Ausgabe 06 / 2010 - ForderungsPraktiker
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Herausgeber<br />
Thomas Abend, Bereichsleiter Marktfolge Kredit, Südwestbank AG, Stuttgart<br />
Gregor Breitenbach, Gruppenleiter Risikomanagement im Bereich Kredit,<br />
DZ BAnK AG, Frankfurt<br />
Dr. Friedrich Cranshaw, Rechtsanwalt und Banksyndikus<br />
Peter Friedmann, Kreditsekretariat, Bewertung und Verwertung von Mobilien,<br />
Kreissparkasse Ravensburg<br />
Dr. Andreas Fröhlich, Geschäftsführer perspektiv GmbH, München<br />
Karsten Geiersbach, Bereichsleiter Interne Revision, Kasseler Sparkasse<br />
Prof. Dr. Martin Hörmann, Rechtsanwalt, Insolvenzverwalter,<br />
Anchor Rechtsanwälte, Ulm<br />
Michael Jander, Zentralbereichsleiter Produkt- und Kreditmanagement,<br />
Kreissparkasse Böblingen<br />
Andrea Knauf, Rechtsanwältin, Leiterin Insolvenzabteilung CreditPlus<br />
Horst Harms-Lorscheidt, Piepenburg Gerling Rechtsanwälte<br />
Christian Merz, Rechtsanwalt und Syndikus Rechtsabteilung,<br />
Deutsche Bank, Frankfurt am Main<br />
nicole Michel, Rechtsanwältin, Geschäftsbereichsleiterin Bank- und<br />
Insolvenzrecht, Schneider, Geiwitz & Partner, Augsburg<br />
Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Institutsleiter IQS Institut für Qualität und Standards<br />
in der Insolvenzabwicklung, Hochschule Emden-Leer<br />
Eva Ringelspacher, Commerzbank AG, Direktorin Zentraler Stab<br />
Global Intensive Care, Frankfurt am Main<br />
Dr. Thilo Schultze, Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter, Grub Brugger<br />
Rechtsanwälte, Stuttgart<br />
Stephanie Siepmann, Geschäftsführerin, Proceed Portfolio Services GmbH<br />
Rainer Staffa, Vorstand, Volksbank Mittelhessen<br />
Dr. Ulrich Theileis, Wirtschaftsprüfer/Partner, Financial Services Deutschland,<br />
Deloitte & Touche GmbH<br />
Wolfgang Wegener, Abteilungsdirektor Rechtsabteilung,<br />
Stadtsparkasse Mönchengladbach<br />
redaktion<br />
Thomas Welker, Chefredakteur<br />
Dr. Patrick Rösler, stellv. Chefredakteur<br />
Corinna van der Eerden, stellv. Chefredakteurin<br />
Dr. Christian Göbes, Redakteur<br />
Frank Sator, Redakteur<br />
Marcus Michel, Redakteur<br />
Liebe Leserinnen<br />
und Leser,<br />
editorial<br />
als ich anfang der 80er Jahre ins bankgeschäft<br />
eingestiegen bin, war das bakred, wie die aufsicht<br />
damals hieß, eine geheimnisumwitterte institution,<br />
mit der es kaum berührungspunkte gab. thomas Maurer<br />
schon ein schriftwechsel mit diesem mysteriösen amt wurde mit großer<br />
sorge betrachtet und war unbedingt zu vermeiden. Von den gefürchteten<br />
sonderprüfungen ganz zu schweigen. allerdings kamen diese<br />
in den meisten banken nur äußerst selten vor, sieht man einmal von<br />
spektakulären Pleitefällen wie der Herstatt bank ab. die geschäftspolitik<br />
wurde von der geschäftsleitung noch autonom und eigenständig<br />
festgelegt, wie es ja auch das kWg vorsieht. Wer sich an einige wenige,<br />
allerdings unumstößliche, eckpunkte wie die grundsätze i bis iii und<br />
die §§ 13, 14 und 18 kWg gehalten hat, konnte weitgehend unbehelligt<br />
seinen geschäften nachgehen, solange die erträge das Überleben<br />
sicherten und die risiken beherrschbar blieben.<br />
bedauerlicherweise ist von diesen nahezu paradiesischen Zuständen<br />
kaum noch etwas übrig geblieben. die heutige realität im bankgeschäft<br />
ist untrennbar mit aufsichtsgesprächen, neuerdings auch<br />
aufsichtsbesuchen, Prüfungsbegleitungen und diversen sonderprüfungen,<br />
ob mit oder ohne konkreten anlass, verbunden. nicht zu vergessen<br />
die zunehmende anzahl diverser Mindestanforderungen und<br />
auslegungsrundschreiben zu allen erdenklichen gesetzlichen Vorgaben,<br />
wie dem geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz und dem<br />
WpHg inkl. der kaum auszusprechenden Wortungetüme WpdPV<br />
und WpdVeroV. am Horizont droht bereits weiteres ungemach mit<br />
dem neuen anlegerschutzverbesserungsgesetz, der neuen kapitaladäquanzrichtlinie<br />
und den MaFraud. damit kein falscher eindruck<br />
entsteht möchte ich an dieser stelle betonen, dass ich es durchaus für<br />
sinnvoll halte, dass das bankgewerbe ein beaufsichtigtes ist. Zu welchen<br />
auswüchsen mit katastrophalen Folgen für die Weltwirtschaft<br />
es kommen kann, wenn die aufsicht nicht ausreichend ausgestaltet<br />
ist, hat die Finanz und Wirtschaftskrise in den letzten Jahren nur allzu<br />
deutlich gezeigt. auch ein laufender austausch zwischen den kreditinstituten<br />
und der aufsicht kann für beide seiten durchaus fruchtbar<br />
sein, wenn dieser auf augenhöhe stattfindet und neben formalen Fragen<br />
auch betriebswirtschaftliche belange zum tragen kommen. Leider<br />
fehlt es immer häufiger gerade daran. die erfahrungen der letzten<br />
Monate zeigen, dass seitens der aufsicht zunehmend eine formale<br />
betrachtung der sachverhalte an den tag gelegt wird, die Frage nach<br />
kosten und nutzen spielt dagegen kaum eine rolle. die grundsätze<br />
der risikoorientierung, der Verhältnismäßigkeit sowie der Proportionalität,<br />
die sich die aufsicht ursprünglich auf die Fahnen geschrieben<br />
hatte, treten zunehmend in den Hintergrund. gerade genossenschaftsbanken<br />
und sparkassen (interessanterweise die institute, die<br />
weitgehend problemlos durch die Finanzkrise gekommen sind) werden<br />
in mittlerweile kaum noch tragbarem umfang mit Formalitäten<br />
und dokumentations anforderungen belastet.<br />
im Moment bleibt den banken wohl kaum etwas anderes übrig, als die<br />
umstände, wie sie nun mal sind, hinzunehmen und das beste daraus<br />
zu machen. Für die Zukunft wünsche ich ihnen und mir, dass allmählich<br />
wieder augenmaß, Fingerspitzengefühl und der gesunde Menschenverstand<br />
die oberhand gewinnen und es so zu einem vernünftigen,<br />
konstruktiven Miteinander zwischen kreditwirtschaft und bankenaufsicht<br />
kommt. bis dahin viel geduld und gute nerven.<br />
ihr Thomas Maurer, bereichsleiter interne revision, Münchner bank eg<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
241
inhalt<br />
242<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
244–248<br />
AKTUELL<br />
244 Titelumschreibung bei Ablösefinanzierung<br />
Gründung des Fachrats<br />
InsO 9001 am IQS<br />
Zahlungsziel: EURicht linie benachteiligt<br />
viele Unternehmen<br />
Neuer InkassoBundesverband<br />
gegründet<br />
245 Studie: Deutsche Unternehmen<br />
warten wieder länger auf den<br />
Zahlungseingang<br />
Mehr Kunden werden Opfer von<br />
Datenklau beim Onlinekauf<br />
246 Verbriefungen: Regulierung<br />
verfehlt ihr Ziel<br />
Inkassodienstleistungen<br />
vermehrt gefragt<br />
9,4% weniger Unternehmensinsolvenzen<br />
im Juli <strong>2010</strong><br />
247 Privatinsolvenzen steigen im gesamten<br />
Bundesgebiet<br />
248 Zwei Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen<br />
im ersten Halbjahr <strong>2010</strong><br />
Weniger Industrieinsolvenzen in den<br />
Jahren <strong>2010</strong> und 2011<br />
Studie: Europäische Zahlungsgewohnheiten<br />
BEITRÄGE<br />
beitrÄge<br />
249 Abrechnung des Zwangsverwalters:<br />
Kontrollmöglichkeiten des Grundpfandrechtsgläubigers<br />
Rainer Goldbach, Amtsgericht Frankfurt/M.<br />
w der beitrag macht darauf aufmerksam, welche<br />
Überwachungsinstrumente der gläubiger in einem<br />
Zwangsverwaltungsverfahren hat. insbesondere<br />
geht es um die einflussnahme auf einnahmen<br />
und ausgaben des Verwalters. der gesetzgeber<br />
hat dem gläubiger als „Herr des Verfahrens“ zwar<br />
nur wenige Möglichkeiten an die Hand gegeben,<br />
die jedoch bei gezieltem einsatz durchaus erfolgversprechend<br />
sind.<br />
254 Mezzanineprogramme: Die Frage<br />
der Anschlussfinanzierung<br />
Martin Völker | Dr. Thorsten Möller, WGZ Initiativkapital GmbH<br />
w Mittelständische unternehmen mit verbrieftem<br />
Mezzaninekapital in der bilanz sollten die Frage<br />
der anschlussfi nanzierung zeitnah klären, da eine<br />
neuaufl age der entsprechenden Mezzanineprogramme<br />
nicht zu erwarten ist.<br />
259 Zahlungseingänge im Kontokorrent:<br />
Anfechtungsrisiken und<br />
Aufrechnungsmöglichkeiten<br />
Nicole Michel | Dr. Volker von Danckelmann, Schneider, Geiwitz<br />
& Partner<br />
w der beitrag stellt das risiko der bank im Fall<br />
der insolvenz des kunden aus insolvenzanfechtungsrechtlicher<br />
sicht dar, sofern Zahlungseingänge<br />
auf dem kontokorrentkonto im kritischen<br />
Zeitraum mit dem debetsaldo verrechnet wurden<br />
und somit das aufrechnungsverbot nach § 96<br />
abs. 1 nr. 3 inso eingreift.
249–284<br />
267 Prüfung des Problemkreditmanagements:<br />
Anforderungen, Erfolgsfaktoren<br />
und ausgewählte Prüfungs<br />
aspekte<br />
Martin Dethleffsen | Michael Berndt, Ernst & Young GmbH |<br />
Gorden Mantell, Ernst & Young GmbH<br />
w bei der Prüfung der intensiv und Problemkreditbetreuung<br />
ist ein klar strukturierter Prüfungsansatz<br />
entlang der erfolgsfaktoren und<br />
unter Zugrundelegung der Wirksamkeitspriorität<br />
notwendig. angesichts der unter Funktionsfähigkeitsaspekten<br />
erhöhten bedeutung des Problemkreditmanagements<br />
für die institute steht<br />
die interne revision in einem spannungsfeld.<br />
273 Non Performing Loans: Risikotransfer<br />
bei Hypo thekenkrediten<br />
Kolwja A. Zimmer | Kai Sudmann, immofori AG, Hamburg<br />
w Wie entwickelt sich der Markt für den Forderungsverkauf<br />
von immobilienbesicherten krediten<br />
aktuell und wie profitieren kreditinstitute<br />
von nPLtransaktionen? Welche auswirkungen<br />
haben nPLs auf die Wettbewerbsfähigkeit einer<br />
bank? Welche erfahrungen machen die banken<br />
und sparkassen mit dieser strategie? Wie sieht<br />
die Zukunft aus, welche alternativen und Modelle<br />
gibt es?<br />
279 Zwangsvollstreckung: Rechtslage in<br />
Osteuropa<br />
Dr. Ellen Ulbricht, Juristin und selbstständige Unternehmensberaterin,<br />
Gramatneusiedl, Österreich<br />
w in ungarn regelt das Zwangsvollstreckungsrecht,<br />
in welche Vermögenswerte der gläubiger<br />
in welcher reihenfolge vollstrecken darf. Während<br />
tschechien sein Zwangsvollstreckungsrecht<br />
gerade reformiert und den gerichtsvollziehern<br />
neue kompetenzen gibt, ist in der slowakei weiterhin<br />
mit einer langen Verfahrensdauer zu rechnen.<br />
285–288<br />
Service<br />
285 ForderungsPartner<br />
287 rezensionen<br />
Dr. Ana Maria Fraga Novelle/Dr. Franz X.<br />
Wallner/ Torsten Knapp/Jan Enrico Meißner/<br />
Christian Merz/Michael Schebesta/<br />
Dr. Christian Tetzlaff/Michael Weis/<br />
Christoph Wengler/Prof. Dr. Konrad Wimmer:<br />
Praktikerhandbuch Verbraucherdarlehen.<br />
Dr. Andreas Lachmann: gläubigerrechte in<br />
krise und insolvenz.<br />
Prof. Dr. Diedrich Eckardt: grundpfandrechte<br />
im insolvenzverfahren.<br />
Peter Depré/Günter Mayer: die Praxis der<br />
Zwangsverwaltung.<br />
iMPrESSUM<br />
<strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
• ZIELGEnAUE RISIKOAnALYSE •<br />
• FRÜHZEITIGE SAnIERUnG •<br />
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Redaktion<br />
Thomas Welker, Chefredakteur<br />
Dr. Patrick Rösler, stellv. Chefredakteur<br />
Corinna van der Eerden, stellv. Chefredakteurin<br />
Dr. Christian Göbes, Redakteur<br />
Frank Sator, Redakteur<br />
Marcus Michel, Redakteur<br />
E-Mail: <strong>ForderungsPraktiker</strong>@FC-Heidelberg.de<br />
Leiterin Korrektorat und Rezensionen<br />
Janin Stärker<br />
E-Mail: Janin.Staerker@FC-Heidelberg.de<br />
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Metalexis, niedernhausen<br />
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sind nur mit einer Frist von 4 Wochen zum Ende<br />
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Finanz Colloquium Heidelberg GmbH<br />
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www.fc-heidelberg.de<br />
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Dr. Christian Göbes, Frank Sator, Dr. Patrick Rösler,<br />
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Sitz der Gesellschaft ist Heidelberg,<br />
Amtsgericht Mannheim HRB nr. 335598<br />
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Umsatzsteuergesetz: DE184391372<br />
ISSn 1869-6295<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
243
aktuell<br />
sicherheitenverwertung, investor<br />
Titelumschreibung bei Ablösefinanzierung<br />
w die entscheidung des bundesgerichtshofs<br />
(bgH) vom 30.03.<strong>2010</strong> (Xi Zr 200/09)<br />
(vgl. FP <strong>2010</strong> s. 102) hat mit den Hinweisen<br />
zu den Voraussetzungen einer titelumschreibung<br />
erhebliche praktische anwendungsschwierigkeiten<br />
verursacht. es stellt<br />
sich in der Praxis nämlich die Frage, ob die<br />
im bgHurteil formulierten, den konkreten<br />
Fall eines mehrfachen Forderungsverkaufs<br />
betreffenden ausführungen auf alle Fälle<br />
von grundschuldabtretungen ohne weiteres<br />
anwendbar sind. als eines der ersten instanzgerichte<br />
hatte das Landgericht Heidelberg<br />
in seiner entscheidung vom 14.09.<strong>2010</strong><br />
(az. 6 t 66/10b) gelegenheit zu den praktischen<br />
auswirkungen im Fall einer ablösefinanzierung<br />
stellung zu nehmen.<br />
Der Fall: eine Hypothekenbank hat eine<br />
bestehende bankfinanzierung abgelöst,<br />
wozu der eigentümer eine ablösevollmacht<br />
erteilt hatte. die darlehensverbindlichkeit<br />
wurde durch abtretung einer vollstreckbar<br />
für die bank eingetragenen grundschuld<br />
gesichert und dazu zwischen dem schuldner<br />
und der Hypothekenbank eine sicherungsvereinbarung<br />
getroffen. auf deren<br />
antrag wurde der Hypothekenbank die<br />
Vollstreckungsklausel ohne weiteres gegen<br />
Vorlage der notariell beglaubigten abtretungsurkunde<br />
umgeschrieben. Hiergegen<br />
wandten sich die eigentümer im klauselerinnerungsverfahren<br />
erfolglos unter<br />
berufung auf das bgHurt. v. 30.03.<strong>2010</strong>.<br />
das Landgericht Heidelberg sieht die<br />
für eine klauselumschreibung erforderlichen<br />
nachweise durch die Hypothekenbank<br />
als erbracht an. ob es daneben aufgrund<br />
der rechtsprechung des bgH auch<br />
erforderlich gewesen wäre, den eintritt der<br />
neuen gläubigerin (Hypotehekenbank)<br />
in den sicherungsvertrag mit der alten<br />
gläubigerin in der Form des § 727 ZPo<br />
durch öffentliche urkunden nachzuweisen,<br />
verneint das Landgericht Heidelberg<br />
ebenso wie zuvor schon das amtsgericht.<br />
das Landgericht begründet dies mit den<br />
nicht unerheblichen unterschieden zwischen<br />
dem hier zu entscheidenden Fall<br />
244 <strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
und dem bgHFall. die mit der altgläubigerin<br />
getroffene sicherungsvereinbarung<br />
wurde beendet und eine neue sicherungsvereinbarung<br />
mit der neuen gläubigerin,<br />
welche die ablösefinanzierung bewerkstelligt,<br />
geschlossen. anstelle der Löschung<br />
und neueintragung einer grundschuld,<br />
wird die bestehende grundschuld abgetreten.<br />
diese ist durch die neue sicherungsvereinbarung<br />
an die Forderung gebunden.<br />
der schuldner kannte infolge seiner Mitwirkung<br />
sämtliche umstände der grundschuldabtretung<br />
und war daher nicht im<br />
gleichen Maße schutzbedürftig, wie der<br />
schuldner im bgHFall, in dem die Forderung<br />
samt sicherheiten ohne seine Mitwirkung<br />
mehrfach abgetreten wurden. £<br />
Peter Freckmann, rechtsanwalt, bereich<br />
recht, bausparkasse schwäbisch Hall ag<br />
sicherheitenverwertung,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
Gründung des Fachrats<br />
InsO 9001 am IQS<br />
w Mit der besetzung des Fachrats inso<br />
9001 am iQs ist ein weiterer wichtiger<br />
schritt für die arbeit des instituts und die<br />
Weiterentwicklung der inso 9001 gelungen.<br />
aufgabe des Fachrats ist es für die<br />
inhaltliche anpassung des Zertifikates inso<br />
9001:<strong>2010</strong> an aktuelle Markterfordernisse<br />
sorge zu tragen und dieses Qualitätsmerkmal<br />
stetig weiter zu entwickeln. das gremium<br />
ist mit namhaften Persönlichkeiten<br />
der insolvenz und sanierungsszene interdisziplinär<br />
besetzt. als wissenschaftlicher<br />
Leiter des iQs führt Prof. Dr. Portisch den Vorsitz.<br />
Weitere Mitglieder sind: Dr. Friedrich L.<br />
Cranshaw, rechtsanwalt, banksyndikus; Dr.<br />
Lucas Flöther, rechtsanwalt und insolvenzverwalter,<br />
Flöther & Wissing rechtsanwälte;<br />
Stephan Kurz, geschäftsführer, stP Consulting<br />
gmbH; Stefan Lodyga, Leiter Projektmanagement,<br />
pronova bkk; Prof. Dr. Andreas<br />
Rein, Lehrstuhl für sozialrecht, Privatinsolvenzrecht,<br />
FH Ludwigshafen; Ernst Riedel,<br />
dozent, FH für öffentliche Verwaltung und<br />
rechtspflege in bayern; Guido Stephan, insolvenzrichter,<br />
amts gericht darmstadt. Weiter<br />
gehören dem Fachrat inso 9001 assoziierende<br />
Mitglieder an. dies sind Vertreter<br />
akkreditierter Zertifizierungsgesellschaften,<br />
die zur Prüfung von din en iso 9001<br />
sowie inso 9001 zugelassen sind. £<br />
risikomanagement, sanierung<br />
Zahlungsziel: EURicht linie<br />
benachteiligt viele Unternehmen<br />
w deutsche unternehmen stehen einer<br />
neuen eurichtlinie skeptisch gegenüber,<br />
die europaweit einheitliche Zahlungsziele<br />
von max. 60 tagen für gewerbliche und<br />
öffentliche auftraggeber vorschreiben will.<br />
so lautet das ergebnis einer umfrage des<br />
kreditversicherers atradius unter fast 4.000<br />
unternehmen in 22 Ländern. 43% der deutschen<br />
unternehmen halten die rechtsänderung,<br />
die das europäische Parlament<br />
beschließen will, demnach für wirkungslos,<br />
ein Viertel erwartet sogar negative<br />
konsequenzen. grund: deutsche unternehmen<br />
setzen heute schon deutlich<br />
kürzere Zahlungsziele. knapp ein drittel<br />
der deutschen erwartet denn auch, dass<br />
ihre kunden demnächst unter berufung<br />
auf die eurichtlinie versuchen werden,<br />
spätere Zahlungen durchzusetzen. Vorteile<br />
können dabei nur die unternehmen<br />
erzielen, die ihr Forderungsmanagement<br />
im griff haben. Länderübergreifend zeigten<br />
sich größere unternehmen (54%) und<br />
industriebetriebe (58%) im Hinblick auf die<br />
euricht linie optimistischer als kleinere<br />
Firmen und Finanz und dienstleistungsunternehmen.<br />
die deutschen gehören im<br />
europäischen Vergleich in bezug auf die<br />
richtlinie zu den Pessimisten. insgesamt<br />
erwarten 46% aller international befragten<br />
unternehmen positive auswirkungen<br />
der eurichtlinie, in deutschland sind es<br />
nur 34%. am positivsten gestimmt sind<br />
unternehmen aus spanien (64%), großbritannien<br />
(61%) und italien (59%). £<br />
Forderungsbeitreibung, investor<br />
Neuer InkassoBundesverband<br />
gegründet<br />
w das inkassogewerbe in deutschland<br />
hat Zuwachs bekommen. in Fulda wurde<br />
ein zweiter bundesverband gegründet.<br />
er versteht sich als konkurrenz zum 1956
geschaffenen, in berlin ansässigen bundesverband<br />
deutscher inkassounternehmen.<br />
der neue bundesverband für inkasso<br />
und Forderungsmanagement wolle sich<br />
besonders im bereich aus und Fortbildung<br />
engagieren, sagte der zweite Vorsitzende<br />
Harald Hoffmann. sein Verband<br />
zählt derzeit 30 Mitgliedsunternehmen.<br />
er will auch gegen schwarze schafe in der<br />
branche ankämpfen. die Zeiten sind für<br />
inkassobüros angesichts steigender Verbraucherinsolvenzen<br />
lukrativ. £<br />
risikomanagement, sanierung<br />
Studie: Deutsche Unternehmen<br />
warten wieder länger auf den<br />
Zahlungseingang<br />
w deutsche Lieferanten warten wieder<br />
länger auf ihr geld. ihre rechnungen<br />
werden nach durchschnittlich 24 tagen<br />
beglichen. damit zahlen die inländischen<br />
unternehmen im durchschnitt fünf tage<br />
nach dem vereinbarten Zahlungsziel von 19<br />
tagen und damit zwei tage später als noch<br />
im Frühjahr <strong>2010</strong>. Mehr als die Hälfte der<br />
Lieferanten aus deutschland gab an, dass<br />
ihre kunden die Zahlungsverzögerungen<br />
im Vorfeld nicht angekündigt hatten. ein<br />
drittel der befragten unternehmen wurde<br />
um eine ausdehnung des Zahlungsziels<br />
gebeten, jedes fünfte unternehmen bat<br />
den geschäftspartner um eine höhere kreditlinie.<br />
die ergebnisse einer studie von<br />
atradius weisen auf einen erhöhten Finanzierungsbedarf<br />
in den unternehmen hin,<br />
den atradius bereits im Frühjahr <strong>2010</strong> prognostisiert<br />
hatte. 73% der befragten deutschen<br />
unternehmen gewähren ihren inländischen<br />
geschäftspartnern Zahlungen auf<br />
Ziel. den internationalen geschäftspartnern<br />
wurden in 61% der Fälle Zahlungsziele bzw.<br />
Lieferantenkredite gewährt. damit gehört<br />
deutschland im weltweiten Vergleich zu<br />
den Ländern, die bei den Zahlungsmodalitäten<br />
im inland am wenigsten auf barzahlung<br />
oder Vorkasse setzen. die deutschen<br />
unternehmen gehören nach wie vor<br />
zu den schnellsten Zahlern. auch im inter<br />
aktuell<br />
nationalen Vergleich wird der Lieferantenkredit<br />
bis auf wenige ausnahmen der barzahlung<br />
vorgezogen. Über die Hälfte aller<br />
befragten unternehmen berichtete, dass<br />
rechnungen ohne vorherige ankündigung<br />
verspätet beglichen wurden. die meisten<br />
befragten gaben an, dass sie eher den ausländischen<br />
geschäftspartnern eine Zahlung<br />
auf Ziel gewähren als den inländischen. in<br />
deutschland, Österreich und der schweiz<br />
ist es umgekehrt. dort wird der Lieferantenkredit<br />
eher den inländischen kunden<br />
gewährt. £<br />
risikomanagement,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
Mehr Kunden werden Opfer von<br />
Datenklau beim Onlinekauf<br />
w die Zahlungsmoral in deutschland<br />
hat sich verbessert. in der traditionellen<br />
Herbstumfrage unter den 560 Mitgliedsfirmen<br />
des bundesverbands deutscher<br />
inkassounternehmen e.V. (bdiu),
aktuell<br />
berlin, melden jetzt 80% der teilnehmer,<br />
dass kunden rechnungen genauso gut<br />
oder besser bezahlen als noch in diesem<br />
Frühjahr. grund sind die gute konjunktur<br />
und die sinkende arbeitslosigkeit. aber:<br />
gleichzeitig steigen die insolvenzen. bis<br />
zu 34.000 unternehmen werden voraussichtlich<br />
in diesem Jahr zahlungsunfähig<br />
(2009: 32.687), und die Verbraucherinsolvenzen<br />
klettern sogar auf einen neuen<br />
rekord mit rd. 110.000 Verfahren (2009:<br />
101.102). Vom steigenden konsum profitiert<br />
aktuell der onlinehandel. doch zahlen<br />
Verbraucher im internet i. d. r. schlechter<br />
als offline, wie 57% der inkassounternehmen<br />
in der umfrage berichten. Häufigste<br />
gründe: Vorsätzliches nichtbezahlen (70%<br />
melden das) und die absichtliche eingabe<br />
falscher persönlicher daten beim onlinekauf<br />
(63%). immer mehr Verbraucher<br />
werden aber auch opfer von betrügern,<br />
die ihre persönlichen daten klauen. die<br />
Masche: sie melden sich z. b. mit der identität<br />
einer anderen Person in einem shop an<br />
und lassen Waren an ihre eigene adresse<br />
oder ein Postfach liefern. Fast ein drittel<br />
aller bdiuMitgliedsunternehmen haben<br />
in diesem Jahr bereits inkassoverfahren<br />
bearbeitet, die auf einen solchen identitätsdiebstahl<br />
zurückzuführen waren. der<br />
bdiu empfiehlt den geschädigten schnelles<br />
Handeln. auch sollte unmittelbar mit<br />
dem gläubiger bzw. dem inkassounternehmen<br />
kontakt aufgenommen werden. auch<br />
inkassounternehmen könnten datenklau<br />
Forderungen nicht immer sofort erkennen.<br />
nicht nur shopbetreiber sollten sich jetzt<br />
mit einem straffen Forderungsmanagement<br />
vor rechnungsausfällen schützen:<br />
62% der inkassounternehmen melden, dass<br />
Privatkunden das bezahlen von rechnungen<br />
derzeit absichtlich hinauszögern (Frühjahr:<br />
50%). bei gewerblichen schuldnern<br />
sind hohe Zahlungsausfälle bei eigenen<br />
kunden der grund, warum sie rechnungen<br />
aktuell nicht bezahlen (82%). £<br />
Vorstand, investor<br />
Verbriefungen: Regulierung<br />
verfehlt ihr Ziel<br />
w die geplanten Maßnahmen zur regulierung<br />
der Forderungsverbriefung helfen<br />
246 <strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
dem Markt nur unzureichend. Laut einer<br />
aktuellen kurzumfrage der Management<br />
und technologieberatung bearingPoint<br />
(www.bearingpoint.de) unter mehr als 40<br />
spezialisten aus banken, industrie und Verbänden<br />
halten nur 36% der befragten die<br />
regelungen für geeignet, um das verloren<br />
gegangene investorenvertrauen vollständig<br />
wieder zurückzugewinnen. in deutschland,<br />
der eu und den usa wurden gesetzesinitiativen<br />
auf den Weg gebracht, die<br />
Pflichten zum selbstbehalt, zur offenlegung<br />
des verbrieften Forderungsbestands<br />
und zur risikoanalyse vorsehen.<br />
die befragten sind der Überzeugung, dass<br />
die regelungen zu steigenden kosten bei<br />
Verbriefungstransaktionen führen (98%)<br />
und die Markteintrittsbarrieren erhöhen<br />
(82%). damit wird die attraktivität der refinanzierungsform<br />
weiter verringert (76%).<br />
der geplante deutsche alleingang, den<br />
selbstbehalt des emittenten ab 2013 von<br />
fünf auf zehn Prozent zu erhöhen, wird von<br />
80% als nicht sinnvoll erachtet. 56% der<br />
befragten sind der auffassung, dass der<br />
Markt nur auf die rückkehr der investoren<br />
wartet, anstatt die Verbriefung grundlegend<br />
weiterzuentwickeln. noch ist der<br />
Markt in der krise – die Mehrheit (52%)<br />
erwartet eine rückkehr der investoren<br />
erst in 2012. £<br />
Vorstand, Forderungsbeitreibung<br />
Inkassodienstleistungen<br />
vermehrt gefragt<br />
w im rahmen seines aktuellen „global<br />
Collections review“ befragte atradius,<br />
ein führender anbieter von Forderungsmanagement<br />
und inkassolösungen,<br />
mehr als 4.000 unternehmen aus 22 Ländern<br />
in ganz europa, nord und südamerika<br />
sowie dem asienPazifikraum zum<br />
Handelsbrauch und den aktuellen trends<br />
im inkassobereich. diese dritte und bis<br />
dato umfangreichste studie enthält zum<br />
ersten Mal daten zu zwei neuen Ländern,<br />
ungarn und der slowakei, und umfasst<br />
ebenfalls zum ersten Mal informationen<br />
zu ersten inkassostellen. Mehr als ein Viertel<br />
(27%) der deutschen unternehmen<br />
nehmen externe inkasso dienst leister in<br />
anspruch. dieser Wert liegt etwas unter<br />
dem europäischen durchschnitt von 29%,<br />
allerdings steht deutschland mit einem<br />
anteil von 39% an oberer stelle in bezug<br />
auf die nutzung des rechtsweges zum<br />
Forderungseinzug, weit über dem europäischen<br />
und weltweiten durchschnitt.<br />
Über die Hälfte (55%) aller ausgelagerten<br />
inkassodienstleistungen befasst sich mit<br />
ausländischen Forderungen, eine Zahl, die<br />
sich mit dem erfassten anteil von 52% für<br />
deutschland deckt. die Fähigkeit externer<br />
inkassobüros, ergebnisse zu liefern, erwies<br />
sich für deutsche unternehmen als wichtigster<br />
entscheidungsgrund bei der auswahl<br />
eines inkassoanbieters, wobei die<br />
befragten aufgefordert waren, acht auswahlkriterien<br />
nach deren bedeutung zu<br />
bemessen. die ergebnisse aus der studie in<br />
deutschland entsprachen genau den weltweit<br />
und in europa festgelegten skalen<br />
der auswahlkriterien, mit „erfolgsquote“<br />
an erster stelle, gefolgt von „Preis“ und<br />
„Fähigkeit zur aufrechterhaltung einer<br />
positiven beziehung zum schuldner“. insgesamt<br />
fielen die einstellungen zur auswahl<br />
von inkassobüros weltweit und in<br />
europa bemerkenswert ähnlich aus, was<br />
darauf hinweist, dass die anforderungen,<br />
erwartungen und hohen standards<br />
in bezug auf die Wahl eines inkassodienstleisters<br />
unabhängig von unternehmensart,<br />
größe und standort gleichbleibende<br />
Faktoren sind. £<br />
risikomanagement,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
9,4% weniger Unternehmensinsolvenzen<br />
im Juli <strong>2010</strong><br />
w im Juli <strong>2010</strong> meldeten die deutschen<br />
amtsgerichte nach angaben des statistischen<br />
bundesamtes (destatis) 2.760<br />
unternehmensinsolvenzen. das waren<br />
9,4% weniger als im Juli 2009. die Zahl<br />
der Verbraucherinsolvenzen lag im Juli<br />
<strong>2010</strong> mit 9.344 Fällen um 2,3% niedriger<br />
als im Juli 2009. Zusammen mit den<br />
insolvenzen von anderen privaten schuldnern<br />
und nachlässen summierte sich die<br />
gesamtzahl der insolvenzen auf insgesamt<br />
