19.10.2013 Aufrufe

Kapitel 6 Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank

Kapitel 6 Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank

Kapitel 6 Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser<br />

<strong>Kapitel</strong> 6<br />

<strong>Die</strong> <strong>Geldpolitik</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Europäischen</strong><br />

<strong>Zentralbank</strong><br />

Version: 03.01.2011


AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 2


AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 3


AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 4


AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 5


Organisation <strong>der</strong> EZB<br />

Der EZB-Rat ist das wichtigste Beschlussorgan <strong>der</strong><br />

EZB. Er umfasst<br />

die sechs Mitglie<strong>der</strong> des Direktoriums sowie<br />

die Präsidenten <strong>der</strong> nationalen <strong>Zentralbank</strong>en <strong>der</strong> 17 Län<strong>der</strong><br />

des Euroraums.<br />

Aufgabe ist es unter an<strong>der</strong>em die <strong>Geldpolitik</strong> des<br />

Euroraums festzulegen. Dazu gehören<br />

Entscheidungen hinsichtlich (Inhalt von <strong>Kapitel</strong> 6)<br />

• <strong>der</strong> geldpolitischen Ziele,<br />

• <strong>der</strong> Leitzinsen und<br />

• <strong>der</strong> Bereitstellung von <strong>Zentralbank</strong>guthaben im Eurosystem<br />

sowie <strong>der</strong> Erlass von Leitlinien, die für ihre Ausführung<br />

notwendig sind.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 6


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Artikel 127 (1) des Vertrags über die Arbeitsweise <strong>der</strong><br />

<strong>Europäischen</strong> Union (AEUV):<br />

„Das vorrangige Ziel des <strong>Europäischen</strong> Systems <strong>der</strong><br />

<strong>Zentralbank</strong>en (im Folgenden ‚ESZB‘) ist es, die<br />

Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne<br />

Beeinträchtigung des Zieles <strong>der</strong> Preisstabilität möglich ist,<br />

unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in <strong>der</strong><br />

Union, um zur Verwirklichung <strong>der</strong> in Artikel 3 des Vertrags<br />

über die Europäische Union festgelegten Ziele <strong>der</strong> Union<br />

beizutragen.“<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 7


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Artikel 3 EU-Vertrag:<br />

„(...)<br />

(3) <strong>Die</strong> Union errichtet einen Binnenmarkt. Sie wirkt auf die<br />

nachhaltige Entwicklung Europas auf <strong>der</strong> Grundlage eines<br />

ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von<br />

Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige<br />

soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und<br />

sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an<br />

Umweltschutz und Verbesserung <strong>der</strong> Umweltqualität hin. Sie<br />

för<strong>der</strong>t den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt.<br />

(...)<br />

(4) <strong>Die</strong> Union errichtet eine Wirtschafts- und Währungsunion,<br />

<strong>der</strong>en Währung <strong>der</strong> Euro ist.<br />

(...)“<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 8


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Konkretisierung durch EZB-Rat (1998/2003):<br />

Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) für<br />

Euroland, d.h. keine nationale Orientierung<br />

„Anstieg von unter 2%“ und „nahe bei 2%“<br />

„Mittelfristig“<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 9


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Verbraucherpreisindex (VPI)<br />

Der VPI misst die Verän<strong>der</strong>ung des Geldwertes anhand <strong>der</strong><br />

Preise <strong>der</strong> für die Lebenshaltung wichtigen Güter und<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen (Lebenshaltungskosten).<br />

Ausgangspunkt ist <strong>der</strong> so genannte Warenkorb, <strong>der</strong> eine<br />

große Anzahl von Gütern und <strong>Die</strong>nstleistungen des typischen<br />

Verbrauchs enthält.<br />

Harmonisiert<br />

Der HVPI wird nach harmonisierten Konzepten, Methoden<br />

und Verfahren berechnet und spiegelt die Preisentwicklung in<br />

den einzelnen EU-Staaten wi<strong>der</strong>, wobei von den nationalen<br />

Verbrauchsgewohnheiten ausgegangen wird.<br />

D.h. ihm liegt kein EU-weit einheitlicher Warenkorb zugrunde.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 10


