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Artikel als PDF-Datei - Franz Hörmann

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(Schein-)Selbständigkeit<br />

(Schein-)Abhängigkeit im Arbeitsrecht<br />

Qualifikation von<br />

Gewinnzusagen<br />

Wieder unwirksame AGB in<br />

Mobilfunkverträgen<br />

Kapitalerhaltung bei<br />

GmbH & Co KG<br />

Altersdiskriminierung<br />

Minderjähriger Arbeitnehmer<br />

Kooperationsbeschränkungen für<br />

Freiberufler<br />

Rom I-VO<br />

Europäisches Vertrags-IPR<br />

FACHZEITSCHRIFT FÜR<br />

WIRTSCHAFTSRECHT<br />

NOVEMBER 2008<br />

11<br />

985– 1072


STEUERRECHT<br />

GELEITET VON<br />

J. SCHUCH<br />

1050 ecolex 2008<br />

Unternehmensbewertung mittels<br />

ewiger Renten – eine logische<br />

Unmöglichkeit!<br />

Ewige Renten dienten in der Geschichte der<br />

Investitionstheorie va didaktischen und<br />

Demonstrationszwecken. Der Grundsatz der „Unmöglichkeit der Abbildung der Totalperiode<br />

eines Unternehmens mittels ewiger Rente“ war noch vor einigen Jahrzehnten ein<br />

unentbehrlicher Bestandteil solider betriebswirtschaftlicher Ausbildung. Unter Abstützung<br />

auf nachweislich fachlich f<strong>als</strong>che Literatur aus dem englischen Sprachraum1 ) wurden jedoch<br />

etliche gravierende Mängel in die akademische Ausbildung übernommen und finden sich nun<br />

auch in der gutachterlichen Praxis wieder. Können aber Unternehmensbewertungen, die auf<br />

einer denklogischen Unmöglichkeit beruhen, überhaupt rechtliche Gültigkeit beanspruchen?<br />