14.431 Fälle, das waren fünf Prozent weniger<br />
als im Juli des Vorjahres. die voraussicht<br />
lichen offenen Forderungen der gläu
iger bezifferten die gerichte für Juli <strong>2010</strong><br />
auf 2,9 Mrd. € gegenüber 3,9 Mrd. € im Juli<br />
2009. in den Monaten Januar bis Juli <strong>2010</strong><br />
wurden 19.228 insolvenzen von unternehmen<br />
(+ 0,2% gegenüber dem gleichen<br />
Vorjahreszeitraum) und 63.208 insolvenzen<br />
von Verbrauchern (+ 9,3%) gemeldet.<br />
insgesamt registrierten die gerichte<br />
98.933 insolvenzen, das waren 5,2% mehr<br />
als in den Monaten Januar bis Juli 2009. £<br />
Forderungsbeitreibung<br />
Privatinsolvenzen steigen im<br />
gesamten Bundesgebiet<br />
w im ersten Halbjahr <strong>2010</strong> bewegt sich<br />
die Zahl der Privatinsolvenzen laut dem<br />
bürgel schuldenbarometer in deutschland<br />
mit 69.417 Fällen auf hohem niveau.<br />
gegenüber dem Vergleichszeitraum des<br />
Vorjahres (erste Halbjahr 2009: 61.517)<br />
mussten 12,84% mehr Personen pri<br />
Risiken minimieren,<br />
Kosten senken,<br />
Freiräume schaffen ...<br />
vate insolvenz anmelden. bürgel geht in<br />
seiner Jahresprognose für das Jahr <strong>2010</strong><br />
von 140.000 Privatinsolvenzen aus. die<br />
meisten Privatinsolvenzen verzeichnet bei<br />
den absoluten Zahlen das bevölkerungsreichste<br />
bundesland nordrheinWestfalen<br />
mit 14.999 Fällen. aussagekräftiger sind<br />
indes die relativen Werte, die auch die einwohnerzahlen<br />
berücksichtigen: demnach<br />
schneiden v. a. die nördlichen bundesländer<br />
schlecht ab – allen voran bremen mit<br />
167 Privatinsolvenzen je 100.000 einwohnern.<br />
Während der bundesdurchschnitt<br />
bei 85 Privatinsolvenzen je 100.000 einwohnern<br />
rangiert, gehören niedersachsen<br />
mit 115 Privatpleiten je 100.000 einwohnern<br />
und schleswigHolstein (114) mit zu<br />
den Verlierern. indes kamen bayern (63 je<br />
100.000 einwohner), badenWürttemberg<br />
und thüringen (je 68) mit vergleichsweise<br />
moderaten Werten davon. alle bundesländer<br />
sind von einer Zunahme an Privatinsolvenzen<br />
betroffen, sieben davon<br />
aktuell<br />
sogar mit einem zweistelligen Wachstum.<br />
am stärksten stiegen die Fallzahlen<br />
in thüringen (+ 48,98%), nordrheinWestfalen<br />
(+ 25,97%) und berlin (+ 21,65%).<br />
am schwächsten fiel die steigerungsrate<br />
in sachsen (+ 2,87%), sachsenanhalt<br />
(+ 3,12%) und dem saarland (+ 3,24%) aus.<br />
58,94% aller Privatinsolvenzen im ersten<br />
Halbjahr <strong>2010</strong> betreffen Männer. dieser<br />
„männliche“ trend zieht sich wie ein roter<br />
Faden durch fast alle altersgruppen. nur<br />
bei den 18 bis 25jährigen bundesbürgern<br />
ist der Frauenanteil mit 53,41% ausgeprägter.<br />
indes weist die gruppe der<br />
36 bis 45Jährigen bei den Privatinsolvenzen<br />
den geringsten Frauenanteil mit<br />
38,4% auf. in der jüngsten altersgruppe<br />
der 18 bis 25Jährigen ist die Zahl der<br />
insolvenzfälle im ersten Halbjahr <strong>2010</strong><br />
gegenüber dem referenzzeitraum des<br />
Vorjahrs um 47,89% gestiegen. auch die<br />
26 bis 35Jährigen verzeichnen hier ein<br />
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zweistelliges Plus von 18,47%. den einzigen<br />
rückgang konnten die Über60Jährigen<br />
verbuchen: Hier sanken die Fallzahlen<br />
um 3,32%. aktuell hält der trend zu einer<br />
Zunahme bei den Privatinsolvenzen an. £<br />
risikomanagement,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
Zwei Prozent mehr Unternehmensinsolvenzen<br />
im<br />
ersten Halbjahr <strong>2010</strong><br />
w im ersten Halbjahr <strong>2010</strong> meldeten die<br />
deutschen amtsgerichte nach angaben<br />
des statistischen bundesamtes (destatis)<br />
16.468 unternehmensinsolvenzen. das<br />
waren zwei Prozent mehr als im ersten<br />
Halbjahr 2009. die Zahl der Verbraucherinsolvenzen<br />
lag im ersten Halbjahr<br />
<strong>2010</strong> mit 53.864 Fällen um 11,6% höher<br />
als im ersten Halbjahr 2009. Zusammen<br />
mit den insolvenzen von anderen privaten<br />
schuldnern und nachlässen summierte<br />
sich die gesamtzahl der insolvenzen auf<br />
insgesamt 84.502 Fälle, das waren 7,2%<br />
mehr als im ersten Halbjahr 2009. im Juni<br />
<strong>2010</strong> wurden 2.752 insolvenzen von unternehmen<br />
( 1,3% gegenüber Juni 2009) und<br />
9.297 insolvenzen von Verbrauchern (+<br />
10,2% gegenüber Juni 2009) gemeldet.<br />
insgesamt registrierten die gerichte 14.377<br />
insolvenzen, das waren 5,3% mehr als im<br />
Juni 2009. £<br />
risikomanagement,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
Weniger Industrieinsolvenzen in<br />
den Jahren <strong>2010</strong> und 2011<br />
w nach einem krisenbedingt starken<br />
anstieg um 50% im Jahr 2009 sind die<br />
industrieinsolvenzen im ersten Halbjahr<br />
<strong>2010</strong> um vier Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahreszeitraum zurückgegangen. da<br />
die eröffnung von insolvenzverfahren<br />
im Mittel mit einer Zeitverzögerung von<br />
drei Monaten auf die Lage der gesamtwirtschaft<br />
reagiert, erwartet die deutsche<br />
bank für das zweite Halbjahr einen<br />
weiteren deutlichen rückgang. das Jahr<br />
2011 könnte eine neuerliche Verbesserung<br />
bringen, auch wenn sich die risiken tem<br />
248 <strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
porärer dämpfer erhöhen. die deutsche<br />
Wirtschaft ist im zweiten Quartal so stark<br />
gewachsen wie noch nie seit der Wiedervereinigung:<br />
Über zwei Prozent betrug das<br />
Plus gegenüber den ersten drei Monaten<br />
des Jahres. die gute gesamtwirtschaftliche<br />
entwicklung spiegelt sich in der Lage<br />
der betriebe. die kürzlich veröffentlichten<br />
daten der insolvenzstatistik zeigen zwar,<br />
dass die Zahl der eröffneten Verfahren krisenbedingt<br />
deutlich angestiegen war: 2009<br />
waren etwa 1,5mal so viele industrieunternehmen<br />
betroffen wie im Jahr zuvor. im<br />
dritten Quartal 2009 wurden die meisten<br />
konkursanmeldungen verzeichnet. seitdem<br />
verbesserte sich die situation aber<br />
bedeutend und das befürchtete Massensterben<br />
von industriebetrieben blieb aus.<br />
im ersten Halbjahr <strong>2010</strong> ging die Zahl der<br />
industrieinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
um vier Prozent zurück. £<br />
risikomanagement,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
Studie: Europäische Zahlungsgewohnheiten<br />
w deutsche unternehmen müssen<br />
durchschnittlich 2,8% ihrer Forderungen<br />
abschreiben. im Vergleich zum Vorjahr ist<br />
die summe der Forderungsausfälle insgesamt<br />
spürbar gestiegen: 2009 gaben<br />
die befragten unternehmen noch an,<br />
dass 2,1% der rechnungen nicht bezahlt<br />
wurden. der anteil der Zahlungsausfälle in<br />
<strong>2010</strong> liegt bei geschäftskunden (2,8%) und<br />
Privatkunden (2,6%) auf gleichem niveau.<br />
das ergab die eos ZehnLänderstudie<br />
<strong>2010</strong> „europäische Zahlungsgewohnheiten“.<br />
Für die studie hat die internationale<br />
eos gruppe, anbieter von Forderungsmanagement,<br />
Marketing und risikoinformationen<br />
sowie Payment services,<br />
gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut<br />
ipsos 2200 unternehmen in zehn<br />
europäischen Ländern zu den lokalen Zahlungsgewohnheiten<br />
befragt.<br />
besonders stark von Forderungsausfällen<br />
betroffen sind süddeutsche unternehmen<br />
mit geschäftskunden. Hier fallen 4,2% der<br />
Forderungen aus. im bereich Privatkunden<br />
müssen unternehmen im Westen<br />
den höchsten anteil der Forderungen<br />
(3,8%) abschreiben. deutsche unternehmen<br />
erkennen den bedarf an professionellem<br />
risiko und Forderungsmanagement<br />
und vertrauen v. a. externen dienstleistern.<br />
knapp 90% der deutschen Firmen arbeiten<br />
mit spezialisten wie anwaltskanzleien oder<br />
Mahn und inkassounternehmen zusammen<br />
(2009: 84%). nur in belgien nutzen<br />
mit 78% ähnlich viele unternehmen die<br />
unterstützung externer dienstleister. in<br />
den meisten anderen Ländern beauftragt<br />
weniger als die Hälfte der Firmen unternehmensfremde<br />
spezialisten. das professionelle<br />
Forderungsmanagement zahlt sich<br />
für die unternehmen aus: nur neun Prozent<br />
der deutschen Firmen waren bislang von<br />
Liquiditätsengpässen betroffen – so wenige<br />
wie in keinem anderen Land. im internationalen<br />
Vergleich gehören die deutschen<br />
außerdem mit zu den pünktlichsten Zahlern:<br />
81,4% der rechnungen an Privatkunden<br />
werden bei einem Zahlungsziel<br />
von durchschnittlich 20 tagen pünktlich<br />
bezahlt. in keinem anderen studienland<br />
gehen mehr rechnungen pünktlich ein.<br />
Mit 86,8% weisen banken, sparkassen und<br />
kreditkartenunternehmen den höchsten<br />
anteil termingerechter Zahlungen im Privatkundengeschäft<br />
auf. auch rechnungen<br />
von energieversorgern (84,3%) und Versiche<br />
run gen (82,4%) zahlen die konsumenten<br />
vergleichsweise termingerecht. die<br />
befragten aus dem distanzhandel geben<br />
an, dass lediglich 76,9% ihrer rechnungen<br />
an endkonsumenten fristgerecht bezahlt<br />
werden. Mit blick auf die kommenden zwei<br />
Jahre rechnen viele deutsche unternehmen<br />
mit einer Verschlechterung der Zahlungsmoral.<br />
besonders skeptisch blicken<br />
die befragten für das Privatkundengeschäft<br />
in die Zukunft: 44% erwarten eine<br />
negative entwicklung des Zahlungsverhaltens<br />
– in keinem anderen studienland<br />
sind die befragten pessimistischer. insbesondere<br />
energieversorger (63%) sowie kreditinstitute<br />
(61%) gehen von einer abnehmenden<br />
Zahlungsmoral aus. etwas stabiler<br />
bewerten die befragten die entwicklung<br />
des Zahlungsverhaltens ihrer geschäftskunden:<br />
Hier gehen 28% von einer Verschlechterung<br />
aus, 64% erwarten, dass das<br />
Zahlungsverhalten stabil bleibt.£
Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />
I. Einleitung<br />
Forderungsbeitreibung investor revision<br />
Zwangsverwalterabrechnung:<br />
Kontrolle durch die Bank<br />
kontrollmöglichkeiten der abrechnung durch den grundpfandrechtsgläubiger als<br />
„Herr des Verfahrens“ in der Zwangsverwaltung.<br />
w eine Zwangsverwaltung ist neben einer<br />
Zwangsversteigerung und der eintragung einer<br />
Zwangshypothek die dritte art der immobiliarvollstreckung,<br />
die dem gläubiger zur rückführung<br />
notleidender darlehen zur Verfügung<br />
steht. Zweck des Verfahrens ist es, durch<br />
einen Zwangsverwalter an stelle des unfähigen<br />
oder unwilligen schuldners aus den<br />
einnahmen zunächst die laufenden kosten<br />
und dann die Forderungen des gläubigers<br />
zu decken. der Zwangsverwalter muss wirtschaftlich<br />
handeln, wie ein verantwortungsbewusster<br />
eigentümer. nachfolgend soll aufgezeigt<br />
werden, welche Möglichkeiten es für<br />
den gläubiger gibt, den Zwangsverwalter bei<br />
der ausübung seines amts zu kontrollieren und<br />
zu beeinfl ussen.<br />
II. Amt des Zwangsverwalters<br />
1. Auswahl des Zwangsverwalters<br />
die auswahl des Zwangsverwalters erfolgt<br />
durch das Vollstreckungsgericht. entgegen<br />
einer weit verbreiteten auff assung besteht<br />
dabei kein Vorschlagsrecht der Verfahrensbeteiligten.<br />
es kommt nur eine natürliche<br />
Person in Frage. diese muss über die für die<br />
ausübung des amts erforderliche Qualifi kation<br />
und büroausstattung verfügen. das amt<br />
ist vom Verwalter persönlich nach „pfl ichtgemäßem<br />
ermessen“ auszuüben. der Zwangsverwalter<br />
wird vom Vollstreckungsgericht bei<br />
der anordnung der Zwangsverwaltung bestellt,<br />
§ 150 abs. 1 Zwangsversteigerungsgesetz<br />
(ZVg). seine aufgaben sind die ordnungsgemäße<br />
Verwaltung sowie die bestmögliche nutzung<br />
des grundstücks, um Erträge zu erzielen.<br />
bei der ausführung des amts agiert der<br />
Zwangsverwalter selbständig, ist jedoch für die<br />
erfüllung seiner Verpfl ichtungen allen beteilig<br />
ten gegenüber verantwortlich und somit auch<br />
haftbar (§ 154 satz 1 ZVg).<br />
2. Rechtliche Stellung<br />
die rechte und Pfl ichten eines Zwangsverwalters<br />
sind in § 152 ZVg festgelegt. daneben gibt<br />
es in der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV)<br />
konkrete regelungen zur Verfahrensabwicklung.<br />
bei der ausübung seines amts ist der Verwalter<br />
nicht an anweisungen und Wünsche der beteiligten<br />
gebunden. kommt er dem Vorschlag<br />
eines beteiligten zur Verfahrensgestaltung nicht<br />
nach, so kann sich dieser jedoch mit der bitte um<br />
erteilung einer Weisung an das gericht wenden<br />
(§ 153 abs. 1 ZVg). dem Vollstreckungsgericht<br />
obliegt die aufsichtsführung über den Zwangsverwalter.<br />
es kann ihn durch Zwangsgeld sanktionieren,<br />
falls er seine aufgaben vernachlässigt<br />
oder erteilte Weisungen nicht befolgt.<br />
der Zwangsverwalter handelt weder als Vertreter<br />
des schuldners oder des gläubigers noch als<br />
beauftragter des gerichts. Vielmehr hat er sich<br />
neutral zu verhalten, denn er ist allen beteiligten<br />
gegenüber verpfl ichtet, das bestmögliche<br />
Verfahrensergebnis zu erzielen. dabei nimmt<br />
er seine aufgaben im eigenen namen und aus<br />
eigenem recht wahr 1 .<br />
3. Institutszwangsverwaltung<br />
ist an einem Zwangsverwaltungsverfahren eine<br />
öff entliche körperschaft, bank, sparkasse, bausparkasse<br />
oder Versicherungsgesellschaft als<br />
gläubiger oder grundbuchberechtigter beteiligt,<br />
hat das gericht auf Vorschlag eines solchen<br />
„instituts“ einen sog. institutsverwalter zu bestellen.<br />
dabei muss es sich um einen fest angestellten<br />
Mitarbeiter des instituts handeln. Für seine<br />
tätigkeit als Zwangsverwalter erhält der institutsverwalter<br />
keine Vergütung. Voraussetzung<br />
für die bestellung ist lediglich, dass die Person<br />
über ausreichende Sachkenntnis zur aus<br />
Autor:<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
Rainer Goldbach,<br />
Dipl.Rechtspfleger (FH),<br />
Amtsgericht Frankfurt/M.,<br />
Freier Dozent.<br />
» Entgegen einer<br />
weit verbreiteten<br />
Auffassung besteht<br />
kein Vorschlagsrecht<br />
der Verfahrensbeteiligten.<br />
«<br />
1 Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 19. aufl .,<br />
§ 152 ZVg, rdnr. 2.<br />
249
250<br />
beitrag<br />
» Der Zwangsverwalter<br />
handelt<br />
weder als Vertreter<br />
des Schuldners<br />
oder des Gläubigers<br />
noch als Beauftragter<br />
des Gerichts. «<br />
2 bgH, rpfleger 2005 s. 457.<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
übung des amts verfügt und ihre bereitschaft<br />
zur Übernahme der tätigkeit erklärt. daneben<br />
ist vom institut die Übernahme der dem Verwalter<br />
obliegenden Haftung zu erklären. die<br />
einsetzung eines vom Vorschlagsberechtigten<br />
benannten rechtsanwalts, der nicht in einem<br />
arbeitsverhältnis mit dem institut steht, ist nicht<br />
zulässig 2 . ansonsten ist der institutsverwalter<br />
einem gewöhnlichen Zwangsverwalter gleichgestellt.<br />
er unterliegt ebenso der aufsicht des<br />
Vollstreckungsgerichts, hat diesem rechnung zu<br />
legen und sich neutral zu verhalten.<br />
III. Buchführung des Zwangsverwalters<br />
1. Rechnungslegungspflicht<br />
seine einnahmen und ausgaben hat der<br />
Zwangsverwalter nach den in der Zwangsverwalterverordnung<br />
(§§ 14, 15 ZwVwV) niedergelegten<br />
richtlinien zu dokumentieren. Für jedes<br />
Verfahren ist ein eigenes konto einzurichten,<br />
ein kontobuch zu führen und dem gericht nach<br />
ablauf eines jeden Verwaltungsjahrs sowie am<br />
ende der Verwaltung rechnung zu legen.<br />
als abrechnungszeitraum gibt das gesetz das<br />
kalenderjahr vor. eine konsequente anwendung<br />
dieser regelung würde allerdings dazu<br />
führen, dass zu beginn eines jeden Jahres für<br />
alle anhängigen Zwangsverwaltungen die<br />
Jahresrechnungen vom Verwalter vorgelegt<br />
und durch das Vollstreckungsgericht geprüft<br />
werden müssten. aus diesem grund machen<br />
viele gerichte von der Möglichkeit gebrauch,<br />
einen abweichenden rechnungszeitraum festzulegen.<br />
Üblicherweise erfolgt in der Praxis die<br />
abrechnung nach Verwaltungsjahren. das erste<br />
rechnungsjahr beginnt mit dem tag der Verfahrensanordnung<br />
und endet ein Jahr später,<br />
der letzte rechnungsabschnitt mit der aufhebung<br />
des Verfahrens.<br />
ist die Verwaltertätigkeit abgeschlossen, also<br />
die abwicklung der Verwaltung mit auszahlung<br />
des restkassenbestands erfolgt, hat der<br />
Verwalter dem Gericht eine Endabrechnung<br />
einzureichen. diese erstreckt sich auf den Zeitraum<br />
seit der aufhebung des Verfahrens bis zur<br />
auszahlung des restkassenbestands und ist<br />
durch einen nullstellungsbeleg für das konto<br />
zu ergänzen.<br />
endet eine Zwangsverwaltung dadurch, dass<br />
in einem parallel laufenden Zwangsversteigerungsverfahren<br />
der Zuschlag erteilt wurde,<br />
dann führt der Zwangsverwalter die Verwaltung<br />
für die rechnung des erstehers weiter.<br />
die dazugehörigen einnahmen und ausgaben<br />
muss der Verwalter mit dem ersteher abrechnen.<br />
eventuelle Überschüsse aus diesem Zeitraum<br />
sind an den neuen eigentümer auszuzahlen.<br />
sie stehen nicht zur befriedigung der<br />
gläubiger zur Verfügung.<br />
2. Prüfung der Rechnungslegung durch<br />
das Vollstreckungsgericht<br />
bei allen abrechnungen ist eine aufstellung<br />
sowohl der zu erwartenden als auch der tatsächlich<br />
erzielten einnahmen sowie der ausgaben<br />
mit den dazugehörigen belegen einzureichen.<br />
die vorgelegte abrechnung wird vom<br />
Vollstreckungsgericht rechnerisch und sachlich<br />
geprüft. Mit Hilfe dieser Überprüfung soll<br />
festgestellt werden, ob der Zwangsverwalter<br />
seiner Verpflichtung nachgekommen ist, alle<br />
beschlagnahmten ansprüche zur Masse zu<br />
ziehen. V. a. im Hinblick auf die Mieten ist dies<br />
von bedeutung.<br />
durch den eintritt in die bestehenden Miet<br />
oder Pachtverträge erlangt der Verwalter die<br />
Befugnis und gleichzeitige Verpflichtung,<br />
alle daraus resultierenden ansprüche geltend<br />
zu machen. er ist „aktiv legitimiert“. d. h.<br />
er ist nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet,<br />
nicht gezahlte Mieten gerichtlich<br />
einzuklagen.<br />
rückständige Mieten aus der Zeit bis zu einem<br />
Jahr vor dem beschlagnahmezeitpunkt fallen<br />
ebenfalls in die Zwangsverwaltungsmasse. sollten<br />
offene Mietforderungen bestehen, hat der<br />
Verwalter die rechtsverfolgung zeitnah einzuleiten.<br />
es ist weder für das Vollstreckungsgericht<br />
noch für den gläubiger akzeptabel, dass<br />
ein Zwangsverwalter in einem rechnungsjahr<br />
weniger als zwölf Monatsmieten einnimmt,<br />
ohne dafür eine stichhaltige begründung zu<br />
liefern oder die gerichtliche geltendmachung<br />
der säumigen Mieten nachzuweisen.<br />
3. Kontrolle der <strong>Ausgabe</strong>n<br />
Hinsichtlich der ausgaben ist v. a. ein augenmerk<br />
darauf zu richten, wofür die eingenom
menen gelder verwendet wurden. die sog.<br />
„<strong>Ausgabe</strong>n der Verwaltung“ und die Verfahrenskosten<br />
können vom Zwangsverwalter<br />
ohne gerichtliche anordnung beglichen<br />
werden. Weitere Zahlungen an die gläubiger<br />
darf er allerdings erst nach der aufstellung<br />
eines teilungsplans durch das gericht leisten.<br />
Zu den Verwaltungskosten gehören die<br />
kosten für die instandhaltung der Liegenschaft,<br />
Versicherungsprämien, Löhne für bedienstete,<br />
die Vergütung des Zwangsverwalters, Wohngeldforderungen<br />
und die öffentlichen grundstückslasten<br />
3 sowie die gerichtskosten für die<br />
durchführung des Verfahrens.<br />
Hinsichtlich der ausgaben sollte der gläubiger<br />
darauf achten, ob der Zwangsverwalter nicht zu<br />
großzügig ist, wenn es um die instandhaltung<br />
des objekts geht. er ist zwar zur Bestandserhaltung<br />
verpflichtet, allerdings sind wertsteigernde<br />
investitionen im rahmen einer Zwangsverwaltung<br />
normalerweise nicht angebracht.<br />
sie schmälern die Masse und damit letztendlich<br />
die Überschüsse für den gläubiger. dasselbe<br />
gilt für Forderungen anderer gläubiger,<br />
die nicht den beschlagnahmezeitraum betreffen,<br />
wie z. b. rückständige Wohngelder und<br />
öffentliche grundstückslasten. sie sind vom<br />
schuldner zu tragen und nicht aus der Masse<br />
zu begleichen.<br />
4. Hohe Kassenbestände<br />
gelegentlich kommt es vor, dass der Zwangsverwalter<br />
hohe geldbestände auf dem konto<br />
hortet. sicherlich ist es sinnvoll, eine gewisse<br />
rücklage für vorhersehbare und unvorhersehbare<br />
ausgaben zu bilden. diese sollte aber<br />
nicht zu hoch sein, denn eine Zwangsverwaltung<br />
dient neben der bestandserhaltung des<br />
objekts auch der gläubigerbefriedigung und<br />
deshalb sind bei hinreichendem kassenbestand<br />
unbedingt auszahlungen an den gläubiger<br />
vorzunehmen. ggf. sollte der gläubiger<br />
vom Zwangsverwalter Zahlungen auf den teilungsplan<br />
verlangen.<br />
im Fall unvorhersehbarer <strong>Ausgabe</strong>n, die<br />
nicht aus dem kassenbestand gedeckt werden<br />
können, hat der Zwangsverwalter ohnehin die<br />
Möglichkeit, einen Vorschuss zur Deckung<br />
der anstehenden Kosten beim gläubiger<br />
anzufordern.<br />
5. Prüfungsmöglichkeit des Gläubigers<br />
eine kopie der abrechnung wird nach der Prüfung<br />
durch den rechtspfleger sowohl an den<br />
gläubiger als auch an den schuldner übersandt.<br />
dadurch wird dem gläubiger seinerseits<br />
die Möglichkeit zur Überprüfung der Einnahmen<br />
und <strong>Ausgabe</strong>n gegeben. diese Chance<br />
sollte er unbedingt nutzen und im Zweifelsfall<br />
beim Zwangsverwalter oder beim gericht<br />
nachfragen und um Aufklärung unklarer Kontobewegungen<br />
bitten.<br />
außerdem geben die meisten Vollstreckungsgerichte<br />
die Möglichkeit, alle vom Zwangsverwalter<br />
eingereichten belege einzusehen. eine<br />
gesetzliche Verpflichtung besteht dazu nicht.<br />
die einsichtsmöglichkeit gilt lediglich für einen<br />
beschränkten Zeitraum. spätestens einen<br />
Monat nach Prüfung der abrechnung, werden<br />
die belege vom Vollstreckungsgericht an den<br />
Zwangsverwalter zurückgesandt. im büro des<br />
Zwangsverwalters hat der gläubiger keinerlei<br />
einsichtsrecht.<br />
IV. Aufsicht durch das Gericht und<br />
Zwangsmittel<br />
1. Weisungen durch das Vollstreckungsgericht<br />
bei aller selbständigkeit, die dem Zwangsverwalter<br />
im rahmen seiner amtsführung zugestanden<br />
wird, verlangt das gesetz eine Aufsicht<br />
durch das Vollstreckungsgericht. im<br />
interesse der beteiligten hat es die amtsführung<br />
des Verwalters im Hinblick auf die rechtmäßigkeit<br />
seines Vorgehens zu überwachen.<br />
diese aufsichtspflicht bezieht sich auf das<br />
gesamte Spektrum der Aufgaben eines<br />
Verwalters. umgesetzt wird sie in erster Linie<br />
durch die anforderung von sachstandsberichten,<br />
Prüfung der Jahres oder schlussrechnung<br />
sowie regelmäßige geschäftsprüfungen<br />
im büro des Verwalters.<br />
Falls ein begründeter anlass besteht, können<br />
unvermutete Prüfungen durchgeführt<br />
werden. dabei sollte das gericht auch auf<br />
anregungen des gläubigers reagieren. stellt<br />
es fest, dass der Verwalter seine geschäfte<br />
nicht pflichtgemäß wahrnimmt, muss es<br />
anweisungen für die geschäftsführung ertei<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Durch den Eintritt<br />
in die bestehenden<br />
Miet- oder<br />
Pachtverträge erlangt<br />
der Verwalter die<br />
Befugnis und gleichzeitige<br />
Verpflichtung,<br />
alle daraus resultierenden<br />
Ansprüche<br />
geltend zu machen. «<br />
3 bgH, beschl. v. 15.10.2009, V Zb 43/09; rpfleger<br />
<strong>2010</strong> s. 35.<br />
251
eitrag<br />
» Falls ein Zwangsverwalter<br />
seine Aufgaben<br />
nicht ohne<br />
Zwang ordnungsgemäß<br />
wahrnimmt,<br />
ist ein Austausch<br />
sinnvoller als ständigeZwangsgeldverfahren<br />
zur Durchsetzung<br />
der gesetzlichen<br />
Verpflichtungen. «<br />
252<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
len und die umsetzung überwachen. durchgesetzt<br />
werden solche Weisungen mit Hilfe des<br />
Zwangsgeldverfahrens.<br />
2. Zwangsgeldverfahren<br />
dazu ist dem Zwangsverwalter zunächst für<br />
den Fall der nichterledigung einer erteilten<br />
Weisung die Festsetzung von Zwangsgeld<br />
anzudrohen. nach androhung und ergebnislosem<br />
Fristablauf wird das Zwangsgeld i. H. v.<br />
fünf euro bis 1.000 € festgesetzt. das Zwangsgeld<br />
soll dazu dienen, die ausführung der<br />
erteilten Weisung durchzusetzen. es hat nicht<br />
den Charakter einer geldstrafe. der Zwangsverwalter<br />
muss es aus seinem Privatvermögen<br />
und nicht etwa aus der Zwangsverwaltungsmasse<br />
bezahlen.<br />
nach der rechtskraft des Zwangsgeldbeschlusses<br />
wird der Verwalter zur Zahlung aufgefordert.<br />
ggf. erfolgt dann die Zwangsvollstreckung<br />
nach den Vorschriften der Justizbeitreibungsordnung<br />
zu gunsten der gerichtskasse.<br />
bleibt der Verwalter weiterhin untätig, kann<br />
aus demselben grund ein weiteres, zweckmäßigerweise<br />
höheres, Zwangsgeld festgesetzt<br />
werden.<br />
begeht der Verwalter besonders schwerwiegende<br />
Pflichtverletzungen, hat das gericht<br />
jederzeit die Möglichkeit, den Verwalter<br />
abzuberufen und einen neuen Zwangsverwalter<br />
einzusetzen. in betracht kommt das z. b.,<br />
wenn er gelder veruntreut oder die Verwaltertätigkeit<br />
ganz einstellt.<br />
selbst bei „leichten“ Verstößen oder Versäumnissen<br />
ist eine abberufung die beste Lösung.<br />
denn falls ein Zwangsverwalter seine aufgaben<br />
nicht ohne Zwang ordnungsgemäß wahrnimmt,<br />
ist ein austausch sinnvoller als ständige<br />
Zwangsgeldverfahren zur durchsetzung der<br />
gesetzlichen Verpflichtungen.<br />
V. Verhältnis Gläubiger – Zwangsverwalter<br />
ein unmittelbares verfahrensrechtliches Verhältnis<br />
zwischen gläubiger und Zwangsverwalter<br />
besteht nicht. so ist eine Auskunftsverpflichtung<br />
seitens des Zwangsverwalters<br />
nur gegenüber dem gericht gesetzlich normiert<br />
und nicht gegenüber dem gläubiger<br />
(§ 16 ZwVwV).<br />
dennoch hat der gläubiger als „Herr des Verfahrens“<br />
die Möglichkeit, das Vorgehen des<br />
Verwalters zu beeinflussen. Zwar handelt der<br />
Verwalter bei der ausübung seiner tätigkeit<br />
im rahmen der gesetzlichen Vorgaben selbständig.<br />
er ist jedoch dabei an Weisungen des<br />
gerichts gebunden. solche Weisungen ergehen<br />
u. a. auf anregung des gläubigers. sie<br />
können dazu dienen, die Zwangsverwaltung<br />
i. S. d. Gläubigers zu gestalten, soweit dies<br />
im rahmen der gesetzlichen Vorgaben möglich<br />
und zulässig ist. allerdings können sie nicht<br />
dazu verwendet werden, den Zwangsverwalter<br />
mit verfahrensfremden tätigkeiten, wie der<br />
durchführung von Wohnungsbesichtigungen<br />
für bietinteressenten, zu beauftragen.<br />
erfolgreich ist der gläubiger bei der durchsetzung<br />
seiner Verfahrensziele auch dann, wenn<br />
er mit dem Verwalter persönlich kontakt hält<br />
und seine Vorstellungen vom Verfahrensablauf<br />
kundtut. denn nur soweit der Verwalter<br />
die interessen des gläubigers kennt, kann er<br />
die Zwangsverwaltung unter deren beachtung<br />
gestalten. dazu sollte klar sein, ob der gläubiger<br />
durch die Verwaltung möglichst hohe<br />
erträge erzielen will, oder lediglich Zugriff<br />
auf das objekt bekommen möchte, um die<br />
Verwertung in der Zwangsversteigerung zu<br />
sichern. in einem solchen Fall kann möglicherweise<br />
erreicht werden, dass der Verwalter<br />
von seinem grundsätzlichen Bemühen<br />
um Vermietung des Objekts Abstand<br />
nimmt. insbesondere wenn der Zwangsversteigerungstermin<br />
in kürze ansteht, ist das<br />
für den gläubiger wünschenswert. bei unvermieteten<br />
Liegenschaften wird nämlich meistens<br />
ein besseres Versteigerungsergebnis<br />
erzielt.<br />
setzt das gericht die Vorstellungen des gläubigers<br />
nicht in Weisungen um, kann der Zwangsverwalter<br />
nicht unmittelbar zur gestaltung<br />
des Verfahrens i. s. d. gläubigers gezwungen<br />
werden. da jedoch als Konsequenz die<br />
Antragsrücknahme durch den Gläubiger und<br />
somit die beendigung des amts droht, ist der<br />
Verwalter wegen der „gesicherten Vergütung“<br />
oftmals bereit, die Vorstellungen des gläubigers<br />
zu berücksichtigen.
