick, immer wenn er geometrische Figuren zeichnet, etwas Tiefergehendes ausdrücken<br />

will. Bedeutet das hier, dass derjenige, der zornig ist, gegen jemanden Groll hegt? Denn bis jetzt wussten wir nie, auf wen die<br />

zornigen Leute böse waren, z.B. am 11.1 (Nr. 56), am 14.1. (Nr. 50) oder am 13.12. (Nr. 42). Warum ist dieser Chef auf einen seiner<br />

Arbeiter wütend? Hat er eine Dummheit gemacht? Revoltiert er?


18. März - Zeichnung Nr. 90<br />

Das Huhn hat zu viele Eier gelegt, der Bauer ist nicht zufrieden.<br />

Wie könnte man hier übersehen, dass das Huhn auf die ganze Welt pfeift? Grob gesagt, es scheißt auf die ganze Welt. Und auf den<br />

Bauern scheißt es erst recht! Das sagt man aber nicht in der Schule. Also sagt man es durch die Blume - hier - durch Eier. Das wird<br />

von der Gesellschaft akzeptiert.<br />

Am selben Tag spie Zeus schon auf die Erde. Aber hier gibt es ein übertriebenes Eierlegen. Man spürt, dass die Erregung steigt.<br />

Bemerkenswert, dass sich das Kind diesmal nicht damit begnügt hat, etwas durch Mythologie (Zeus) oder geometrische Formen zu<br />

vertuschen. Patrick ist bis in den Bereich von Tieren und Menschen (ein Bauer) gegangen. Der Mann steht auf einem schwarzen<br />

Sockel, schwarz wie seine Beine. Er hat keine Arme.<br />

Und was hat Patrick in dieser Zeit geschrieben? Absolut nichts. Kein Text vom 18. bis 23. März, obwohl das Kind am 21. und 22. März<br />

20 <strong>Zeichnungen</strong> erstellte. Das ist der Höhepunkt der Bilder-Produktion.<br />

Schauen wir uns das an!


21. März (10 <strong>Zeichnungen</strong>)<br />

21. März - Zeichnung Nr. 91<br />

Drei Themen sind in diesem Text gleichwertig behandelt worden:<br />

Ein Mann auf der Bühne zeigt seine Kraft.<br />

Da sieht man sein Herz.<br />

Die Macht, das Schauspiel (er zeigt) und der Blick (man sieht). Es ist oft ein Blick, der es ermöglicht, ins Innere zu sehen. Durchsichtigkeit<br />

ist tatsächlich eine beständige Vorstellung.<br />

Diese Zeichnung scheint auch von einer Hand abgeleitet zu sein. Im Inneren ist ein Totenkopf zu sehen wie auch am 2.2. (Nr. 55)<br />

und am 29.10. (Nr. 13). Diese Zeichnung ist sehr klar. Die schwarzen Teile (die beiden Füße und die Speiseröhre) sind sorgfältig<br />

gezeichnet. Die Kurven sind harmonisch.


21. März - Zeichnung Nr. 92<br />

Wie man den Mond in Bananenform darstellt.<br />

Auch hier ist die Zeichnung klar. Sie ist sogar von dem Comic-Zeichner Franquin signiert. Warum? Wegen des Vornamens seiner<br />

Schwester?<br />

Für die Jungen ist die Banane immer schon ein deutliches Sexualsymbol gewesen. Aber hier hat sie nicht unbedingt diese Bedeutung.<br />

Das Grau der beiden Beine ist sorgfältig schraffiert. Wir sind weit entfernt von den schwarzen Tagen. Man könnte sagen, dass das<br />

Kind, nachdem es das Schlimmste aus sich herausgeschrien hat, sich darum kümmern kann, die Ausarbeitung zu verfeinern. Es<br />

scheint, dass seine Hand bis jetzt einem inneren Impuls gefolgt ist. Beherrscht er jetzt sein Werkzeug besser, weil die Intensität<br />

abgenommen hat?<br />

Und ist zwischen den Beinen nicht wieder ein Pendel? Und ist das oben ein Fenster?


21. März - Zeichnung Nr. 93<br />

Ein Mann sammelt Steine, weil er eine Pyramide wie die Ägypter bauen will. Er hat ausgerechnet, dass er hundert Jahre brauchen wird,<br />

um sie zu bauen. Er ist 90 Jahre alt.<br />

Soll man den Kommentar so verstehen: Ein Mann will ein gewaltiges Werk vollbringen. Er hat einen riesigen Berg von Vorhaben.<br />

Aber er ist 90 Jahre alt. Sollen wir an ein vorhersehbares oder sogar sicheres Scheitern denken? Erinnern wir uns an den Mann, der<br />

zur Jagd ging: Da waren nur Fische.<br />

21. März - Zeichnung Nr. 94<br />

Einer meiner Anfangsbuchstaben flieht. Er will mir nicht mehr gehorchen.<br />

Wir haben bereits die Hypothese aufgestellt, dass Patrick, wenn er etwas Wichtiges zu sagen hat, zur abstrakten Symbolebene<br />

(Buchstaben, Figuren) ‚hinabsteigt‘. Und das kann er nur, indem er es stark verschleiert. Ist das diesmal der Fall? Sehen wir uns das<br />

an.<br />

Einer meiner Anfangsbuchstaben flieht. Aber es ist das ‚P‘ des Vornamens, das uns den Rücken kehrt und nicht das ‚B‘, der Anfangsbuchstabe<br />

des Namens seines Vaters. Er will mir nicht mehr gehorchen. Das ‚P‘ widersetzt sich der Kraft, der Macht.<br />

Ein Student: „Viereckige Spiralen schließen an das ‚P‘ an. Vielleicht sind sie seine symbolischen Vertreter, wie Alain uns das schon<br />

gezeigt hat.“


21. März - Zeichnung Nr. 95<br />

Ein Fuß hat in den Spiegel geschaut und bemerkt, dass er nicht normal ist. Er hat keinen Besitzer.<br />

Wie kann ein Kind auf die Idee kommen, so eine Zeichnung zu machen? Ist es sich dessen bewusst, was es macht? Oder wird seine<br />

Hand von seinem Unterbewusstsein geführt? (Die Idee von einem einzelnen Fuß stammt bereits vom 1.12.: Herr Chaban-Delmas.)<br />

Soll man hier an die akustische und visuelle Verwandtschaft des Buchstabens ‚P‘ mit dem Wort pied [Fuß] denken? Möchte dieser<br />

‚P-pied‘ fliehen? Dann würde er keinen Besitzer (keinen Vater?) mehr haben. Wäre das anormal?<br />

Es ist klar, dass das an den Haaren herbeigezogen sein könnte. Wenn man zu derart subtilen Deutungen Zuflucht nehmen muss,<br />

um die Dinge klarer zu sehen, sollte man von vornherein darauf verzichten. Das ist eine genauso schwierige Aufgabe wie der<br />

Pyramidenbau der Ägypter.<br />

Zum Glück müssen Lehrer sich nicht um die tiefere Bedeutung der Arbeiten ihrer Schüler kümmern. Die Dinge geschehen ohne die<br />

Einflussnahme des Lehrers. Es genügt, ein für alle Mal zu wissen, dass es etwas bedeuten könnte. Jedenfalls ist eines gewiss: Das<br />

Kind zeichnet nicht ohne Grund so. Letztendlich müssen die Lehrer ihre normale Arbeit weiterführen, ohne sich darum zu bemühen,<br />

irgendetwas hinein zu interpretieren. Ganz im Gegenteil, sie sollten sich rigoros davor hüten.<br />

Es ist aber gut zu wissen, dass unsere einfachen und alltäglichen Techniken eine tiefer gehende Grundlage haben können. Es ist<br />

vielleicht eine gute Möglichkeit, die ‚negative Therapie‘ von Maud Mannoni zu praktizieren, deren Grundlage die Abstinenz ist. „Man<br />

weiß nicht, wie die Dinge geschehen“. Und das kann den Kindern gewaltig helfen.<br />

Gut, nehmen wir die Untersuchung der fünf <strong>Zeichnungen</strong> wieder auf, die noch vom 21. März übrig sind. Aber zunächst wird es gut<br />

sein, eine Randzeichnung vom 25. April zu betrachten:


25. April - Zeichnung Nr. 96<br />

Wenn Patrick Englisch spräche , könnte man an ‚pied-boat‘ denken und dies dem Wort ‚pied-bot‘ [Klumpfuß] gegenüberstellen, was<br />

hier dargestellt zu sein scheint. Man könnte sogar noch weiter gehen, da ja in der bretonischen Sprache ‚bot‘ Sohn bedeutet. Und<br />

Patrick kann Bretonisch. Aber er weiß vielleicht nicht, was ein ‚pied-bot‘ ist.<br />

Es wird deutlich, wie kompliziert das ist. Es ist sozusagen unmöglich zu begreifen. Zum Glück müssen wir uns nicht darum kümmern.<br />

Es steht fest, dass so eine Verknüpfung ‚pied-bot‘ - ‚pied-Sohn‘, vorausgesetzt, dass es sie überhaupt gibt, unmöglich aufzudecken<br />

ist. Solche Verknüpfungen entstehen auf der Ebene des Unbewussten. Und man kann die Elemente des Unbewussten, die im gesamten<br />

Verlauf dieses Falles spürbar sind, nicht erfassen. Man könnte sich zum Beispiel Fragen stellen über die Verkleinerungsform<br />

vom Namen des Kindes Pip‘py (mit Betonung auf der ersten Silbe), in der der Buchstabe ‚P‘ dominiert. Aber das wächst uns über<br />

den Kopf. Lassen wir es lieber; wir haben anderes zu tun.


21. März - Zeichnung Nr. 97<br />

Zwei Schwestern, siamesische Zwillinge. Es ist nicht gelungen, sie zu trennen.<br />

Die sechste Zeichnung dieses Tages führt uns zu der bereits angeschnittenen Serie. Diese Schwestern sind Zwillinge, noch dazu<br />

siamesische. Sie können nicht voneinander getrennt werden.<br />

Ein Student: „Schwestern - ist das nicht eher eine Tarnung, um von männlichen Wesen zu sprechen? Das eine möchte fliehen, kann<br />

sich aber vom anderen nicht trennen.“ - Das kann gut sein, denn das ist eine Taktik, die von den Kindern tatsächlich oft angewandt<br />

wird. Sehen wir uns nun die Zeichnung an: Eine der Schwestern hat einen kleinen Fuß und ein viereckiges ‚P‘. Die andere feuert aus<br />

einer Maschinenpistole.


21. März - Zeichnung Nr. 98<br />

Eine ungewöhnliche Schlange; sie stellt Preise her.<br />

Sie wirft tatsächlich eine 50 Francs und eine 20 Centimes Münze aus. Nach vorne schießt sie aus Kanonen und nach hinten stößt<br />

sie Gase aus. Diesmal sind drei Figuren miteinander verbunden. Die erste ist einfüßig, die zweite hat zwei Füße und die dritte hat<br />

eine Schlange als Fuß und eine andere Frisur.<br />

Vielleicht ist zu dieser Zeit die ‚Geldschlange‘ aufgetaucht.


