25.10.2013 Aufrufe

94/2013 - Forschungsverbund Berlin

94/2013 - Forschungsverbund Berlin

94/2013 - Forschungsverbund Berlin

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>94</strong> JUNI <strong>2013</strong><br />

verbundjournal<br />

DAS MAGAZIN DES FORSCHUNGSVERBUNDES BERLIN E.V.<br />

Kräfte bündeln<br />

Wichtige Forschungsfragen lassen sich durch langfristige Kooperationen<br />

internationaler Forschungseinrichtungen bearbeiten.<br />

Großfahndung nach<br />

Wirkstoffen 10<br />

Ein Kaskadenlaser für<br />

die fliegende Sternwarte 15<br />

Jenseits des<br />

Lehrplans 23


Editorial Inhalt<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

revolutionäre Forschungsergebnisse<br />

werden manchmal von genialen<br />

Wissenschaftlern mehr oder weniger<br />

im Alleingang erzielt – Albert<br />

Einstein, Marie Curie oder Gottfried<br />

Wilhelm Leibniz tauschten sich<br />

zwar intensiv mit Kollegen aus, waren<br />

aber nicht Teil großer Forscherteams.<br />

Manche großen Ziele lassen<br />

sich jedoch nur in großen Kooperationen<br />

erreichen, insbesondere<br />

dann, wenn enormer technischer<br />

Aufwand nötig ist. Den Mond hätte<br />

ein Einzelkämpfer allein nie erreicht.<br />

Für immer mehr gesellschaftliche<br />

Probleme, die für das Leben und<br />

den Wohlstand der Menschen eine<br />

wichtige Rolle spielen, kann die<br />

Wissenschaft nur mit großem Aufwand<br />

Lösungsansätze finden. Wie<br />

können wir die Biodiversität als<br />

Grundlage des Lebens erhalten?<br />

Mit welchen Mitteln lassen sich gefährliche<br />

Krankheiten bekämpfen?<br />

Wie können wir die Energieversorgung<br />

sicherstellen? Um diese komplexen<br />

Fragen zu erforschen, müssen<br />

viele Experten weltweit<br />

koordiniert zusammenarbeiten. So<br />

bringen sich auch die Institute des<br />

<strong>Forschungsverbund</strong>es <strong>Berlin</strong> zunehmend<br />

in internationalen Kooperationen<br />

ein. Zwei davon befinden sich<br />

derzeit mit zentraler Beteiligung<br />

von FVB-Instituten im Aufbau (S. 8<br />

und S. 11).<br />

Eine interessante Lektüre<br />

wünscht Ihnen<br />

Gesine Wiemer<br />

FORSCHUNG AKTUELL<br />

Meldungen 3<br />

Direktorenkolumne: Der Schritt von Adlershof nach Europa Von Wolfgang Sandner 5<br />

TITEL: Kräfte bündeln<br />

Um ihre Kompetenzen in der Hauptstadtregion<br />

zu bündeln, haben Universiäten und Leibniz-Institute<br />

das „<strong>Berlin</strong>-Brandenburgische Institut für<br />

Biodiversitätsforschung“ gegründet. Seite 8 »<br />

Große Fragen – starke Netzwerke 7<br />

IGB, IZW: Gemeinsam für die Artenvielfalt 8<br />

FMP: Großfahndung nach Wirkstoffen 10<br />

BLICKPUNKT FORSCHUNG<br />

Atomuhren messen die Zeit ganz genau.<br />

Bisher sind sie allerdings noch laborfüllend.<br />

Nun wollen Forscher eine portable Atomuhr<br />

entwickeln. Seite 12 »<br />

FBH: Die Vermessung der Zeit 12<br />

WIAS: Ein Flip ist kein Flop – neue Version des Programms TetGen erschienen 13<br />

FMP: „Sich Moleküle ausdenken, die es bisher nicht gab“ 14<br />

PDI: Ein Kaskadenlaser für die fliegende Sternwarte 15<br />

MBI: Synchrone Bewegung von Elektronen in benachbarten Molekülen 16<br />

MBI: Hervorragendes Evaluierungsergebnis – das MBI zählt weltweit zur Spitzengruppe 17<br />

MBI: Wasserstoffatome unter der Lupe 18<br />

IZW: Gesundheitsfalle Quecksilber 20<br />

IGB: Spurensuche im Seearchiv 21<br />

VERBUND INTERN<br />

PDI-Direktor Prof. Dr. Henning Riechert<br />

ist seit dem 1. Mai neuer Vorstandssprecher<br />

des <strong>Forschungsverbund</strong>es <strong>Berlin</strong> e.V. Seite 22 »<br />

FVB: „Ein gutes Umfeld für kreative Ideen schaffen“ – neuer Vorstandssprecher 22<br />

FBH: Jenseits des Lehrplans 23<br />

Girls‘ Day – „Vielleicht überlege ich es mir noch mal" 24<br />

IZW: Wildtiere in <strong>Berlin</strong> – bitte melden 25<br />

IGB: Weiß du, wie viel Sternlein stehen? – Neue App misst Himmelshelligkeit 25<br />

Interne Nachrichten 26<br />

Aus der Leibniz-Gemeinschaft 26<br />

Personen 27<br />

2 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Foto: Faceland


Fotos: IAPP; MDC/FMP<br />

ForschungAktuell<br />

WIAS<br />

Organische Elektronik – eine<br />

heiße Sache<br />

Organische Halbleiter könnten die Elektronik<br />

in vielen Bereichen revolutionieren.<br />

Inzwischen erreichen Bauelemente schon<br />

so hohe Leistungen, dass sie in kleinen<br />

Geräten wie Mobiltelefonen zum Einsatz<br />

kommen. Bei größeren Geräten heizen<br />

sich die organischen Bauelemente jedoch<br />

so unkontrolliert auf, dass sie zusammenbrechen<br />

oder ungleichmäßig Strom<br />

leiten. Physiker der TU Dresden und<br />

Mathematiker des Weierstraß-Instituts<br />

für Angewandte Analysis und Stochastik<br />

(WIAS) haben nun die typischen Rückkopplungseffekte<br />

gemeinsam analysiert<br />

und beschreiben diese für organische<br />

Halbleiter in den Physical Review Letters.<br />

Für organische Bauteile gilt das schon lange<br />

bekannte Arrhenius-Gesetz: Die elektrische<br />

Leitfähigkeit nimmt mit steigender<br />

Temperatur stark zu, so dass der Strom<br />

durch das Bauteil entsprechend ansteigt<br />

und das Material erwärmt. So entsteht<br />

eine Rückkopplungsschleife, in der das<br />

Bauteil immer weiter aufgeheizt wird –<br />

Experimente enden dann häufig damit,<br />

dass das Bauteil zerschossen wird. Bislang<br />

waren solche Effekte nur bei inorganischen<br />

Halbleitern bekannt. Den WIAS-Mathematikern<br />

war aufgefallen, dass diese auch<br />

in organischen Halbleitern gelten.<br />

Mit dem erweiterten Verständnis der<br />

Selbsterwärmung in organischen Halbleitern<br />

können die Forscher organische<br />

Bauelemente nun so weiterentwickeln,<br />

dass sie die störenden Effekte minimieren,<br />

z. B. durch eine geometrisch andere<br />

Konstruktion der Wärmeableitung und<br />

der elektrischen Kontakte. So könnten es<br />

dann in Zukunft großflächige Leuchtfolien<br />

zur Beleuchtung von Räumen geben.<br />

doi: 10.1103/PhysRevLett.110.126601<br />

FMP<br />

Hemmstoff für Ödeme entdeckt<br />

Forscher des Max-Delbrück-Centrums<br />

für Molekulare Medizin (MDC) und des<br />

Leibniz-Instituts für Mole kulare Pharmakologie<br />

(FMP) haben jetzt eine Substanz<br />

entdeckt, die die Wassereinlagerung in<br />

Körpergewebe und damit die Bildung<br />

von Ödemen verhindern kann. Die<br />

Ergebnisse von Dr. Jana Bogum (MDC/<br />

FMP) könnten künftig für die Behandlung<br />

der exzessiven Wassereinlagerung<br />

bei Patienten mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz)<br />

von Bedeutung sein. Zugleich<br />

haben die Forscher mit einem neuartigen<br />

Forschungsansatz einen neuen<br />

molekularen Regulierungs mechanismus<br />

des Wasserhaushalts in der Niere entdeckt<br />

(Journal of the American Society<br />

of Nephrology).<br />

Täglich fließen durch die Nieren rund<br />

1.500 Liter Blut. Daraus filtern die<br />

Nieren zunächst 180 Liter Primärharn,<br />

den sie auf zwei Liter konzentrieren<br />

und dann ausscheiden. Das geschieht<br />

wesentlich dadurch, dass das Gehirn<br />

das Hormon AVP (Arginin-Vasopressin)<br />

ausschüttet. Dieses Hormon gibt den<br />

Startschuss für eine mehrere Schritte<br />

umfassende Signalkaskade in der Niere,<br />

die auf Wasserkanäle (Aquaporine)<br />

und vor allem auf das Aquaporin-2<br />

einwirkt. Bei Durst veranlasst AVP das<br />

Aquaporin-2, aus dem Zellinneren der<br />

Nierenhauptzellen in die Plasmamembran<br />

zu wandern. Das an der Membran<br />

vorbeifließende Wasser aus dem Primärharn<br />

können die Nierenzellen über<br />

Aquaporin-2 dann herausfiltern. Über<br />

andere Wasserkanäle, die ständig in der<br />

Plasmamembran sitzen, wird das Wasser<br />

in das Blut und das Körpergewebe<br />

zurück geleitet. Ist der Durst gelöscht,<br />

vermindert sich das Hormon AVP und<br />

Aquaporin-2 geht zurück in das Innere<br />

der Nierenzelle, solange, bis es wieder<br />

benötigt wird.<br />

Ist der AVP-Spiegel jedoch zu hoch, wie<br />

zum Beispiel bei Patienten mit Herzinsuffizienz,<br />

befindet sich Aquaporin-2<br />

dauerhaft in der Plasmamembran der<br />

Nierenhauptzelle und leitet das Wasser<br />

ohne Unterlass aus dem Primärharn<br />

in die Nierenhauptzellen. Diese Zellen<br />

führen das überschüssige Wasser in das<br />

Körpergewebe ab. Dieser Prozess trägt<br />

zur Bildung von Ödemen bei.<br />

Den Forschern gelang es nun, durch das<br />

Testen von 17.700 Substanzen einen<br />

Hemmstoff zu finden, der die Verlagerung<br />

des Wasserkanals Aquaporin-2 in<br />

die Zellmembran verhindert.<br />

doi: 10.1681/ASN.2012030295<br />

FORSCHUNG AKTUELL<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 3


FORSCHUNG AKTUELL<br />

FBH<br />

FBH-Publikation als Journal-<br />

Highlight ausgewählt<br />

Eine Publikation von X. Wang, G. Erbert,<br />

H. Wenzel, B. Eppich, P. Crump,<br />

A. Ginolas, J. Fricke, F. Bugge,<br />

M. Spreemann, G. Tränkle aus dem<br />

FBH wurde als Highlight 2012 von der<br />

Redaktion des Journals Semiconductor<br />

Science and Technology ausgewählt.<br />

Dort war der ausgezeichnete Artikel<br />

“High-power, spectrally stabilized, neardiffraction-limited<br />

970 nm laser light<br />

source based on truncated-tapered semiconductor<br />

optical amplifiers with low<br />

confinement factors” im vergangenen<br />

Jahr erschienen. Highlights basieren auf<br />

„herausragender Forschung und Einfluss<br />

auf die Halbleiter-Community“ wie es in<br />

der Begründung hieß.<br />

Laser World of Photonics<br />

Das FBH präsentierte<br />

auf der Fachmesse<br />

Laser World of<br />

Photonics in München<br />

verschiedene<br />

miniaturisierte Laserstrahlquellen<br />

sowie<br />

Diodenlaser für den<br />

roten Spektralbereich,<br />

die eine neuartige Gittertechnologie<br />

zur Wellenlängenselektion nutzen.<br />

Mit kompakten, hybrid-integrierten<br />

Diodenlasermodulen erschließt das Ferdinand-Braun-Institut,<br />

Leibniz-Institut für<br />

Höchstfrequenztechnik (FBH) vielfältige<br />

Anwendungen. Die flexiblen „Alleskönner“<br />

lassen sich je nach Anforderung<br />

optimieren, von der Materialanalytik,<br />

Sensorik oder Displaytechnologie bis hin<br />

zur Materialbearbeitung.<br />

Eine neuartige Gittertechnologie bei<br />

rot emittierenden Diodenlasern kann<br />

Gaslaser in der Materialanalytik und<br />

Längenmesstechnik ersetzen und ermöglicht<br />

kompakteres Messequipment.<br />

Von der Gittertechnologie profitieren<br />

auch spektroskopische Applikationen<br />

in der Sensorik, an denen das FBH seit<br />

mehreren Jahren arbeitet. So lassen sich<br />

viele Substanzen präzise analysieren,<br />

insbesondere biologische Proben wie<br />

Fleisch, Früchte, Blätter oder auch bei der<br />

medizinischen Diagnostik an der Haut.<br />

IZW<br />

Embryonen des Pardelluchses<br />

im Tiefkühler<br />

Ein bahnbrechendes Verfahren ermöglicht<br />

die Sicherung biologischen Materials von<br />

Iberischen Luchsweibchen. In Zukunft<br />

wird dieses Zellmaterial für Zuchtprogramme<br />

und die Erhaltung der bedrohten<br />

Katzenart eine große Rolle spielen.<br />

WissenschaftlerInnen des Leibniz-Instituts<br />

für Zoo- und Wildtierforschung (IZW)<br />

gewannen im Rahmen einer medizinisch<br />

indizierten Kastration Luchs-Embryonen,<br />

darüber hinaus sicherten sie Teile des<br />

Eierstockgewebes. Die Embryonen und<br />

das Eierstockgewebe wurden erfolgreich<br />

in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad<br />

Celsius eingefroren und somit für eine<br />

sehr lange Zeit haltbar gemacht.<br />

Der Iberische Luchs steht kurz vor dem<br />

Aussterben, vor einem Jahrzehnt lebten<br />

in Südspanien weniger als 200 Individuen.<br />

Das IZW ist langfristiger wissenschaftlicher<br />

Partner des Iberian Lynx<br />

Conservation Breeding Program (ILCBPS)<br />

in Andalusien, Spanien.<br />

Früh übt sich – Kängurus klettern<br />

bereits in der Gebärmutter<br />

Einem Forschungsteam aus Deutschland<br />

und Australien gelang erstmals die<br />

Ultraschall-Untersuchung der Trächtigkeit<br />

eines Kängurus. Die Aufnahmen<br />

zeigten, dass der Fötus seine Armmuskulatur<br />

bereits in der Gebärmutter trainiert,<br />

indem er Kletterbewegungen ausführt.<br />

Die Ergebnisse der Studie wurden in dem<br />

Wissenschaftsjournal „Scientific Reports“<br />

veröffentlicht.<br />

Die ForscherInnen konnten beobachten,<br />

wie sich der Embryo eines<br />

Tammar-Wallabys, einer Känguru-Art,<br />

von einem etwa 100-zelligen Stadium<br />

innerhalb von nur 26 Tagen bis zur<br />

Geburt entwickelte. Erstaunlich war<br />

die Feststellung, dass die Gebärmutter<br />

sich während der Trächtigkeit ständig<br />

bewegte und den Embryo dadurch<br />

hin- und herrollte. Derartig starke<br />

Kontraktionen der Gebärmutter werden<br />

bei Plazentatieren hormonell unterbunden,<br />

um eine ungestörte Einnistung des<br />

Embryos zu ermöglichen. Die Bewegung<br />

des Känguruembryos könnte für eine<br />

adäquate Ernährung durch mütterliche<br />

Sekrete hilfreich sein, da eine Anheftung<br />

des Embryos an die Gebärmutterwand<br />

und die anschließende Entwicklung<br />

der Plazenta erst im letzten Drittel der<br />

Trächtigkeit erfolgt.<br />

Die ForscherInnen konnten Kletterbewegungen<br />

schon drei Tage vor der Geburt<br />

in der Gebärmutter beobachten. Im Gegensatz<br />

zu erwachsenen Tieren sind beim<br />

Fötus des Kängurus die Arme bereits<br />

stark entwickelt, während die Hinterbeine<br />

nur als Anlage vorhanden sind. Das<br />

frühe Training ermöglicht es dem bei der<br />

Geburt nur 0,4 Gramm leichten Jungtier,<br />

den Weg von der Öffnung des Geburtskanals<br />

bis zur Zitze im Beutel der Mutter<br />

selbstständig zurückzulegen.<br />

Das sehr kleine Jungtier saugt sich nun<br />

an einer Zitze fest und verharrt daran für<br />

die nächsten 9 Monate. Der Hauptteil<br />

der Weiterentwicklung des Fötus spielt<br />

sich außerhalb des Mutterleibs im Beutel<br />

der Mutter ab.<br />

doi: 10.1038/srep01458<br />

4 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Foto: FBH/schurian.com; Iberian Lynx Conservation Breeding Program; Fotolia (jdeks)