VI. Fazit<br />
in erster Linie liegen die vom gesetzgeber vorgesehenen<br />
kontrollmöglichkeiten bezüglich<br />
des Zwangsverwalters in der Hand des Vollstreckungsgerichts.<br />
ihm stehen die vorstehend<br />
genannten, umfangreichen instrumente zur<br />
Verfügung. dagegen sind die unmittelbaren<br />
Möglichkeiten des gläubigers eher bescheiden.<br />
die gesetzlich normierte Aufsichtsverpflichtung<br />
sollte die Vollstreckungsgerichte veranlassen,<br />
sorgfältige Überprüfungen vorzunehmen,<br />
zumal bei Pflichtverletzungen des Vollstreckungsgerichts<br />
regressansprüche von gläubiger<br />
und schuldnerseite drohen.<br />
dennoch sollte der gläubiger nicht blind auf<br />
die arbeit des Vollstreckungsgerichts vertrauen,<br />
sondern stattdessen selbst ein waches<br />
auge auf die tätigkeiten des Zwangsverwalters<br />
haben.<br />
PrAxiStiPPS<br />
die vom Zwangsverwalter eingereichte Jahresrechnung<br />
gehört zur Pflichtlektüre des gläubigers.<br />
auf diesem Weg lässt sich gut erkennen,<br />
ob der Zwangsverwalter seinen aufgaben hinsichtlich<br />
der bestandserhaltung und geltendmachung<br />
der grundstückserträge nachkommt.<br />
ist das nicht der Fall, kann über das Vollstreckungsgericht<br />
erreicht werden, dass der<br />
Zwangsverwalter mit Weisungen ausgestattet,<br />
mit Zwangsgeld belegt oder gar seines amts<br />
enthoben wird.<br />
eine Zwangsverwaltung, die für den gläubiger<br />
unrentabel ist, weil sie nicht den erwarteten<br />
erfolg bringt, kann er jederzeit durch rücknahme<br />
des antrags beenden. darauf sollte der<br />
Zwangsverwalter vorab aufmerksam gemacht<br />
werden. er verliert durch die aufhebung des<br />
Verfahrens eine einnahmequelle und wird<br />
u. u. versuchen, dies durch eine zweckentsprechende<br />
Verfahrensgestaltung abzuwenden. £<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Soweit der Verwalter<br />
die Interessen<br />
des Gläubigers<br />
kennt, kann er die<br />
Zwangsverwaltung<br />
unter deren Beachtung<br />
gestalten. «<br />
die unmittelbaren kontrollmöglichkeiten des gläubigers bezüglich der geschäftsführung des Zwangsverwalters liegen<br />
in erster Linie in den Händen des Vollstreckungsgerichts. die des gläubigers sind gering, aber sie sind vorhanden und<br />
sollten konsequent genutzt werden.<br />
durch Überprüfung der jährlichen abrechnung des Zwangsverwalters erlangt der gläubiger aufschluss über die einnahmen<br />
und ausgaben.<br />
dabei sollte darauf geachtet werden, dass der Zwangsverwalter alle erzielbaren einnahmen sowie auch rückständige<br />
Mieten einzieht, keine unnötigen ausgaben tätigt und mögliche Zahlungen auf den teilungsplan leistet.<br />
einflussnahme des gläubigers kann über persönlichen kontakt, anregung von Weisungen durch das gericht oder schlimmstenfalls<br />
durch rücknahme des Zwangsverwaltungsantrags erfolgen.<br />
253
254<br />
beitrag<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />
Forderungsbeitreibung investor revision<br />
Mezzanineprogramme: Die Frage<br />
der Anschlussfi nanzierung<br />
die endfälligkeit von Mezzanineprogrammen wird zur Herausforderung und<br />
existenzfrage für mittelständische unternehmen.<br />
Autoren:<br />
Martin Völker,<br />
Geschäftsführer,<br />
WGZ Initiativkapital GmbH und<br />
Dr. Thorsten Möller,<br />
Senior Investmentmanager,<br />
WGZ Initiativkapital GmbH.<br />
» Der Mittelstand<br />
konnte durch eigenkapitalähnliche<br />
Mittel<br />
zu relativ günstigen<br />
Konditionen seine<br />
Bilanzrelationen<br />
analytisch verbessern.<br />
«<br />
1 Hb, sorge um die anschlussfinanzierung,<br />
30.04.2009; initiativbanking 03/2009, anschluss<br />
fi nden, s. 26 f.; Handelsblatt, Wenn Firmen nicht<br />
mehr fl üssig sind, 16.11.2009.<br />
2 Vgl. FaZ, totgesagte leben länger, 09.10.2009.<br />
I. Einleitung<br />
w Mit dem begriff Mezzaninekapital werden<br />
Finanzierungsformen bezeichnet, die sowohl<br />
Merkmale von eigenkapital als auch von<br />
Fremdkapital aufweisen. dazu zählen etwa<br />
stille beteiligungen, nachrangdarlehen und<br />
genussrechte. der Mezzaninegeber stellt die<br />
fi nanziellen Mittel meist für mind. fünf Jahre<br />
zur Verfügung, ohne dass hierfür sicherheiten<br />
gestellt werden müssen. durch die Vereinbarung<br />
eines rangrücktritts tritt der Mezzaninegeber<br />
mit seinen ansprüchen hinter die gläubiger<br />
des unternehmens zurück. so erhalten<br />
Mittelständler wirtschaftliches eigenkapital,<br />
ohne ihre gesellschafterstruktur verändern<br />
zu müssen, und können zugleich anfallende<br />
Zinsen i. d. r. steuerlich absetzen.<br />
bei Mezzaninekapital hat das mittelständische<br />
unternehmen grundsätzlich die Wahl zwischen<br />
individuellen Finanzierungslösungen und standardisierten<br />
Leistungsangeboten, wie sie etwa<br />
im rahmen von genussscheinprogrammen<br />
angeboten worden sind.<br />
ii. Risiko der Anschlussfinanzierung<br />
Mit über vier Mrd. € verbrieftem Mezzaninekapital<br />
wurden in den Jahren 2004 bis<br />
2007 mehr als 700 mittelständische unternehmen<br />
fi nanziert 1 . das dahinter stehende<br />
Finanzierungsinstrument der standardisierten<br />
Genussrechts- oder Nachrangdarlehensprogramme<br />
(im folgenden „Mezzanineprogramm“)<br />
wie etwa PrePs, equinotes, H.e.a.t.<br />
oder PuLs schien für alle beteiligten vorteilhaft<br />
zu sein. der Mittelstand konnte durch eigenkapitalähnliche<br />
Mittel zu relativ günstigen konditionen<br />
seine bilanzrelationen analytisch verbessern.<br />
die damals innovative refi nanzierung<br />
dieses Mezzaninekapitals am kapitalmarkt in<br />
Verbindung mit der aufteilung der Verbriefung<br />
auf anleihen mit verschiedenen risikoklassen,<br />
die nach dem „Wasserfallprinzip“ mit Zins und<br />
tilgung bedient werden, ermöglichte den<br />
investoren eine spezifi sche anlageentscheidung<br />
nach ihrer individuellen risiko/renditeneigung.<br />
die Arrangeure, meist banken oder<br />
Finanzdienstleister, übernahmen die identifi <br />
kation, ansprache, Prüfung und selektion der<br />
Portfoliounternehmen und erschlossen sich<br />
damit Provisionserträge bei gleichzeitiger ausplatzierung<br />
des risikos.<br />
seit dem Jahr 2008 konnte jedoch keines der<br />
geplanten Mezzanineprogramme mehr am<br />
kapitalmarkt platziert werden. nach den bisherigen<br />
ausfällen in den Portfolien früherer<br />
Programme ließen sich hierfür keine investoren<br />
mehr fi nden 2 . auch perspektivisch ist eine<br />
Neuaufl age aufgrund verschiedener struktureller<br />
defi zite der bisherigen Mezzanineprogramme<br />
(siehe iii.) als unwahrscheinlich<br />
anzusehen.<br />
Viele mittelständische Unternehmen beabsichtigten<br />
mit der aufnahme verbrieften Mezzaninekapitals<br />
ihr zukünftiges Wachstum zu<br />
fi nanzieren bzw. zu beschleunigen. Mit thesaurierten<br />
gewinnen aus dem realisierten Wachstum<br />
sollten die aufgenommenen Mittel später<br />
zurückgeführt werden. infolge der Finanz-<br />
und Wirtschaftskrise haben sich die ergebnissituation<br />
und die ratings vieler unternehmen<br />
verschlechtert, sodass sich die ursprüngliche<br />
Finanzstrategie nicht mehr umsetzen lässt.<br />
da nicht alle unternehmen die rückzahlung<br />
vollständig aus dem eigenen Cashfl ow leisten<br />
können, benötigen sie zumindest eine<br />
(teil-)Anschluss fi nanzierung. Mangels neuaufl<br />
age von Mezzanineprogrammen und der<br />
relativ hohen Volumina des aufgenommenen<br />
verbrieften Mezzaninekapitals im bereich von<br />
etwa drei bis 15 Mio. € je unternehmen in Verbindung<br />
mit dessen endfälligkeit in den Jahren
2011 bis 2014 wird die Frage der anschlussfinanzierung<br />
für viele betroffene unternehmen<br />
somit zur existenziellen Herausforderung.<br />
Mit zunehmender zeitlicher Nähe des<br />
Fälligkeitstermins ergibt sich ein weiteres<br />
Problem: das Mezzaninekapital wird bei einer<br />
restlaufzeit von unter einem Jahr bilanzanalytisch<br />
nicht mehr als wirtschaftliches Eigenkapital<br />
anerkannt. die reduzierte eigenkapitalquote<br />
kann sich zusätzlich negativ auf das<br />
rating und damit auf den Finanzierungsrahmen<br />
auswirken – die Mittel aus dem Mezzanineprogramm<br />
entwickeln sich somit aus sicht<br />
des unternehmens vom „allheilmittel“ zum<br />
„Klumpenrisiko“.<br />
iii. Strukturelle Defizite von<br />
Mezzanineprogrammen<br />
aus heutiger sicht weist die konzeption der bisherigen<br />
Mezzanineprogramme einige strukturelle<br />
defizite auf, die insgesamt gegen eine<br />
neuauflage sprechen:<br />
Abbildung 1: Fälligkeiten von Mezzanine-Programmen<br />
Quelle: impulse 02/<strong>2010</strong> s. 91.<br />
1. Asymmetrische ChanceRisikoVerteilung<br />
zugunsten der Arrangeure<br />
durch die Möglichkeit der vollständigen Ausplatzierung<br />
sämtlicher Finanzierungsrisiken<br />
an den kapitalmarkt gab es für die arrangeure<br />
einen konzeptionsbedingt geringeren anreiz,<br />
die Prüfung und selektion der potenziellen<br />
Portfoliounternehmen mit derselben sorgfalt<br />
vorzunehmen wie jene Mezzaninegeber, die<br />
das vermittelte Mezzaninekapital in die eigenen<br />
bücher nehmen 3 . so geben etwa die platzierten<br />
Volumina je unternehmen sowie die<br />
partiell sogar zu beobachtende Parallelvergabe<br />
von Mezzaninekapital durch verschiedene<br />
Programme an dasselbe unternehmen<br />
grund zu der annahme, dass „klassische“<br />
Finanzierungskriterien wie kapitaldienstfähigkeit<br />
und Verschuldungsgrad bei der Mittelvergabe<br />
eventuell nicht immer hinreichend<br />
beachtet worden sind.<br />
die Vergütung über erfolgsabhängige Vermittlungsprovisionen<br />
trug möglicherweise<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Mangels Neuauflage<br />
von Mezzanineprogrammen<br />
wird die<br />
Frage der Anschlussfinanzierung<br />
für viele<br />
betroffene Unternehmen<br />
zur existenziellen<br />
Herausforderung. «<br />
3 Partiell wird sogar die these vertreten, dass ab<br />
dem Jahr 20<strong>06</strong> nur noch „oberflächlich“ geprüft<br />
worden sei. Vgl. impulse 02/<strong>2010</strong> s. 88.<br />
255
256<br />
beitrag<br />
» VergangenheitsorientierteRatingverfahren<br />
trugen zu<br />
einer methodisch<br />
bedingten Unterschätzung<br />
der<br />
Ausfallrisiken bei. «<br />
4 Vgl. auch FinanCe 11/2008 s. 36.<br />
5 vgl. www.mezzaninebericht.de<br />
6 Vgl. auch FinanCe 11/2008 s. 36.<br />
7 Vgl. impulse 02/<strong>2010</strong> s. 88.<br />
8 Vgl. auch FinanCe 11/2008 s. 37.<br />
9 Vgl. auch Markt und Mittelstand, Mezzanine:<br />
das ende des verbrieften Hybridkapitals,<br />
01.12.2008. Vgl. auch Markt und Mittelstand,<br />
Mezzanine: das ende des verbrieften Hybridkapitals,<br />
01.12.2008.<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
ebenfalls dazu bei, dass die möglichst zügige<br />
Platzierung eines möglichst hohen Volumens<br />
mezzaniner Mittel für die arrangeure wohl<br />
mehr im Vordergrund stehen konnte als die<br />
Qualität der auf diese Weise selektierten unternehmen<br />
4 . Für eine aus investorensicht insgesamt<br />
unzureichende qualitative Auswahl<br />
von Portfoliounternehmen sprechen zumindest<br />
die bisherigen ausfälle der Mezzanineprogramme<br />
(bis dato ca. 14% des emissionsvolumens<br />
5 ). Zudem sind nach schätzungen bereits<br />
40% der nutzer von Mezzanineprogrammen<br />
nicht mehr als investmentgrade einzustufen 6 .<br />
2. Nicht risikoadäquate Konditionen<br />
der Mezzanineprogramme<br />
aus heutiger sicht sind die damaligen konditionen<br />
der Mezzanineprogramme als nicht risikoadäquat<br />
zu bezeichnen. Hierfür sind v. a. folgende<br />
gründe zu benennen:<br />
die refinanzierung der Mezzanineprogramme<br />
am kapitalmarkt bedeutete zugleich die Verlagerung<br />
sämtlicher ausfallrisiken auf die investoren,<br />
die diese aufgrund ihrer offenbar meist<br />
fehlenden oder zu geringen Erfahrung mit<br />
der Anlageklasse „Mezzanine“ nicht angemessen<br />
einschätzen konnten und sich daher<br />
mit nicht risikoadäquaten renditen zufrieden<br />
gaben.<br />
die relativ preiswert am kapitalmarkt eingeworbenen<br />
Mittel führten in Verbindung mit<br />
der hohen nachfrage nach „preisgünstigen<br />
eigenkapitalähnlichen Mitteln“ seitens der<br />
unternehmen zudem schnell zu einem Wettbewerb<br />
der verschiedenen Mezzanineprogramme,<br />
wodurch ein zusätzlicher konditionendruck<br />
entstand. so wurde etwa im Jahr<br />
20<strong>06</strong> verbrieftes Mezzaninekapital bereits für<br />
unter sieben Prozent angeboten 7 .<br />
schließlich haben auch die seitens der arrangeure<br />
verwendeten „statischen“, i. e. rein vergangenheitsorientierten,<br />
ratingverfahren zur<br />
bewertung der potenziellen Portfoliounternehmen<br />
zu einer methodisch bedingten Unterschätzung<br />
der Ausfallrisiken und der nicht<br />
risikoadäquaten konditionenpolitik beigetragen<br />
8 . Mit Mezzaninekapital werden meist strategische<br />
oder strukturelle Herausforderungen<br />
wie etwa die erschließung eines neuen<br />
geschäftsfelds, der Markteintritt ins ausland,<br />
eine unternehmensnachfolge oder ein gesellschafterwechsel<br />
finanziert. da rein vergangenheitsorientierte<br />
ratingmethoden implizit<br />
eine unveränderte Fortsetzung eines bereits<br />
bewährten geschäftsmodells unterstellen,<br />
werden sie dem „Strukturbruch“ (z. b. noch<br />
nicht einzuschätzende kompetenz des neuen<br />
Managements, unbekannter neuer Markt), der<br />
mit den vorgenannten Finanzierungsanlässen<br />
für Mezzaninekapital verbunden ist und dem<br />
daraus resultierenden zusätzlichen risiko, nicht<br />
gerecht. eine systematische unterschätzung<br />
der ausfallrisiken ist die zwangsläufige Folge.<br />
3. Unzureichende Risikostreuung in den<br />
Portfolien<br />
da die anreizsysteme für die arrangeure<br />
i. d. r. so ausgestaltet waren, dass sie vorrangig<br />
für den Platzierungserfolg vergütet wurden,<br />
wurden partiell sehr hohe Volumina an Mezzaninekapital<br />
je Portfoliounternehmen finanziert.<br />
die daraus resultierende Gesamtzahl an<br />
Unternehmen im Portfolio eines Mezzanineprogramms<br />
bei gegebenem Platzierungsvolumen<br />
war daher oftmals zu gering 9 . da die<br />
risikostreuung im Portfolio somit nicht hinreichend<br />
war, ergaben sich auch aus sicht der<br />
investoren zunehmend „Klumpenrisiken“, da<br />
der ausfall eines einzigen unternehmens im<br />
Portfolio einen relativ hohen prozentualen Verlust<br />
am gesamtportfolio bedeutete.<br />
insgesamt ist somit aufgrund der vorgenannten<br />
konzeptionellen defizite nicht zu erwarten,<br />
dass Mezzanineprogramme in dieser Form<br />
zukünftig wieder aufgelegt werden können.<br />
IV. Optionen zur Anschlussfinanzierung<br />
mit<br />
Eigenkapitalcharakter<br />
unternehmen mit verbrieftem Mezzaninekapital<br />
in der bilanz sollten im ersten schritt anstreben,<br />
ihren Free Cash-flow zu verbessern,<br />
indem sie etwa ihr Working Capital optimieren,<br />
nicht betriebsnotwendiges Vermögen veräußern<br />
oder saleandLeaseback für teile ihres<br />
anlagevermögens realisieren. im idealfall ließe<br />
sich soviel zusätzliche Liquidität generieren,<br />
dass eine vollständige rückführung des endfälligen<br />
Mezzaninekapitals hierdurch ermöglicht<br />
wird. es ist jedoch anzunehmen, dass eine
derartige Verbesserung des Cashflow nur einer<br />
Minderheit von unternehmen gelingen wird.<br />
grundsätzlich denkbar wäre auch ein Debt-to-<br />
Equity-Swap des verbrieften Mezzaninekapitals,<br />
i. e. dass die aufgenommenen nachrangigen<br />
darlehen oder genussrechte in anteile<br />
am betreffenden unternehmen gewandelt<br />
würden. die Machbarkeit dieser Lösung ist<br />
einerseits davon abhängig, ob die regularien<br />
des jeweiligen Mezzanineprogramms den<br />
swap überhaupt zulassen und ob der Mezzaninegeber<br />
dies anstrebt. andererseits muss auch<br />
der unternehmer sich fragen, ob er sich eine<br />
Zusammenarbeit mit seinem früheren Mezzaninegeber<br />
als Mitgesellschafter vorstellen kann<br />
oder nicht.<br />
Für die verbleibende anzahl an unternehmen<br />
stellt sich umso mehr die Frage der<br />
geeigneten Anschlussfinanzierung – v. a.<br />
nach alternativen Finanzierungslösungen mit<br />
eigenkapitalcharakter.<br />
auch wenn der durch die endfälligkeit des verbrieften<br />
Mezzaninekapitals entstehende bedarf<br />
für eine anschlussfinanzierung grundsätzlich<br />
über verschiedenste Finanzierungsinstrumente<br />
abgedeckt werden kann, so haben doch nur<br />
wenige Finanzierungsinstrumente ebenfalls<br />
eigenkapitalcharakter. dies sind v. a. individuelle<br />
Mezzaninefinanzierungen („wirtschaftliches<br />
Eigenkapital“), eine Kapitalerhöhung<br />
im bestehenden Gesellschafterkreis<br />
oder die Aufnahme eines neuen Gesellschafters<br />
(„bilanzielles Eigenkapital“).<br />
individuelle Mezzaninefinanzierungen verfügen<br />
im Vergleich zu verbrieftem Mezzaninekapital<br />
über spezifische Vorteile: die vertragliche<br />
Ausgestaltung kann wesentlich flexibler<br />
erfolgen. so ist die Laufzeit nicht vorgegeben,<br />
sondern kann etwa im bereich von fünf bis acht<br />
Jahren bedarfsgerecht festgelegt werden. der<br />
Kapitalabruf ist nicht nur in Form eines einmalbetrags,<br />
sondern auch in mehreren tranchen<br />
möglich. gleichermaßen muss eine individuelle<br />
Mezzaninefinanzierung nicht zwingend<br />
endfällig ausgestaltet werden, auch eine tilgung<br />
in tranchen ist denkbar.<br />
im ergebnis kann eine individuelle Mezzaninefinanzierung<br />
daher meist besser an die spezifische<br />
Situation des Eigenkapital suchenden<br />
Unternehmens angepasst werden, so<br />
dass gewährleistet ist, dass der jeweils bestehende<br />
eigenkapitalbedarf zum richtigen Zeitpunkt<br />
in der richtigen Höhe gedeckt wird und/<br />
oder investitionszyklen des unternehmens und<br />
Laufzeit der Mezzaninefinanzierung optimal<br />
aufeinander abgestimmt sind.<br />
eine weitere alternative besteht in der Zuführung<br />
bilanziellen eigenkapitals durch eine<br />
Kapitalerhöhung im bestehenden Gesellschafterkreis.<br />
sofern zusätzliches eigenkapital<br />
auf diese Weise nicht generiert werden<br />
kann, bietet sich die Aufnahme eines neuen<br />
Abbildung 2: Mezzaninekapital – individuell, flexibel und transparent<br />
Volumen<br />
Quelle: WgZ initiativkapital gmbH.<br />
Gestaltungsparameter einer individuellen Mezzaninefinanzierung<br />
Kapitalabruf Tilgungsmodus<br />
Individuelle<br />
Konditionenstruktur<br />
1 2 3 4 5 6 7 8<br />
Laufzeit (in Jahren)<br />
Anschlussfinanzierung<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Alternative Finanzierungslösungen<br />
mit Eigenkapitalcharakter<br />
sind v. a.<br />
individuelle Mezzaninefinanzierungen,<br />
eine Kapitalerhöhung<br />
im bestehenden<br />
Gesellschafterkreis<br />
oder die Aufnahme<br />
eines neuen Gesellschafters.<br />
«<br />
257
eitrag<br />
» Eine Alternative<br />
besteht in der Zuführung<br />
bilanziellen<br />
Eigenkapitals durch<br />
eine Kapital erhöhung<br />
im bestehenden<br />
Gesellschafterkreis. «<br />
PrAxiStiPPS<br />
Gesellschafters wie etwa eines strategischen<br />
Partners oder einer beteiligungsgesellschaft an.<br />
die aufnahme eines neuen gesellschafters<br />
oder eine individuelle Mezzaninefi nanzierung<br />
sind Handlungsoptionen für unternehmen,<br />
die über ein qualifi ziertes und erfahrenes<br />
Management sowie eine gute Marktpositionierung<br />
bzw. Alleinstellungsmerkmale<br />
verfügen. Während individuelle Mezzaninefi<br />
nanzierungen eher für unternehmen mit<br />
moderatem Wachstum und einer stabilen<br />
Ertragslage bzw. einem stabilem Cashfl<br />
ow geeignet sind, ist für die Aufnahme eines<br />
neuen Gesellschafters meist eine attraktive<br />
Zukunfts- / Wachstumsperspektive und eine<br />
klare Exit-Perspektive erforderlich – zumindest<br />
wenn es sich beim neuen gesellschafter<br />
um einen strategischen investor oder eine<br />
beteiligungsgesellschaft handelt.<br />
V. Fazit<br />
aufgrund der konzeptionellen defi zite bisheriger<br />
Mezzanineprogramme ist deren neuaufl<br />
age als unwahrscheinlich einzustufen.<br />
Zahlreiche mittelständische unternehmen<br />
stehen deshalb vor der Herausforderung der<br />
Anschlussfi nanzierung. alternative Finanzierungslösungen<br />
mit eigenkapitalcharakter sind<br />
v. a. individuelle Mezzaninefi nanzierungen,<br />
Kapitalerhöhungen und die Aufnahme eines<br />
neuen Gesellschafters.<br />
in jedem Fall sollten die betroff enen unternehmen<br />
ausreichend Zeit für die Suche<br />
nach einer passenden Anschlussfi nanzierung<br />
einplanen. Für auslaufende Mezzaninefi<br />
nanzierungen besteht also nicht erst ab 2011,<br />
sondern bereits heute konkreter Handlungsbedarf.<br />
£<br />
unternehmen, die die Herausforderung der endfälligkeit ihres verbrieften Mezzaninekapitals aus eigener kraft lösen<br />
möchten, sollten schnellstmöglich Maßnahmen zur Verbesserung ihres Free Cashflow ergreifen oder eine kapitalerhöhung<br />
im bestehenden gesellschafterkreis anstreben.<br />
alle anderen unternehmen sollten die Frage der anschlussfinanzierung zeitnah angehen. geeignete alternative Finanzierungslösungen<br />
mit eigenkapitalcharakter sind v. a. individuelle Mezzaninefinanzierungen und die aufnahme eines<br />
neuen gesellschafters (strategischer investor, beteiligungsgesellschaft).<br />
Ich repräsentiere<br />
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Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />
I. Einleitung<br />
Forderungsbeitreibung investor revision<br />
Verrechnung von Zahlungseingängen<br />
im Kontokorrent<br />
anfechtungsrisiken durch insolvenzverwalter und aufrechnungsmöglichkeiten<br />
durch die bank im insolvenzverfahren.<br />
w im Frühjahr 2007 kam es in den usa zu<br />
erheblichen Zahlungsausfällen auf sog. subprimekredite.<br />
im sommer 2007 lösten die<br />
Zahlungsausfälle die subprimekrise aus, die<br />
sich zur weltweit schwersten Finanz und Wirtschaftskrise<br />
seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt<br />
hat. das Problem von immensen Zahlungsausfällen<br />
ist aber nicht neu, wie zuweilen<br />
die Presse suggerieren mag, sondern bestand<br />
bereits weit vor der subprimekrise. aus den<br />
steigenden kreditausfällen resultierte u. a. der<br />
boomende Handel mit notleidenden krediten.<br />
nicht nur in den usa sondern auch in deutschland<br />
kam es bereits im Jahr 2004 zu spektakulären<br />
Milliardentransaktionen von non performing<br />
loans 2 . die rettung des Finanzinstituts<br />
Hypo real estate mit staatlicher Hilfe hat die<br />
Öff entlichkeit für das Problem und die tragweite<br />
von Zahlungsausfällen sensibilisiert.<br />
Hypo real estate und Fortis wären die größten<br />
Finanzkonzerne europas, die wegen der<br />
krise zusammenbrechen.<br />
Zuvor war bereits der britische Hypothekenfi <br />
nanzierer northern rock verstaatlicht worden.<br />
in den usa hatten mit bear stearns und<br />
Lehman brothers bereits zwei investmentbanken<br />
insolvenz anmelden müssen, zudem sind<br />
weitere 16 regionalbanken pleite. in schiefl age<br />
gerieten in deutschland bereits die sachsen Lb,<br />
die in der Landesbank badenWürttemberg<br />
aufgegangen ist, sowie die Mittelstandsbank<br />
ikb, die heute usFinanzinvestor Lone star<br />
gehört.<br />
angesichts der weltweiten Finanzkrise ist die<br />
aufmerksamkeit der banken sowohl bei bestehenden<br />
als auch bei neuen kreditengagements<br />
wieder ganz besonders darauf gerichtet,<br />
immense Zahlungsausfälle v. a. durch<br />
Über bewertung von sicherheiten, mangelnde<br />
