21.10.2013 Aufrufe

0.43 MB - Stiftung zum Schutze unserer Fledermäuse in der Schweiz

0.43 MB - Stiftung zum Schutze unserer Fledermäuse in der Schweiz

0.43 MB - Stiftung zum Schutze unserer Fledermäuse in der Schweiz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Fle<strong>der</strong>maus-Anzeiger<br />

Offi zielles Mitteilungsorgan <strong>der</strong><br />

SSF – <strong>Stiftung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Schutze</strong> <strong>unserer</strong> <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> und <strong>der</strong> KOF – Koord<strong>in</strong>ationsstelle Ost für Fle<strong>der</strong>mausschutz<br />

Redaktionsadresse: <strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz, c/o Zoo Zürich, Zürichbergstrasse 221, 8044 Zürich<br />

Sekretariat 044 254 26 80; Fax 044 254 26 81; Fle<strong>der</strong>mausschutz-Nottelefon 079 330 60 60<br />

fl e<strong>der</strong>maus@zoo.ch; www.fl e<strong>der</strong>mausschutz.ch<br />

FMAZ 81 Dezember 2005 Aufl age 3’000<br />

Tue Gutes und sprich darüber –<br />

Erfolgsgeschichte Betreuung Mausohrwochenstuben<br />

Seit 25 Jahren setzt <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz<br />

auf <strong>in</strong>dividuelle Betreuung<br />

wichtiger Fle<strong>der</strong>mauskolonien<br />

durch lokal ansässige Fachpersonen.<br />

Dutzende von Mausohrwochenstuben<br />

haben dank diesem<br />

Betreuersystem Gebäu<strong>der</strong>enovationen<br />

überlebt. Die Bestände<br />

entwickeln sich prächtig.<br />

Hans-Peter B. Stutz / SSF<br />

Mausohrfle<strong>der</strong>mäuse waren e<strong>in</strong>st <strong>in</strong> Kirchendachstöcken<br />

im ganzen Mittelland weit<br />

verbreitet und grosse Kolonien waren häufi g.<br />

Anfang zweite Hälfte des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

war <strong>der</strong> Bestand auf den Tiefststand<br />

abgesunken. Dies wegen Pestiziden, Lebensraumverän<strong>der</strong>ungen,<br />

Vergiftungsaktionen und<br />

dem Verschluss von geeigneten Unterschlupfmöglichkeiten<br />

<strong>in</strong> Dachstöcken. In den 1970er-<br />

Jahren begann man dann mit <strong>der</strong> Erforschung<br />

<strong>der</strong> Mausohren und entwickelte artspezifi sche<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Schutz- und För<strong>der</strong>ungsmassnahmen für <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>.<br />

Obwohl man heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

nur noch rund 100 Fortpfl anzungskolonien <strong>der</strong><br />

Mausohrfl e<strong>der</strong>maus, sogenannte Wochenstuben,<br />

kennt, darf die heutige Situation als Erfolg<br />

dieser Artenschutzmassnahmen gewertet<br />

werden. Dank dem nun seit 25 Jahren konsequent<br />

durchgeführten Kolonieschutz haben<br />

sich die Bestände stabilisiert. Die Zerstörung<br />

<strong>der</strong> Unterschlüpfe wurde gestoppt. Heute zählt<br />

man <strong>in</strong> <strong>der</strong> östlichen Landeshälfte wie<strong>der</strong> rund<br />

10’000 erwachsene Mausohrweibchen <strong>in</strong> den<br />

Wochenstubenkolonien. Vor zwei Jahrzehnten<br />

waren es rund 2’000 weniger. Angesichts <strong>der</strong><br />

langsamen Fortpfl anzungsrate mit meist nur<br />

e<strong>in</strong>em Jungtier pro Jahr und e<strong>in</strong>er hohen<br />

Jungensterblichkeit e<strong>in</strong> achtbarer Erfolg.<br />

Dank ehrenamtlichem E<strong>in</strong>satz...<br />

Ohne Begeisterung <strong>der</strong> Lokalbevölkerung geht<br />

im Biotopschutz gar nichts. Das gilt für Moorlandschaften<br />

und Naturparks genau so wie für<br />

e<strong>in</strong> Feuchtbiotop o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Kirchenestrich<br />

voller <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>. Der Kolonieschutz vor Ort<br />

wird von ehrenamtlichen Quartierbetreuenden<br />

Rund 100 Betreuende von Mausohrwochenstuben, Gebäudebesitzer und Behördenvertreter lauschten zur Eröffnung<br />

<strong>der</strong> Ausstellung «Mausohrwochenstuben» im Zoo Zürich den Ausführungen von Hans-Peter B. Stutz.<br />

geleistet. Sie engagieren sich <strong>zum</strong> Teil seit<br />

den Anfängen des koord<strong>in</strong>ierten Fle<strong>der</strong>mausschutzes<br />

für «ihre Mausohren». Und genau<br />

das ist das Erfolgsrezept: Die persönliche<br />

Identifi kation mit den Mausohren mag auch die<br />

Wohnbevölkerung <strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenen Geme<strong>in</strong>de<br />

mit zu begeistern.<br />

...positives Image<br />

Aus den kaum beachteten o<strong>der</strong> gar missachteten<br />

Tieren werden plötzlich <strong>in</strong>teressante und<br />

willkommene «Mitbewohner». Man ist stolz<br />

auf se<strong>in</strong>e Kirchenfl e<strong>der</strong>mäuse. Ist das positive<br />

Image <strong>der</strong> Mausohren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de<br />

e<strong>in</strong>mal gefestigt, so ist auch die Bereitschaft<br />

gross, für <strong>der</strong>en Schutz auf Geme<strong>in</strong>deebene<br />

aktiv mitzuhelfen. Dies ist z. B. wichtig, wenn<br />

e<strong>in</strong>e Gebäu<strong>der</strong>enovation ansteht. Früher haben<br />

solche Bauvorhaben meist das «Aus» <strong>der</strong><br />

Kolonie bedeutet. Dank <strong>der</strong> <strong>in</strong>tensiven Information<br />

und langjährigen Sympathiewerbung<br />

vor Ort konnten <strong>in</strong> den vergangenen 20 Jahren<br />

über 60 Renovationen ohne Bee<strong>in</strong>trächtigung<br />

<strong>der</strong> Kolonien realisiert werden.<br />

Aktuell im FMAZ 81<br />

Biologie und Forschung<br />

Partnerwahl bei Hufeisennasen ........ 2<br />

Nationale Tagung .............................. 9<br />

News aus den Regionen<br />

Kastenprojekt ZH ............................... 3<br />

Neu: Mopsfl e<strong>der</strong>maus im TG ............. 6<br />

Wimperfl e<strong>der</strong>mausquartier TI .......... 11<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Mausohren ......................................... 1<br />

European Bat Night 05 ..................... 4<br />

SSF-Schulfi lm auf DVD ..................... 7<br />

Live-Infrarotübertragungen 05 ........... 7<br />

Tanz <strong>der</strong> Vampire ............................... 8<br />

Ausstellung Zoo Zürich .................... 10<br />

Fle<strong>der</strong>maus-Feldstecher .................. 11<br />

Fle<strong>der</strong>maus-Exkursionen ................. 12<br />

Fallen gegen <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>? ............ 12


2 FMAZ 81 Dezember 2005<br />

Ausstellung und Poster<br />

Als «Dankeschön» für das ehrenamtliche<br />

Engagement lud die <strong>Stiftung</strong> <strong>zum</strong> <strong>Schutze</strong><br />

<strong>unserer</strong> <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> Anfang<br />

Oktober alle Quartierbetreuenden zu e<strong>in</strong>er<br />

Informationstagung und Ausstellungseröffnung<br />

<strong>zum</strong> Thema «Mausohrwochenstuben»<br />

an die Fle<strong>der</strong>maus-Station im Zoo Zürich e<strong>in</strong>.<br />

Auf rund 70 Informationstafeln, die speziell<br />

angefertigt worden waren, wurden sämtliche<br />

Mausohrwochenstuben <strong>in</strong> <strong>der</strong> östlichen<br />

Landeshälfte präsentiert mit Beschreibung,<br />

Bestandesentwicklung und Abbildung. Den<br />

Quartierbetreuenden wurde an <strong>der</strong> Eröffnung<br />

die Informationstafel über ihre Kolonie überreicht.<br />

Diese Poster trugen sie h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> ihre<br />

Geme<strong>in</strong>den, um sie dort <strong>der</strong> Wohnbevölkerung<br />

zu präsentieren. E<strong>in</strong>e speziell für diesen<br />

Anlass verfasste Broschüre (siehe FMAZ 80)<br />

stellt zudem die Leistungen <strong>der</strong> Quartierbetreuenden<br />

<strong>in</strong>s richtige Licht: «Tue Gutes und<br />

sprich darüber».<br />

Männliche Hufeisennasen s<strong>in</strong>d zur Paarungszeit<br />

territorial und versuchen, e<strong>in</strong>e<br />

möglichst grosse Gruppe von Weibchen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Harem e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den. Dieses Verhalten<br />

ist auch von an<strong>der</strong>en Fle<strong>der</strong>mausarten<br />

bekannt. Vielweiberei o<strong>der</strong> Polygynie lautet<br />

<strong>der</strong> Ausdruck für dieses, im Tierreich weit<br />

verbreitete Verhalten.<br />

Die engsten Verwandten im Harem...<br />

Dank genetischer Analysen konnten englische<br />

Forscher* nun feststellen, dass die<br />

Weibchen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Harem meist<br />

eng mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verwandt s<strong>in</strong>d. Im Paarungsquartier<br />

fi ndet man nämlich nicht nur<br />

die Stammmutter son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>en Töchter<br />

und <strong>der</strong>en Schwestern, sowie die Enkel<strong>in</strong>nen<br />

und Cous<strong>in</strong>en ersten und zweiten<br />

Grades. Auch Harems mit Halbschwestern<br />

und Halbtanten und an<strong>der</strong>e Komb<strong>in</strong>ationen<br />

wurden gefunden. 14 Männchen und 27<br />

Weibchen brachten es auf 34 verschiedene<br />

mögliche Paarungskomb<strong>in</strong>ationen. Aus den<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Mausohren kennen ke<strong>in</strong>e Sprachbarrieren: Die Informationstafeln wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen Landessprache<br />

erstellt – für die Mausohrkolonie <strong>in</strong> Laax also selbstverständlich auf romanisch.<br />