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Unterschied zwischen dem deutschen VPI und dem<br />

HVPI<br />

Erfassungsbereich<br />

• Der deutsche VPI beinhaltet alle Waren und <strong>Die</strong>nstleistungen des<br />

HVPI und zusätzlich die Ausgaben für<br />

– selbstgenutztes Wohneigentum (ermittelt anhand eines<br />

Mietäquivalenzansatzes) (11% des VPI),<br />

– Glücksspiele (< 1% des VPI) und<br />

– Kraftfahrzeugsteuer, Zulassungsgebühr (< 1% des VPI).<br />

Wägungsschema<br />

• <strong>Die</strong> Gewichte für den deutschen VPI entsprechen den<br />

Verbrauchsgewohnheiten des Jahres 2005.<br />

• <strong>Die</strong> Gewichte des HVPI ab 2008 entsprechen den<br />

Verbrauchsgewohnheiten des Jahres 2005, bewertet mit den<br />

Preisen von Dezember des Vorjahres.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 11


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

„Anstieg von unter 2%“ und „nahe bei 2%“<br />

sehr ehrgeiziges Ziel, vor allem im historischen Vergleich mit<br />

den realisierten Inflationsraten in Deutschland und den USA<br />

aber auch im Vergleich mit den Inflationszielen an<strong>der</strong>er<br />

Notenbanken<br />

• Bank of England: 2% ± 1%<br />

• Sveriges Riksbank: 2% ± 1%<br />

• Bank of Canada: 2% ± 1%<br />

• symmetrische Ziele !<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 12


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

in Prozent<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 13


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

in Prozent<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 14


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Zielerfüllung soll mittelfristig gewährleistet sein<br />

Mittelfristig heißt,<br />

dass das Inflationsziel nicht zu jedem Zeitpunkt erfüllt sein<br />

muss<br />

dass kurzfristige Überschreitungen <strong>der</strong> 2% Marke o<strong>der</strong><br />

kurzfristige Rückgänge <strong>der</strong> Inflationsrate deutlich unter 2%<br />

toleriert werden<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 15


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Zwei Ansätze zu Messung <strong>der</strong> mittelfristigen Inflation<br />

1. Kerninflationsraten<br />

• Bereinigung <strong>der</strong> aktuellen Inflationsrate um kurzfristig sehr<br />

volatile Preise<br />

• Bereinigung <strong>der</strong> aktuellen Inflationsrate um Preise, die ohnehin<br />

nicht durch die <strong>Geldpolitik</strong> beeinflusst werden können, da es<br />

sich bspw. um Güter handelt, <strong>der</strong>en Preise auf dem Weltmarkt<br />

entstehen<br />

– Beispiele sind Rohölpreise (und damit Energiepreise) o<strong>der</strong><br />

Agrarrohstoffe (unverarbeitete Nahrungsmittel)<br />

• Bereinigung <strong>der</strong> aktuellen Inflationsrate um administrierte<br />

Preise o<strong>der</strong> Steuern<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 16


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

in Prozent<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 17


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

in Prozent<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 18


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

EZB war in <strong>der</strong> kurzen Frist (bspw. bei starken<br />

Ölpreisanstiegen) bereit, die Inflationsrate über den Zielwert<br />

steigen zu lassen.<br />

Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass<br />

• die Ölpreisanstiege (und <strong>der</strong> damit verbundene Anstieg des<br />

HVPI) nur temporärer Natur sind<br />

• die Ölpreisanstiege keine Zweitrundeneffekte (also Anstiege <strong>der</strong><br />

