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Heumilchgewinnung mit Fleckvieh

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l Anita und Gerhard Eichstiel<br />

<strong>mit</strong> Tochter Miriam.<br />

Betriebsentwicklung<br />

Der Zuchtbetrieb stand vor<br />

dem Einstieg von Gerhard<br />

Eichstiel vor einer unsicheren<br />

Zukunft. Um zu einer<br />

Entscheidung zu kommen,<br />

ob er den Betrieb auch <strong>mit</strong><br />

allen Konsequenzen weiterführen<br />

möchte, pachtete<br />

der Hofnachfolger den landwirtschaftlichen<br />

Betrieb im<br />

Jahre 2001 von seinen Eltern<br />

zunächst für 12 Monate. In<br />

diesem „Probejahr“ reifte<br />

jedoch relativ schnell der<br />

Wunsch und die Überzeugung<br />

von Gerhard und Anita<br />

Eichstiel, dass man dieses<br />

Projekt als junges Ehepaar<br />

anpacken wollte.<br />

Nach der im Jahre 2001<br />

errichteten Hocheinfahrt für<br />

die Bergehalle erfolgte im<br />

Jahr 1 ihrer neuen Zeitrechnung<br />

der Umbau des alten<br />

Anbindestalles in einen Laufstall.<br />

Dieser neue Laufstall wurde<br />

als dreireihiger Boxenlaufstall<br />

<strong>mit</strong> Tiefboxen und<br />

Schrapperentmistung geplant,<br />

er bietet Platz für 53<br />

Kühe.<br />

Die Melkarbeit wird in einemDoppel-Vierer-Fischgrätenmelkstand<br />

erledigt.<br />

Neben einer neuen Güllegrube<br />

erfolgte auch die Verlängerung<br />

der Heubergehalle,<br />

in der man einen neuen<br />

Heukran installierte.<br />

Betriebsreportage<br />

Nicht nur in Österreich ein Zukunftsmodell<br />

<strong>Heumilchgewinnung</strong> <strong>mit</strong> <strong>Fleckvieh</strong><br />

l Franz Gstöttinger<br />

Einen hochinteressanten Zuchtbetrieb bewirtschaftet der neue Obmann des Rinderzuchtverbandes<br />

Vöcklabruck, Gerhard Eichstiel (34 Jahre) auf 806 m Höhe in<br />

Oberhofen am Irrsee, eingebettet in die wunderschöne Hügellandschaft des Salzkammergutes.<br />

Zusammen <strong>mit</strong> seiner Frau Anita, den Eltern und dem Schwiegervater<br />