Das aufregende Liebesleben Grosser Hufeisennasen<br />

Weibliche, mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verwandte<br />

Hufeisennasen teilen sich oft den<br />

Partner und gehen dadurch e<strong>in</strong><br />

erhöhtes Inzucht-Risiko e<strong>in</strong>. Die<br />

Vielweiberei hat aber auch ihre<br />

Vorteile.<br />

Hubert Krättli / SSF<br />

tatsächlich statt gefundenen Befruchtungen<br />

g<strong>in</strong>gen mehrere hun<strong>der</strong>t Jungtiere hervor.<br />

Handelt es sich hier also um e<strong>in</strong>en Fall von<br />

Inzucht? Inzucht ist für die Erhaltung e<strong>in</strong>er Kolonie<br />

alles an<strong>der</strong>e als för<strong>der</strong>lich. Verborgene<br />

Schäden im Erbgut können dadurch an Nachkommen<br />

weiter gegeben werden. Die Kolonie<br />

könnte bee<strong>in</strong>trächtigt werden, im schlimmsten<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Fall sogar erlöschen. Die Hufeisennasen<br />

sollten Inzucht tunlichst vermeiden.<br />

...und doch ke<strong>in</strong>e Inzucht?<br />

Doch wird die Inzucht auch tatsächlich<br />

praktiziert? Mittels genetischer Analysen<br />

erstellten die Forscher die Stammbäume<br />

aller Jungtiere, die im Verlauf von zehn<br />

Weibchen <strong>der</strong> äusserst seltenen Grossen Hufeisennasen bei <strong>der</strong> Jungenaufzucht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kolonie von Castrisch<br />

(GR): Obwohl sie sich während <strong>der</strong> Fortpfl anzungszeit mit mehreren Partnern e<strong>in</strong>lassen, br<strong>in</strong>gen sie jedes<br />

Jahr meist nur mit demselben Auserwählten e<strong>in</strong>en Nachkommen hervor. FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH


Dezember 2005 FMAZ 81 3<br />

Jahren geboren worden waren. Nur <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Fall kam es zu e<strong>in</strong>er «erfolgreichen»<br />

Inzucht, wo e<strong>in</strong> Männchen<br />

mit se<strong>in</strong>er Tochter e<strong>in</strong>en Nachkommen<br />

hervorbrachte. In weiteren sechs Fällen<br />

kam es zu «erfolgreichen» Inzuchtsfällen<br />

mit weniger starker Verwandtschaft wie z.<br />

B. mit <strong>der</strong> Enkel<strong>in</strong> <strong>der</strong> Stammmutter. Gesamthaft<br />

kommt es somit kaum zu mehr<br />

Inzuchtsfällen als bei an<strong>der</strong>en Tierarten.<br />

Nachkommen zwischen nahe verwandten<br />

Partnern s<strong>in</strong>d also auch bei Grossen Hufeisennasen<br />

äusserst selten.<br />

Wer mit wem?<br />

Mit welchen Partnern pfl anzen sich aber<br />

die Töchter und Enkel<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> Stammmutter<br />

fort, denn Nachkommen haben<br />

auch sie? Die Fle<strong>der</strong>mausforscher haben<br />

herausgefunden, dass e<strong>in</strong> Weibchen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Fortpfl anzungszeit im Herbst nicht<br />

nur e<strong>in</strong> Männchen son<strong>der</strong>n gleich zwei<br />

bis drei besucht. Dabei hat es aber meist<br />

nur mit demselben Partner Nachkommen.<br />

Die weiblichen Hufeisennasen s<strong>in</strong>d ihrem<br />

auserwählten Männchen also im engeren<br />

S<strong>in</strong>ne treu. Wie nun aber konkret verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t<br />

wird, dass sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Harem die<br />

Tochter mit dem Vater fortpfl anzt, ist noch<br />

unbekannt. E<strong>in</strong>zig dass sich die Söhne<br />

nicht mit <strong>der</strong> Mutter fortpfl anzen ersche<strong>in</strong>t<br />

plausibel, denn die Söhne werden nicht<br />

im Harem des Vaters geduldet und müssen<br />

e<strong>in</strong>e eigene weibliche Gefolgschaft<br />

anwerben.<br />

Strategie mit Vorteilen<br />

Es stellt sich nun die Frage, warum die<br />

Grossen Hufeisennasenweibchen überhaupt<br />

solche «Verwandten-Harems»<br />

bilden, wenn doch meist nur die Stammmutter<br />

mit dem Auserwählten Nachkommen<br />

hervorbr<strong>in</strong>gt. Die Forscher gehen<br />

davon aus, dass die aussergewöhnliche<br />

Paarungsstrategie die Verwandtschaftsbeziehungen<br />

stärkt und die soziale<br />

Gruppenb<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wochenstube<br />

för<strong>der</strong>t. Das e<strong>in</strong>zelne Weibchen profi tiert<br />

durch das spezielle Paarungsverhalten<br />

noch mehr von den sozialen Vorteilen <strong>der</strong><br />

Geme<strong>in</strong>schaft z. B. bei <strong>der</strong> Jungenaufzucht.<br />

Der verme<strong>in</strong>tliche Opportunismus<br />

hat demnach se<strong>in</strong>e berechtigten Vorteile.<br />

Eifersucht sche<strong>in</strong>en die fasz<strong>in</strong>ierenden<br />

Flatterer also nicht zu kennen. Bei Murmeltieren<br />

fi ndet man übrigens e<strong>in</strong>e ähnliche<br />

Paarungsstrategie, die vermutlich auf<br />

dieselben Vorteile zurückzuführen ist.<br />

* Rossiter, S. J., R. D. Ransome, C. G. Faulkes, S. C. Le<br />

Comber & G. Jones (2005): Mate fi delity an <strong>in</strong>tra-l<strong>in</strong>eage<br />

polygyny <strong>in</strong> greater horseshoe bats. Nature 437: 408-411.<br />

Zwei «neue» Arten <strong>in</strong> Zürichs Wäl<strong>der</strong>n<br />

Im Kanton Zürich wurden bisher<br />

erst sechs Fle<strong>der</strong>mausarten als<br />

Waldbewohner nachgewiesen. Die<br />

Kantonalen Fle<strong>der</strong>mausschutz-<br />

Beauftragten konnten dank e<strong>in</strong>es<br />

Kasten-Projektes zwei weitere Arten<br />

belegen.<br />

Lea Morf & Kar<strong>in</strong> Safi -Widmer / KFB ZH<br />

In den Wäl<strong>der</strong>n des Kantons Zürich wurden<br />

bisher sechs Fle<strong>der</strong>mausarten <strong>in</strong> Baumhöhlen,<br />

Vogelnist- o<strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>mauskästen<br />

nachgewiesen. Sechs weitere Arten dürften<br />

jedoch Quartiere im Wald haben. Um diese<br />

aufzuspüren wurden im Hönggerwald nördlich<br />

von Zürich und im Ni<strong>der</strong>holz im Zürcher We<strong>in</strong>land<br />

Anfang 2005 je 50 Rund- und Flachkästen<br />

aufgehängt (siehe FMAZ 80). In Rundkästen<br />

fühlen sich Arten wohl, die natürlicherweise<br />

z. B. <strong>in</strong> Spechthöhlen leben. Flachkästen<br />

h<strong>in</strong>gegen werden von Fle<strong>der</strong>mausarten bevorzugt,<br />

die <strong>in</strong> Spalten wie z. B. h<strong>in</strong>ter sich<br />

lösenden R<strong>in</strong>den abgestorbener Bäume ihr<br />

Tagesschlafversteck haben.<br />

Waldbewohnende <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> können<br />

dank dem Anbr<strong>in</strong>gen von Kästen nicht nur<br />

leichter nachgewiesen, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> ihrem<br />

Bestand langfristig auch besser überwacht<br />

werden. Dazu müssen die Kästen aber regelmässig<br />

kontrolliert werden. Im September<br />

wurde deshalb bei e<strong>in</strong>em Workshop e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe von <strong>in</strong>teressierten Lokalen Fle<strong>der</strong>mausschützenden<br />

(LFS) <strong>in</strong> die Kontrolltätigkeit<br />

e<strong>in</strong>geführt.<br />

FOTO: KARIN SAFI-WIDMER<br />

Beim Workshop auf dem Hönggerberg freuten sich<br />

die künftigen Kasten-Kontrolleure bereits über die<br />

Anwesenheit e<strong>in</strong>er Zwergfl e<strong>der</strong>maus.<br />

FOTO: KARIN SAFI-WIDMER<br />

Zwar s<strong>in</strong>d wir alle leidenschaftliche Fle<strong>der</strong>mausfans,<br />

doch freuten wir uns auch über an<strong>der</strong>e Fle<strong>der</strong>mauskasten-Bewohner<br />

wie z. B. Siebenschläfer.<br />

Bereits zwei Arten mehr nachgewiesen<br />

Über die Geschw<strong>in</strong>digkeit e<strong>in</strong>er Besiedlung<br />

von Kästen durch <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> liegen unterschiedliche<br />

Befunde vor. So wagten wir kaum<br />

zu hoffen, bereits im gleichen Jahr nach dem<br />

Aufhängen auf <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> zu stossen. Doch<br />

schon bei e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> ersten Kontrollgänge im<br />

Ni<strong>der</strong>holz fanden wir zu <strong>unserer</strong> Überraschung<br />

e<strong>in</strong>e männliche Rauhautfl e<strong>der</strong>maus (Pipistrellus<br />

nathusii) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Flachkasten! Rauhautfl<br />

e<strong>der</strong>mäuse s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> typische<br />

W<strong>in</strong>tergäste aus Nordosteuropa. E<strong>in</strong> weiteres<br />