21. März - Zeichnung Nr. 99<br />

Auf dem Planeten der Maschinen hat es ein Erdbeben gegeben. Alle mussten fliehen.<br />

Wenn es eine Katastrophe gibt, muss man fliehen. Es muss etwas Großes, Starkes, von außen Kommendes sein, wenn man<br />

tatsächlich flieht.<br />

Es scheint, dass der Kopf vom Rumpf oben links getrennt worden ist. Eine geflügelte Person trägt eine Fernsehantenne. Eine<br />

Maschine ist zu sehen. Und die schießt.<br />

21. März - Zeichnung Nr. 100<br />

Ein Auto in der Nacht. Ein Mikrobenmann fährt.<br />

Wieder einmal fährt hier ein winziges Männchen einen mächtigen Wagen mit gewaltigen Scheinwerfern. Seine Winzigkeit wird durch<br />

den Ausdruck Mikrobenmann noch betont.


21. März - Zeichnung Nr. 101<br />

Ein ganz kleiner Mann. Sein Boot ist eine Bananenschale.<br />

Erneut wird die geringe Größe erwähnt. Das ist eine neue Phase. Zu Beginn gab es vor allem den Ausdruck der Macht. Dann sind<br />

Macht und Schwäche gleichzeitig, nebeneinander ausgedrückt worden. Jetzt wird nur die Schwäche hervorgehoben.<br />

Beachten Sie die Zielscheibe an der Spitze des Ruders. Sie tauchte zum ersten Mal auf, als das Flugzeug den Wirbelsturm durchdrang<br />

(4.1., Nr. 46). Es sind drei Fische zu sehen, darunter ein ganz kleiner.<br />

Zehn <strong>Zeichnungen</strong> an diesem Tag, dem 21. März. Alles in allem sind sie sorgfältig ausgeführt. Man findet darin nacheinander: die<br />

Kraft, den Mond, das vorhersehbare Scheitern, die Flucht der Initialen, die Einsamkeit des anormalen Fußes, die unauflösbare<br />

Verbindung der Zwillingsschwestern, die anormale dreiköpfige Schlange, die Flucht der Maschinen, die Macht des Schwachen und<br />

die Kleinwüchsigkeit des Gondoliere.<br />

Hier kommen jetzt die neun <strong>Zeichnungen</strong> des folgenden Tages:


22. März - Zeichnung Nr. 102<br />

Ein Schaf-Mann vergnügt sich mit einem Esel-Mann. Ihr Spiel besteht darin, sich gegenseitig zu töten. Der eine schießt mit<br />

explodierenden Steinen, der andere mit Elektrizität.<br />

Eine weitere Zunahme der Aggressivität. Ein Spiel, bei dem man sich gegenseitig umbringt!<br />

Wir sind nun fast auf der obersten Stufe der Symbolhierarchie angelangt, denn es handelt sich um Tiermenschen. Hat Patrick<br />

vielleicht weniger wichtige Dinge zu sagen? Allerdings geht er wiederum nicht so weit, die Tarnung ganz fallen zu lassen.<br />

Der Tod ist zugegen. Das Wort töten wird zum zweiten Mal ausgesprochen. Vor vier Tagen träumte das Schaf, ein Mensch zu sein:<br />

es wird den Menschen töten, um aus ihm einen Hammelspieß zu machen. Der Schaf-Mann hat hinten eine Antenne. Der Esel-Mann<br />

hat große<br />

Ohren und so etwas wie ein Holzbein. Er hat ein kraftvolles Herz. Die Art, wie die Zeichnung ausgeführt ist, stellt einen Einschnitt<br />

dar:<br />

diese hier ist, wie der Großteil der <strong>Zeichnungen</strong> dieses Tages, mit dicken, wilden Strichen gemalt. Überwindet jetzt auch die Hand<br />

ihre Grenzen?


22. März - Zeichnung Nr. 103<br />

Ein Mann lacht, weil er beim Blick in den Spiegel gesehen hat, dass er durchsichtig ist.<br />

Dieser Mann hat mehr die Ausstrahlung einer Frau. Er besitzt ein gewaltiges Herz. Er lacht über seine Durchsichtigkeit. Es kommt<br />

bei Patrick selten vor, dass er lachende Gesichter zeichnet. Was würde man nicht dafür geben, die Bedeutung dieser Transparenz<br />

und dieser Komik zu verstehen!


22. März - Zeichnung Nr. 104<br />

Eine Frau steigt beim Gehen auf ihre Haare. Auf der ganzen Welt gibt es nur eine einzige dieser Art. Sie bekommt überall Geschenke.<br />

Hier ist sie auf ihrem elektrisches Auto zu sehen.<br />

Diesmal handelt es sich eindeutig um eine Frau. Sie hat, wie auch die vorige Figur, keine Arme. Ihr elektrisches Auto ist eher ein<br />

Schlitten, denn die Reifen haben sich in Kufen (und nicht in Füße) verwandelt. Auch diese Frau lächelt.<br />

Bis jetzt haben wir kaum lächelnde Gesichter gesehen. Und auch kaum weibliche Figuren. Es hat nur die Dame auf der Plattform<br />

gegeben, die in ein anderes Universum flog, und die, die den ersten Platz auf dem Siegespodest einnahm.<br />

Sie ist nicht die Erste, aber sie ist einmalig in ihrer Art. Sie wird überall gefeiert. Vorn auf dem Wagen ist ein viereckiges ‚P‘. Die<br />

Zeichnung ist mit raschen, dicken Strichen gemacht.


22. März, - Zeichnung Nr. 105<br />

Ein Kopf über einem Kopf schimpft mit einem seiner Diener. Der Diener wird getötet.<br />

Die zweite Idee für einen Mord am selben Tag. Niemand lacht mehr. Ein sechseckiger Arbeiter hat schon den Zorn des Rhombus<br />

geweckt. Diesmal ist es noch schlimmer.<br />

Es scheint, dass der große Kopf schimpft, nicht der weibliche. Der schimpfende Kopf spuckt eine Kanonenkugel aus, die mit einem<br />

verkehrten ‚P‘ und einer Art ‚Herz-Jesu-Fahne‘ verziert ist,<br />

Wird der Untergebene der Verlierer sein? Sein Kopf steigt in den Himmel auf.<br />

Beachten wir das F 52 auf dem Sockel der Menschenmaschine. Es ist kein F 29 mehr. Der Gedanke an die amerikanischen B 52,<br />

die Vietnam bombardierten, drängt sich auf. Jedenfalls passt dies zu dem kriegerischen Ausdruck dieser Zeichnung.


22. März - Zeichnung Nr. 106<br />

Das Rennen der Verrückten in ferngesteuerten Autos. Der Copilot ist am Piloten angebunden.<br />

(Die auf der Welt einmalige Frau (Nr. 104) hatte auch ein elektrisches Auto.) Die hintere Antenne dient vielleicht dazu, die Kommandos<br />

der Fernsteuerung zu empfangen. Hier ist der erste Hinweis zur Erklärung des häufigen Auftretens von Antennen.<br />

Aber ist die Hauptfigur eine Frau? Man könnte das auf Grund der Frisur annehmen. Es ist schwierig, sich dazu zu äußern.<br />

Es sah so aus, als wäre der untere Teil mit einem Mann, mit seinem Besitzer, verbunden. Hier sind aber Copilot und Pilot<br />

verbunden.<br />

Was soll das Ganze wohl heißen? Man spürt, dass es wie Magma brodelt und Bedeutungen an der Oberfläche auftauchen - aber es<br />

fließt nicht über in den Bereich des Fassbaren und Verständlichen.


22. März - Zeichnung Nr. 107<br />

Ein Mann kommt vom Zahnarzt. Er betrachtet sich im Spiegel. Er hat nur noch drei Zähne.<br />

Dieser Mann ist stark entstellt. Er kann weder beißen noch lächeln. Er trägt eine Antenne.<br />

Links ist eine kahlköpfige, lächelnde Person (ein Mann, eine Frau?) mit einer Blume an Stelle des Herzens zu sehen, ähnlich der<br />

Person, die an diesem Tag schon einmal lachte (Nr. 103). Unten ist ein Mann mit Bart.<br />

Eine seltsame Zeichnung mit neuen Elementen. Aber wieder drei Figuren (siehe den schimpfenden Kopf, Nr. 105, die anormale<br />

Schlange, Nr. 98 und die Fische des Gondoliere vom 21. März, Nr. 101). Patrick scheint die Zahl drei zu entdecken.


22. März - Zeichnung Nr. 108<br />

Ein Tier kann sich nicht selbst verteidigen. Also hat es ein anderes Tier zu sich genommen, diesmal ein ferngesteuertes.<br />

Hier sind endlich einige Bestandteile, die es uns erlauben, unsere Fragen teilweise zu beantworten. Es handelt sich nicht um strittige<br />

oder hypothetische Interpretationen, sondern um solide Informationen, die vom Kind selbst gegeben wurden. Puh! Das tut gut!<br />

Das Tier ist zu schwach. Also braucht es die Hilfe einer von außen kommenden Kraft. Es ist eine magische Macht, die durch Wellen<br />

fortbewegt wird.<br />

Das Tier (die vierte Stufe der Symbolhierarchie) hat zwei Köpfe. Wo ist der vordere Kopf, welcher Kopf ist hinzugekommen? Vielleicht<br />

ist der schwarze Kopf mit den drohenden Krokodilzähnen hinzugefügt worden. Die Stacheln des anderen Tieres sind stumpf.<br />

Die Schwäche wird betont: Zu schwach, um sich selbst verteidigen zu können. Wenn man sich seiner Schwäche bewusst ist, träumt<br />

man doch immer von Machtzuwachs. Seit es die Welt gibt, ist das ein gebräuchliches Verhalten. „Zeus, Jupiter, Isis, Großer Manitou,<br />

Herr im Himmel, helft mir, gebt mir Kraft, diese Probe zu bestehen, gebt mir mehr Kraft!“<br />

Oben links in der Zeichnung ist vielleicht die Antenne, die das helfende Tier steuert. Wir wären froh, wenn das Kind sich immer so<br />

klar und deutlich ausdrücken könnte.


22. März - Zeichnung Nr. 109<br />

Der Fernseher der Spiralen, die ihn für Gott halten.<br />

Am 16. November (Nr. 20) wurde die Sonne durch ein ‚S‘ ersetzt. War das nicht eine Spirale? Am 25. Februar (Nr. 63) entstand Ein<br />

Flugzeug aus Spiralen, zuerst hat es Startprobleme. Dass es am Rand zahlreicher Texte Arabesken gab, habe ich schon erwähnt.<br />

Zwei Formen kommen vor: das stark eingeringelte ‚S‘ (16.11., Nr. 20) und das ähnlich geringelte ‚C‘ (20.11., Nr. 30).<br />

Die Spiralen hier haben einen Fernseher mit einer Antenne, die es ihnen ermöglichen, Wellen zu empfangen. Und dieser Fernseher<br />

hat magische Kräfte, da er als Gott angesehen wird.<br />

Merkwürdigerweise wird die Antenne ausgerechnet von der geschwärzten Nase getragen. Schwarz sind auch die drei Zähne: zwei<br />

große und ein kleiner. Sollen wir uns übrigens noch einmal alle <strong>Zeichnungen</strong> durch den Kopf gehen lassen, in denen es um das<br />

(fern-)sehen ging? Und sollen wir uns noch einmal an die künstlichen Stimmbänder des Mannes, der einen Sprechapparat hatte<br />

(20.11., Nr. 27) erinnern?