Nichtenergiepreise des HVPI bspw. über Lohnerhöhungen) mit<br />

sich bringen<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 19


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

Zwei Ansätze zu Messung <strong>der</strong> mittelfristigen Inflation<br />

2. Inflationserwartungen<br />

• Welche Inflationsrate wird von den Privaten in einem, zwei o<strong>der</strong><br />

mehreren Jahren erwartet?<br />

• Dass es zu keinen Zweitrundeneffekten kommen wird, konnte<br />

die EZB aus <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Inflationserwartungen<br />

entnehmen, die selbst bei einem Horizont von einem Jahr in<br />

<strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Zieldefinition verankert waren.<br />

• D.h. die Zielverfehlungen wurden von den Privaten tatsächlich<br />

nur als temporär eingestuft.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 20


Preisniveaustabilität als Hauptziel <strong>der</strong> EZB<br />

in Prozent<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 21


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

Im IS-LM-Modell entscheidet sich die <strong>Zentralbank</strong>,<br />

eine Geldmenge in Höhe von M zur Verfügung zu<br />

stellen:<br />

Geld sei gleichbedeutend mit Bargeld.<br />

In dieser einfachen Welt spielten Banken keine Rolle beim<br />

Geldangebot.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Zentralbank</strong> steuert direkt das Bargeld in Händen <strong>der</strong><br />

Privaten.<br />

In <strong>der</strong> Realität tritt die Notenbank nicht in direkten<br />

Kontakt mit den Privaten, son<strong>der</strong>n stellt den<br />

Geschäftsbanken „Geld“ zur Verfügung, die die<br />

Privatwirtschaft und den Staat mit Krediten versorgen.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 22


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

<strong>Die</strong>ses „Geld“, das die Notenbank den<br />

Geschäftsbanken zur Verfügung stellt wird<br />

<strong>Zentralbank</strong>geld o<strong>der</strong> Geldbasis (H) genannt.<br />

Vereinfachte Notenbankbilanz <strong>der</strong> EZB:<br />

AKTIVA PASSIVA<br />

Cr NB/GB: For<strong>der</strong>ungen an<br />

Geschäftsbanken im Euroraum<br />

CU: Bargeldumlauf<br />

R: Guthaben von<br />

Geschäftsbanken (=Reserven)<br />

H<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 23


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

Tatsächliche Notenbankbilanz <strong>der</strong> EZB<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 24


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

Notenbank stellt B in Form von Krediten an die<br />

Geschäftsbanken (Cr NB/GB ) zur Verfügung<br />

Geschäftsbanken zahlen den Refinanzierungszins (i R) für<br />

Cr NB/GB.<br />

Sie refinanzieren damit die Kredite, die sie an die<br />

Privatwirtschaft und den Staat vergeben.<br />

Notenbank als monopolistischer Anbieter von H<br />

Monopolist sieht sich einer gegebenen Preis-Absatz-Funktion<br />

gegenüber, d.h. einer Nachfrage <strong>der</strong> Banken nach Geldbasis<br />

(H n ) in Abhängigkeit vom Zins.<br />

Er kann einen beliebigen Punkt auf dieser Funktion wählen,<br />

d.h. eine Kombination von Preis und nachgefragter Menge.<br />

Bei Sicherheit ist es daher irrelevant, ob er die Menge o<strong>der</strong><br />

den Preis steuert.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 25


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

Das ist an<strong>der</strong>s, wenn er die genau Lage <strong>der</strong> Preis-<br />

