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Methoden der formalen Begriffsanalyse bei der Behandlung ...

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<strong>Methoden</strong> <strong>der</strong> <strong>formalen</strong> <strong>Begriffsanalyse</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Behandlung</strong> unvollständigen Wissens<br />

Vom Fachbereich Mathematik<br />

<strong>der</strong> Technischen Universität Darmstadt<br />

zur Erlangung des Grades eines<br />

Doktors <strong>der</strong> Naturwissenschaften<br />

(Dr. rer. nat.)<br />

genehmigte<br />

Dissertation<br />

von<br />

Richard Holzer<br />

aus Frankfurt am Main<br />

Referent: Prof. Dr. P. Burmeister<br />

Korreferent: Prof. Dr. C. Herrmann<br />

Tag <strong>der</strong> Einreichung: 13.12.2000<br />

Tag <strong>der</strong> mündlichen Prüfung: 15.2.2001<br />

Darmstadt 2001<br />

D 17


Inhalt<br />

Einleitung .................................................................................................................................. 9<br />

1. Grundlagen .......................................................................................................................... 21<br />

1.1 Kleene-Algebren............................................................................................................ 21<br />

1.2 Formale <strong>Begriffsanalyse</strong>................................................................................................ 25<br />

1.3 Logik.............................................................................................................................. 29<br />

2. Unvollständiges Kontextwissen .......................................................................................... 33<br />

2.1 Unvollständige Kontexte ............................................................................................... 33<br />

2.2 Implikationen................................................................................................................. 51<br />

2.3 Rahmenkontexte ............................................................................................................ 73<br />

2.4 Unvollständige Kontexte mit negierten Merkmalen...................................................... 81<br />

2.5 Unvollständige mehrwertige Kontexte.......................................................................... 93<br />

3. Merkmalexploration .......................................................................................................... 107<br />

3.1 Merkmalexploration mit einwertigem Universum ...................................................... 108<br />

3.1.1 Pseudoabgeschlossene Mengen............................................................................ 108<br />

3.1.2 Fragezeichenreduktion.......................................................................................... 117<br />

3.1.3 Merkmalexplorationsalgorithmus......................................................................... 125<br />

3.1.4 Vollständiges Wissen über Teilkontexte .............................................................. 147<br />

3.1.5 Bemerkungen zum Merkmalexplorationsalgorithmus und Erweiterungen .......... 155<br />

3.2 Merkmalexploration mit mehrwertigen Universum .................................................... 161<br />

4. Merkmalexploration an Beispielen.................................................................................... 167<br />

4.1 Merkmalexploration in <strong>der</strong> Ringtheorie .................................................................... 167<br />

4.2 Merkmalexploration <strong>bei</strong> natürlichen Zahlen ............................................................. 185<br />

4.3 Mehrwertige Merkmalexploration an einem Beispiel ............................................... 189<br />

5. Zusammenfassung ............................................................................................................. 193<br />

Anhang A: Grundlagen <strong>der</strong> Ringtheorie................................................................................ 197<br />

Anhang B: Literatur............................................................................................................... 209<br />

Anhang C: Index.................................................................................................................... 217


Einleitung<br />

Bei <strong>der</strong> Darstellung begrifflichen Wissens kommt es häufig vor, daß nicht alle Informationen<br />

bekannt sind. In dieser Ar<strong>bei</strong>t werden <strong>Methoden</strong> untersucht, unvollständiges Wissen darzustellen<br />

und zu verar<strong>bei</strong>ten. Für die Darstellung von unvollständigen Daten eignen sich Kontexte aus <strong>der</strong><br />

<strong>formalen</strong> <strong>Begriffsanalyse</strong>. Ein (einwertiger) Kontext |K = (G, M, I) besteht aus einer Menge G von<br />

Gegenständen, einer Menge M von Merkmalen und einer Relation I ⊆ G × M. Man kann sich einen<br />

Kontext auch als Tabelle vorstellen: In je<strong>der</strong> Zeile <strong>der</strong> Tabelle steht ein Gegenstand, und in je<strong>der</strong><br />

Spalte <strong>der</strong> Tabelle steht ein Merkmal. Der Tabelleneintrag zeigt an, ob <strong>der</strong> Gegenstand das<br />

Merkmal hat o<strong>der</strong> nicht: In <strong>der</strong> Zeile von g ∈ G steht in <strong>der</strong> Spalte von m ∈ M genau dann <strong>der</strong> Wert<br />

×, wenn (g, m) ∈ I ist, ansonsten bleibt <strong>der</strong> Tabelleneintrag leer. Sei |K z.B. <strong>der</strong> Kontext mit <strong>der</strong><br />

Gegenstandsmenge G = {1, 2, 3, 4} und <strong>der</strong> Merkmalsmenge M = {gerade, ungerade, prim}. Dann<br />

sieht die Tabelle wie folgt aus:<br />

|K gerade ungerade prim<br />

1 ×<br />

2 × ×<br />

3 × ×<br />

4 ×<br />

In <strong>der</strong> Literatur wird manchmal auch dann eine Leerstelle in <strong>der</strong> Tabelle verwendet, wenn es nicht<br />

bekannt ist, ob <strong>der</strong> Gegenstand das Merkmal hat. Dies hat jedoch den Nachteil, daß man am<br />

Tabelleneintrag nicht mehr erkennen kann, ob <strong>der</strong> Gegenstand das Merkmal mit Sicherheit nicht<br />

hat, o<strong>der</strong> ob es nur unbekannt ist.<br />

Ein mehrwertiger Kontext |K = (G, M, W, I) kann im Gegensatz zum einwertigen Kontext in <strong>der</strong><br />