wird auf dem „Gastberger-Hof“ qualitativ hochwertige Heumilch erzeugt.<br />

Bereits vor dem avisierten<br />

Stallbau wurde in die<br />

Milchquote investiert, von<br />

86.000 kg über 198.000 kg<br />

auf nunmehr 340.000 kg.<br />

Stets blieb die Weiterentwicklung<br />

des Betriebes im<br />

Fokus von Gerhard Eichstiel.<br />

So erfolgte 2003 die Stall-<br />

erweiterung für 45 Stück<br />

weibliche Nachzucht. Aufgrund<br />

der ziemlich hohen<br />

Niederschlagsmengen von<br />

1.500 - 1.800 mm pro Jahr<br />

und der gestiegenen Tierzahlen<br />

war es notwendig, die<br />

Kapazitäten in der Heutrocknung<br />

zu erhöhen. Die Erweiterung<br />

der Heubelüftung<br />

um eine Box und der Einbau<br />

eines Luftentfeuchters für<br />

l In der wunderschönen Hügellandschaft des Salzkammergutes<br />

liegt der Betrieb der Familie Eichstiel.<br />

18 FLECKVIEHWELT 1/2013


Betriebsreportage<br />

Schlechtwetterperioden waren<br />

wichtige Bausteine zur<br />

Gewährleistung von Qualitätsfutter.<br />

Weitere wichtige Etappenziele<br />

lagen in der Optimierung<br />

der Heutrocknung durch Zubau<br />

einer Dachabsaugung zur<br />

Lufterwärmung. Im Verbund<br />

<strong>mit</strong> 3 Berufskollegen erfolgte<br />

in Oberhofen die Investition<br />

in eine Nahwärmeanlage. Im<br />

Jahre 2007 stand die Renovierung<br />

des Wohnhauses an,<br />

ein Jahr später nahm man<br />

Geld für eine zusätzliche<br />

Güllegrube <strong>mit</strong> 780 m³ Fassungsvermögen<br />

in die Hand,<br />

insgesamt stehen nun 1.500<br />

m³ Gülleraum zur Verfügung.<br />

Zuletzt wurde eine Maschinenhalle<br />

<strong>mit</strong> Werkstatt und<br />

Heulagerraum geschaffen.<br />

Die Betriebsentwicklung soll<br />

<strong>mit</strong> dem Bau eines Trockensteher-<br />

und Abkalbebereichs<br />

zur Verbesserung des Kuhkomforts<br />

zunächst abgeschlossen<br />

sein.<br />

Insgesamt werden 46 ha LN<br />

bearbeitet, wovon 2/3 aus<br />

Pachtflächen bestehen, es<br />

handelt sich ausschließlich<br />

um Grünland. Für den Großteil<br />

der Heuwerbung und Grünfutterernte<br />

ist der Betrieb eigenmechanisiert,<br />

Rundballen<br />

werden vom Maschinenring<br />

gepresst. Die Gülleausbringung<br />

wird teilweise auf einen<br />

Lohnunternehmer übertragen.<br />

Zucht<br />

Der Betriebsleiter begann<br />

seine Karriere auf dem Hof<br />

<strong>mit</strong> einem gemischtrassigen<br />

Bestand, <strong>Fleckvieh</strong> und<br />

Holsteins. Der unvoreingenommene<br />

Junglandwirt,<br />

der großes betriebswirtschaftliches<br />

Interesse in die<br />

tägliche Arbeit einbrachte,<br />

erkannte relativ schnell,<br />

dass die Rasse <strong>Fleckvieh</strong><br />

unter den gegebenen betrieblichen<br />

Voraussetzungen<br />

bei den Leistungskriterien<br />

gleichwertig war, jedoch in<br />

den Fitnessmerkmalen deutliche<br />

Vorteile gegenüber den<br />

Holsteins hatte und da<strong>mit</strong> in<br />

der gesamtwirtschaftlichen<br />

Situation eine Überlegenheit<br />

demonstrierte.<br />

Gerhard Eichstiel machte die<br />

Erfahrung, dass <strong>Fleckvieh</strong>kühe<br />

bei wechselnden Grundfutterqualitäten,insbesondere<br />

beim Grünfutter, die Möglichkeiten<br />

der Kompensation<br />

über katabole Stoffwechselprozesse<br />

nutzt und dadurch<br />

die Funktionalität aufrechthält<br />