Foto: FBH; FVB<br />

FBH<br />

WOCSDICE <strong>2013</strong><br />

Aktuelle Entwicklungstrends<br />

bei Bauelementen<br />

auf Basis<br />

von Verbindungshalbleitern<br />

standen im<br />

Fokus der diesjährigen<br />

37. WOCSDI-<br />

CE (Workshop on<br />

Compound Semiconductor<br />

Devices and<br />

Integrated Circuits). Die vom Ferdinand-<br />

Braun-Institut organisierte Konferenz fand<br />

vom 26.-29. Mai <strong>2013</strong> in Warnemünde<br />

mit mehr als 85 Teilnehmenden statt –<br />

die Besucherinnen und Besucher kamen<br />

vorwiegend aus Europa, gut 20 Prozent<br />

reisten aus Asien und den USA an.<br />

Der Schwerpunkt des diesjährigen, breit<br />

gefächerten Vortragsprogramms lag auf<br />

Entwicklungen aus der GaN-Leistungselektronik,<br />

die das große Potenzial der<br />

Technologie für künftige energieeffiziente<br />

Leistungswandler zeigten. Hervorzuheben<br />

sind die Ses sions zur THz-Technologie<br />

sowie zu den Möglichkeiten, Verbindungshalbleiter<br />

auf Silizium als aktive<br />

Schaltelemente in extrem hochintegrierten<br />

Halbleitergenerationen einzusetzen<br />

– damit lassen sich die Grenzen<br />

der konventionellen Si-Technologien<br />

erweitern. Beeindruckende Ergebnisse auf<br />

dem Gebiet von Graphen-Transistoren,<br />

Spintronic-Bauelementen und optoelektronischen<br />

Bauelementen rundeten<br />

das Programm ab. Die Sessions wurden<br />

üblicherweise durch eingeladene, hochkarätige<br />

Wissenschaftler aus Europa, Asien<br />

oder USA eröffnet. Sie führten in das<br />

spezifische Themenfeld ein, ergänzt von<br />

weiteren Vorträgen.<br />

Eine der Besonderheiten der WOCSDICE<br />

besteht in der ausführlichen Diskussion<br />

der Tagungsbeiträge. Dies schafft eine<br />

sehr interaktive Atmosphäre mit intensivem<br />

Erfahrungsaustausch. Vor allem<br />

junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

können sich so schnell einen<br />

umfassenden Überblick in den jeweiligen<br />

Themenfeldern verschaffen und internationale<br />

Kontakte knüpfen. Die WOCS-<br />

DICE findet jedes Jahr in einem anderen<br />

europäischen Land statt, im nächsten Jahr<br />

in Griechenland.<br />

Direktorenkolumne<br />

Der Schritt von Adlershof<br />

nach Europa<br />

Exzellente Forschungsinfrastrukturen<br />

sind essenzieller Bestandteil<br />

jedes Wissenschaftssystems und<br />

von herausragender Bedeutung<br />

für den Wissenschaftsstandort<br />

Deutschland. Das sind Kernaussagen<br />

der neuen BMBF „Roadmap<br />

für Forschunginfrastrukturen“ zur<br />

deutschen Beteiligung an internationalen<br />

Großprojekten, gelten aber<br />

ebenso für nationale Institute, z.B.<br />

die der Leibniz-Gemeinschaft.<br />

Große Forschungsinfrastrukturen sind teuer, weshalb die Evaluierung von<br />

nationalen und die Priorisierung der Beteiligung an internationalen Einrichtungen<br />

wesentliche Elemente der Forschungspolitik sind. Ich freue mich und<br />

bin stolz darauf, dass das Max-Born-Institut, dem ich seit 1993 als einer von<br />

drei Direktoren angehöre, kürzlich hervorragend evaluiert wurde: es zähle<br />

im weltweiten Vergleich zur Spitzengruppe seines Fachgebiets. Ebenso erfreulich<br />

ist, dass die „Extreme Light Infrastructure“ ELI, deren Delivery Consortium<br />

Association ich demnächst als Generaldirektor und CEO leiten werde,<br />

in der Roadmap des BMBF erscheint – übrigens ebenso wie das Projekt<br />

EU-OPENSCREEN des FMP.<br />

ELI wird die weltweit erste internationale Forschungsinfrastruktur auf dem<br />

Lasersektor sein. Sie rundet das Gefüge europäischer nationaler Laserinstitute<br />

ab, das in den letzten zehn Jahren als LASERLAB-EUROPE vom MBI<br />

koordiniert wurde. ELIs Laser werden die heute stärksten Systeme um den<br />

Faktor 10 übertreffen. Sie werden neue Anwendungen mit brillanten Sekundärstrahlungsquellen,<br />

Teilchen oder kurzwelligen Photonen, erschließen,<br />

Forschungsmöglichkeiten mit Attosekundenpulsen bereitstellen oder Wechselwirkungen<br />

zwischen Atomkernen und Gammastrahlung untersuchen helfen.<br />

ELI ist eine verteilte Infrastruktur mit (zunächst) drei Standorten in der<br />

Tschechischen Republik, Ungarn und Rumänien, somit die erste internationale<br />

Forschungsinfrastruktur in neuen EU-Mitgliedsstaaten. Für mich persönlich,<br />

als MBI-Direktor und FVB-Vorstand der ersten Stunde, keine unvertraute<br />

Situation: auch der FVB war 1992 der erste Verbund von<br />

Forschungsinstituten in den neuen Bundesländern. ELI geht in der Integration<br />

jedoch deutlich weiter und erinnert an die europäische Flugzeugindustrie:<br />

ein „Delivery-Consortium“ baut an drei Standorten, aber unter gemeinsamer<br />

Leitung und mit Hilfe internationaler Zulieferer die Komponenten<br />

eines neuartigen Produkts, das dann von einem künftigen Betreiberkonsortium<br />

übernommen und für internationale „Passagiere“ (Forscher) nutzbar<br />

gemacht wird. „Take-off“: im Jahre 2017!<br />

Prof. Dr. Wolfgang Sandner<br />

Direktor am Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik<br />

und Kurzzeitspektroskopie<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 5


TITEL Kräfte bündeln<br />

Um große Ziele zu erreichen<br />

braucht man ein starkes Team.<br />

6 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Foto: caruso13 - Fotolia


Exzellenz – einzeln und vernetzt<br />

Erfolgreiche Wissenschaft basiert auf der Arbeit exzellenter Forscherinnen<br />

und Forscher. Für manche Fragestellungen ist dabei die Zusammenarbeit in<br />

größeren Verbünden sinnvoll.<br />

Wissenschaftliche Netzwerke liegen im Trend Es<br />

wird gerne betont, dass moderne Forschung oft<br />

vielfältig vernetzt ist: mit Partnern in Wissenschaft,<br />

Wirtschaft und Öffentlichkeit, national und international,<br />

organisatorisch, thematisch, persönlich Solche<br />

Netzwerke sind keine Erfindung jüngster Zeit: Man denke<br />

etwa an die Gelehrtennetzwerke um 1700 Leibnizens<br />

Briefwechsel, der seit 2008 von der UNESCO als Weltdokumentenerbe<br />

aufgenommen ist, umfasst mehr als 15 000<br />

Briefe mit über 1100 Korrespondenten Neu aber scheinen<br />

Intensität und Ausmaß gegenwärtiger Kooperationen<br />

Dies gilt beispielsweise für die rasant wachsenden sozialen<br />

Netzwerke, die speziell für die Forschung existieren,<br />

wie Researchgate, Mendeley oder Academia Noch nicht<br />

absehbar ist, wie die heutigen Mög-<br />

lichkeiten zur nahezu unbegrenzten<br />

Sammlung und Speicherung von Daten<br />

die Forschungslandschaft und gerade<br />

die Vernetzung verändern können<br />

Doch neben der digitalen<br />

nehmen auch institutionelle Kooperationen zu Insbesondere<br />

die Politik möchte intensivere Netzwerkbildung forcieren<br />

So diskutiert die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz<br />

(GWK) etwa, in Zukunft mehr Gelder in Richtung<br />

Förderung der thematischen Forschungsverbünde innerhalb<br />

der Leibniz-Gemeinschaft zu verschieben<br />

Bei aller Euphorie darf allerdings nicht vergessen werden,<br />

dass es sich bei Netzwerkbildung nicht um ein pauschal<br />

sinnvolles Verfahren für jegliche Art von Forschungsfragen<br />

handelt – sondern um ein Instrument, das unter<br />

bestimmten Bedingungen bei bestimmten Fragen bessere<br />

Antworten produzieren kann als es bei Einzelforschung<br />

möglich wäre Verbünde sind ein geeignetes Instrument<br />

für manche, aber eben nicht für alle Fragen der Forschung<br />

Viele Probleme lassen sich weiterhin am besten klassisch<br />

disziplinär angehen, daher wird die Arbeit exzellenter Einzelforscherinnen<br />

und -forscher auch zukünftig eine unvermindert<br />

zentrale Rolle in der Wissenschaft spielen Dies<br />

sollte entsprechend unterstützt werden – und wird es<br />

auch, etwa in den Förderformaten des European Research<br />

Council Die Wahl der Organisationsform muss grundsätzlich<br />

der Wissenschaft dienen, nicht umgekehrt<br />

Bestimmte gegenwärtige Herausforderungen der Forschung<br />

sind wiederum so verfasst, dass sie deutlich besser<br />

durch die Zusammenarbeit fachlich und organisatorisch<br />

unterschiedlicher Einrichtungen bearbeitet werden kön-<br />

Netzwerke müssen aus der Wissenschaft<br />

heraus entstehen, getragen durch Ideen<br />

und Fragestellungen.<br />

nen Dazu zählen insbesondere große Querschnittsfragen,<br />

welche die Expertise verschiedener Disziplinen erfordern,<br />

so z B Klimawandel, Altersforschung oder Biodiversität<br />

Eine besondere Herausforderung dieser Netzwerke besteht<br />

darin, eine gemeinsame Sprache der beteiligten Fächer<br />

zu finden, etwa von der Biologie in die Physik hinein<br />

Ferner wird angesichts knapper werdender Kassen auch<br />

der Aspekt gemeinsamer Ressourcennutzung – etwa von<br />

Räumen, Geräten oder Laboren – durch Netzwerke eine<br />

größere Rolle spielen<br />

Kritisch für den Erfolg solcher Netzwerke ist, dass ihr<br />

Entstehen von unten, aus der Wissenschaft heraus motiviert<br />

wird, getragen durch gemeinsame Ideen und Fragestellungen<br />

Verordnete Netzwerke werden auf Dauer so<br />

gut funktionieren wie verordnete<br />

Freundschaften Die Entscheidung, ob<br />

bestimmte Fragen besser in Einzelforschung<br />

oder in Netzwerken, disziplinär<br />

oder transdisziplinär zu bearbeiten<br />

sind, kann nur von der<br />

Forschung selbst adäquat beantwortet werden Beide Formate<br />

werden für die Zukunft gebraucht, beides sollte entsprechend<br />

flexibel gefördert werden – vor allem aber<br />

sollte durch die Forscherinnen und Forscher selbst bestimmt<br />

werden, was in welchem Fall angemessen ist<br />

Beispiele für erfolgreiche Netzwerke lassen sich in Instituten<br />

des <strong>Forschungsverbund</strong>es <strong>Berlin</strong> leicht finden Dazu<br />

zählt etwa <strong>Berlin</strong>-Brandenburg Institute for Biodiversity Research<br />

(BBIB), an dem IGB und IZW mit weiteren Partnern<br />

innerhalb und außerhalb der Leibniz-Gemeinschaft zum<br />

Thema Artenschutz kooperieren (s Seite 8 f ) Das WIAS<br />

ist Partner des DFG-geförderten Forschungszentrums MA-<br />

THEON – Mathematik für Schlüsseltechnologien. In <strong>Berlin</strong><br />

WideBaSe, gefördert vom BMBF als innovativer regionaler<br />

Wachstumskern, sind zehn Unternehmen und drei Forschungseinrichtungen<br />

aus <strong>Berlin</strong> versammelt – zwei dieser<br />

Einrichtungen sind das FBH (Koordinator) und das<br />

IKZ Ebenfalls vom BMBF gefördert wird das Projekt EU-<br />

OPENSCREEN am FMP, das seit kurzem in die nationale<br />

Roadmap für Forschungsinfrastrukturen aufgenommen<br />

worden ist (s Seite 10 f ) Auch in der Leitung von EU-Projekten<br />

sind Institute des <strong>Forschungsverbund</strong>es erfolgreich<br />

So koordiniert das MBI beispielsweise das Projekt<br />

Laserlab Europe, in dem 28 der größten europäischen Laserforschungseinrichtungen<br />

vertreten sind<br />

Jan Wöpking<br />

TITEL Kräfte bündeln<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 7


TITEL Kräfte bündeln<br />

Gemeinsam für Artenvielfalt<br />

Das Leben auf der Erde ist von einer reichen Artenvielfalt geprägt, die Grundlage<br />

unseres Wohlstands ist. Dieses empfindliche System ist global gefährdet. Um die<br />

biologische Vielfalt nachhaltig sichern zu können, müssen wir die Ursachen und<br />

Wirkungen der raschen Veränderung verstehen. Für ein möglichst umfassendes<br />

Bild arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf breiter Basis über<br />

Fächergrenzen hinweg zusammen. Vier Universitäten und fünf Leibniz-Institute<br />

haben nun das „<strong>Berlin</strong>-Brandenburgische Institut für Biodiversitätsforschung“<br />

(BBIB) gegründet, um ihre Kompetenzen im Bereich der Biodiversität in der<br />

Hauptstadtregion zu bündeln.<br />

Es herrscht Aufbruchstimmung Dem <strong>Berlin</strong>-Brandenburgischen<br />

Konsortium war im Auswahlverfahren für<br />

ein DFG-Forschungszentrum zur Biodiversität eine<br />

ebenso hervorragende wissenschaftliche Qualität wie dem<br />

Konsortium aus Leipzig/Halle/Jena bescheinigt worden,<br />

das letzten Endes den Zuschlag erhalten hatte Prof Klement<br />

Tockner, Direktor des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie<br />

und Binnenfischerei (IGB), und Prof Heribert<br />

Hofer, Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung<br />

(IZW) erklären: „Es war für alle Beteiligten klar,<br />

dass wir weiter an der Umsetzung unseres Projekts arbeiten<br />

“ Derzeit sind in Deutschland vier große Zentren im<br />

Aufbau: Neben dem BBIB und dem mitteldeutschen DFG-<br />

Forschungszentrum (iDiv) gibt es ein Konsortium in<br />

Frankfurt/Main (BiK-F) und eines in Niedersachsen „Inhaltlich<br />

werden wir uns untereinander abstimmen“, so<br />

Tockner „Damit besteht die einzigartige Möglichkeit, dass<br />

Deutschland in der Biodiversitätsforschung global eine<br />

verantwortungsvolle, federführende Rolle wahrnimmt “<br />

Die Kooperation ist thematisch fokussiert und<br />

langfristig angelegt<br />

Im BBIB bündeln die Partner neben ihren Kompetenzen<br />

auch ihre Infrastruktur Dabei bauen sie auf großexperimentelle<br />

Plattformen wie zum Beispiel das Seelabor im<br />

Stechlinsee auf Außerdem überschreiten sie klassische<br />

Fächergrenzen, indem sie mit den Politik- und Sozialwissenschaften<br />

sehr eng zusammenarbeiten „So können wir<br />

fundierte Konzepte erarbeiten, die unsere Forschungsergebnisse<br />

in konkrete Maßnahmen zur langfristigen Sicherung<br />

der biologischen Vielfalt übertragen“, betont Tockner<br />

Für dieses Ziel ist es ebenso unerlässlich, das Thema auf<br />

eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen So sollen Bürger<br />

in die Forschung einbezogen werden, wie es schon in<br />

anderen Projekten, auch in Instituten des <strong>Forschungsverbund</strong>es,<br />

unter dem Stichwort „Citizen Science“ praktiziert<br />

wird (vgl S 25 und Verbundjournale 93 und 87) Das ermöglicht<br />

eine echte Interaktion mit der Bürgergesellschaft<br />

Die gemeinsam gewonnenen Erkenntnisse können<br />

die gesellschaftliche Akzeptanz der Wissenschaft erhöhen<br />

und idealerweise zu Verhaltensänderungen führen Diese<br />

Form der Wissensgewinnung und des Transfers wollen die<br />

Forscher des BBIB auch konzeptionell vorantreiben<br />

Alle Partner geben eigene Ressourcen in das BBIB<br />

Damit ist es nicht auf eine kurzfristige Drittmittelfinanzierung<br />

ausgerichtet, sondern es werden langfristige<br />

Forschungsvorhaben verfolgt Umgekehrt haben das<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)<br />

und die Länder <strong>Berlin</strong> und Brandenburg Unterstützung<br />

für das Institut in Aussicht gestellt Hofer erläutert: „Von<br />

den Zuwendungsgebern gibt es große Sympathien für<br />

das Projekt Es ist ein Modell für eine neue Form der Kooperation,<br />

die thematisch fokussiert ist, disziplinenübergreifend<br />

arbeitet, institutsübergreifende Plattformen<br />

durch die enge Verzahnung starker Institutionen bildet,<br />

kritische Massen für neue Vorhaben durch Bündelung<br />

der eingesetzten Mittel ermöglicht und auf langfristige<br />

Forschung angelegt ist “<br />

BBIB ist ein Modell, in dem universitäre und außeruniversitäre<br />

Einrichtungen eng kooperieren, ohne ihre institutionelle<br />

Unabhängigkeit aufzugeben Das BBIB steht damit<br />

auch für eine erhöhte Durchlässigkeit und enge<br />

Verzahnung wissenschaftlicher Institutionen Direktor des<br />

BBIB wird Prof Matthias Rillig vom Institut für Biologie<br />

der Freien Universität <strong>Berlin</strong><br />

Raum für kreatives Forschen<br />

Das neue Institut wird es nicht nur virtuell geben – ein<br />

eigenes Gebäude soll auf dem Gelände der Freien Universität<br />

in Dahlem errichtet werden In dem neuen Gebäude<br />

soll sich die dynamische Atmosphäre widerspiegeln Es<br />

werden flexible, temporäre Arbeitsplätze eingerichtet, damit<br />

sich Kreativität und Innovation entfalten können Außerdem<br />

soll es Arbeitsplätze für internationale Partnerorganisationen<br />

geben, die ihre Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftler für eine gewisse Zeit nach <strong>Berlin</strong> schicken<br />

können So soll es sich zu einem internationalen Zentrum<br />

entwickeln „Derzeit suchen wir nach einem passenden<br />

Namen für das Gebäude, in dem der internationale, innovative<br />

Charakter zum Ausdruck kommt“, erklärt Tockner<br />

Ein wichtiges Ziel ist es, ein Umfeld für eine neue Generation<br />

von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu<br />

schaffen, die von Beginn an interdisziplinär denkt und arbeitet<br />

Im BBIB wird die Brücke geschlagen von Doktoranden-<br />

über Postdoktoranden-Stellen bis hin zu der<br />

Möglichkeit von Tenure-Track-Stellen, die jungen Wissenschaftlern<br />

die Chance eröffnen, nach einer befristeten Bewährungszeit<br />

eine unbefristete Stelle zu erhalten<br />

Gesine Wiemer<br />

8 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Fotos: IGB (Gelbrecht, Hintergrund); Fotolia (Yuri Tuchkov); Ingolf Rödel


