Zapfanlagen Kampf gegen Bierstein - Hotel & Gastro Union
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<strong>Zapfanlagen</strong><br />
<strong>Kampf</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Bierstein</strong><br />
Turbinenbräu. Ein eingespieltes Team,<br />
das sich ganz dem Bier verschrieben hat.<br />
12 Swiss <strong>Gastro</strong>-Kombi 3/2009<br />
Letztes Jahr trank jeder Schweizer durchschnittlich 58Liter Bier.<br />
Wenn so viel Bier aus den Zapfhähnen fliesst, kommt es zu Verunreinigungen<br />
in den Schankanlagen. Hier beginnt die Arbeit von<br />
Raffi Jost. Er baut und pflegt Schankanlagen.<br />
Inder «Züri Bar» im ZürcherNiederdorf<br />
sitzen drei Männer am Tresen, jeder<br />
eine Stange Bier vor sich. Hinter der<br />
Bar steht Raffi Jost. Hauptberuflich ist<br />
er Servicetechniker bei der Zürcher Turbinenbräu<br />
AG. Und im Nebenjob Barkeeper.Erkennt<br />
nicht nur den Brauvorgang<br />
genau, sondern auch die technischen<br />
Details der <strong>Zapfanlagen</strong> und dank<br />
seinem Barjob auch die Wünsche der<br />
Wirte und der Biertrinker.«Ich baue Ausschankanlagen<br />
für <strong>Gastro</strong>betriebe und<br />
bin zuständig für die monatliche Reinigung»,<br />
umschreibt Raffi Jost seinen<br />
Beruf. Manchmal sei er auch so etwas<br />
wie ein Bierfeuerwehrmann, denn es<br />
komme immer wieder vor,dass irgendwo<br />
eine Bierausschankanlage schäumt<br />
oder der Bierkeller mal leer ist. «Wir lassen<br />
die Wirte auch am Samstag nicht im<br />
Regen stehen und sind schnell vor Ort,<br />
wenn es Not am Bier gibt», schmunzelt<br />
der Bierfachmann.<br />
Damit er nicht zu oft Feuerwehr spielen<br />
muss, ist Raffi Jost bereit, den Wirten<br />
und <strong>Gastro</strong>profis Tipps zu geben,<br />
wie sie Probleme mit der Zapfanlage<br />
vermeiden. «Als Erstes muss man sich<br />
im Klaren sein, was Verschmutzungen<br />
bei <strong>Zapfanlagen</strong> verursacht», erklärt Raffi<br />
Jost. Mikroorganismen aller Art sind<br />
der Hauptverschmutzungsgrund. Die<br />
Keime und ihre Stoffwechselprodukte<br />
führen zum Beispiel zum Trübwerden<br />
eines Bieres. Die Trübung ist dabei von<br />
Anzahl und Art der Zellen abhängig.<br />
Wenn also ein sonst klares Bier leicht getrübt<br />
erscheint, ist es nicht mehr einwandfrei.<br />
«Häufig gehen solche Trübungen<br />
auch mit Geschmacksbeeinträchtigungen<br />
einher», ergänzt Adrien Weber,<br />
Gründer und Geschäftsführer der<br />
Turbinenbräu AG.<br />
Neben Mikroorganismen beeinträchtigen<br />
aber noch andereVerschmutzungen<br />
Hygiene und Geschmack.Dies sind<br />
beispielsweise Ablagerungen aus Hopfenbestandteilen,<br />
die der Getränkeleitung<br />
eine goldgelbe Farbe geben. Bedeutsam<br />
ist das, weil diese Beläge den<br />
Biergeschmack verändernkönnen. Unerwünscht<br />
sind in den Bierleitungen<br />
Turbinenbräu: die Geschichte der einzigen Zürcher Bierbrauerei<br />
1996 drohte Zürich der Verlust einer über<br />
hundert JahrealtenTradition.Die Brauerei<br />
Hürlimann stellte als letzte grosse<br />
Brauerei die Produktion in Zürich ein.<br />
Drei Zürcher stemmten sich <strong>gegen</strong> den<br />
Niedergang der Bierkultur und begannen,<br />
im Industriequartier, gleich neben<br />
der alten Turbinenproduktionder Sulzer-<br />
Escher Wyss AG,selbst Bier zu brauen.<br />
Die Turbinenbräu AG war geboren. Fortan<br />
galtes, der grossen Brauereitradition<br />
in Zürich gerecht zu werden. Mit hochwertigen<br />
Rohstoffen und einer langen<br />
Reifezeit wird seit 1997 ein natürliches<br />
Frischprodukt für den lokalen Markt hergestellt.<br />
Dank kurzer Vertriebswege<br />
braucht es weder eine Pasteurisation<br />
noch den Einsatz von zusätzlichen Konservierungsmitteln.<br />
Das Bier lagert nicht<br />
monatelang in Getränkedepots. Es wird<br />
jede Woche frisch in Zürich in Fässer<br />
und Flaschen abgefüllt. Der anfänglich<br />
kleine Kundenkreis der Turbinenbräu<br />
weitete sich schnell aus. Die Braukapazitäten<br />
mussten bereits nach einem Jahr<br />
verdoppelt werden. Im Herbst 2002 zog<br />
die Brauerei in eine grössere Industriehalle<br />
an der Badenerstrasse 571 in Zürich.<br />
Das Wachstum ging kontinuierlich<br />
weiter. Mittlerweile beliefert die Turbinenbräu<br />
AG rund 100 <strong>Gastro</strong>betriebe in<br />
und um Zürich mit Fass- und Flaschenbieren<br />
und ist damit die grösste BrauereiimKanton<br />
Zürich.<br />
auch kristalline Ablagerungen, der so<br />