22. März - Zeichnung Nr. 110<br />

Ein Tierschiff, das mit Bomben, Granaten und Enterhaken einen Haifisch jagt.<br />

Hier ist ein machtvoll bewaffnetes Schiff zu sehen. Der Haifisch muss auf der Hut sein! Es ist ein Tierschiff, denn es hat, wie der<br />

Fernseher, zwei Augen, eine Nase, einen Mund - und einen Kopf oben drauf. Aber diesmal gibt es nur zwei Zähne. An diesem 22.<br />

März ist Vieles in Bewegung geraten. Die Serie der neun <strong>Zeichnungen</strong> gerät zunehmend ins Böse. Ist das Kind weniger entspannt?<br />

Drückt es seinen Zorn aus? Überprüfen wir das. Wir haben nacheinander folgendes gesehen:<br />

Gegenseitiges Töten als Spiel - Lachen und Durchsichtigkeit - die einzigartige, mit Geschenken überhäufte Frau - den schimpfenden<br />

Kopf - die unmittelbar bevorstehende Hinrichtung eines Dieners -Copilot und Pilot aneinandergebunden - den fast zahnlosen Mann<br />

- die Beschwörung magischer Mächte - die Vergöttlichung des Fernsehers - ein stark bewaffnetes Schiff auf der Jagd.<br />

Ordnen wir das ein bißchen: möglicherweise zwei Morde - verschwundene Zähne - Machtentfaltung - bedingungslose Jagd. Eine<br />

unauflösliche Kette. Und dazwischen eine angebetete Frau und ein Mann (?), der über seine Durchsichtigkeit lacht.


23. März - Zeichnung Nr. 111<br />

Ein Tier hat so viele Menschen gefressen, dass ihm Füße gewachsen sind. Seine Freunde verspotten es.<br />

Wir haben bereits Tiere gesehen, die auch mit Krokodilzähnen bewaffnet waren. Manchen wachsen Flügel, diesem hier aber wachsen<br />

Füße. Vermehren sich hier die Füße oder die Wesen?<br />

Solche zahlreichen Füße haben wir schon mehrmals gesehen - am 10.11, (Nr. 18), am 6.12. (Nr. 60) und am 1.2. (Nr. 61).<br />

In diese Zeit fallen die Osterferien.


Am 4. April, dem ersten Schultag nach den Ferien, entsteht keine einzige Blockzeichnung, aber ein realistischer Text und einer, den<br />

eine Veränderung im Tonfall kennzeichnet.<br />

Den, der Herzen einsetzt, nennt man einen Herzer. Eines Tages<br />

hat ihn ein Mann besucht. Das ist so gewesen: Er sagt zu ihm:<br />

„Mach den Mund auf und denk‘ an nichts!“<br />

Er wirft es hinein, es fällt, es klammert sich an die Schlagadern.<br />

„Gelungen!“ sagt der Herzer.<br />

Ein Spieler nimmt einen Fußball.<br />

„Wo soll ich den hintun 7 „fragt er sich.<br />

Einmal habe ich Apfelkerne gegessen. Apfelbäume sind in meinen<br />

Magen gefallen.<br />

Das Herz kommt aus der Angst oder die Angst kommt aus dem<br />

Herzen. „Was ich für Angst habe!“ - Es ist das Herz, das uns so-<br />

was sagen lässt. Wenn wir kein Herz hätten, würden wir so etwas<br />

nie sagen.<br />

„Herz, Du bist mein Motor, der alles, was es in meinem Körper<br />

gibt, funktionieren lässt. Herz, bleib lange gut erhalten, damit ich<br />

lange, lange leben kann!“<br />

„Herz, ich weiß nicht, wie ich Dich anders darstellen könnte.<br />

Niemand hat sein Herz gemietet. Man kann es nicht bezahlen.“<br />

Dieser Text zeigt, wie ungezwungen das Kind mit seiner Vorstellungskraft umgeht. Wir haben es wirklich mit einem freien Kind zu tun,<br />

das seiner Phantasie sehr gut Ausdruck verleihen kann, in einer Klasse, wo es ihm erlaubt ist. Dieser Fall gibt uns mehr Aufschluss<br />

als gewöhnlich. So etwas gibt es gewiss überall, aber meist lässt es sich nicht so leicht sehen.<br />

Hier wird deutlich, warum das Herz so oft neben Babies in Bäuchen liegt: Man verschlingt Herzen, ‚Bälle‘, Körner - und es wächst.<br />

Das Herz steht mit Geburt, Angst und Tod in Zusammenhang.


Auf der Rückseite dieses Textes befindet sich ein Akrostichon auf das Wort MARS (senkrecht):<br />

Meine Mutter ist [Ma mère est<br />

Am Ende ihrer Kräfte,<br />

weil sie einen A bout de ses forces parce qu‘ elle a mangé un<br />

Riesigen Rocher<br />

Stein gegessen hat. Solide.]<br />

Das Akrostichon ist eine wunderbare Falle für das Unbewusste. Hier geht es wieder um das Einverleiben.<br />

Außerdem unterstützt das Akrostichon die Phantasie. Neben seinen zeichnerischen Dramen hat Patrick literarischen Humor, wie<br />

man das auch im folgenden Akrostichon über STYLO merkt:<br />

So ist es gut [Sa, c‘est bien de lancer les<br />

Tonnen auf deinen Großvater Tonnaux sur ton grand-père<br />

Yvon zu werfen Yvon<br />

Lauter große Beulen habe ich in La grosse bosse que j‘ai à mon<br />

meinem Ohr, du hast sie gemacht, Oreille, c‘est toi qui l ‚a faite,<br />

mein Kleiner, mon petit.]<br />

5. April - wir sind jetzt in Verlegenheit geraten; denn wir haben zwei Arbeiten, und wir wissen nicht, welche die erste und welche die<br />

nachfolgende war. Nehmen wir an, dass der Text der Zeichnung immer vorausgeht.<br />

ETWAS GEDULD<br />

„Ich will ein Brontosaurier sein.“<br />

„Aber die gibt es nicht, Du Idiot“. „Doch, vor Millionen Jahren. Ich bin mir sicher, dass die Fee mich hören<br />

wird“. „Welche Fee? „ „Na ja, die Fee von Vildrac“. „Und wenn es Deine Fee gar nicht gibt? „ „Doch, die gibt‘s<br />

bestimmt, weil ein Mann in einen Apfelbaum verwandelt worden ist.“<br />

„Also wirklich, mein Freund, Sie träumen wohl!“ „Nein, gar nicht! Ich habe jahrelang auf diese Fee gewartet.<br />

Sie ist aber nicht gekommen. Ich war gerade dabei umzuziehen, da bin ich in einen Brontosaurier verwandelt<br />

worden. Oh, wissen Sie, ich bedaure das überhaupt nicht. Ich spreche wie jedermann. Ich habe Glück gehabt.<br />

Glauben Sie nicht? „<br />

Ich habe im Wörterbuch nachgeschlagen. Brontosaurier: Reptil aus der Familie der Dinosaurier, das 22 m Länge und 30 t Gewicht<br />

erreichen kann (sehr kleiner Kopf, langer Hals und langer Schwanz, massiger Körper).<br />

Warum ein Brontosaurier und nicht ein Riesenfaultier oder ein anderer Saurier? Wegen der Form?


23. März - Zeichnung Nr. 112<br />

An den Rand dieses Textes malte er zwei <strong>Zeichnungen</strong>. Die erste ist sicherlich vor dem Text entstanden. Der Text hat scheinbar keine<br />

Rolle gespielt, denn es gibt keinerlei Anzeichen eines Brontosauriers. Was soll man von dieser Zeichnung halten, die - wie schon<br />

öfter - darstellt, wie sich etwas in einen Mittelpunkt hineinbohrt.<br />

Der Körper ist zweigeteilt, wie der des unbekannten Tieres vom 11. Februar (Nr. 57).


5. April - Zeichnung Nr. 113<br />

Wenn man sich diese Randzeichnung ansieht, denkt man unwillkürlich an das Tier, das Menschen frisst. Ich musste aber bis zum<br />

Beginn des Schuljahres zurückgehen, zum 28.9., um den Text zu finden, der darüber berichtet!<br />

Die Zeichnung ist mit tausend Pfeilen versehen, die wohl noch gebraucht werden. Hier der Beweis:


5. April - Zeichnung Nr. 114<br />

Ein Mann tötet ein Tier, das er sich als Mittagessen ausgesucht hat.<br />

Welch ein mörderischer Aggressivitätsausbruch! Zählen wir nach: 15 Messer, vier davon am Gürtel. Und sieben Blutbäche. Die glänzenden<br />

Messer sind beeindruckend. Kein Körperteil bleibt verschont, selbst der Schwanz ist verletzt. Sogar die Füße des Mannes<br />

sind aggressiv.<br />

Man hat den Eindruck, dass das Kind auf der symbolischen Ebene von etwas eingeholt wird, das schon lange unterschwellig spürbar<br />

war.<br />

Oh! Aber das ist noch nicht alles, denn zum ersten Mal wird in einer Zeichnung eine Fortsetzung [suite] angekündigt. Sehen wir uns<br />

diese Fortsetzung an....