Partner des BBIB<br />

Universitäten:<br />

Freie Universität <strong>Berlin</strong><br />

Universität Potsdam<br />

Technische Universität <strong>Berlin</strong><br />

Humboldt-Universität zu <strong>Berlin</strong><br />

TITEL Kräfte bündeln<br />

Leibniz-Institute:<br />

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und<br />

Binnen fischerei (IG B)<br />

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW)<br />

Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für<br />

Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN)<br />

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)<br />

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)<br />

Projekte im BBIB<br />

Derzeit laufen an den Partner-Institutionen schon eine Reihe<br />

wissenschaftlicher Plattformen, die Grundlage für das BBIB<br />

sind und durch das BBIB weiter entwickelt werden. Hier sind<br />

einige Beispiele.<br />

BeGenDiv – <strong>Berlin</strong> Center for Genomics in Biodiversity<br />

Research: Mithilfe von Hochdurchsatz-Sequenzierung<br />

entschlüsseln Forscher Gene sehr schnell und zu geringen<br />

Kosten. So können sie große Bereiche des Genoms<br />

analysieren. Außerdem müssen sie sich nicht auf wenige<br />

Individuen beschränken, sondern können Studien auf<br />

Populations-, Arten- und Ökosystemebene durchführen.<br />

3 www.begendiv.de<br />

ScapeLabs: Forscher untersuchen, wie sich anthropogene<br />

Einflüsse auf Biodiversität und Ökosystemfunktionen<br />

auswirken. Die großskalig angelegten Landschaftslabore<br />

(„landscape laboratories“ = ScapeLabs) dienen dazu,<br />

Mechanismen und Funktionen in realen Landschaften zu<br />

untersuchen, nämlich Agrarlandschaften, Seenlandschaften,<br />

städtischen Gebieten und im Bodenbereich.<br />

3 www.scapelabs.org<br />

Verlust der Nacht: In diesem interdisziplinären Projekt<br />

untersuchen Wissenschaftler erstmals gemeinsam die<br />

ökologischen, gesundheitlichen, kulturellen und<br />

sozioökonomischen Auswirkungen der zunehmenden<br />

Beleuchtung der Nacht. Es sollen Lösungsansätze für<br />

moderne Beleuchtungskonzepte und nachhaltige Techniken<br />

entstehen.<br />

3 www.verlustdernacht.de<br />

SMART – Science for the Mangement of Rivers and their<br />

Tidal Systems: In dieser Graduiertenschule im Rahmen des<br />

„Erasmus Mundus Programme“ der EU forschen die<br />

Nachwuchswissenschaftler zu Themen des nachhaltigen<br />

Managements von Fließgewässern: Hydrologie,<br />

Biogeochemie, Geomorphologie, Ökologie und Biologie.<br />

Die Doktoranden absolvieren Forschungsaufenthalte bei<br />

internationalen Partnerinstitutionen.<br />

3 www.riverscience.eu<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 9


TITEL Kräfte bündeln<br />

Großfahndung nach Wirkstoffen<br />

Dem Projekt EU-OPENSCREEN wurde vom Bund höchste Priorität in der<br />

deutschen Forschungslandschaft eingeräumt: Die Initiative soll die Grundlagenforschung<br />

in den Lebenswissenschaften durch eine koordinierte Suche nach<br />

neuen Wirkstoffen vorantreiben und europaweit vernetzen.<br />

Im Rahmen von EU-OPENSCREEN vernetzen europäische<br />

Forschungseinrichtungen ihre Hochtechnologielabore<br />

für die systematische Testung (Screening) von mehreren<br />

100 000 chemischen Substanzen auf biologische Wirkungen<br />

Die mit Hilfe dieser Infrastruktur identifizierten biologisch<br />

aktiven Substanzen werden als Werkzeuge zur<br />

Aufklärung biologischer Vorgänge genutzt und können als<br />

Ausgangspunkte für die Entwicklung von neuen Produkten<br />

wie Medikamenten, Pflanzenschutzmitteln u v m<br />

dienen EU-OPENSCREEN wird einen drängenden Forschungsbedarf<br />

im Bereich der gesamten Lebens wissenschaften<br />

bedienen und somit einen erheblichen Beitrag<br />

zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Forschung<br />

leisten Die im April vom Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung (BMBF) herausgegebene „Roadmap für<br />

Forschungsinfrastrukturen“ sichert EU-OPENSCREEN besondere<br />

strategische Unterstützung und Finanzierungssicherheit<br />

zu<br />

Ehrgeizige Forschungsvorhaben benötigen eine gezielte<br />

Förderung durch nationale Mittel sowie internationale Zusammenarbeit<br />

– das gilt auch für die Forschung in den Lebenswissenschaften<br />

Die Biowissenschaften haben in den<br />

vergangenen Jahren immer genauere Einsichten in die<br />

physiologischen Abläufe von Zellen und Organismen, zum<br />

Beispiel die Entstehung von Krankheiten, gewonnen, allerdings<br />

mangelt es häufig an der Umsetzung in entsprechende<br />

Therapien<br />

Um die Suche nach neuen Wirkstoffen zu beschleunigen,<br />

können heute hochleistungsfähige Roboter riesige Substanz-Sammlungen<br />

auf gewünschte physiologische Wirkungen<br />

hin testen Seit 2003 arbeiten am Leibniz-Institut<br />

für Molekulare Pharmakologie (FMP) in <strong>Berlin</strong>-Buch<br />

schon solche Roboter in der sogenannten Screening-Plattform<br />

Neben den FMP-Forschern nutzt insbesondere das<br />

benachbarte Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin<br />

(MDC) die Einrichtung für viele seiner Forschungsprojekte,<br />

zusammen mit weiteren nationalen und internationalen<br />

Forschergruppen Das Projekt EU-OPENSCREEN<br />

möchte daher diese Kapazitäten ausbauen und ähnliche<br />

Forschungszentren in ganz Europa miteinander vernetzen,<br />

wobei die Daten im Gegensatz zur industriellen Forschung<br />

öffentlich zugänglich sein sollen Das BMBF hatte<br />

2011 den Wissenschaftsrat beauftragt, große wissenschaftliche<br />

Infrastrukturvorhaben zu prüfen; in der nun<br />

veröffentlichten „Roadmap für Forschungsinfrastrukturen“<br />

wird EU-OPENSCREEN neben zwei physikalischen<br />

Großvorhaben als besonders förderungswürdige neue<br />

Forschungsinfrastruktur herausgestellt Die hohe Priorisierung<br />

gibt der Großfahndung nach Wirkstoffen neuen<br />

Rückenwind: „Wir haben uns riesig über diese Entscheidung<br />

gefreut, schließlich arbeiten wir schon seit 2005 auf<br />

dieses Ziel hin“, sagt Ronald Frank, Koordinator von EU-<br />

OPENSCREEN „Damals wurde offensichtlich, dass die<br />

Wissenschaftler solche Einrichtungen benötigen, und wir<br />

begannen, ein Netzwerk von Instituten aufzubauen – in<br />

Deutschland das ChemBio-Net“ Das FMP hat gemeinsam<br />

mit dem MDC und dem Braunschweiger Helmholtz-Zentrum<br />

für Infektionsforschung (HZI) das Projekt erarbeitet<br />

und gleichzeitig die Gesamtkoordination der europäischen<br />

10 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Foto: L.M. Peter


Projekte<br />

TITEL Kräfte bündeln<br />

Initiative übernommen Durch die nationale Anerkennung<br />

sieht sich Ronald Frank in den umfangreichen Verhandlungen<br />

mit den europäischen Partnern bestärkt Innerhalb<br />

des Netzwerks soll künftig jeder raschen Einblick erhalten,<br />

wo welche Substanzen vorhanden sind und welche Ergebnisse<br />

bislang mit ihnen erzielt wurden<br />

Konkret planen die Verantwortlichen nun am FMP ein<br />

neues Gebäude, um dem wachsenden Platzbedarf des Projekts<br />

zu genügen: „Bei uns hier am FMP passt nichts mehr<br />

rein“, so Ronald Frank Mit ihm zusammen freut sich FMP-<br />

Direktor Volker Haucke über den Erfolg: „Die Gesellschaft<br />

erwartet zu Recht, dass aus der biologischen Grundlagenforschung<br />

ein medizinischer Nutzen entspringt EU-OPEN-<br />

SCREEN wird gemeinsam mit dem in der Gründung befindlichen<br />

<strong>Berlin</strong>er Institut für Gesundheitsforschung dazu<br />

beitragen, <strong>Berlin</strong> als führendes Zentrum der translationalen<br />

Medizin zu etablieren“<br />

red.<br />

3 www.eu-openscreen.eu<br />

Was wird gesucht?<br />

In der Screening-Plattform des FMP, die auch die zentrale Core<br />

Facility zur Wirkstoffsuche des neuen <strong>Berlin</strong>er Instituts für Gesundheitsforschung<br />

(BIG) wird, laufen schon viele internationale<br />

Projekte. Hier einige Beispiele:<br />

Neue Wege gegen die Grippe<br />

Viren passen sich sehr schnell veränderten Bedingungen an und<br />

entwickeln Immunitäten. Um diesen Mechanismus zu umgehen,<br />

suchen die Forscher im EU-Projekt Antiflu nicht nach Wirkstoffen<br />

gegen die Viren selbst, sondern sie schalten gezielt körpereigene<br />

Proteine aus, ohne die sich die Viren nicht vermehren können.<br />

3 www.antiflu-project.eu<br />

Metastasierung von Tumorzellen<br />

einschränken<br />

Im EU-Projekt SFMET wurden Wirkstoffe gesucht, die die Metastasierung<br />

von Tumorzellen blockieren können.<br />

3 http://ec.europa.eu/research/health/medical-research/<br />

cancer/fp7-projects/sfmet_en.html<br />

Arzneimittel gegen Tumoren<br />

In einem Projekt mit der Universität Oslo wurden Substanzen<br />

identifiziert, die die entstehung von Tumoren hemmen. Diese<br />

Substanzen befinden sich derzeit in der Arzneimittelentwicklung.<br />

3 http://cancerres.aacrjournals.org/content/<br />

early/2012/03/27/0008-5472.CAN-11-3336<br />

Tuberkulose-Bakterien bekämpfen<br />

Das internationale „Mycobacterium Tuberculosis structural genomics<br />

consortium” fahndet nach Wirkstoffen, die die Enzyme<br />

von Tuberkulosebakterien blockieren.<br />

3 http://en.wikipedia.org/wiki/Mycobacterium_Tuberculosis_<br />

Structural_Genomics_Consortium<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 11


BLICKPUNKT FORSCHUNG | FBH<br />

Die Vermessung der Zeit<br />

Im Leibniz-Projekt Timing the Future forschen Wissenschaftler an der<br />

europaweit ersten portablen optischen Atomuhr.<br />

Dem Glücklichen fliegt sie, dem Unglücklichen vergeht<br />

sie quälend langsam Ist Zeit relativ? Zwar gibt<br />

es keine Größe, die sich so exakt messen lässt, aber<br />

bereits 1908 postulierte Albert Einstein, dass Zeit tatsächlich<br />

nicht überall gleich schnell vergeht<br />

Seit den 1950er-Jahren dienen Atomuhren als Zeitreferenz<br />

Dabei wird ausgenutzt, dass Elektronen beim Übergang<br />

zwischen zwei Energieniveaus elektromagnetische Wellen<br />

bestimmter Frequenz abgeben Diese Übergänge liegen im<br />

Mikrowellenbereich und erlauben eine extrem genaue Zeitmessung<br />

„In 1 000 Sekunden liegt der Fehler dieser Uhren<br />

bei 10 -12 s“, erzählt Andreas Wicht, Physiker am FBH<br />

Seit einigen Jahren gibt es optische Atomuhren Da die<br />

Frequenz von sichtbarem Licht 50 000 Mal höher ist als<br />

von Mikrowellen, gehen sie noch genauer Doch bislang<br />

sind sie laborfüllend und nur begrenzt einsetzbar<br />

Gemeinsam mit Kollegen von der Physikalisch-Technischen<br />

Bundesanstalt in Braunschweig und der Humboldt-Universität<br />

forscht Wicht im Leibniz-Projekt Timing<br />

the Future an der europaweit ersten portablen optischen<br />

Atomuhr Wichts Team baut sozusagen den „Lichtschalter“,<br />

der die Uhr zum Ticken bringt<br />

Die neue Uhr wird aus einem Atomreservoir bestehen –<br />

einer Falle, in der einzelne Atome mittels elektromagnetischer<br />

Wechselfelder im Hochvakuum in der Schwebe gehalten<br />

werden – sowie einem Lasersystem samt Kühlung<br />

Das Ganze soll deutlich kleiner und portabel werden<br />

Ein Atom allein – in diesem Fall: ein Ion – macht noch<br />

keine Uhr „Es ist nur die Referenz“, erklärt Wicht „Die Information,<br />

die im Ion gespeichert ist, muss erst ausgelesen<br />

werden Dazu stellt man den Laser so ein, dass er genau<br />

die Wellenlänge ausstrahlt, die das Ion anregt “ Funktioniert<br />

das, streut das Ion das Licht und Fluoreszenz entsteht<br />

Ihre Intensität ist ein Maß dafür, wie genau die Laserfrequenz<br />

der Resonanzfrequenz des Ions entspricht<br />

Wird eine Abweichung festgestellt, wird die Frequenz des<br />

Lasers nachgeregelt<br />

Andreas Wicht und<br />

Doktorandin Anja Kohfeldt<br />

vor einem Aufbau, der für die<br />

Weltraummodule genutzt wird.<br />

„Am FBH mikrointegrieren wir dafür ein Lasersystem,<br />

das auf der nichtlinearen Frequenzkonversion von Laserstrahlung<br />

aus Gallium-Arsenid-Diodenlasern basiert“, beschreibt<br />

Wicht das Projekt Die Herausforderung: die Uhr<br />

muss Beschleunigungen von 30 g aushalten, denn sie soll<br />

auch Raketenstarts überstehen „Anders als kommerzielle<br />

Systeme ist unseres kleiner und enthält keine justierbaren<br />

Teile mehr Alles ist fest verklebt oder gelötet “<br />

Heutige Atomuhren haben nur eine Abweichung von<br />

einer Sekunde in 30 Millionen Jahren Reicht das nicht?<br />

Hat höhere Genauigkeit einen Nutzen oder ist es allein<br />

aka demischer Eifer? „Beides“, meint Andreas Wicht<br />

lächelnd „Zum einen geht es um Fundamentalphysik Für<br />

fast alles gibt es quantenmechanische Beschreibungen<br />

Aber nicht für Gravitation “ In der Schule lernt man, dass<br />

alle Dinge gleich schnell fallen, egal wie sie beschaffen<br />

sind „Moderne Theorien sagen jedoch, dass das nicht<br />

stimmt Aber bisher können wir nicht mit hinreichender<br />

Genauigkeit messen, um dies zu überprüfen “<br />

Kurios ist auch, dass zwei Uhren unterschiedlich gehen,<br />

wenn sie nicht auf gleicher Höhe stehen „Das hat mit der<br />

allgemeinen Relativitätstheorie zu tun In einem Gravitationsfeld<br />

läuft eine Uhr langsamer als außerhalb Auf der<br />

Erdoberfläche vergeht die Zeit minimal langsamer als im<br />

Weltraum „Schon ein Meter Differenz macht einen messbaren<br />

Unterschied “<br />

Optische Atomuhren sind Quantensensoren für Gravitation<br />

und sind deshalb nützlich bei der exakten Vermessung<br />

der Erde Diese ist alles andere als eine perfekte Kugel<br />

und ihre tatsächliche Form wurde von Satelliten bisher<br />

nur grob abgetastet Kompakte Geräte können dies bald<br />

zentimetergenau vom Boden oder Flugzeug aus tun Die<br />

lokale Dichte des Planeten lässt Rückschlüsse auf die Lage<br />

von Bodenschätzen und Hohlräumen zu<br />

Atomuhren werden auch zur Navigation im Weltraum<br />

gebraucht, denn GPS funktioniert nur nahe dem Blauen<br />

Planeten Als Physiker liegt Andreas Wicht die Relativitätstheorie<br />

jedoch viel näher als Mars und Saturn: Irrte Einstein<br />

oder hatte er tatsächlich Recht?<br />

Catarina Pietschmann<br />

12 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Foto: FBH/Immerz


Abb.: WIAS<br />

Ein Flip ist kein Flop<br />

Neue Version des Programms TetGen erschienen<br />

Das Programm TetGen zerlegt dreidimensionale Gebilde in einfache Tetraeder.<br />