(Fruchtbarkeit). Eine Kuh<br />

muss täglich Fitness zeigen,<br />

genügend Milch produzieren<br />

und dabei ein Exterieur<br />

haben, das in die Ställe<br />

passt und nicht etwa für den<br />

Schauring prädestiniert ist.<br />

Mit seinen Holsteins sah er<br />

sich zusehends ins Abseits<br />

manövriert. Dies waren auch<br />

die Gründe, weshalb er in<br />

den letzten Jahren nur mehr<br />

<strong>Fleckvieh</strong>stiere besamt, im<br />

vergangenen Jahr wurden<br />

fast alle Holsteinkühe in<br />

Milch verkauft.<br />

Zur züchterischen Verbesserung<br />

der Herde erfolgte der<br />

Zukauf von Jungkühen und<br />

Embryonen. Bei den Zuchtzielen<br />

legt der Betriebsleiter<br />

höchste Priorität auf<br />

langlebige Tiere <strong>mit</strong> stabilen<br />

Fundamenten, funktionalen<br />

Eutern, sowie gute Persistenz.<br />

Wenig Experimente<br />

werden beim Einsatz der<br />

Bullen gemacht – zum Einsatz<br />

kommen hauptsächlich<br />

sicher geprüfte Vererber wie<br />

Ilion, Round Up, Wal, Mani-<br />

l Die Plus-Tochter Siglinde wurde Gruppenreservesiegerin auf dem<br />

Grünlandfest 2007.<br />

l Tabelle 1:<br />

Entwicklung des Betriebes<br />

Jahr Anzahl Kühe Milch-kg Fett-% Eiweiß-%<br />

1996 12,6 3.562 4,05 3,45<br />

2005 31,6 7.937 3,91 3,57<br />

2008 42,5 8.003 3,98 3,58<br />

2012 45,8 8.312 4,12 3,54<br />

toba, Waldbrand, Mangope<br />

und Romario. Aktuell wird<br />

auch die Linienalternative Fidelis<br />

besamt – genomische<br />

Jungvererber müssen aus<br />

guten Kuhfamilien stammen<br />

und einen bereits sicher<br />

geprüften Vater aufweisen.<br />

Der bislang größte züchterische<br />

Erfolg war die Vermarktung<br />

des Wal-Sohnes WASA<br />

<strong>mit</strong> einem gGZW von 131<br />

Punkten, gezogen aus der<br />

ausstellungserprobten Malint-Tochter<br />

PAMINA.<br />

Leistungsentwicklung<br />

Der aktuelle Leistungsstand<br />

der Kühe wird über den<br />

gleitenden Herdendurchschnitt<br />

ausgedrückt:<br />

2012:<br />

45,8 Kühe <strong>mit</strong> 8.312 kg Milch<br />

4,12 % Fett – 3,54 % Eiweiß<br />

Welche positive Entwicklung<br />

der Betrieb in den vergangenen<br />

16 Jahren genommen<br />

hat, zeigt Tabelle 1.<br />

Fütterung<br />

Die Erzeugung von Heumilch<br />

setzt silofreie Fütterung voraus,<br />

deshalb wird gemäß den<br />

Vorgaben der Molkerei an die<br />

die Milch abgeliefert wird,<br />

im Sommer Grünfutter vorgelegt<br />

und nach Bedarf Heu<br />

zugefüttert. Im Winter steht<br />

immer bestes Belüftungsheu<br />

zur Verfügung. Die Ration für<br />

das Jungvieh und teilweise<br />

auch für die Milchkühe be-<br />

FLECKVIEHWELT 1/2013 19


steht aus Rundballen-Bodenheu,<br />

weil bis dato einfach zu<br />

wenig Belüftungskapazität<br />

für loses Heu vorhanden war,<br />

dies wird sich im Jahr 2013<br />

zum Positiven wenden. Das<br />

Futter wird mehrmals täglich<br />

<strong>mit</strong> einem hydraulischen Futternachschieber<br />

den Kühen<br />

„mundgerecht“ präsentiert.<br />

Die hohen Niederschlagsmengen<br />

und ein relativ hoher<br />

Steilflächenanteil machen<br />

die Erzeugung von qualitativ<br />

hochwertigem Grundfutter<br />

nicht einfacher. Deshalb werden<br />

regelmäßig Heuproben<br />

zur Futteranalyse eingeschickt,<br />

um die Futterration<br />

optimal gestalten zu können.<br />

Die Kraftfutterzuteilung erfolgt<br />