sicherheiten oder fehlende insolvenzfestigkeit<br />
von sicherheiten zu vermeiden.<br />
beobachtet man die derzeitigen Meldungen<br />
der Fachpresse so hat es den anschein, dass<br />
ein wirtschaftlicher aufschwung eingeleitet ist.<br />
dieser wurde neben den staatlichen Förderprogrammen<br />
insbesondere auch durch die Vergabe<br />
von krediten bzw. die aufrechterhaltung<br />
der bestehenden kreditengagements durch die<br />
banken erreicht. insoweit ist eine noch strengere<br />
risikominimierung der neukreditvergabe<br />
angezeigt, insbesondere vor dem Hintergrund<br />
der möglichen insolvenz des kreditnehmers.<br />
denn in diesem Fall besteht für die bank das<br />
risiko, durch die insolvenzrechtliche anfechtung<br />
der sicherheiten und der kreditrückführungen<br />
im Vorfeld der insolvenz wieder erhebliche<br />
Zahlungsausfälle zu erleiden.<br />
dieser beitrag ist der dritte teil einer aufsatzreihe,<br />
die die insolvenzrechtlichen anfechtungsrisiken<br />
aus sicht der banken aufzeigt;<br />
denn ungeachtet des (angeblichen) wirtschaftlichen<br />
aufschwunges werden auch zukünftig<br />
insolvenzverfahren eingeleitet und die insolvenzfestigkeit<br />
von kreditsicherheiten bzw.<br />
von kreditrückführungen im Vorfeld der insolvenz<br />
durch den insolvenzverwalter geprüft<br />
werden.<br />
im Heft 2/<strong>2010</strong>, s. 86 ff ., wurden die allgemeinen<br />
Voraussetzungen der insolvenzrechtlichen<br />
anfechtung und deren Folgen dargestellt.<br />
der zweite teil der beitragsreihe umfasste in<br />
Heft 4/<strong>2010</strong>, s. 166 ff ., die anfechtungsrechtlichen<br />
risiken einer nachbesicherung von darlehen<br />
sowie die Handlungsalternativen der<br />
bank.<br />
dieser beitrag beschäftigt sich mit den Fragen<br />
der anfechtbarkeit von Verrechnungen im<br />
kontokorrent.<br />
Autoren:<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
Nicole Michel,<br />
Rechtsanwältin, standortübergreifende<br />
Geschäfts bereichsleiterin<br />
Bankrecht und Insolvenzrecht,<br />
Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner<br />
und<br />
Dr. Volker von Danckelmann,<br />
Rechtsanwalt, Insolvenzabteilung,<br />
Schneider, Geiwitz & Partner, Neu Ulm 1 .<br />
» Das Augenmerk<br />
der Banken<br />
ist darauf gerichtet,<br />
Zahlungsausfälle<br />
durch Überbewertung<br />
von Sicherheiten,<br />
mangelnde<br />
Sicherheiten oder fehlendeInsolvenzfestigkeit<br />
von Sicherheiten<br />
zu vermeiden. «<br />
1 die autoren danken Herrn rechtsanwalt Peter<br />
Höld von der kanzlei schneider, geiwitz &<br />
Partner für seine wertvollen anregungen und<br />
die kritische durchsicht des Manuskripts.<br />
2 Vgl. zum erwerb von Portfolios der Hypo real<br />
estate und der dresdner bank durch Lone star:<br />
Schalast, bkr 20<strong>06</strong>, 193.<br />
259
260<br />
beitrag<br />
» Mit Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens<br />
erlöschen der Girovertrag<br />
und die Kontokorrentabrede.<br />
«<br />
3 grundsatzentscheidung<br />
25.02.1999 – iX Zr 353/98.<br />
des bgH vom<br />
4 Schimansky, in Schimansky/Bunte/Lwowski, bankrechtsHandbuch,<br />
3. aufl. 2007, § 47 rn. 136a.<br />
5 Sprau, in Palandt, 59. aufl. <strong>2010</strong>, § 675 f rn. 11.<br />
6 Zur bedeutung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs<br />
vgl. den bericht der bundesregierung vom<br />
14.07.20<strong>06</strong>, btdrucks 16/2265 s. 3/4.<br />
7 Zu den unselbstständigen konkludenten<br />
nebenabreden vgl. Schimansky, in Schimansky/<br />
Bunte/Lwowski, bankrechtsHandbuch, 3. aufl.<br />
2007, § 47 rn. 7 f. m. w. n.<br />
8 Zum umfang der kontokorrentabrede vgl.<br />
Schimansky, in Schimansky/Bunte/Lwowski,<br />
bank rechtsHandbuch, 3. aufl. 2007, § 47 rn. 45.<br />
9 Hüffer, in Münchener kommentar bgb, § 781<br />
rn. 9; Ott/Vuia, in Münchener kommentar inso,<br />
§ 116 rn. 39.<br />
10 Zu den besonderheiten der kontokorrentbindung<br />
vgl. Schimansky, in Schimansky/ Bunte/<br />
Lwowski, bankrechtsHandbuch, 3. auf. 2007,<br />
§ 47 rn. 6976.<br />
11 Stapper/Jacobi, bb 2007 2017 ff.<br />
12 Hefermehl, in Münchener kommentar Hgb,<br />
§ 355 rn. 13; Ott/Vuia, in Münchener kommentar<br />
inso, § 116 rn. 39.<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
II. Anfechtbarkeit der Verrechnung<br />
von Zahlungseingängen im<br />
Kontokorrent<br />
die Verrechnung von Zahlungseingängen auf<br />
einem kontokorrentkonto mit einem debitorischen<br />
saldo bietet seit langem anlass für<br />
gerichtliche auseinandersetzungen 3 . denn<br />
durch die gutschrift von Zahlungseingängen<br />
kann der debetsaldo der bank durch Verrechnung<br />
zurückgeführt werden, worin die tilgung<br />
des darlehensrückzahlungsanspruches<br />
(oft vor kündigung und damit vor Fälligkeit)<br />
zu sehen ist. in der insolvenz des bankkunden<br />
prüft der insolvenzverwalter, ob diese Verrechnung<br />
gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 insO unzulässig<br />
ist. im Falle der rückführung des debetsaldos<br />
durch anfechtbare und damit unzulässige Verrechnungen<br />
hat der insolvenzverwalter einen<br />
Zahlungsanspruch gegen die bank.<br />
bei der Frage nach der anfechtbarkeit der aufrechnungslage<br />
ist insbesondere zu klären,<br />
wann die Verrechnung eine kongruente oder<br />
inkongruente deckung darstellt, wann die bank<br />
das bargeschäft einwenden kann und welche<br />
belastungsbuchungen beim bargeschäft überhaupt<br />
berücksichtigt werden dürfen.<br />
1. Grundlagen zum Girokonto als<br />
Periodenkontokorrent<br />
rechtsgrundlage für die teilnahme am bargeldlosen<br />
Zahlungsverkehr ist der Girovertrag<br />
4 , ein durch dienstvertragliche elemente<br />
geprägter entgeltlicher geschäftsbesorgungsvertrag<br />
(§ 675 bgb), der mit der einrichtung des<br />
girokontos abgeschlossen wird. es handelt sich<br />
beim girovertrag um einen besonderen Zahlungsdienstrahmenvertrag<br />
gem. § 675 f. abs. 2<br />
bgb 5 . der Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr<br />
ist inzwischen eine wesentliche<br />
Voraussetzung für die beteiligung am Wirtschaftsleben<br />
6 . ein unternehmen benötigt zur<br />
abwicklung des täglichen geschäfts ein bankkonto,<br />
über das vereinbarungsgemäß Zahlungsvorgänge<br />
zu seinen gunsten oder zu<br />
seinen Lasten verbucht werden. die bank hat<br />
danach für den kunden bestimmte geldeingänge<br />
entgegenzunehmen und gutzuschreiben<br />
sowie Überweisungen auf andere konten<br />
auszuführen, sofern das konto im guthaben<br />
geführt wird oder eine offene kredit linie<br />
besteht 7 .<br />
das girokonto wird i. d. r. als Kontokorrentkonto<br />
i. S. d. §§ 355 ff. HGB geführt, bei dem<br />
es sich zumeist um ein Periodenkontokorrent<br />
mit einer Verrechnung in regelmäßigen Zeitabschnitten<br />
handelt. dadurch besteht zwischen<br />
der bank und dem kunden eine kontokorrentbeziehung.<br />
rechtlich gesehen wird es sich<br />
regelmäßig um ein mehrstufiges rechtsverhältnis,<br />
bestehend aus einem girovertrag, der<br />
kontokorrentabrede und einem kreditvertrag in<br />
Form des kontokorrentkredits, handeln. durch<br />
die kontokorrentabrede 8 werden alle über das<br />
kontokorrentkonto abzuwickelnden Vorgänge<br />
bestandteil der laufenden rechnung.<br />
durch die kontokorrentrechtliche Wirkung verlieren<br />
die einzelnen ansprüche und Leistungen<br />
ihre rechtliche selbstständigkeit und werden zu<br />
bloßen rechnungsposten für die spätere Feststellung<br />
des saldos 9 . Hierdurch gehen sie nicht<br />
unter, dem kunden ist lediglich verwehrt, während<br />
der rechnungsperiode über die einzelnen<br />
Posten zu verfügen 10 .<br />
entsprechend § 355 abs. 1 Hgb erfolgt der ausgleich<br />
der beiderseitigen Forderungen und<br />
Leistungen in regelmäßigen Zeitabschnitten<br />
(vereinbarte abrechnungsperiode) durch Verrechnung<br />
und Feststellung des saldos. nach<br />
der antizipierten Verrechnungsvereinbarung<br />
vollzieht sich die Verrechnung automatisch.<br />
dadurch wird ein saldo geschaffen, und die<br />
beiderseitigen verrechnungsfähigen Forderungen<br />
und Leistungen werden getilgt, soweit sie<br />
sich betragsmäßig decken. ungeachtet der bindungswirkung<br />
der kontokorrentabrede und der<br />
dadurch erzielten Wirkung, dass über die einzelnen<br />
Posten nicht mehr verfügt werden kann, ist<br />
der kontoinhaber auch innerhalb der abrechnungsperiode<br />
berechtigt, die auszahlung von<br />
guthaben bzw. des vereinbarten kontokorrentkredits<br />
zu verlangen. die bank ist im gegenzug<br />
dazu berechtigt, den ausgleich vertragswidriger<br />
kontoüberziehungen zu fordern 11 .<br />
2. Auswirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
aus insolvenzrechtlicher sicht ist anerkannt,<br />
dass der girovertrag mit dem geschäftsbesorgungsvertrag<br />
gleichgestellt wird 12 . im Fall der<br />
eröffnung des insolvenzverfahrens hat dies zur<br />
Folge, dass der girovertrag gem. §§ 116 s. 1,<br />
115 s. 1 inso zum eröffnungszeitpunkt beendet
wird, wodurch auch die sich aus der kontokorrentabrede<br />
ergebenden Verpflichtungen erlöschen<br />
13 . die eröffnung des insolvenzverfahrens<br />
hat auch zur Folge, dass aufgrund der Wirkung<br />
des § 91 abs. 1 inso die in der kontokorrentabrede<br />
enthaltene antizipierte Verrechnung<br />
der in das kontokorrent einzustellenden beiderseitigen<br />
Forderungen ihre Wirksamkeit verliert,<br />
da ab eröffnung des insolvenzverfahrens<br />
keine rechte an gegenständen der insolvenzmasse<br />
erworben werden können 14 . Ferner ist<br />
die Verrechnung nach § 96 abs. 1 nr. 1 inso ausgeschlossen,<br />
wonach eine aufrechnung eines<br />
insolvenzgläubigers unzulässig ist, wenn er<br />
erst nach insolvenzveröffnung etwas zur Masse<br />
schuldig geworden ist.<br />
allerdings bleibt die antizipierte Verrechnung<br />
hinsichtlich der bis zur eröffnung des insolvenzverfahrens<br />
entstandenen und kontokorrentgebundenen<br />
Forderungen wirksam 15 und führt<br />
zu einer saldoforderung im Zeitpunkt der eröffnung<br />
des insolvenzverfahrens 16 .<br />
3. Anwendungsbereich der §§ 94 bis 96<br />
InsO<br />
Mit eröffnung des insolvenzverfahrens wird<br />
sich der insolvenzverwalter eingehend mit<br />
dem kontokorrentkonten des insolvenzschuldners<br />
beschäftigen. Zum einen wird er die Möglichkeit<br />
des Lastschriftwiderrufs prüfen 17 , zum<br />
anderen – im Fall des debitorisch geführten<br />
kontokorrentkontos – die Zulässigkeit der<br />
durchgeführten Verrechnungen.<br />
die §§ 95 und 96 inso 18 erfassen mit ausnahme<br />
der in § 96 abs. 1 nr. 3 inso getroffenen<br />
regelung nur nach Verfahrenseröffnung<br />
entstandene aufrechnungslagen. aufrechnungen<br />
in der Zeit vor eröffnung des Verfahrens<br />
werden ausschließlich durch die anfechtungsregeln<br />
eingeschränkt; aus § 394 bgb i. V. m. § 21<br />
abs. 2 nr. 2 und 3 inso lässt sich kein aufrechnungsverbot<br />
herleiten. Von den durch das<br />
insolvenz gericht erlassenen sicherungsmaßnahmen<br />
geht keine die aufrechnungsbefugnis<br />
einschränkende Wirkung aus.<br />
die §§ 94 bis 96 inso regeln die Frage, wann<br />
aufrechnungen unwirksam sind, abschließend.<br />
§ 96 abs. 1 nr. 3 inso erfasst die von einem<br />
künftigen insolvenzgläubiger vor eröffnung<br />
des insolvenzverfahrens abgegebenen aufrechnungserklärungen.<br />
Wurde die aufrechnungslage<br />
in anfechtbarer Weise geschaffen, so<br />
wird die aufrechnungserklärung mit der eröffnung<br />
rückwirkend unwirksam, mit der Folge,<br />
dass der verrechnete anspruch des insolvenzschuldners<br />
nicht erloschen ist und dem insolvenzverwalter<br />
insoweit ein Zahlungsanspruch<br />
zusteht. die nach eröffnung des Verfahrens<br />
erklärte aufrechnung ist wirkungslos.<br />
4. Unzulässige Verrechnung im<br />
kritischen Zeitraum<br />
Für die banken maßgeblich ist die Verrechnung<br />
von Zahlungseingängen auf dem kontokorrentkonto<br />
vor antragstellung, da in dieser<br />
Zeit i. d. r. der kontokorrentkreditvertrag und<br />
der girovertrag ungekündigt abgewickelt und<br />
die kreditlinien offen gehalten werden. durch<br />
die regelmäßigen Zahlungsaus und eingänge<br />
ist es oft dem Zufall überlassen, ob der kontokorrentkredit<br />
in der kritischen Zeit zurückgeführt<br />
wird und damit ein Zahlungsanspruch des<br />
insolvenzverwalters besteht.<br />
a) Verrechnung im Kontokorrent als Aufrechnung<br />
i. S. d. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO<br />
gem. § 96 abs. 1 nr. 3 inso sind aufrechnungen<br />
unzulässig, wenn ein insolvenzgläubiger<br />
die Möglichkeit der aufrechnung durch<br />
eine anfechtbare rechtshandlung erlangt hat.<br />
dieses aufrechnungsverbot hat den sinn und<br />
Zweck, jede konstellation zu umfassen, in der<br />
eine aufrechnungslage in anfechtbarer Weise<br />
erlangt wurde 19 . es erweitert dabei die Wirkung<br />
des durch die eröffnung eingetretenen aufrechnungsverbots<br />
und greift im gegensatz zu<br />
§§ 94, 95 inso unabhängig davon ein, ob zuerst<br />
die Haupt oder die gegenforderung entstanden<br />
ist 20 . es erstreckt sich dabei sowohl auf die<br />
gesetzlich eröffnete (einseitige) bzw. vertraglich<br />
vereinbarte aufrechnung als auch auf jede<br />
andere Form der Verrechnung von Forderungen<br />
und somit auch auf die Verrechnung im<br />
kontokorrentverhältnis 21 .<br />
b) Grundvoraussetzung des Aufrechnungsverbots<br />
grundvoraussetzung des auf bzw. Verrechnungsverbots<br />
nach § 96 abs. 1 nr. 3 inso ist,<br />
dass die aufrechnungslage in anfechtbarer<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Aufrechnungen<br />
in der Zeit vor<br />
Eröffnung des Verfahrens<br />
werden ausschließlich<br />
durch die<br />
Anfechtungsregeln<br />
eingeschränkt. «<br />
13 bgH, 13.11.1990 – Xi Zr 217/89.<br />
14 Ott/Vuia, in Münchener kommentar inso, § 116<br />
rn. 39; für den Fall der beendigung des girovertrags<br />
durch insolvenzeröffnung ist die bank<br />
weiterhin befugt, noch eingehende Überweisungsbeträge<br />
für den schuldner entgegenzunehmen,<br />
wobei es sich hier um eine insolvenzrechtliche<br />
besonderheit handelt; außerhalb<br />
der insolvenz ist die bank bei beendigung des<br />
girovertrags nicht ohne Weiteres berechtigt, ein<br />
sog. abwicklungskonto einzurichten, auf dem<br />
noch eingehende Zahlungen verbucht werden:<br />
bgH, 21.03.1995 – Xi Zr 189/94; bgH, 05.12.20<strong>06</strong><br />
– Xi Zr 21/<strong>06</strong>; Schimansky, in Schimansky/Bunte/<br />
Lwowski, bankrechtsHandbuch, 3. aufl. 2007,<br />
§ 47 rn. 36a.<br />
15 bgH, 07.12.1977 – Viii Zr 164/76.<br />
16 Ott/Vuia, in Münchener kommentar inso, § 116<br />
rn. 39 m. w. n.<br />
17 dazu jetzt bgH, 20.07.<strong>2010</strong> – Xi Zr 236/07.<br />
18 Lesenswert zu § 95 und § 96 abs. 1 nr. 1 inso:<br />
Fischer, WM 2008 s. 2 f.<br />
19 Jacoby, in Hamburger kommentar zur inso, § 96<br />
rn. 9.<br />
20 bgH, 14.<strong>06</strong>.2007 – iX Zr 56/<strong>06</strong>.<br />
21 bgH, 17.07.2008 – iX Zr 148/07; bgH, 12.07.2007<br />
– iX Zr 120/04.<br />
261
eitrag<br />
» Die Anfechtung<br />
der Verrechnung von<br />
Zahlungseingängen<br />
auf einem debitorisch<br />
geführten Konto<br />
scheidet aus, wenn der<br />
Bank eine insolvenzfeste<br />
Globalzession<br />
gewährt wurde. «<br />
22 bgH, 26.<strong>06</strong>.2008 – iX Zr 47/05.<br />
23 bgH, 29.<strong>06</strong>.2004 – iX Zr 195/03.<br />
24 Zur gläubigerbenachteiligung allgemein:<br />
Michel/von Danckelmann, FP <strong>2010</strong> s. 87.<br />
25 Stapper/ Jacobi, bb 2007 s. 2017 ff., 2021.<br />
26 Jacoby, in Hamburger kommentar zur inso, § 96<br />
262<br />
rn. 14.<br />
27 Vgl. zur anfechtbarkeit der globalzession:<br />
Wuschek, FP 2009 s. 17 f.<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
Weise erlangt wurde; hierdurch wird auf die<br />
insolvenzrechtlichen anfechtungsregelungen<br />
der §§ 129 ff. inso bezug genommen wird. die<br />
anfechtbarkeit der begründung der aufrechnungslage<br />
muss im rahmen des § 96 abs. 1<br />
nr. 3 inso inzident geprüft werden, wodurch<br />
§ 96 abs. 1 nr. 3 inso zu einer engen Verknüpfung<br />
von aufrechnungs und anfechtungsrecht<br />
führt. dabei ist die Prüfung der anfechtbarkeit<br />
allein auf die Wirkung der anzufechtenden<br />
rechtshandlung beschränkt, welche die aufrechnungslage<br />
begründet. die aufrechnungserklärung<br />
selbst spielt in diesem Zusammenhang<br />
keine rolle. es müssen somit im Hinblick<br />
auf die aufrechnungslage die allgemeinen<br />
anfechtungsvoraussetzungen des § 129 inso<br />
sowie die besonderen anfechtungsvoraussetzungen<br />
der §§ 130 bis 137 inso vorliegen.<br />
der maßgebliche Zeitpunkt für die ermittlung<br />
der anfechtungsrelevanten rechtshandlung<br />
bestimmt sich nach § 140 abs. 1 inso. danach<br />
ist entscheidend, wann die aufrechnungslage<br />
gem. §§ 387 ff. bgb und somit das gegenseitigkeitsverhältnis<br />
begründet worden ist 22 . unerheblich<br />
ist dabei, ob die Forderung des kunden<br />
oder diejenige der bank früher entstanden oder<br />
fällig geworden ist 23 .<br />
c) Anfechtungsvoraussetzungen der Verrechnung<br />
im Kontokorrent<br />
die unwirksamkeit der durch die bank vorgenommenen<br />
Verrechnungen aufgrund der kontokorrentvereinbarung<br />
nach § 96 abs. 1 nr. 3<br />
inso i. V. m. §§ 129 ff. inso richtet sich nach den<br />
allgemeinen Prüfungsvoraussetzungen. der<br />
insolvenzverwalter wird in diesem Zusammenhang<br />
seine Prüfung auf den Zeitraum innerhalb<br />
von drei Monaten vor stellung des insolvenzantrages<br />
beschränken, da nur hier regelmäßig<br />
erfolgsaussichten bestehen. er hat sich in diesem<br />
Zusammenhang insbesondere mit den tatbestandsmerkmalen<br />
der gläubigerbenachteiligung,<br />
der einstufung als kongruente und inkongruente<br />
deckungshandlung und mit der Frage<br />
des bargeschäftseinwandes zu beschäftigen.<br />
der insolvenzverwalter prüft dabei Folgendes:<br />
ist der kontokorrentkreditvertrag der bank<br />
besichert?<br />
besteht zu gunsten der bank eine globalzession?<br />
ist die globalzession bzw. die entstehung<br />
bzw. Werthaltigmachung der zedierten Forderungen<br />
anfechtbar?<br />
Liegt eine rückführung des debetsaldos<br />
durch Verrechnung von Zahlungseingängen<br />
im ein bzw. dreimonatszeitraum vor?<br />
War die kreditlinie zum Zeitpunkt der Verrechnungen<br />
bereits gekündigt oder wurde<br />
die kreditlinie offen gehalten?<br />
Liegt ein bargeschäft vor?<br />
aa) objektive gläubigerbenachteiligung<br />
gem. § 129 inso<br />
Wie bei jeder anfechtung muss die rückführung<br />
des debetsaldos durch die Verrechnung<br />
von Zahlungseingängen auf dem kontokorrentkonto<br />
zu einer objektiven gläubigerbenachteiligung<br />
führen 24 . eine solche liegt nach wirtschaftlicher<br />
betrachtungsweise dann vor, wenn sich<br />
die Verbindlichkeiten des insolvenzschuldners<br />
erhöhen oder sich das aktivvermögen verringert.<br />
im Fall der auf bzw. Verrechnung ist dies<br />
dem grunde nach immer gegeben, da der insolvenzverwalter<br />
die gegen den insolvenzgläubiger<br />
gerichtete Hauptforderung nicht zur Masse<br />
ziehen kann 25 , da die Forderungen des insolvenzschuldners<br />
(anspruch aus der gutschrift)<br />
durch die Verrechnung erlischt. die insolvenzmasse<br />
erspart nicht den nominalbetrag der<br />
verrechneten gegenforderung, sondern nur<br />
die Quote für diese Forderung 26 .<br />
an der gläubigerbenachteiligung fehlt es<br />
jedoch, wenn der bank als sicherheit für den<br />
kontokorrentkredit eine globalzession gewährt<br />
wurde und diese bzw. die entstehung bzw.<br />
Werthaltigmachung der Forderung gegen den<br />
drittschuldner insolvenzfest ist 27 . denn steht<br />
der bank an dem verrechneten Zahlungseingang<br />
(Forderung des insolvenzschuldners<br />
gegen einen dritten) ein insolvenzfestes sicherungsrecht<br />
zu, führt auch die Verrechnung der<br />
debitorischen salden mit Zahlungseingängen<br />
nicht zu einer gläubigerbenachteiligung.<br />
Zwar erlischt die zedierte Forderung gegen den<br />
dritten mit dem eingang auf dem konto der<br />
bank; gleichzeitig entsteht aber zu gunsten der<br />
bank am Herausgabeanspruch des kunden das<br />
Pfandrecht gem. nr. 14 abs. 1 agbbanken.<br />
diese entstehung des agbPfandrechts stellt<br />
nach der bgHrechtsprechung eine inkongruente<br />
deckung dar. es fehlt aber im Falle einer
insolvenzfesten Zession bei der entstehung des<br />
agbPfandrechts an der objektiven gläubigerbenachteiligung,<br />
da eine geschlossene Sicherheitenkette<br />
gegeben ist. Zunächst steht der<br />
bank die Forderung gegen den drittschuldner<br />
im rahmen der globalzession zu. Mit Zahlungseingang<br />
auf dem kontokorrentkonto und<br />
erlöschen der Forderung entsteht aber gleichzeitig<br />
ohne sicherheitenlücke das agbPfandrecht<br />
am Herausgabeanspruch des kunden.<br />
damit hat die dinglich berechtigte bank 28 die<br />
ihr selbst zustehenden Forderungen mit dem<br />
debetsaldo verrechnet, so dass es an der objektiven<br />
gläubigerbenachteiligung fehlt.<br />
steht der verrechnenden bank demgegenüber<br />
keine globalzession zu bzw. ist diese anfechtbar,<br />
kann die anfechtbarkeit der Verrechnung der<br />
Zahlungseingänge mit dem debetsaldo nicht<br />
mit dem Hinweis auf das agbPfandrecht abgewehrt<br />
werden. Zwar ist dieses Pfandrecht i. d. r.<br />
außerhalb der anfechtungsfristen vereinbart<br />
worden. das Pfandrecht entsteht aber erst in<br />
dem Zeitpunkt, in dem die verpfändete Forderung<br />
entsteht. das agbPfandrecht entsteht am<br />
Herausgabeanspruch des kunden. dieser Herausgabeanspruch<br />
wiederum entsteht mit dem<br />
eingang der Zahlung durch den drittschuldner.<br />
nach der rechtsprechung des bgH handelt es<br />
sich bei der entstehung des agbPfandrechts<br />
in der kritischen Zeit um eine inkongruente<br />
deckung 29 ; sie unterliegt damit selbst der<br />
erleichterten anfechtung gem. § 131 inso.<br />
bb) Zeitpunkt der Verrechnung<br />
aus der sicht des insolvenzverwalters ist auch<br />
der Zeitpunkt der entstehung der Verrechnungslage<br />
von bedeutung. Liegt dieser außerhalb<br />
des dreimonatszeitraums vor stellung des<br />
insolvenzantrages, so scheidet eine anfechtung<br />
nach § 133 inso aus, da bereits in aller<br />
regel eine rechtshandlung des schuldners<br />
fehlen wird. erfolgt die Verrechnung innerhalb<br />
des dreimonatszeitraums so prüft der insolvenzverwalter<br />
die Verrechnung anhand der<br />
deckungsanfechtungstatbestände von § 130<br />
inso und § 131 inso.<br />
cc) Fälliger anspruch auf rückführung des<br />
debetsaldos<br />
die anfechtbarkeit der Verrechnung im kontokorrent<br />
hängt davon ab, ob die rückführung<br />
des debetsaldos eine kongruente oder eine<br />
inkongruente deckung darstellt.<br />
Hierbei kommt es maßgeblich darauf an, ob<br />
die kreditlinie zum Zeitpunkt der entstehung<br />
der Verrechnungslage bereits gekündigt war.<br />
Hatte die bank den kontokorrentkredit bereits<br />
gekündigt, ist der anspruch auf rückzahlung<br />
des kredites fällig und eine entsprechende<br />
rückführung des debetsaldos kongruent. eine<br />
anfechtung kommt lediglich unter den Voraussetzungen<br />
des § 130 inso in betracht. dies<br />
setzt neben der objektiven Zahlungsunfähigkeit<br />
auch die kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit<br />
bzw. die kenntnis von der stellung des<br />
insolvenzantrages voraus 30 . kongruenz liegt<br />
auch dann vor, wenn die bank den kontokorrentkredit<br />
vertragsgemäß offen hält und den<br />
kontoinhaber weiterhin nach dessen ermessen<br />
verfügen lässt. dann liegt in der Verrechnung<br />
