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noir | Nr. 9 - Jugendpresse BW

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HOCHWASSERHOSEN UND SCHLEIMATTACKEN<br />

Von Freaks, die es wirklich an jeder Schule gibt<br />

Streber, das sind wohl die Prototypen der Freaks. Allen, die<br />

nicht zu ihrer Art gehören, gehen sie meist gehörig auf den<br />

Geist. Schon äußerlich betrachtet lassen sich die klassischen Streber<br />

schnell erkennen: Lederschulranzen, Hochwasserhosen und<br />

nette Hemdchen und Blusen. Was das Verhalten betrifft, gibt es<br />

zum einen die Streber, die trotz ihres abnormalen Fleißes noch<br />

nett bleiben und einem bei blöden Lehrer-Fragen die richtige<br />

Antwort zuflüstern.<br />

Abgesehen davon, gibt es aber auch die absoluten Einzelkämpfer.<br />

Sie haben sich im Laufe ihrer Schulkarriere zu Egoisten, wirklichen<br />

Außenseitern und Lobsüchtigen entwickelt und glänzen<br />

durch häufige Schleimattacken: „Ja, Herr Müller, ich wische gerne<br />

die Tafel.“ „Ja, Frau Schmitt, natürlich verschiebe ich ihnen den<br />

Tageslichtprojektor.“ Besonders amüsant wird es, wenn zwischen<br />

den verschiedenen Strebern interne Wettbewerbe ausbrechen.<br />

Wer schafft es, die meisten Zeitungsartikel in den Unterricht zu<br />

schleppen, die längsten Referate zu halten, am schnellsten das<br />

Mathebuch durchzurechnen, die meisten Entwicklungsromane<br />

zu lesen und als erster die Tafel zu wischen?<br />

Doch eines ist klar: Streber und Intelligenz haben nicht automatisch<br />

etwas gemein. Häufig sind Streber zwar Asse im Auswendiglernen,<br />

aber bei Transfer- und Denkaufgaben haben sie<br />

oft Schwierigkeiten. Denn meist haben es gerade die wirklich<br />

Intelligenten nicht nötig, sich durch ein streberhaftes Verhalten ax muss längst Schmerzen im Armgelenk haben“, denke<br />

aufzuspielen. Susan Djahangard M ich mir und kaue weiter an meinem Bleistift. „Streckt der<br />

doch bestimmt das hundertste Mal diese Stunde!“<br />

Max ist in meiner Klasse. „Die letzte Klassenarbeit war eine<br />

Katastrophe“, meint die Lehrerin, nur einer steche heraus. „Na,<br />

wer das wohl sein wird?“, ruft einer. Nervös zupft Max an seinem<br />

Karohemd. Nur Minuten später hält er die Klausur in Händen:<br />

„1,0 wie immer“, denkt er zufrieden. Doch Max schreibt nicht<br />

nur gute Noten, er ist auch ein Meister im Schleimen: „Frau Müller,<br />

soll ich Ihnen die Tasche tragen?“, ist seine Lieblingsfrage.<br />

In der großen Pause ist er Stammgast im Sekretariat. Er holt<br />

nicht nur den Vertretungsplan ab, sondern bespricht auch seinen<br />

musikalischen Auftritt für die Verabschiedung des Rektors.<br />

Am Abend tönt Mozart durch den Musiksaal. Max sitzt mit<br />

Fliege und Sakko am Flügel und streicht über die Tasten. Man<br />

kann ihn wirklich als typischen Streber bezeichnen.<br />

Ein Streber glänzt zwar oft durch übermäßiges freiwilliges Engagement,<br />

aber er nimmt auch selten Rücksicht auf andere und<br />

ist beleidigt, wenn Mitschüler besser benotet werden. Ein Streber<br />

ist eine Mischung aus einem guten Schüler, einem Egozentriker<br />

und einem Muttersöhnchen, der immer alles recht machen will.<br />

Ein bisschen von einem Streber würde uns vielleicht nicht<br />

schaden, manche Eigenarten sind durchaus lobenswert. Doch im<br />

Leben vieler Streber dreht sich alles nur ums Lernen und die<br />

Schule. Dabei vergessen sie oft die wahren Freuden des Lebens!<br />

Lukas Ramsaier<br />

10 Noir <strong>Nr</strong>. 9 (Februar 2009) Foto: Mariesol Fumy / www.jugendfotos.de

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