Absatz-Funktion nicht kennt.<br />

i R<br />

H 1<br />

H 0<br />

H 2<br />

H<br />

n<br />

1<br />

Zinssteuerung<br />

H 2<br />

n<br />

H<br />

n<br />

0<br />

2<br />

R<br />

i 0<br />

i<br />

i<br />

R<br />

1<br />

R<br />

H 0<br />

n<br />

H 2<br />

n<br />

H<br />

H H 0 H<br />

n<br />

1<br />

Geldbasissteuerung<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 26


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

In <strong>der</strong> Praxis steuern alle Notenbanken den Zins, da<br />

extreme Ausschläge <strong>der</strong> Refinanzierungskosten<br />

nachteilig für Banken wären.<br />

Monetaristisches Experiment in den USA Okt. 1979 –<br />

Sept. 1982 unter Paul Volcker<br />

Geldbasissteuerung (genauer gesagt Steuerung <strong>der</strong> sog.<br />

Non-Borrowed Reservers)<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 27


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

Prozent<br />

22.5<br />

20.0<br />

17.5<br />

15.0<br />

12.5<br />

10.0<br />

7.5<br />

5.0<br />

Monetaristisches Experiment in den USA<br />

78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88<br />

Fed Funds Rate (Tagesgeldsatz) Fed Funds Target Rate<br />

Zinssteuerung ab 1987<br />

Source: Reuters EcoWin<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 28


Instrumentarium <strong>der</strong> EZB<br />

Grundlegende Zielsetzung des Instrumentariums <strong>der</strong><br />

EZB:<br />

Steuerung <strong>der</strong> Refinanzierungszinsen für Geschäftsbanken<br />

und damit auch <strong>der</strong> Zinssätze am Interbanken-Geldmarkt<br />

Am Interbanken-Geldmarkt wird Geldbasis zwischen<br />

den Geschäftsbanken gehandelt.<br />

<strong>Die</strong>ser Handel findet statt<br />

da nur bestimmte Geschäftsbanken an den<br />

Refinanzierungsgeschäften <strong>der</strong> EZB teilnehmen<br />

und da die Refinanzierungsgeschäfte nicht kontinuierlich<br />

stattfinden.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 29


Offenmarktgeschäfte <strong>der</strong> EZB<br />

Offenmarktgeschäfte<br />

Ankauf und Verkauf von Wertpapieren durch die <strong>Zentralbank</strong><br />

Endgültige Offenmarktgeschäfte sind Käufe o<strong>der</strong> Verkäufe<br />

von Wertpapieren durch die <strong>Zentralbank</strong> ohne eine<br />

Rücknahmevereinbarung.<br />

Werden die Wertpapiere dagegen von <strong>der</strong> <strong>Zentralbank</strong> nur<br />

für eine bestimmte Zeit angekauft und das verkaufende<br />

Kreditinstitut verpflichtet, diese wie<strong>der</strong> zurückzukaufen, liegt<br />

ein Wertpapierpensionsgeschäft vor.<br />

Ten<strong>der</strong>verfahren<br />

Ausschreibungs- bzw. Zuteilungsverfahren beim Verkauf von<br />

Wertpapieren, das von <strong>der</strong> <strong>Europäischen</strong> <strong>Zentralbank</strong> (EZB)<br />

im Rahmen ihrer Offenmarktpolitik eingesetzt wird.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 30


Offenmarktgeschäfte <strong>der</strong> EZB<br />

Offenmarktgeschäfte <strong>der</strong> EZB sind in <strong>der</strong> Regel<br />

Wertpapierpensionsgeschäfte.<br />

<strong>Die</strong> von <strong>der</strong> EZB in Pension genommenen<br />

Wertpapiere dienen als Sicherheit für den von <strong>der</strong> EZB<br />

an die Geschäftsbank vergebenen Kredit, um das<br />

Eurosystem vor finanziellen Risiken zu schützen.<br />

Kredite werden immer für einen festgelegten kurzen<br />

Zeitraum gewährt.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 31


Offenmarktgeschäfte <strong>der</strong> EZB<br />

Hauptrefinanzierungsinstrument (HRG)<br />

Laufzeit 1 Woche (i.d.R.), bis März 2004 14 Tage<br />

Wöchentlich angeboten<br />

zentrales Instrument, um Zinssignale zu geben<br />

Zinsten<strong>der</strong>: Mindestzins liegt fest, Banken geben Gebot über<br />

Menge und Bietungssatz<br />

Mengenten<strong>der</strong> (Festzinsten<strong>der</strong>) (bis zum Jahr 2000, seit<br />