Männchen <strong>der</strong>selben Fle<strong>der</strong>mausart wurde<br />

bei <strong>der</strong> nächsten Kontrolle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganz<br />

an<strong>der</strong>en Waldabschnitt gefunden. Auch die<br />

erste Kontrolle im Hönggerberg war erfreulich:<br />

In e<strong>in</strong>em Flachkasten konnte e<strong>in</strong> Zwergfl e<strong>der</strong>mausweibchen<br />

(Pipistrellus pipistrellus) bei<br />

se<strong>in</strong>em Tagesschläfchen beobachtet werden.<br />

Bei <strong>der</strong> zweiten Kontrolle trafen die LFS auf<br />

zwei schlafende Rauhautfl e<strong>der</strong>mäuse.<br />

Bis anh<strong>in</strong> waren <strong>in</strong> Wäl<strong>der</strong>n im Kanton Zürich<br />

folgende sechs Fle<strong>der</strong>mausarten bekannt:<br />

Grosser Abendsegler (Nyctalus noctula),<br />

Wasserfle<strong>der</strong>maus (Myotis daubentonii),<br />

Braunes Langohrs (Plecotus auritus), Kle<strong>in</strong>er<br />

Abendsegler (N. leisleri), Bechste<strong>in</strong>fl e<strong>der</strong>maus<br />

(M. bechste<strong>in</strong>ii) und Grosses Mausohr (M.<br />

myotis). Die Nachweise <strong>der</strong> letztgenannten<br />

vier Arten s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 15 Jahre alt o<strong>der</strong><br />

es handelt sich um e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zelnachweis. Mit<br />

dem diesjährigen Nachweis von Zwerg- und<br />

Rauhautfle<strong>der</strong>mäusen wird die Artenzahl<br />

<strong>der</strong> nächtlichen Flatterer im Wald nun also<br />

bereits von sechs auf acht erhöht. Der<br />

Fle<strong>der</strong>mausschutz ist gespannt auf weitere<br />

Kastenbewohner!


4 FMAZ 81 Dezember 2005<br />

IX. Europäische Nacht <strong>der</strong> <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong><br />

29 Veranstaltungen mit rund 2000 Teilnehmenden fanden<br />

am letzten Augustwochenende <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> statt. Da<br />

Bil<strong>der</strong> mehr sagen als Worte, lassen wir Sie das spektakuläre<br />

Wochenende von ausgewählten Ereignissen<br />

noch e<strong>in</strong>mal bildhaft erleben.<br />

FOTO: MURIELLE MERMOD<br />

Neeracher Ried ZH: Murielle Mermod, Sandra Frey und Pia und Röbi Suter lockten<br />

mit e<strong>in</strong>em Informationsstand rund ums Thema Fle<strong>der</strong>mausschutz rund 70<br />

Personen <strong>in</strong>s Neeracher Ried. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> konnten sich hübsche <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> <strong>in</strong>s<br />

Gesicht malen lassen, das Interesse an den nächtlichen Flatterern war enorm.<br />

FOTOS: CENTRO PROTEZIONE CHIROTTERI TICINO (CPT)<br />

Oben: Fle<strong>der</strong>maus-Nachmittag <strong>in</strong> Muzzano TI. Es war e<strong>in</strong> herrlicher Herbsttag<br />

und es hatte viele, sogar sehr viele Familien mit mehr als 150 Teilnehmenden,<br />

die gespannt darauf warteten, sich <strong>in</strong> die Herausfor<strong>der</strong>ungen zu stürzen, die an<br />

verschiedenen Posten <strong>zum</strong> Thema <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> geboten wurden.<br />

Unten: Wer sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Künstler verwandelte und <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> aus Lehm<br />

bastelte…<br />

FOTO: KARIN SAFI-WIDMER<br />

Wildpark Bru<strong>der</strong>haus ZH: Der bunt geschmückte Stand von Urs Leibundgut, se<strong>in</strong>er<br />

Frau und e<strong>in</strong>em Bekannten im Tierpark Bru<strong>der</strong>haus <strong>in</strong> W<strong>in</strong>terthur zog die ganze<br />

Aufmerksamkeit auf sich: Neben Informationen über <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> konnten die<br />

Besucher bei Spielen ihr Wissen testen und Fle<strong>der</strong>maus-Broschen basteln.<br />

Oben: …wer versuchte zu erraten, welche Insekten gefressen werden und welche<br />

nicht…<br />

Unten: …o<strong>der</strong> wer versuchte mit se<strong>in</strong>er Fle<strong>der</strong>maus so viel Wasser wie möglich<br />

zu tr<strong>in</strong>ken.


Dezember 2005 FMAZ 81 5<br />

FOTOS: WWW.DSH.CH<br />

FOTOS: GEORGES CAMENZIND<br />

FOTOS: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ-SZ.CH<br />

Oben: Der Fle<strong>der</strong>mausschutz <strong>der</strong> Kantone Schwyz, Uri und Zug und <strong>der</strong> Tierpark<br />

Goldau boten im Tierpark e<strong>in</strong>e spezielle Standaktion für K<strong>in</strong><strong>der</strong> an. Rund 500<br />

Personen liessen sich von den heimlichen Flatterern begeistern.<br />

Unten l<strong>in</strong>ks: Tabea Holzgang, die kle<strong>in</strong>ste Helfer<strong>in</strong> im Team, managt souverän die<br />

Herstellung von Fle<strong>der</strong>mausp<strong>in</strong>s, die die Gäste anfertigen durften.<br />

Unten rechts: Ke<strong>in</strong>er zu kle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Fle<strong>der</strong>mausforscher zu se<strong>in</strong>. An B<strong>in</strong>okularen<br />

erforschten die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, was Mausohren fressen.<br />

Unvergessliches Erlebnis an <strong>der</strong> Museggmauer <strong>in</strong> Luzern: Walter Fassb<strong>in</strong>d<br />

und Ruth Ehrenbold luden zur E<strong>in</strong>weihung e<strong>in</strong>es grossen Fle<strong>der</strong>mauskastens<br />

an <strong>der</strong> Scheunenwand des Diepold Schill<strong>in</strong>g Hofes (www.dsh.ch) mitten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Stadt Luzern. Bei e<strong>in</strong>em Glas We<strong>in</strong> zeigten die <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> vor <strong>der</strong> grossartigen<br />

Kulisse <strong>der</strong> Museggmauer den rund 20 Teilnehmenden bereitwillig ihre<br />

unerreichbaren Flugkünste.<br />

Infrarotübertragung <strong>in</strong> Altendorf SZ: Der Fle<strong>der</strong>mausschutz Schwyz und Pro<br />

Natura Schwyz luden die Bevölkerung zu spektakulären Live-Bil<strong>der</strong>n aus <strong>der</strong><br />

Mausohrwochenstube im Turm <strong>der</strong> Kirche Altendorf. Fast 250 Personen bestaunten<br />

das sonst unsichtbare Treiben im Turm auf Grossle<strong>in</strong>wand.<br />

Oben: E<strong>in</strong>e Hauptattraktion war die Fütterung e<strong>in</strong>es Fle<strong>der</strong>mauspfl egl<strong>in</strong>gs, von dem<br />

sich die zahlreichen Zuschauer buchstäblich von den Plätzen reissen liessen.<br />

Unten l<strong>in</strong>ks: Milena Holzgang im E<strong>in</strong>satz: Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> durften sich das Gesicht<br />

bemalen lassen.<br />

Unten rechts: Das Mitarbeiterteam des Fle<strong>der</strong>mausschutzes im Tierpark Goldau<br />

(v. l. n. r.): Walter & Erika Korrodi, Livia Holzgang, Hubert Krättli, Tabea Holzgang,<br />

Franziska Matter, Milena Holzgang, Ursi Schupp und Adrian Holzgang.


6 FMAZ 81 Dezember 2005<br />

Nach 50 Jahren wie<strong>der</strong> im Thurgau: die Mopsfl e<strong>der</strong>maus<br />

Anfang September 2005 gelang Mitarbeitern<br />

des thurgauischen Fle<strong>der</strong>mausschutzes<br />

e<strong>in</strong>e überraschende<br />

Entdeckung: Sie konnten e<strong>in</strong> Vorkommen<br />

von Mopsfle<strong>der</strong>mäusen<br />

nachweisen. Diese Fle<strong>der</strong>mausart<br />

ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> äusserst selten<br />

anzutreffen und galt im Thurgau als<br />

ausgestorben.<br />

Wolf-Dieter Burkhard / KFB TG<br />

Ermöglicht wurde <strong>der</strong> erfreuliche Fund<br />

durch e<strong>in</strong>en aufmerksamen Hausbesitzer <strong>in</strong><br />

Neukirch an <strong>der</strong> Thur (Bezirk Bischofszell),<br />

<strong>der</strong> bemerkt hatte, dass sich h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em<br />

Fensterladen oben im zweiten Geschoss<br />

se<strong>in</strong>er Liegenschaft e<strong>in</strong>ige <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> e<strong>in</strong>gefunden<br />

hatten. Die Tiere verbrachten dort<br />

geschützt den Tag, um jeweils am Abend <strong>zum</strong><br />

Beutefl ug zu starten. Der hölzerne, kompakte<br />

Fensterladen wurde schon seit längerem nicht<br />

mehr bewegt, so dass sich die Mopsfl e<strong>der</strong>mäuse<br />

dah<strong>in</strong>ter geborgen und sicher fühlen<br />

konnten. Verraten haben sich die Tiere durch<br />

Kotspuren unten an <strong>der</strong> Hausmauer: dünne,<br />

schwärzlichbraune «Chegeli» von e<strong>in</strong>igen<br />

Millimetern Länge.<br />

2004 bereits verletztes Tier gefunden<br />

Die benachrichtigte Lokale Fle<strong>der</strong>mausschützer<strong>in</strong><br />

Susi Kreis aus Bürglen spähte <strong>in</strong> das<br />

Versteck und hegte sofort den Verdacht, dass<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Das erste thurgauische Mopsfl e<strong>der</strong>maus-Quartier seit mehr als 50 Jahren befi ndet sich <strong>in</strong> Neukirch an <strong>der</strong><br />