5. April - Zeichnung Nr. 115<br />

Das ist der, den man auf den Tisch gelegt hat und der getötet wurde, um ihn zu Mittag zu essen.<br />

Fürchterliches Schwarz in diesem unerwarteten Werk. Oh, dieses gewaltige, mörderische Messer! Das Wort FIN [Ende] ist mit<br />

großen Buchstaben geschrieben, zum zweiten Mal an diesem Tag (siehe die vorangegangene Randzeichnung). Und vielleicht zum<br />

ersten Mal in einer Blockzeichnung. Aber hat es nicht schon bei der Randzeichnung zum Brontosaurier (bei diesem „etwas, das sich<br />

in einen Mittelpunkt bohrt“) einen Hinweis auf diesen Messerstich gegeben? Hätte man nicht bislang glauben können, dass diese<br />

Randzeichnung eine sexuelle Handlung symbolisiert? Wie schwer es doch ist, richtig zu interpretieren! Alles ist laufend in Bewegung.<br />

Der Mann liegt auf dem Bauch, mit gekreuzten Armen, auf einer Art Podest, das man mit einer Leiter besteigen kann. Man könnte<br />

sagen, an den Ort seiner einstigen Triumphe. Er wurde, wie Julius Cäsar, von hinten angegriffen.<br />

Hätten wir diese Entwicklung vorausahnen können? Für mich handelt es sich sehr wohl um eine Entwicklung, d.h., etwas ist entwirrt<br />

worden. Meiner Meinung nach erleben wir hier eine KATHARSIS (eine innere Reinigung). Das ist die dritte, die ich in 20 Jahren<br />

miterlebe. Remi (9 Jahre), hat nach drei Jahren freier Texte eine ganze Serie geschrieben, die mit einem Mord endete; und wie Patrick<br />

hat er FIN - FIN - FIN geschrieben. Danach hörte er auf, dramatische Texte zu schreiben, um Gedichte über kleine Vögel und<br />

Blumen zu verfassen. 14<br />

Auch Pierrick schrie auf dieselbe Art sein Drama mit Worten aus sich heraus; danach war er völlig verändert. 15<br />

Und Patrick? Ich sah mir mit großer Aufmerksamkeit den Rest der Unterlagen an (die hier untersuchten <strong>Zeichnungen</strong> stellen nur ein<br />

Drittel der Arbeit dar). Dabei achtete ich bewusst darauf, Elemente, die gegen meine Hypothese sprachen, nicht auszuklammern.<br />

Und ich war überrascht, dass die Annahme einer „inneren Reinigung“ sich zu bestätigen schien. Während der folgenden 15 Monate


wird es keine Anspielung mehr auf mächtige Personen oder Angriffe von ihnen geben. Stattdessen werden erstaunliche Dinge<br />

entstehen, die zweifellos das Kastrationsthema (Guillotine, abgeschnittene Beine und Köpfe) behandeln, und daneben Arbeiten, die<br />

ich nicht deuten kann. Aber es folgt nichts mehr, was die Zerstörung eines menschlichen Wesens zum Thema hat.<br />

Ich muss aber, um der Wahrheit die Ehre zu geben, gestehen, dass eine Zeichnung - die auf dem Bucheinband: Ein Vater und sein<br />

Baby, der Sohn wirft ihm Steine auf die Füße und der Vater wirft ihm Steine auf den Kopf, mir weiterhin Fragen stellt. Es scheint, dass<br />

diese Zeichnung, die zehn Monate nach der letzten isoliert auftaucht, eher eine Gleichstellung als eine Unterlegenheit ausdrückt.<br />

Aber diesen Gedanken möchte ich lieber in Klammern gesetzt wissen.<br />

Wenn sich etwas gelöst hat, dann ist das ohne das Wissen der Lehrerin und ohne deren Einfluss geschehen. Und dieses Dossier,<br />

das von einem Außenstehenden angelegt worden ist, der nichts von dem Kind weiß, und nichts anderes als die Unterlagen kennt,<br />

kann uns in dem Glauben bestärken, dass es solche „Befreiung“ von Problemen zweifellos häufig gibt, ohne dass die Lehrer dabei<br />

etwas anderes zu tun hätten, als den freien Ausdruck zu akzeptieren, und den <strong>Freinet</strong>-Aktivitäten (Schreiben, Mathematik, Malen,<br />

Gemeinschaftsleben, Wochenplan, Arbeit mit Karteien, Forschen, Korrespondenz, Wissenschaften, Schöpferisches, Werken, usw.),<br />

die die Kinder nach ihren eigenen Bedürfnissen füllen, Raum zu geben.<br />

Und der Lehrer soll nicht versuchen, das aufzudecken, was sich womöglich im Unbewussten abspielt. Manchmal stellt er vielleicht<br />

überraschende Aufbrüche fest, ohne jedoch ihre Herkunft ausfindig machen zu können.<br />

Fügen wir aber noch hinzu, dass der Lehrer auch gar nicht die Zeit hat, Indizien zu suchen und Spuren nachzugehen. Dass ich zum<br />

Beispiel Rémi à la conquête du langage écrit schreiben konnte, war nur gegen Ende des Schuljahres möglich, als ich Zeit hatte,<br />

mir alle Texte, die das Kind in seiner Mappe gesammelt hatte, anzusehen. Und erst Ende Juni merkte ich, dass die Katharsis schon<br />

Ende Mai stattgefunden hatte.<br />

Und das ist gut so! Denn sonst müssten alle Lehrer eine psychoanalytische Ausbildung haben! Außerdem fehlt ihnen die Zeit, die<br />

Schülerarbeiten zu untersuchen.<br />

Aber aus der Nähe betrachtet, lassen sich sonderbare Dinge begreifen. In dieser Arbeit z.B. konnte man deutlich sehen, wie das<br />

Unbewusste (oder das Vorbewusste?) sich vortastete, um Stück für Stück in die Freiheit zu finden.<br />

Wir sahen Hände, die sich nach und nach verwandelten und zu Schlangen wurden. Wir sahen Pfeile, die Form annahmen. Dann<br />

tauchte verstohlen ein Messer auf, das dann erschreckend deutliche Formen annahm. Wir haben Wutausbrüche miterlebt. Ein Mord<br />

wurde angekündigt und dann begangen. Wir fragten uns, in welcher Verbindung die verschiedenen Formen miteinander standen. Es<br />

gab die Reihen verschleierter Darstellungen mit Hilfe der historischen Vergangenheit, der Zukunft, des Jenseits, des Unbekannten<br />

und des Verrückten, Es gab auch verschiedene Stufen der Verschleierung: Geometrische Formen, Buchstabenmaschinen, Tiere<br />

und menschliche Wesen. Man hat all die Zwiespalte, die Sinnverschiebungen gespürt. Wer wird zum Beispiel getötet? Wer ist umgebracht<br />

worden?<br />

Dennoch, scheint mir, haben wir manchmal einen verstehenden Zugang gefunden. Hier zum Beispiel, kurz nach dem 5. April, ein<br />

Text, der eine andere „Obsession“ von Patrick zu beenden scheint. Denn während des nächsten Jahres wird dieses Thema kein<br />

einziges Mal mehr aufgegriffen. Hier scheint das Worten seinen wahren Sinn zu finden.


11. April<br />

12. April<br />

HE! HO! NICHT SO SCHNELL KUMPEL!<br />

Ich bin plötzlich bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ein Lastwagen kam aus der entgegengesetzten<br />

Richtung, und ich bin unter das große Fahrzeug geraten. Die Polizei von Plouigneau ist zur Unfallstelle<br />

gekommen. Bevor ich von zu Hause weggegangen war, hatte ich einen Zaubertrank getrunken, der mich ein<br />

Jahr nach meinem Tod wieder zum Leben erwecken würde. Ich bin am 6. Juni 1950 begraben worden. Alle<br />

haben um mich getrauert. Die Tage vergehen und der 31. Dezember kommt. Es schneit. Es ist der 1. Januar<br />

1951. Mein Herz beginnt zu schlagen, ich wache auf. Ich stehe auf und frage mich, wo ich hier wohl bin. Na so<br />

was! Ich bin in einem Loch!<br />

In einem Loch, ja, in einem sehr seltsamen Loch. Aber es gibt hier Särge! Nicht möglich, ich bin vor ein paar<br />

Monaten begraben worden! Jetzt muss ich einen Weg finden, hier ‚rauszukommen. Eins, zwei, drei, vier,<br />

fünf, sechs. Sechs Leute meiner Familie sind hier beigesetzt. Ich habe eine Idee: Ich werde diese Särge<br />

aufeinanderstapeln, und dann versuchen, den Stein hochzuheben. Auf gehts! Puh! Fertig. Jetzt ‚raufklettern.<br />

Jetzt bin ich oben. Jetzt versuch ich‘s. Hau ruck! Hau ruck! Hau ruck! Es bewegt sich schon. Hau ruck! Hau<br />

ruck! Puh! Ich werde gleich atmen können. Oh! Es ist hell. Mal sehen, was los ist. Meine Mutter ist gerade auf<br />

den Friedhof gekommen.<br />

„Schau, schau, da gibt es etwas Neues. Aber das ist ja mein kleiner Jacques, der da steht! „<br />

Meine Mutter, ganz durcheinander, läuft weg, um allen beizubringen, dass ich am Leben bin. Die Leute kommen<br />

im Handumdrehen auf den Friedhof.<br />

„Ja, das ist Jacques.“<br />

„Ich werde euch sagen, warum ich am Leben bin. Bevor ich von zu Hause weg gegangen bin, habe ich einen<br />

Zaubertrank getrunken. Das ist das Geheimnis.“<br />

„Komm Jacques, wir werden deine Rückkehr feiern.“ Dann geht alles ins Cafe.<br />

12. April - Zeichnung Nr. 116<br />

Der Text ist mit einem gewaltigen FIN signiert. Und wirklich, in keinem Text und keiner Zeichnung wird es jemals wieder um das Thema<br />

„ Grab“ gehen,


Man wäre versucht zu glauben, dass das Kind, sechs Tage nachdem es zum ersten Mal abgerechnet hat, gleich eine zweite<br />

Rechnung begleicht - und diesmal schriftlich. Schon am 2. Februar hat es einen ersten Anstoß dazu gegeben, in dem Text BELLE-<br />

ISLE-EN-TERRE. Einen weiteren am 14. Februar. Vielleicht hat es auch danach noch andere, verdeckte Hinweise gegeben. Aber<br />

diesmal scheint die Sache ein für alle Mal gesagt zu sein. Es gibt tatsächlich keinen einzigen Begräbnistext mehr. Und natürlich keine<br />

einzige Zeichnung, denn die Abrechnung scheint nur noch schriftlich erledigt worden zu sein.<br />

Da wir zum Schriftlichen zurückgekehrt sind, halten wir fest, dass Patrick auch hier völlig zum Imaginären gewechselt hat - mindestens<br />

zu 99 % . Es gibt kaum beschreibende Texte.<br />

Aber bis zum Ende der 5. Klasse entsteht eine beeindruckende Zahl von Kriegs- und Kampfgeschichten, Erzählungen von<br />

Überschwemmungen und Dinosauriern, von Texten über philosophische Fragen und über poetische Themen.<br />

Und das immer in Form von Fortsetzungsgeschichten, die über mehrere Tage hinweg wieder aufgegriffen werden. Zweifellos ist<br />

seine Vorstellungskraft gewachsen. Und es hat sich ein hauptsächlich humoristisches ‚Schriftsteller-Talent‘ entwickelt, das über eine<br />

Vielzahl von Techniken und eine Fülle von Themen verfügt,<br />

Hier einige Textproben vom Ende der 5. Klasse, um zu zeigen, zu welcher Ausdrucksfreiheit das Kind gelangt ist:<br />

Oh, wie schön ist der Regen mit seinen Blütenblättern durchsichtig wie der Wind Wenn sie erblüht sind, fallen<br />

sie zur Erde, die von Wasser überschwemmt ist.<br />

Durch dich wird der Sonne übel<br />

Daher versperrt sie für einige Wochen ihre Tür<br />

Du bist der Dämon unserer Tage<br />

Du machst die Menschen mit deinen erschreckenden Flüssen traurig.<br />

WOHIN FÜHRT ES?<br />

Das Wasser fließt, fließt<br />

zeigt uns den Weg in die Freiheit<br />

oder den Weg des Todes?<br />

Warum ist er wiedergekommen?<br />

Ich habe doch nicht nach ihm verlangt?<br />

Warum eine Tür und vier Wände? Wieder eine dieser Erfindungen.<br />

Ihr versteckt alles.<br />

Aber, da wir beschlossen haben, am 5. April des ersten Jahres aufzuhören, werden wir uns nicht näher mit dem befassen, was<br />

danach folgt und äußerst mysteriös ist.<br />

Es genügt festzustellen, dass an diesem Tag etwas endgültig abgeschlossen worden ist (und am 12. April etwas anderes).<br />

Wir werden aber trotzdem aus den restlichen Unterlagen drei <strong>Zeichnungen</strong> herausgreifen, die gegen Ende April entstanden sind.<br />

Sie könnten erfahrene Leser interessieren, die möglicherweise darin eine Erklärung des ganzen zeichnerischen Werks von Patrick<br />

erkennen können. Auf jeden Fall scheinen sie wichtig genug, um unter allen 200 <strong>Zeichnungen</strong>, die folgen, ausgewählt zu werden.