Oktober 2008): Zins liegt fest, Banken geben Gebot über<br />

Menge<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 32


Offenmarktgeschäfte <strong>der</strong> EZB<br />

Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LRG)<br />

Laufzeit 3 Monate (i.d.R.)<br />

Monatlich (i.d.R.) angeboten<br />

Zinsten<strong>der</strong>: kein Mindestzins, Banken geben Gebot über<br />

Menge und Bietungssatz<br />

Mengenten<strong>der</strong> (Festzinsten<strong>der</strong>) (seit Oktober 2008): Zins<br />

liegt fest, Banken geben Gebot über Menge<br />

Im Allgemeinen nicht verwendet, um dem Markt Signale zu<br />

geben (Preisnehmer, Basisrefinzierung)<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 33


Offenmarktgeschäfte <strong>der</strong> EZB<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 34


Offenmarktgeschäfte <strong>der</strong> EZB<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 35


Mindestbietungssatz, marginaler<br />

Zuteilungssatz und Durchschnittssatz<br />

in Prozent<br />

3.75<br />

3.50<br />

3.25<br />

3.00<br />

2.75<br />

2.50<br />

2.25<br />

2.00<br />

Jan<br />

Mrz Mai Jul<br />

05<br />

Sep Nov Jan<br />

Mindesbietungssatz<br />

Durchschnittlicher Zuteilungssatz<br />

Mrz Mai Jul<br />

06<br />

Sep Nov<br />

Marginaler Zuteilungssatz<br />

Source: Reuters EcoWin<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 36


Repartierungsformel: Mengenten<strong>der</strong><br />

Repartierung = Zuteilung des Angebots nach Quoten<br />

bei Übernachfrage.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 37


Repartierungsformel: Zinsten<strong>der</strong><br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 38


Repartierungsformel: Zinsten<strong>der</strong><br />

2,08<br />

2,06<br />

2,04<br />

2,02<br />

2,00<br />

• Summe <strong>der</strong> Gebote bis zu 2,02%: 115 Mio. €<br />

• geplante Zuteilung <strong>der</strong> EZB: 94 Mio. €<br />

• Alle Gebote über 2,03% (80 Mio. €) werden voll zugeteilt<br />

• Bei 2,03% (=marginaler Zinssatz) ergibt sich folgende<br />

prozentuale Zuteilung: (94-80)/(115-80)=40%<br />

80 94 115<br />

Mio. €<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 39


Einfluss <strong>der</strong> HRG auf Geldmarktsätze<br />

Direkte Steuerung:<br />

Geldmarktsatz für 7 Tage, aber nur zum Termin <strong>der</strong><br />

Durchführung des Geschäfts<br />

Geldmarktsatz für einen Tag wird so nicht gesteuert<br />

Zwischen diesen Terminen keine direkte Steuerung<br />

durch Hauptrefinanzierungsgeschäfte<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 40


