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Wirklich wichtig ist, eine detaillierte Analyse der ... - der f&e manager

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Von Null auf 300<br />

> SLOWAKEI<br />

Seit Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre hat Johnson Controls s<strong>eine</strong> Marktpräsenz in Osteuropa auf zwischenzeitlich<br />

23 Standorte ausgebaut. Im Oktober 2004 eröffnete Johnson Controls ein Entwicklungszentrum<br />

im slowakischen Trencin. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen<br />

über 300 Mitarbeiter an diesem Standort. Der Schwerpunkt des Entwicklungszentrums liegt<br />

auf Projekten wie <strong>der</strong> Detailkonstruktion, Zeichnungserstellung und Lebensdauerprüfungstests.<br />

Ernst-Jürgen Hake, Vice President & General Manager for Design for Manufacturing &<br />

Assembly in Seatings and Interiors, war für den extrem schnellen Aufbau des Standortes<br />

in Trencin verantwortlich. Er spricht über s<strong>eine</strong> Erfahrungen und die Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />

denen sich ein Unternehmen stellen muss, wenn es sich für <strong>eine</strong>n Entwicklungsstandort<br />

in Osteuropa entschließt.<br />

DER F&E MANAGER: Warum hat sich Johnson Controls für<br />

den Standort Trencin in <strong>der</strong> Slowakei entschieden?<br />

Ernst-Jürgen Hake: Die Slowakei hat sich in den letzten Jahren<br />

zu <strong>eine</strong>m <strong>wichtig</strong>en Standort <strong>der</strong> Automobilindustrie entwickelt.<br />

Peugeot und VW produzieren hier bereits, Hyundai/Kia<br />

eröffneten Anfang 2007 ein neues Werk in Zilina. Das Entwicklungszentrum<br />

in Trencin liegt geografisch zentral in Ostmitteleuropa<br />

und verfügt über <strong>eine</strong> gut entwickelte Infrastruktur. Von<br />

hier aus haben wir guten Zugang zu allen osteuropäischen<br />

Märkten und – wenn man sich die Landkarte anschaut – sowohl<br />

zu den Automobilherstellern vor Ort als auch zu den <strong>wichtig</strong>sten<br />

deutschen Standorten <strong>der</strong> OEMs wie etwa Wolfsburg,<br />

München o<strong>der</strong> Stuttgart. Für uns als Automobilzulieferer <strong>ist</strong><br />

das ein ganz entscheiden<strong>der</strong> Faktor. In unserer Betrachtung<br />

spielten auch die guten sozioökonomischen Bedingungen wie<br />

zum Beispiel die guten Personalkapazitäten mit hohem Ausbildungsstand<br />

<strong>eine</strong> Rolle. Tren-<br />

cin hat <strong>eine</strong> Universität, die<br />

<strong>eine</strong> hervorragende Ausbildung<br />

für Maschinenbauund<br />

Textilingenieure bietet.<br />

Ein nicht so entscheiden<strong>der</strong>,<br />

wenn auch angenehmer Nebeneffekt<br />

<strong>der</strong> Slowakei war<br />

schließlich auch <strong>der</strong> höhere Lohnkostenvorteil.<br />

Wie haben Sie den extrem schnellen Mitarbeiter- und Qualifikationsaufbau<br />

geschafft?<br />

Wir haben von Anfang an Expats, also deutsche Kollegen, für<br />

<strong>Wirklich</strong> <strong>wichtig</strong> <strong>ist</strong>,<br />

<strong>eine</strong> <strong>detaillierte</strong> <strong>Analyse</strong> <strong>der</strong><br />

potenziellen Standorte<br />

ein bis drei Jahre in die Slowakei entsendet. Diese verfügten<br />

über die entsprechende fachliche Qualifikation, um die neuen<br />

Mitarbeiter einzuarbeiten und zu schulen. Aktuell sind immer<br />

noch sieben deutsche Inge-<br />

nieure vor Ort. Wir haben<br />

die slowakischen Kollegen<br />

durch intensive Schulungsprogramme<br />

wie zum Beispiel<br />

CAD-Kurse o<strong>der</strong> unsere<br />

Engineering Academy auf<br />

ihre neue Aufgabe vorbereitet.<br />

Teilweise wurden sie bis zu vier Monate am Stück geschult.<br />

Da unsere Konzernsprache Englisch <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> ein englischer<br />