26. April - Zeichnung Nr. 117<br />

Der kleine Esau saugt und sagt Sehr, sehr gut.<br />

Der kleine Esau saugt.<br />

Aber auch dieses Mal gibt es eine Fortsetzung. Was will man uns noch mitteilen?


26. April - Zeichnung Nr. 118<br />

Esau wird immer bei seiner Mutter trinken.<br />

Im Dossier standen die beiden Wörter ‚der kleine´ vor Esau, die aber ausgestrichen worden sind. Das kann bedeuten, dass er, selbst<br />

wenn er erwachsen ist, noch an der Brust seiner Mutter saugen wird. Dies ist auch noch durch die Tatsache verstärkt, dass Esau<br />

auf dieser Zeichnung eine Hose trägt.<br />

Der Ausdruck ‚wird immer trinken‘ ist zweifellos eine starke Bestätigung. Müsste man sich bei dieser Gelegenheit nicht an den<br />

Verrückten mit dem Spezialschiff (14.3., Nr. 85) erinnern, der alles für sich alleine wollte, der auch wollte, dass die Menschheit<br />

verschwindet 7<br />

Erinnern wir uns auch an den Text des 24. Januar: Meine Schwester hat ihre Milch nicht so lange getrunken wie ich.<br />

Hier aber das letzte Dokument dieses Tages:


26. April - Zeichnung Nr. 119<br />

Der Mensch fliegt<br />

Mit dieser Zeichnung, die uns ratlos zurücklässt, schließen wir die Vorstellung der Arbeiten dieses Kindes ab. Aber unsere Ratlosigkeit<br />

hat nicht die geringste Bedeutung.


Schlußbemerkungen<br />

Können wir abschließend entscheiden, ob eher die Zeichnung oder der Text geeignet ist, um das auszudrücken, was tief in einem<br />

steckt? Ist diese Frage überhaupt noch von Bedeutung? Für Patrick jedenfalls, soviel wissen wir; hat das Zeichnen genau diesen<br />

Zweck erfüllt. Und nach und nach hat er auch das Schreiben in diesem Sinn genutzt.<br />

Ein anderes Kind könnte sich ganz anders verhalten und andere, überraschende Materialien und Techniken benutzen.<br />

Uns ist klar, dass es bei alldem zum einen darauf ankommt, sich aller Wertungen zu enthalten, um das aufbrechende „sich Ausdrücken“<br />

der Kinder - was nicht immer in die Tiefe gehen muss - nicht zu beschädigen, zum anderen darauf, die Kinder zu verstärken und zu<br />

unterstützen, was vielleicht eine neue Empfindsamkeit der Lehrerinnen erfordert.<br />

Zum Beispiel akzeptierte die Lehrerin, dass Patrick grundlos mit Worten und Klangfarben spielte. Und dann, vielleicht angesteckt von<br />

dem, was beim Zeichnen passierte, erweitert das Kind plötzlich seine Ausdrucksmöglichkeiten, kann jetzt Zeichnerisches, Mündliches<br />

und Schriftliches verbinden.<br />

Wodurch erklärt sich aber die Verzögerung im Schriftlichen? Ist das ein Phänomen, das diesem Kind eigen ist?<br />

Es kann sein, dass das Schriftliche stärker der sozialen Kontrolle ausgesetzt ist als das Bildnerische. Man gibt dabei viel mehr<br />

von sich preis. Und zweifellos führt der Weg zunächst zu den von der Gesellschaft akzeptierten Formen, dem Wortspiel etwa, den<br />

Reimspielen, dem realistischen Text, bevor man mit freier, ungebundener Sprache, an einem Ort, wo das möglich ist, aus sich<br />

herausgehen kann. Michèle und ich haben schon in den „1000 Gedichten“ festgestellt, dass die meisten Kinder, wenn nicht alle,<br />

diese Stufen der Absicherung gegangen sind.<br />

Aber nur wenige unter ihnen sind wirklich weitergegangen, die anderen haben sich vielleicht eingeengt, beschränkt gefühlt auf die<br />

einzige Sprache, die als wichtig galt.<br />

Betonen wir nochmals, dass Patrick eine ganz normale Schullaufbahn durchläuft. Wahrscheinlich, weil er sich von allem Belastenden<br />

befreien konnte. Das ist in vielen Fällen nicht so, bei all den Kindern, die noch mehr mit sich herumschleppen. Man müsste sie davon<br />

befreien können. Und es sind „die Gewaltphantasien, die verschlüsselten Einflüsterungen, die den Ohnmächtigen Bilder vorgaukeln,<br />

mit deren Hilfe sie sich tatsächlich rächen und Erlittenes auslöschen“.<br />

(R. Girard)<br />

Wenn man beispielsweise den schöpferischen Weg <strong>Patricks</strong> verfolgt, kann man wohl spüren, dass er nach und nach versuchte, seine<br />

traumatisierenden Erfahrungen zu bewältigen. Und man kann feststellen, dass er, als er mit Bildern allein nicht mehr auskam, auch<br />

Texte bei der Bearbeitung seiner Gefühle einbezog. Man kann ebenfalls feststellen, dass das Kind mehrere Bereiche gleichzeitig<br />

in Angriff nahm - es gibt keineswegs eine lineare Entwicklung. Mehrere Lösungsversuche wurden gleichzeitig in Gang gesetzt.<br />

Und das ist es, was die Lektüre so schwierig, wenn nicht unmöglich macht. Wenn wir auch geglaubt haben, an einigen Punkten<br />

Klarheit herstellen zu können, spüren wir doch, dass es nicht möglich ist, das Ganze zu fassen. Zum Glück übrigens, denn das liegt<br />

nicht in unserem Vermögen und wir sollten das lassen. Ein letztes Wort, bevor ich schließe: Wer vertraut ist im Umgang mit der<br />

schöpferischen Phantasie von Kindern, der wird vermutlich in der Vorstellung eines allmählichen Verlöschens der Phantasmen einen<br />

ihm bekannten Gedanken wiedergefunden haben. Mit den Phantasmen ist es wie mit einem Stempel, der sich abnutzt und dessen<br />

Abdruck schwächer und schwächer wird. Also, fassen wir zusammen, für uns Pädagogen steht das Ziel fest. Wir müssen jeden<br />

Ausdruck und jede Form des Ausdrucks akzeptieren - sowohl das Hingekritzelte als auch die ästhetische Zeichnung. Und nicht nur<br />

das. Wir müssen es den Kindern auch ermöglichen, die verschiedensten Dinge zu studieren (Gegenstände, Materialien, Aktivitäten,<br />

Beziehungen, Organisationen, Gruppen), sachbezogen, subjektiv, in gemeinsamen Gesprächen und Entwürfen, damit dieses Kind<br />

hier oder jenes dort sich der Werkzeuge bedienen kann, die seinem Wesen und den Erfahrungen seines Lebens entsprechen. Denn<br />

Mozart war kein Maler und Michelangelo kein Musiker.


Michèle Le Guillou:<br />

Ich habe dieses Dossier mit großem Interesse gelesen. Und ich war überrascht, was sich darin zeigte.<br />

Es war ja so, dass, wenn ich tatsächlich im Laufe dieser Tage sämtliche <strong>Zeichnungen</strong> und Texte von Patrick einmal in den Händen<br />

hatte, dann ja immer nur mit den gesamten Arbeiten der 17 anderen Kinder zusammen. Und das war wirklich viel. Andererseits habe<br />

ich so einen Rückblick nie unternommen. Und ich möchte hinzufügen, dass ich absolut keinen Grund hatte, meine Aufmerksamkeit<br />

besonders auf dieses Kind zu richten. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass nicht ich diesen Jungen für dieses Dossier ausgesucht<br />

habe. Ich bin aber froh, dass es so gekommen ist. Ich möchte noch einige Anmerkungen machen:<br />

Die Aufmerksamkeit des Lehrers<br />

Zuallererst will ich hervorheben, wie wichtig die Aufmerksamkeit des Lehrers ist. Nach dieser zweijährigen Erfahrung habe ich auch<br />

weiterhin an meine Schüler Zeichenblöcke verteilt. Aber ich habe dem Geschehen keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Also<br />

sind die Blöcke in den Ablagefächern geblieben. Ist das nicht vielsagend? Ich bin davon überzeugt, dass die Aufmerksamkeit eines<br />

Begleiters<br />

sehr lange aufrechterhalten werden muss, damit diejenigen, die sich ihre eigene Sprache aneignen könnten, die Zeit haben, diesen<br />

Zug in Bewegung zu setzen. Dann wird er nicht mehr aufhören „für sie zu fahren“, sie werden keine Einführung mehr brauchen und<br />

auch niemanden, der ihnen den Weg zeigt.<br />

Der Jammer ist, dass wir gleichzeitig unsere Aufmerksamkeit auf die Texte, die Gedichte, das Mündliche, die handwerklichen<br />

Arbeiten, das mathematische Schaffen, das Körperliche, das Bildnerische, das Sportliche, das Informative... richten müssten. Wie<br />

sollen wir das leisten?<br />

Wenn das, was wir glauben gefunden zu haben, wirklich wahr und verallgemeinerbar ist, werden wir Lösungen dafür finden müssen.<br />

Die Schule muss auf jeden Fall verändert werden. Ich bin überzeugt davon, dass, wenn man den freien Ausdruck zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt der schulischen Laufbahn eben nicht abtöten würde, wie das heute geschieht, wenn die Lehrer selbst freier wären, dass<br />

dann jedes Kind ganz natürlich seine eigene Mittel und Wege zu seiner inneren Befreiung finden würde.<br />