A.ZurNaturderbislangdominanten<br />

Bewertungsparadigmen<br />

In Deutschland wie in Österreich werden von den berufsständischen<br />

Fachgutachten (IdW S 1 2005 bzw<br />

KFS BW1 2006) heute ausschließlich auf Barwertberechnungen<br />

inklusive ewiger Renten basierende Bewertungsmethoden<br />

(DCF- bzw Ertragswertmethodik)<br />

normiert. Bei Unternehmensbewertungen mittels<br />

ewiger Renten handelt es sich jedoch um eine<br />

logische Unmöglichkeit, wie der folgenden Argumentation<br />

unschwer entnommen werden kann.<br />

Wenn nämlich Unternehmensbewertung mittels<br />

ewiger Renten <strong>als</strong> tauglich behauptet wird, so wird<br />

ganz offensichtlich übersehen, dass Unternehmen<br />

(wie immer diese auch definiert werden) zweifelsohne<br />

auch aus nichtmonetärem Vermögen bestehen und<br />

nicht bloß aus liquiden Mitteln. Ein Versilbern der<br />

unbaren Posten scheidet ex definitione aber aus, da<br />

ja ewiger Fortbestand unterstellt wird. Aus diesem<br />

Grunde muss für die unbaren Posten im Unternehmen<br />

eine Bewertungsregel und ein Bewertungszeitpunkt<br />

offengelegt werden, der erklärt, wann und weshalb<br />

die unbaren Unternehmensbestandteile mit welchen<br />

Preisen monetär bewertet werden sollten. Wenn<br />

die Angabe dieser Bewertungsregel und des Bewertungszeitpunkts<br />

für die unbaren Posten im Unternehmen aber<br />

unterbleibt, so ist das Unternehmen nachweislich unvollständig<br />

bewertet, und jede Unternehmensbewertung<br />

mittels einer ewigen Rente schon rein logisch unmöglich!<br />

Wir wollen nach dieser logischen Widerlegung<br />

auch noch aufzeigen, wie die berufsständischen Fachgutachten<br />

IdW S 1 2005 sowie KFS BW1 2006 mit<br />

dem Problem der prinzipiell unbekannten Lebensdauer<br />

der Unternehmen umgehen:<br />

„(94) Bei unbegrenzter Lebensdauer des zu bewertenden<br />

Unternehmens entspricht der Unternehmenswert<br />

dem Barwert der künftigen finanziellen<br />

Überschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen<br />

zuzüglich des Barwerts der künftigen finanziellen<br />

Überschüsse aus dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen.“<br />

2 )<br />

HERBERT R. HAESELER / FRANZ HÖRMANN<br />

Im deutschen Fachgutachten wird irreführend<br />

und fälschlicherweise von einer „unbegrenzten“ Lebensdauer<br />

gesprochen, was sowohl „unbekannte“ <strong>als</strong><br />

auch „unendliche“ Lebensdauer bedeuten kann. Wie<br />

man überhaupt „finanzielle Überschüsse aus Vermögen“<br />

zu ermitteln vermag, wenn eine logische Zuordnung<br />

von Zahlungsströmen aus Umsatzerlösen zu Vermögensgegenständen<br />

überhaupt nicht möglich ist (sog<br />

Zurechnungsproblem, das leider auch schon die „kapitaltheoretische<br />

Bilanz“ logisch vernichtet hat), wird<br />

im gegenständlichen Fachgutachten jedoch verschwiegen!<br />

„(60) Bei unbegrenzter Lebensdauer entspricht<br />

der Unternehmenswert grundsätzlich dem Barwert<br />

der künftig den Eignern für eine unbegrenzte Zeit zufließenden<br />

finanziellen Überschüsse.“ 3 )<br />

Im österreichischen Fachgutachten wird der irreführende<br />

und damit unbrauchbare Begriff „unbegrenzt“<br />

gleich doppelt verwendet. Wir zeigen kurz<br />

auf, wie es zu lesen wäre, hätte man in diesem Kontext<br />

die korrekten Begriffe verwendet: „(60) Bei unbekannter<br />

Lebensdauer entspricht der Unternehmenswert<br />

grundsätzlich dem Barwert der künftig den Eignern<br />

für eine unendliche Zeit zufließenden finanziellen<br />

Überschüsse.“<br />

Univ.-Prof. Dr. Herbert Haeseler und ao Univ.-Prof. Dr. <strong>Franz</strong> <strong>Hörmann</strong><br />

lehren am Institut für Revisions-, Treuhand- und Rechnungswesen der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien.<br />

1) So wird in dem englischsprachigen internationalen Standardwerk von<br />

Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance (immerhin schon in der 9.<br />

Auflage erschienen) hinsichtlich dem Entscheidungsverhalten von Kapitalwert-<br />

und interner Zinssatzregel nach wie vor Folgendes behauptet:<br />

„The IRR rule is a close relative of NPV and, when used properly,<br />

it will give the same answer.“ (S 117) Dies ist hingegen, wie die Autoren<br />

dieses <strong>Artikel</strong>s in ihrem neuesten Werk „Unternehmensbewertung<br />

auf dem Prüfstand“ auf S 32 f – keinesfalls erstmalig – aufzeigen, nachweislich<br />

f<strong>als</strong>ch und auch die Begründung hierfür, welche im unterschiedlichen<br />

Reinvestitionszinssatz gefunden werden kann, war im<br />

deutschsprachigen Schrifttum bereits vor Jahrzehnten publiziert und<br />

gut ausgebildeten Betriebswirten allgemein bekannt.<br />

2) IdW S 1 2005, Trentini, Unternehmensbewertung – Die Fachgutachten<br />

im Vergleich (Wien 2006) 93, 95.<br />

3) KFS BW1 2006, Trentini, Unternehmensbewertung 93, 95.