von Zahlungsein und Zahlungsausgängen,<br />
soweit sich die beträge decken, eine kongruente<br />
erfüllung des girovertrags und der kontokorrentabrede<br />
i. s. d. § 130 inso 31 .<br />
ein Fall der kongruenten deckung ist zudem<br />
gegeben, wenn sich der kunde außerhalb<br />
seines kreditrahmens bewegt, ohne dass es<br />
zu einer stillschweigenden bzw. konkludenten<br />
erweiterung des kreditrahmens 32 gekommen<br />
ist und insoweit außerhalb der kreditlinie eine<br />
Verrechnung mit gutschriften erfolgt 33 . denn<br />
in diesem Fall kann die bank zu jeder Zeit die<br />
rückführung der Überziehung fordern, ohne<br />
dass es einer gesonderten kündigungserklärung<br />
bedarf. der rückzahlungsanspruch aus<br />
einer bloß geduldeten Überziehung ist grundsätzlich<br />
zur rückzahlung fällig.<br />
Wurden die Verrechnungen innerhalb der kreditlinie<br />
vorgenommen und war der kredit zum<br />
Zeitpunkt der aufrechnungslage nicht gekündigt,<br />
stellt die rückführung des debetsaldos<br />
eine inkongruente deckung dar.<br />
dd) einwand des bargeschäfts gem. § 142<br />
inso<br />
die für ein bargeschäft erforderliche vertragliche<br />
grundlage des Leistungsaustausches liegt<br />
in dem girovertrag und der kontokorrentabrede.<br />
Voraussetzung des bargeschäfts ist, dass<br />
der Leistung des schuldners eine gleichwertige<br />
gegenleistung gegenüber steht. nur dann ist<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Der Bargeschäftseinwand<br />
schließt im<br />
Fall des Vorliegens<br />
einer kongruenten<br />
Deckung eine Anfechtung<br />
gem. § 130 InsO<br />
grundsätzlich aus. «<br />
28 anders, wenn eine nicht dinglich berechtigte<br />
bank die Zahlungseingänge verrechnet; und<br />
zwar auch dann, wenn die globalzession in<br />
einem sicherheitenpool treuhänderisch verwaltet<br />
wird. Vgl. bgH, 02.<strong>06</strong>.20<strong>06</strong> iX Zr 181/03;<br />
bei der Frage einer gepoolten grundschuld vgl.<br />
bgH, 21.02.2008 iX 255/<strong>06</strong>.<br />
29 Brandes, in Münchener kommentar, § 96 rn. 35<br />
m. w. n.; bgH, 07.03.2002 iX Zr 223/01; bgH,<br />
07.05.2009 – iX Zr 140/08.<br />
30 Michel/von Danckelmann, FP <strong>2010</strong> s. 166 ff.<br />
31 bgH, 07.03.2002 iX Zr 223/01.<br />
32 eine konkludente erweiterung des kreditrahmens<br />
ist wohl dann anzunehmen, wenn die<br />
bank erhebliche Überziehungen über einen<br />
längeren Zeitraum zulässt, ohne die rückführung<br />
anzumahnen. Höchstricherliche rechtsprechung<br />
hierzu liegt nicht vor (offengelassen<br />
von bgH, <strong>06</strong>.10.2009 – iX Zr 191/05).<br />
33 bgH, 17.<strong>06</strong>.2004 iX Zr 2/01.<br />
263
264<br />
beitrag<br />
» Belastungsbuchungen,<br />
die<br />
eigene Forderungen<br />
der Bank betreffen,<br />
erfüllen die Voraussetzung<br />
der fremdnützigen<br />
Abwicklung<br />
des Girovertrags<br />
gerade nicht. «<br />
34 bgH, 11.10.2007 iX Zr 195/04; bgH, 25.02.1999<br />
iX Zr 353/98.<br />
35 bgH, 17.<strong>06</strong>.2004 iX Zr 2/01; bgH, 17.<strong>06</strong>.2004 <br />
iX Zr 124/03; bgH, 24.05.2005 iX Zr 46/02.<br />
36 bgH, 11.10.2007 iX Zr 195/04.<br />
37 bgH, 15.11.2007 iX Zr 212/<strong>06</strong>.<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
das geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich<br />
neutral.<br />
im Falle der Verrechnung einer auf einem debitorisch<br />
geführten konto eingehenden gutschrift<br />
liegt die Leistung des schuldners in der<br />
rückführung seiner Verbindlichkeit gegenüber<br />
der bank. die gegenleistung der bank besteht<br />
in der erneuten gewährung von kredit, indem<br />
wieder Verfügungen zugelassen werden.<br />
der in § 142 inso verankerte bargeschäftseinwand<br />
schließt im Fall des Vorliegens einer kongruenten<br />
deckung eine anfechtung gem. § 130<br />
inso grundsätzlich aus, sofern zwischen den<br />
einzelnen gutschriften und belastungsbuchungen<br />
ein zeitlich enger Zusammenhang besteht.<br />
der enge zeitliche Zusammenhang ist gewahrt,<br />
wenn zwischen ein und auszahlungen ein Zeitraum<br />
von nicht mehr als zwei Wochen liegt. auf<br />
die genaue reihenfolge der ein und auszahlungen<br />
kommt es nicht an 34 . die Verrechnung von<br />
Zahlungseingängen im offenen kontokorrent<br />
ist damit grundsätzlich kongruent und darüber<br />
hinaus als bargeschäft der deckungsanfechtung<br />
entzogen, soweit die bank zugleich neue auszahlungen<br />
zugelassen hat, durch welche die<br />
rückführung des debetsaldos durch gutschriften<br />
wieder ausgeglichen wurde.<br />
ein bargeschäft liegt aber nur dann vor, soweit<br />
die entgegennahme der Leistung (Zahlungseingang)<br />
durch die duldung von Verfügungen<br />
(Zahlungsausgang) ausgeglichen wird, die der<br />
bankkunde zur befriedigung von Fremdgläubigern<br />
trifft. belastungsbuchungen, die eigene<br />
Forderungen der bank betreffen (z. b. belastung<br />
von darlehensraten, Zinsen, kosten oder ähnliches),<br />
erfüllen die Voraussetzung der fremdnützigen<br />
abwicklung des girovertrags gerade<br />
nicht 35 .<br />
Verrechnungen im kontokorrent zur erfüllung<br />
eigener ansprüche der bank sind nicht als bardeckung<br />
unanfechtbar.<br />
insoweit stellt eine belastungsbuchung auf<br />
dem kontokorrentkonto zur ablösung von Verbindlichkeiten<br />
des schuldners bei einem dritten,<br />
für welche die bank sich verbürgt hat, keine<br />
gleichwertige gegenleistung für die Verrechnung<br />
von Zahlungseingängen dar, wenn und<br />
soweit die bank endgültig von ihrer bürgenschuld<br />
frei geworden ist 36 .<br />
denn die bank erfüllt eine gleichwertige Pflicht<br />
aus dem kontokorrentvertrag nur dann, wenn<br />
die Verfügung des schuldners fremdnützig<br />
wirkt, der finanzielle Vorteil daraus also grundsätzlich<br />
einem dritten zugute kommt. daher<br />
begründet eine Zahlung aus dem kontokorrent,<br />
die zumindest mittelbar auch der bank<br />
zugute kommt, i. d. r. kein bargeschäft.<br />
im Fall der insolvenz des bankkunden wird der<br />
insolvenzverwalter bei der Frage der Fremdnützigkeit<br />
insbesondere Zahlungen an den Vermieter<br />
oder an Leasinggesellschaften genauer<br />
prüfen, da nicht selten die bank hierfür entsprechende<br />
bürgschaften abgegeben hat.<br />
der bargeschäftseinwand ist also nur unter folgenden<br />
Voraussetzungen zulässig:<br />
der kontokorrentkredit wird offen gehalten.<br />
Zwischen den einzelnen gutschriften und<br />
belastungsbuchungen besteht ein zeitlich<br />
enger Zusammenhang.<br />
die Zahlungsein und ausgänge sind<br />
betragsmäßig gleichwertig.<br />
die belastungsbuchungen sind fremdnützig.<br />
d) Ermittlung des Anfechtungsbetrags<br />
eine anfechtbare Verrechnung des debetsaldos<br />
mit Zahlungseingängen kann also nur<br />
dann vorliegen, wenn die Zahlungseingänge<br />
die Zahlungsausgänge übersteigen.<br />
Für die rückführung eines kontokorrentkredits<br />
kommt es auf den betrag an, um den die<br />
verrechneten einzahlungen die berücksichtigungsfähigen<br />
auszahlungen im anfechtungszeitraum<br />
übersteigen; der höchste erreichte<br />
sollstand ist grundsätzlich unbeachtlich 37 .<br />
der insolvenzverwalter wird i. d. r. auf den<br />
beginn des ein bzw. dreimonatszeitraums<br />
abstellen.<br />
Lag zu beginn des dreimonatszeitraums noch<br />
keine Zahlungsunfähigkeit vor, ist im dritten<br />
bzw. zweiten Monat vor antragstellung der<br />
Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Zahlungsunfähigkeit<br />
eingetreten ist.<br />
der insolvenzverwalter prüft also zunächst,<br />
ob es unter der oben dargelegten berücksich
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ausgereicht. Zum einen waren<br />
dies Kreditnehmer mit Wohnsitz im<br />
angrenzenden Ausland, die das günstige<br />
Zinsgefüge für ihre Finanzierung nutzen<br />
wollten, zum anderen ausländische<br />
Mitbürger mit teilweise jahrzehntelangem<br />
Wohnsitz und Arbeitsplatz<br />
in Deutschland. In verstärktem Maß<br />
versuchen ausländische Kreditnehmer,<br />
sich bei Schiefl age der Finanzierung ihrer<br />
Rückzahlungspfl icht durch Rückzug in<br />
ihre Heimatländer zu entziehen oder<br />
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Die Bestellung von Sicherheiten mit<br />
Auslandsbezug gewinnt in der Praxis des<br />
Bankgeschäfts zusehends an Bedeutung.<br />
Dabei sind ausländische Sicherheiten<br />
nicht nur ein Thema für international<br />
agierende Banken, sondern auch für regional<br />
aufgestellte Banken, die ihre Kunden<br />
bei deren Auslandsaktivitäten begleiten.<br />
Mit dem vorliegenden Buch wird<br />
dem Praktiker ein Arbeitsmittel an<br />
die Hand gegeben, das Fragen rund<br />
stellen, in der Annahme ihrer Unangreifbarkeit<br />
bei Aufenthalt im Ausland,<br />
die Zahlungsverpfl ichtungen vollständig<br />
ein. Das vorliegende Buch beschreibt in<br />
Länderkapiteln die Vollstreckungsvoraussetzungen<br />
und -organe verschiedener<br />
europäischer Länder und liefert wichtige<br />
praxisnahe Tipps zur zielführenden<br />
Vorgehensweise und im Umgang mit den<br />
spezifi schen nationalen Usancen in der<br />
Forderungsbeitreibung. Darüber hinaus<br />
geben die Autoren wertvolle Hilfestellung<br />
bei der Klärung der Frage, ob und wann<br />
die Vollstreckung wirtschaftlich sinnvoll<br />
ist. Die Länderkapitel – namentlich<br />
Frankreich, Italien, Österreich, Polen, die<br />
Schweiz, die Slowakei, Tschechien und<br />
die Türkei – wurden ausnahmslos von<br />
Autoren verfasst, die tief in der Materie<br />
verwurzelt sind und in den jeweiligen<br />
Ländern praktizieren. Den Länderkapiteln<br />
vorangestellt wurde ein Abschnitt<br />
mit wichtigen übergreifenden Vollstre-<br />
um die Bestellung von Sicherheiten<br />
mit Auslandsbezug beantwortet.<br />
In einem ersten Teil werden zunächst<br />
die Regeln dargestellt, nach denen sich<br />
das auf eine Sicherheitenbestellung<br />
anwendbare Recht bestimmt, weitere<br />
Themen sind Legal Opinions, das sog.<br />
Auslandssicherheitenmonitoring, die<br />
Prüfung ausländischer Sicherheiten<br />
aus Revisionssicht, die Bankgarantie,<br />
Ersatzsicherheiten und ferner Sicherheiten<br />
an Flugzeugen und an Schiffen.<br />
Der zweite Teil enthält Länderberichte.<br />
Dort werden praxisnah typische Banksicherheiten<br />
und deren Wirksamkeitsvoraussetzungen<br />
einer Vielzahl europäischer<br />
Staaten und der USA dargestellt.<br />
ckungsregelungen und -instrumenten,<br />
so z. B. Erläuterungen zur EuGVVO und<br />
dem europäischen Vollstreckungstitel.<br />
Das Werk ist ein wertvoller Ratgeber für<br />
alle Praktiker, die mit der Beitreibung von<br />
Forderungen gegenüber Schuldnern in<br />
den genannten Ländern befasst sind.<br />
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266<br />
beitrag<br />
» Der Insolvenzverwalter<br />
muss keine<br />
Anfechtungsklage<br />
erheben. Die Unzulässigkeit<br />
der Verrechnung<br />
tritt kraft<br />
Gesetzes ein. «<br />
38 brandes, in Münchener kommentar zur inso,<br />
§ 96 rn. 37 m. w. n.<br />
39 Zu Fragen der Verjährung vgl. bgH, 28.09.20<strong>06</strong> –<br />
iX Zr 136/05.<br />
40 Weitergehend: oLg rostock, 07.03.2005 – 3<br />
u 121/04; oLg nürnberg, 18.07.2007 – 4 u<br />
1291/<strong>06</strong>, die bereits im offenhalten der Linie<br />
kongruenz sehen, so dass sogar Zahlungseingänge,<br />
die über abverfügungen hinausgehen,<br />
kongruent sind; ablehnend: bgH 07.05.2009 iX<br />
Zr 140/08.<br />
PrAxiStiPPS<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
tigung von gutschriften und belastungsbuchungen<br />
vom beginn des einmonatszeitraum<br />
bzw. seit eintritt der Zahlungsunfähigkeit während<br />
des dritten bzw. zweiten Monats bis zur<br />
antragstellung bzw. bis zur kündigung des<br />
kontos eine rückführung des debetsaldos<br />
gegeben hat.<br />
bei der gegenüberstellung von gutschriften<br />
und belastungsbuchungen sind folgende Zahlungsausgänge<br />
nicht zu berücksichtigen:<br />
eigennützige abbuchungen, durch die die<br />
bank begünstigt wird.<br />
Widerrufene Lastschriften im einzugsermächtigungsverfahren,<br />
da insoweit eine<br />
korrekturbuchung vorzunehmen ist.<br />
danach stellt er fest, ob zum Zeitpunkt der<br />
rückführung der kontokorrentkredit und der<br />
girovertrag bereits gekündigt waren.<br />
sodann erfolgt die Prüfung, ob die Zahlungseingänge<br />
insolvenzfest an die bank abgetreten<br />
waren.<br />
sofern der insolvenzverwalter bei seiner Prüfung<br />
eine gläubigerbenachteiligung sowie die<br />
Voraussetzungen der §§ 130 f. inso bejahen<br />
und den bargeschäftseinwand ausschließen<br />
kann, wird er die rückzahlung zur Masse<br />
fordern.<br />
e) Rechtsfolgen der Anfechtbarkeit<br />
gem. § 96 abs. 1 nr. 3 inso ist die aufrechnung<br />
unzulässig, wenn ein insolvenzgläubiger<br />
die Möglichkeit dazu durch eine anfechtbare<br />
rechtshandlung erlangt hat.<br />
der insolvenzverwalter muss in diesem Fall<br />
nicht die anfechtungsklage erheben, sondern<br />
er kann sich unmittelbar auf die unwirksamkeit<br />
der aufrechnung berufen. sind die Voraussetzungen<br />
des § 96 abs. 1 nr. 3 inso gegeben,<br />
so ist eine nach eröffnung des insolvenzverfahrens<br />
erklärte aufrechnung wirkungslos.<br />
eine vorher erklärte aufrechnung wird mit<br />
der eröffnung insolvenzrechtlich rückwirkend<br />
unwirksam. die unzulässigkeit der Verrechnung<br />
durch den gläubiger tritt kraft gesetzes<br />
ein 38 .<br />
dies hat zur Folge, dass die Forderung des<br />
schuldners (hier der anspruch aus der gutschrift)<br />
fort besteht und als Zahlungsanspruch<br />
vom insolvenzverwalter geltend gemacht<br />
werden kann. demgegenüber kann die bank<br />
ihre wiederaufgelebte gegenforderung aus<br />
kredit zur tabelle anmelden 39 . £<br />
die anfechtung der Verrechnung von Zahlungseingängen auf einem debitorisch geführten kontokorrentkonto scheidet<br />
aus, wenn der bank eine insolvenzfeste globalzession gewährt wurde.<br />
ein Pfandrecht der bank, das auf grund Ziffer 14 abs. 1 agbbanken an Zahlungseingängen für einen kunden in den letzten<br />
drei Monaten vor dem eröffnungsantrag gegen diesen entsteht, ist als inkongruente deckung anfechtbar, sofern der<br />
Zahlungseingang nicht insolvenzfest zediert war.<br />
Verrechnungen im kontokorrent sind kongruent, soweit die bank ihren kunden vereinbarungsgemäß wieder über die<br />
eingänge verfügen lässt, insbesondere die kreditlinie offen hält. ob der kunde sie voll ausnutzt, ist unbeachtlich.<br />
die rückführung eines bewilligten und ungekündigten kredits in der Zeit der wirtschaftlichen krise des kunden ist auch<br />
dann inkongruent, wenn sie durch saldierung im kontokorrent erfolgt.<br />
stellt eine bank Zahlungseingänge ins kontokorrent ein, kann in dem umfang ein unanfechtbares bargeschäft vorliegen,<br />
in dem sie ihren kunden wieder über den gegenwert verfügen lässt. etwas anderes gilt, wenn die Zahlungsausgänge<br />
nicht fremdnützig sind, sondern zumindest mittelbar der bank zugute kommen.<br />
Wichtige Differenzierung: die Verrechnungen können kongruent sein, demgegenüber die rückführung des debetsaldos<br />
inkongruent 40 .
Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />
I. Einleitung<br />
Forderungsbeitreibung investor revision<br />
Prüfung des Problemkreditmanagements<br />
aus Sicht der<br />
Internen Revision<br />
anforderungen, erfolgsfaktoren und ausgewählte Prüfungsaspekte.<br />
w aktuell ist die situation im deutschen und<br />
europäischen bankenmarkt von einer stark steigenden<br />
risikovorsorge im Firmenkundengeschäft<br />
als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise<br />
gekennzeichnet. neu sind hierbei das ausmaß<br />
und die schnelligkeit, mit der sich die krise ausgebreitet<br />
und bei den instituten ergebnis belastend<br />
ausgewirkt hat. Hierdurch blieb den instituten<br />
i. d. r. nur eine vergleichsweise kurze<br />
reaktionszeit zur adäquaten Vorbereitung der<br />
intensiv und Problemkreditbetreuungsfunktionen.<br />
eine signifi kante entspannung der situation<br />
ist aktuell nicht zu erwarten.<br />
Mehr denn je ist daher die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Finanzinstitute entscheidend von der<br />
beherrschung und angemessenen bearbeitung<br />
der kreditrisiken abhängig. um dies gewährleisten<br />
zu können, müssen die institute (u. a.)<br />
über eine funktionsfähige und wirksame intensiv<br />
und Problemkreditbearbeitung verfügen.<br />
dies defi niert gleichzeitig den anspruch der<br />
internen revision an ihre Prüfungen.<br />
II. Anforderungen an die Prüfung<br />
1. Fachliche Revisionsanforderungen im<br />
engeren Sinne<br />
aus fachlicher sicht ist ein klar strukturierter<br />
Prüfungsansatz entlang der wesentlichen<br />
erfolgsfaktoren der Problemkreditbetreuung<br />
notwendig.<br />
ausgewählte und wesentliche Erfolgsfaktoren<br />
sind z. b.:<br />
eine risikodifferenzierte ablauforganisation,<br />
eine klare ausgestaltung der eingangs<br />
und ausgangsschnittstellen im rahmen<br />
der intensiv und Problemkreditbetreuung<br />
durch die Festlegung geeigneter regeln<br />
und Prinzipien,<br />
die definition von steuerungs und erfolgsparametern<br />
sowie die nutzung geeigneter<br />
Controlling und reportinginstrumentarien,<br />
Festlegung von typisierten engagementstrategien<br />
und kreditverantwortlichkeiten,<br />
der einsatz effektiver und angemessener<br />
Frühwarnverfahren (sowohl auf der Portfolio<br />
als auch einzelengagementebene),<br />
die Messung und flexible steuerung der<br />
benötigten spezialisierten Mitarbeiterkapazitäten.<br />
2. Revisionsspezifische Anforderungen<br />
die revisionsspezifi schen anforderungen<br />
gehen über die Compliance und governance<br />
bezogenen Prüfungsaspekte hinaus, indem der<br />
Prüfungsfokus sich zunehmend in richtung<br />
auf eine qualitative bzw. materielle Prüfung<br />
der Funktionsfähigkeit des Problemkreditmanagements<br />
verlagert. dieser stärkere Fokus hin<br />
zur Wirksamkeit („Eff ectivness“) spiegelt sich<br />
parallel in der neufassung der Prüfungsberichtverordnung<br />
aus der sicht des Jahresabschlussprüfers<br />
wieder und kommt im Vorwort des rs<br />
15/2009 der baFin ebenfalls klar zum ausdruck.<br />
beide aspekte, ein klar strukturierter Prüfungsansatz<br />
unter berücksichtigung der erfolgsfaktoren<br />
sowie die Fokussierung auf die Wirksamkeit<br />
der etablierten Methoden und<br />
aufbau und ablauforganisatorischen strukturen,<br />
bedingen erhöhte anforderungen an<br />
die qualitative und quantitative Personalausstattung<br />
der internen revision. d. h. nichts<br />
anderes als auf „augenhöhe“ mit den spezialisierten<br />
sanierungsexperten und übergreifenden<br />
kreditrisikosteuerungsexperten agieren zu<br />
können, aber auch die rahmenbedingungen<br />
aufsichtsrechtlicher und rechnungslegungsbe<br />
Autoren:<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
Martin Dethleffsen,<br />
Problemkreditmanager in einem<br />
großen deutschen Institut und<br />
Michael Berndt,<br />
Senior Manager, Advisory EMEIA<br />
Financial Services, Ernst & Young GmbH<br />
sowie<br />
Gorden Mantell,<br />
Manager, Advisory EMEIA<br />
Financial Services, Ernst & Young GmbH.<br />
» Aus fachlicher<br />
Sicht ist ein klar<br />
strukturierter Prüfungsansatz<br />
entlang<br />
der wesentlichen<br />
Erfolgsfaktoren der<br />
Problemkreditbetreuung<br />
notwendig. «<br />
267
268<br />
beitrag<br />
» Der Prüfungsfokus<br />
verlagert sich<br />
in Richtung einer<br />
qualitativen/materiellen<br />
Prüfung der<br />
Funktionsfähigkeit<br />
des Problemkreditmanagements.<br />
«<br />
1 Vgl. ausführlich und mit zahlreichen Prüfungschecklisten<br />
in der reihe bearbeitungs und Prüfungsleitfäden<br />
die Publikation Becker/Berndt/<br />
Klein, risikofrüherkennung im kreditgeschäft,<br />
2008.<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
zogener natur „sattelfest“ in die Prüfung integrieren<br />
zu können.<br />
als weitere rahmenbedingung kommt hinzu,<br />
dass sich auch die interne revision einem<br />
zunehmenden Effizienzdruck ausgesetzt sieht<br />
bzw. sich dem allgemeinen trend der kostenreduktion<br />
und kontrolle nicht entziehen kann.<br />
dieses Spannungsfeld lässt sich wie folgt<br />
veranschaulichen:<br />
im Folgenden werden exemplarisch, ohne<br />
den anspruch auf Vollständigkeit erheben zu<br />
können, ausgewählte Prüfungsaspekte skizziert,<br />
die die Wirksamkeitsperspektive entlang<br />
der erfolgsfaktoren der Problemkreditbetreuung<br />
in den Vordergrund stellen.<br />
3. Ausgewählte Prüfungsaspekte im<br />
Hinblick auf die Wirksamkeit des<br />
Problemkreditmanagements<br />
a) Früherkennungsverfahren als zentrale<br />
Voraussetzung für eine wirksame<br />
Problemkreditbetreuung<br />
ein erfolgskritischer Faktor für die Wirksamkeit<br />
des Problemkreditmanagements ist die Verwendung<br />
wirksamer risikofrüherkennungsverfahren<br />
1 , da hierdurch die Voraussetzung für<br />
eine agierende und auf die schadensvermeidung/risikominderung<br />
ausgerichtete Problemkreditbetreuung<br />
gesetzt wird.<br />
Abbildung 1: Spannungsfeld revision<br />
unter ein risikofrüherkennungsverfahren fassen<br />
wir die gesamtheit der hierfür verwendeten<br />
Methoden (u. a. fachliche eignung von Frühwarnsignalen,<br />
Produkt/branchenspezifika),<br />
Prozesse (u. a. risikodifferenzierte Prozessfolgen,<br />
konsistenz zur strategie),<br />
reporting (u. a. Verknüpfung mit Watchlist,<br />
aggregation über konzerneinheiten und<br />
Produkte),<br />
daten und datensysteme (Validität, Qualität/aktualität<br />
von daten, Verknüpfung von<br />
datenquellen) zusammen.<br />
aufgrund der unmittelbaren interdependenzen<br />
zwischen den einzelnen komponenten<br />
eines Frühwarnverfahrens wirken<br />
sich potenzielle schwächen in einer komponente<br />
unmittelbar negativ auf die Wirksamkeit<br />
und angemessenheit des gesamten<br />
risikofrüherkennungsverfahrens aus. dies<br />
bedingt, dass Früherkennungsverfahren in<br />
ihrer Wirksamkeit nur dann adäquat geprüft<br />
werden können, wenn diese interdependenzen<br />
adäquat berücksichtigt werden und nicht<br />
nur einzelne aspekte/komponenten Prüfungsbestandteil<br />
sind.<br />
die strukturierung des Prüfungsansatzes sollte<br />
grundsätzlich im kontext des institutsspezifischen<br />
risikoprofils erfolgen. dies bedeutet,<br />
dass im rahmen der Prüfung zu hinterfragen<br />
ist, ob die typischen risikotreiber, die<br />
sich aus den geschäftsfeld und Produktspezi
fika des instituts ergeben, eine angemessene<br />
berücksichtigung bei der ausgestaltung des<br />
Frühwarnverfahrens finden. die oftmals anzutreffende<br />
wenig differenzierte sammlung von<br />
Frühwarnindikatoren über alle geschäftsfelder<br />
hinweg und z. t. ohne adäquate ausprägung,<br />
ist sicherlich kein gutes beispiel für diese notwendige<br />
differenzierung.<br />
Überdies sollte ein risikofrüherkennungsverfahren<br />
nicht ausschließlich isoliert für sich<br />
geprüft und bewertet werden, sondern vielmehr<br />
als eine Querschnittsfunktion des<br />
gesamten risikomanagements. daher ist<br />
neben der gezielten Überprüfung der einzelnen<br />
komponenten des Frühwarnverfahrens<br />
ebenfalls die angemessene einbindung in den<br />
risikomanagementprozess insgesamt zu hinterfragen.<br />
so ist z. b. in diesem Zusammenhang<br />
zu untersuchen, ob in institutionalisierter<br />
Form sichergestellt ist, dass die im rahmen<br />
der Früherkennung gewonnen informationen<br />
gleichermaßen in die neu und bestandsgeschäftssteuerung<br />
einfließen. damit ist kreditrisikofrüherkennung<br />