Mit dieser Darstellung sind sie zugänglich für Computersimulationen. Nun haben<br />

die Mathematiker des Weierstraß-Instituts eine neue Version des Programms<br />

herausgegeben. Es stößt auf immer größeres Interesse bei akademischen Kooperationspartnern<br />

und kommerziellen Softwareanbietern.<br />

Computerspiele arbeiten heutzutage mit sehr lebensnahen<br />

3D-Grafiken Damit eine Grafik digital<br />

verarbeitet werden kann, muss sie in einfache Polyeder<br />

zerlegt sein Mathematiker wählen dafür in der Regel<br />

Tetraeder – das ist von vier Dreiecken begrenzt und damit<br />

das einfachste Polyeder Die Grafik wirkt besonders echt<br />

und nicht technisch oder hölzern, wenn die Zerlegung gut<br />

mit dem realen Körper mit all seinen Rundungen übereinstimmt<br />

Bei einer solchen Zerlegung liegen die Ecken und Kanten<br />

der Tetraeder nicht immer auf dem Rand des ursprünglichen<br />

Körpers, sondern oft werden zusätzliche<br />

Punkte im Inneren als Eckpunkte benötigt Ein bisher ungelöstes<br />

Problem der Mathematik ist es, wie viele solcher<br />

zusätzlichen inneren Punkte man mindestens bei einem<br />

Körper braucht<br />

Dr Hang Si vom WIAS erklärt: „Bei einem Körper mit n<br />

Kanten wissen wir, dass wir auf jeden Fall mit einer Anzahl<br />

innerer Punkte auskommen, die proportional zu n² i st<br />

Aber oft reichen auch weniger Bisher können wir das aber<br />

nur ausprobieren und nicht beweisen “ Ziel ist es zunächst,<br />

jeden Körper in die kleinstmögliche Anzahl von Tetraedern<br />

zu zerlegen – das macht das Modell einfacher handhabbar<br />

und damit Computerprogramme schneller Gelöst<br />

haben die WIAS-Mathematiker das Problem zwar noch<br />

nicht, aber sie haben eine bessere Methode gefunden, es<br />

systematisch auszuprobieren „Als Mathematiker haben<br />

wir das Ziel, beweisen zu können, dass wir die beste Lösung<br />

gefunden haben“, betont Si „Das unterscheidet Tet-<br />

Gen von kommerziellen Programmen: Deren Entwickler<br />

gehen meist mit heuristischen Methoden an die Sache heran,<br />

die für spezielle Probleme in der Regel ausreichen<br />

Wir dagegen suchen nach einer mathematisch bewiesenen<br />

Lösung “<br />

Tetraedervernetzung der Luftwege einer Rattenlunge mit Hilfe von TetGen.<br />

Die Geometriebeschreibung wurde am Pacific North West Laboratory<br />

(USA) auf der Basis von Daten der Magnetresonanztomographie erstellt.<br />

Jetzt haben die WIAS-Mathematiker einen neuen Algorithmus<br />

entwickelt, der besonders wenige Punkte im Inneren<br />

findet „Im Vergleich zu anderer Software ist das die<br />

bisher beste Lösung, und außerdem ist TetGen schneller“,<br />

stellt Si heraus Dazu arbeitet das Programm mit Flips Für<br />

ein zweidimensionales konvexes Viereck gibt es genau<br />

zwei Möglichkeiten, dieses in zwei Dreiecke zu zerlegen, je<br />

nachdem, mit welcher Diagonale man es „durchstreicht“<br />

Diese Flips sind die Elementaroperationen für den gezielten<br />

Umbau einer existierenden Triangulierung Eine geschickt<br />

gewählte Reihenfolge von Flips ist ausreichend, um<br />

ohne Einfügen zusätzlicher Punkte die gewünschte Eigenschaft<br />

zu erreichen, dass die Summe der jeweils einer Kante<br />

gegenüberliegenden Dreieckswinkel kleiner als 180° ist<br />

Anders verhält es sich im dreidimensionalen Fall Hier<br />

betrachtet man jeweils zwei Tetraeder, die eine Fläche gemeinsam<br />

haben und somit eine triangulare Bipyramide<br />

bilden Mit Hilfe eines Flips kann diese auch in drei Tetraeder<br />

zerlegt werden Allerdings ist es unbekannt, ob eine<br />

geschickt gewählte Reihenfolge dieser Flips ausreicht, um<br />

eine Tetraederzerlegung ohne Einfügen zusätzlicher<br />

Punkte gezielt umzubauen<br />

Hang Sis Algorithmus generiert zunächst eine Zerlegung<br />

des Körpers in Tetraeder, die noch nicht besonders gut<br />

sein muss So kann es zum Beispiel vorkommen, dass die<br />

Kanten des ursprünglichen Körpers nicht von den Tetraedern<br />

dargestellt werden – das gäbe ein sehr ungenaues<br />

Bild Nun geht das Programm nacheinander alle Tetraeder<br />

einzeln durch und versucht, einen Flip auszuführen: Wenn<br />

es bei dem ersten Tetraeder keinen Flip gibt, testet das<br />

Programm das nächste Tetraeder und so weiter Wenn es<br />

kein Tetraeder findet, bei dem ein Flip möglich ist, fügt es<br />

einen Punkt im Inneren ein Somit werden sehr sparsam,<br />

immer nur einzeln, Punkte im Inneren hinzugefügt „Unsere<br />

Tests haben gezeigt, dass die damit erzeugten Strukturen<br />

nicht weit vom Optimum entfernt sind“, betont Si<br />

„Allerdings haben wir dafür noch keinen mathematischen<br />

Beweis gefunden “ Daran arbeitet er nun weiter<br />

Die Software TetGen ist frei verfügbar für akademische<br />

Zwecke, aber auch kommerzielle Software-Anbieter haben<br />

das Programm schon gegen Lizenzgebühren in ihre Programmpakete<br />

integriert So findet TetGen seit einigen Jahren<br />

Anwendung in der Software Mathematica, einem der<br />

meistbenutzten mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Programmpakete Die Firma Unity Media stellt eine Softwarebibliothek<br />

für Spieleentwickler zur Verfügung und<br />

verwendet TetGen für die 3D-Grafik Gerade hat Google<br />

eine Lizenz zur Verwendung im Bereich der Bildverarbeitung<br />

erworben Gesine Wiemer<br />

3 www.TetGen.org<br />

BLICKPUNKT FORSCHUNG | WIAS<br />

Eine triangulare<br />

Bipyramide lässt sich<br />

ohne Hinzufügung<br />

weiterer Punkte in 2<br />

oder in 3 Tetraeder<br />

zerlegen. Ein Flip<br />

wechselt von der<br />

einen Variante zu der<br />

anderen.<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 13


BLICKPUNKT FORSCHUNG | FMP<br />

„Sich Moleküle ausdenken,<br />

die es bisher nicht gab “<br />

Der Chemiker Marc Nazaré war als Projektleiter bei Sanofi-Aventis über 14 Jahre<br />

an der Entwicklung neuer Medikamente beteiligt. Seit Anfang Juni leitet der<br />

Medizinalchemiker eine Arbeitsgruppe am FMP, wo er für die Optimierung von<br />

Wirkstoffen verantwortlich sein wird.<br />

Herr Nazaré, was macht eigentlich ein Medizinalchemiker?<br />

Marc Nazaré: In der frühen Phase der Wirkstoffentwicklung<br />

durchsucht man zunächst Tausende von möglichen<br />

Substanzen auf eine bestimmte Wirkung hin Das<br />

FMP hat hierfür eine sehr gut aufgestellte und vernetzte<br />

Screening Unit Sehr häufig sind aber die „Hits“ die man<br />

dort findet, noch nicht aktiv genug, unselektiv oder werden<br />

im Organismus zu schnell verstoffwechselt Es sind oft<br />

nur Skizzen, die eine ungefähre Vorstellung von dem endgültigen,<br />

optimalen Wirkstoff geben Um das Molekül zu<br />

optimieren, müssen Biologen, Pharmazeuten, Mediziner<br />

und Medizinalchemiker eng zusammenarbeiten Medizinalchemiker<br />

übersetzen die biologischen Testdaten in<br />

neue Strukturen, planen und führen deren Synthese durch<br />

Neben vielen wissenschaftlichen Publikationen konnten Sie<br />

in Ihrer Zeit bei Sanofi-Aventis auch 28 Patente anmelden.<br />

Worauf sind Sie besonders stolz?<br />

Stolz ist nicht das richtige Wort – aber bei einigen Projekten<br />

hat es mich besonders gefreut, zusammen mit anderen<br />

dazu beigetragen zu haben Besonders spannend<br />

war eine Zeit, als wir intensiv an der Entwicklung neuer<br />

Hemmstoffe der Blutgerinnung gearbeitet haben, wie man<br />

sie zum Beispiel zur Vorbeugung von Herzinfarkten oder<br />

Schlaganfällen und bei Herzrhythmusstörungen einsetzt<br />

Wir haben Substanzen entwickelt, die den Koagulationsfaktor<br />

Xa hemmen und die Struktur dieser Wechselwirkung<br />

bis ins Detail untersucht Dabei haben wir ein allgemeines,<br />

für uns überraschendes Prinzip entdeckt, das die<br />

Wechselwirkung von Halogenatomen des Inhibitors mit<br />

bestimmten Aminosäuren in Proteinen betrifft Man kann<br />

es künftig auf andere Proteine übertragen und so in diesen<br />

Fällen die Wirksamkeit der Inhibitoren auf vergleichsweise<br />

einfache Weise um das Hundertfache steigern<br />

Was motiviert Sie bei der Arbeit?<br />

Sich gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern Moleküle<br />

auszudenken, die es bisher noch nicht gab, das finde<br />

ich faszinierend Jedes neue Molekül ist immer auch eine<br />

kleine Wette darauf, dass diese Verbindung sich besser auf<br />

seiner „Reise“ durch die verschiedenen Tests schlägt als<br />

das Vorgängermolekül Da ist bei allem rationalen Herangehen<br />

auch viel Kreativität und Zufall im Spiel, und gerade<br />

auch schwach begründete Hypothesen führen zu überraschenden<br />

Befunden<br />

Marc Nazaré<br />

Wie unterscheidet sich die industrielle von der akademischen<br />

Pharmaforschung, und was hat Sie zu dem Wechsel<br />

ans FMP bewogen?<br />

Die Frage ist sicherlich schwierig zu verallgemeinern,<br />

prinzipiell ist Industrieforschung sehr zielorientiert, der<br />

Zweck eines Vorhabens steht von Anfang an fest: ein sicheres,<br />

patentgeschütztes, marktfähiges Medikament für<br />

eine bestimmte Indikation möglichst schnell zu identifizieren<br />

und zu entwickeln Dagegen wird nach meinem Eindruck<br />

an öffentlichen Instituten das Forschungsergebnis<br />

selbst mehr gewürdigt, es geht eher um das Verständnis<br />

der zugrundeliegenden molekularen Mechanismen Am<br />

FMP hat mich gereizt, in einem sehr interdisziplinär aufgestellten<br />

und gut ausgestatteten Umfeld bereits in der frühen<br />

explorativen Phase der Wirkstofffindung zu arbeiten –<br />

ebenso freue ich mich auf den offenen wissenschaftlichen<br />

Austausch und die vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten<br />

Gegen welche Krankheit würden Sie gerne einmal einen<br />

Wirkstoff entwickeln?<br />

Da gäbe es viele Besonders würden mich zum Beispiel<br />

Wirkstoffe gegen jene Krankheiten interessieren, die aus<br />

verschiedenen Gründen von der industriellen Pharmaforschung<br />

eher weniger beachtet werden, wie cystische Fibrose,<br />

pulmonaler Bluthochdruck oder tropische Infektionskrankheiten<br />

Andererseits aber auch Wirkstoffe gegen<br />

weit verbreitete und beachtete Krankheiten wie ischämischer<br />

Schlaganfall oder chronische Herzinsuffizienz, für<br />

die es meiner Kenntnis nach bisher nur unzureichende<br />

medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten gibt<br />

Die Fragen stellte Birgit Herden.<br />

14 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Foto: Silke Oßwald


Foto: PDI<br />

Ein Kaskadenlaser für die<br />

fliegende Sternwarte<br />

Wer die Entstehung des Weltalls erkunden will, muss hoch hinaus – dorthin, wo<br />

kein atmosphärischer Wasserdampf mehr die Sicht auf die Galaxis vernebelt.<br />

NASA und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />

(DLR) haben dafür eine Boing 747 zum Stratosphären-Observatorium<br />

für Infrarotastronomie –<br />

kurz: SOFIA – umgebaut 2011 hob der Forschungsflieger<br />

ab und blickte aus zehn Kilometer Höhe erstmals mittels<br />

eines Terahertz-Spektrometers auf M17, den Omeganebel,<br />

und noch weiter Richtung IC342, eine Spiralgalaxie im<br />

Sternbild Giraffe Sie liegt quasi „um die Ecke“, nur wenige<br />

Millionen Lichtjahre entfernt Hier entstehen neue Sterne<br />

Es gilt Moleküle nachzuweisen, aus deren Wolken sich ein<br />

Stern zusammenballt „Je nach Zusammensetzung senden<br />

diese Molekülwolken schwache Terahertzstrahlung aus<br />

und die lässt sich nachweisen“, sagt Lutz Schrottke vom<br />

Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI)<br />

Deshalb ist GREAT an Bord, der German Receiver for Astronomy<br />

at Terahertz Frequenzies Er empfängt jene Strahlung,<br />

die im elektromagnetischen Spektrum zwischen<br />

Mikrowellen- und Infrarotbereich liegt Besonders interessiert<br />

die Forscher der interstellare Sauerstoff – konkret:<br />

eine Linie im Sauerstoffspektrum, die dem Hyperfeinstrukturübergang<br />

bei 4,745 THz entspricht Wissenschaftler<br />

im PDI entwickeln ein noch fehlendes Bauteil<br />

dafür – einen Quantenkaskadenlaser (QCL), der vom Institut<br />

für Planetenforschung des DLR in <strong>Berlin</strong> als lokaler<br />

Oszillator in GREAT integriert werden soll Der Laser wird<br />

genau die Frequenz ausstrahlen, welche die Sauerstoffatome<br />

aussenden Aus einer kleinen Differenz beider Signale<br />

lässt sich ableiten, ob die Moleküle sich auf die Erde<br />

zu oder von ihr weg bewegen<br />

Während normale Halbleiterlaser Licht erzeugen, wenn<br />

Elektronen des Leitungsbandes mit Löchern des Valenzbandes<br />

rekombinieren, machen die Elektronen bei Quantenkaskadenlasern<br />

energetisch eher kleine „Sprünge“ – Intersubband-Übergänge,<br />

also innerhalb des Leitungsbandes<br />

Entsprechend anders ist auch der Aufbau des Lasers Er<br />

besteht nicht mehr aus wenigen, sondern aus 1 000 bis<br />

2 000 ultradünnen Schichten, jeweils Galliumarsenid und<br />

Aluminium-Galliumarsenid im Wechsel Elektrisch angeregt<br />

fließen die Elektronen kaskadenartig durch die hauchdünnen<br />

Halbleiterschichten, über deren Dicke sich die Laserfrequenz<br />

sehr genau einstellen lässt<br />

Die Halbleiterschichten allein machen noch keinen Laser<br />

Das Schichtsystem muss erst noch perfekt als Resonator<br />

zugeschnitten werden An den Seiten wird soviel Material<br />

weggeätzt, bis nur ein Streifen übrig bleibt – 11<br />

Mikrometer hoch und 100 Mikrometer breit „Durch das<br />

Abspalten der Stirnflächen entstehen so glatte Ober-<br />

flächen, dass sie wie Spiegel wirken Das Licht ist im wenige<br />

Millimeter langen Resonator gefangen, wird immer<br />

wieder hin und her geschickt und bei jedem Durchlauf<br />

verstärkt“, erklärt Schrottke Ein Teil des Lichts tritt am<br />

Ende aus – der Laserstrahl<br />

Für den SOFIA-Einsatz muss der Oszillator verbindliche<br />

Anforderungen erfüllen „Er muss durchstimmbar sein,<br />

damit er möglichst genau auf die Verschiebung der Sauerstofflinie<br />

zu justieren ist Er soll im Dauerstrichbetrieb arbeiten<br />

und mechanisch gekühlt sein, denn flüssige Kühlmittel<br />

dürfen im Flugzeug nicht eingesetzt werden “<br />

Terahertz-Quantenkaskadenlaser sind eine junge Erfindung<br />

und werden bisher nur gelegentlich verwendet<br />

Aber das könnte sich bald ändern Lässt sich durch Kombination<br />

mehrerer QCL der gesamte Terahertzbereich abdecken,<br />

entsteht eine neue chemische Analysenmethode<br />

Denn jedes organische Molekül hat einen charakteristischen<br />

Fingerabdruck im Terahertzbereich – sehr praktisch<br />

für schnelles Drogenscreening<br />

Wasser absorbiert Terahertzstrahlung stark Das macht<br />

Terahertz-QCL für die medizinische Bildgebung interessant<br />

„Weil Krebszellen mehr Wasser als gesunde Zellen<br />

enthalten, könnte der Chirurg intraoperativ unter dem Lasermikroskop<br />

rasch erkennen, ob er weit genug geschnitten<br />

hat“, erzählt Schrottke In das Innere des Körpers kann<br />

man mit einem Terahertz-QCL zwar nicht hineinsehen –<br />

dafür ist bereits die Haut zu „wässrig“ – aber durch Kleidung<br />

hindurch! Metallische Objekte zeichnen sich am Körper<br />

deutlich ab Auch Qualitätskontrollen sind denkbar<br />

„Etwa um zu prüfen, ob die Verteilung von Haselnüssen in<br />

der Schokolade homogen ist“, sagt Schrottke schmunzelnd<br />

Catarina Pietschmann<br />

BLICKPUNKT FORSCHUNG | PDI<br />

Quantenkaskadenlaser<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 15


BLICKPUNKT FORSCHUNG | MBI<br />

Synchrone Bewegung von Elektronen<br />

in benachbarten Molekülen<br />

Ein ultraschneller Röntgenfilm über Metallkomplexe in einem Kristall<br />

Mittels Femtosekunden-Röntgenbeugung konnten Forscher des Max-Born-Instituts<br />