Thur an e<strong>in</strong>em älteren Haus am nördlichen Dorfrand. Die <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> befanden sich zur Zeit des Abfangs<br />

h<strong>in</strong>ter dem dritten Fensterladen von l<strong>in</strong>ks im zweiten Obergeschoss. Spätere Kontrollen ergaben, dass auch<br />

Läden im ersten Obergeschoss als Quartiere benützt wurden.<br />

es sich um Mopsfl e<strong>der</strong>mäuse handeln könnte,<br />

denn bereits im Jahr zuvor war ihr e<strong>in</strong> Tier<br />

dieser Art übergeben worden, welches man<br />

verletzt auf e<strong>in</strong>em Hausvorplatz gefunden<br />

hatte – ebenfalls <strong>in</strong> Neukirch an <strong>der</strong> Thur. Es<br />

war dies nach über 50 Jahren das erste Mal,<br />

dass im Kanton Thurgau e<strong>in</strong> Tier dieser seltenen<br />

Art aufgetaucht war. Die letzte Meldung<br />

stammte aus dem Jahre 1953 und betraf e<strong>in</strong>e<br />

Die Mopsfl e<strong>der</strong>maus, e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> seltensten Fle<strong>der</strong>mausarten Europas. In den 1950er Jahren noch weit verbreitet,<br />

kennt man <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> heute gerade noch vier Wochenstuben. Fledemausschützende konnten kürzlich <strong>in</strong><br />

Deutschland nahe <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>er Grenze zu Schaffhausen neue Wochenstuben fi nden (siehe FMAZ 79).<br />

FOTO: WOLF-DIETER BURKHARD<br />

kle<strong>in</strong>e Kolonie von neun Tieren, welche man<br />

<strong>in</strong> Frauenfeld entdeckt hatte – ebenfalls h<strong>in</strong>ter<br />

e<strong>in</strong>em Fensterladen.<br />

Durch Abfang Quartier bestätigt<br />

Der Kantonale Fle<strong>der</strong>mausschutz-Beauftragte,<br />

Wolf-Dieter Burkhard, fi ng zusammen mit<br />

Susi Kreis am 04.09.2005 zwei Tiere beim<br />

Ausfl ug ab, um den endgültigen Beweis zu<br />

erbr<strong>in</strong>gen, dass sie die Mopsfl e<strong>der</strong>maus wie<strong>der</strong><br />

zur thurgauischen Fauna zählen dürfen.<br />

Die genaue Betrachtung ergab, dass es sich<br />

um erwachsene, kräftige Weibchen handelte.<br />

Sie wurden unmittelbar nach <strong>der</strong> Bestimmung<br />

wie<strong>der</strong> frei gelassen.<br />

Die Mopsfl e<strong>der</strong>maus (Barbastellus barbastellus)<br />

hat ihren Namen von ihrem unverwechselbaren<br />

Aussehen: Die Schnauze wirkt sehr<br />

kurz, eben mopsartig. Zwar täuscht dies, denn<br />

<strong>der</strong> Gesichtsschädel ist nicht so stark verkürzt,<br />

wie es den Ansche<strong>in</strong> erweckt. Da aber die<br />

Innenrän<strong>der</strong> <strong>der</strong> grossen, steil aufgerichteten<br />

Ohren sehr weit vorn auf <strong>der</strong> Stirn stehen,<br />

ist nicht viel von <strong>der</strong> «Nasenrückenpartie»<br />

zu sehen. Das dichte, etwas krause Fell ist<br />

oberseits schwarz, auf <strong>der</strong> Bauchseite dunkel<br />

schiefergrau. Mit e<strong>in</strong>er Spannweite von gegen<br />

30 Zentimetern zählt die Mopsfl e<strong>der</strong>maus zu<br />

den mittelgrossen, e<strong>in</strong>heimischen Fle<strong>der</strong>mausarten.<br />

Mopsfl e<strong>der</strong>mäuse jagen zur Hauptsache<br />

kle<strong>in</strong>e, weiche Insekten, <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie kle<strong>in</strong>e<br />

Nachtfalter. Als Jagdgebiete bevorzugen sie


Dezember 2005 FMAZ 81 7<br />

dabei Waldrän<strong>der</strong>, lichte Gehölze, Hecken,<br />

Streuobstbestände und Parkanlagen.<br />

Bevorzugte Region<br />

Die vielfältig strukturierte Region um Neukirch<br />

an <strong>der</strong> Thur erfüllt die diesbezüglichen Ansprüche<br />

<strong>der</strong> Mopsfl e<strong>der</strong>maus. E<strong>in</strong>ige weitere<br />

Fle<strong>der</strong>mausarten mit ähnlichem Beutespektrum<br />

s<strong>in</strong>d ebenfalls heimisch, so die gleichfalls<br />

sehr seltene Bechste<strong>in</strong>fl e<strong>der</strong>maus (Myotis<br />

bechste<strong>in</strong>ii), von <strong>der</strong> im Raum Bischofszell<br />

e<strong>in</strong> grösseres Vorkommen beobachtet wird.<br />

Von <strong>der</strong> Fransenfl e<strong>der</strong>maus (Myotis nattereri)<br />

und <strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>en Bartfl e<strong>der</strong>maus (Myotis<br />

mystac<strong>in</strong>us) zeugen Funde aus dem Raum<br />

Neukirch-Schönholzerswilen. Das Braune<br />

Langohr (Plecotus auritus) wurde dieses Jahr<br />

merhmals vom Lokalen Fle<strong>der</strong>mausschützer<br />

Ernst Isel<strong>in</strong> aus Kradolf <strong>in</strong> den von ihm betreuten<br />

Kästen rund um Neukirch vorgefunden.<br />

Alle diese Fle<strong>der</strong>mausarten ernähren sich<br />

von kle<strong>in</strong>en Insekten wie Fliegen, Mücken,<br />

Nachtfaltern und <strong>der</strong>gleichem. Da viele dieser<br />

Insekten zu den «Schad<strong>in</strong>sekten» gezählt<br />

werden, leisten die <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> e<strong>in</strong>en erheblichen<br />

Beitrag, die Schäden <strong>in</strong> Landwirtschaft<br />

und Obstbau zu verr<strong>in</strong>gern.<br />

Bevorzugte Fensterläden<br />

Enge Räume h<strong>in</strong>ter massiven hölzernen<br />

Fensterläden sche<strong>in</strong>en für viele, seltene<br />

Fle<strong>der</strong>mausarten e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ladung zu se<strong>in</strong>, hier<br />

jeweils geschützt den Tag zu verbr<strong>in</strong>gen. Im<br />

Thurgau wurden dieses Jahr h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong>artigen<br />

Fensterläden <strong>in</strong> Eggethof und Fruthwilen je<br />

e<strong>in</strong>e Kolonie <strong>der</strong> ebenfalls seltenen Zweifarbenfl<br />

e<strong>der</strong>maus (Vespertilio mur<strong>in</strong>us) entdeckt,<br />

<strong>in</strong> Kesswil, Beckelswilen und Itt<strong>in</strong>gen bereits<br />

früher Kle<strong>in</strong>e Bartfl e<strong>der</strong>mäuse.<br />

Sollten Sie ebenfalls <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> h<strong>in</strong>ter<br />

Fensterläden bemerken, so lassen Sie die<br />

Tiere dort ungestört und melden Sie Ihren<br />

Fund an die zuständigen Fle<strong>der</strong>mausschützer<br />

(siehe www.fl e<strong>der</strong>mausschutz.ch). Sie können<br />

so mithelfen, das Wissen über unsere e<strong>in</strong>heimischen<br />

Tiere zu mehren.<br />

Fle<strong>der</strong>maus-Schulfi lm<br />

neu auch auf DVD<br />

E<strong>in</strong>e ideale Ergänzung <strong>zum</strong> Unterrichtsthema<br />

«<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>» stellt das von Marc Tschud<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz<br />

speziell für das Schulfernsehen<br />

produzierte Video «<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>» dar. Den<br />

13-m<strong>in</strong>ütigen Film gibt es neu auch auf DVD.<br />

Bestellung: SSF-Shop<br />

Tel. 044 918 26 54, Fax 044 919 02 06,<br />

ortho_swiss@goldnet.ch o<strong>der</strong><br />

www.fl e<strong>der</strong>mausschutz.ch<br />

Preis pro Stück: Fr. 20.--<br />

Erfolgreiche Infrarot-Liveübertragungen 2005<br />

Auch im Sommer 2005 fanden die<br />

traditionellen Infrarot-Liveübertragungen<br />

statt und wie<strong>der</strong> vermochten<br />

die <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> an vier<br />

Anlässen die zahlreich erschienen<br />

Zuschauer<strong>in</strong>nen und Zuschauer<br />

zu begeistern.<br />

Kar<strong>in</strong> Safi -Widmer / KFB ZH &<br />

Marzia Mattei-Roesli / KFB TI<br />

In Triesen FL lockten die Grossen Mausohren<br />

nun bereits <strong>zum</strong> zweiten Mal über<br />

200 Interessierte zur Kirche, wo die unvergleichlichen<br />

Bil<strong>der</strong> auf Grossle<strong>in</strong>wand<br />

projiziert wurden. Niemand konnte sich <strong>der</strong><br />

Fasz<strong>in</strong>ation des sonst im Kirchenestrich<br />

verborgenen Treibens entziehen und nicht<br />

nur die K<strong>in</strong><strong>der</strong> zählten laut mit als die <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong><br />

den Estrich zur Jagd verliessen<br />

und über die Köpfe <strong>der</strong> Beobachtenden<br />

h<strong>in</strong>wegfl ogen.<br />

Ähnlich begann <strong>der</strong> Abend auch e<strong>in</strong>ige<br />

Tage später <strong>in</strong> Sulz AG. Die Besucher<strong>in</strong>nen<br />

und Besucher erschienen so zahlreich, dass<br />

die anfänglich aufgestellten Sitzbänke bald<br />

ergänzt werden mussten und auch hier<br />

zogen die Mausohren alle <strong>in</strong> ihren Bann. So<br />

sehr, dass niemand mehr das heranziehende<br />

Gewitter beachtete und alle überrascht<br />

davon stoben als die enormen Wassermassen<br />

ganz plötzlich nicht nur auf die Leute,<br />

son<strong>der</strong>n auch auf das ganze Equipment<br />

nie<strong>der</strong>prasselte. Trotz diesem jähen Ende<br />

während des Ausfl ugs <strong>der</strong> Tiere haben die<br />

Grossen Mausohren <strong>in</strong> Sulz bestimmt e<strong>in</strong>e<br />

Menge neuer Freunde gewonnen.<br />

Auch dieses Jahr erlaubten sich die<br />

Organisatoren, Kar<strong>in</strong> und Kamran Safi-<br />

Widmer e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en «Seitensprung» von<br />

den Glattnasen-<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n <strong>in</strong>s Reich<br />