Eine normale Schullaufbahn<br />

Weder das Äußere des Kindes noch sein Benehmen oder seine schulischen Leistungen hätten darauf schließen lassen, dass es so<br />

mit Phantasmen belastet war. Und es war sehr glücklich in seiner einträchtig lebenden Familie.<br />

Es wäre übertrieben zu sagen, dass Patrick nur deshalb eine normale Schulausbildung erhalten konnte, weil er es geschafft hat,<br />

sich von seiner Last zu befreien. Bei seinem Eintritt in die 4. Klasse war er schon sehr reif, sehr ungezwungen in seinem schriftlichen<br />

Ausdruck, auf alles mögliche neugierig. Er zeigte eine gewisse Unabhängigkeit, die er zu Hause und nicht in der Schule erworben<br />

hatte. Er war schon „freier“ als seine Mitschüler.<br />

Die Sorgfalt<br />

Ich denke, man muss auch erwähnen, dass seine <strong>Zeichnungen</strong> sorgfältig waren, selbst die, die er hastig gemacht hatte. Wie kann<br />

man mit all diesem inneren Brodeln eine so sichere Hand bewahren? Die Rechtschreibung ist korrekt, die Schrift einwandfrei. Die<br />

Groß-und Kleinschreibung stimmt, die Zeichensetzung wird befolgt, die Buchstaben sind schön geformt. Äußerlich scheint alles<br />

geregelt zu sein, und dennoch herrscht im Innern ein Chaos.<br />

Ich möchte die Tatsache unterstreichen, dass - wie man es auch ansieht - dieses Kind ein „normales“ zu sein scheint. Gewiss eines<br />

der normalsten, die ich je kennengelernt habe. Und trotzdem war all dies Schwarze in ihm.<br />

Jeder schlägt sich mit Phantasmen herum, weil jeder traumatisierende Erfahrungen gemacht hat. Wäre es möglich, sie sanft zu


„tilgen“, wie dieser Junge es gemacht hat, könnte man vielleicht die Neurosen vermeiden, die jeden von uns zu einem gewissen<br />

Zeitpunkt seines Lebens bedrohen. Deshalb glaube ich auch, dass eine Psychotherapie des Volkes lebensnah und möglich ist.<br />

Anstelle eines Nachwortes:<br />

Der freie Ausdruck in der Schulklasse Ein Schreibgespräch 16 zu dem Buch „Le dessin de Patrick“<br />

HARTMUT: Die für mich entscheidende Aussage dieses Buches ist die Vision einer ‚Psychotherapie für das Volk‘ ( siehe Seite 20).<br />

Um ins „seelische Gleichgewicht“ zu kommen ( wie Paul le Bohec das inzwischen lieber ausdrückt ), braucht es nicht den teuren<br />

Fachmann, den sich letztlich nur eine bestimmte Schicht leisten kann. Nein, es braucht nur eines bestimmten Raumes, in dem sich<br />

freier Ausdruck entfalten kann - und zur Schaffung und Aufrechterhaltung eines solchen Raumes, auch über die Schulzeit hinaus,<br />

können Lehrerinnen einiges beitragen. Das ist für mich das wirklich Revolutionäre an diesem Buch.<br />

Sicher wird es Grenzen solcher selbsttherapeutischen Wirkungen des freien Ausdrucks geben, und ich bin auch nicht so vermessen,<br />

als Laie auf dem Gebiet der Psychologie behaupten zu wollen, dass der Therapeut als Fachmann auf diese Weise überflüssig würde.<br />

Aus eigener Erfahrung, Gesprächen mit anderen Lehrerinnen und der Kenntnis vieler freier Texte glaube ich aber, dass das Zulassen<br />

des freien Ausdrucks innere Kräfte in uns mobilisiert, die gewissermaßen Therapien für den alltäglichen Bedarf sind, die letztlich<br />

jeder Mensch nötig hat. Wie weit solche Selbstheilungskräfte aber möglicherweise doch tragen können, davon zeugen die in diesem<br />

Buch zusammengestellten <strong>Zeichnungen</strong> und Texte des kleinen Patrick.<br />

MARIE-CLAUDE : Ich würde am liebsten auf den Gebrauch von Begriffen wie Therapie, therapeutisch, etc. verzichten. Es geht für mich<br />

darum, dass jeder Mensch Krisen durchlebt und dass er über eigene Kräfte verfügt, sich selbst aus diesen Krisen herauszuarbeiten<br />

und seine emotionellen Blockierungen aufzulösen.<br />

Wir können bei uns selbst und bei den Kindern diese Kräfte, die wie das Laufen und Sprechen zum Grundpotential jedes Menschen<br />

gehören, entweder schwächen oder gar verstümmeln oder ihnen im Gegenteil Raum zur Entfaltung geben.<br />

ANGELA: Diese Erfahrung habe ich am deutlichsten bei mir selbst gemacht. In meiner Schulzeit war Schreiben und teilweise auch<br />

Malen, Musizieren, Singen zum Horror geworden, weil ich nie den Ansprüchen der Lehrer entsprach. Heute spüre ich, was mir<br />

dadurch entgangen ist. Heute schreibe ich wieder, und es gab viele Situationen, in denen ich erfahren habe, wie mich Schreiben bei<br />

Problemen oder Konflikten - eher der alltäglichen Art - entlastet:<br />

Der kleine Konflikt mit der Nachbarin, der mir nicht aus dem Kopf geht, während ich eigentlich meinen Unterricht vorbereiten will, wird<br />

- einmal aufgeschrieben - verdichtet, ganz leicht und mit dem Papier zur Seite gelegt.<br />

Dass ich wieder selbst schreibe, hat viel mit dem ‚Freien Schreiben‘ in meinen Klassen zu tun. Und die Erfahrungen, die ich mit dem<br />

eigenen Schreiben und Malen - und dem der Kinder - mache, lässt meine Ahnung über die Wirkung des freien Textes immer mehr<br />

zu einer inneren Gewissheit werden.<br />

MARIE-CLAUDE: Ich entsinne mich noch genau, wie ich zum ersten Mal an einem Workshop über entdeckendes Lernen in der<br />

Berliner Lernwerkstatt teilnahm.<br />

Am dritten Morgen dieses Workshops auf dem Weg zwischen U-Bahn-Station und Lernwerkstatt fühlte ich mich unzufrieden, gereizt,<br />

ungeduldig. Bis jetzt hatte ich zwar interessante Diskussionen geführt, es fehlte aber etwas Entscheidendes; etwas schien mich<br />

daran zu hindern, die Ebene eher allgemeiner Überlegungen zu verlassen und mit konkreten Experimenten anzufangen.<br />

Was hinderte mich aber daran? Plötzlich schoss mir der Satz durch den Kopf: „Heute ging mein Vater in die Lernwerkstatt!“<br />

Es war der erste Satz eines Textes, den ich sofort, ohne zu zögern und zu überlegen, aufschrieb, als ich in die Lernwerkstatt trat.<br />

Hier einige Zeilen aus diesem Text:


... Basteln ist lästig, ist ärgerlich, ist langweilig. Basteln muss lästig, ärgerlich, langweilig sein. Basteln ist verlorene Zeit. Lesen<br />

ist wichtig. Schreiben ist wichtig. Schreiben ist wichtig. Ich zeichne mich ohne Hände. Ich kann nicht zeichnen. Ich habe keine<br />

Hände...<br />

Nachdem ich diesen Text geschrieben und einigen Workshop-Teilnehmerinnen vorgelesen hatte, fühlte ich mich müde ( aber es<br />

war eine schöne Müdigkeit! ) und erleichtert und konnte bald darauf mit der praktischen Arbeit anfangen, die ich mir vorgenommen<br />

hatte.<br />

ANGELA: Das erinnert mich an eigene Erfahrungen mit Kindern in der Schule. Jeder Lehrer kennt Situationen, wo Kinder beim<br />

Lernen blockiert sind, weil die Eltern sich gerade trennen oder die Oma gestorben ist. Aber solche Blockierungen passieren meiner<br />

Erfahrung nach auch bei für uns Erwachsenen weniger dramatischen Ereignissen.<br />

Ein Mädchen aus meiner Klasse war z.B. einen ganzen Vormittag unruhig und lustlos ( ein Vormittag, an dem wir aus irgendeinem<br />

Grunde keinen Morgenkreis gemacht hatten ), bis sie irgendwann anfing, frei zu zeichnen und zu schreiben. Sie brachte mir das<br />

Papier, wir kamen in ein Gespräch darüber, und es stellte sich heraus, dass ihr Meerschweinchen sterilisiert worden war, aber sie so<br />

gerne ‚Babys‘ gehabt hätte. Danach arbeitete sie wieder wie an den anderen Tagen.<br />

Ich will gleich hinzufügen, dass ich nicht immer Zeit habe, mit den einzelnen Kindern über ihre Texte zu sprechen und ich denke, es<br />

ist auch nicht notwendig - solange sie den Raum haben, in irgendeiner Form auszudrucken, was sie beschäftigt.<br />

ULRIKE: Also auf die <strong>Zeichnungen</strong> von Patrick bezogen: Patrick zeigt in seinen Texten und <strong>Zeichnungen</strong> einen kleinen Ausschnitt<br />

seines Lebens. Er erlaubt Michèle einen Blick auf einen Aspekt seines Lebens, weil er sich offensichtlich wohlfühlt zwischen den<br />

Kindern und ihr in der Klasse.<br />

Wir, die Zuschauer, können höchstens vermuten, was da passiert. Ich nehme an, Patrick löst einen Knoten, der ihn dabei stört, mit<br />

den Erwachsenen zu kommunizieren, in der Schule daran hindert, die Konventionen seiner Umgebung zu erwerben. Wenn er bei<br />

seinem Knoten bliebe, wäre eine Kommunikationsperspektive mit den Menschen um ihn herum aussichtslos, und sie könnten ihn<br />

nicht kennenlernen. Mit Michèle findet er eine wohlgesonnene, empathische Begleiterin, und er bekommt Lust, es zu wagen. Er<br />

selbst durchtrennt seine eigene Grenze zwischen ihr und sich und wird frei.<br />

Das Angebot von Michèle zum freien Ausdruck ist für mich, weil es ohne hierarchischen Eingriff geschieht, ein gewaltfreier Weg, sich<br />

seiner Umwelt anzunähern. Und möglicherweise werden Kinder, die uns lernunfähig erscheinen, auf diesem Weg ihre Spannungen<br />

und ihre Lernhemmungen loswerden und wieder lernfähig werden.<br />

MARIE-CLAUDE: Wir sollten den freien Ausdruck nicht isoliert betrachten, in der Klasse von Michèle le Guillou oder in den Klassen<br />

vieler anderer <strong>Freinet</strong>-LehrerInnen können Kinder ihre Blockaden aufgeben oder sich aus der aus Selbstschutz gewählten Isolation<br />

hinauswagen, nicht nur, weil sie je nach persönlicher Vorliebe frei schreiben, zeichnen, musizieren, basteln können, sondern weil<br />

sie die Freiheit haben, sich Arbeitsschwerpunkte auszusuchen, in denen sie ihrer Neugier und Energie, ihrem Drang zur eigenen<br />