(MBI) und der Ecole Polytechnique Federale de Lausanne (Schweiz) erstmals<br />

eine extrem schnelle, kollektive Verschiebung von Elektronen zwischen 100 Molekülionen<br />

beobachten, nachdem sie ein einzelnes Elektron in einem Kristall aus<br />

Übergangsmetallkomplexen angeregt haben.<br />

Kugel- und Stäbchenmodell des Übergangsmetallkomplexes Eisen(II)-tris-Bipyridin [Fe(bpy) 3 ] 2+ .<br />

Eisenatome (Fe) sind braune, Stickstoff (N) blaue, Kohlenstoff (C) graue und Wasserstoff (H)<br />

weiße Kugeln. Die sechs Stickstoffatome befinden sich an den Ecken eines um das Fe-Atom zentrierten<br />

Oktaeders. Die Ebenen der 3 Bipyridin Untereinheiten (N 2 C 10 H 8 ) stehen jeweils senkrecht<br />

aufeinander.<br />

In der Photochemie und molekularen Photovoltaik sind<br />

sogenannte Übergangsmetallkomplexe ein weitverbreitetes<br />

System Es besteht aus einem zentralen Metallion,<br />

an das eine Gruppe von meist organischen Liganden<br />

gebunden ist Diese Materialien zeigen eine starke<br />

Absorp tion von sichtbarem oder ultraviolettem Licht –<br />

eine attraktive Eigenschaft für Anwendungen als primäre<br />

Lichtabsorber in molekularen Solarzellen oder in der<br />

molekularen Optoelektronik Nach der Absorption von<br />

Licht beobachtet man eine extrem schnelle Verlagerung<br />

der Elektronen von dem Metallion auf die Liganden Dieser<br />

Mechanismus ist wesentlich um eine elektrische<br />

Spannung zu erzeugen Da in allen Anwendungen Festkörpermaterialien<br />

bevorzugt werden, sind in diesen die<br />

Übergangsmetallkomplexe sehr dicht gepackt, was zu<br />

einer starken Wechselwirkung untereinander führt Bislang<br />

hatte man überhaupt keine Information über den<br />

Einfluss dieser gegenseitigen Wechselwirkung auf die<br />

ultraschnelle Elektronenbewegung nach der Lichtabsorption<br />

Um solch eine ultraschnelle Elektronenbewegung direkt<br />

in Raum und Zeit zu verfolgen, benötigt man experimentelle<br />

Methoden, die die Position von Elektronen in<br />

einem Kristall mit einer Präzision von 0,1 nm (0,1 nm<br />

=10 -10 m), etwa der Abstand zwischen benachbarten<br />

Atomen, auf einer sub-100 fs Zeitskala (1 fs = 10 -15 s) be-<br />

stimmen können Eine solche Abbildung ist möglich,<br />

wenn man ultrakurze Röngtenblitze an den Elektronen<br />

streut, da das Beugungsmuster die Information über die<br />

räumliche Anordnung der Elektronen zur Verfügung<br />

stellt Die Bewegung der Elektronen wird mittels eines<br />

kurzen, optischen Lichtimpulses ausgelöst, welcher ein<br />

einzelnes Elektron an einem individuellen Metallkomplex<br />

anregt In der Fachzeitschrift Journal of Chemical Physics<br />

berichten Benjamin Freyer, Flavio Zamponi, Vincent Juve,<br />

Johannes Stingl, Michael Wörner, Thomas Elsässer und<br />

Majed Chergui über die erste in-situ Röntgenabbildung<br />

der Elektron- und Atom-Bewegungen, die durch solch<br />

eine Elektronentransfer-Reaktion ausgelöst wurden Sie<br />

zeigen für das Prototypmaterial [Fe(bpy) 3 ] 2+ (PF 6- ) 2 zeitabhängige<br />

„Elektronendichte-Landkarten“, welche aus einzelnen<br />

Schnappschüssen mittels 100 fs kurzer Röntgenblitze<br />

gewonnen wurden Eine Serie von Schnappschüssen<br />

für verschiedene Momente, d h vor, während und nach<br />

der Elektronentransfer-Reaktion, lässt sich zu einem ultraschnellen<br />

Röntgenfilm über Elektron- und Atom-Bewegungen<br />

zusammenfügen<br />

Zur großen Überraschung der Wissenschaftler zeigten<br />

die zeitabhängigen „Elektronendichte-Landkarten“ nicht<br />

nur eine Verschiebung von Elektronen von den Eisen-<br />

Die Gegenionen in unserem Kristall sind jeweils zwei Hexa-fluorophosphat<br />

(PF 6- )Ionen [Phosphor (P), Fluor (F)]. Die sechs F-Atome<br />

sind ebenfalls an den Ecken eines Oktaeders um das zentrale P-Atom<br />

angeordnet. Wir zeigen hier eine 3-dimensionale Oberfläche konstanter<br />

Elektronendichte ρ(r,t) = ρ C = konst. Der Wert für ρ C wurde so gewählt,<br />

dass man höchst empfindlich die Bewegung der Elektronen auf dem<br />

PF 6- Anion verfolgen kann.<br />

16 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Abb.: MBI


Abb.: MBI; Foto: Jan Zwilling<br />

Cartoon der kollektiven Ladungsverschiebung in [Fe(bpy) 3 ] 2+ (PF 6- ) 2 ,<br />

welche ungefähr 30 Metallkomplexe (und jeweils 2 Gegenionen) um<br />

den direkt lichtangeregten Komplex involviert. Blau: Reduktion der<br />

Elektronendichte, rot: erhöhte Elektronendichte.<br />

atomen zu den Bipyridin-Liganden, sondern auch eine –<br />

bislang unerwartete – Verlagerung von Elektronen von<br />

den PF 6- Anionen zu den Bipyridin-Liganden Eine genaue<br />

Analyse der Röntgenschnappschüsse zeigt, dass der Elektronentransfer<br />

auf etwa 30 Metallkomplexen (mit jeweils<br />

2 PF 6- Anionen) um den direkt lichtangeregten Komplex<br />

herum stattfindet Diese kollektive Antwort der Elektronen<br />

wird von den starken Coulomb-Kräften zwischen den<br />

unterschiedlichen Ionen hervorgerufen, welche eine Minimierung<br />

der gesamten elektrostatischen Energie des<br />

Kris talls anstreben Solch ein Verhalten ist höchst willkommen<br />

für das Einsammeln von elektrischer Ladung in<br />

opto-elektronischen Bauelementen<br />

Michael Wörner & Thomas Elsässer<br />

doi 10.1063/1.4800223<br />

Die 3-dimensionale Oberfläche konstanter Elektronendichte innerhalb<br />

der Einheitszelle des Kristalls zeigt die relative räumliche Anordnung<br />

der Eisenatome (Kugeln), Bipyridin-Liganden (Bretzelartige Objekte)<br />

und PF 6- Anionen (Oktaeder-förmige Sterne).<br />

BLICKPUNKT FORSCHUNG | MBI<br />

Hervorragendes Evaluierungsergebnis<br />

– das MBI zählt weltweit<br />

zur Spitzengruppe<br />

Das Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI)<br />

wurde von einer international besetzten Expertengruppe glänzend evaluiert.<br />

In seiner Stellungnahme, die der Senat der Leibniz-Gemeinschaft abschließend<br />

vorlegte, wird festgestellt: „Im weltweiten Vergleich zählt das MBI zur Spitzengruppe<br />

der Institute seines Fachgebiets.“ Mit der positiven Evaluierung<br />

verbunden ist die Empfehlung an Bund und Länder, das MBI mit seinen etwa<br />

zweihundert Mitarbeitern für weitere sieben Jahre gemeinsam zu finanzieren<br />

sowie „die finanziellen Vorrausetzungen für eine exzellente Weiterentwicklung<br />

des Instituts schaffen“.<br />

Im Einzelnen bescheinigten die Gutachter dem MBI hervorragende Forschungsergebnisse<br />

von hoher Relevanz. Neben den beeindruckenden Publikationsleistungen<br />

in führenden internationalen Zeitschriften werden auch die<br />

hohen Drittmitteleinnahmen, darunter ein ERC Advanced Grant (2009), betont.<br />

Ferner wird der Beitrag des MBI bei der Realisierung neuester Laser-<br />

Technologien, wie beim Aufbau des „Freien Elektronenlasers in Hamburg“<br />

(FLASH) am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) oder zukünftig beim<br />

europäischen „X-Ray Free-Electron Laser“ (XFEL) gelobt. Der vom MBI geleistete<br />

Wissenstransfer sei „qualitativ und quantitativ beträchtlich“.<br />

Die hervorragende Ausbildung junger Nachwuchswissenschaftler komme der<br />

Wissenschaft wie der Wirtschaft zugute. Als Kooperationspartner sei das MBI<br />

im In- und Ausland gefragt; besonders wird seine Rolle als Koordinator des<br />

bedeutenden EU-Großprojekts „Laserlab Europe“ herausgestellt. Im Wettbewerb<br />

um die klügsten Köpfe sieht der Senat das MBI bestens aufgestellt. Die<br />

aufwändige und kostenintensive Ausstattung mit Experimentieranlagen wird<br />

für das MBI als unverzichtbar eingeschätzt und als Grund für eine Aufstockung<br />

im investiven Bereich gesehen.<br />

Der Geschäftsführende Direktor des MBI, Prof. Marc Vrakking, freut sich über<br />

das sehr gute Abschneiden seines Instituts: „Ich bin vor drei Jahren ans MBI<br />

gekommen, weil ich von den guten Arbeits- und Forschungsbedingungen<br />

überzeugt war. Seitdem konnte ich zu meiner Freude feststellen, dass die Zusammenarbeit<br />

zwischen allen Bereichen des Instituts und somit die Möglichkeit,<br />

herausragende Wissenschaft zu betreiben, sogar noch besser ist als ich<br />

gehofft und erwartet hatte. Es freut mich natürlich sehr, dass dieser positive<br />

Eindruck von den internationalen Experten geteilt wird und wir als weltweit<br />

führend bewertet werden. Ein so außergewöhnliches Ergebnis lässt sich nur<br />

durch die Zusammenarbeit all der hoch motivierten und kompetenten Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter am MBI erzielen.“<br />

