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Magazin 2009 - Frankfurter Presseclub

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Erwartungen umfänglich verinnerlicht haben. Ich erinnere<br />

mich an Fälle, in denen Schlagzeilen erscheinen sollten, die<br />

jeder Grundlage entbehrten. Es war dann meine Aufgabe,<br />

das Erscheinen der Meldungen abzuwenden – im Interesse<br />

des Unternehmens wie auch der Redaktion. Das war nur<br />

möglich, wenn ich den Wahrheitsgehalt der Meldung mit<br />

stichhaltigen und nachweisbaren Argumenten überzeugend<br />

klarstellen konnte.<br />

FPC: In vielen Unternehmen werden die Etats für klassische<br />

Werbung beschnitten, während für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

sowie eine persönliche Kundenansprache immer<br />

mehr Geld ausgegeben wird. Woran liegt das?<br />

Nickerson: Weil auch die Werbung an Glaubwürdigkeit eingebüßt<br />

hat. Die Verbraucher trauen ihr weniger als früher.<br />

Und über PR lassen sich Authentizität und Glaubwürdigkeit<br />

viel besser erreichen als über Werbebotschaften. So ist auch<br />

die „Autorität“ eines redaktionellen Beitrags höher als die<br />

einer Anzeige.<br />

FPC: Die Grenze zwischen Werbung und Journalismus war<br />

und ist relativ klar. Die PR scheint sich in ihrer diskreten Art<br />

aber immer tiefer in die redaktionellen Inhalte der Medien<br />

einzuschleichen – wenn etwa ganze Seiten damit gefüllt werden,<br />

dass Pressemitteilungen fast eins zu eins abgedruckt<br />

werden.<br />

Nickerson: Im PR-Bereich hat sicherlich eine Professionalisierung<br />

stattgefunden. So sind inzwischen viele PR-Leute<br />

ehemalige Journalisten. PR-Fachleute wissen heute sehr genau,<br />

wie die Medien funktionieren und wie man Journalisten<br />

Themen mundgerecht serviert: Man wählt einen interessanten<br />

Aufhänger, baut Pressemitteilungen so auf, dass sie von<br />

hinten gekürzt werden können, liefert passende Bilder mit<br />

und so weiter. Das halte ich auch für gut, schließlich wird<br />

die Qualität der Arbeit dadurch besser. Was die Redaktion<br />

dann daraus macht, bleibt immer noch ihr überlassen.<br />

FPC: Während viele PR-Abteilungen immer besser ausgestattet<br />

sind, haben sich die Arbeitsbedingungen von Journa-<br />

Zur Person<br />

50 FPC-<strong>Magazin</strong> <strong>2009</strong><br />

Barbara Nickerson arbeitet seit vielen Jahren<br />

im Bereich der Unternehmenskommunikation,<br />

zunächst bei der Maggi GmbH,<br />

später bei der Nestlé Deutschland AG und<br />

heute als selbstständige Projektmanagerin.<br />

Lag der Schwerpunk bei Maggi auf<br />

der Verbraucherkommunikation (u. a.<br />

Maggi Kochstudio), war sie bei Nestlé als<br />

Leiterin Public Relations and Public Affairs stärker für Wirtschaftsthemen<br />

zuständig. Seit 2006 berät sie Unternehmen bei<br />

der Konzeption und Umsetzung ihrer Presse- und Öffentlichkeitsprojekte. <br />

listen spürbar verschlechtert. Gilt das Prinzip: Je schlechter<br />

die Lage der Journalisten, umso besser für die PR-Fach -<br />

leute?<br />

Nickerson: Ich kann es nur umgekehrt beantworten: Aus<br />

PR-Sicht würde es keinen Sinn machen, Journalisten, die<br />

weniger Zeit und mehr Termine als früher haben, mit<br />

schlechtem Pressematerial zu versorgen. Damit wäre weder<br />

der Redaktion noch dem Leser geholfen. Und eine gut geschriebene<br />

Pressemitteilung macht dem Journalisten letztlich<br />

weniger Arbeit als eine schlecht geschriebene.<br />

FPC: Trotzdem: Nutzt die PR die wachsende Abhängigkeit,<br />

sei es von Verlagen, Redaktionen oder einzelnen Journalisten,<br />

nicht recht offensiv aus? Nehmen wir das Beispiel Reiseberichterstattung.<br />

Während Redaktionen ihre Leute immer<br />

seltener auf eigene Rechnung in die Welt schicken, laden<br />

Reiseveranstalter Journalisten zu luxuriösen Trips ein.<br />

Nickerson: Aus Sicht beider Parteien ist das auch sinnvoll.<br />

Die Einladung stellt eine ideale Kommunikationsform dar,<br />

das Land kennenzulernen. Letztlich liegt es in der Verantwortung<br />

des Journalisten, die Sache objektiv zu beurteilen<br />

und kritisch zu bleiben. Eine gute PR kommuniziert auf vielfältige<br />

Weise, um Öffentlichkeit zu gestalten. Sie darf aber<br />

nicht beeinflussen, manipulieren oder gar kaufen.<br />

FPC: Gleichwohl haben sich die Wege geändert, den Medien<br />

PR-Botschaften schmackhaft zu machen. Eine Anzeige wird<br />

nur geschaltet, wenn parallel ein wohlwollender redaktioneller<br />

Beitrag erscheint. „Verlagssonderseiten“ sind eigentlich<br />

Werbung, die aber im redaktionellen Layout daherkommt.<br />

Ein Journalist erhält nicht nur eine Produktinfo, sondern bekommt<br />

das Produkt gratis dazu. Wo liegen die Grenzen –<br />

was darf PR und was darf sie nicht?<br />

Nickerson: PR muss für den Leser von redaktionellen Beiträgen<br />

deutlich unterscheidbar sein. Ob das mit einer Anzeige<br />

gekoppelt wird, ist dann nicht mehr so wichtig. Bei dem letzten<br />

Beispiel würde ich sagen, dass hier eine Grenze überschritten<br />

ist. Wenn ich aber ein Auto testen darf und dabei<br />

die Freiheit habe, auch zu schreiben, dass es sich nicht gut<br />

fährt, ist das in Ordnung. Wichtig ist, dass beide Seiten unabhängig<br />

bleiben. Die Nähe darf nicht zu groß werden.<br />

FPC: Wagen wir abschließend einen Ausblick: Wohin wird<br />

sich die Presse- und PR-Arbeit entwickeln? Welche Tendenzen<br />

zeichnen sich ab?<br />

Nickerson: Wer weiß, was möglich sein wird, wenn es ein<br />

Web 3.0 gibt? Ich glaube, dass die Tools, mit denen wir miteinander<br />

kommunizieren, noch raffinierter werden. Man<br />

sieht das an der wachsenden Bedeutung des Consumer Relationship<br />

Marketing, bei dem es darum geht, die Kommunikation<br />

noch personalisierter zu gestalten. Kommunikation wird<br />

individueller und damit komplexer werden. Einfach nur gute<br />

Pressetexte zu versenden, wird jedenfalls immer weniger<br />

ausreichen. Die Fragen stellte Christian Sälzer

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