Tätigkeit nachgehen können.<br />

ULRIKE: Ich möchte hier vor einer Gefahr warnen, der Gefahr, dass wir als Lehrerinnen mit unseren Fernzielen im Kopf den freien<br />

Ausdruck für unsere Zwecke benutzen, also den freien Text nicht den Kindern lassen, sondern z.B. den produzierten Text zum<br />

Lesenlernen benutzen. So fühlen sich die Kinder möglicherweise verraten, schützen sich oder hören ganz auf mit dem freien<br />

Ausdruck.<br />

Es ist deshalb meiner Meinung nach unbedingt notwendig, dass das Setting klare Bedingungen enthält, damit die Kinder sich<br />

jeweils entscheiden können, ob sie offen sein können oder sich schützen müssen, wenn bestimmte Gedanken etc. nicht an die<br />

Klassenöffentlichkeit gelangen sollen.<br />

ANGELA: Du sprichst das Setting an, Ulrike, und damit eine Sache, die mir sehr wichtig ist. Ich finde es für jede Art von offenem


Lernen wichtig, dass die Strukturen durchschaubar und damit veränderbar sind. Besonders wichtig ist es aber, damit sich eine<br />

warme und vertrauensvolle Atmosphäre entwickeln kann, in der freier Ausdruck möglich ist. Das Setting, wie Du es nennst, in meiner<br />

letzten Klasse z.B. bestand u.a. in vier verschiedenen Öffentlichkeitsstufen:<br />

1. Jedes Kind hat ein persönliches Heft. Ich als Lehrerin sah mir diese Hefte nie an, wenn die Kinder es mir nicht zeigten und<br />

schrieb auch nur auf ausdrücklichen Wunsch der Kinder in dieses Heft.<br />

2. Das Kind entschied selbst, ob und welche <strong>Zeichnungen</strong> es im Kreis vorstellte.<br />

3. Das Kind entschied, ob und welche Geschichte in das Klassen Geschichtenbuch übertragen werden sollte ( also für alle<br />

Kinder und Besucher der Klasse stets zugänglich war ). Nur diese Texte wurden orthographisch überarbeitet.<br />

4. Falls das Kind einer weiteren Veröffentlichung zustimmte ( Zeitung, Bücher), wurde der Text gedruckt und vorher auch<br />

sprachlich (im Kreis) überarbeitet.<br />

MARIE-CLAUDE : Ja, es stimmt, der freie Ausdruck ist eine intime Sache jedes Kindes und als solcher schutzbedürftig. Es sollte der<br />

Lehrerin bewusst sein, dass zwar Kinder am besten durch den eigenen freien Ausdruck schreiben und lesen lernen, aber dass der<br />

freie Ausdruck jedem einzelnen Kind gehört.<br />

HARTMUT: Aber wo wir gerade bei den Gefahren sind, will ich noch ein anderes Problem ansprechen. Manche Lehrerinnen fühlen<br />

sich durch die Bilder von Kindern ( z.B. sexuelle <strong>Zeichnungen</strong> oder solche mit Gewalt- oder Horrorszenen ) provoziert, Stellung<br />

zu nehmen, das Kind zu ‚erziehen‘. Diese Art des Erziehens führt m.E. nur dazu, dass Kinder ihren freien Ausdruck einschränken<br />

- ohne dass allerdings die dahinterstehenden Probleme gelöst sind. Wenn wir von der These dieses Buches ausgehen, dass freier<br />

Ausdruck hilft, das seelische Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen, dann bedeutet eine derartige Erziehung, dass wir<br />

unsere Kinder dieser Möglichkeiten berauben. Die ungelösten Probleme werden sich ein anderes Ventil suchen müssen.<br />

ANGELA: Es steht sehr wenig im Buch über die Signale der Lehrerin und die Atmosphäre in der Klasse von Michèle. Aber ich glaube,<br />

dass Michèle etwas von dem verinnerlicht hat, was wir gerade angesprochen haben. Sie nimmt Patrick, bzw. seine <strong>Zeichnungen</strong><br />

und Texte, so wie sie sind, so wie er ist. Sie will nichts daraus machen. Sie meint nicht, dass sie weiß, was Patrick sein oder werden<br />

sollte. Und ich frage mich, ob diese Haltung, so menschlich und selbstverständlich sie ist, in unserer Gesellschaft nicht schon etwas<br />

Exotisches ist, besonders in unserer Schule.<br />

Wenn ich mich recht besinne, nennt der Gesprächstherapeut Rogers eine solche Haltung die wichtigste Voraussetzung für das<br />

Gelingen einer Therapie - nämlich die Empathie.<br />

HARTMUT: Sehr wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, was Du, Angela, aus Deinen Klassen erzähltest, nämlich, dass Kinder,<br />

nachdem sie sich, u.a. mit Hilfe des freien Ausdrucks, ihren Mitschülerinnen gegenüber geöffnet hatten, von ihren Freundinnen und<br />

Freunden in der Klasse getröstet und unterstützt wurden. Beim ‚freien Ausdruck‘ geht es eben gerade nicht darum, dass der Lehrer<br />

bzw. die Lehrerin sich jetzt mit 28 Kinderschicksalen beschäftigen muss und womöglich noch mit ihnen therapeutisch arbeiten sollte.<br />

Hier wäre der Lehrer oder die Lehrerin völlig überfordert und ist dafür auch nicht ausgebildet. Und das finde ich in gewisser Weise<br />

sogar gut so, denn es wäre doch verhängnisvoll, wenn Lehrerinnen sich auf diesem Wege einen neuen Zugriff zu den Kindern<br />

erschlössen.<br />

Demgegenüber besteht die Aufgabe der Lehrerinnen darin, einen Rahmen zu schaffen und zu sichern, in dem das einzelne Kind<br />

geschützt ist - ggfs. auch vor dem Zugriff der Lehrerinnen selbst -und der freie Ausdruck stattfinden und sich entfalten kann.<br />

Das kann - wie im Falle von Michèle - das aufmerksame ( aber nicht interpretierende!) Sammeln von Texten und <strong>Zeichnungen</strong> der<br />

Kinder sein. Das kann aber auch die Organisationsstruktur eines täglichen Schülerkreises sein, in dem sich, vom Lehrer unkontrolliert<br />

und unzensiert ( denn auch er hat im Rahmen dieses Kreises nur das Recht, sich als einer unter 28 zu Wort zu melden) der freie<br />

mündliche Ausdruck entfalten kann.


ANGELA: Bestimmt geht es vielen Lehrern und Lehrerinnen genauso wie mir vor einigen Jahren. Als ich die freien Texte aus den<br />

französischen Klassen gesehen habe, war ich immer sehr beeindruckt und fragte mich gleichzeitig, was muss ich tun, damit solche<br />

Texte auch in meiner Klasse entstehen können? Und siehe, es entwickelte sich zunehmend, mit meiner Bereitschaft, jedes Kind<br />

anzunehmen, mit meinen eigenen Schreib- und Malerfahrungen - bei denen mich die <strong>Freinet</strong>gruppe und Freunde sehr unterstützt<br />

haben - und dem Austausch in der <strong>Freinet</strong>bewegung.<br />

MARIE-CLAUDE: Ich kann das nur bestätigen. Neben dem Erfahrungsaustausch der <strong>Freinet</strong>lehrerinnen ist es für mich wichtig, mich<br />

selber auszudrücken, den freien Ausdruck für mich selber zu erfahren und nicht nur in Bereichen, in denen ich mich leistungsstark<br />

fühle, sondern auch in solchen Bereichen, in denen mir in meiner Kindheit in Elternhaus und Schule immer wieder bestätigt wurde,<br />

dass ich eben nicht gut bin. Das kann ich aber alleine kaum, sondern brauche eine unterstützende Gruppe, die eben eine ähnliche<br />

Haltung hat wie Michèle, eine Gruppe, die annimmt, nicht deutet, nicht wertet, meine Grenzen achtet und erste Schritte unterstützt.<br />

Wunschtraum? Ich denke nicht, denn ich nahm schon mehrmals an solchen Fortbildungen teil, die mich spüren ließen, dass freier<br />

Ausdruck kein Privileg für Talentierte ist, sondern eine ( manchmal verhinderte) Möglichkeit, die jeder hat bzw. noch entwickeln kann.<br />

So fing ich z.B. nach jahrzehntelanger Unterbrechung, wieder an zu zeichnen.<br />

Weil aber sowohl die Leiterinnen solcher Gruppen, sowie die Teilnehmerinnen auch, nicht frei von den sonst geltenden<br />

Bewertungsmaßstäben sind, auch wenn sie sich darum bemühen, ist ein Setting hilfreich, das von vornherein Zensur und<br />

Selbstzensur erschwert und zugleich besonderen Schutz gibt, indem Be- und Abwertung verhindert werden. Wer als Erwachsener<br />

die Erfahrung gemacht hat, einen bis jetzt versperrten Zugang zum freien Ausdruck zu finden und dabei ( manchmal intensiv,<br />

manchmal eher flüchtig) spürte, wie es bei ihm in seiner Kindheit zu Blockaden gekommen ist, entwickelt eine größere Sensibilität<br />

für die Ausdrucksversuche der Kinder.<br />

Dieses Schreibgespräch fand Weihnachten 1991 in Bonn statt, auf dem Bundestreffen der deutschen <strong>Freinet</strong>-PädagogInnen.<br />

Die Teilnehmerinnen waren:<br />

Marie-Claude Flügge Hartmut Glänzel Angela Glänzel-Zlabinger Ulrike Meyer-Strombach


Die Pädagogik-<strong>Kooperative</strong> e.V.<br />

Mit ihrer Geschäftsstelle in Bremen ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Lehrerinnen, die versuchen, sich im Sinne der<br />

<strong>Freinet</strong>-Pädagogik weiterzuentwickeln, weiterzubilden und ihren Unterricht entsprechend zu verändern.<br />

<strong>Freinet</strong>-Pädagogik betreiben heißt aus unserer Sicht, sich gemeinsam mit den Lernenden auf den Weg zu begeben, sich Schritt für<br />

Schritt vorzutasten in Richtung eines Unterrichts, der durch Selbstverantwortung, selbständiges Lernen und Experimentierfreude<br />

gekennzeichnet ist.<br />

Die im Jahr 1976 als gemeinnütziger Verein gegründete Pädagogik-<strong>Kooperative</strong> unterstützt diese Arbeit, indem sie z.B. Materialien<br />

vertreibt, die von Schülerinnen selbständig und selbstverantwortlich bearbeitet werden können. Sie versteht sich als Ort, an dem<br />

die für eine Veränderung des Unterrichts notwendigen und hilfreichen Erfahrungsberichte und Ideen, Materialien und Werkzeuge<br />

zusammengetragen und weitergereicht werden.<br />

Unser praktisch erprobtes Material soll Lehrerinnen dazu anregen, eigenes Material zu erstellen und uns wiederum für eine weitere<br />

Verbreitung zur Verfügung zu stellen.<br />

Viermal jährlich erscheint bei der Pädagogik-<strong>Kooperative</strong> die Zeitschrift der deutschen <strong>Freinet</strong>-Pädagogen „Fragen und Versuche“<br />

mit Erfahrungsberichten aus der Praxis der <strong>Freinet</strong>-Pädagogik, mit Kontaktadressen von den in allen Bundesländern arbeitenden<br />

<strong>Freinet</strong>-LehrerInnengruppen und Informationen über regionale und bundesweite Fortbildungsmöglichkeiten.


