orientierUnGsrAhMen - Marie Meierhofer Institut für das Kind
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teiL 3 – PädAGoGisChes hAndeLn<br />
auf die Idee gekommen? Kannst du mir zeigen, wie<br />
du <strong>das</strong> gemacht hast?» Offene Fragen basieren auf den<br />
sogenannten W-Fragen (Was?, Wie?, Wo?). Geschlossene<br />
Fragen gehen dagegen mit einer bestimmten Antworterwartung<br />
bei den Erwachsenen einher. Sie haben<br />
bereits eine vorgefertigte, konkrete Antwort im Kopf<br />
und warten darauf, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> sie äussert oder bestätigt.<br />
<strong>Kind</strong>er können auf diese Fragen zumeist nur<br />
mit Ja oder Nein antworten oder sich an eine enge Auswahl<br />
von Antworten halten. Für gemeinsame Ko-Konstruktionen<br />
zwischen Erwachsenen und <strong>Kind</strong>ern braucht<br />
es anregende Fragen und Dialoge, welche die Neugierde,<br />
<strong>das</strong> Staunen und die Interessensentwicklung<br />
von <strong>Kind</strong>ern anregen («Was macht denn <strong>das</strong> Eichhörnchen<br />
dort?»), sie dazu ermuntern, sich auf etwas zu<br />
konzentrieren und etwas auszuprobieren («Wie kannst<br />
du wohl den Sand am besten transportieren?»), oder sie<br />
dazu herausfordern, eigene Hypothesen und Erklärungsversuche<br />
zu formulieren («Was müssen wir denn<br />
tun, damit . . . ?»).<br />
Im Gespräch versichern sich die Erwachsenen beim<br />
<strong>Kind</strong>, ob sie tatsächlich verstanden haben, worum es<br />
ihm geht. Sie fragen interessiert nach, sie greifen die<br />
Ideen des <strong>Kind</strong>es auf, sie regen es zum weiteren Nachdenken<br />
an. Die Erwachsenen beziehen die Vorschläge<br />
des <strong>Kind</strong>es gleichrangig mit ein. Sie gehen gemeinsam<br />
mit dem <strong>Kind</strong> mehreren Lösungsmöglichkeiten nach,<br />
aber denken die Lösung nicht «fertig». Die Lernaktivitäten<br />
der <strong>Kind</strong>er werden von den Erwachsenen ausgeweitet,<br />
aber nicht dominiert. Die Erwachsenen greifen<br />
nicht vorschnell in die Lösungssuche und -erprobung<br />
der <strong>Kind</strong>er ein. <strong>Kind</strong>er brauchen Zeit und Gelegenheit,<br />
ihre eigenen Lösungen zu suchen und selbst die Initiative<br />
zu ergreifen. Wenn ihnen vorschnell abgenommen<br />
wird, was sie selbst tun könnten, können sie keine<br />
Selbstwirksamkeit und Erfolgsfreude erleben. Wenn die<br />
Erwachsenen hingegen den <strong>Kind</strong>ern Zeit lassen, in<br />
Ruhe ihre Sichtweise zu formulieren und eigene Lösungswege<br />
zu erkunden, spüren sie Wertschätzung und<br />
Achtung. Sie erleben sich selbst als handlungsfähig und<br />
kompetent.<br />
Die Erwachsenen unterstützen die Lernprozesse<br />
des <strong>Kind</strong>es durch die Bereitstellung eines «Gerüsts» in<br />
Form von Denkanstössen und Hilfestellungen. Bei der<br />
Lösung eines Problems oder Konflikts soll sich <strong>das</strong><br />
<strong>Kind</strong> an dem Gerüst orientieren können, um neue Anreize<br />
zu erhalten und in der Lösungssuche motiviert zu<br />
sein. Ziel ist es aber, sich als Erwachsener immer mehr<br />
zurückzuziehen und die Verantwortung <strong>für</strong> <strong>das</strong> Handeln<br />
dem <strong>Kind</strong> zu übergeben, bis es die Aufgabe eigenständig<br />
lösen kann. Es geht darum, dem <strong>Kind</strong> an seine<br />
Fähigkeiten angepasste Hilfestellungen und Anregungen<br />
zu geben, so <strong>das</strong>s es sich mit neuen Dingen auseinandersetzen<br />
kann, motiviert bleibt und in seiner Entwicklung<br />
voranschreitet.<br />
Eine «Brücke bauen» bedeutet, <strong>Kind</strong>er in diejenigen<br />
Bereiche hineinzuführen, in denen sie bislang kaum<br />
aktiv gewesen sind, weil sie sich hier zum Beispiel unsicher<br />
fühlen. Es gilt dabei, von jenen Bereichen auszugehen,<br />
in denen sich <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> gerne und erfolgreich<br />
betätigt. Ziel ist es, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> sein bisheriges Aktivitätsspektrum<br />
erweitern und neue Fähigkeiten und<br />
Kompetenzen an sich entdecken kann. Die Erwachsenen<br />
gehen hierbei kindorientiert vor. Sie stellen die<br />
Stärken und Potentiale des <strong>Kind</strong>es in den Mittelpunkt<br />
und erweitern von diesen ausgehend neue, unsichere<br />
Erfahrungshorizonte.<br />
Die Erwachsenen hören aktiv und einfühlsam zu.<br />
Sie antworten prompt auf die Botschaften und Signale<br />
des <strong>Kind</strong>es. Aktives Zuhören bedeutet, offen zu sein <strong>für</strong><br />
<strong>das</strong>, was <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> erzählt, sowie <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> so anzunehmen,<br />
wie es ist. Damit schaffen die Erwachsenen den<br />
Rahmen, in dem sich <strong>Kind</strong>er angstfrei äussern können.<br />
Die Erwachsenen nehmen <strong>das</strong> auf, was <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> gesagt<br />
hat. So kann <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> erstens korrigieren, wenn es<br />
etwas anderes gemeint hat, und zweitens sein Gesagtes<br />
ergänzen und weiterführen. In Gesprächssituationen<br />
mit dem <strong>Kind</strong> verlangt dies auf Seiten der Erwachsenen<br />
eine zum <strong>Kind</strong> gerichtete Körperhaltung, eine echte<br />
Präsenz, eine aktive Beteiligung, ein «Sich-Einlassen»<br />
auf <strong>das</strong> <strong>Kind</strong>.<br />
Im Prozess der Bildungsbegleitung des <strong>Kind</strong>es durch<br />
die Erwachsenen steht nicht <strong>das</strong> Produkt, <strong>das</strong> Lernergebnis<br />
des <strong>Kind</strong>es, sondern der individuelle Bildungsweg<br />
im Vordergrund. Die Erwachsenen regen an, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> <strong>Kind</strong> in seiner Zone der «nächsten Entwicklung»<br />
tätig sein kann. Auf der Basis ihrer regelmässigen und<br />
systematischen Beobachtungen passen sie die Bildungsangebote<br />
individuell auf <strong>das</strong> <strong>Kind</strong> an und überprüfen<br />
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