Sprachkurs für alle Mitarbeiter obligatorisch – hinzu<br />

kommt für den osteuropäischen Markt noch Russisch und für<br />

die Kommunikation mit den deutschen Kunden natürlich<br />

DER F&E MANAGER / 02/2007 / SEITE 23


SLOWAKEI<br />

Deutsch. Insgesamt bieten wir wirklich interessante Arbeitsplätze<br />

in <strong>der</strong> Region. Das <strong>ist</strong> sowohl für deutsche Mitarbeiter,<br />

die ins Ausland wollen, als auch für slowakische Kollegen ein<br />

zusätzlicher Anreiz, sich für <strong>eine</strong>n Job bei Johnson Controls zu<br />

entscheiden. Aufgrund unserer guten Arbeitsplatzbedingungen<br />

verfügen wir über <strong>eine</strong> geringe Fluktuationsrate.<br />

Wie motivieren Sie die Entwickler am deutschen Standort zur<br />

Kooperation mit Ingenieuren an <strong>eine</strong>m Low-Cost-Standort?<br />

Als weltweit operierendes Unternehmen arbeiten wir in internationalen<br />

Teams und sehen hierin <strong>eine</strong> beson<strong>der</strong>e Stärke von<br />

Johnson Controls. Allein am Standort unserer Europazentrale<br />

in Burscheid haben wir 39 Nationalitäten. Daher bedarf es k<strong>eine</strong>r<br />

beson<strong>der</strong>en Motivation, weil es unsere Mitarbeiter gewohnt<br />

sind, in interkulturellen/interdisziplinären Teams zusammenzuarbeiten.<br />

Unser Unternehmen <strong>ist</strong> auf Wachstum<br />

ausgerichtet, daher haben wir <strong>eine</strong>n sehr hohen Bedarf an Ingenieuren,<br />

<strong>der</strong> sich nicht immer<br />

nur im Inland decken<br />

lässt. Johnson Controls be-<br />

schäftigt weltweit 6.000 Ingenieure,<br />

davon rund 1.600<br />

in Europa. Gerade für den<br />

immer <strong>wichtig</strong>er werdenden<br />

osteuropäischen Wachstumsmarkt<br />

müssen wir entsprechende<br />

Entwicklungskapazitäten vorhalten.<br />

Die Standorte von Johnson Controls in <strong>der</strong> Slowakei<br />

Wie viel Intensität braucht <strong>eine</strong> F&E-Führung für die Betreuung<br />

vor Ort?<br />

Wie bereits ausgeführt, arbeiten wir in standort- und län<strong>der</strong>übergreifenden<br />

Teams. Jeweils ein Manager <strong>ist</strong> für s<strong>eine</strong>n Produktbereich<br />

wie zum Beispiel Metall o<strong>der</strong> Sitzbezüge verantwortlich<br />

und führt die Teamkollegen in Burscheid und Trencin.<br />

Wir machen hier also k<strong>eine</strong>n Unterschied, ob <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

in Deutschland, <strong>der</strong> Slowakei o<strong>der</strong> in Indien sitzt. Die überge-<br />

DER F&E MANAGER / 02/2007 / SEITE 24<br />

Das Entwicklungszentrum in Trencin<br />

Wenn <strong>der</strong> Kunde es for<strong>der</strong>t,<br />

folgen wir ihm in neue Märkte.<br />

ordnete Zuständigkeit erfor<strong>der</strong>t <strong>eine</strong> regelmäßige Präsenz des<br />