<strong>der</strong> Hufeisennasen und realisierten e<strong>in</strong>en<br />

spannenden E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Wochenstube<br />

<strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>en Hufeisennase (Rh<strong>in</strong>olophus<br />

hipposi<strong>der</strong>os) von Sur Casti im Lugnez<br />

GR. Die Zuschauer<strong>in</strong>nen und Zuschauer<br />

erfreuten sich hier nicht nur <strong>der</strong> schönen<br />

Live-Bil<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n waren auch begeistert<br />

vom melodiösen Klang <strong>der</strong> Ultraschallrufe,<br />

welche die Kle<strong>in</strong>en Hufeisennasen durch<br />

ihre Nase ausstossen.<br />

Die letzte Übertragung <strong>in</strong> diesem Jahr<br />

fand im Tess<strong>in</strong> statt, genauer im Herzen von<br />

Locarno, wo neben den Bil<strong>der</strong>n aus <strong>der</strong> Wochenstube<br />

<strong>der</strong> romantische Übertragungsort<br />

für e<strong>in</strong>e ganz beson<strong>der</strong>e Stimmung sorgte.<br />

An jenem Abend warteten mehr als 200 Personen<br />

gespannt auf die erste Fle<strong>der</strong>maus,<br />

die sich am Ausfl ug des Unterschlupfes<br />

zeigen würde. Das Versteck befi ndet sich<br />

im Dachstock <strong>der</strong> Kirche von Sant’Agost<strong>in</strong>o.<br />

Der ersten Flügelspitze und dem ersten<br />

Schnäuzchen, die aus <strong>der</strong> Spalte, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich<br />

die Tiere versteckt hatten, hervorschauten,<br />

wurde e<strong>in</strong> enthusiastischer Empfang geboten.<br />

Es war e<strong>in</strong> unvergesslicher Augenblick,<br />

sie e<strong>in</strong>e nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en ausfl iegen zu<br />

sehen und e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Stück auf dem Flug<br />

zur nächtlichen Jagd zu begleiten. Ebenso<br />

unvergesslich war <strong>der</strong> Anblick <strong>der</strong> begeisterten<br />

Gesichter des Publikums!<br />

FOTOS: CENTRO PROTEZIONE CHIROTTERI TICINO (CPT)<br />

Über 200 Personen waren <strong>in</strong> Locarno von dem heimlichen Treiben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wochenstube fasz<strong>in</strong>iert, das<br />

dank Infrarotkameras auf Grossle<strong>in</strong>wand übertragen werden konnte.


8 FMAZ 81 Dezember 2005<br />

Tanz <strong>der</strong> Vampire <strong>in</strong> Altishofen LU<br />

Die Aufführung des Theaterstücks<br />

«Tanz <strong>der</strong> Vampire» <strong>in</strong> Altishofen<br />

bot Luzerner Fle<strong>der</strong>mausschützenden<br />

e<strong>in</strong>e Plattform, ihr Anliegen<br />

e<strong>in</strong>em breiten Publikum bekannt<br />

zu machen. Unterstützt wurden sie<br />

dabei von wildlebenden, jagenden<br />

<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n.<br />

Peter Wiprächtiger / LFS LU<br />

Viele haben vermutlich Roman Polanskis Film<br />

«Tanz <strong>der</strong> Vampire» gesehen und er<strong>in</strong>nern<br />

sich mit e<strong>in</strong>em gewissen Schau<strong>der</strong>n an das<br />

gruslige Treiben <strong>der</strong> Blutsauger, die e<strong>in</strong> ganzes<br />

Dorf <strong>in</strong> Angst und Schrecken versetzten.<br />

Weniger bekannt dürfte die Theaterbearbeitung<br />

des Stückes von Markus Keller se<strong>in</strong>, die<br />

im Juni/Juli 2005 <strong>in</strong> Altishofen (LU) aufgeführt<br />

wurde. Die lokalen Fle<strong>der</strong>mausfreunde fragten<br />

sich allerd<strong>in</strong>gs besorgt, ob die Besucher<strong>in</strong>nen<br />

und Besucher nach <strong>der</strong> Theateraufführung<br />

unsere e<strong>in</strong>heimischen <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> nicht den<br />

Vampiren gleich stellen würden und ob diese<br />

e<strong>in</strong>en Imageschaden erleiden könnten.<br />

Vorbeugende Sympathiewerbung<br />

Dieser Gefahr wollten die e<strong>in</strong>heimischen<br />

Fle<strong>der</strong>mausschützenden entgegenwirken und<br />

g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> die Offensive. Während <strong>der</strong> Theaterzeit<br />

führten sie verschiedene Aktionen zur<br />

Sympathiewerbung, aber auch zur Informationsvermittlung<br />

für unsere <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> durch.<br />

Bereits vor <strong>der</strong> Premiere veröffentlichten sie<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lokalzeitung «Willisauer-Bote» e<strong>in</strong>en<br />

FOTO: MONICA MARTI-MOECKLI<br />

FOTO: URS WIEDERKEHR<br />

Fle<strong>der</strong>mausschützer Urs Wie<strong>der</strong>kehr (rechts) im E<strong>in</strong>satz als Vampir: Der begeisterte Fle<strong>der</strong>maus- und Theaterfan<br />

verkörperte im Stück «Tanz <strong>der</strong> Vampire» den ehemaligen Vampirforscher Professor Hernandez. Dieser<br />

fi el Graf Dracula <strong>zum</strong> Opfer und mutierte <strong>zum</strong> Blutrünstigen Untoten, <strong>der</strong> hier den Vampirforscher Professor<br />

Abronsius (alias Peter Cotter) bedrängt.<br />

Artikel, <strong>in</strong> dem vor allem die wesentlichsten<br />

Unterschiede zwischen e<strong>in</strong>heimischen <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n<br />

und Vampiren aufgezeigt wurden. Im<br />

Juni <strong>in</strong>formierte <strong>der</strong> Lokale Fle<strong>der</strong>mausschützende<br />

Urs Wie<strong>der</strong>kehr mit e<strong>in</strong>em öffentlichen<br />

Vortrag über das heimliche Leben <strong>unserer</strong><br />

e<strong>in</strong>heimischen <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>.<br />

Ausstellung im Partyzelt<br />

Als weitere Aktion wurde extra e<strong>in</strong> Partyzelt<br />

aufgestellt, das jeweils an den Aufführungsabenden<br />

geöffnet war. Dar<strong>in</strong> wurden <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie wie<strong>der</strong> auf die Unterschiede zwischen<br />

Vampiren und unseren e<strong>in</strong>heimischen Fle-<br />

Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung im Partyzelt: An den Aufführungsabenden wurde jeweils das Ausstellungszelt geöffnet,<br />

das die Besucher<strong>in</strong>nen und Besucher e<strong>in</strong>gehend über <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> <strong>in</strong>formierte.<br />

FOTO: MARCEL GRAF<br />

<strong>der</strong>mäusen h<strong>in</strong>gewiesen. Der Raum enthielt<br />

aber auch e<strong>in</strong>gehende Informationen über das<br />

Leben <strong>der</strong> e<strong>in</strong>heimischen Arten, über Fle<strong>der</strong>mausforschung<br />

und Fle<strong>der</strong>mausschutz. Die<br />

diesbezüglichen Informationen waren e<strong>in</strong>erseits<br />

an den Stell- und Zeltwänden zu fi nden<br />

o<strong>der</strong> h<strong>in</strong>gen als lam<strong>in</strong>ierte Informationsblätter<br />

direkt vor den Augen <strong>der</strong> Besucher<strong>in</strong>nen und<br />

Besucher. Wir s<strong>in</strong>d überzeugt, dass sich mit<br />

all diesen Aktionen e<strong>in</strong>e allfällige Antipathie<br />

und Angst gegenüber den Vampiren nicht auf<br />

unsere <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> übertrug.<br />

Echte <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> im E<strong>in</strong>satz<br />

Für die Lokalen Fle<strong>der</strong>mausschützenden<br />

des Kantons Luzern organisierte KFB Ruth<br />

Ehrenbold e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Theaterbesuch.<br />

Das Tüpfelchen auf dem «i» war<br />

aber, dass während <strong>der</strong> Freilichtaufführung<br />

tatsächlich mehrmals <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> durch<br />

die Sche<strong>in</strong>werferkegel huschten. Vermutlich<br />

handelte es sich um die Langohren, die <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Kirche und im Schulhaus von Altishofen ihre<br />

Wochenstuben haben.<br />

Zum Schluss bleibt anzufügen, dass es für<br />

den theaterbegeisterten Fle<strong>der</strong>mausschützer<br />

Urs Wie<strong>der</strong>kehr e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit<br />

war, im Stück selber mitzuspielen. Die Verkörperung<br />

<strong>der</strong> Rolle des ehemaligen Vampirforschers<br />

Professor Hernandez war ihm<br />

auf den Leib geschrieben und wohl niemand<br />

hätte sie kompetenter spielen können. Das<br />

Theater war übrigens e<strong>in</strong> Grosserfolg, und wir<br />

s<strong>in</strong>d überzeugt, dass die Sympathie für unsere<br />

Flattertiere h<strong>in</strong>über gekommen ist.