Die Entbehrlichkeit der im österreichischen Fachgutachten<br />

verlangten fragwürdigen Bewertungsalgorithmen<br />

wäre hier schon aufgrund der verbalen Beschreibung<br />

auch für diejenigen klar erkennbar gewesen,<br />

die sonst vor mathematischen Formalismen eher<br />

zurückschrecken. Es drängt sich in diesem Zusammenhang<br />

daher der Verdacht auf, dass diese unklaren<br />

Formulierungen va dazu dienen sollen, Gerichte und<br />

andere potenzielle Gutachtensauftraggeber, die über<br />

keine fundierte betriebswirtschaftliche Ausbildung<br />

verfügen, zu manipulieren.<br />

B. Die Gordon-Formel <strong>als</strong> methodische<br />

Grundlage<br />

Die grundlegende „Theorie“ der aus dem anglo-amerikanischen<br />

Raum stammenden Discounted Cash<br />

Flow-(DCF-)Methodik ist in nachfolgender, extrem<br />

vereinfachenden Relation, der sog Gordon-Formel,<br />

zu sehen:<br />

V= CF<br />

i g<br />

Hierbei bedeuten:<br />

V … Unternehmenswert, errechnet nach der Gordon-Formel<br />

CF … geschätzter Cash Flow des nächsten Jahres<br />

i … Kalkulationszinssatz<br />

g … Wachstumsrate der Cash Flows<br />

Der hierbei errechnete Wert resultiert (mittels Division<br />

eines Zahlungsstromsaldos durch einen Zinssatz)<br />

aus einer ewigen Rente. Der geschätzte Cash<br />

Flow des nächsten Jahres steht stellvertretend für<br />

sämtliche Cash Flows der Zukunft. Das (für die gesamte<br />

Zukunft!) erwartete Wachstum wird hingegen<br />

durch die Wachstumsrate g ausgedrückt.<br />

Bei näherer Betrachtung dieses formalen Zusammenhangs<br />

fällt es einem kompetenten Wirtschaftswissenschafter<br />

schwer zu glauben, dass diese primitive<br />

Formel in der Finanzwelt tatsächlich ernsthafte Anwendung<br />

erfährt. Die jüngste anglo-amerikanische<br />

Fachliteratur beseitigt jedoch diesbezüglich schnell<br />

alle Zweifel. 4 )<br />

Nachfolgend beweisen wir kurz, weshalb diese<br />

Formel, wirtschaftlich interpretiert, zwangsläufig zu<br />

absurden (nämlich weit überhöhten) Resultaten<br />

führt. Dazu sei kurz ein Zahlenbeispiel präsentiert: 5 )<br />

CF = 100<br />

i=5%<br />

g=2%<br />

Für diese Zahlenkombination ergibt sich nach der<br />

Gordon-Formel ein „Unternehmenswert“ in Höhe<br />

von 3.333,–:<br />

V= CF<br />

i g = 100 100<br />

0;05 0;02 = 0;03 = 3333<br />

Wenn man nun die Payback-Periode überlegt, dh<br />

jenen Zeitraum, über den der (zB mittels Kredit finanzierte)<br />

Kaufpreis des Unternehmens aus den Cash<br />

Flows des Unternehmens selbst zurückgezahlt werden<br />

muss und dazu auf die in der Gordon-Formel bereits<br />

verwendete Höhe der Cash Flows CF zurückgreift, ergibt<br />

sich die Formel für die Payback-Periode (PbP)<br />

wie folgt:<br />

PbP = V<br />

CF =<br />

CF<br />

i g<br />

= CF<br />

1<br />

1<br />

i g<br />

Der Kehrwert der Differenz zwischen Kalkulationszinssatz<br />

und Wachstumsrate entspricht somit logisch<br />

konsequent der Payback-Periode. Im konkreten<br />

Zahlenbeispiel ergibt sich somit:<br />

PbP = V<br />

CF =<br />

CF<br />

i g<br />

= CF<br />

1<br />

1<br />

i g = 1 1<br />

0;05 0;02 = 0;03 = 33,33<br />

Es folgt somit im konkreten Fall, dass der Kaufpreis<br />

des Unternehmens aus den laufenden Unternehmens-Cash<br />

Flows über nicht weniger <strong>als</strong> 33,33 Jahre<br />

(ein Dritteljahrhundert) zurückgezahlt werden kann!<br />

Berücksichtigt man nun jedoch die Länge des typischen<br />

Produktlebenszyklus des Kernprodukts (der<br />

Kerndienstleistung) des Unternehmens, so gelangt<br />