über eine Station, wobei das<br />

Fertigfutter betriebsspezifisch<br />

gemischt wird. Es kommen<br />

nur hochwertige Komponenten<br />

zum Einsatz, wodurch<br />

weniger Kraftfutter benötigt<br />

wird.<br />

Vermarktung<br />

Das Schlachtvieh wird ausschließlich<br />

über die Tochterorganisation<br />

des RZV<br />

Vöcklabruck, Natürlich Rind,<br />

vermarktet. Die männlichen<br />

Nutzkälber, wie auch die überzählige<br />

weibliche Nachzucht,<br />

wird über den verbandseigenen<br />

Auktionsort in Regau<br />

versteigert.<br />

Heumilch<br />

Die Milch wird als Heumilch<br />

an die bekannte österreichische<br />

Käserei Wörle geliefert.<br />

Um eine gute Käsequalität<br />

zu gewährleisten, dürfen<br />

die milchliefernden Betriebe<br />

keine Silage verfüttern und<br />

müssen auch den Einsatz<br />

von Kraftfutter beschränken.<br />

Diese Vorgaben einzuhalten<br />

ist nicht immer leicht und die<br />

arbeitsintensive Gewinnung,<br />

Konservierung und Lagerung<br />

des Heus hat dem Betriebsleiter<br />

viel Kopfzerbrechen bereitet.<br />

Des Öfteren wurde sogar<br />

schon über einen Umstieg<br />

auf Silagefütterung nachgedacht.<br />

Aufgrund der zunehmenden<br />

Wertschätzung von<br />

naturnah erzeugten Produkten<br />

durch die Verbraucher, war<br />

die Käserei jedoch im Jahr<br />

2011 bereit, den Milchauszahlungspreis<br />

für die nach<br />

l Die Futterration auf dem Betrieb Eichstiel basiert auf frischem Gras und Heu.<br />

ihren Vorgaben produzierte<br />

Milch um 13% gegenüber<br />

dem Grundpreis (Basis ist der<br />

Durchschnitt des Silomilchpreises<br />

der österreichischen<br />

Molkereien, sowie von 3 bayerischen<br />

Molkereien) zu erhöhen.<br />

Das veränderte für die<br />

Milchanlieferer natürlich die<br />

Wirtschaftlichkeit zugunsten<br />

der aufwändigeren Heumilchproduktion.<br />

Derzeit streben<br />

die Heumilchbauern sogar<br />

an, den Zuschlag auf 20 % zu<br />

erhöhen. Dieser Preis würde<br />

Betriebsreportage<br />

l Auf der Tierschau anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Zuchtverbandes<br />

Vöcklabruck wurde die Malint-Tochter Pamina zur Gruppenreservesiegerin<br />

gekürt.<br />

langfristig weitere Investitionen<br />

in die Fütterungstechnik<br />

und Steigerung der Grundfutterqualität<br />

ermöglichen.<br />

Naturnah erzeugte Produkte<br />

hoher Qualität genießen<br />

eine große Wertschätzung<br />

bei den Verbrauchern. Molkereiprodukte,<br />

die auf Heumilch<br />

basieren, weisen zahlreiche<br />

wertvolle Inhaltsstoffe auf,<br />

wie beispielsweise einen<br />

erhöhten Anteil an CLA und<br />

Omega-3-Fettsäuren, die<br />

aufgrund ihrer für die Gesundheit<br />

positiven Eigenschaften<br />

mehr und mehr gefragt sind.<br />

Diese sollten immer wieder in<br />

das öffentliche Bewusstsein<br />

gerückt werden, um langfristig<br />

höhere Preise für solche<br />

qualitativ hochwertigen Produkte<br />

zu realisieren. Das Beispiel<br />

„Gastberger-Hof“ zeigt,<br />

dass die Rasse <strong>Fleckvieh</strong> in<br />

hohem Maße geeignet ist, die<br />

Verbraucherwünsche nach<br />

gesunden Nahrungs<strong>mit</strong>teln zu<br />

erfüllen und dabei betriebswirtschaftlich<br />

befriedigende<br />

Ergebnisse zu erzielen.<br />

20 FLECKVIEHWELT 1/2013<br />

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