Dezember 2005 FMAZ 81 9<br />

Nationale Tagung <strong>in</strong> Bern<br />

Rund 100 Personen aus Forschung<br />

und Schutz trafen sich Anfang November<br />

zur Nationalen Fle<strong>der</strong>maus-<br />

Tagung <strong>in</strong> Bern. Die Teilnehmenden<br />

nutzten die Gelegenheit <strong>zum</strong><br />

gegenseitigen Wissensaustausch<br />

und <strong>in</strong>formierten sich an den spannenden<br />

Vorträgen über das Neuste<br />

<strong>in</strong> Sachen Schutz und Forschung.<br />

Hubert Krättli / SSF<br />

Punkt 10:45h eröffnete Professor Marcel<br />

Güntert, Direktor des Naturhistorischen<br />

Museums Bern am Samstag, 05.11. die<br />

Nationale Tagung 2005 <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Koord<strong>in</strong>ationsstelle für Fle<strong>der</strong>mausschutz. 14<br />

Beiträge <strong>in</strong>formierten über den neusten Stand<br />

von Fle<strong>der</strong>maus-Schutz und -Forschung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>. Im Folgenden geben wir e<strong>in</strong>en<br />

Überblick ausgewählter Referate.<br />

Neue Wege zu Inventaren<br />

Christophe Jaberg vom CCO stellte e<strong>in</strong>e<br />

spannende Arbeit über e<strong>in</strong> neues Fle<strong>der</strong>maus<strong>in</strong>ventar<br />

des Kantons Neuenburg vor.<br />

Problematisch bei solchen Inventaren ist, dass<br />

die Daten zur Verbreitung e<strong>in</strong>er Art meist auf<br />

Meldungen aus <strong>der</strong> Bevölkerung beruhen. Es<br />

gibt jedoch Fle<strong>der</strong>mausarten wie die Bechste<strong>in</strong>fl<br />

e<strong>der</strong>maus (Myotis bechste<strong>in</strong>ii), die fast<br />

ausschliesslich im Wald leben und deshalb<br />

kaum jemals <strong>in</strong> Kontakt mit dem Menschen<br />

kommen. E<strong>in</strong> solches Inventar mag für bestimmte<br />

Fle<strong>der</strong>mausarten also sehr zutreffend<br />

se<strong>in</strong>, für an<strong>der</strong>e h<strong>in</strong>gegen nicht. Christoph<br />

Jaberg half dem ab, <strong>in</strong>dem er zusätzlich<br />

Ultraschallaufnahmen jagen<strong>der</strong> <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong><br />

<strong>in</strong> Jagdgebieten machte. Dadurch konnte er<br />

die Verbreitung <strong>der</strong> <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> im Kanton<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Nicole Duvois<strong>in</strong> machte e<strong>in</strong> für alle mal klar, dass <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong><br />

ke<strong>in</strong>e Grenzen kennen. Sie berichtete vom<br />

Fund zweier Wochenstuben <strong>der</strong> äusserst seltenen<br />

Fle<strong>der</strong>mausart im grenznahen Deutschland. Pikant:<br />

die Tiere fl iegen zur Jagd oft <strong>in</strong> die nahe <strong>Schweiz</strong><br />

(siehe FMAZ 79).<br />

Neuenburg verfe<strong>in</strong>ern. Doch damit nicht genug:<br />

In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt analysierte er<br />

die Faktoren, die massgebend s<strong>in</strong>d für das<br />

Vorkommen e<strong>in</strong>er Fle<strong>der</strong>mausart und konnte<br />

so Karten erstellen, wo überall im Kanton<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte Art vorkommen könnte. Sogenannte<br />

Poten zialkarten waren entstanden,<br />

die helfen können, die konkrete Anhaltspukte<br />

geben, wo man e<strong>in</strong>e bestimmte Fle<strong>der</strong>mausart<br />

suchen muss.<br />

Spannende Zweifarbenfl e<strong>der</strong>maus<br />

Kamran Safi von <strong>der</strong> Universität Zürich gab<br />

e<strong>in</strong>en Überblick über se<strong>in</strong>e Dissertation, die<br />

von <strong>der</strong> Zweifarbenfl e<strong>der</strong>maus (Vespertilio<br />

mur<strong>in</strong>us) handelt. Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> seltene<br />

Fle<strong>der</strong>mausart kann Kolonien von mehreren<br />

hun<strong>der</strong>t Tieren bilden. Interessanterweise<br />

tun das nicht nur die Weibchen zur Zeit <strong>der</strong><br />

Jungenaufzucht son<strong>der</strong>n auch die Männchen<br />

und zwar streng nach Geschlechtern getrennt.<br />

Kamran Safi konnte zeigen, dass sich die<br />

wenigen bekannten <strong>Schweiz</strong>er Wochenstuben<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe von nährstoffreichen Gewässern<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Die Tagung bot viel Raum für den Informationsaustausch<br />

unter den Fle<strong>der</strong>mausschützenden. Neue Kontakte<br />

wurden geknüpft, neue Projekte diskutiert.<br />

bef<strong>in</strong>den, die grosse Massen an Insekten<br />

hervorbr<strong>in</strong>gen können. Die Männchenkolonien<br />

s<strong>in</strong>d aber auch an an<strong>der</strong>en Standorten<br />

zu fi nden. Kamran Safi vermutet, dass die<br />

Weibchen <strong>der</strong> Zweifarbenfl e<strong>der</strong>maus, die als<br />

e<strong>in</strong>zige e<strong>in</strong>heimische Fle<strong>der</strong>mausart durchwegs<br />

Zwill<strong>in</strong>ge gebären, auf e<strong>in</strong> sehr grosses<br />

Angebot an Beutetieren angewiesen s<strong>in</strong>d, um<br />

genügend Muttermilch zu produzieren. Die<br />

Männchen h<strong>in</strong>gegen kommen auch <strong>in</strong> weniger<br />

nahrungsreichen Jagdgebieten zurecht, bzw.<br />

ihre Kolonien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nähe davon haben.<br />

SELPI – Selve e pipistrelli<br />

E<strong>in</strong> weiteres Highlight bildete die Vorstellung<br />

des Projektes «SELPI», das von «Selve e<br />

Pipistrelli» handelte. Mit dem Begriff «Selve»<br />

werden Kastanienwäl<strong>der</strong> umschrieben, «Pipistrelli»<br />

steht für <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>. Das Projekt<br />

vergleicht das Vorkommen von <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n<br />

Fabio Bontad<strong>in</strong>a gab e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung <strong>zum</strong> Projekt<br />

SELPI (Selve e Pipistrelli), <strong>in</strong> welchem das Fle<strong>der</strong>mausvorkommen<br />

<strong>in</strong> bewirtschafteten und unbewirtschafteten<br />

Kastanienwäl<strong>der</strong>n verglichen wurde.<br />

<strong>in</strong> bewirtschafteten und unbewirtschafteten<br />

Kastanienwäl<strong>der</strong>n. Als Hauptunterschied<br />

zeichnen sich bewirtschaftete Wäl<strong>der</strong> durch<br />

e<strong>in</strong>en weitgehend fehlenden Unterwuchs<br />

aus. Nicola Zambelli berichtete, dass das<br />

Projektteam <strong>in</strong> den beiden Waldtypen 200<br />

Fle<strong>der</strong>mauskästen aufgehängt hatte. Die<br />

Kästen wurden <strong>in</strong> den folgenden Jahren vor<br />

allem von Kle<strong>in</strong>en Abendseglern (Nyctalus<br />

leisleri) besiedelt. Erstaunlicherweise konnte<br />

er <strong>in</strong> den bewirtschafteten Wäl<strong>der</strong>n rund drei<br />

Mal mehr Kle<strong>in</strong>e Abendsegler nachweisen<br />

als <strong>in</strong> den unbewirtschafteten, sie sche<strong>in</strong>en<br />

bewirtschaftete Wäl<strong>der</strong> für die Quartiersuche<br />

vorzuziehen. Als Jagdgebiet nutzten die<br />

Kle<strong>in</strong>en Abendsegler bewirtschaftete und<br />

unbewirtschaftete Kastanienwäl<strong>der</strong> h<strong>in</strong>gegen<br />

gleich häufi g. Die Forscher konnten sich auf<br />

diese Befunde noch ke<strong>in</strong>en richtigen Reim<br />

machen.<br />

Emily Rathey untersuchte mit ihrem Team<br />

mittels Ultraschallgeräten, ob bestimmte<br />

Fle<strong>der</strong>mausarten e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> beiden Waldtypen<br />

als Jagdbiotop bevorzugten und wie<br />

viele <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> <strong>in</strong> den Kastanienwäl<strong>der</strong>n<br />

jagten. Auch sie berichtete Bemerkenswertes:<br />

In bewirtschafteten Wäl<strong>der</strong>n ist nicht nur die<br />

Artenvielfalt grösser als <strong>in</strong> unbewirtschafteten,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Individuenzahl. Dies kann<br />

damit erklärt werden, dass die bewirtschafteten<br />

Kastanienwäl<strong>der</strong> den <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n e<strong>in</strong>e<br />

grössere Vielfalt an Mikrohabitaten als Jagdgebiet<br />

bieten als die dichten unbewirtschaften.<br />

Der Mensch kann durch se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>griffe <strong>in</strong> die<br />

Natur offenbar auch Tiere för<strong>der</strong>n.<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Emily Rathey zeigte, dass <strong>in</strong> bewirtschafteten<br />

Kastanienwäl<strong>der</strong> mehr Fe<strong>der</strong>mausarten jagen als<br />

<strong>in</strong> unbewirtschafteten. Zusätzlich konnten <strong>in</strong> den<br />

bewirtschafteten Wäl<strong>der</strong>n auch deutlich mehr jagende<br />

Individuen nachgewiesen werden.