man zu weiteren interessanten Erkenntnissen. Falls<br />

etwa im vorliegenden Fall die Länge des konkreten<br />

Produktlebenszyklus (Plz) mit fünf Jahren geschätzt<br />

wird, so erhält man mittels Division der Payback-Periode<br />

durch die Länge des Produktlebenszyklus einen<br />

von uns HH-Quotient6 ) genannten Wert:<br />

HH = PbP<br />

Plz<br />

= 33;33<br />

5 =6,67<br />

In diesem Fall umfasst die Payback-Periode die<br />

6,67fache Dauer des geschätzten Produktlebenszyklus<br />

des gerade produzierten Kernprodukts des Unternehmens.<br />

Anders formuliert: Es müssen weitere 5 – 6 völlig<br />

neue Produkte entwickelt (Risiko von F & E) und<br />

am Markt erfolgreich verkauft werden, damit der<br />

Kaufpreis des Unternehmens zurückgezahlt werden<br />

kann. Eine andere Interpretation wäre, dass um diesen<br />

Faktor aus wirtschaftlicher Sicht der Kaufpreis<br />

völlig überhöht ist, was, va auch wegen der Beispielwirkung<br />

(„Vergleichbarkeit“ der Kaufpreise ähnlicher<br />

Unternehmen, Errechnung von Multiples etc), zu einer<br />

Nachahmungs- bzw Kettenreaktion auf den<br />

Märkten führt. Bei kleineren (nicht börsenotierten)<br />

Unternehmen stellt sich in diesem Zusammenhang<br />

hingegen auch bzw gerade die Frage, weshalb der bisherige<br />

Unternehmer für weit in der Zukunft liegende<br />

Produktinnovationen im Kaufpreis entlohnt werden<br />

sollte, die der Nachfolger erst in 15 oder 20 Jahren<br />

aus eigener Kraft wird hervorbringen müssen. Keine<br />

dieser möglichen Interpretationen ist jedoch logisch<br />

oder wirtschaftlich begründbar, die Gordon-Formel<br />

<strong>als</strong> Bewertungsmodell daher <strong>als</strong> unsinnig und gefährlich<br />

grundsätzlich abzulehnen, da sie von wirtschaftlich<br />

völlig irrealen Prämissen ausgeht!<br />

4) Siehe insb Mercer/Harms, Business Valuation – An Integrated Theory<br />

(New Jersey 2008). In diesem „Fachbuch“ wird die Gordon-Formel<br />

nicht nur zum alles überragenden konzeptionellen Grundmodell der<br />

Unternehmensbewertung an sich erhoben, die Formel selbst findet<br />

sich in diesem Werk auch 58mal in unterschiedlichen Variationen (zumeist<br />

nur durch alternierende Indizes bei den Variablen verändert) abgedruckt!<br />

5) Vgl zu den nachfolgenden Ausführungen Haeseler/<strong>Hörmann</strong>, Unternehmensbewertung<br />

auf dem Prüfstand – Wissenschaftliche Widerlegung<br />

US-amerikanischer Unternehmensbewertungskonzepte 43 ff.<br />

6) Haeseler/<strong>Hörmann</strong>-Quotient der spekulativen Blasenbildung.<br />

STEUERRECHT<br />

ecolex 2008 1051


STEUERRECHT<br />

1052 ecolex 2008<br />

1. Die Zweiphasen-Methode<br />

Doch auch in der Ausprägung der Zweiphasen-Methode<br />

(eine zumeist fünf Jahre umfassende Detailplanungsphase,<br />

an die eine aus dem Cash Flow des letzten<br />

Jahres der Detailperiode errechnete ewige Rente<br />

anschließt) können diese Bewertungsverfahren nicht<br />

Basiszinssatz (bz): 4,00%<br />

Risikozuschlag (rz): 0,75%<br />

Kalkulationszinssatz (i): 4,75%<br />

Periode (t): 1 2 3 4 5<br />

Free Cash Flows (FCF): 100,00 120,00 140,00 160,00 180,00<br />

Residualwert (RW): 3.789,47<br />

Barwerte der FCF: 95,47 109,36 121,81 132,89 142,73<br />

Barwertsumme der FCF (Bw FCF): 602,25 17%<br />

Barwert des Residualwerts (Bw RW): 3.004,75 83%<br />

Unternehmenswert: 3.607,01 100%<br />

Payback-Periode: 20 Jahre<br />

Beispiel 1: Unternehmenswert nach der DCF-Methodik bei Basiszinssatz = 4,00%<br />