Einfluss <strong>der</strong> HRG auf Geldmarktsätze<br />

in Prozent<br />

3.75<br />

3.50<br />

3.25<br />

3.00<br />

2.75<br />

2.50<br />

2.25<br />

2.00<br />

Jan<br />

Zinssteuerung <strong>der</strong> EZB<br />

Mrz Mai Jul<br />

05<br />

Sep Nov Jan<br />

Mrz Mai Jul<br />

06<br />

Sep Nov<br />

EZB Mindesbietungssatz<br />

Durchschnittlicher Zuteilungssatz bei Hauptrefinanzierungsgeschäften<br />

Interbankenzins (Eurepo), Laufzeit 1 Woche<br />

Source: Reuters EcoWin<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 41


Einfluss <strong>der</strong> HRG auf Geldmarktsätze<br />

in Prozent<br />

3.75<br />

3.50<br />

3.25<br />

3.00<br />

2.75<br />

2.50<br />

2.25<br />

2.00<br />

Jan<br />

Zinssteuerung <strong>der</strong> EZB<br />

Mrz Mai Jul<br />

05<br />

Sep Nov Jan<br />

Mrz Mai Jul<br />

06<br />

Sep Nov<br />

EZB Mindesbietungssatz<br />

Durchschnittlicher Zuteilungssatz bei Hauptrefinanzierungsgeschäften<br />

Interbankenzins (Eurepo), Laufzeit 3 Monate<br />

Source: Reuters EcoWin<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 42


Einfluss <strong>der</strong> LRG auf Geldmarktsätze<br />

Direkte Steuerung:<br />

Geldmarktsatz für 3 Monate, aber nur zum Termin <strong>der</strong><br />

Durchführung des Geschäfts<br />

kürzere Geldmarktsätze werden so nicht gesteuert<br />

Zwischen diesen Terminen keine direkte Steuerung<br />

durch längerfristige Refinanzierungsgeschäfte<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 43


Einfluss <strong>der</strong> LRG auf Geldmarktsätze<br />

in Prozent<br />

3.75<br />

3.50<br />

3.25<br />

3.00<br />

2.75<br />

2.50<br />

2.25<br />

2.00<br />

Jan<br />

Zinssteuerung <strong>der</strong> EZB<br />

Mrz Mai Jul<br />

05<br />

Sep Nov Jan<br />

Mrz Mai Jul<br />

06<br />

Sep Nov<br />

EZB Mindesbietungssatz<br />

Durchschnittlicher Zuteilungssatz bei längerfristigen Refinanzierungsgeschäften<br />

Interbankenzins (Eurepo), Laufzeit 3 Monate<br />

Source: Reuters EcoWin<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 44


Spitzenrefinanzierungsfazilität<br />

Fazilität<br />

Initiative geht von Banken aus<br />

Liquiditätsbereitstellung<br />

Kredit<br />

Laufzeit über Nacht<br />

Steuerung des Tagesgeldsatzes<br />

Obergrenze (1 Prozentpunkt über Hauptrefinanzierungssatz,<br />

Okt. 2008 bis Jan. 2009 0,5 Prozentpunkte, seit Mai 2009<br />

0,75 Prozentpunkte)<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 45


Einlagenfazilität<br />

Fazilität<br />

Liquiditätsabschöpfung<br />

Bietet Möglichkeit zur Anlage von überschüssigem<br />

<strong>Zentralbank</strong>geld<br />

Laufzeit über Nacht<br />

Steuerung des Tagesgeldsatzes<br />

Untergrenze (1 Prozentpunkt unter Hauptrefinanzierungssatz,<br />

Okt. 2008 bis Jan. 2009 0,5 Prozentpunkte, seit Mai 2009<br />

0,75 Prozentpunkte)<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 46


Zinsband <strong>der</strong> EZB<br />

in Prozent<br />

6.0<br />

5.5<br />

5.0<br />

4.5<br />

4.0<br />

3.5<br />

3.0<br />

2.5<br />

2.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

Zinsband <strong>der</strong> EZB<br />

99 00 01 02 03 04 05 06 07 08<br />

Festsatz (Mengenten<strong>der</strong>) bzw. Mindesbietungssatz (Zinsten<strong>der</strong>)<br />

Einlagenfazilität<br />

Spitzenrefinanzierungsfazilität<br />

Source: Reuters EcoWin<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 47


Bedeutung <strong>der</strong> einzelnen Instrumente<br />

(in Mrd. €)<br />

Geldbasis (aktivisch, Herkunft) 12 = 1 + 2 + 3 + 4 + 5 – 7 – 9 – 10<br />

Geldbasis (passivisch, Verwendung) 12 = 6 + 8 +11<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 48