Alexander Grimm<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 17


BLICKPUNKT FORSCHUNG | MBI<br />

Wasserstoffatome unter der Lupe<br />

Einem Forscherteam ist es gelungen, ein Mikroskop zu entwickeln, das die<br />

direkte Beobachtung von Knotenstrukturen in elektronischen Zuständen des<br />

Wasserstoffatoms ermöglicht.<br />

Um die mikroskopischen Eigenschaften von Materie<br />

und ihre Wechselwirkungen mit der Umgebungswelt<br />

beschreiben zu können, werden in der<br />

Quantenmechanik Wellenfunktionen genutzt, deren<br />

Struktur- und Zeitabhängigkeit von der Schrödingergleichung<br />

beschrieben werden In Atomen lassen sich mithilfe<br />

von elektronischen Wellenfunktionen u a Ladungsverteilungen<br />

beschreiben, deren Größenordnung weit von<br />

unserem alltäglichen Erfahrungs-<br />

horizont entfernt ist Die experimentelle<br />

Beobachtung der Ladungsverteilung<br />

wird dadurch erschwert, dass<br />

der Vorgang der Messung selbst Auswirkungen<br />

auf die Wellenfunktion<br />

hat und jede Messung selektiv nur<br />

eine Manifestation der möglichen<br />

Zustände erfasst Physiker behelfen sich daher mit Berechnungen<br />

von Ladungsverteilungen, die mit Lehrbuchwissen<br />

möglich sind Besser gesagt, bis heute war dies<br />

so Unter der Federführung von Wissenschaftlern des<br />

MBI gelang es nun einem internationalen Forscherteam,<br />

ein Mikroskop zu entwickeln, das die Vergrößerung der<br />

Wellenfunktion angeregter Wasserstoffatome um einen<br />

Faktor von mehr als zwanzigtausend erlaubt Damit können<br />

die Knotenstrukturen der elektronischen Zustände<br />

des Wasserstoffatoms auf einem zweidimensionalen Detektor<br />

sichtbar gemacht werden Die Ergebnisse der Arbeit<br />

stellen die Verwirklichung einer drei Jahrzehnte alten<br />

Idee dar und wurden in Physical Review Letters (PRL<br />

110, 213001, <strong>2013</strong>) veröffentlicht<br />

Die Entwicklung der Quantenmechanik<br />

in der ersten<br />

Hälfte des letzten<br />

Jahrhunderts hatte erheblichen<br />

Einfluss auf<br />

das naturwissenschaftliche<br />

Verständnis der Welt<br />

Die Quantenmechanik erweiterte<br />

das auf der klassischen<br />

Newtonschen Mechanik<br />

aufbauende Weltbild um eine Beschreibung der Mikrowelt,<br />

deren Eigenschaften sich mit klassischen Ansätzen<br />

nicht erklären ließen Diese Eigenschaften umfassen<br />

z B die Teilchen-Welle-Dualität, die Interferenz und<br />

Verschränkung von Teilcheneigenschaften, die Heisenbergsche<br />

Unschärferelation und das Paulische Ausschlussprinzip<br />

Von zentraler Bedeutung in der Quantenmechanik<br />

ist das Konzept der Wellenfunktion, die eine<br />

mathematische Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung<br />

erlaubt Gemäß der Kopenhagener Interpretation<br />

beschreibt die Wellenfunktion die Wahrscheinlich-<br />

Die Wellenfunktion erlaubt die<br />

Beschreibung nicht-klassischer<br />

Phänomene auf der Mikroskala, die<br />

durch Messungen auf der Makroskala<br />

beobachtet werden.<br />

keit von Messergebnissen, die aus einem<br />

quantenmechanischen System hervorgehen wie z B die<br />

Energie eines Systems oder die Position und der Impuls<br />

seiner Bestandteile Die Wellenfunktion erlaubt damit<br />

die Beschreibung nicht-klassischer Phänomene auf der<br />

Mikroskala, die durch Messungen auf der Makroskala beobachtet<br />

werden Die Messung entspricht dem Betrachten<br />

eines oder mehrerer der unzähligen möglichen<br />

Manifes tationen der Wellenfunktion<br />

Trotz ihres enormen Einflusses auf die moderne Elektronik<br />

und Photonik bieten die Quantenmechanik und<br />

die sich daraus eröffnenden Möglichkeiten noch immer<br />

große intellektuelle Herausforde-<br />

rungen Immer wieder wurden neue<br />

Experimente angeregt, um die faszinierenden<br />

Vorhersagen der Theorie<br />

zu veranschaulichen So erhielten<br />

beispielweise Haroche und Wineland<br />

den Nobelpreis 2012 für ihre Arbeiten<br />

zur Messung und Steuerung einzelner<br />

Quantensysteme in störungsfreien Quantenexperimenten,<br />

die den Weg für genauere optische Uhren und<br />

möglicherweise sogar für die zukünftige Realisierung<br />

eines Quantencomputers ebneten Unter Verwendung<br />

kurzer Laserimpulse können in Experimenten kohärente<br />

Überlagerungen von stationären quantenmechanischen<br />

Zuständen (Wellen) der Elektronen, die sich auf periodischen<br />

Umlaufbahnen um Atomkerne bewegen, beobachtet<br />

werden Die Wellenfunktion jedes dieser elektronischen<br />

stationären Zustände ist eine stehende Welle, die<br />

ein Knotenmuster aufweist, in dem sich die Quantenzahlen<br />

der jeweiligen Zustände widerspiegeln Zur Beobachtung<br />

solcher Knotenmuster wurden Raster-Tunnel-<br />

Verfahren auf Oberflächen angewandt Außerdem<br />

ermöglichen jüngst durchgeführte Laserionisierungsexperimente<br />

die Herstellung von Licht im extremen UV-Bereich,<br />

welches die initiale Wellenfunktion eines Atoms<br />

oder Moleküls im Ruhezustand kodiert<br />

Vor ungefähr 30 Jahren haben russische Theoretiker<br />

eine alternative experimentelle Methode vorgestellt, um<br />

die Eigenschaften von Wellenfunktionen zu messen Sie<br />

schlugen vor, Experimente zur Erforschung der Laserionisierung<br />

von atomarem Wasserstoff in einem statischen<br />

elektrischen Feld durchzu-<br />

führen Sie sagten voraus,<br />

dass die Projektion von<br />

Elektronen auf einem zweidimensionalen<br />

Detektor<br />

(der senkrecht zum statisch<br />

Die 30 Jahre alte theortische<br />

Überlegung konnte jetzt experimentell<br />

nachgewiesen werden.<br />

elektrischen Feld platziert ist) die Messung von Interferenzmustern<br />

erlaubt, welche unmittelbar die Knotenstruktur<br />

der elektronischen Wellenfunktion wid er spiegeln<br />

Diese Tatsache liegt in der besonderen Eigenschaft<br />

des Wasserstoffs begründet, welches als einziges in der<br />

Natur vorkommendes Atom nur ein Elektron enthält<br />

Aufgrund dieser Besonderheit lassen sich die Wellen-<br />

18 verbundjournal Juni <strong>2013</strong>


Abb.: MBI<br />

Abbildung: (links) zweidimensionale Projektion von Elektronen aus der<br />

Anregung von Wasserstoffatomen auf vier elektronische Zustände, versehen<br />

mit Quantenzahlen (n1,n2,m) und mit (von oben nach unten) 0, 1, 2<br />

und 3 Knoten in ihrer Wellenfunktion für die parabolische Koordinate ζ =<br />

r+z; (rechts) Vergleich der experimentell gemessenen radialen Verteilung<br />

(durchgehende Linien) mit Ergebnissen aus quantenmechanischen Berechnungen<br />

(gestrichelte Linien), der zeigt, dass im Experiment die Knotenstruktur<br />

der quantenmechanischen Wellenfunktion gemessen wurde.<br />

funktionen des Wasserstoffs als Produkt von genau zwei<br />

Wellenfunktionen darstellen, welche beschreiben, wie<br />

sich die Wellenfunktion als eine Funktion zweier sog<br />

„parabolischer Koordinaten“ verändert Wesentlich ist,<br />

dass die Form der beiden parabelförmigen Wellenfunktionen<br />

unabhängig von der Stärke des statischen elektrischen<br />

Feldes gleichbleibend ist und somit auf der gesamten<br />

Reise des Elektrons vom Ionisierungsort zum<br />

zweidimensionalen Detektor (in unserem Experiment<br />

etwa ein halber Meter!) erhalten bleibt<br />

Erratum<br />

Im letzten Journal haben wir in dem Artikel „Mehr als nur<br />

ein Bleistift strich“ auf Seite 17 über ein Projekt im Paul-Drude-Institut<br />

zum Material Graphen berichtet. Leider gab es<br />

eine fehlerhafte Bildunterschrift. Richtig muss es heißen:<br />

Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme<br />

einer Graphenschicht im Querschnitt<br />

Abb.: PDI<br />

Die schlüssige Idee in die experimentelle Realität umzusetzen<br />

war indessen alles andere als einfach Da Wasserstoffatome<br />

nicht chemisch stabil sind, mussten sie<br />

zunächst per Laserdissoziation eines geeigneten Vorläufermoleküls<br />

(Wasserstoffdisulfid) hergestellt werden<br />

Dann mussten die Wasserstoffatome in entsprechende<br />

elektronische Zustände angeregt werden, was wiederum<br />

zwei weitere, genau abzustimmende Laserquellen erforderte<br />

Waren die Elektronen dann angeregt, musste<br />

schließlich eine äußerst empfindliche elektrostatische<br />

Linse zum Einsatz kommen, um die physikalischen Dimensionen<br />

des Atoms in den Bereich einer Millimeterskala<br />

zu vergrößern, auf der sie dann mit bloßem Auge<br />

auf einem zweidimensionalen Bildwandler beobachtet<br />

und mit einem Kamerasystem aufgenommen werden<br />

konnten Die wichtigsten Ergebnisse sind in der Abbildung<br />

dargestellt Die Abbildung zeigt die rohen Kameradaten<br />

von vier Messungen, bei denen das Wasserstoffatom<br />

auf Zustände mit 0, 1, 2, und 3 Knoten in der<br />

Wellenfunktion für die parabolische Koordinate ζ = r+z<br />

angeregt wurde Wie die experimentell ermittelten Projektionen<br />

auf dem zweidimensionalen Detektor zeigen,<br />

können die Knoten leicht über die Messungen erfasst<br />

werden Der experimentelle Aufbau dient hier als Mikroskop,<br />

das es uns bei einer Vergrößerung um einen Faktor<br />

von etwa zwanzigtausend ermöglicht, sehr tief in ein<br />

Wasserstoffatom hinein zu schauen<br />

Über den reinen Nachweis einer mehr als 30 Jahre<br />

alten theoretischen Überlegung hinaus, werden in unserem<br />

Experiment wunderschön die Feinheiten der<br />

Quantenmechanik demonstriert Außerdem sollten unsere<br />

Ergebnisse als ein fruchtbares Spielfeld für weitere<br />

Forschungen dienen, bei denen man beispielsweise Wasserstoffatome<br />

gleichzeitig sowohl elektrischen wie magnetischen<br />

Fel dern aussetzt Das einfachste Atom in der<br />

Natur hat immer noch eine Menge spannender Physik zu<br />

bieten<br />

Marc Vrakking<br />

doi 10.1103/PhysRevLett.110.213001<br />

BLICKPUNKT FORSCHUNG | MBI<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 19


BLICKPUNKT FORSCHUNG | IZW<br />

Gesundheitsfalle Quecksilber<br />

Polarfüchse, die in Küstenregionen leben, leiden häufig unter Quecksilberbelastung,<br />

wie Forscher vom IZW herausfanden – ein Problem, das auf kontaminierte<br />

Nahrung zurückgeht und zeigt, dass der Druck auf polare Ökosysteme in den<br />

kommenden Jahren zunehmen dürfte.<br />

Auch entlegene, scheinbar vom Menschen unbeeinflusste<br />

Ökosysteme sind zuweilen fragil: So<br />

schrumpfte die Polarfuchs-Population auf der Insel<br />

Mednyi, eine der im Nordpazifik gelegenen Kommandeurinseln,<br />

in den 1970er Jahren von 1000 auf 100, ohne sich<br />

seitdem erholen zu können Seit 2008 erforschen Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler in einem deutsch-russischen<br />

Kooperationsprojekt unter IZW-Beteiligung die<br />

Gründe hierfür Sie vermuteten zunächst eine gesundheitliche<br />

Ursache und machten sich auf die Suche nach möglichen<br />

Krankheitserregern – erfolglos IZW-Forscher Alex<br />

Greenwood, seit 2009 Leiter des Kooperationsprojekts,<br />

regte daraufhin an, die Nahrung der Tiere zu untersuchen<br />

Es stellte sich schnell heraus, dass die auf Mednyi lebenden<br />

Polarfüchse ausschließlich marine Wirbeltiere wie<br />

Seevögel und Robben fressen Und diese sind stark mit<br />

Quecksilber belastet, einem giftigen Schwermetall, das die<br />

Forscher auch in den Haaren und inneren Organen der<br />

Füchse nachwiesen<br />

Diese Ergebnisse gaben Anlass zu einer Ausweitung des<br />

Projekts: Greenwood und sein Team nahmen zusätzlich<br />

die Polarfüchse der Beringinsel, der größeren, besiedelten<br />

Nachbarinsel Mednyis, sowie zwei isländische Polarfuchs-<br />

Populationen unter die Lupe, von denen eine an den Küs-<br />

ten und eine im Landesinnern lebt Außerdem analysierten<br />

sie historische Hautproben von Füchsen, die von<br />

Mednyi stammen<br />

Das Forscherteam fand heraus: Fuchspopulationen, deren<br />

Nahrungsquellen stark mit Quecksilber belastet sind,<br />

weisen eine hohe Quecksilberbelastung und eine Beeinträchtigung<br />

der Populationsentwicklung auf So ist von<br />

den miteinander verglichenen Populationen jene, die im<br />

isländischen Landesinnern lebt, die mit Quecksilber am<br />

geringsten belastete – diese Tiere ernähren sich vorwiegend<br />

von Nagetieren Die an der Küste lebenden Fuchspopulationen<br />

Islands und auf der Beringinsel sind seit Längerem<br />

stabil, obwohl sich diese Tiere in stärkerem Maße<br />

von Meeresvögeln ernähren; sie haben allerdings auch Zugang<br />

zu anderen Futterquellen, etwa menschlichen Abfällen<br />

Dagegen ist die Sterblichkeitsrate bei Jungtieren der<br />

Polarfuchs-Population auf Mednyi mit etwa 90 Prozent besorgniserregend<br />

hoch Zudem haben diese Tiere durchgehend<br />

ein sehr geringes Körpergewicht, und ihr Fell befindet<br />

sich in schlechtem Zustand „Unsere Ergebnisse zeigen,<br />

dass es eine starke Beziehung zwischen der Abhängigkeit<br />

von mariner Nahrung und der Kontamination der Füchse<br />

gibt“, sagt Greenwood So konnten die Forscher auch in<br />

den Museumsproben erhöhte Quecksilberkonzentrationen<br />

finden, denn die Polarfüchse auf Mednyi haben keine<br />

Alternative zu quecksilberhaltigen Nahrungsquellen<br />

Aus diesem Grund ist Mednyis Polarfuchs-Population in<br />

besonderer Gefahr: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie nicht<br />

mehr lange überleben wird, ist nach Ansicht des Forscherteams<br />

sehr hoch, denn externe Faktoren wie Krankheiten<br />

oder strenge Winter machen einer derart kleinen Population<br />

schnell den Garaus Da die auf Mednyi lebenden Polarfüchse<br />

eine eigene Unterart bilden, ginge diese damit unwiderruflich<br />

verloren Naturschützerische Maßnahmen<br />

sind allerdings schwer durchführbar, denn am Hauptproblem<br />

der Füchse, ihrer Nahrung, lässt sich kaum etwas ändern<br />

– „und dies betrifft letztlich alle Lebewesen, die an<br />

der Spitze ihrer Nahrungskette stehen und sich aus marinen<br />

Quellen ernähren“, sagt Alex Greenwood Dabei wird<br />

sich das Problem noch verschärfen: Die Einleitung von<br />

Quecksilber in die Ozeane nimmt weiter zu – über den<br />

Zeitraum von 2005 bis 2020 um etwa 25 Prozent<br />

Aktuell untersuchen Greenwood und sein Team, wie<br />

sich andere Umweltschadstoffe – etwa industrielle Chemikalien<br />

– auf das Ökosystem Islands auswirken Sie erhoffen<br />

sich davon weitere Aufschlüsse darüber, in welchem<br />

Maße Beeinträchtigungen der natürlichen Umgebung der<br />

dort lebenden Tiere ihre Gesundheit beeinflussen<br />

Wiebke Peters<br />

PLoS ONE, doi:10.1371/journal.pone.0060879<br />

Polarfüchse (Vulpes lagopus) werden mit dunkelbraunem Fell geboren.<br />

Bocharova/IZW<br />

N.<br />

Auch erwachsene Tiere haben im Sommer dunkleres Fell, der Winterpelz<br />

ist weiß oder blau. Foto:<br />

20 verbundjournal Juni <strong>2013</strong>


Foto: IGB<br />

Spurensuche im Seearchiv<br />

Manchmal geht es um ein singuläres Phänomen. In anderen<br />

Fällen darum, Trends zu erkennen. Detektivarbeit für die<br />

Gewässerökologen des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie<br />

und Binnenfischerei (IGB). Viele Indizien zur Lösung<br />

sind bereits vorhanden, denn seit 35 Jahren stehen Müggelsee<br />

und Stechlinsee unter wissenschaftlicher Beobachtung.<br />

Es gilt nur, die vielfältigen Daten aus dem Archiv zu ziehen<br />

– und die richtigen Fragen zu stellen.<br />

Was war da los im Jahrhundertsommer 2003? Die<br />

Temperaturen lagen deutlich über dem langjährigen<br />

Mittel – so auch 2006 und 2007 „Erfahrungsgemäß<br />

kommt es in derartigen Hitzesommern zu einer<br />

besonders starken Ausbildung von Algenblüten Stabile<br />

thermische Schichtungsereignisse nehmen zu, die allgemein<br />

länger anhalten“, erklärt Rita Adrian, Leiterin der Abteilung<br />

Ökosystemforschung am IGB und Spezialistin für<br />

Langzeitstudien von Seen und Klimafolgenforschung Das<br />

Wasser durchmischt sich nicht mehr vertikal Dadurch<br />

sinkt der Sauerstoffgehalt in den unteren Schichten drastisch,<br />

Phosphat wird aus dem Sediment freigesetzt und die<br />

interne Düngung des Müggelsees setzt ein Wenn sich das<br />

Wasser wieder mischt, ist es das pure Schlaraffenland für<br />

Algen Nährstoffe im Überfluss! Sie vermehren sich ungehemmt<br />

und das Wasser wird durch Algenblüte entsprechend<br />

trüb So war es in den im Mittel identisch heißen<br />

Sommern 2006 und 2007 – aber nicht 2003 Da blieb der<br />

See klar Warum?<br />

Wie gut, dass es so eine Art „See-Tagebuch“ gibt „Die langen<br />

Zeitreihen ermöglichen uns unter anderem, kritische<br />

Zeitfenster im Jahr und kritische Grenzwerte zu ermitteln“,<br />

erklärt Adrian „Wir beobachten den Temperaturverlauf<br />

über das ganze Jahr und das Antwortverhalten im Plankton<br />

“ Die Frage für diese Extremereignisse 2003, 2006,<br />

2007: Wie lang muss die Schichtung anhalten und wie hoch<br />

der Phosphorwert sein, damit Cyanophyceen dominant<br />

werden und das Wasser trüben? Mit Hilfe statistischer Modelle<br />

können aus den langjährigen Zeitreihen kritische<br />

Grenzwerte z B zur Temperatur, Länge von thermischen<br />

Schichtungsereignissen sowie Nährstoffen quantifiziert<br />

und auf Extremereignisse wie Hitzesommer angewandt<br />

und getested werden Im Jahrhundertsommer 2003 unterschritt<br />

die Länge der Schichtungsereignisse meist die für<br />

die Ausbildung von Cyanophyceenblüten notwendige kritische<br />

Länge Und deshalb kam die Algenblüte nicht so<br />

stark in Schwung wie in den anderen Hitzesommern<br />

Seit 1979 steht der Müggelsee unter ständiger Beobachtung<br />

Diverse Parameter werden ermittelt, ausgewertet<br />

und online gestellt Die automatisch in situ gemessenen Parameter<br />

alle fünf Minuten, andere meist auf wöchentlicher<br />

Zeitskala Darunter: Wassertemperatur, Sauerstoff- und<br />

Nährstoffgehalt, pH-Wert, Fluoreszenz des Wassers – als<br />

Maß für das Phytoplankton, Art und Biomasse des Phyto-<br />

und des Zooplanktons Außerdem werden, zur Freude von<br />

Seglern und Badenden, Wetterdaten erhoben<br />

Die Messungen an Müggelsee und Stechlinsee sind Teil<br />

von GLEON, dem Global Lake Ecological Observatory Network<br />

sowie seinem europäischen Pendant NETLAKE Im<br />

Rahmen von GLEON beobachten Forscher Veränderungen<br />

der Systemdynamik auf unterschiedlichen Zeitskalen im<br />

Bereich von Minuten bis hin zu mehreren Dekaden<br />

„Auch wenn die saisonalen Grundmuster des Ökosystems<br />

See in jedem Jahr meist gleich sind: Im Detail sind sie<br />

verschieden und schwer vorhersagbar Diese Variabilität<br />

und die Verbesserung einer Vorhersagbarkeit interessieren<br />

uns Unsere zeitlich hochaufgelösten Zeitreihen, in Verbindung<br />

mit Enclosure-Experimenten und mathematischen<br />

Modellen, ermöglichen uns, derartig komplexe Fragen zu<br />

adressieren“, betont Adrian Dazu gehören neben der Überprüfung<br />

von Theorien auch Fragen zu zugrundeliegenden<br />

Treibern abrupter Veränderungen wie Regime Shifts, Tipping<br />

Points, Fragen zur Biodiversität und der Konkurrenz<br />

unter Mikroorganismen In Zukunft wollen die Forscher<br />

auch verstärkt genetische Studien aufgreifen, um die Mikroevolution<br />

im See im Kontext der globalen Klimaerwärmung<br />

zu verstehen Catarina Pietschmann<br />

BLICKPUNKT FORSCHUNG | IGB<br />

Aufbau des durch<br />

die EU geförderten<br />

in situ Experimentes<br />

REFRESH,<br />

Verankerung an der<br />

Müggelsee-Messstation.<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 21


VERBUND INTERN<br />

„Ein gutes Umfeld für kreative<br />

Ideen schaffen “<br />

Am 1. Mai <strong>2013</strong> hat Prof. Henning Riechert, Direktor des Paul-Drude-Instituts für<br />