überzeugen. Netto-Cash Flows, welche erst in fünf<br />

Jahren erwartet werden, können mit keiner heute bekannten<br />

wissenschaftlichen Methode glaubwürdig<br />

prognostiziert werden. In vielen Fällen ist es nicht einmal<br />

möglich, über diesen Zeitraum die bloße Existenz<br />

eines Unternehmens nachvollziehbar vorhersagen zu<br />

können. Aufgrund der Transformation in eine ewige<br />

Rente gehen diese willkürlich spekulativen Zahlungsstromsalden<br />

jedoch mit einer Gewichtung von 80%<br />

oder mehr in den gesamten Unternehmenswert ein.<br />

Dadurch wird die Logik von Barwertberechnungen pervertiert,<br />

denn die Abzinsung von Zahlungsstromsalden<br />

soll ja gerade dazu führen, dass in fernerer Zu-<br />

Basiszinssatz (bz): 3,00%<br />

Risikozuschlag (rz): 0,75%<br />

Kalkulationszinssatz (i): 3,75%<br />

Periode (t): 1 2 3 4 5<br />

Free Cash Flows (FCF): 100,00 120,00 140,00 160,00 180,00<br />

Residualwert (RW): 4.800,00<br />

Barwerte der FCF: 96,39 111,48 125,36 138,09 149,74<br />

Barwertsumme der FCF (Bw FCF): 621,06 13%<br />

Barwert des Residualwerts (Bw RW): 3.993,01 87%<br />

Unternehmenswert: 4.614,07 100%<br />

Payback-Periode: 26 Jahre<br />

Beispiel 2: Unternehmenswert nach der DCF-Methodik bei Basiszinssatz = 3,00%<br />

kunft liegende (und daher noch unsicherere) Zahlungsstromsalden<br />

mit einer entsprechend niedrigeren<br />

Gewichtung in den Gesamtwert eingehen, <strong>als</strong> jene der<br />

näher liegenden Zukunft (die uU auch verlässlicher<br />

geschätzt werden können). Zur Verdeutlichung sei<br />

das folgende Zahlenbeispiel präsentiert (siehe Beispiel<br />

1).<br />

Im Ausgangsbeispiel wird, bei Unterstellung eines<br />

Basiszinssatzes von 4% sowie eines Risikozuschlags<br />

von 0,75%, ein Unternehmenswert in Höhe von ca<br />

3.600,- errechnet, welcher jedoch, aufgrund der absurden<br />

Annahme der ewigen Fortdauer eines <strong>als</strong> in<br />

fünf Jahren zufließend willkürlich geschätzten Netto-Cash<br />

Flow, bereits zu 83% aus „ewiger Rente“ besteht.<br />

Die Amortisationsdauer (Payback-Periode) des<br />

Kaufpreises aus diesem Cash Flow würde in diesem<br />

Fall 20 Jahre betragen.<br />

In Zeiten (stark) sinkender Zinssätze (wie kürzlich<br />

zB in den USA) verschärft sich jedoch das gegenständliche<br />

Problem noch (wesentlich) drastischer,


wie die Zahlenkonstellation in Beispiel 2 veranschaulichen<br />

soll. Errechnet man, ausgehend von einem Basiszinssatz<br />

von lediglich 3% (bei unveränderten sonstigen<br />

Parametern), den Unternehmenswert erneut, so<br />

erhöht sich dieser bereits um 28% auf ca 4.600,-.<br />

Nun besteht der Unternehmenswert bereits zu 87%<br />

aus „ewiger Rente“ eines willkürlichen Zahlungsstroms<br />

und die Payback-Periode würde sich nunmehr<br />

auf 26 Jahre verlängern – eine Konstellation, in welcher<br />

definitiv vom Kauf eines Unternehmens abzuraten<br />

wäre (siehe Beispiel 2).<br />

C. Wissenschaftliche Einstufung der<br />

Unternehmensbewertung mittels<br />

ewiger Renten<br />

Abgesehen von der logischen Unmöglichkeit die Totalperiode<br />

eines Unternehmens mittels ewiger Renten<br />

vollständig abzubilden, führt deren Anwendung in<br />

der Unternehmensbewertung auch zur Pervertierung<br />

der Barwertrechnung. In Barwertrechnungen werden<br />

in fernerer Zukunft liegende Zahlungsstromsalden<br />

ja gerade deshalb stärker abgezinst, weil sie weniger<br />

genau prognostiziert werden können <strong>als</strong> die Zahlungsstromsalden<br />