genannte <strong>Bierstein</strong>. «Dieser Belag erschwert<br />
das Reinigen der Anlage und<br />
vereinfacht den Mikroorganismen die<br />
Besiedelung und Vermehrung», erklärt<br />
der Turbinenbräu-Servicetechniker.<br />
Auch Reinigungsmittel können<br />
als Rückstände die Qualität der<br />
Getränke beeinflussen.<br />
Ursachenkönnen eineunsachgemässe<br />
Handhabung, wie zum Beispiel eine zu<br />
hohe Reinigungsmittelkonzentration<br />
oder ungenügendes Nachspülen der<br />
Leitungen sein. «Wenn ein Wirt das<br />
verstanden hat, geht er automatisch<br />
sorgsamer mit seiner Zapfanlage um»,<br />
sagt Raffi Jost. Eine Reinigung sollte<br />
aber trotzdem monatlich von einem<br />
Fachmann durchgeführt werden. Für<br />
seine Putzaktionen setzt Raffi Jost eine<br />
Kombination von mechanischen und<br />
chemischen Reinigungs- und Desinfektionsverfahren<br />
ein. Mechanische Hilfsmittel,<br />
wie zum Beispiel Bürsten, setzt<br />
er vor allem für die Reinigung des Zapfhahns<br />
ein. Wichtig sind besonders der<br />
Kompensatorhahn und der Schliesskolben,<br />
da sich dort Verunreinigungen<br />
besonders gut ablagern können. Um<br />
in den hintersten Winkel zu kommen,<br />
<strong>Gastro</strong>bier. Rund 90 Prozent des Biers<br />
gehtindie <strong>Gastro</strong>nomie.<br />
Swiss <strong>Gastro</strong>-Kombi 3/2009 13
Bierquelle. Nicht nur innereSauberkeit der Zapfanlage ist wichtig, auch von aussen<br />
soll sie glänzen. «Dafür sind aber die <strong>Gastro</strong>profis zuständig», sagt Raffi Jost.<br />
demontiert der Pressionist den Zapfhahn<br />
vollständig (siehe Bilder rechts).<br />
Mit der gründlichen Reinigung des Zapfhahns<br />
verhindert man die Entstehung<br />
der so genannten Bierschnecke, einer<br />
schleimigen Ansammlung von Mikroorganismen.<br />
Bei der chemischen Reinigung<br />
werden vor allem Keime abgetö-<br />
tet und Schmutz in den Leitungen gelöst.<br />
Raffi Jost pumpt dafür zuerst Chlorlauge<br />
und danach klares Wasser durch<br />
die Bierleitungen (siehe Bild unten). Diese<br />
Reinigungen sollten zwingend von<br />
einem Pressionisten durchgeführt werden.<br />
Es gibt aber auch Reinigungsarbeiten,<br />
die von den Wirten und ihren<br />
Chemische Reinigung. Mit einer Chlorlauge wird organischer Schmutz aus den Leitungen<br />
entfernt. Kristalline Verschmutzungen (<strong>Bierstein</strong>) werden mit Säureentfernt.<br />
Demontage Zapfhahn. Hier wirdmit einer<br />
speziellen Zange gearbeitet.<br />
Kompensatorhahn. Er ist sehr schmutzanfällig<br />
und braucht intensive Pflege.<br />
<strong>Kampf</strong> der Bierschnecke. Mit der Bürste<br />
geht’sdem Schmutz an den Kragen.<br />
14 Swiss <strong>Gastro</strong>-Kombi 3/2009<br />
Mitarbeitenden gemacht werden können. So zum Beispiel<br />
die Reinigung des Zapfhahns. Da die Zapfarmatur jeden Tag<br />
besonders belastet wird, ist ihretägliche Reinigung wichtig.<br />
Am besten spült man die Auslauftülle mit heissem Trinkwasser.Erfahrungen<br />
aus der Praxis zeigen, dass ein täglich<br />
gespülter Zapfhahn wesentlich zur Verbesserung der gesamten<br />
Anlagehygiene beiträgt.<br />
«Wenn die Wirte das befolgen, habe ich weniger Arbeit»,<br />
schmunzelt Raffi Jost. Er zapft sich jetzt sein wohlverdientes<br />
Feierabendbier und setzt sich ebenfalls an die Theke.<br />
christian.greder@gastronews.ch<br />
Fotos: Frank Blaser und Christian Greder<br />
www.turbinenbräu.ch<br />
Servicetechniker Raffi Jost gibt <strong>Gastro</strong>profis<br />
Tipps, wie ihr gezapftes Bier besser schmeckt<br />
● Ausschanktemperatur: Ideal für den Geschmack und<br />
den Schaum des Bieres ist eine Temperatur von acht bis<br />
elf Grad Celsius. Bei zu kaltem Bier kommt das Aroma<br />
kaum zur Geltung und es bildet sich zu wenig Schaum.<br />
Zu warmes Bier schäumt stark, die Kohlensäure geht<br />
verloren und das Bitteresticht heraus.<br />
● Fremde Geruchs- und Geschmacksstoffe: In der Nähe von<br />
Bier sollten keine stark riechenden Produkte wie Käse<br />
oder Fisch gelagert werden. Bier ist sehr geruchsempfindlich.<br />
● Gläserpflege: Fett und Reinigungsmittel sind die grössten<br />
Feinde des Bierschaumes. Gläser sollte man nie<br />
trockenreiben. Optimal ist, wenn das Glas vor dem<br />
Gebrauch kurz mit kaltem Wasser ausgespült wird.<br />
Raffi Jost. Servicetechniker, Pressionist, Barmann und<br />
Biertrinker.Erweiss, was es für ein gutes Bier braucht.<br />
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