Magazin 2009 - Frankfurter Presseclub
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Der Beifall zeigt: „Durchstarten” war eine Veranstaltungsreihe,<br />
an die man unbedingt anknüpfen sollte<br />
war auch bei ihm ein Praktikum mit Kopieraufträgen und<br />
Kabelschleppen der Startschuss zum „Durchstarten“<br />
gewesen.<br />
So beginnt der Einstieg in den Journalismus heutzutage<br />
vielleicht nicht mehr mit einem einfachen Telefonanruf, sondern<br />
eher mit einem Praktikum oder einem Gespräch am<br />
Rande einer PresseClub-Veranstaltung. Für Pessimismus<br />
jedoch, auch dies eine Lehre aus den Veranstaltungen, besteht<br />
trotz Dauerkrise kein Grund. Eines war nämlich auf<br />
keiner der vielen Veranstaltungen zu hören: Gejammer<br />
über die schlechten Zeiten. Vielleicht sind die Zeiten besser<br />
als ihr Ruf? Auf jeden Fall sind es Zeiten zum Durchstarten.<br />
zu produzieren, um damit Druck auf einen Verlag<br />
auszuüben und die fortlaufende Berichterstattung<br />
zu beeinflussen bzw. zu unterbinden.<br />
Fortan musste jeder Artikel in der tagesaktuellen<br />
Berichterstattung unter hohem Zeitdruck<br />
juristisch geprüft werden, und ein Großteil der<br />
täglichen Arbeitszeit wurde durch die Abwehr<br />
von Angriffen, das Schreiben von Protokollen<br />
oder eidesstattlichen Versicherungen und die<br />
Abstimmung von Schutzschriften für die Gerichte<br />
gebunden. Ohne die tägliche Hilfe der<br />
Rechtsabteilung des Verlags wäre die Berichterstattung<br />
nicht mehr möglich gewesen.<br />
Auch zu aktuellen Themen kommunizierte das<br />
Kinderhilfswerk nicht mehr über seine Presseabteilung,<br />
sondern ausschließlich über eine<br />
Großkanzlei mit der „FR“. Alle Fragen muss -<br />
ten dieser Kanzlei schriftlich eingereicht wer-<br />
26 FPC-<strong>Magazin</strong> <strong>2009</strong><br />
den und wurden oft erst kurz vor Redaktionsschluss<br />
beantwortet. Mit einer Strafanzeige<br />
wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen<br />
wollte UNICEF Deutschland potenzielle Informanten<br />
der „FR“ im Unternehmen ermitteln.<br />
Die berichtenden Journalisten sollten als Zeugen<br />
vernommen werden. Die „FR“ berief sich<br />
auf das Zeugnisverweigerungsrecht. Zudem<br />
versuchte UNICEF mit Schreiben an die Chefredaktion,<br />
ein Ende der Berichterstattung zu<br />
erreichen, was nicht gelang. Gute Recherche<br />
zu umstrittenen Themen braucht auch den<br />
Rückhalt von Vorgesetzten.<br />
Wie sich zeigte, war die Berichterstattung der<br />
„FR“ korrekt: Die Vorsitzende, der Geschäftsführer<br />
und der komplette Vorstand von UNICEF<br />
Deutschland traten im Verlauf der Affäre zurück,<br />
und das Kinderhilfswerk verlor das Spen-<br />
MICHAELA SCHMEHL<br />
Freie Redakteurin ZDF<br />
office@michaela-schmehl.de<br />
NILS BREMER<br />
Leitung <strong>Magazin</strong>,<br />
„Journal Frankfurt“<br />
post@nils-bremer.de<br />
densiegel des Prüfungsinstituts DZI, weil es<br />
wahrheitswidrige Angaben zu Provisionszahlungen<br />
gemacht hatte. Genau dies hatten wir<br />
in monatelanger Recherche berichtet. Seitdem<br />
klingelt öfter das Telefon: „In Ihrer Zeitung<br />
wurde doch über UNICEF berichtet. Ich<br />
muss Ihnen mal etwas anderes Unglaubliches<br />
erzählen...“ Was, das lesen Sie demnächst in<br />
der „<strong>Frankfurter</strong> Rundschau“.<br />
MATTHIAS THIEME<br />
Redakteur Politikredaktion<br />
„<strong>Frankfurter</strong> Rundschau“<br />
M.Thieme@fr-online.de