des unmittelbar nächsten Jahres.<br />

Aufgrund der größeren Ungewissheit erfolgt daher auch<br />

eine geringere Gewichtung der unsicheren Größen im<br />

Gesamtergebnis (der Barwertsumme). Wenn nun<br />

aber genau der Zahlungsstromsaldo des letzten Jahres<br />

der Detailplanungsperiode (der somit unsicherste<br />

Zahlungsstromsaldo im gesamten Planungskalkül)<br />

anschließend in eine ewige Rente transformiert wird,<br />

so ist eben dieser unsicherste Wert für 70% oder mehr des<br />

gesamten Unternehmenswerts ausschlaggebend!<br />

Wie Bilanzskandale, Dot-Com-Blase und Subprime-Krise<br />

uns eindrücklich vor Augen führten, sind<br />

die US-amerikanischen finanzmathematischen „Methoden“<br />

weder ausreichend fundiert, noch für die<br />

nachhaltige Anwendung praxistauglich. Auch ein in<br />

der seriösen Wissenschaft sonst üblicher F<strong>als</strong>ifikationsversuch<br />

(nach Popper) wurde im Anwendungsbereich<br />

der finanzmathematischen Modelle niem<strong>als</strong><br />

auch nur ernsthaft erwogen, da dies eine Veröffentlichung<br />

der „Geschäftsidee“ vorausgesetzt und diese<br />

den kurzfristigen Marktvorsprung natürlich jeweils<br />

verhindert hätte.<br />

D. Fazit<br />

Es wurde oben bewiesen, dass Bewertungskalküle,<br />

welche auf einer denklogischen Unmöglichkeit basieren<br />

(ewige Renten), keinesfalls rechtlich gültige Unternehmenskaufverträge<br />

begründen können. In der Folge<br />

wären daher sämtliche darauf beruhenden Unternehmenskaufverträge<br />

ex tunc ungültig!<br />

Wer dies, allenfalls in Hinblick auf die sog Rechtssicherheit,<br />

anders argumentieren wollte, der würde<br />

dadurch logische Unmöglichkeiten zum Fundament<br />

der Rsp erheben und damit einem widerlegbaren Mythos<br />

den Vorrang vor mathematischer Logik einräumen!<br />

SCHLUSSSTRICH<br />

Berufsständische Fachgutachten zur Unternehmensbewertung,<br />

welche auf ewigen Renten basieren, sind<br />

nachweislich logisch widerlegbar und dürfen daher<br />

auch nicht von der Rsp akzeptiert werden, wenn<br />

diese selbst sich nicht dem Vorwurf der Unlogik aussetzen<br />

will! Davon abgesehen pervertieren ewige<br />

Renten auch die Grundlagen der Barwertberechnung,<br />

weil in den Fällen der DCF- und Ertragswertmethodik<br />

der vom Bewertungszeitpunkt zeitlich<br />

entfernteste (und daher überhaupt nicht plausibel<br />

ermittelbare!) Zahlungsstromsaldo den überwiegenden<br />

Anteil (nachweislich 70% und mehr!) des gesamten<br />

Unternehmenswerts generiert. Da der das<br />

Endergebnis dominierende Betrag (der Zahlungsstromsaldo<br />

am Ende des Detailplanungszeitraums)<br />

jedoch zum Bewertungszeitpunkt überhaupt nicht<br />

wissenschaftlich tauglich plausibilisiert werden<br />

kann, stellt er hingegen den wichtigsten Ansatzpunkt<br />

hinsichtlich interessengeleiteter gutachterlicher<br />

Willkür dar!<br />

STEUERRECHT<br />

ecolex 2008 1053

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