10 FMAZ 81 Dezember 2005<br />

Die Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung<br />

im Zoo Zürich ist eröffnet<br />

Die <strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz hat<br />

sich dank <strong>der</strong> neuen Fle<strong>der</strong>maus-<br />

Ausstellung im Zoo Zürich e<strong>in</strong><br />

Millionenpublikum erschlossen. An<br />

<strong>der</strong> festlichen Feier zur Eröffnung<br />

<strong>der</strong> «Naturwerkstatt» im Zoo Zürich<br />

sprachen Persönlichkeiten aus<br />

Wirtschaft, Politik und Schutz.<br />

Hubert Krättli / SSF<br />

Nun ist sie eröffnet, die erste permanente<br />

Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> (siehe<br />

FMAZ 80). Sie ist Teil <strong>der</strong> «Naturwerkstatt»<br />

des Zoo Zürich, die am 13.07.05 feierlich e<strong>in</strong>geweiht<br />

wurde. Die Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung<br />

wurde von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz, die<br />

Gastrecht im Zoo Zürich geniesst, mit Hilfe<br />

vieler Sponsoren, Gönner<strong>in</strong>nen und Gönnern<br />

realisiert.<br />

Rund 200 Gäste und Presseleute erschienen<br />

zur Eröffnungsfeier und wurden dafür mit<br />

witzigen Reden belohnt. Gewissermassen<br />

als Stargast konnte Zoodirektor Alex Rübel<br />

Harald Naegeli, den «Sprayer von Zürich»,<br />

gew<strong>in</strong>nen. Naegeli war vor 30 Jahren e<strong>in</strong> von<br />

<strong>der</strong> Justiz gejagtes Phantom gewesen. Nach<br />

langjährigem Exil mit se<strong>in</strong>er Heimat versöhnt,<br />

zeigte er e<strong>in</strong>e Kostprobe se<strong>in</strong>es Könnens und<br />

zauberte mit fl <strong>in</strong>ker Hand e<strong>in</strong> Fabeltier auf die<br />

weisse Hauswand.<br />

Persönlichkeiten bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>weihung <strong>der</strong> «Naturwerkstatt» im Zoo Zürich (v. l. n. r.): Mart<strong>in</strong> Naville, Präsident<br />

des Verwaltungsrates Zoo Zürich; Mart<strong>in</strong> Vollenwy<strong>der</strong>, Stadtrat von Zürich; Dr. Mart<strong>in</strong> Zoll<strong>in</strong>ger, Vizepräsident<br />

Bankrat <strong>der</strong> Zürcher Kantonalbank, welche als Hauptsponsor den Bau <strong>der</strong> «Naturwerkstatt» ermöglichte, und<br />

Dr. Alex Rübel, Direktor Zoo Zürich.<br />

Nachdem Harald Naegeli das Band durchschnitten<br />

hatte, tummelten sich die Gäste <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung und zeigten sich<br />

fasz<strong>in</strong>iert von den fl iegenden Kobolden und<br />

dem bühnenbildähnlichen Interieur.<br />

Die Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung ist täglich zu<br />

Zoo-Öffnungszeiten geöffnet. Weitere Bil<strong>der</strong><br />

von <strong>der</strong> Ausstellung können unter www.<br />

fle<strong>der</strong>mausschutz.ch betrachtet werden.<br />

Die Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung im Zoo Zürich zeigt bühnenhaft den Übergang vom städtischen Siedlungsraum<br />

<strong>zum</strong> E<strong>in</strong>familienhausquartier und zur bäuerlichen Kulturlandschaft bis <strong>in</strong> den Wald – «Natur im Siedlungsraum»<br />

und hierzu gehören speziell <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>. Hier lässt sich die Welt <strong>der</strong> <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> entdecken und an<br />

<strong>in</strong>teraktiven Stationen können die Ultraschallrufe verschiedener Fle<strong>der</strong>mausarten abgehört werden.<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Informationen erteilt das Sekretariat <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz: 044 254 26 80,<br />

fl e<strong>der</strong>maus@zoo.ch.<br />

Die Realisation <strong>der</strong><br />

Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung<br />

wurde ermöglicht durch<br />

Allreal Generalunternehmungen<br />

Bundesamt für Umwelt, Wald u. Landschaft<br />

Fachstelle Naturschutz Kanton Zürich<br />

Hauseigentümerverband Zürich<br />

Migros Kulturprozent<br />

Möhrle und Kuhn AG<br />

Pentax <strong>Schweiz</strong> AG<br />

Pro Natura <strong>Schweiz</strong><br />

Schaub Maler AG<br />

Schwegler Naturgeräte GmbH<br />

Spross Ga-La-Bau AG<br />

Strassen<strong>in</strong>spektorat Kanton Zürich<br />

Verkehrsbetriebe Zürich<br />

Zürcher Tierschutz<br />

H. u. R. Balsiger, Zürich<br />

Rita Hofmann, Marly<br />

Dora Kl<strong>in</strong>gbacher, Zürich<br />

Ulla Michel, Wädenswil<br />

H. u. E. Nützi, Schmidrüti<br />

Kathr<strong>in</strong> Schmidt, W<strong>in</strong>kel<br />

He<strong>in</strong>z Spross, Zürich<br />

Felix Stutz, Zollikon<br />

B. u. M. Waser, Luzern<br />

und Gönner<strong>in</strong>nen und Gönner<br />

<strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz<br />

Herzlichen Dank!


Dezember 2005 FMAZ 81 11<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Hans-Peter B. Stutz (mit Rücken <strong>zum</strong> Betrachter) <strong>in</strong>formiert vor <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung das zahlreiche<br />

Publikum über das Zustandekommen <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus-Ausstellung und bedankt sich bei den vielen Personen,<br />

die zur Realisation beigetragen haben.<br />

E<strong>in</strong>e Welt voller Überraschungen<br />

In Gordola TI wurde e<strong>in</strong> aussergewöhnlicher<br />

Fund gemacht: die<br />

grösste <strong>Schweiz</strong>er Wochenstube<br />

<strong>der</strong> seltenen Wimperfl e<strong>der</strong>maus.<br />

Marzia Mattei-Roesli / KFB TI<br />

Bereits seit vielen Jahren wollten die<br />

Tess<strong>in</strong>er Fle<strong>der</strong>mausschützenden e<strong>in</strong>e<br />

Erkundung im Dachstock <strong>der</strong> Kirche<br />

Sant’Antonio <strong>in</strong> Gordola machen, aus<br />

verschiedenen Gründen wurde diese aber<br />

immer wie<strong>der</strong> verschoben. Auf die Spur<br />

gebracht haben sie e<strong>in</strong>ige E<strong>in</strong>träge <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

«Inventarliste <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>mausquartiere <strong>in</strong><br />

öffentlichen Gebäuden»: «1991: mehr als<br />

e<strong>in</strong> Liter frischer Kot», «2000: mehr als e<strong>in</strong><br />

Liter frischer Kot», konnte man da zu lesen.<br />

Lei<strong>der</strong> stand bei diesen Notizen aber immer<br />

auch <strong>der</strong> Vermerk «unbekannte Art». Der<br />

Dachstock schien e<strong>in</strong> wirkliches Geheimnis<br />

zu verbergen. In <strong>der</strong> Tat gibt es im Tess<strong>in</strong><br />

nur noch sehr wenige Kolonien, die e<strong>in</strong>e<br />

solche Dimension erreichen, um mehr als<br />

e<strong>in</strong>en Liter Kot pro Jahr zu produzieren. Und<br />

gerade die Bewohner e<strong>in</strong>er solch grossen<br />

Kolonie waren unbekannt!<br />

Endlich war im letzten Sommer <strong>der</strong><br />

Augenblick gekommen und die Tess<strong>in</strong>er<br />

Fle<strong>der</strong> mausschützenden konnten die Tiere<br />

<strong>in</strong> ihrem Versteck nicht nur beobachten und<br />

zählen, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong> Tier fangen, um<br />

so die Art zu bestimmen. Zur grossen Überraschung<br />

handelte sich um e<strong>in</strong> säugendes<br />

Weibchen e<strong>in</strong>er Wimperfl e<strong>der</strong>maus (Myotis<br />

emarg<strong>in</strong>atus). Das Geheimnis war gelüftet: Im<br />

Dachstock <strong>der</strong> Kirche Sant’Antonio <strong>in</strong> Gordola<br />

lebt seit m<strong>in</strong>destens 15 Jahren e<strong>in</strong>e Fortpfl anzungskolonie<br />

<strong>der</strong> Wimperfl e<strong>der</strong>maus, die aus<br />

rund 30 erwachsenen Weibchen besteht.<br />

Die Entdeckung ist ausserordentlich. Die<br />

Wimperfl e<strong>der</strong>maus ist weltweit vom Aussterben<br />

bedroht und <strong>der</strong> Schutz dieser Art hat<br />

im Kanton Tess<strong>in</strong> höchste Priorität. In <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> kennt man nur vier weitere, kle<strong>in</strong>e<br />

Wochenstuben, zwei im Misox (GR) und<br />

zwei im Tess<strong>in</strong>. Letztere Kolonien befi nden<br />

Pentax Papilio –<br />

Mehr als nur e<strong>in</strong> Feldstecher<br />

Dieses grossartige Fernglas kann sowohl auf die<br />

Entfernung als auch im Nahbereich e<strong>in</strong>gesetzt werden.<br />

Das Papilio «Nahglas» liefert bereits ab 50 cm<br />

e<strong>in</strong> klares, brillantes und scharfes Bild. Beson<strong>der</strong>s<br />

geeignet ist es dadurch <strong>zum</strong> Beispiel für Zählungen<br />

<strong>in</strong> Fle<strong>der</strong>mauskästen und es kann wesentlich zur<br />

Artbestimmung beitragen.<br />

Gummiarmierung als Stossschutz. Zwei Versionen<br />

erhältlich: Vergrösserung 6.5 o<strong>der</strong> 8.5. Objektivgrösse:<br />

21 mm. Sehfeld auf 1000 m: 131 o<strong>der</strong> 105 m.<br />

Abmessungen 7x9.5x11.5 cm. Okularschutzdeckel,<br />

Etui und Trageriemen. 330g.<br />

Preis: rund Fr. 250.--.<br />

Weitere Informationen<br />

unter<br />

www.<br />

pentax.<br />

ch o<strong>der</strong><br />

im Fachgeschäft.<br />

sich bei privaten Häusern entlang dem Ufer<br />

des Ceresio: e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Estrich und die<br />

an<strong>der</strong>e unter e<strong>in</strong>em Vorbau.<br />

Als Jagdhabitat bevorzugt die wärmeliebende<br />

Wimperfl e<strong>der</strong>maus Waldrän<strong>der</strong>,<br />

Pärke, Obstgärten und Ufer von Fliessgewässern.<br />

Wenn geöffnete Fenster ihr den<br />

Zugang ermöglichen, jagt sie aber auch <strong>in</strong><br />

Viehställen. Sie ernährt sich hauptsächlich<br />

von Zweifl üglern wie Fliegen und Mücken.<br />

Auf <strong>der</strong> Speisekarte stehen aber auch<br />

Nachtfalter, Raupen und Sp<strong>in</strong>nen, die meist<br />

vom Untergrund abgesammelt werden.<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Die Wimperfl e<strong>der</strong>maus ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> so selten, dass kaum Fotos existieren. Abgebildet ist die <strong>zum</strong><br />

Verwechseln aussehende Fransenfl e<strong>der</strong>maus (Myotis nattereri), die ebenfalls nicht häufi g ist.


