noir | Nr. 9 - Jugendpresse BW
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Zucker der Zukunft<br />
Stevia Rebaudiana ist eine Pflanze, die im<br />
Grenzgebiet von Paraguay und Brasilien<br />
wächst und auch als Honigkraut bekannt ist.<br />
Sie ist bis zu 300 mal süßer und hat nur einen<br />
Bruchteil an Kalorien als herkömmlicher<br />
Zucker. Damit besteht quasi kein Risiko der<br />
Gewichtszunahme. Zudem besteht sowohl<br />
für Diabetiker als auch für die Zähne eine<br />
weitaus geringere Gefahr.<br />
Diese Vorteile nutzen die südamerikanischen<br />
Indianer bereits seit Jahrhunderten. Die genauen<br />
Wirkungen der Pflanze sind noch<br />
nicht weit genug erforscht. Das ist auch der<br />
Grund, warum sie in der Europäischen Union<br />
nicht zugelassen ist. Länder im asiatischen<br />
Raum hingegen verwenden Stevia Rebaudiana<br />
bereits in zahlreichen Lebensmitteln. bl<br />
Esst weniger Frösche!<br />
„Die Weltmeere sind überfischt“ – diese Meldung<br />
schockt uns schon lange nicht mehr.<br />
Dass nun aber auch die Froschpopulation<br />
unter dem großen Hunger der Weltbevölkerung<br />
leidet, mag erstaunen. Doch es ist eine<br />
traurige Tatsache: Die grünen Hüpfer stehen<br />
immer häufiger auf der Speisekarte.<br />
Australische Forscher schätzen, dass jährlich<br />
zwischen 200 Millionen und einer Milliarde<br />
Frösche verspeist werden. Die meisten<br />
Froschschenkel landen nach Angabe der<br />
Experten in Frankreich, den USA und Ostasien<br />
im Kochtopf. Als größter Exporteur der<br />
Delikatesse gilt Indonesien.<br />
Zusätzlich zu dem großen Hunger der<br />
Weltbevölkerung auf ihre Schenkel macht<br />
den Fröschen der Klimawandel zu schaffen<br />
und ein gefährlicher Pilz, der sich immer weiter<br />
ausbreitet und ganze Froscharten dahinrafft.<br />
Leider lässt sich der Klimawandel nicht<br />
aufhalten. Doch für die wachsende Nachfrage<br />
an zum Verzehr bestimmten Fröschen<br />
haben die Forscher einen Lösungsvorschlag:<br />
Frösche in Farmen zu ziehen. mk<br />
14<br />
Noir <strong>Nr</strong>. 9 (Februar 2009)<br />
MASTERBRAIN MIT SCHWÄCHEN<br />
Wer wünscht es sich nicht, das Mathebuch durchzulesen und danach<br />
den Inhalt genauestens wiedergeben zu können?<br />
Der Amerikaner Kim Peak liest zwei<br />
Seiten mit je einem Auge parallel<br />
in Höchstgeschwindigkeit und erinnert<br />
sich noch Jahre später an deren Inhalt.<br />
Mit viereinhalb Jahren konnte Peak die<br />
ersten vier Lexikabände seines Vaters auswendig<br />
– und das waren die Indexbände.<br />
Heute gilt er als wandelndes Lexikon<br />
und beeindruckt mit seinem Wissen Geschichtsstudentinnen,<br />
die er an seinem<br />
Lieblingsort, natürlich der Bibliothek,<br />
trifft. Ansonsten fällt es Peak sehr schwer,<br />
sich im Alltag zurechtzufinden.<br />
Er könnte sich niemals alleine seine<br />
Mahlzeiten zubereiten oder die Führerscheinprüfung<br />
bestehen. Deshalb betreut<br />
ihn sein Vater rund um die Uhr. Peak bezeichnet<br />
man, wie schätzungsweise über<br />
hundert andere Menschen weltweit,<br />
als Savants – „die Wissenden“. Savants<br />
vollbringen in kleinen Teilbereichen unvorstellbare<br />
Leistungen, leiden aber oft<br />
unter kognitiven Behinderungen. Über<br />
50 Prozent der Savants sind Autisten.<br />
Deshalb wird das Phämomen auch als<br />
Inselsyndrom bezeichnet. Der amerikanische<br />
Psychologe und Wissenschaftler<br />
Dr. Darold Treffert erforscht Savants,<br />
seit ihm ein Junge begegnete, der den<br />
Busplan von ganz Milwaukee detailliert<br />
auswendig konnte. „Wenn Menschen<br />
trotz Behinderungen solche Meisterleistungen<br />
vollbringen,<br />
frage ich mich,<br />
welch riesiges<br />
Potenzial<br />
unser Gehirnbesitzt“.<br />
Der<br />
Grund für<br />
das Savant-<br />
Syndrom ist<br />
noch weitgehend<br />
unerforscht. Das man<br />
aber nicht unbedingt als<br />
Savant geboren werden muss,<br />
beweist der Fall von Orlando Serrell:<br />
Als Junge traf ihn ein Baseball<br />
so hart am Hinterkopf, dass er in<br />
Ohnmacht fiel. Seit diesem Zeitpunkt<br />
erinnert er sich an jedes Datum seines<br />
Leben so genau, dass er den Wochentag,<br />
das Wetter und all die Sachen, die er an<br />
diesem Tag getan hat, ohne lange darüber<br />
nachzudenken nachweislich richtig<br />
wiedergeben kann. Dabei hat er durch<br />
seinen Unfall keine bleibenden Schäden<br />
davongetragen. „Orlando beweist, dass in<br />
jedem von uns ein Savant steckt“, so Professor<br />
Allan Snyder, von der Universität<br />
Sydney. „Jeder von uns besitzt ein Gehirn,<br />
dass ungeheure Datenmengen speichern<br />
und verarbeiten kann. Die spannende<br />
Frage ist, warum dies bei den allermeisten<br />
Menschen unterdrückt wird“.<br />
Einen möglichen Grund sehen Forscher<br />
in einer Art Schutzfunktion, die<br />
das Gehirn daran hindert, sich selbst<br />
mit Daten zu überfluten und somit alltägliche<br />
Aufgaben zu erschweren. So hat<br />
auch Howard Potter erst kürzlich mit<br />
Mitte dreißig gelernt, wie man im Laden<br />
an der Ecke einkauft. Dafür kennt er<br />
die allermeisten Primzahlen, jeden Wochentag<br />
in 22.000 Jahren vor und nach<br />
Christus und die Ergebnisse sämtlicher<br />
Fussballspiele auswendig.<br />
Aber auch er ist auf die Mithilfe seiner<br />
Mutter angewiesen, wenn es darauf ankommt,<br />
im Alltag zu bestehen. Das mit<br />
dem Mathebuch klingt deshalb zwar verlockend,<br />
so lange es aber noch<br />
nicht möglich ist, durch<br />
einen gezielten Kopfstoß<br />
zum lebenden<br />
Computer<br />
zu werden,<br />
sollte man<br />
froh sein,<br />
dass das Gehirn<br />
nachts<br />
ein Teil des<br />
gelernten wieder<br />
ausräumt,<br />
um Platz zu machen<br />
für die Herausforderungen<br />
des Alltags.<br />
Simon Staib<br />
Fotos: Patrick J. Lynch (groß); Ana Maria S. Prado<br />
& Anton Larsson / beide www.jugendfotos.de