nicht nur – wie häufig<br />
ausgestaltet – ein thema des einzelkreditrisikomanagements,<br />
sondern teil eines aktiven<br />
kreditportfoliomanagements.<br />
b) Klare Ausgestaltung der<br />
Schnittstellen<br />
Von grundlegender bedeutung für einen wirksamen<br />
Problemkreditbetreuungsprozess<br />
ist zunächst die klare Ausgestaltung der<br />
Schnittstellen zwischen der normal, intensiv<br />
sowie sanierungs und abwicklungsbetreuung.<br />
Zu berücksichtigen ist hierbei, dass, je stärker<br />
sich die krise des kreditnehmers von der strategischen<br />
über die erfolgs hin zur Liquiditätskrise<br />
entwickelt, desto klarer ist die identifikation<br />
des jeweiligen krisenstadiums durch die<br />
typischerweise auftretenden krisenmerkmale<br />
für ein institut möglich.<br />
Zu überprüfen ist, ob die auswahl und Festlegung<br />
der Kriterien für die Überleitung tatsächlich<br />
risikoorientiert erfolgt, so dass zu<br />
einem frühen Zeitpunkt der (potenziell) negativen<br />
risikoveränderung i. d. r. eine prinzipienorientierte<br />
Überprüfung der notwendigkeit<br />
einer engeren beobachtung und begleitung<br />
des engagements durch die Problemkreditbetreuung<br />
erfolgt, wohingegen mit fortschrei<br />
tender krise eine stärkere regelgebundenheit/<br />
automatisierung der betreuungsklasseneinstufung<br />
und sich daran anschließenden betreuungsprozesse<br />
erfolgt. Zu hinterfragen ist, ob<br />
die schnittstellenausgestaltung so vorgenommen<br />
worden ist, dass<br />
diese wirksam im o. g. sinn ist und die Handhabung<br />
tatsächlich nach der regel „same<br />
risk same rule“ erfolgt,<br />
die regulatorische konformität (insbesondere<br />
zu den Marisk),<br />
eine kongruenz zu der für den jeweiligen<br />
betreuungsstatus definierten Zielsetzung<br />
und<br />
eine zügige und weitgehend einheitliche<br />
betreuungseinordnung erhöht risikobehafteter<br />
und wieder gesundeter engagements<br />
sichergestellt wird.<br />
im Hinblick auf die Wirksamkeit der schnittstellen<br />
treten in der Praxis häufig Probleme bei der<br />
praktischen Ausgestaltung der jeweiligen<br />
Krisenmerkmale auf, die auch in fortgeschrittenen<br />
krisenstadien z. t. unscharf definiert<br />
und dadurch mit hohen Ermessensspielräumen<br />
ausgestattet sind. Hieraus resultieren<br />
in der praktischen Handhabung einerseits<br />
zeitraubende diskussionen und andererseits<br />
eine heterogene und teilweise inkonsistente<br />
Handhabung materiell vergleichbarer risiken.<br />
so ist es unzureichend, nur pauschal auf eine<br />
wirtschaftliche Verschlechterung des kreditnehmers<br />
abzustellen, ohne danach zu differenzieren,<br />
ob es auf eine erfolgs oder liquiditätswirksame<br />
Verschlechterung ankommt.<br />
denn anders als bei der erfolgswirksamen<br />
könnte bei der liquiditätswirksamen Verschlechterung<br />
im schlimmsten Fall der insolvenzgrund<br />
der Zahlungsunfähigkeit verwirklicht<br />
sein. damit verblieben dem kreditinstitut<br />
dann nur eine reaktionszeit von drei Wochen<br />
für insolvenzvermeidende gegenmaßnahmen.<br />
Fehlen darüber hinaus noch eskalationsmechanismen,<br />
droht man womöglich, mit den angemessenen<br />
gegenmaßnahmen vollends zu spät<br />
zu kommen.<br />
daher sollte im rahmen von revisionsprüfungen<br />
ein besonderes augenmerk darauf gelegt<br />
werden, dass durch die schriftlich fixierte ordnung<br />
des instituts einerseits eine angemessene<br />
Operationalisierung der verwendeten Kriterien/indikatoren<br />
gegeben ist und andererseits<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Wirksame Risikofrüherkennungsverfahren<br />
sind essentiell<br />
für ein funktionsfähigesProblemkreditmanagement.<br />
«<br />
269
eitrag<br />
» „Same risk – same<br />
rule“ als Prinzip<br />
für eine wirksame<br />
Schnittstellenausgestaltung.<br />
«<br />
270<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den<br />
kriterien/indikatoren und dem regelmäßig zu<br />
vermutenden risiko besteht. in diesem Zusammenhang<br />
sollte ebenfalls sichergestellt sein,<br />
dass ein institutionalisierter Überprüfungs-<br />
und Qualitätssicherungsprozess der verwendeten<br />
krisenmerkmale implementiert ist,<br />
um hierdurch etwaige Fehlsteuerungen in der<br />
identifikation und Überleitung von risikoengagements<br />
rechtzeitig zu identifizieren.<br />
c) Prozessuale Ausgestaltung des<br />
jeweiligen Betreuungsstatus<br />
da in der intensivbetreuung häufig erst einmal<br />
eine detaillierte Prüfung und Würdigung des<br />
aufgetretenen Krisensachverhalts auf seine<br />
risikorelevanz erforderlich ist, ist hier prozessual<br />
sicherzustellen, dass alle wesentlichen<br />
unterlagen für genau diese betrachtung auch<br />
zur Verfügung stehen oder zeitnah beschafft<br />
werden. dies sind z. b.<br />
aktuelle wirtschaftliche unterlagen,<br />
erfolgs und Liquiditätsplanungen,<br />
aktuelle und vollständige sicherheitenwertermittlungen<br />
einschließlich der dazugehörigen<br />
unterlagen.<br />
Zu überprüfen ist daher, ob der Mindestumfang<br />
an Unterlagen auch klar geregelt ist und<br />
tatsächlich auch vorliegt und ob die unterlagen<br />
die qualitativen anforderungen, insbesondere<br />
im Hinblick auf den detaillierungsgrad und die<br />
aktualität, erfüllen.<br />
im status der Sanierungsbetreuung hingegen<br />
ist der sachverhalt meistens hinreichend<br />
klar. Hier liegt der schwerpunkt eher auf der<br />
fundierten umsetzung der sanierungsspezifischen<br />
Maßnahmen zur beseitigung eventuell<br />
bereits eingetretener insolvenzgründe und<br />
der sich daran anschließenden Maßnahmen zur<br />
nachhaltigen gesundung des kreditnehmers<br />
auf der grundlage von sanierungsgutachten.<br />
Ferner ist zu überprüfen, ob der risikogehalt<br />
der engagements tatsächlich der differenzierten<br />
Zielsetzung der verschiedenen betreuungsstatus<br />
entspricht, d. h. z. b. dass akute Liquiditätsprobleme<br />
nicht in der intensivbetreuung<br />
behandelt werden, sondern hier sanierungsspezifisches<br />
knowhow und Zielsetzungen<br />
greifen sollten.<br />
d) Festlegung von typisierten<br />
Engagementstrategien und Kreditverantwortlichkeiten<br />
um der bei der sanierungsbetreuung regelmäßig<br />
auftretenden hohen Zeitknappheit und<br />
v. a. dem risikogehalt der eingetretenen situation<br />
angemessen zu begegnen, ist die klare<br />
Definition der jeweils zu verfolgenden Engagementstrategien<br />
von großer bedeutung<br />
und damit zwingend erforderlich. in betracht<br />
könnte hier z. b. eine dahingehende unterscheidung<br />
kommen, ob auf basis einer ökonomischen<br />
Vorteilhaftigkeit bei dem kreditnehmer<br />
sanierungsmaßnahmen erfolgen müssen,<br />
die auf die Wiederherstellung einer nachhaltigen<br />
kapitaldienstfähigkeit ausgerichtet sind<br />
oder eher der ausstieg aus dem engagement<br />
im Vordergrund steht (aktive sanierung vs.<br />
exit).<br />
bei der Festlegung oder Zuordnung von kreditverantwortlichkeiten<br />
der sanierungsexperten<br />
für den jeweiligen betreuungsstatus ist regelmäßig<br />
das nur beschränkt vorhandene sanierungswissen<br />
– gemessen in anzahl der Mitarbeiter<br />
und Fachkompetenz – der begrenzende<br />
Faktor. dieses Sanierungswissen gilt es, möglichst<br />
optimal einzusetzen. so ist es z. b. sachgerecht,<br />
auslandsfinanzierungen nicht in die<br />
Vollbetreuung der sanierungsexperten im<br />
inland zu geben, sondern den sanierungsexperten<br />
nur eine beratende und/oder koordinierende<br />
begleitung zu übertragen, was<br />
ihnen dann ermöglicht wesentliche entscheidungen<br />
wie z. b. den sachgerechten einsatz<br />
externer dienstleister (wie unternehmensberatungen<br />
oder rechtsanwälte) zu beeinflussen.<br />
das erspart eventuell nicht nur einen erheblichen<br />
reiseaufwand, sondern vermeidet auch<br />
die andernfalls erforderliche notwendigkeit,<br />
sich in die länderspezifischen sanierungsrahmenbedingungen<br />
einzuarbeiten. eine zentrale<br />
steuerung der Problemkreditmanagementaktivitäten<br />
wird damit allerdings nicht<br />
obsolet.<br />
neben dem wirtschaftlichen risiko, dem die<br />
sanierungsbetreuung gerecht werden muß,<br />
sind die vielfältigen rechtlichen risiken<br />
zu berücksichtigen. grundsätzlich läßt sich<br />
hierzu folgendes festhalten. Zum einen beinhalten<br />
außergerichtliche sanierungen deutlich<br />
höhere Haftungsrisiken für die kreditinstitute
als gerichtliche, wie z. b. ein insolvenzplanverfahren.<br />
Zum anderen nehmen die rechtlichen<br />
risiken bei der außergerichtlichen sanierung<br />
umso mehr zu, je mehr sich die kreditinstitute<br />
ihr finanzielles engagement erhöhen, je<br />
stärker sie versuchen, direkten unternehmerischen<br />
einfluß auf die sanierung auszuüben<br />
oder je mehr sich der kreditnehmer der insolvenzreife<br />
nähert. den unterschiedlichen rechtlichen<br />
risiken muß mit einem entsprechenden<br />
knowhow begegnet werden. am wirksamsten<br />
kann dies durch entsprechend verfügbare<br />
„sanierungsjuristen“ gewährleistet werden.<br />
es sollte dann aber auch prozessual sichergestellt<br />
sein, dass diese rechtzeitig hinzugezogen<br />
werden, so dass sie auch noch agieren<br />
und nicht nur noch reagieren können. als problematisch<br />
sind juristische sanierungsbetreuungen<br />
zu beurteilen, die lediglich als nebenaufgabe<br />
einer rechtsabteilung verstanden<br />
werden. Zum einen ist dann u. u. nicht das<br />
notwendige Fachknowhow vorhanden und<br />
zum anderen kann dann eventuell eine zeitnahe<br />
beratung der sanierungseinheiten aus<br />
bleiben.<br />
da die sanierungsengagements regelmäßig<br />
eine hohe bedeutung für die rechnungslegung<br />
und prüfung eines kreditinstituts haben, ist auf<br />
eine konsistente dokumentation aller kreditentscheidungen<br />
und der ihnen zugrunde liegenden<br />
engagementstrategien zu achten.<br />
e) Steuerungs und Erfolgsparameter<br />
sowie die Nutzung geeigneter<br />
Controlling und Reportinginstrumentarien<br />
neben den vielfältigen aspekten der engagementperspektive<br />
ist die Fragestellung adäquater<br />
steuerungs und erfolgsparameter für das<br />
Problemkreditmanagement aus einer Controlling<br />
und steuerungsperspektive von erheblicher<br />
bedeutung für die institute. sie ist damit<br />
Im Fokus: Optimierte Prozesssteuerung für den<br />
Abwicklungsbereich<br />
Sie brauchen ergebnisorientierte Abwicklungsstrategien für<br />
Risikoengagements?<br />
Sie wünschen eine prozessorientierte Benutzerführung?<br />
Sie benötigen jederzeit einen Überblick über die<br />
Engagemententwicklung?<br />
Sie erwarten ein zuverlässiges Controlling von<br />
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Komplexitätsgrades.<br />
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die Prozessunterstützung in ABIT Recht.<br />
beitrag<br />
» Eine klare<br />
Definition der Engagementstrategien<br />
ist<br />
in der Sanierungsbetreuung<br />
zwingend<br />
erforderlich, z. B.<br />
Wiederherstellung<br />
einer nachhaltigen<br />
Kapitaldienstfähigkeit<br />
vs. Ausstieg aus<br />
dem Engagement. «<br />
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eitrag<br />
PrAxiStiPPS<br />
272<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
auch grundlage einer flexiblen Mitarbeiter<br />
und kapazitätssteuerung. gibt es in diesem<br />
Zusammenhang differenzierte und operationalisierte<br />
sog. Key Performance indikatoren<br />
für das Problemkreditmanagement (u. a.<br />
Verweildauer in der sanierungsbearbeitung,<br />
anzahl von komplexen und standardengagements<br />
pro Mitarbeiter, Qualität i. s. v. erfolg<br />
pro engagement)? ist eine aggregierte darstellung<br />
und auswertung des Problemkreditbestands<br />
sinnvollerweise möglich? Findet eine<br />
angemessene aggregation über Produktgruppen,<br />
geschäftsbereiche und konzerneinheiten<br />
auch unter dem aspekt der konzentration von<br />
erhöhten risiken statt?<br />
III. Schlussfolgerungen<br />
die interne revision, die verstärkt im Fokus der<br />
gesamten Governance-Diskussion steht, wird<br />
nicht darauf verzichten können, die Mariskkonformität<br />
des risikomanagements zu würdigen,<br />
ohne gleichzeitig dem Prüfungsziel<br />
der Wirksamkeit eine hohe aufmerksamkeit<br />
zukommen zu lassen.<br />
bei der Prüfung der angemessenen und wirksamen<br />
ausgestaltung der intensiv und Problemkreditbetreuung<br />
ist aufgrund der inhärenten<br />
komplexität des Prüfungsfelds ein klar<br />
strukturierter Prüfungsansatz entlang der<br />
genannten erfolgsfaktoren unter Zugrundelegung<br />
der Wirksamkeitspriorität notwendig.<br />
dabei ist die einschätzung über konsistenz<br />
der verwendeten Methoden, der prozessualen<br />
ausgestaltung, der datenbasis und des<br />
reportings zueinander eine der zentralen<br />
Prüfungsherausforderungen.<br />
Für die Prüfung des Problemkreditmanagements<br />
gewinnt neben den einzelrisikobezogenen<br />
aspekten die Einbettung in das<br />
risikomanagement, insbesondere unter Früherkennungsgesichtspunkten,<br />
und des transfer<br />
von erkenntnissen für die neugeschäftssteuerung,<br />
aber auch die steuerung unter effizienzgesichtspunkten<br />
(Produktivität, Profitabilität,<br />
Qualität) eine immer höhere bedeutung.<br />
angesichts der unter Funktionsfähigkeitsaspekten<br />
erhöhten bedeutung des Problemkreditmanagements<br />
als bedeutsamen teil des<br />
risikomanagements für die institute, steht<br />
die interne revision in einem Spannungsfeld<br />
zwischen<br />
dem erhöhten anspruch „Wirksamkeit“ tatsächlich<br />
beurteilen zu können,<br />
der für diese art von Prüfungen notwendigen<br />
bereithaltung geeigneter qualitativer<br />
und quantitativer ressourcen sowie<br />
einem gleichzeitig zunehmenden effizienzdruck.<br />
£<br />
ein möglicher Lösungsansatz kann darin bestehen, die risikoorientierung der gesamten Prüfungsplanung im kreditrisikomanagement<br />
weiter zu differenzieren, mit dem Ziel, Prüfungsschwerpunkte risikoorientiert noch selektiver zu wählen<br />
und innerhalb der Prüfungsfelder ein stärkeres gewicht auf die Funktionsfähigkeitsprüfung im Vergleich zu formalen<br />
aspekten zu legen. Letztlich sind hier die einzelabwägung und die institutsspezifischen gegebenheiten entscheidend.<br />
eine weitere option ist die selektive Hinzuziehung externer spezialisierter ressourcen, die man häufig in dem temporär<br />
benötigen umfang nicht bereit hält. Hier findet der grundsatz einer flexibeln ressourcensteuerung, wie er als<br />
anspruch für das Problemkreditmanagement besteht, auch für die interne revision anwendung.
Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />
I. Einleitung<br />
Forderungsbeitreibung investor revision<br />
Risikotransfer bei Hypothekenkrediten<br />
ultima ratio oder königsweg für die gläubigerbanken?<br />
w Mehr denn je gilt es heute, bei der bearbeitung<br />
von notleidenden krediten Handlungsspielräume<br />
zu schaff en. in diesem<br />
Zusammenhang bieten sich risiko und bearbeitungstransfers<br />
mithilfe eines spezialisierten<br />
dienstleisters (special servicers) als alternative<br />
an, denn kreditrisiken – insbesondere<br />
die gekündigter kredite – belasten. diese sind<br />
jedoch auf verschiedene arten transferierbar.<br />
es ist abzusehen, dass in den nächsten Jahren<br />
der bestand notleidender kredite stark ansteigen<br />
wird: unabhängig von der Wirtschaftskrise<br />
führen bereits der generelle immobilienkreditzyklus<br />
sowie die starken neugeschäftsjahre<br />
2003 bis 2005 zu einem zyklischen Anstieg<br />
dieser bestände.<br />
dies folgt aus der üblichen dauer eines immobilienkreditzyklus<br />
von acht Jahren, der seit<br />
der letzten bankenkrise 2001 bis 2003 nun<br />
wieder voll wäre, sowie der tatsache, dass in<br />
den Jahren drei bis fünf nach kreditvergabe<br />
die ausfallwahrscheinlichkeit für immobilienkredite<br />
am höchsten ist.<br />
Verstärkt durch die Wirtschaftskrise und mit<br />
ihr die wachsende Zahl der insolvenzen sowie<br />
hohe arbeitslosigkeit führt dieses fi nanzwirtschaftliche<br />
umfeld zwangsweise zu Zahlungsausfällen<br />
im kreditgeschäft. die ratingagentur<br />
standard & Poor’s beziff ert laut börsenzeitung<br />
die summe der durch banken neu zu bildenden<br />
risikovorsorge bis zum Jahr 2011 in deutschland<br />
auf 100 Mrd. €.<br />
branchenexpertendes Wirtschaftsprüfers PricewaterhouseCoopers<br />
(PwC) schätzten ende<br />
2009 den anteil von non Performing Loans<br />
(nPL) bei deutschen banken auf einen nominalwert<br />
von fast 213 Mrd. €. das sind 50% mehr<br />
als Ende 2008.<br />
II. Der Markt notleidender Kredite<br />
in Deutschland<br />
der Markt für den Handel mit kreditportfolien<br />
ist in deutschland seit sechs Jahren etabliert.<br />
dabei sind es v. a. immobilienkredite, die<br />
gehandelt werden: Laut einer studie der deutsche<br />
bank research aus dem Jahr 2007 machen<br />
sie circa zwei drittel aller verkauften kreditportfolien<br />
aus. damit kommen als Verkäufer v. a.<br />
kreditinstitute, die Hypothekendarlehen vergeben,<br />
infrage. die käufer waren bisher meist<br />
kapitalmarktinvestoren. Von ende 2008 bis ins<br />
Jahr 2009 war jedoch eine Marktberuhigung<br />
zu beobachten, denn im Zuge der Finanzkrise<br />
fi elen einige investoren weg. auf bankenseite<br />
war zusätzlich eine gewisse Verunsicherung zu<br />
spüren.<br />
trotz der hohen nPLbestände in den büchern<br />
deutscher banken verhält sich der Markt für<br />
den Handel mit nPL im ersten Halbjahr dieses<br />
Jahres noch zurückhaltend und die durchaus<br />
vorhandene nachfrage auf käuferseite fi ndet<br />
kaum investitionsmöglichkeiten. PwC führt<br />
diese Zurückhaltung auch darauf zurück, dass<br />
alle großen bankinstitute noch die erforderlichen<br />
eigenkapitalquoten haben und daher<br />
abwarten.<br />
doch dies wird nicht ewig so bleiben. PwC geht<br />
davon aus, dass nPLVerkäufe – als eine der<br />
möglichen arten von risikotransfers – noch im<br />
Laufe des Jahres <strong>2010</strong> zunehmen könnten. so<br />
haben einige banken die Voraussetzungen für<br />
den Verkauf von notleidenden kreditportfolien<br />
bereits durch die bildung von abwicklungseinheiten<br />
oder durch adäquate risikosteuerung<br />
geschaff en. andere institute werden folgen.<br />
in jüngster Zeit zieht der Markt wieder an.<br />
neue Finanzinvestoren mit ausreichend Liquidität<br />
suchen anlagemöglichkeiten. und auch<br />
auf der Verkäuferseite zeigt sich verhalten<br />
belebung.<br />
Autoren:<br />
Kolwja A. Zimmer und<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
Kai Sudmann,<br />
Vorstände der immofori AG, Hamburg.<br />
» Es ist abzusehen,<br />
dass in den nächsten<br />
Jahren der Bestand<br />
not leidender Kredite<br />
stark ansteigen<br />
wird. «<br />
273
eitrag<br />
» Einigkeit besteht<br />
darüber, dass die<br />
Abwicklung von notleidenden<br />
Krediten<br />
und insbesondere<br />
der hiermit verbundene<br />
Verkauf von<br />
schwierigen Immobilien<br />
nicht zum Kerngeschäft<br />
einer Bank<br />
zählen sollten. «<br />
274<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
III. Risikotransfer von NPLs<br />
– Folgen für das Kreditinstitut<br />
einigkeit besteht darüber, dass die abwicklung<br />
von notleidenden krediten und insbesondere<br />
der hiermit verbundene Verkauf von schwierigen<br />
immobilien nicht zum Kerngeschäft<br />
einer Bank zählen sollten. Wenn nun aufgrund<br />
des ökonomischen umfelds und starker neugeschäftsjahre<br />
in der Vergangenheit zwangsläufig<br />
die bestände an notleidenden krediten steigen,<br />
wird sich jede bank die Frage stellen, ob sie<br />
in puncto ressourcen, technologie, und spezialwissen<br />
in ein solches geschäftsfeld investieren<br />
will. neben diesen rein aufbauorganisatorischen<br />
Fragestellungen werden die banken<br />
zusätzlich die Chancen und risiken eines risikotransfers<br />
abwägen.<br />
1. Nutzung von externem Immobilien<br />
Knowhow<br />
special servicer können dank ihrer spezialisierung<br />
und ihrer erfahrungen die immobilienmärkte<br />
sehr gut einschätzen. in den abwicklungsabteilungen<br />
der banken sind i. d. r.<br />
Mitarbeiter beschäftigt, die zwar über sehr<br />
gutes juristisches und kreditwirtschaftliches<br />
knowhow verfügen, die aber keine ausgebildeten<br />
immobilienspezialisten sind. oft<br />
sind die abwicklungseinheiten so organisiert,<br />
dass der abwickler die juristischen aufgaben<br />
und das Management von Zwangsversteigerungsverfahren<br />
übernimmt und gleich zeitig<br />
Makler beauftragt, interessenten für die immobilie<br />
zu finden. es fehlt aber die fachspezifische<br />
bewertungskompetenz, um die Portfolien<br />
richtig zu bewerten und entsprechend<br />
die besten Preise zu erzielen. spezialisierte<br />
dienstleister kennen die gepflogenheiten des<br />
nPLMarkts und erzielen so barwertig höhere<br />
Preise.<br />
2. Ratingverbesserung<br />
Je höher die bonität einer bank, umso niedriger<br />
sind die refinanzierungskosten. eine ratingverbesserung<br />
kann insbesondere durch die Verbesserung<br />
der kennziffern und den abbau von<br />
Maluspunkten erreicht werden. u. a. ist das Verhältnis<br />
von risikovorsorge zu Gesamt-Kreditbestand<br />
entscheidend. Je höher der anteil<br />
an nPL ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit<br />
für eWbneubildung. einleuchtend<br />
ist außerdem der – meist indirekte – einfluss<br />
von nPLbeständen auf kennzahlen wie standardrisikokosten,<br />
Credit Value at risk (CVar)<br />
und eigenkapitalquote. daneben steigen die<br />
aufwände für die alljährliche kreditprüfung<br />
proportional.<br />
3. Entlastung des modifizierten freien<br />
Eigenkapitals<br />
ein risikotransfer notleidender Forderungen<br />
kann neue Freiräume schaffen. die ausstattung<br />
mit eigenkapital ist u. a. für banken sowohl<br />
regulatorisch wie auch für die bewertung des<br />
kontrahenten und emittentenrisikos, wie auch<br />
zur beurteilung der risikotragfähigkeit für das<br />
kreditgeschäft von bedeutung.<br />
basel ii gibt vor, wie viel eigenkapital ein kreditinstitut<br />
für risikoaktiva hinterlegen muss.<br />
demnach gilt für notleidende kredite ein solvabilitätskoeffizient<br />
von zwölf Prozent anstatt –<br />
wie bei lebenden krediten – von acht Prozent.<br />
d. h., es muss 50% mehr Eigenkapital hinterlegt<br />
werden. diese regulatorischen eigenkapitalkosten<br />
werden demnach proportional zum<br />
Volumen der notleidenden kredite in die Höhe<br />
getrieben. die anforderungen von basel iii bleiben<br />
abzuwarten.<br />
die bank hat also für Forderungen, bei denen<br />
keine Zinsen verdient werden, eigenkapital zu<br />
hinterlegen, für das die eigner aber sehr wohl<br />
eine dividende erwarten.<br />
4. Steuerung der KostenErtrags und<br />
der RisikoErtragskomponenten<br />
steigt das Verhältnis der notleidenden kredite<br />
zu den gesamtaktiva, beeinflusst dies<br />
in dreierlei Hinsicht die kostenertragsrelation:<br />
steigende risikovorsorge und steigender<br />
aufwand in den abwicklungsabteilungen<br />
erhöhen erstens die aufwandseite, während<br />
gebundenes eigenkapital und Liquidität eine<br />
gegensteuerung durch gewinnbringendes<br />
kreditneugeschäft auf der ertragsseite verhindern.<br />
Zweitens erhöhen steigende nPLbestände<br />
zwangsläufig die Wahrscheinlichkeit<br />
für die neubildung von einzelwertberichtigungen<br />
(eWb). und schließlich machen steigende<br />
nPLbestände investitionen in abwicklungseinheiten<br />
notwendig: inhouseLösungen<br />
bedeuten in diesem Zusammenhang v. a.