Managers vor Ort, um den persönlichen Kontakt zu halten. Umgekehrt<br />

<strong>ist</strong> es aber auch<br />

<strong>wichtig</strong>, dass die Mitarbeiter<br />

im Rahmen ihrer Projekte<br />

aus Trencin nach Burscheid<br />

kommen – nicht zuletzt<br />

auch, damit sie das Unternehmen<br />

und ihre deutschen<br />

Kollegen kennen lernen. Nur<br />

so kann ich <strong>eine</strong> schnelle Integration<br />

in ein Unternehmen und das Gefühl för<strong>der</strong>n, Bestandteil<br />

des großen Ganzen zu sein. Das wissen wir aus Erfahrung.<br />

Der permanente Einsatz <strong>eine</strong>s lokalen Managementteams vor<br />

Ort in Trencin <strong>ist</strong> erfor<strong>der</strong>lich. Die Intensität <strong>ist</strong> schon sehr, sehr<br />

hoch, aber für uns nicht glänzlich neu, da wir das bereits von<br />

an<strong>der</strong>en Standorten kennen.<br />

Welche beson<strong>der</strong>en kulturellen Unterschiede ex<strong>ist</strong>ieren,<br />

was muss man beachten?<br />

Die kulturellen Unterschiede sind nicht so groß – etwa wie zwischen<br />

Norddeutschen und Bayern, auch da gibt es kl<strong>eine</strong>, aber<br />

f<strong>eine</strong> Unterschiede (lacht). Natürlich gibt es Verhaltensunterschiede<br />

und regionale Beson<strong>der</strong>heiten wie in jedem Kulturkreis.<br />

Die Slowaken sind eher zurückhaltend. Darauf muss man<br />

sich eben einstellen. Hier müssen wir durch unsere Präsenz<br />

vor Ort schrittweise Vertrauen aufbauen. Wir stellen aber fest,<br />

dass sich unsere Kulturen einan<strong>der</strong> rasant annähern.<br />

Wie hoch <strong>ist</strong> die Kundenakzeptanz bei Automobilherstellern?<br />

Unsere Kunden stehen unserem Engagement in den neuen<br />

Märkten Osteuropas offen und positiv gegenüber. Nicht zuletzt<br />

auch deshalb, da sie wie Kia, Skoda o<strong>der</strong> Peugeot selbst vor<br />

Ort präsent sind und permanente Kosteneffizienz for<strong>der</strong>n.<br />

Johnson Controls hat <strong>eine</strong>n einheitlichen Qualitätsstandard,<br />

das heißt die Qualität unserer Arbeit in Trencin entspricht den<br />

Qualitätssicherungssystemen, die von den jeweiligen Kunden


individuell vorgegeben werden. Für unsere Kunden än<strong>der</strong>t sich<br />

also nichts: Sie haben den Kontakt zu ihren bekannten Ansprechpartnern<br />

und in <strong>der</strong><br />

Regel nicht direkt zu unserem<br />

Entwicklungszentrum in<br />

Trencin. Wir achten auf intensive<br />

Kundenorientierung,<br />

das war schon immer und <strong>ist</strong><br />

immer noch <strong>eine</strong>r <strong>der</strong> Haupterfolgsfaktoren<br />

von Johnson<br />

Controls. Der Schritt nach Osteuropa war für uns daher <strong>eine</strong><br />

strategische Notwendigkeit zur Sicherung unserer<br />

langfr<strong>ist</strong>igen Wettbewerbsvorteile und stetigem Wachstum.<br />

Spielte bei <strong>der</strong> Standortwahl nicht auch <strong>der</strong> Lohnkostenvorteil<br />

<strong>eine</strong> Rolle?<br />

Die Entscheidung von Johnson Controls, <strong>eine</strong>n Entwicklungsstandort<br />

in <strong>der</strong> Slowakei aufzubauen, war nicht durch die Kosten<br />

getrieben. Es war, wie bereits gesagt, in erster Linie ein<br />

<strong>wichtig</strong>er strategischer Schritt und die logische Konsequenz,<br />

<strong>der</strong> osteuropäischen Marktentwicklung mit dem entsprechenden<br />