12 FMAZ 81 Dezember 2005<br />

Neu: mehrtägige<br />

Fle<strong>der</strong>maus-Exkursion<br />

Erstmalig <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> bietet<br />

e<strong>in</strong> Reisebüro nächstes Jahr<br />

Fle<strong>der</strong>mausexkursionen an. Die<br />

Veranstaltungen von www.naturus.ch<br />

werden von er fah renen<br />

Spe zialisten geleitet.<br />

Peter Wiprächtiger / LFS LU<br />

Möchten Sie sich e<strong>in</strong>mal vier Nächte lang<br />

den <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n widmen? Wir bieten<br />

Ihnen dazu im nächsten Sommer Gelegenheit.<br />

Das Reisebüro naturus GmbH<br />

organisiert <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit <strong>der</strong><br />

<strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>mausschutz von Freitag,<br />

11.08.06 (Abend) bis Dienstag, 15.08.06<br />

(Mittag) e<strong>in</strong>e viertägige Fle<strong>der</strong>maus-<br />

Exkursion <strong>in</strong> den Kanton Graubünden.<br />

Erleben sie unter <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> beiden<br />

Fle<strong>der</strong>maus-Spezialisten Kamran<br />

Safi und Thomas Sattler verschiedene<br />

Fle<strong>der</strong>mausarten im Kanton. Wir hoffen<br />

unter an<strong>der</strong>em Grosse Mausohren,<br />

Kle<strong>in</strong>e Hufeisennasen, Wasser- und<br />

Mückenfle<strong>der</strong>mäuse beobachten zu<br />

können. Auf den Besuch von Quartieren<br />

wird allerd<strong>in</strong>gs aus tierschützerischen<br />

Gründen verzichtet.<br />

Das Programm sieht unterschiedliche<br />

Tätigkeiten vor: Ausfl ug- und Jagdbeobachtungen,<br />

Verbessern <strong>der</strong> Artenkenntnisse,<br />

Suche und Markierung von<br />

Baumhöhlen, E<strong>in</strong>satz von technischen<br />

Hilfsmitteln u. a. m. Die beiden Leiter <strong>in</strong>formieren<br />

<strong>in</strong> spannenden Vorträgen über<br />

das heimliche Leben <strong>der</strong> nachtaktiven<br />

Flatterer. Die meisten Veranstaltungen<br />

fi nden naturgemäss abends, nachts und<br />

frühmorgens statt.<br />

Weitere Informationen fi nden sie ab<br />

Januar 2006 auf www.naturus.ch o<strong>der</strong> per<br />

E-Mail: peter.wipraechtiger@bluew<strong>in</strong>.ch).<br />

FOTO: THOMAS SATTLER<br />

Mit Wühlmausfallen gegen <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>?<br />

E<strong>in</strong> Übersetzungsfehler hat weit reichende<br />

Konsequenzen für <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong><br />

– beson<strong>der</strong>s wenn man ihn<br />

mit e<strong>in</strong>em Tippfehler komb<strong>in</strong>iert.<br />

Hubert Krättli / SSF<br />

Wussten Sie dass man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Migros Wühlmausfallen<br />

für «<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> und Wühlmäuse» kaufen kann. Ne<strong>in</strong>?<br />

Dann lesen sie die Packungsaufschrift auf <strong>der</strong> Abbildung<br />

unten. Aufmerksame Fle<strong>der</strong>mausschützer entdeckten<br />

kürzlich mit grossem Erstaunen die Fle<strong>der</strong>mausfallen <strong>in</strong><br />

den Filialen <strong>der</strong> Migros Do it.<br />

Wühlmausfallen werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong> die Gänge <strong>der</strong><br />

grabenden Kle<strong>in</strong>säuger gelegt. Dabei werden die zwei<br />

Metallarme <strong>der</strong> Falle aufgedrückt und mit e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en,<br />

Münzen grossen Metallstück <strong>in</strong> dieser Lage leicht fi xiert.<br />

Kriecht die Wühlmaus durch ihren Gang, wirft sie das<br />

Metallstück um, die aufgespannten Metallarme schnellen<br />

zusammen und erdrücken die Maus <strong>in</strong>nerhalb von<br />

Sekundenbruchteilen.<br />

Mit grösster Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit funktioniert das aber<br />

nicht bei <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n, denn sie graben ke<strong>in</strong>e Löcher<br />

<strong>in</strong> die Erde und s<strong>in</strong>d natürlich geschützt. Das Wort «<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>»<br />

auf <strong>der</strong> Etikette kommt vermutlich durch e<strong>in</strong>en<br />

Tipp- bzw. Übersetzungsfehler zustande. Wenn man die<br />

Aufschrift unten betrachtet, ist e<strong>in</strong>zig die französische<br />

Mückenfle<strong>der</strong>maus: unsere kle<strong>in</strong>ste Fle<strong>der</strong>mausart<br />

kommt auch <strong>in</strong> Graubünden vor. FOTOS: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

Version korrekt: «contre campagnols et taupes» (gegen<br />

Wühlmäuse und Maulwürfe) steht da. Der vermutlich<br />

französisch sprachige Texter übersetzte das Wort «campagnol»<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt korrekt mit «Feldmaus».<br />

Da das Wort aber im Plural stehen sollte, kreierte er aus<br />

«Feld» «Fel<strong>der</strong>-» und aus «-maus» «-mäuse». Was für<br />

uns e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit ist, kann Fremdsprachige<br />

aber zur Verzweifl ung br<strong>in</strong>gen, denn so ganz logisch ist<br />

die Pluralbildung im Deutschen nicht immer. Damit gab<br />

es auf deutsch nun plötzlich Wühlmausfallen gegen<br />

«Fel<strong>der</strong>mäuse», <strong>der</strong> erste Schritt auf dem Weg zu den<br />

«<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n» ist aufgeklärt . Der Lektor des Etiketts<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Computer korrigierte darauf das Wort «Fel<strong>der</strong>mäuse»<br />

<strong>in</strong> «<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>» und somit landeten wohl die<br />

<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong> auf <strong>der</strong> Beschriftung.<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> deutschen Version zog sich <strong>der</strong><br />

Fehler nun gar <strong>in</strong>s Italienische weiter. Denn dort steht<br />

ebenfalls, dass die Wühlmausfallen für «<strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>»,<br />

«pipistrelli» s<strong>in</strong>d.<br />

E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er, zugegeben etwas spitzfi ndiger Trost bleibt<br />

den fälschlicherweise auf <strong>der</strong> Etikette gelandeten <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>n<br />

aber allemal: Im Unterschied zur französischen<br />

Version s<strong>in</strong>d die Wühlmausfallen nämlich nicht «gegen»<br />

son<strong>der</strong>n «für» bzw. «per» <strong>Fle<strong>der</strong>mäuse</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs kann<br />

man sich auch nicht so recht vorstellen, wie man den<br />

heimlichen Flatterern mit den Fallen e<strong>in</strong>en Gefallen tut.<br />

Apropos: Nach <strong>der</strong> Richtigstellung des Sachverhalts<br />

durch Pascal Moeschler vom CCO entschuldigte sich<br />

die Migros und versicherte, dass sie den Fehler sobald<br />

als möglich korrigieren werde.<br />

FOTO: WWW.FLEDERMAUSSCHUTZ.CH<br />

IMPRESSUM<br />

FLEDERMAUS-ANZEIGER (FMAZ)<br />

gegründet 1984, 21. Jahrgang, Auflage 3’000, ersche<strong>in</strong>t<br />

halbjährlich. Wird auf Anfrage h<strong>in</strong> ab aktueller Ausgabe im<br />

Inland im Gratisabonnement abgegeben. Ke<strong>in</strong>e Nach lieferung<br />

älterer Ausgaben. Solche können unter www.fl e<strong>der</strong>mausschutz.<br />

ch heruntergeladen werden.<br />

Redaktion<br />

Dr. Hubert Krättli, <strong>Stiftung</strong> Fle<strong>der</strong>maus schutz (SSF),<br />

c/o Zoo Zürich, Zürichbergstrasse 221, 8044 Zürich,<br />

Sekretariat 044 254 26 80; Fax 044 254 26 81;<br />

Fle<strong>der</strong>mausschutz-Nottelefon 079 330 60 60<br />

fl e<strong>der</strong>maus@zoo.ch; www.fl e<strong>der</strong>mausschutz.ch<br />

Spendenkonto: PC 80-7223-1<br />

Verkaufsartikel beim Shop SSF<br />

044 918 26 54, Fax 044 919 02 06,<br />

ortho_swiss@goldnet.ch o<strong>der</strong> www.fl e<strong>der</strong>mausschutz.ch<br />

Druck und Versand des FMAZ werden fi nanziert aus dem Budget<br />

<strong>der</strong> Koord<strong>in</strong>ationsstelle Ost für Fle<strong>der</strong>mauschutz (KOF), mit<br />

Unterstützung des BUWAL; die SSF fi nanziert e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong><br />

Druck kosten und stellt Couverts und Infrastruktur zur Verfügung.<br />

Druck <strong>Stiftung</strong> Zentralstelle <strong>der</strong> Studentenschaft, Uni Zürich.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!