investitionen in Personal, büroraum und it,<br />
die die spezialprozesse unterstützt.<br />
auch die risikoertragsrelation verschlechtert<br />
sich: neben den kreditrisikokosten (risikovorsorge)<br />
belastet bei immobilienbesicherten<br />
nPLs insbesondere die Unsicherheit über den<br />
barwertigen Verwertungserlös. diese unsicherheit<br />
kann durch eine spezialisierung auf<br />
die Vermarktung von schwierigen immobilien,<br />
durch gute Vermarktungsnetzwerke und durch<br />
skaleneffekte verringert werden. dies kann<br />
zum einen durch aktive adressrisikosteuerung<br />
und zum anderen durch die Hilfe eines abwicklungsspezialisten<br />
erreicht werden. ein risikotransfer<br />
schafft sofort kalkulationssicherheit.<br />
5. Verbesserung der Liquidierbarkeit<br />
der Bankaktiva<br />
um kreditgeschäft durchführen zu können,<br />
beschaffen sich banken aus unterschiedlichen<br />
refinanzierungsquellen kapital, welches sie<br />
selbst verzinsen müssen. dieser Zinsaufwand<br />
bleibt auch dann unverändert, wenn ein refinanzierter<br />
kredit notleidend wird und damit<br />
kein Zinsertrag dagegen steht.<br />
banken können mittels risikotransfer diese<br />
gebundene Liquidität freisetzen und zur reinvestition<br />
nutzen, z. b. um ihre aktiva umzustrukturieren,<br />
in neue Wachstumsfelder einzusteigen<br />
oder ihr kerngeschäft durch neue<br />
kreditvergabe zu stärken.<br />
6. Verlustrealisation oder außerordentlicher<br />
Ertrag?<br />
um all die vorgenannten Vorteile realisieren<br />
zu können, nimmt das kreditinstitut bei einer<br />
risikotransfertransaktion möglicherweise die<br />
realisation eines Verlusts in kauf. Dieses Kreditausfallrisiko<br />
zu akzeptieren ist das Wesen<br />
des Kreditgeschäfts.<br />
ein Verlust resultiert zum einen je nach beleihungsauslauf<br />
aus der differenz zwischen restforderung<br />
und wahrscheinlich erzielbarem<br />
Marktwert der sicherheiten. Hat die bank dies<br />
bereits im Vorwege erkannt, hat sie risikovorsorge<br />
gebildet. Hat sie zusätzlich nach raroC<br />
gesteuert und die im kreditzins enthaltene<br />
risikomarge des gesamten kreditgeschäfts<br />
als rückstellung für eben dieses ausfallrisiko<br />
verwendet, ist der effekt in der gewinn und<br />
Verlustrechnung wahrscheinlich neutral. bei<br />
einer bepreisung durch einen immobilienvermarktungsspezialisten<br />
fällt diese differenz<br />
mög licherweise sogar geringer aus als bei der<br />
eigenen Verwertungsarbeit über die Zeit. dann<br />
wäre sogar ein außerordentlicher Gewinn<br />
möglich.<br />
daneben enthält der kaufpreis jeweils einen<br />
abschlag für die zukünftige bearbeitung der<br />
Forderungen durch den käufer. diese kosten<br />
spart die bank selbst zukünftig ein bzw. kann<br />
sie ihre ressourcen anderweitig einsetzen,<br />
womit auch dieser effekt neutralisiert werden<br />
kann.<br />
schließlich wird der kaufpreis auch deswegen<br />
niedriger als die summe aller sicherheitenwerte<br />
ausfallen, weil der kaufpreis den barwert<br />
der zukünftigen nettozahlungsströme darstellt.<br />
diese differenz erwirtschaftet die bank<br />
neben den Zinserträgen aus der reinvestition<br />
des transaktionserlöses (z. b. Zinserträge aus<br />
neukreditvergabe) durch alle oben diskutierten<br />
nutzeneffekte. bei einer bepreisung durch<br />
einen immobilienvermarktungsspezialisten<br />
fällt dieser effekt unter umständen sogar geringer<br />
aus, da dann die kalkulierte Verwertungsdauer<br />
geringer angesetzt werden wird.<br />
7. Gefahr der negativen Außenwahrnehmung?<br />
ein risikotransfer wird von den kunden und<br />
der Öffentlichkeit zuweilen als Vertrauensbruch<br />
angesehen. der darlehensnehmer fühlt sich<br />
buchstäblich „verkauft“, außerdem wird insbesondere<br />
käufern aus dem angelsächsischem<br />
raum nachgesagt, dass sie bei der abwicklung<br />
mitunter wenig einfühlsam vorgingen.<br />
diese bedenken erweisen sich aber allein deshalb<br />
als unbegründet, weil auch die Finanzinvestoren<br />
von einvernehmlichen Lösungen<br />
profitieren.<br />
daneben unterbleibt meist eine differenzierte<br />
betrachtung der details. Forderungen können<br />
erst verkauft werden, wenn sie rechtswirksam<br />
gekündigt sind. banken dürfen ein immobiliendarlehen<br />
erst dann kündigen, wenn es gemäß<br />
risikobegrenzungsgesetz notleidend ist, also<br />
wenn der kreditnehmer, bereits über einen längeren<br />
Zeitraum seinen vertraglichen Verpflich<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Banken können<br />
mittels Risikotransfer<br />
gebundene Liquidität<br />
freisetzen und zur<br />
Reinvestition nutzen,<br />
z. B. um ihre Aktiva<br />
umzustrukturieren,<br />
in neue Wachstumsfelder<br />
einzusteigen<br />
oder ihr Kerngeschäft<br />
durch neue Kreditvergabe<br />
zu stärken. «<br />
275
eitrag<br />
» Eine effiziente<br />
Kredit abwicklung<br />
sowie ein Kreditrisiko<br />
transfer könnten<br />
helfen, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Bank im Kreditneu<br />
geschäft zu<br />
steigern. «<br />
276<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
tungen zu Zins und tilgungsleistungen nicht<br />
nachgekommen ist und dabei mit mehr als<br />
2,5% des kredits in Verzug ist.<br />
insofern ergibt sich aus dem Verkauf von kreditforderungen<br />
durch die banken kein direkter<br />
nachteil für die kreditnehmer (darlehens<br />
schuldner).<br />
in deutschland kann als gütesiegel für einen<br />
special servicer die Mitgliedschaft in der Bundesvereinigung<br />
Kreditankauf und Servicing<br />
e. V. (bks) gelten. der Verband hat gemeinsam<br />
mit seinen Mitgliedern verbindliche grundsätze<br />
erarbeitet, die u. a. fordern, die Verwertungsarbeit<br />
nach den deutschen gesetzen<br />
und nach dem standard des bundesverbandes<br />
deutscher inkassounternehmen (bdiu) auszurichten,<br />
sowie vor der Verwertung von sicherheiten<br />
eine einvernehmliche Lösung mit dem<br />
kreditnehmer anzustreben.<br />
gute special servicer versuchen z. b. über den<br />
freihändigen Verkauf oder umfinanzierungen,<br />
die Zwangsversteigerung zu vermeiden und<br />
so für käufer und schuldner die beste Lösung<br />
zu finden. die bks hat außerdem Corporategovernanceregeln<br />
für ihre Mitglieder und<br />
einen ethikkodex für den umgang mit schuldnern<br />
entwickelt sowie einen ombudsmannsystem<br />
eingeführt, um hierüber eine schlichtungsstelle<br />
zu schaffen. sollten dennoch in dieser<br />
Hinsicht bedenken bestehen, bieten sich als<br />
alternativen zum Forderungsverkauf das reine<br />
outsourcing der abwicklung oder ein risikotransfer<br />
nach dem treuhandmodell an (mehr<br />
zu diesem Modell lesen sie in Folge 3 dieser<br />
reihe).<br />
IV. Wettbewerbsvorteil im Kredit<br />
Neugeschäft<br />
neben den unter iii. diskutierten effekten für<br />
die bank, können eine effiziente kreditabwicklung<br />
sowie ein kreditrisikotransfer helfen, die<br />
Wettbewerbsfähigkeit der bank im Kreditneugeschäft<br />
zu steigern. dieses Faktum scheint<br />
zunächst überraschend. Wie kann eine Marktfolgeeinheit<br />
helfen, einen Wettbewerbsvorteil<br />
im Markt zu erreichen? dies ist die logische<br />
schlussfolgerung aus dem letztendlichen einfluss<br />
aller unter iii. aufgeführten effekte, nämlich<br />
dem einfluss einer professionellen abwick<br />
lung und eines abbaus der notleidenden<br />
kreditbestände auf die kalkulation des kreditzinses.<br />
denn je besser ein kreditinstitut seine<br />
kredite abwickelt, desto geringer ist z. b. der<br />
abschreibungsbedarf und desto bessere Zinssätze<br />
können bei der Vergabe von neuen krediten<br />
angeboten werden.<br />
der kundenzins setzt sich u. a. zusammen aus<br />
risikokosten,<br />
eigenkapitalkosten,<br />
refinanzierungskosten und den<br />
betriebskosten.<br />
auf jeden dieser Parameter wirken sich das Vorhandensein,<br />
die bearbeitungsweise sowie die<br />
entwicklung der eigenen nPL bestände einer<br />
bank aus.<br />
dies wird im Folgenden im einzelnen begründet.<br />
1. Risikokosten<br />
Von den risikokosten war unter iii. 4. bereits<br />
die rede. die standardrisikokosten, als risikomargenaufschlag<br />
im kreditzins enthalten,<br />
sind notwendig, um Verluste aus kreditausfällen<br />
ausgleichen zu können. im rahmen der<br />
gesamtbanksteuerung kann man diesen kreditmargenanteil<br />
also als eine art rückstellung<br />
betrachten, den die bank in die bilanz einstellen<br />
könnte, um kreditverluste der Zukunft ausgleichen<br />
zu können.<br />
sie berechnen sich finanzmathematisch aus<br />
der ausfallwahrscheinlichkeit multipliziert mit<br />
der Wahrscheinlichkeit eines abschreibungsbedarfs<br />
im Falle eines kreditausfalls. Mit anderen<br />
Worten: Wie wahrscheinlich ist es, dass ein<br />
kredit notleidend wird? und wenn er notleidend<br />
geworden ist: Wie wahrscheinlich ist es,<br />
dass nicht die gesamte summe zurückgezahlt<br />
wird? Die Ausfallwahrscheinlichkeit kann<br />
durch die Abwicklung selbst nicht beeinflusst<br />
werden. der abschreibungsbedarf<br />
aber ist ganz klar etwas, worauf die abwicklung<br />
einfluss hat. Hier spielt also die Fähigkeit<br />
der abwicklungseinheit, barwertig eine<br />
höchstmögliche Verwertungserlösquote der<br />
sicherheiten zu erzielen, eine ganz entscheidende<br />
rolle. eine professionelle abwicklungseinheit<br />
hat dabei auf drei Faktoren einfluss:<br />
Zum einen auf die durchschnittliche Verwer
tungserlösquote je aktivaklasse (z. b. objektart<br />
in einer bestimmten region), zum anderen auf<br />
die schwankungsbreite dieser erlösquote. Je<br />
geringer diese sogenannte unsicherheit der<br />
sicherheitenwerte ist, desto besser für die notwendigen<br />
risikokosten. daneben spielt die<br />
Verwertungszeit eine entscheidende rolle. Je<br />
schneller die Verwertung im durchschnitt erfolgen<br />
kann, desto geringer können die notwendigen<br />
risikokosten angesetzt werden.<br />
2. Eigenkapitalkosten<br />
die notwendigkeit einer eigenkapitalunterlegung<br />
für kreditgeschäft wurde oben bereits<br />
diskutiert. betrachtet man zunächst das regulatorische<br />
kapital nach kWg und basel ii, so wird<br />
deutlich, dass über den Zins im kreditneugeschäft<br />
die eigenkapitalverzinsung sowohl für<br />
laufende, als auch für notleidende kreditbestände<br />
verdient werden muss, da letztere keine<br />
eigenkapitalmarge mehr verdienen. Je höher<br />
die nPLbestände sind, die „mit subventioniert“<br />
werden müssen, desto höher muss die bank<br />
den kreditzins anbieten.<br />
steuert die bank nach dem raroC Prinzip (statistisch<br />
wahrscheinliche, unerwartete Verluste<br />
sollen je nach sicherheitsbedürfnis der bank<br />
ab gepuffert werden) kann man aber auch das<br />
ökonomische eigenkapital, den sogenannten<br />
Credit Value at risk (CVar) betrachten.<br />
der CVar wird sowohl durch die Verlustvolatilität<br />
der abschreibungsbedürfnisse auf nPLs<br />
in der Vergangenheit (den sogenannten „unerwarteten<br />
Verlust“) und die Zusammensetzung<br />
des kreditportfolios als auch durch die absolute<br />
Höhe an kreditrisikopositionen beeinflusst.<br />
Je besser die risikoparameter der bank<br />
z. b. durch eine professionelle abwicklung sind,<br />
desto geringer ist der notwendige CVar für ein<br />
bestimmtes konfidenzniveau und dementsprechend<br />
weniger eigenkapitalkosten müssen kalkuliert<br />
werden.<br />
3. Refinanzierungskosten<br />
bisher konnten banken sich am geld und kapitalmarkt<br />
refinanzieren, ohne dass es dabei signifikante<br />
unterschiede bei den konditionen<br />
gab. das hat sich durch die Finanzkrise deutlich<br />
geändert: neuerdings macht es durchaus<br />
einen unterschied, welches kreditinstitut<br />
geld haben möchte, weil dessen bonität zuvor<br />
geschätzt wird. deswegen spielt das rating des<br />
instituts heute eine wesentlich größere rolle.<br />
und dieses rating wird u. a. durch die risikoparameter<br />
einer bank beeinflusst, wie unter<br />
iii. 2. gezeigt wurde. d. h., dass die refinanzierungskosten<br />
indirekt auch durch die risikokosten<br />
und das Verhältnis der nPLbestände zu den<br />
gesamtaktiva sowie durch die Professionalität<br />
der abwicklung bestimmt werden.<br />
Hinzu kommt, dass ratingagenturen regelmäßig<br />
auch auf die Prozesse und ergebnisse der<br />
kreditrisikoeinheiten achten: Wenn die abwicklungseinheit<br />
also selbst gut geratet ist, so wird<br />
sich das ebenfalls günstig auf die refinanzierungskosten<br />
auswirken. immer mehr banken<br />
greifen daher auf zertifizierte Abwicklungsspezialisten<br />
zurück, die ein rating haben – die<br />
immofori ag hat z. b. mit aboVe aVerage eines<br />
der höchsten servicerratings von standard &<br />
Poor´s in deutschland erhalten.<br />
4. Betriebskosten<br />
die betriebskosten werden neben der absoluten<br />
größe der abwicklungseinheit als nicht<br />
kernbereich der bank im Verhältnis zur gesamtbelegschaft<br />
insbesondere durch die gestaltung<br />
der Prozesse sowie durch die itkosten<br />
beeinflusst. Je spezialisierter die abwicklung<br />
ist, desto standardisierter können die Prozesse<br />
gestaltet sein, was betriebswirtschaftlich zu<br />
economies of scale sowie zu dem sogenannten<br />
Lernkurveneffekt führt. kann eine solche einheit<br />
zusätzlich noch durch eine abwicklungssoftware<br />
(Welches bankbasissystem sieht die<br />
prozess und meilensteinbegleitende abbildung<br />
von insolvenz verfahren oder Zwangsversteigerungsverfahren<br />
vor?) unterstützt<br />
werden, so wirkt sich dies zusätzlich positiv auf<br />
den möglichen auslastungsgrad, aber auch auf<br />
die abwicklungszeit aus. insbesondere bei kleineren<br />
instituten ist eine solche spezialisierung<br />
kaum zu erreichen.<br />
Hierzu könnte z. b. eine auslagerung der<br />
abwicklung an einen externen dienstleister<br />
beitragen. gemäß der mittlerweile klassischen<br />
studie „kreditprozesse der Zukunft“ des<br />
institutes eFinance Lab aus Frankfurt am Main<br />
erwarten die kreditinstitute beim outsourcing<br />
operative einsparungen von mind. 30%<br />
bei gleichzeitiger beachtung von Qualität und<br />
sicherheit. indirekt werden notwendige inves<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Je höher die NPL-<br />
Bestände sind, die<br />
„mit subventioniert“<br />
werden müssen,<br />
desto höher muss<br />
die Bank den Kreditzins<br />
anbieten. «<br />
277
eitrag<br />
» Je spezialisierter<br />
die Abwicklung ist,<br />
desto standardisierter<br />
können die Prozesse<br />
gestaltet sein. «<br />
PrAxiStiPPS<br />
278<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
titionen in abwicklungseinheiten auch durch<br />
risikotransfers von Portfolien reduziert.<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Wenn<br />
die gesamtwirtschaftlich begründeten erwartungen<br />
zu steigenden nPLbeständen führen,<br />
dann benötigen banken Lösungen, um die<br />
bestände bei gleichbleibend hoher Qualität<br />
mind. auf gleichbleibendem niveau zu halten<br />
mit dem Ziel, diese kontinuierlich zu reduzieren.<br />
dies ist eine betriebswirtschaftliche notwendigkeit.<br />
denn je professioneller ein kreditinstitut die<br />
Forderungsabwicklung seiner nPL gestalten<br />
kann, desto wettbewerbsfähiger wird es auch<br />
im kreditneugeschäft sein, da eine signifikante<br />
korrelation zwischen der Qualität der abwicklung<br />
und der kreditmargenkalkulation besteht.<br />
V. Volkswirtschaftlicher Nutzen<br />
von NPLTransaktionen<br />
nPLtransaktionen stellen für banken und sparkassen<br />
ein instrument der aktiven risiko und<br />
kapitalsteuerung dar: die kosten für das risi<br />
komanagement sinken, die banken können in<br />
der Folge vor dem Hintergrund der Überlegungen<br />
aus absch. iV. diesen spielraum nutzen, um<br />
ihren kunden niedrigere Zinsen einzuräumen<br />
und werden damit wettbewerbsfähiger. davon<br />
wiederum profitiert das Wirtschaftswachstum.<br />
gleichzeitig steuert der kreditportfoliohandel<br />
negativen kreditzyklen entgegen: der kreislauf<br />
von kreditausfällen, Wertberichtigungen,<br />
strengeren Vergabekriterien für kredite, geringeren<br />
investitionen durch unternehmen, geringerem<br />
privatem konsum und als Folge davon<br />
erneuten kreditausfällen wird gebremst. auch<br />
das fördert unmittelbar die volkswirtschaft liche<br />
entwicklung.<br />
als zusätzliche anlagemöglichkeit für investoren<br />
verbessert der kreditportfoliohandel die<br />
allokation von kapital und fördert auch auf<br />
diesem Wege das Wirtschaftswachstum. europäischen<br />
kreditinstituten, die in anderen eu<br />
Ländern kapital einsetzen möchten, bietet der<br />
kauf von nPLPortfolios in diesen Ländern eine<br />
gute Möglichkeit. insofern wird auch der europäische<br />
kapitalmarkt gefördert. £<br />
eine bank hat durch eine risikotransfertransaktion von notleidenden, immobilienbesicherten krediten immense Vorteile,<br />
ohne dabei hohe risiken einzugehen. sie verbessern nicht nur eigenkapital und Liquiditätssituation, sondern stärken<br />
über die risikoparameter und kostenertragsrelationen letztendlich die Wettbewerbsfähigkeit der bank.<br />
die Zahl notleidender kredite in deutschland steigt deutlich an. nach Monaten der Verunsicherung zieht der Markt für<br />
Forderungstransaktionen in deutschland wieder an.<br />
adressrisikosteuerung und raroCsteuerung helfen, Portfoliotransaktionen vorzubereiten.<br />
risikomargen für rückstellungen müssen für unerwartete kreditverluste genutzt werden, um spielraum für risikotransfers<br />
zu haben.<br />
risikotransfers schaffen Liquidität, entlasten die abwicklungsabteilungen und stärken die Wettbewerbsfähigkeit.<br />
seriöse special servicer achten auf die reputation der bank und suchen einvernehmliche Lösungen mit den schuldnern.<br />
die Volkswirtschaft profitiert von nPLtransaktionen.
Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />
I. Einleitung<br />
Forderungsbeitreibung investor revision<br />
Zwangsvollstreckung in Osteuropa<br />
Forderungsbeitreibung in der republik ungarn, der tschechischen republik<br />
(tschechien) und der slowakischen republik (slowakei).<br />
w das ungarische rechtssystem hat traditionell<br />
eine enge Verbindung zum deutschen wie<br />
auch österreichischen recht, weist aber dennoch<br />
zahlreiche eigenheiten auf. das Gerichtsvollzieherwesen<br />
in seiner heutigen Form<br />
steckt noch in den „kinderschuhen“, obwohl<br />
die gesetzlichen grundlagen hierfür bereits<br />
1994 gelegt worden sind. als „gerichtliche<br />
Vollstreckung“ wird die Zwangsvollstreckung<br />
zivilrechtlicher urteile bezeichnet. daneben<br />
existieren jedoch noch weitere Zugriff smöglichkeiten<br />
auf schuldnerisches Vermögen.<br />
näheres dazu weiter unten.<br />
neben dem Zwangsvollstreckungsverfahren<br />
gibt es in ungarn zwar ein insolvenzverfahren.<br />
anders als in deutschland kennt das ungarische<br />
recht jedoch keine Privatinsolvenz.<br />
II. Einige Begriffe haben in Ungarn<br />
eine andere Bedeutung<br />
Was in unserem sinne als Vollstreckungstitel<br />
gilt, ist in ungarn in § 10 ZwVollstrg näher<br />
geregelt. als wichtigste Vollstreckungsurkunde<br />
gilt das Vollstreckungsblatt. es handelt sich<br />
dabei um nichts anderes als die vollstreckbare<br />
Ausfertigung eines Urteils. daneben<br />
sind urkunden von bedeutung, die eine Vollstreckungsklausel<br />
beinhalten. allerdings darf<br />
dieser begriff nicht i. s. d. deutschen rechts<br />
interpretiert werden. es handelt sich dabei<br />
nämlich nicht um eine Vollsteckungsvoraussetzung,<br />
sondern um eine Alternative zum<br />
Vollstreckungsblatt.<br />
darüber hinaus existieren noch weitere titel.<br />
Wie ein gerichtsurteil wird eine Entscheidung<br />
in Mahnsachen behandelt. im Mahnverfahren<br />
(fi zetési meghagyás) erlässt der richter<br />
einen beschluss aufgrund eines Vorbringens<br />
des antragstellers. erhebt der schuldner<br />
binnen 15 tagen keinen einspruch, dann ent<br />
faltet der Mahnbeschluss dieselbe Wirkung wie<br />
ein rechtskräftiges urteil.<br />
durch ausstellung einer Vollstreckungsklausel<br />
durch einen notar wird eine notarielle<br />
Urkunde über die Verpfl ichtung zur Leistung<br />
mit einer Unterwerfungserklärung unter die<br />
Zwangsvollstreckung vollstreckbar. in allen<br />
anderen Fällen ist für die ausstellung des Vollstreckungsblatts<br />
oder der Vollstreckungsklausel<br />
stets ein gericht zuständig und erfolgt ausschließlich<br />
auf antrag des gläubigers.<br />
Handelt es sich um eine Geldforderung, dann<br />
kann das Vollstreckungsgericht statt der ausstellung<br />
eines Vollstreckungsblatts gleich eine<br />
unmittelbare gerichtliche Pfändung durch<br />
einen Pfändungsbeschluss anordnen. damit<br />
kann der Lohn des schuldners beim arbeitgeber<br />
umgehend gepfändet werden.<br />
III. Anerkennung, Vollstreckbarerklärung<br />
und Vollstreckung<br />
ausländischer Titel<br />
ungarn ist mit Wirkung zum 01.05.2004 der<br />
europäischen union beigetreten. im rahmen<br />
des Vollstreckungsrechts ist die Europäische<br />
Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung<br />
(eugVVo oder „brüssel i“) anwendbar. sie<br />
erfasst freilich nur solche klagen und öff entliche<br />
urkunden, die nach dem inkrafttreten<br />
der Verordnung am 01.03.2002 erhoben oder<br />
erstellt worden sind. noch einfacher geht es mit<br />
dem europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene<br />
Forderungen.<br />
ist weder europäisches gemeinschaftsrecht<br />
einschlägig noch greift ein bilaterales abkommen,<br />
dann muss das oft langwierige und zeitraubende<br />
exequaturverfahren durchlaufen<br />
werden. ein ausländischer titel bedarf daher<br />
zunächst der Anerkennung (elismerés) durch<br />
ein ungarisches gericht. im zweiten schritt ist<br />
eine Vollstreckungsbestätigung durch das<br />
Autor:<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
Dr. Ellen Ulbricht,<br />
Juristin und selbstständige<br />
Unternehmensberaterin mit dem<br />
Schwerpunkt Forderungsbeitreibung<br />
in Deutschland und Österreich,<br />
mit Sitz in Gramatneusiedl, Österreich.<br />
» Trotz seiner<br />
Reform im<br />
Jahr 1994 steckt das<br />
Gerichtsvollzieherwesen<br />
in Ungarn<br />
immer noch in den<br />
„Kinderschuhen“. «<br />
279
eitrag<br />
» Hat der Gläubiger<br />
ein Konto in Ungarn,<br />
kann er im Wege des<br />
„Sofortigen Einzugsauftrags“Kontoguthaben<br />
des Schuldners<br />
überweisen lassen. «<br />
280<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
für den Wohnsitz des schuldners zuständige<br />
gericht notwendig. darüber hinaus sind ein<br />
paar besonderheiten bei der Vollstreckung ausländischer<br />
titel (siehe auch iV.).<br />
IV. Auch die Zwangsvollstreckung<br />
geht andere Wege<br />
1. Rolle der Banken bei der<br />
Zwangsvollstreckung<br />
das Zwangsvollstreckungsrecht ist im Zwangsvollstreckungsgesetz<br />
(ZwVollstrg) geregelt.<br />
Mit der reform im Jahr 2000 sind den gläubigern<br />
erheblich mehr informationsrechte eingeräumt<br />
worden, die es ihnen ermöglichen,<br />
Vermögenswerte des schuldners ausfindig zu<br />
machen. Zugleich regelt das gesetz das Berufsrecht<br />
der Gerichtsvollzieher.<br />
der gerichtsvollzieher ist nicht nur zur<br />
beschlagnahme und Wegnahme beweglichen<br />
Vermögens berechtigt, sondern kann<br />
auch Grundstücke pfänden und verwerten.<br />
ihm obliegt zudem die Pfändung von arbeitseinkommen<br />
oder eine kontenpfändung bei<br />
der bank.<br />
daneben kommt Kreditinstituten eine bedeutende<br />
rolle im rahmen der Zwangsvollstreckung<br />
zu. Verfügt der schuldner über ein Girokonto,<br />
dann kann der gläubiger in Form eines<br />
sofortigen Einzugsauftrags (sofortinkasso) die<br />
Überweisung des ausstehenden betrags auf<br />
sein ungarisches konto verlangen, vorausgesetzt,<br />
er verfügt über ein vollstreckbares urteil<br />
und hat keine Zwangsvollstreckung beantragt.<br />
dieses Verfahren ist vor einleitung der Zwangsvollstreckung<br />
zwingend!<br />
2. Vollstreckungsverfahren<br />
das Vollstreckungsverfahren beginnt mit dem<br />
antrag des gläubigers auf erteilung einer vollstreckbaren<br />
urkunde, dem Vollstreckungsantrag<br />
(végrehajtasi kérelem). Hierfür gibt es<br />
einen speziellen Vordruck. Zu beachten ist, dass<br />
neben dem namen und dem geburtsdatum<br />
des schuldners auch der Familienname der<br />
Mutter anzugeben ist. der Vollstreckungsantrag<br />
kann bei Gericht oder dem Gerichtsvollzieher<br />
gestellt werden, der ihn an das gericht<br />
weiterleitet.<br />
das gericht entscheidet dann über die ausstellung<br />
des Vollstreckungsblatts. ist der gerichtsvollzieher<br />
für die durchführung des Vollstreckungsverfahrens<br />
zuständig, dann kann der<br />
gläubiger in einem Vorab-Verfahren auskunft<br />
über das Vermögen des Schuldners verlangen.<br />
Hierzu kann der gerichtsvollzieher einblick<br />
in das Vollstreckungsregister der Gerichtsvollzieherkammer<br />
nehmen.<br />
3. Reihenfolge bei der Pfändung<br />
bestimmt das Gesetz<br />
die Zwangsvollstreckung ist durch verschiedene<br />
Prioritätsregeln geprägt. d. h. es steht<br />
nicht im belieben des gläubigers, in welchen<br />
Vermögensteil er als erstes vollstrecken will. der<br />
gläubiger ist vielmehr verpflichtet, zunächst<br />
befriedigung aus der Pfändung von Lohn-<br />
bzw. Lohnersatzkosten zu suchen. Wenn dies<br />
nicht ausreicht, dann kann der gläubiger auf<br />
bewegliche Sachen zugreifen. ist auch hierdurch<br />
keine befriedigung zu erreichen, dann<br />
erst ist die Verwertung von grundstücken<br />
zulässig.<br />
4. Pfändungsfreigrenzen<br />
bei einer Lohnpfändung sind 33% des Nettolohns<br />
pfändbar. erst beim Zusammentreffen<br />
mehrerer Lohnpfändungen steigt die Pfändungshöchstgrenze<br />
auf 50%. diese Pfändungshöchstgrenze<br />
erfährt eine weitere einschränkung<br />
dahin gehend, dass der Lohn,<br />
welcher der Mindestrente entspricht, stets<br />
pfändungsfrei bleiben muss. das kann dazu<br />
führen, dass die genannten Quoten gar nicht<br />
ausgeschöpft werden können. diese einschränkung<br />
gilt auch für die kontenpfän<br />
dung.<br />
5. Sonstige Pfändungsmöglichkeiten<br />
Für die Vollstreckung in bankguthaben erlässt<br />
das Vollstreckungsgericht gegenüber der<br />
bank einen Überweisungsbeschluss (átulatási<br />
végzés). daneben ist die Vollstreckung<br />
in bewegliche sachen möglich. auch bei der<br />
Sachpfändung gibt es unpfändbare Gegenstände,<br />
vergleichbar mit den regelungen in<br />
der deutschen ZPo. die Vollstreckung in eine<br />
Forderung gilt als unterform der Vollstreckung<br />
in bewegliche sachen und ist entsprechend<br />
ausgestaltet.