Festkörperelektronik (PDI), turnusgemäß das Amt des Vorstandssprechers des<br />

<strong>Forschungsverbund</strong>es <strong>Berlin</strong> für zwei Jahre übernommen. Stellvertretender Vorstandssprecher<br />

ist Prof. Günther Tränkle, Direktor des Ferdinand-Braun-Instituts,<br />

Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). Wir sprachen mit<br />

Prof. Riechert über die Rolle des <strong>Forschungsverbund</strong>es.<br />

Herr Prof. Riechert, braucht ein einzelnes Institut eigentlich<br />

den <strong>Forschungsverbund</strong>? Könnte es nicht allein viel<br />

besser über seine Belange entscheiden?<br />

Prof. Riechert: Am Anfang war ich skeptisch, doch<br />

mittlerweile bin ich vom Konzept des <strong>Forschungsverbund</strong>es<br />

überzeugt Wir bilden so eine stärkere Einheit<br />

Das gilt besonders für die kleineren Institute Dabei darf<br />

natürlich nicht der Charme der Leibniz-Institute verloren<br />

gehen: Sie sind flexibel und unabhängig<br />

Ist die Balance zwischen zentralen und dezentralen Kompetenzen<br />

ausgewogen?<br />

Für meinen Geschmack ja Es gibt überhaupt keine<br />

Tendenzen, dass wir uns irgendwelchen starren Gerüstwerken<br />

unterwerfen Aber es besteht die Möglichkeit zur<br />

Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen<br />

Was die Verwaltung betrifft, können kurze Wege sehr<br />

nützlich sein, so dass für uns auch die Verwaltungsmitarbeiter<br />

im Institut wichtige Ansprechpartner sind Andererseits<br />

können wir uns in der Gemeinsamen Verwaltung<br />

Spezialistentum leisten, wie Beratung bei Personalfragen,<br />

das Patentwesen oder das Justiziariat Das ist ein unschätzbarer<br />

Vorteil<br />

Wenn die Verwaltung so funktioniert, dass die Wissenschaftler<br />

nicht viel davon merken, dann ist sie leistungsstark<br />

– schließlich soll die Verwaltung die Wissenschaft<br />

entlasten Wir sind relativ überschaubare Einheiten, die<br />

letzten Endes von wenigen Individuen leben, die die kreativen<br />

Ideen und das tiefe Wissen haben Diese Köpfe<br />

müssen sich optimal entfalten können unter bestmöglichen<br />

Arbeitsbedingungen<br />

Profitieren die Institute auch wissenschaftlich?<br />

Ja, einen solch intensiven Kontakt zu unterschiedlichen<br />

Fachbereichen hätten wir als einzelnes Institut sonst<br />

nicht so leicht Das macht für mich den besonderen Reiz<br />

aus Und auch die gemeinsame Arbeit im Vorstand ist<br />

eine Bereicherung Ohne den intensiven Austausch mit<br />

Kollegen wäre das Leben viel schwerer<br />

Im Mittelpunkt stehen bei uns im Vorstand immer die<br />

fachlichen Inhalte und die wissenschaftliche Exzellenz<br />

Das gilt es zu bewahren<br />

Neuer Sprecher des <strong>Forschungsverbund</strong>es <strong>Berlin</strong><br />

ist PDI-Direktor Prof. Henning Riechert.<br />

Sind die regelmäßigen Evaluierungen der Leibniz-Gemeinschaft<br />

dabei sinnvoll oder behindern sie die Wissenschaftler?<br />

Die Vorbereitung auf die Evaluierungen verursacht natürlich<br />

sehr viel Arbeit, aber sie sind für das Institut sehr<br />

wertvoll Die Beurteilung durch die unabhängigen Gutachter<br />

ist allgemein anerkannt Ich habe bei unserer letzten<br />

Evaluierung von den Experten Rückendeckung für einige<br />

Pläne erhalten Mit dieser Bestätigung durch das<br />

Expertengremium war es dann viel einfacher, die Umsetzung<br />

anzugehen<br />

Welche Rolle spielt der <strong>Forschungsverbund</strong> bei den Zuwendungsgebern?<br />

Bei den Gesprächen mit dem Senat ist unsere Größe eindeutig<br />

ein Vorteil – und zwar für beide Seiten Für den Senat<br />

ist es einfacher, mit dem <strong>Forschungsverbund</strong> nur einen<br />

Gesprächspartner zu haben Bei aller Pluralität von Meinungen<br />

können wir als Institute mit unseren Positionen<br />

viel besser durchdringen Das macht es für alle effizienter<br />

Als ich vor fünf Jahren am PDI angefangen habe, wollte<br />

ich mich ganz auf die wissenschaftliche Arbeit des Instituts<br />

konzentrieren Als Vorstandssprecher möchte ich<br />

nun auch über den Tellerrand des Instituts hinausblicken,<br />

ich bin gespannt auf das weitere Umfeld und komplexere<br />

Finanzierungsmechanismen<br />

… und die Leibniz-Gemeinschaft?<br />

Dort steht uns ein Wechsel des Präsidenten bevor Er<br />

muss sich möglichst schnell bei uns zu Hause fühlen Da<br />

er seinen Sitz in <strong>Berlin</strong> hat, werden wir ihn sicher gut bei<br />

seinem Einstieg unterstützen können Entscheidend ist,<br />

dass er unsere Stärken erkennt und weiter befördert<br />

Die Fragen stellte Gesine Wiemer<br />

22 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

Foto: PDI/Schuster


Fotos: Lise-Meitner-Schule<br />

Jenseits des Lehrplans<br />

In der Schule gibt der Lehrplan in der Regel einen strengen<br />

Rahmen vor, Raum für eigene Ideen zum Erkunden von Unterrichtsstoff<br />

gibt es kaum. Die Lise-Meitner-Schule hat nun<br />

ein Schülerforschungszentrum eingerichtet, in dem Jugendliche<br />

eigene Forschungsprojekte umsetzen können. Das Ferdinand-Braun-Institut<br />

ist Partner in diesem Projekt.<br />

Wenn kleine Kinder etwas lernen, gehen sie voller<br />

Neugier und Tatendrang an die Sache heran<br />

Niemand leitet sie dazu an, laufen oder sprechen<br />

zu lernen Dieses unabhängige Verfolgen der eigenen<br />

Interessen ähnelt dem Forscherdrang von Wissenschaftlern<br />

– richtig Neues entsteht vor allem dort, wo es keine<br />

starren Vorgaben gibt In der Schule hingegen muss ein<br />

Lehrplan eingehalten werden, dort bleibt wenig Freiraum<br />

für echtes Forschen Um der Kreativität von interessierten<br />

Jugendlichen freien Lauf zu lassen, hat die Lise-Meitner-<br />

Schule ein Schülerforschungszentrum eingerichtet, in dem<br />

Schülerinnen und Schüler ihre Ideen verwirklichen können<br />

Das Ferdinand-Braun-Institut unterstützt das Projekt:<br />

die Jugendlichen können sich dort von Wissenschaftlern<br />

beraten und unter die Arme greifen lassen<br />

Anders als in einem Schülerlabor können die Schülerinnen<br />

und Schüler im Schülerforschungszentrum nicht<br />

nur an einem Tag ein richtiges Labor benutzen, sondern<br />

sie entwickeln ihr Projekt über einen längeren Zeitraum<br />

Dabei erhalten sie Unterstützung durch erfahrene Lehrer<br />

und Wissenschaftler und können die gute Laborausstattung<br />

der Lise-Meitner-Schule nutzen, u a im dort ansässigen<br />

gemeinsam mit dem FBH betriebenen Schülerlabor<br />

MicroLAB Dies ermöglicht es den jungen Forschern, in ihrem<br />

Projekt echte Fragen zu beantworten, anstatt nur<br />

längst bekannte Tatsachen einfach nachzumessen Mit solchen<br />

Bedingungen soll auch eine verstärkte Teilnahme<br />

von <strong>Berlin</strong>er Schülern an Wettbewerben wie „Jugend<br />

forscht“ erreicht werden Ist so die Begeisterung der Jugendlichen<br />

geweckt, kann das sicher auch die Entscheidung<br />

für einen naturwissenschaftlich-technischen Beruf<br />

beeinflussen – entweder auf dem Weg der Ausbildung<br />

oder des Studiums<br />

Die Schülerinnen und Schüler können mit eigenen Ideen<br />

zum Forschungszentrum kommen, aber es reicht auch<br />

eine große Portion Neugier Dann helfen die Betreuer dabei,<br />

ein spannendes Forschungsthema zu finden<br />

Ein erfolgreiches Projekt ist schon gelaufen: Zwei<br />

Schülerinnen (16 und 17 Jahre alt) haben untersucht, unter<br />

welchen Lagerungsbedingungen es bei Champignons<br />

zur Bildung gesundheitsgefährdender Schimmelpilze<br />

kommt Sie haben Champignons zunächst auf unterschiedliche<br />

Arten gelagert – im Kühlschrank und bei Zimmertemperatur,<br />

jeweils in einer Tupperdose und in der<br />

luftdurchlässigen Originalverpackung – und anschließend<br />

mikrobiologisch untersucht Ihr Ergebnis: Am besten<br />

ist es, die Champignons sofort zu verarbeiten Wenn<br />

sie doch gelagert werden müssen, sollten sie am besten<br />

im Kühlschrank in der luftdurchlässigen Originalverpackung<br />

aufbewahrt werden Dann bilden sich am wenigsten<br />

Aflatoxine (Pilzgifte)<br />

Mit ihrer Arbeit gewannen die Schülerinnen den Landeswettbewerb<br />

von „Jugend forscht“ und belegten den<br />

3 Platz beim Bundeswettbewerb Außerdem nahmen sie<br />

erfolgreich an dem Wettbewerb „Jugend testet“ der Stiftung<br />

Warentest teil<br />

Das Schülerforschungszentrum wird von der Senatsverwaltung<br />

für Bildung, Jugend und Wissenschaft zunächst<br />

für drei Jahre durch eine Lehrerstelle unterstützt Die <strong>Berlin</strong>-Chemie<br />

AG finanziert drei Jahre lang Sach- und Verbrauchsmittel<br />

Das FBH baut damit seine Schüleraktivitäten stetig aus:<br />

So betreibt es im Rahmen einer Schulpartnerschaft mit<br />

der Lise-Meitner-Schule das Schülerlabor MicroLAB, eine<br />

weitere Schulpartnerschaft gibt es mit der Alexander-von-<br />

Humboldt-Schule Über das am FBH ansässige Ausbildungsnetzwerk<br />

Hochtechnologie <strong>Berlin</strong> finden regelmäßig<br />

Berufsinformationsveranstaltungen am Institut statt Darüber<br />

hinaus beteiligt sich das FBH an dem jährlichen<br />

Mädchen-Technik-Kongress (vgl Verbundjournal 92, Dez<br />

2012), und derzeit ist geplant, die Aus- und Weiterbildungsaktivitäten<br />

unter dem Stichwort „go photon“ europaweit<br />

auszubauen Gesine Wiemer<br />

Elena Häring (Heinz-Berggruen-Gymnasium) und Carlotta Pribbenow (Lise-Meitner-Schule) gewannen den Landeswettbewerb von „Jugend forscht“.<br />

VERBUND INTERN<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 23


VERBUND INTERN<br />

„Vielleicht überlege ich es<br />

mir noch mal… “<br />

Beim diesjährigen Girls‘ Day am 25. April hatten das FBH, das FMP und das MBI<br />

Schülerinnen zu Gast, die Einblick in die Arbeit der Wissenschaftlerinnen, Technikerinnen<br />

und Laborantinnen erhielten und selbst einiges ausprobieren konnten.<br />

Noch immer sind Frauen in den naturwissenschaftlich-technischen Berufen unterrepräsentiert.<br />

Beim Girls‘ Day erleben die Mädchen, wie spannend diese Berufe<br />

sind und dass sie nicht nur etwas für Männer sind. Auf dieser Seite finden Sie Zitate<br />

der Mädchen über ihren Tag an einem <strong>Forschungsverbund</strong>-Institut.<br />

Also theoretische Physik ist<br />

jetzt nicht so mein Ding.<br />

Doch ich experimentiere<br />

sehr gern und bin in den<br />

Fächern auch ganz gut<br />

(naja). Aber mein Lehrer hat<br />

mich animiert, dass ich<br />

öfters Sachen<br />

(physikalische) nachschlage<br />

oder durchlese.<br />

Ich Ich Ich würde würde würde gern gern gern mehr mehr mehr<br />

über drahtlose<br />

Kommunikation Kommunikation erfahren,<br />

erfahren,<br />

Handy und WLAN.<br />

Ich kann mir vorstellen,<br />

als Mikrotechnologin oder<br />

Physikerin zu arbeiten, weil<br />

man neue Dinge<br />

ausprobieren und<br />

experimentieren kann.<br />

Ich würde gern mehr<br />

darüber erfahren, wo alles<br />

so ein Laserteil drin ist<br />

und wie man es<br />

herausfinden kann.<br />

Ich habe meiner Oma (die<br />

im Rollstuhl sitzt) schon<br />

mal versucht, eine RegenundSonnenschirm-<br />

vorrichtung vorrichtung zu zu bauen. bauen. Nach Nach<br />

einiger einiger Zeit Zeit hat hat es es<br />

geklappt.<br />

geklappt.<br />

Eine Arbeit als<br />

Mikrotechnologin oder<br />

Physikerin wäre nichts für<br />

mich, weil ich mich mehr<br />

für Medizin interessiere.<br />

Technik ist toll, aber ich<br />

möchte Medizin studieren<br />

und Chirurgin werden.<br />

Ich bin gern kreativ, mache<br />

so Sachen selber, nehme<br />

Aktionen gern selbst in die<br />

Hand. Aber an Nawi habe ich<br />

mich noch nicht so probiert.<br />

Aber es steht fest: die Natur<br />

erforsche ich gern.<br />

Mir hat es gut gefallen,<br />

selber etwas auszuprobieren<br />

und in das Labor<br />

reinzugucken.<br />

Ich Ich Ich Ich finde finde finde finde gut, gut, gut, gut, dass dass dass dass man man man man<br />

Einblicke Einblicke Einblicke in in in Berufe Berufe Berufe<br />

bekommt, bekommt, die die man man evt. evt.<br />

nicht machen würde.<br />

Außerdem kann man sich<br />

viele viele viele viele Ideen Ideen Ideen Ideen für für für für später später später später<br />

holen. holen. holen. holen. Danke! Danke! Danke! Danke!<br />

Ich würde nicht unbedingt<br />

Physik oder Technik<br />

studieren. Aber es ist sehr<br />

spannend, sich das<br />

anzuschauen … Vielleicht<br />

überlege ich es mir noch<br />

mal. Da mich das hier sehr<br />

beeindruckt.<br />

Also ich erforsche gerne<br />

Sachen. Ich gehe gern in<br />

die Natur und versuche mir<br />

dort einige Phänomene zu<br />

erklären oder ich<br />

experimentiere auch gern<br />

mit meinem großem Bruder.<br />

Für mich ist der Girls Day<br />

sehr interessant, da man<br />

sich Berufe anschauen<br />

kann, die man sonst nie so<br />

sehen würde. Und man darf<br />

sich alles anschauen oder<br />

selber mal probieren. Wenn<br />

man Fragen hat, werden die<br />

auch beantwortet. Also alles<br />

andere als Pflicht.<br />

Mir hat das Experimentieren<br />

gut gefallen, und über das<br />

Mikroskop die Teile<br />

vergrößert sehen zu<br />

können. Insgesamt fand<br />

ich ich alles alles interessant.<br />

interessant.<br />

Ich würde gern mehr über<br />

die Arbeit im Reinraum<br />

erfahren.<br />

Da Da meine meine Eltern Eltern im im Theater Theater<br />

arbeiten, arbeiten, habe habe ich ich nicht nicht<br />

wirklich wirklich die die Chance, Chance, mich mich<br />

für für für für Chemie Chemie Chemie Chemie oder oder oder oder Physik Physik Physik Physik zu zu zu zu<br />

interessieren. interessieren. interessieren. interessieren. interessieren. Deswegen<br />

Deswegen<br />

Deswegen<br />

Deswegen<br />

Deswegen<br />

finde finde finde ich ich ich es es es hier hier hier im im im MBI MBI MBI<br />

sehr interessant.<br />

24 verbundjournal Juni <strong>2013</strong>


Foto: Photohunter - Fotolia; Jeremy Stanley<br />

IZW<br />

Wildtiere in <strong>Berlin</strong> – bitte melden<br />

Ist Ihnen kürzlich ein Wildschwein oder ein Igel in <strong>Berlin</strong><br />