(Footnotes)<br />

1 Rémi à la conquête du langage écrit [Rémi bei der Eroberung des geschriebenen Wortes], C. E. L. (Coopérative de l ‚enseignement<br />

‚laique), Boite postale (Postfach) 282, 06406 Cannes.<br />

2 In: FRE1NET, La Méthode naturelle: l ‚écriture (Die natürliche Methode: Das Schreiben), Verlag Marabout.<br />

3 Dossiers Pédagogiques 46-48, 56-58,60,61 (C.E.L.).<br />

4 Die 5. Klasse ist in Frankreich die letzte Klasse der Grundschule<br />

5 1000 poèmes en un an: aus der Reihe Bibliothèque de Travail et de Recherche (B. T. R.), C. E. L., Cannes<br />

6 ICEM : Institut Coopératif de l‘École Modèrne<br />

7 Phantasma: Wahnvorstellung, Phantasie [franz.: fantasme]<br />

8 Der kursiv gedruckte Text bedeutet entweder einen vom Kind selbst geschriebenen Text oder einen mündlichen Kommentar, den<br />

es der Lehrerin gegeben hat, während diese die <strong>Zeichnungen</strong> in das Dossier klebte.<br />

9 Anm. der Übers.; Die beiden französischen Worte “fin” und “faim” sind phonetisch fast gleich klingend.<br />

10 Anm. der Übers: Finistère‘ ist die Bezeichnung jenes Bezirks der Bretagne, in dem Patrick lebt<br />

11 Anm. d. Übers.: ‚Ils se tuent‘ kann sowohl mit ‚sie töten sich‘ wie auch mit ‚sie töten einander‘ übersetzt werden.<br />

12 Lapsus Calami: Fachwort für: Fehlleistung des Unbewussten.<br />

13 Anm. d. Übers.: Patrick wechselt an dieser Stelle den Artikel, worauf sich die folgende Erklärung bezieht.<br />

14 Siehe : „Rémi ä la conquête du langage écrit“ [Rémi bei der Eroberung des geschriebenen Wortes]; C.E. L.<br />

15 Siehe: B.T.R. (Bibliothéque de Travail et de Recherche) n°9-ll; C.E.L.; Cannes.<br />

16 Für die mit dieser Methode nicht vertrauten LeserInnen: Beim Schreibgespräch kreisen Zettel in der Runde, auf denen die<br />

TeilnehmerInnen ihre Beiträge aufschreiben, neue Überlegungen, Antworten auf bereits Geschriebenes. Ein verdichtetes Gespräch,<br />

in dem jedem Zeit für seine Gedanken bleibt und doch alle mit allen reden.


PATRIKS ZEICHNUNGEN<br />

ÜBER DIE AUTOREN: 1<br />

Michèle Le Guillou 1<br />

Paul Le Bohec 1<br />

PÄDAGOGIK - KOOPERATIVE E.V. • BREMEN 2<br />

INHALTSVERZEICHNIS 4<br />

ÜBER DIESES BUCH 5<br />

VORWORT 6<br />

PATRICKS ZEICHNUNGEN 12<br />

25. September - Zeichnung Nr. 1 13<br />

1. Oktober - Zeichnung Nr. 2 15<br />

4. Oktober - Zeichnung Nr. 3 16<br />

4. Oktober - Zeichnung Nr. 4 16<br />

18. Oktober - Zeichnung Nr. 5 17<br />

Zeichnung Nr. 6 18<br />

Zeichnung Nr. 7 18<br />

20. Oktober - Zeichnung Nr. 8 19<br />

Zeichnung Nr. 9 20<br />

5. November - Zeichnung Nr. 10 21<br />

29. Oktober - Zeichnung Nr. 11 22<br />

29. Oktober - Zeichnung Nr. 12 23<br />

29. Oktober - Zeichnung Nr. 13 24<br />

5. November - Zeichnung Nr. 14 25<br />

5. November - Zeichnung Nr. 15 26<br />

6. November - Zeichnung Nr. 16 27<br />

9. November - Zeichnung Nr. 17 28<br />

10. November - Zeichnung Nr. 18 29<br />

16. November - Zeichnung Nr. 19 30<br />

16. November - Zeichnung Nr. 20 31<br />

17. November - Zeichnung Nr. 21 32<br />

18. November - Zeichnung Nr. 22 33<br />

18. November - Zeichnung Nr. 23 34<br />

18. November - Zeichnung Nr. 24 35<br />

18. November - Zeichnung Nr. 25 36<br />

19. November - Zeichnung Nr. 26 37<br />

20. November - Zeichnung Nr. 27 38<br />

20. November - Zeichnung Nr. 28 39<br />

20. November - Zeichnung Nr. 29 40<br />

20. November - Zeichnung Nr. 30 41<br />

23. November - Zeichnung Nr. 31 42<br />

23. November - Zeichnung Nr. 32 43<br />

23. November - Zeichnung Nr. 33 44<br />

23. November - Zeichnung Nr. 34 44<br />

30. November - Zeichnung Nr. 35 45<br />

6. Dezember - Zeichnung Nr. 36 46<br />

7. Dezember - Zeichnung Nr. 37 47<br />

8. Dezember - Zeichnung Nr. 38 48<br />

12. Dezember- Zeichnung Nr. 39 49<br />

11. Dezember - Zeichnung Nr. 40 50<br />

12. Dezember - Zeichnung Nr. 41 51<br />

13. Dezember - Zeichnung Nr. 42 52<br />

15. Dezember - Zeichnung Nr. 43 53<br />

23. Dezember - Zeichnung Nr. 44 54<br />

4. Januar - Zeichnung Nr. 45 55<br />

4. Januar - Zeichnung Nr. 46 56<br />

11. Januar - Zeichnung Nr. 47 57<br />

33. Januar - Zeichnung Nr. 48 58<br />

12. Januar - Zeichnung Nr. 49 58<br />

14. Januar - Zeichnung Nr. 50 59<br />

24. Januar - Zeichnung Nr. 51 60<br />

15. Januar - Zeichnung Nr. 52 61<br />

17. Januar 62<br />

18. Januar 62<br />

18. Januar - Zeichnung Nr. 53 62<br />

21. Januar 63<br />

22. Januar 63<br />

24. Januar 63<br />

31. Januar - Zeichnung Nr. 54 64<br />

2. Februar - Zeichnung Nr. 55 65<br />

11. Februar - Zeichnung Nr. 56 66<br />

11. Februar- Zeichnung Nr. 57 67<br />

11. Februar - Zeichnung Nr. 58 68<br />

11. Februar - Zeichnung Nr. 59 69<br />

11. Februar - Zeichnung Nr. 60 70<br />

34. Februar - Zeichnung Nr. 61 72<br />

15. Februar - Zeichnung Nr. 62 73<br />

18. Februar 74<br />

19.Februar 74<br />

19.Februar 74<br />

19. Februar 74<br />

21.Februar 74<br />

22. Februar 75<br />

25. Februar 75<br />

25. Februar - Zeichnung Nr. 63 76<br />

25. Februar - Zeichnung Nr. 64 77<br />

2.8. Februar - Zeichnung Nr. 65 78<br />

1. März 79<br />

2. März - Zeichnung Nr. 66 79<br />

4. März 80<br />

5. März 80<br />

4. März - Zeichnung Nr. 67 81<br />

5. März - Zeichnung Nr. 68 82<br />

5. März - Zeichnung Nr. 69 83<br />

5. März - Zeichnung Nr. 70 83<br />

5. März - Zeichnung Nr. 71 84<br />

7. März - Zeichnung Nr. 72 85<br />

8. März - Zeichnung Nr. 73 86<br />

8. März - Zeichnung Nr. 74 87<br />

8. März - Zeichnung Nr. 75 88<br />

9. März 89<br />

9. März - Zeichnung Nr. 76 89<br />

9. März - Zeichnung Nr. 77 90<br />

9. März - Zeichnung Nr. 78 91<br />

9. März - Zeichnung Nr. 79 92<br />

11. März 93<br />

14. März - Zeichnung Nr. 80 94<br />

14. März - Zeichnung Nr. 81 95<br />

14. März - Zeichnung Nr. 82 96<br />

14. März - Zeichnung Nr. 83 97<br />

34. März - Zeichnung Nr. 84 98<br />

14. März 100<br />

18. März 100<br />

18. März - Zeichnung Nr. 86 101<br />

18. März - Zeichnung Nr. 87 102<br />

18. März - Zeichnung Nr. 88 102<br />

18. März - Zeichnung Nr. 89 103<br />

18. März - Zeichnung Nr. 90 104<br />

21. März (10 <strong>Zeichnungen</strong>) 105<br />

21. März - Zeichnung Nr. 91 105<br />

21. März - Zeichnung Nr. 92 106<br />

21. März - Zeichnung Nr. 93 107<br />

21. März - Zeichnung Nr. 94 107<br />

21. März - Zeichnung Nr. 95 108<br />

25. April - Zeichnung Nr. 96 109<br />

21. März - Zeichnung Nr. 97 110<br />

21. März - Zeichnung Nr. 98 111<br />

21. März - Zeichnung Nr. 99 112<br />

21. März - Zeichnung Nr. 100 112<br />

21. März - Zeichnung Nr. 101 113<br />

22. März - Zeichnung Nr. 102 114<br />

22. März - Zeichnung Nr. 103 115<br />

22. März - Zeichnung Nr. 104 116<br />

22. März, - Zeichnung Nr. 105 117<br />

22. März - Zeichnung Nr. 106 118<br />

22. März - Zeichnung Nr. 107 119<br />

22. März - Zeichnung Nr. 108 120<br />

22. März - Zeichnung Nr. 109 121<br />

22. März - Zeichnung Nr. 110 122<br />

23. März - Zeichnung Nr. 111 123<br />

23. März - Zeichnung Nr. 112 126<br />

5. April - Zeichnung Nr. 113 127<br />

5. April - Zeichnung Nr. 114 128<br />

5. April - Zeichnung Nr. 115 129<br />

11. April 131<br />

12. April 131<br />

12. April - Zeichnung Nr. 116 131<br />

26. April - Zeichnung Nr. 118 134<br />

26. April - Zeichnung Nr. 119 135<br />

SCHLUSSBEMERKUNGEN 136<br />

Michèle Le Guillou: 137<br />

Die Aufmerksamkeit des Lehrers 137<br />

Eine normale Schullaufbahn 137<br />

Die Sorgfalt 137<br />

ANSTELLE EINES NACHWORTES: 138

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