in unbewegliche Sachen vollstreckt der<br />
gerichtsvollzieher, in dem er durch das grundbuchamt<br />
das Zwangsvollstreckungsrecht des<br />
gläubigers eintragen lässt. Zu beachten ist,<br />
dass ein auf dem grundstück befindliches<br />
Gebäude nicht zwingend im Eigentum<br />
des Grundstückseigentümers stehen muss.<br />
grundsätzlich ist der gerichtsvollzieher für die<br />
Verwertung der gepfändeten sachen zuständig.<br />
i. d. r. geschieht dies durch Versteigerung.<br />
immobilien können auch zum Verkauf ausgeschrieben<br />
werden. bei der auskehrung der Verwertungserlöse<br />
werden zunächst die kosten<br />
der Zwangsvollstreckung gedeckt, der rest<br />
wird unter den Vollstreckungsgläubigern aufgeteilt,<br />
wobei das gesetz eine reihenfolge aufstellt,<br />
falls mehrere gläubiger vorhanden sein<br />
sollten.<br />
6. Besonderheiten bei der Voll <br />
streckung ausländischer Titel<br />
die ungarische rechtsprechung berücksichtigt<br />
einige besonderheiten bei der Zwangsvollstreckung<br />
durch einen ausländischen gläubiger.<br />
so ist es nicht notwendig, als erstes einen<br />
sofortigen Einzugsauftrag (siehe dazu oben)<br />
zu erteilen, denn der ausländische gläubiger<br />
wird i. d. r. nicht über ein konto in ungarn<br />
verfügen.<br />
ein in deutschland erwirktes urteil wird regelmäßig<br />
auf euro lauten und nicht auf Forint. Pfändet<br />
nun der deutsche gläubiger das konto des<br />
schuldners in ungarn, dann ist die kontoführende<br />
bank verpflichtet, den Betrag in Forint<br />
abzuführen. anders sieht es dagegen bei den<br />
erlösen aus der Verwertung von beweglichen<br />
und unbeweglichen sachen aus. in diesem Fall<br />
erhält der gläubiger sein geld in euro, vorausgesetzt<br />
die vollstreckbare urkunde lautet auf euro.<br />
V. Kosten der<br />
Zwangsvollstreckung<br />
die im Zuge der Zwangsvollstreckung anfallenden<br />
kosten muss der antragsteller zunächst<br />
verauslagen. Zunächst fallen Gerichtsgebühren<br />
für die Ausstellung des Vollstreckungsblatts<br />
oder die Erteilung der Vollstreckungsklausel<br />
an. die gebühr richtet sich nach der<br />
gerichtsinstanz. bei Zuständigkeit eines örtlichen<br />
gerichts beträgt die gebühr ein Prozent<br />
des gegenstandswerts, mind. jedoch 3.000 HuF<br />
und höchstens 150.000 HuF (ca. elf bzw. 560 €).<br />
dem Gerichtsvollzieher stehen daneben<br />
Gebühren und ein Aufwendungsersatz zu.<br />
die Höhe der sog. arbeitsgebühr richtet sich<br />
nach dem gegenstandswert. so beträgt die<br />
Arbeitsgebühr bei einem gegenstandswert<br />
bis 100.000 HuF (ca. 375 €) insgesamt 4.000 HuF<br />
(ca. 15 €), bei einem gegenstandswert zwischen<br />
mehr als einer Mio. und fünf Mio. HuF (ca.<br />
18.700 €) insgesamt 31.000 HuF (ca. 116 €) plus<br />
zwei Prozent des Werts über eine Mio. HuF. die<br />
durchführung eines Vorab-Verfahrens schlägt<br />
mit 2.000 HuF (ca. 7,50 €) zu buche. darüber<br />
hinaus kann er noch eine allgemeine Kostenpauschale<br />
in rechnung stellen, die 50% der<br />
arbeitsgebühr beträgt. Zu beachten ist, dass<br />
für die arbeitsgebühr sowie die allgemeine<br />
kostenpauschale ein Vorschuss i. H. v. 50% zu<br />
leisten ist. nach abschluss des Vollsteckungsverfahrens<br />
wird noch eine Provision fällig,<br />
sofern die Vollstreckung erfolgreich verlaufen<br />
ist. Für die beitreibung einer geldforderung bis<br />
zu fünf Mio. HuF stehen ihm zehn Prozent der<br />
summe als Provision zu. Letztendlich fällt noch<br />
eine Kostenpauschale für die Gerichtsvollzieherkammer<br />
an. Für Zwangsvollstreckungen<br />
mit einem gegenstandswert von weniger als<br />
500.000 HuF (ca. 1.870 €) wird eine Pauschale<br />
i. H. v. 1.000 HuF fällig, für angelegenheiten<br />
darüber ein Prozent des Werts.<br />
VI. Erfolgsaussichten einer<br />
Pfändung?<br />
Zwar klingt die Möglichkeit über die gerichtsvollzieher<br />
näheres über die Vermögenslage des<br />
schuldners in erfahrung zu bringen sehr vielversprechend.<br />
dennoch zeigt die Praxis, dass<br />
die erforschung des schuldnervermögens sich<br />
nicht gerade einfach gestaltet. die einzusehenden<br />
elektronischen register befinden sich nämlich<br />
erst im aufbau.<br />
Wohneigentum ist, abgesehen von ländlichen<br />
gebieten, eher die ausnahme. selbst wenn eine<br />
immobilie gepfändet und verwertet werden<br />
kann, kommt die ernüchterung meist beim<br />
Verwertungserlös. die immobilienpreise sind,<br />
einmal abgesehen von jenen immobilien, die<br />
sich im einzugsgebiet der österreichischen Landesgrenze<br />
befinden, nach wie vor sehr nied<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Die Vollstreckung<br />
in unbewegliches Vermögen<br />
erfolgt durch<br />
den Gerichtsvollzieher,<br />
indem dieser<br />
das Recht des<br />
Gläubigers in das<br />
Grundbuch eintragen<br />
lässt. «<br />
281
eitrag<br />
» Nach der umfassenden<br />
Justizreform<br />
in Tschechien zum<br />
01.11.2009 sind Vollstreckungsanträge<br />
nicht mehr an das<br />
Gericht, sondern an<br />
den Gerichtsvollzieher<br />
zu richten. «<br />
282<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
rig. ein großer Verwertungserlös ist daher i. d. r.<br />
nicht zu erwarten.<br />
VII. Die Tschechische Republik<br />
hat die Zwangsvollstreckung<br />
novelliert<br />
die im früheren tschechischen rechtssystem<br />
noch enthaltenen einflüsse der ersten tschechoslowakischen<br />
republik als auch des kommunistischen<br />
rechtssystems sind weitgehend<br />
durch neue gesetze und Verordnungen ersetzt<br />
worden. Überwiegend wurden die neuen Vorschriften<br />
bereits an die eugesetzgebung<br />
angepasst. erneuert worden ist u. a. das insolvenzgesetz,<br />
in dem auch ein Privatkonkurs<br />
näher geregelt ist.<br />
1. Anerkennung ausländischer Urteile<br />
Wer noch vor wenigen Jahren in tschechien die<br />
Zwangsvollstreckung gegen einen schuldner<br />
betreiben wollte, der hatte schlechte karten.<br />
denn erst seit der Erklärung des tschechischen<br />
Justizministeriums über die gegenseitigkeit<br />
bei der anerkennung und Vollstreckung<br />
der gerichtsentscheidungen in Zivil und<br />
Handelssachen vom 21.08.2001 werden deutsche<br />
urteile in Zivil und Handelssachen von<br />
der tschechischen rechtsordnung anerkannt.<br />
davor war ein deutscher titel praktisch wertlos.<br />
Viel einfacher ist die grenzüberschreitende Vollstreckung<br />
mit dem EU-Beitritt tschechiens<br />
zum 01.05.2004 geworden. damit gilt nun<br />
auch die egVerordnung nr. 44/2001 über die<br />
gerichtliche Zuständigkeit und die anerkennung<br />
und Vollstreckung von entscheidungen<br />
in Zivil und Handelssachen.<br />
2. Zwangsvollstreckung in der<br />
Tschechischen Republik geht<br />
neue Wege<br />
a) Vollstreckung erfolgt nicht nur<br />
aus Urteilen<br />
die Zwangsvollstreckung kann nicht nur aus<br />
endurteilen, beschlüssen, Zahlungsbefehlen<br />
oder gerichtlichen Vergleichen erfolgen. die<br />
notarielle Niederschrift mit Unterwerfungsklausel<br />
gewinnt in tschechien immer mehr an<br />
bedeutung. um aus dem titel vollstrecken zu<br />
könnten, bedarf es einer Vollstreckungsklau-<br />
sel des gerichts, das die entscheidung erlassen<br />
hat.<br />
b) Neue Kompetenzen für die<br />
Gerichtsvollzieher<br />
in der Vergangenheit standen demjenigen,<br />
der seinen anspruch auf eine geldleistung im<br />
rahmen der Zwangsvollstreckung („ ecekuce“)<br />
durchsetzen wollte, verschiedene Wege zur<br />
Verfügung. Zum 01.11.2009 ist eine umfassende<br />
Justizreform in tschechien in kraft<br />
getreten, die wesentliche Änderungen in<br />
der Zwangsvollstreckung mit sich bringt. der<br />
Antrag, mit dem ein Zwangsvollstreckungsverfahren<br />
eröffnet werden soll, ist seither an<br />
den Gerichtsvollzieher und nicht mehr an das<br />
gericht zu richten. ist der antrag vollständig<br />
und fehlerfrei, sendet ihn der gerichtsvollzieher<br />
auf elektronischem Wege an das Vollstreckungsgericht,<br />
das über die eröffnung der Vollstreckung<br />
entscheidet. der gerichtsvollzieher<br />
wird mit der durchführung der Zwangsvollstreckung<br />
beauftragt, ohne dass das gericht die<br />
konkrete Vorgehensweise vorgibt. diese legt<br />
der gerichtsvollzieher erst mit dem Vollstreckungsbefehl<br />
fest.<br />
Für seine tätigkeit verlangt der gerichtsvollzieher<br />
zum einen die Erstattung von Auslagen,<br />
eine Wegepauschale sowie Gebühren für die<br />
Zustellung von schriftstücken bzw. urkunden.<br />
Für die Vollstreckungsmaßnahmen als solche<br />
kann dagegen die gebühr ausgehandelt<br />
werden. Meist wird ein bestimmter Prozentsatz<br />
der beigetriebenen Forderung vereinbart.<br />
c) Pfändbares und Unpfändbares<br />
der Pfändung unterliegen Bankguthaben<br />
ebenso wie bewegliche Sachen oder immobilien.<br />
bei beweglichen sachen ist danach zu<br />
differenzieren, ob es sich um solche handelt,<br />
die unpfändbar sind oder solche, deren Verkauf<br />
verboten ist. es ist jedoch gesetzlich nicht<br />
näher geregelt, bei welchen sachen konkret ein<br />
Verkauf und damit letztendlich eine Versteigerung<br />
unzulässig ist. auch bei den unpfändbaren<br />
sachen bleiben zahlreiche Fragen offen.<br />
so gilt „unbedingt benötigte“ bekleidung als<br />
„gewöhnliche“ und ist damit unpfändbar. die<br />
Verwertung erfolgt durch Versteigerung der<br />
sachen. bei immobilien kann die Zwangsvollstreckung<br />
sowohl durch den gerichtsvollzie
her als auch das gericht erfolgen. allerdings<br />
ist dieses Verfahren umständlich und sehr zeitraubend,<br />
da viele Verfahrensschritte notwendig<br />
sind, deren rechtskraft jeweils abgewartet<br />
werden muss. Zu berücksichtigen ist außerdem,<br />
dass in der tschechischen republik ein<br />
gebäude nicht zwingend fester bestandteil des<br />
grundstücks ist. als „Liegenschaft“ gilt daher<br />
sowohl das grundstück als solches wie auch<br />
das fest mit grund und boden darauf befindliche<br />
gebäude.<br />
die Gesetzesnovelle erlaubt den Zugriff auf<br />
bewegliches, unbewegliches Vermögen oder<br />
ein unternehmen erst dann, wenn der ertrag<br />
aus anderen arten der Zwangsvollstreckung<br />
nicht ausreicht, um die offene Forderung zu<br />
tilgen. in der Vergangenheit soll es vorgekommen<br />
sein, dass die Zwangsvollstreckung in<br />
unbewegliches Vermögen wegen einer Forderung<br />
i. H. v. 30 Hellern (ca. einen Cent) – einer<br />
Währungseinheit, die bereits seit Längerem gar<br />
nicht mehr existiert – betrieben worden ist 1 .<br />
dem sollte mit der neuregelung ein riegel vorgeschoben<br />
werden.<br />
auch die Lohnpfändung ist nicht schrankenlos.<br />
Vergleichbar den regeln in der deutschen<br />
ZPo gibt es unpfändbare bezüge. grundlage<br />
für die berechnung eines unpfändbaren<br />
bezugs bildet das Nettoeinkommen, zu dem<br />
jedoch weitere Lohnbestandteile wie Prämien,<br />
schmutz und gefahrenzulagen oder Überstunden,<br />
sonn und Feiertagszuschläge gehören<br />
können. der Pfändungsfreibetrag wird durch<br />
eine regao festgelegt. die berechnung erfolgt<br />
nach dem sog. „Drittelsystem“. d. h. es gibt<br />
unpfändbare bezüge, solche, die voll pfändbar<br />
sind und restbezüge, die nach abzug<br />
eines zur Pfändung freigegebenen betrags dem<br />
schuldner in jedem Fall verbleiben müssen.<br />
die berechnung erfolgt prozentual, als basis<br />
wird das vom gesetzgeber festgelegte Minimum<br />
zum Leben zugrunde gelegt. nach dem<br />
gesetz nr. 463/1991 sb. beträgt dieses derzeit<br />
für ein kind unter sechs Jahren 1.720 CZk (ca.<br />
67 € – tschechien hat im gegensatz zur slowakei<br />
den euro noch nicht als Zahlungsmittel<br />
eingeführt), für einen einpersonenhaushalt<br />
1.940 CZk (ca. 76 €) und für einen Zweipersonenhaushalt<br />
2.530 CZk (knapp 100 €). als<br />
unpfändbar gelten derzeit 62% des Lebensminimums<br />
für den schuldner selbst und 25%<br />
für jede unterhaltsberechtigte Person.<br />
bei der Lohnpfändung gilt es noch eine weitere<br />
besonderheit zu beachten. Wechselt der<br />
schuldner nach anordnung der Lohnpfändung<br />
den arbeitgeber, dann ist keine erneute anordnung<br />
notwendig. dies gilt selbst dann, wenn er<br />
keinen neuen arbeitsplatz hat und stattdessen<br />
andere pfändbare bezüge erhält.<br />
3. Aussichten und Alternativen<br />
Zwar kostet ein rechtsstreit in tschechien<br />
sowohl im Hinblick auf die gerichts als auch<br />
rechtsanwaltskosten deutlich weniger als in<br />
deutschland, gleichzeitig ist jedoch mit einer<br />
erheblich längeren Verfahrensdauer zu rechnen.<br />
alternativ zur gerichtlichen geltendmachung<br />
und anschließenden zwangsweisen durchsetzung<br />
der Forderung sollte deshalb die anrufung<br />
eines Schiedsgerichts in betracht gezogen<br />
werden. gerade im grenzüberschreitenden<br />
bereich sind schiedsgerichtsverfahren von<br />
Vorteil. sie lassen sich zum einen wesentlich<br />
schneller abwickeln und zum anderen fallen<br />
hierfür in etwa vergleichbare kosten wie für<br />
eine gerichtliche entscheidung an. die entscheidungen<br />
der schiedsgerichte sind aufgrund<br />
des new Yorker abkommens von 1958<br />
international vollstreckbar.<br />
4. In der Slowakei geht alles etwas<br />
langsamer<br />
bis zur jüngsten gesetzesreform waren die<br />
Voraussetzungen für die durchführung der<br />
Zwangsvollstreckung in tschechien und der<br />
slowakei nahezu identisch. auch nach der<br />
Justizreform in tschechien weist die Zwangsvollstreckung<br />
in der slowakei zahlreiche Parallelen<br />
auf. Wie tschechien ist die slowakei<br />
zum 01.05.2004 der eu beigetreten. insoweit<br />
gelten auch hier die regeln über die anerkennung<br />
ausländischer titel. ist die eugVVo nicht<br />
anwendbar, dann richten sich anerkennung<br />
und Vollstreckung eines ausländischen Vollstreckungstitels<br />
nach dem gesetz nr. 97/1963 slg.<br />
vom 04.12.1963 über das internationale Privat<br />
und Prozessrecht (iPrg).<br />
Wer in der slowakei eine Forderung auf dem<br />
Klageweg durchsetzen will, der braucht sehr<br />
viel geduld. einfacher und zeitsparender kann<br />
es daher sein, die klage in deutschland einzureichen<br />
und später das urteil in der slowa<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
beitrag<br />
» Bei Immobilien<br />
kann die Zwangsvollstreckung<br />
sowohl<br />
durch den Gerichtsvollzieher<br />
als auch das<br />
Gericht erfolgen. «<br />
1 „die Presse“, Wien, Printausgabe vom 03.07.2009.<br />
283
284<br />
beitrag<br />
» Auch nach der<br />
Justizreform in<br />
Tschechien weist<br />
die Zwangsvollstreckung<br />
in der<br />
Slowakei zahlreiche<br />
Parallelen auf. «<br />
PrAxiStiPPS<br />
Ungarn:<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
kei anerkennen zu lassen. dies gelingt natürlich<br />
nur dann, wenn nach slowakischem recht<br />
ein deutsches gericht international zuständig<br />
ist. Zwar besteht sowohl in der ersten instanz<br />
als auch in der berufungsinstanz kein anwaltszwang,<br />
dennoch ist die inanspruchnahme<br />
anwaltlicher Hilfe in jedem Fall anzuraten.<br />
es empfiehlt sich, den antrag auf Vollstreckbarerklärung<br />
des deutschen titels zusammen<br />
mit dem antrag auf Zwangsvollstreckung zu<br />
stellen. Welche institution für die Vollstreckung<br />
zuständig ist, hängt von der Art der<br />
Vollstreckungshandlung ab. den Gerichtsvollziehern<br />
obliegen in erster Linie die Fahrnisvollstreckung<br />
und die durchführung von<br />
ersatzvornahmen, den Kreisgerichten die<br />
übrigen Vollstreckungshandlungen. bei<br />
beantragung der ersten Zwangsvollstreckungshandlung<br />
hat der gläubiger einen Empfangsbevollmächtigten<br />
in der slowakei zu benennen,<br />
weshalb sich auch hierzu wiederum die<br />
einschaltung eines rechtsanwalts lohnt.<br />
eine neuregelung weist das slowakische<br />
Zwangsvollstreckungsrecht im Hinblick auf<br />
Unterhaltsschulden auf: um die beitreibung<br />
der unterhaltskosten zu beschleunigen, kann<br />
dem Verpflichteten der Führerschein entzogen<br />
werden, wenn er seinen Verpflichtungen<br />
aus einem vollstreckbaren urteil nicht<br />
nachkommt. £<br />
die Vollstreckungsklausel ist nicht gleichbedeutend mit der klausel nach deutschem recht. Vielmehr handelt es sich um<br />
eine alternative zur gebräuchlichsten Vollstreckungsurkunde.<br />
bei geldforderungen kann das Vollstreckungsgericht ohne ausstellung eines Vollstreckungsblatts die gerichtliche Pfändung<br />
anordnen.<br />
bei der Pfändung gelten Prioritätsregeln. d. h. als erstes ist auf den Lohn bzw. Lohnersatz Zugriff zu nehmen.<br />
sofortinkasso: Zwingend vor durchführung der Zwangsvollstreckung vorgeschrieben, sofern der schuldner über ein<br />
girokonto verfügt.<br />
ein auf einem grundstück befindliches gebäude muss nicht zwangsläufig im eigentum des grundstückseigentümers stehen.<br />
Tschechien:<br />
in tschechien hat die notarielle niederschrift mit unterwerfungsklausel an bedeutung gewonnen.<br />
seit der umfassenden Justizreform sind die gerichtsvollzieher mit weitergehenden kompetenzen ausgestattet worden.<br />
bei beweglichen sachen ist zwischen solchen zu differenzieren, die unpfändbar sind, und solchen, deren Verkauf verboten<br />
ist.<br />
bei der Lohnpfändung gilt das „drittelsystem“.<br />
Slowakei:<br />
auch nach der Justizreform in tschechien weisen das tschechische und slowakische Zwangsvollstreckungsrecht noch<br />
zahlreiche Parallelen auf.<br />
eine Forderung in der slowakei einzuklagen ist nach wie vor eine mühsame und zeitraubende angelegenheit.
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
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Portfolios mit einem Gesamtvolumen von mehr als 800 Millionen Euro und beschäftigt rund 80 Mitarbeiter.<br />
Unternehmenssitz ist Hamburg. Die Vorstandsvorsitzenden sind Kai Sudmann und Kolwja A. Zimmer.<br />
Die immofori bietet eine hocheff ektive Palette an Dienstleistungen, die passgenau auf die Kundenwünsche<br />
zusammengestellt werden. Sie wickelt gekündigte Immobilienfi nanzierungen im namen des Kreditgebers<br />
ab. Bei Abverkauf von solchen Kredite gestaltet sie die gesamte Verkaufstransaktion und vermittelt<br />
nationale Kreditinstitute an internationalen Investoren. Seit Anfang 2008 vermittelt die immofori<br />
auch erfolgreich Umfi nanzierungen. Zielgerichtete Bewertungen und Vermarktungen von Immobilien<br />
runden die Produktpalette ab.<br />
Risiken minimieren, Kosten senken, Erträge steigern – mit der Auslagerung des Immobilien-<br />
Workouts an den Spezialisten.<br />
Die Proceed Portfolio Services GmbH verwaltet und wickelt umfangreiche Bestände überwiegend leistungsgestörter<br />
oder gekündigter, grundpfandrechtlich besicherter Darlehensforderungen ab. Zum<br />
Kundenstamm des 1997 gegründeten Unternehmens zählen nationale und internationale Banken,<br />
Sparkassen und Bausparkassen sowie institutionelle Investoren. Das zur GFKL-Gruppe aus Essen gehörende<br />
Unternehmen verfügt über die Inkassozulassung des Präsidenten des Amtsgerichts Essen<br />
(Registrierungsbehörde nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz: Oberlandesgericht Hamm) sowie eine<br />
Maklerzulassung gemäß 34c GewO.<br />
Als Servicer für die Betreuung o. g. Darlehensforderungen setzen die Spezialisten der Proceed Portfolio<br />
Services GmbH konsequent auf einvernehmliche Lösungen. Jeder Fall wird primär als ein wirtschaftliches<br />
und nicht als ein rein juristisches Problem betrachtet. Der Darlehensnehmer wird dabei nicht als Schuldner,<br />
sondern als Teil des Lösungskonzeptes angesprochen. Damit öff nen sich Wege für interessenverbindende<br />
Vereinbarungen, die Erfolgschancen für eine außergerichtliche Einigung steigen.<br />
BÜRGEL ist seit 125 Jahren der Spezialist für Wirtschaftsinformationen. Vielfältige Produkte überzeugen mit<br />
aktuellen und detaillierten Daten sowohl deutsche als auch internationale Firmen. Gerade heutzutage ist es<br />
wichtig, einen zuverlässigen Überblick über die Finanzlage und die Bonität von Geschäftspartnern zu erhalten.<br />
Dadurch können Sie Zahlungsarten steuern und gleichzeitig Ihre eigene Liquidität sichern.<br />
BÜRGEL bietet Ihnen Lösungen für Ihre Bedürfnisse:<br />
aussagekräftige Daten, um Geschäfte erfolgreich abzuschließen<br />
bonitätsgeprüfte Adressen zur Gewinnung neuer Kunden<br />
schnelle Adress-Ermittlungen, um Forderungsausfälle zu minimieren<br />
umfassenden Inkassoservice, um Forderungen gezielt durchzusetzen<br />
BÜRGEL ist ein Tochterunternehmen der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG (Allianz Group) und der<br />
KG EOS Holding GmbH & Co (Otto Group). Das große BÜRGEL netzwerk mit 60 Büros bundesweit bietet<br />
Ihnen besten Service vor Ort.<br />
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285
ForderungsPartner<br />
rubrik Firma kontakt Profi l<br />
IT-DIENSTLEISTUNG<br />
WIRTSCHAFTSPRÜFUNG & BERATUNG<br />
GUTACHTER / BEWERTER<br />
ABIT GmbH<br />
Robert-Bosch-Str. 1<br />
4<strong>06</strong>68 Meerbusch<br />
Deloitte & Touche GmbH<br />
Franklinstraße 50<br />
60486 Frankfurt am Main<br />
IndustrieWert GmbH<br />
Louise-Dumont-Str. 25<br />
40211 Düsseldorf<br />
Jürgen Däumler<br />
Leiter Kundenbetreuung<br />
Tel. 0 21 50/9153 888<br />
Fax: 0 21 50/9153 299<br />
Mail: vertrieb@abit.de<br />
www.abit.de<br />
Dr. Ulrich Theileis<br />
Tel: <strong>06</strong>9/75 69 56 54 0<br />
Fax: <strong>06</strong>9 / 75 69 56 72 9<br />
Mail: utheileis@deloitte.de<br />
www.deloitte.com/de<br />
286 <strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
Michael Mekelburger<br />
Geschäftsführer<br />
Tel.: 0211/15 97 76-0<br />
Fax: 0211/15 97 76-10<br />
Mail: m.mekelburger@industriewert.de<br />
www.industriewert.de<br />
Annabell Jörg<br />
Leiterin Key Account Management<br />
& Marketing<br />
Finanz Colloquium Heidelberg<br />
Tel.: <strong>06</strong>221/99 898 19<br />
Tel.: <strong>06</strong>221/99 898 99<br />
Mail: Annabell.Joerg@FC-Heidelberg.de<br />
Mit derzeit über 550 Installationen bei Kunden aus der Kreditwirtschaft ist ABIT führender Anbieter innovativer<br />
Bankensoftware für die Unterstützung von Serviceprozessen im deutschsprachigen Raum. Mit<br />
ABIT Banknology© bietet ABIT ein komponentenbasiertes Bearbeitungssystem, das als Standardsoftware-Lösung<br />
auf Basis eines einheitlichen Datenmodells, generischer Schnittstellenadapter und einer<br />
integrierten Workfl owsteuerung Kreditinstitute in den Bereichen Kreditantragsbearbeitung, Problemkreditmanagement,<br />
Risikovorsorge und Pfändungsbearbeitung unterstützt. Als Partner der Kreditwirtschaft<br />
ist ABIT seit über 20 Jahren erfolgreich im Markt etabliert.<br />
Kreditinstitute, Fondsgesellschaften und Versicherungsunternehmen agieren in einem sich schnell verändernden<br />
Umfeld. Die dynamischen Entwicklungen an den Finanzmärkten und die sich daraus ergebenden<br />
Chancen und Risiken stellen hohe Anforderungen an die Unternehmen und bedingen ein großes<br />
Maß an Flexibilität. Gleichzeitig sehen sich die Unternehmen zunehmend komplexeren Herausforderungen<br />
des globalen Handels, der systemtechnischen Abbildung und des nationalen und internationalen<br />
(Aufsichts-)Rechts gegenüber. Unter der Financial Services Industry bündelt Deloitte das banken-<br />
und fi nanzdienstleistungsspezifi sche Know-how. Spezialisierte Mitarbeiter gewährleisten nicht nur umfassendes<br />
Verständnis des Finanzdienstleistungssektors, sondern ebenfalls herausragende Kenntnisse<br />
der aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen. Damit wir unseren Kunden optimale und individuelle Lösungen<br />
anbieten können, arbeiten wir eng mit anderen Dienstleistungsbereichen von Deloitte zusammen.<br />
Weite Informationen fi nden Sie auf unserer Internetseite.<br />
Die IndustrieWert GmbH ist eines der führenden Sachverständigen- und Auktionshäuser für Industrieanlagen,<br />
Maschinen und sonstiges bewegliches Anlage- und Umlaufvermögen. Öff entlich bestellte und<br />
vereidigte Sachverständige und Versteigerer be- und verwerten sicherungsübereignetes Vermögen mit<br />
rechtlich geprüfter, einwandfreier Abwicklung und einem optimalen Erlös-/Kosten-Verhältnis. Erlösgarantien<br />
und Mittelstandsnachfolge sowie Sale-and-Lease Back im Angebot.<br />
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isikomanagement, sicherheitenverwertung,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
01 Praktikerhandbuch Verbraucherdarlehen<br />
Dr. Ana Maria Fraga Novelle/Dr. Franz X. Wallner/ Torsten<br />
Knapp/Jan Enrico Meißner/Christian Merz/Michael Schebesta/<br />
Dr. Christian Tetzlaff/Michael Weis/Christoph Wengler/<br />
Prof. Dr. Konrad Wimmer: Praktikerhandbuch Verbraucherdarlehen.<br />
Finanz Colloquium Heidelberg, Heidelberg,<br />
2. aufl. 2009. 598 s., 84 €.<br />
w bei dem in der zweiten auflage erschienen Werk<br />
handelt es sich weder um einen kommentar noch um<br />
ein Lehrbuch, „…und das ist auch gut so“ (teilzitat von<br />
dem berliner bürgermeister klaus Wowereit)! es ist vielmehr<br />
ausgerichtet auf praktische und pragmatische<br />
Hinweise, wie mit den Vorgaben des Verbraucherdarlehensrechts<br />
umzugehen ist und deren umsetzung<br />
in der Praxis aussehen kann. der aufbau und die<br />
reihenfolge der thematischen abhandlung orientiert<br />
sich dabei an dem ablauf des kreditprozesses – gerade<br />
aus Praktikersicht sehr hilfreich. Hervorzuheben ist,<br />
dass bereits die aktuellen neuerungen im Wege der<br />
Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie in das<br />
deutsche recht berücksichtigt worden sind.<br />
untergliedert in zwölf kapitel wird mit dem aktuellen<br />
thema des umsetzungsleitfadens für das neue Verbraucherkredit/darlehensrecht<br />
begonnen, sodann über die<br />
vorvertraglichen informationen und die Finanzierungsberatung,<br />
über Preisangaben und effektivzinsberechnung,<br />
den Vertragsschluss, besonderheiten und die<br />
sicherheitenbestellung sowie Änderungen/störungen<br />
fortgesetzt, bis hin zur beendigung, abwicklung und<br />
insolvenz mit etwaiger restschuldbefreiung. insofern<br />
wird das Verbraucherdarlehen „von der Wiege bis zur<br />
bahre“ dargestellt und erläutert, immer mit blick darauf,<br />
praktische Hilfestellungen zu geben, d. h. „dogmatische<br />
kämpfe“ stehen hier dem anspruch dieses Werks entsprechend<br />
nicht im Fokus. als anlagen sind schließlich<br />
noch ein beispiel für die information im Fernabsatz und<br />
eine Widerrufsbelehrung abgedruckt<br />
aufgrund des stands des Jahres 2009 hat der benutzer<br />
die zwischenzeitliche Weiterentwicklung, vornehmlich<br />
aktuelle bgHentscheidungen, zu beachten, wobei<br />
exemplarisch folgende kurz genannt seien:<br />
im Falle der Anlageberatung durch die bank (dazu<br />
rn. 213 ff.) hat diese den kunden über etwaige<br />
rückvergütungen, die die bank für den Vertrieb<br />
des jeweiligen Produkts erhält, dann aufzuklären,<br />
wenn teile der ausgabeaufschläge oder Verwal<br />
tungsgebühren, die der kunde über die bank<br />
an die Fondsgesellschaft/den emittenten zahlt,<br />
hinter seinem rücken an die beratende bank<br />
umsatzabhängig zurückfließen. nach dieser sog.<br />
„rückvergütungsrechtsprechung“ des bgH (z. t.<br />
auch als “kickbackrechtsprechung“ bezeichnet) ist<br />
die bank dann verpflichtet, ungefragt den kunden<br />
über derartige Vertriebsprovisionen aufzuklären,<br />
und damit ihm gelegenheit zu geben, abzuwägen,<br />
ob er gleichwohl das empfohlene Produkt erwerben<br />
möchte oder mit blick auf diese Vertriebsanreize,<br />
die möglicherweise auch zur empfehlung gerade<br />
dieses Produkts beigetragen haben mögen, eher<br />
von dem geschäft abstand nehmen zu wollen (bgHurt.<br />
v. 27.10.2009, Xi Zr 338/08 = WM 2009 s. 23<strong>06</strong> f.;<br />
bgHurt. v. 12.05.2009, Xi Zr 586/07 = WM 2009<br />
s. 1274; bgHbeschluss v. 20.01.2009, Xi Zr 510/07<br />
= WM 2009 s. 405 f.).<br />
die umstrittene Frage, ob Verbraucherdarlehen<br />
und restschuldversicherung als verbundenes<br />
Geschäft angesehen werden können (rn. 584 ff.<br />
und 1.324 ff.), hat der bgH mit seiner entscheidung<br />
vom 15.12.2009, Xi Zr 45/09 (= WM <strong>2010</strong> s. 166 ff.) im<br />
Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 358<br />
abs. 3 bgb bejaht.<br />
Zur Frage eines etwaigen rückforderungsdurchgriffs<br />
bei einem Verbundgeschäft (rn. 654 ff.)<br />
ist noch das bgHurt. v. 10.11.2009, Xi Zr 252/08<br />
(= WM 2009 s. 2366 ff.) nachzutragen, in dem der<br />
bgH die dazu herrschende Meinung, die einen solchen<br />
ablehnt, bestätigt.<br />
Hinsichtlich der Überschrift unter k. i. 2. a) dd) sei klarstellend<br />
angemerkt, dass es statt „bürgschaft“ in der<br />
Überschrift „Mithaftübernahme“ heißen müsste, wie in<br />
diesem abschnitt (rn. 1.127 ff.) denn auch behandelt.<br />
da eine bürgschaft für gewerbliche darlehen nicht den<br />
verbraucherdarlehensrechtlichen Vorschriften unterfällt,<br />
wie unter rn. 822 zutreffend erläutert, stellt sich<br />
das abgehandelte thema nicht in dem bürgschafts<br />
sondern in dem Mithaftbereich, wie bei einem etwaigen<br />
schuldbeitritt.<br />
ein Wunsch zum schluss: die aufnahme eines stichwortverzeichnisses<br />
würde den hohen umgangskomfort<br />
des Werks, der in der sinnvollen ablaufgliederung<br />
und der Praxisorientierung liegt, noch weiter erhöhen.<br />
als gesamtbeurteilung dieses Werks kann festgehalten<br />
werden, dass es auf jeden tisch gehört, an dem sich mit<br />
der praktischen umsetzung der Verbraucherdarlehensvorschriften<br />
oder deren auswirkungen befasst wird. £<br />
Dr. Bernd Peters, rechtsanwalt in Hamburg<br />
<strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
rezensionen<br />
01<br />
287
ezensionen<br />
02<br />
03<br />
04<br />
288 <strong>06</strong> / <strong>2010</strong> <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />
sanierung, sicherheitenverwertung,<br />
Forderungsbeitreibung<br />
02 Gläubigerrechte in Krise und Insolvenz<br />
Dr. Andreas Lachmann: gläubigerrechte in krise und<br />
insolvenz. rWs Verlag, köln, 2. aufl. <strong>2010</strong>. 616 s., 62 €.<br />
w das thema gläubigerrechte in krise und insolvenz<br />
ist äußerst facettenreich. die beratung umfasst<br />
nahezu sämtliche rechtsgebiete vom arbeitsrecht<br />
bis zur Zwangsverwaltung. beachtet werden müssen<br />
bereits im krisenstadium die schnittstellen zwischen<br />
den jeweiligen rechtsgebieten und dem insolvenzrecht.<br />
das rWsskript behandelt<br />
die Verfolgung von gläubigerrechten in der krise<br />
des schuldners,<br />
die Wahrung der gläubigerrechte im Verbraucherinsolvenzverfahren,<br />
das regelinsolvenzverfahren,<br />
die spezifischen schuldverhältnisse,<br />
die restschuldbefreiung,<br />
die Haftung des insolvenzverwalters,<br />
den unternehmenskauf und die unternehmensumwandlung<br />
in krise und insolvenz und<br />
die besonderheiten des insolvenzplanverfahrens.<br />
das skript beleuchtet anschaulich aus der gläubigerperspektive<br />
Handlungsbedarf und Handlungsoptionen<br />
in krisensituationen des schuldners. behandelt<br />
werden zahlreiche rechtsgebiete von a wie arbeitsrecht<br />
bis Z wie Zwangsverwaltung. es ist hervorragend<br />
geeignet als arbeitsmittel für gläubigervertreter und<br />
Mitarbeiter in sanierungs, abwicklungs und rechtsabteilungen<br />
von banken. £<br />
sanierung, sicherheitenverwertung<br />
03 Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren<br />
Prof. Dr. Diedrich Eckardt: grundpfandrechte im insolvenzverfahren.<br />
rWsVerlag, köln, 12. aufl. 2009. 110 s.,<br />
42 €.<br />
w dieser, bereits in 12. auflage erscheinende und völlig<br />
neu bearbeitete titel bietet einen systematischen Überblick<br />
über die behandlung von grundpfandrechten im<br />
insolvenzverfahren.<br />
themen im einzelnen:<br />
rechtsstellung des grundpfandrechtlich gesicherten<br />
kreditgebers im Überblick,<br />
Wirksamkeit und anfechtbarkeit des grundpfandrechtserwerbs,<br />
grundstücksverwertung durch freihändigen Verkauf,<br />
durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung,<br />
Freigabe des belasteten grundstücks und<br />
grundpfandrechte.<br />
das buch ist kompakt, übersichtlich und systematisch<br />
aufgebaut und enthält umfangreiche Verweise auf weiterführende<br />
rechtsprechung und Literatur bei jedem<br />
aufgeworfenen Problem. es ist gleichermaßen geeignet<br />
für Verwertungsabteilungen in banken sowie für<br />
rechtsanwälte, bei denen sich im insolvenzrechtlichen<br />
Mandat Fragestellungen im Zusammenhang mit immobilien<br />
der schuldner ergeben. £<br />
sanierung, sicherheitenverwertung<br />
04 Die Praxis der Zwangsverwaltung<br />
Peter Depré/Günter Mayer: die Praxis der Zwangsverwaltung.<br />
deutscher anwaltverlag, bonn, 5. aufl. 2009.<br />
376 s., 58 €.<br />
w neben der übersichtlichen einführung in das immobiliarvollstreckungsrecht<br />
enthält das Werk wissenswerte<br />
informationen zum tätigkeitsbereich eines Zwangsverwalters<br />
und dem Vergütungsrecht.<br />
so finden sich hier alle wesentlichen neuerungen<br />
aus der ZPo betreffend die Zwangsverwaltung, die<br />
gesetzesänderungen zum Wohnungseigentumsgesetz,<br />
einschließlich der damit verbundenen einräumung<br />
eines Vorrangs für diverse Forderungen der<br />
Wohnungseigentümer (§ 10 abs. 1 nr. 2 ZVg) und die<br />
auswertungen relevanter entscheidungen wie auch<br />
der bgHrechtsprechung zu den maßgeblichen und<br />
oft strittigen entscheidungen bei der immobiliarvollstreckung.<br />
neben ausführungen zum Verfahren und den aufgaben<br />
des Zwangsverwalters werden auch die kollision<br />
von Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung bzw.<br />
insolvenzverfahren sowie andere Verwaltungsformen<br />
(z. b. sequestration) behandelt. im anhang finden sich<br />
noch zahlreiche Muster und arbeitshilfen.<br />
das buch hat sich als standardwerk etabliert und bietet<br />
nicht nur dem Zwangsverwalter eine gut strukturierte<br />
arbeitshilfe, sondern ist auch für gläubiger und schuldnervertreter<br />
sowie für Mitarbeiter in abwicklungsabteilungen<br />
von banken und sparkassen als übersichtliches<br />
nachschlagewerk geeignet. £