über den Weg gelaufen? Dann melden Sie es bitte dem<br />

IZW Damit können Sie zu einem Projekt über die Lebensweise<br />

von Wildtieren in der Stadt beitragen<br />

In der Stadt lebende Wildtiere verschiedenster Arten<br />

stellen Bevölkerung und Behörden vor neue Herausforderungen<br />

Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung<br />

(IZW) startet jetzt zwei beispielhafte Studien über<br />

Wildschweine und Igel in der Stadt Alle <strong>Berlin</strong>er sind aufgerufen,<br />

sich an der wissenschaftlichen Datenerhebung zu<br />

beteiligen und möglichst viele Wildtierbeobachtungen zu<br />

melden<br />

Im Juni startete offiziell das IZW-Projekt „Wildtiere in<br />

der Stadt – Bürger schaffen Wissen, Bürger forschen mit“<br />

Um genaue Daten zur Verbreitung von Wildschweinen und<br />

Igeln im Stadtgebiet zu erheben, ist jede Nachricht über<br />

eine Tierbeobachtung wertvoll Damit können die Forscher<br />

die Lebensweise von Wildtieren in der Stadt besser<br />

und schneller verstehen Tierbeobachtungen können direkt<br />

online eingetragen werden<br />

IGB<br />

Weißt du, wie viel Sternlein stehen? –<br />

Neue App misst Himmelshelligkeit<br />

Wissenschaftler des Projekts „Verlust der Nacht“ haben<br />

eine App für Android Smart Phones entwickelt, mit deren<br />

Hilfe die Anzahl der Sterne am Himmel gezählt werden<br />

kann Diese Daten wollen Wissenschaftler nutzen, um die<br />

weltweite Lichtverschmutzung besser zu verstehen<br />

„In natürlichen Gegenden kann man mit dem bloßen<br />

Auge Tausende von Sternen sehen“, sagt Dr Christopher<br />

Kyba von der Freien Universität <strong>Berlin</strong> und vom Leibniz-<br />

Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)<br />

„Am Nachthimmel von <strong>Berlin</strong> sind es immer noch einige<br />

Hundert, aber in den meisten Großstädten ist die Situation<br />

viel schlimmer“<br />

Die Smartphone-App soll dabei helfen, weltweit die<br />

Himmelshelligkeit zu beschreiben, den sogenannten Skyglow<br />

Sie baut auf das Citizen Science Projekt „GLOBE at<br />

Night“ auf, in dem Menschen auf der ganzen Welt die Himmelshelligkeit<br />

bestimmen und als Kriterium dafür die<br />

Sichtbarkeit der Sterne heranziehen Daraus entstehen<br />

Karten, die die Helligkeitsverteilung und ihre Entwicklung<br />

über die Jahre zeigen<br />

Die App leitet den Nutzer zu bestimmten Sternen und<br />

fragt ihn nach deren Sichtbarkeit Durch Bestimmung des<br />

lichtschwächsten Sternes können die Wissenschaftler ermitteln,<br />

wie hell der Himmel an diesem Ort ist und wie<br />

viele Sterne gesehen werden können<br />

„Mit der App können interessierte Menschen auf der<br />

ganzen Welt Daten für die Forschung über Skyglow sammeln,<br />

ohne teure Messgeräte zu benötigen“, sagt Fabian<br />

VERBUND INTERN<br />

Die Wissenschaftler wollen<br />

folgende Fragen untersuchen:<br />

Wo kommen Wildschweine<br />

und Igel in <strong>Berlin</strong><br />

und den angrenzenden Gebieten<br />

überhaupt vor? Auf<br />

welchen Wegen gelangen<br />

sie in die Stadt? Wie wird Bei dem gutem Nahrungsangebot in der Stadt und wenig Ge-<br />

ihre Lebensweise von fahr durch Jäger können sich Wildschweine stark vermehren.<br />

menschlichen Aktivitäten in<br />

ihrer Umgebung beeinflusst? Zusätzlich soll die „klassische“<br />

wissenschaftliche Datenerhebung klären, ob Unterschiede in<br />

der Nahrung, Parasitenbelastung, körperlichen Verfassung,<br />

Fortpflanzung und Sterblichkeitsrate zwischen „Stadt“- und<br />

„Land“-Wildtieren bestehen Insbesondere soll auch geklärt<br />

werden, ob die wärmeren Stadtbedingungen das Winterschlafverhalten<br />

der Igel beeinflussen Der aktuelle Stand der<br />

Forschungsergebnisse wird den Beteiligten regelmäßig in<br />

Form eines Newsletters zurück gemeldet<br />

3 www.izw-berlin.de<br />

red.<br />

Kohler vom Bundesministerium<br />

für Bildung und<br />

Forschung, das das Projekt<br />

finanziell unterstützt So<br />

kann jeder Smartphone-<br />

Besitzer zum Erfolg des<br />

Projekts beitragen Man Nicht nur der schöne Sternenhimmel geht durch die Lichtver-<br />

kann aber auch die Helligschmutzung verloren, sondern die natürliche Dunkelheit ist<br />

auch wichtig für Ökosysteme und Gesundheit.<br />

keit am eignen Wohnort<br />

mit anderen Orten vergleichen Nebenbei lernt der Nutzer<br />

den Sternenhimmel kennen und bekommt ein Gefühl dafür,<br />

wie viele Sterne er an einem dunkleren Ort noch sehen<br />

könnte<br />

Die App wurde zusammen mit der Firma Cosalux (Offenbach<br />

am Main) basierend auf Google Sky Map entwickelt<br />

Eine App für Apple-Geräte ist in Planung<br />

Bisher wurde nächtliche Helligkeit hauptsächlich über<br />

Satelliten gemessen, aber diese messen das nach oben abgestrahlte<br />

Licht, nicht die Helligkeit, die am Boden von<br />

Menschen und anderen Organsimen erlebt wird Aussagen<br />

darüber werden in Modellen berechnet, doch um diese zu<br />

testen sind Vergleichsdaten nötig – und genau solche werden<br />

mit der App gesammelt Heutige Satellitentechnologie<br />

ist auch noch nicht ausgereift genug, um Lichtintensitäten<br />

zu verstehen So liegt ein Großteil des Lichts aus LED-Straßenlampen<br />

beispielweise in einem Spektralbereich, den<br />

die Satelliten nicht wahrnehmen LED-beleuchtete Gebiete<br />

erscheinen dadurch dunkler, als sie wirklich sind red.<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 25


AUS DER LEIBNIZ-GEMEINSCHAFT<br />

Viren, Zucker, Schlaganfall…<br />

Das neue Leibniz-Journal steht ganz im<br />

Zeichen der Gesundheitsforschung.<br />

3 www.leibniz-gemeinschaft.de/journal/<br />

Matthias Kleiner als<br />

künftiger Leibniz-Präsident<br />

nominiert<br />

Das Präsidium der Leibniz-Gemeinschaft<br />

hat Prof. Dr. Matthias Kleiner (58) einstimmig<br />

für das Amt des Präsidenten der<br />

Leibniz-Gemeinschaft nominiert. Die<br />

Wahl eines Nachfolgers von Prof. Dr. Karl<br />

Ulrich Mayer (68) steht auf der Tagesordnung<br />

der Mitgliederversammlung am 29.<br />

November in <strong>Berlin</strong>. Kleiner ist Professor<br />

für Umformtechnik an der Technischen<br />

Universität Dortmund und war von 2007<br />

bis 2012 Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft.<br />

Gesundheit im<br />

demografischen Wandel<br />

Den Herausforderungen für Medizin und<br />

Gesundheitswesen widmete sich der Parlamentarische<br />

Abend der Leibniz-Gemeinschaft<br />

am 4. Juni <strong>2013</strong> in <strong>Berlin</strong>.<br />

Bundesforschungsministerin Prof. Johanna<br />

Wanka unterstrich dabei die Bedeutung<br />

der Gesundheitsforschung für die<br />

Bundesregierung. Prof. Dr. Hans-Georg<br />

Joost, Direktor des Deutschen Instituts für<br />

Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke,<br />

stellte vor etwa 150 Besuchern die<br />

Gesundheitsforschung in der Leibniz-Gemeinschaft<br />

vor, bevor ein Podium mit<br />

mehreren Leibniz-Direktoren und dem<br />

Deutschland-Chef des Pharmakonzerns<br />

Pfizer, Dr. Andreas Penk, das Thema vertieft<br />

diskutierte. Aus dem <strong>Forschungsverbund</strong><br />

<strong>Berlin</strong> präsentierte Dr. Leif Schröder<br />

vom Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie<br />

an einem Informationsstand<br />

sein ERC-Projekt BiosensorImaging.<br />

Nationales Bildungspanel<br />

soll Leibniz-Institut werden<br />

Der Wissenschaftsrat hat Bund und Ländern<br />

empfohlen, das Nationale Bildungspanel<br />

(NEPS) als außeruniversitäre Forschungseinrichtung<br />

in die gemeinsame<br />

Förderung von Bund und Ländern im<br />

Rahmen der Leibniz-Gemeinschaft aufzunehmen.<br />

Der Wissenschaftsrat würdigte<br />

das NEPS als weltweit einzigartige Längsschnittstudie.<br />

Im Rahmen des NEPS werden<br />

Daten zu Bildungsprozessen und<br />

Kompetenzentwicklung in Deutschland<br />

von der frühen Kindheit bis ins hohe Er-<br />

Interne Nachrichten<br />

PDI<br />

Familienfreundliches<br />

Paul-Drude-Institut<br />

Alle Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler<br />

kennen<br />

Phasen extremer<br />

zeitlicher Belastungen<br />

bei ihrer<br />

Arbeit. Das enorme<br />

persönliche Engagement der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter speist sich aus der<br />

starken Identifikation mit der Forschung.<br />

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

kann dadurch besonders schwierig sein.<br />

Das PDI unterstützt seine Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter hierbei durch<br />

individuelle Maßnahmen. Im Rahmen<br />

eines externen Auditierungsprozesses<br />

werden die Maßnahmen weiterentwickelt.<br />

Das PDI wird am 26. Juni für sein<br />

Engagement für eine familienbewusste<br />

Personalpolititk ausgezeichnet und<br />

erhält das Zertifikat der berufundfamilie<br />

gGmbH.<br />

WIAS<br />

Frauen in Führungspositionen<br />

bei der Kanzlerin<br />

Am 7. Mai hat Bundeskanzlerin Angela<br />

Merkel rund 100 weibliche Führungs-<br />

und Nachwuchskräfte aus Wirtschaft,<br />

Kultur, Medien, Wissenschaft und Gesellschaft<br />

ins Kanzleramt eingeladen. Mit<br />

dabei war auch Dr. Marita Thomas aus<br />

dem Weierstraß-Institut.<br />

Im Mittelpunkt des Treffens stand<br />

neben dem Erfahrungsaustausch auch<br />

die Frage, was sich in Gesellschaft,<br />

Unternehmen und Politik ändern muss,<br />

damit mehr Frauen Führungspositionen<br />

erreichen. Merkel forderte von der Wirtschaft,<br />

dass bei der Chancengleichheit<br />

Bewegung in das „Schneckentempo“<br />

kommen müsse. Auch über die Rolle<br />

der Väter müsse diskutiert werden. Teilnehmerinnen<br />

hoben hervor, wie wichtig<br />

Vorbilder und Netzwerke seien, um die<br />

Position der Frauen zu stärken und die<br />

Karriereplanung zu unterstützen.<br />

wachsenenalter erhoben. Foto: Leibniz-Gemeinschaft/Herbort-von Loeper; Bundesregierung/Kugler; Dan Pearlman<br />

26 verbundjournal Juni <strong>2013</strong><br />

IZW<br />

Filme für den Artenschutz<br />

Das Sabah-Nashorn ist fast ausgestorben.<br />

Nur noch 20 bis 30 Individuen<br />

vermuten Wissenschaftler auf Borneo.<br />

In einem vom Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung (BMBF) geförderten<br />

Projekt haben die Partner, darunter<br />

das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung<br />

(IZW), die dringlichsten<br />

Maßnahmen ergriffen, um den Gesamtbestand<br />

des Sabah-Nashorns langfristig<br />

wiederaufzubauen.<br />

Um die Öffentlichkeit über das Projekt<br />

zu informierenm, stehen jetzt drei Filme<br />

auf der Website des BMBF zur Verfügung.<br />

3 www.bmbf.de/de/sabahnashorn.php


Foto: privat; IGB/Cyrus; FMP/Oßwald; privat; FVB/A. Hartmann<br />

Personen<br />

IGB<br />

FU-Professur für Rita Adrian<br />

Dr. Rita Adrian wurde<br />

von der Freien<br />

Universität <strong>Berlin</strong> zur<br />

außerordentlichen<br />

Professorin für Limnologie/Aquatische<br />

Ökologie berufen.<br />

Rita Adrian studierte<br />

und promovierte an der FU, wo sie im<br />

Jahr 2000 auch habilitierte.<br />

Seit 1993 arbeitet die Ökologin als<br />

Senior Scientist am Leibniz-Institut für<br />

Gewässerökologie und Binnenfischerei.<br />

Ihre Forschungsschwerpunkte sind in<br />

der Langzeitentwicklung von Seen und<br />

der Klimafolgenforschung angesiedelt –<br />

eingebunden in einem internationalen<br />

Netzwerk. 2012 übernahm Rita Adrian<br />

die Leitung der Abteilung II Ökosystemforschung.<br />

Lehrveranstaltungen im<br />

Bereich aquatische Ökologie veranstaltet<br />

sie an ihrer Alma mater als externe<br />

Dozentin bereits seit 2002.<br />

Anglerprofessor Arlinghaus<br />

erhält neue Professur<br />

Prof. Dr. Robert<br />

Arlinghaus vom<br />

Leibniz-Institut für<br />

Gewässerökologie<br />

und Binnenfischerei<br />

(IGB) ist zum 1.<br />

März <strong>2013</strong> auf eine<br />

W-2-S Professur<br />

für „Integratives Fischereimanagement“<br />

an die Landwirtschaftlich-Gärtnerische<br />

Fakultät der Humboldt-Universität<br />

zu <strong>Berlin</strong> berufen worden. Arlinghaus<br />

wurde bereits vielfach für seine sozialökologischen<br />

Studien zur Angelfischerei<br />

ausgezeichnet.<br />

IMPRESSUM<br />

verbundjournal<br />

wird herausgegeben vom<br />

<strong>Forschungsverbund</strong> <strong>Berlin</strong> e. V.<br />

Rudower Chaussee 17 · D-12489 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: (030) 6392-3330<br />

Fax: (030) 6392-3333<br />

FMP<br />

2. Platz beim rbb Science-Slam<br />

Ein normales Mikroskop<br />

aufmotzen und<br />

plötzlich Ungeahntes<br />

entdecken?<br />

In die Biochemie<br />

reinzoomen und<br />

herausfinden, was<br />

die ganz kleinen<br />

Strukturen machen? André Lampe, Doktorand<br />

am Leibniz-Institut für molekulare<br />

Pharmakologie (FMP), hat in einer rbb<br />

Fernsehshow am 31. Mai in nur fünf<br />

Minuten dem Publikum seine Forschung<br />

erklärt. Ihm gelang es dabei so gut, die<br />

Wissenschaft unterhaltsam zu erklären,<br />

dass er bei der Bewertung durch das<br />

Publikum auf dem 2. Platz landete.<br />

FVB<br />

Neuer Controller<br />

Seit Mai hat der<br />

<strong>Forschungsverbund</strong><br />

<strong>Berlin</strong> e.V. einen<br />

neuen Controller:<br />

Der Wirtschaftsingenieur<br />

Volkmar<br />

Schötz ist vor allem<br />

zuständig für die<br />

Weiterentwicklung des bestehenden<br />

Kosten- und Leistungsrechnungssystems<br />

und für die Unterstützung der Verbundverwaltung<br />

beim Kosten-Controlling.<br />

Zuvor war Schötz bei der Wirtschaftsprüfungs-<br />

und Unternehmensberatungsgesellschaft<br />

KPMG tätig.<br />

Vorstandssprecher: Prof. Dr. Henning Riechert<br />

Geschäftsführerin: Dr. Manuela B. Urban (V.i.S.d.P.)<br />

Redaktion: Gesine Wiemer<br />

Titelbild: magann – Fotolia.com, Silke Oßwald/FMP<br />

Layout: unicom Werbeagentur GmbH<br />

Druck: Druckteam <strong>Berlin</strong><br />

Ein starkes Team<br />

Trotz der Kälte hatten die drei Läuferinnen<br />

der Gemeinsamen Verwaltung großen<br />

Spaß beim 12. <strong>Berlin</strong>er Firmenlauf<br />

Business Run & Skate am 24. Mai. Von<br />

links: Sandra Dellgrün (Personalsachbearbeiterin),<br />

Manuela Urban (Geschäftsführerin)<br />

und Simone Heise-Volkerding<br />

(Sachbearbeiterin Personalwirtschaft)<br />

„Verbundjournal“ erscheint vierteljährlich und<br />

ist kostenlos.<br />

Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.<br />

Belegexemplar erbeten.<br />

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 31. Mai <strong>2013</strong><br />

VERBUND INTERN<br />

verbundjournal Juni <strong>2013</strong> 27


www.fv-berlin.de<br />

Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik · Leibniz-Institut für Gewässer ökologie<br />

und Binnenfischerei · Leibniz-Institut für Kristallzüchtung · Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie ·<br />

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung · Max-Born-Institut für Nicht lineare Optik und Kurzzeitspektroskopie<br />

· Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik, Leibniz-Institut im <strong>Forschungsverbund</strong> <strong>Berlin</strong> e.V. ·<br />

Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik, Leibniz-Institut im <strong>Forschungsverbund</strong> <strong>Berlin</strong> e.V.<br />

Alle acht Institute des <strong>Forschungsverbund</strong>es<br />

haben ihren Besuchern während der<br />

Langen Nacht der Wissenschaften am 8. Juni <strong>2013</strong><br />

ihre Wissenschaft auf anschauliche und<br />

unterhaltsame Weise nähergebracht.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!