Absatzpotenzial zu folgen. Dennoch besteht unbestritten<br />

ein Kostenvorteil.<br />

Wie lange, glauben Sie, wird <strong>der</strong> Vorteil noch bestehen?<br />

Es wird noch lange Zeit dauern, bis sich das osteuropäische<br />

Lohnniveau dem westeuropäischen angepasst hat. Zum jetzigen<br />

Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass wir die Investitionen<br />

in Trencin langfr<strong>ist</strong>ig tätigen und damit auch unsere globale<br />

Präsenz langfr<strong>ist</strong>ig erweitern. Johnson Controls <strong>ist</strong> ein international<br />

ausgerichtetes Unternehmen mit 250 Standorten weltweit,<br />

davon 100 in Europa. Die Standortplanung erfolgt seit jeher<br />

im Einklang mit den strategischen Zielen unseres<br />

Unternehmens, welche langfr<strong>ist</strong>ig ausgelegt sind. Das Bild <strong>der</strong><br />

Karawane, die den Standortvorteilen hinterherzieht, <strong>ist</strong> bei uns<br />

folglich nicht anwendbar. Wenn <strong>der</strong> Kunde es for<strong>der</strong>t, folgen<br />

wir ihm in neue Märkte.<br />

Was raten Sie Unternehmen, die <strong>eine</strong>n Standort im Ausland<br />

aufbauen wollen?<br />

<strong>Wirklich</strong> <strong>wichtig</strong> <strong>ist</strong> es, <strong>eine</strong> <strong>detaillierte</strong> <strong>Analyse</strong> <strong>der</strong> potenziellen<br />

Standorte durchzuführen und genau zu hinterfragen, ob <strong>eine</strong><br />

Verlagerung <strong>der</strong> Entwicklung ins Ausland Sinn macht. Allein<br />

aus Kostengründen <strong>eine</strong>n neuen Standort in <strong>eine</strong>m Billiglohn-<br />

Das Unternehmen:<br />

Johnson Controls glie<strong>der</strong>t sich in insgesamt drei Geschäftsbereiche:<br />

Automotive Experience (Sitzsysteme,<br />

Instrumententafeln/Cockpits, Türsysteme, Dachhimmelsysteme,<br />

Integrierte Innenausstattungen, Innenraum-<br />

Wir würden es genauso<br />

wie<strong>der</strong> angehen<br />

elektronik und Elektrisches Energiemanagement), Building<br />

Efficiency (Facility Management) und Power Solutions<br />

(Batterien). Die Europazentrale <strong>der</strong> Automotive Experience<br />

befindet sich in Burscheid und erwirtschaftet<br />

weltweit in diesem Bereich <strong>eine</strong>n Umsatz von 18,3 Milli-<br />

> SLOWAKEI<br />

land aufzubauen, sollte nicht Grundlage <strong>der</strong> Entscheidung sein.<br />

Denn letztlich entstehen dadurch auch Kosten, die nicht zu unterschätzen<br />

sind wie zum<br />

Beispiel Mitarbeiterqualifizierung<br />

o<strong>der</strong> Prozessaufbau<br />

und -steuerung. Vor allem<br />

<strong>der</strong> letzte Punkt wird von<br />

Unternehmen, die bisher<br />

nicht im Ausland tätig waren,<br />

vernachlässigt. Und gerade<br />

das kann sich sehr kostenintensiv gestalten.<br />

Falls Sie noch einmal <strong>eine</strong>n neuen Standort aufbauen müssten,<br />

würden Sie etwas an<strong>der</strong>s machen?<br />

Nein, wir würden es genauso wie<strong>der</strong> angehen. <br />

arden US-Dollar, wobei 8,8 Milliarden US-Dollar auf den<br />

europäischen Markt entfallen. Allein in Europa beschäftigt<br />

<strong>der</strong> internationale Konzern in dieser Sparte 32.000<br />

Mitarbeiter an 100 Standorten.<br />

www.johnsoncontrols.com<br />

DER F&E MANAGER / 02/2007 / SEITE 25

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