Entwicklung <strong>der</strong> Geldbasis<br />

Mrd. EUR<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 49


Funktionen <strong>der</strong> Mindestreserve<br />

Anbindungsfunktion<br />

Damit eine <strong>Zentralbank</strong> den Geldmarktsatz kontrollieren<br />

kann, muss eine ausreichende Nachfrage nach<br />

<strong>Zentralbank</strong>geld (Geldbasis) bestehen.<br />

<strong>Die</strong>se Nachfrage wird im Eurosystem durch eine<br />

mindestreservebedingte Zwangsnachfrage erzeugt.<br />

Da diese Nachfrage stabil und prognostizierbar ist, erleichtert<br />

sie auch das Liquiditätsmanagement einer <strong>Zentralbank</strong>.<br />

AKTIVA PASSIVA<br />

CU: Bargeldumlauf<br />

CrNB/GB: For<strong>der</strong>ungen an<br />

Geschäftsbanken im Euroraum<br />

R: Guthaben von<br />

Geschäftsbanken (=Reserven)<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 50


Funktionen <strong>der</strong> Mindestreserve<br />

Stabilisierung <strong>der</strong> Geldmarktsätze<br />

Das Mindestreserve-Soll muss während <strong>der</strong> Mindestreserve-<br />

Erfüllungsperiode, d.h. des Zeitraums, für den berechnet<br />

wird, ob die Banken das Mindestreserve-Soll erfüllen, im<br />

Durchschnitt eingehalten werden.<br />

<strong>Die</strong> Mindestreserve-Erfüllungsperiode beträgt im Eurosystem<br />

etwa 1 Monat.<br />

<strong>Die</strong> Durchschnittserfüllung bedeutet, dass das Halten von<br />

Reserven an einem bestimmten Tag während <strong>der</strong><br />

Mindestreserve-Erfüllungsperiode im Prinzip ein enges<br />

Substitut für die Haltung von Mindestreserven an jedem<br />

an<strong>der</strong>en Tag <strong>der</strong> Erfüllungsperiode ist.<br />

Innerhalb einer Mindestreserve-Erfüllungsperiode können<br />

somit Mindestreserveunterschreitungen und –<br />

überschreitungen miteinan<strong>der</strong> verrechnet werden.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 51


Funktionen <strong>der</strong> Mindestreserve<br />

Stabilisierung <strong>der</strong> Geldmarktsätze<br />

Kurzfristig am Geldmarkt auftretende Liquiditätsengpässe<br />

bzw. –überschüsse können so durch ein vorübergehendes<br />

Unterschreiten (Abheben von <strong>Zentralbank</strong>guthaben) bzw.<br />

Überschreiten (zusätzliches Anlegen von<br />

<strong>Zentralbank</strong>guthaben) des durchschnittlich zu haltenden<br />

Mindestreservesolls abgefe<strong>der</strong>t werden.<br />

Mindestreserven führen zu keinen Kosten für den<br />

Bankensektor, da sie vom Eurosystem zum<br />

durchschnittlichen marginalen Zuteilungssatz <strong>der</strong><br />

Hauptrefinanzierungsgeschäfte in einer Erfüllungsperiode<br />

verzinst werden.<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 52


Mindestreservebasis, Mindestreservesätze,<br />

Mindestreserveerfüllung (in Mrd. €)<br />

= Reservessatz<br />

X<br />

Reservebasis<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 53


Mindestreserve-Erfüllungsperioden<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 54


Stabilisierung <strong>der</strong> Tagesgeldmarktsätze<br />

in Prozent<br />

2.5<br />

2.4<br />

2.3<br />

2.2<br />

2.1<br />

2.0<br />

1.9<br />

1.8<br />

1.7<br />

1.6<br />

18.01.<br />

07.02.<br />

08.03.<br />

12.04.<br />

Funktion <strong>der</strong> Mindestreserve<br />

10.05.<br />

07.06.<br />

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul<br />

2005<br />

Aug Sep Okt Nov Dez<br />

Mindestbietungssatz EONIA<br />

Source: Reuters EcoWin<br />

AVWL II, Prof. Dr. T. Wollmershäuser, Folie 55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!