Tabelle unterschiedliche Werte als Einträge haben. Die Kontextrelation I ⊆ G × M × W wird hier<strong>bei</strong><br />

als Funktion I : G × M → W aufgefaßt, welche angibt, welcher Wert in <strong>der</strong> Tabellenzeile eines<br />

Gegenstandes g ∈ G in <strong>der</strong> Spalte eines Merkmals m ∈ M steht.<br />

Im ersten Kapitel dieser Ar<strong>bei</strong>t werden die Grundlagen bereit gestellt, die in den nachfolgenden<br />

Kapiteln verwendet werden. Insbeson<strong>der</strong>e werden hier die wichtigsten Eigenschaften von Kleene-<br />

Algebren, <strong>der</strong> <strong>formalen</strong> <strong>Begriffsanalyse</strong> und <strong>der</strong> Aussagenlogik zusammengestellt. Die meisten<br />

dieser Grundlagen findet man auch in <strong>der</strong> Literatur. 1<br />

Häufig kommt es vor, daß nicht alle Tabelleneinträge eines Kontextes bekannt sind. Man kann dann<br />

z.B. durch ein Fragezeichen in <strong>der</strong> Tabelle andeuten, daß nicht bekannt ist, ob <strong>der</strong> Gegenstand das<br />

Merkmal hat. Wenn mehr Informationen über den Eintrag in <strong>der</strong> Tabelle bekannt sind, könnte man<br />

die Wahrscheinlichkeit dafür, daß <strong>der</strong> Gegenstand das Merkmal hat, als Tabelleneintrag benutzen,<br />

jedoch eignen sich solche Wahrscheinlichkeitskontexte mehr für Auswertungen von statistischen<br />

Experimenten mit Zufallsvariablen, als für die Darstellung begrifflichen Wissens, weil Abhängigkeiten<br />

zwischen den Merkmalen in solchen Kontexten nicht dargestellt werden können. Aus diesem<br />

Grund wurde dieser Ansatz hier nicht weiter verfolgt.<br />

Im zweiten Kapitel wird die Darstellung von unbekannten Daten durch mehrwertige Kontexte<br />

untersucht. Unter an<strong>der</strong>em werden hier unvollständige Kontexte verwendet. Ein unvollständiger<br />

Kontext ist ein dreiwertiger Kontext mit <strong>der</strong> Wertemenge {×, ?, o}, wo<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Wert × benutzt wird,<br />

wenn <strong>der</strong> Gegenstand das Merkmal besitzt, <strong>der</strong> Wert o bedeutet, daß <strong>der</strong> Gegenstand das Merkmal<br />

1 vgl. z.B. [Pagliani97], [GanterWille96] und [EbbinghausFlumThomas]<br />

9


nicht hat, und ein Fragezeichen zeigt an, daß nicht bekannt ist, ob <strong>der</strong> Gegenstand das Merkmal hat.<br />

Es werden verschiedene Logiksysteme aus <strong>der</strong> Literatur benutzt, um die Gültigkeit und Erfüllbarkeit<br />

von Formeln über <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> Merkmale zu definieren. Insbeson<strong>der</strong>e erweist sich die in<br />

[Burmeister91a] eingeführte Logik auch in dieser Ar<strong>bei</strong>t als sehr brauchbar. Hier<strong>bei</strong> wird die<br />

Informationsordnung verwendet: Der Wert "?" enthält weniger Informationen als die Werte "×" und<br />

"o", also gilt ? < × und ? < o. Die Werte × und o sind in <strong>der</strong> Informationsordnung unvergleichbar.<br />

Diese Informationsordnung läßt sich auch auf unvollständige Kontexte übertragen: |K1 ≤ |K2 gilt<br />

genau dann, wenn man |K2 aus |K1 erhält, indem man einige Fragezeichen durch an<strong>der</strong>e Werte<br />

ersetzt. Mit Hilfe dieser Ordnung wird die Kripke-Gültigkeit und die Erfüllbarkeit von Formeln<br />

definiert: Eine Formel ist genau dann erfüllbar in einem unvollständigen Kontext |K, wenn es eine<br />

Vervollständigung (d.h. alle Fragezeichen von |K werden durch an<strong>der</strong>e Werte ersetzt) gibt, in <strong>der</strong> sie<br />

gültig ist, und eine Formel ist genau dann Kripke-gültig in |K, wenn sie in allen Vervollständigungen<br />

gültig ist.<br />

Bei einigen Formeln spielt auch die in [Burmeister91a] und [Pagliani] verwendete dreiwertige<br />

Kleene-Logik eine wichtige Rolle. Bei <strong>der</strong> Kleene-Logik wird die Wahrheitsordnung verwendet:<br />

o < ? < ×. Die verschiedenen Logiksysteme werden in dieser Ar<strong>bei</strong>t verglichen und es werden<br />

einige Zusammenhänge zwischen den Logiksystemen hergestellt, insbeson<strong>der</strong>e wird gezeigt, daß<br />

die Kleene-Logik und die Kripke-Semantik für alle aussagenlogische Formeln, in denen jede<br />

Variable höchstens einmal vorkommt, übereinstimmen. 2 Dies ist gerade für Merkmalimplikationen<br />

und Klauseln beson<strong>der</strong>s nützlich, weil man eine Implikation (bzw. nichttriviale Klausel) immer<br />

durch eine äquivalente Implikation (bzw. Klausel) ersetzten kann, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> die Prämisse disjunkt zur<br />

Konklusion ist, und somit jede Variable höchstens einmal vorkommt. Eine Merkmalimplikation<br />

A → B besteht aus zwei Mengen A, B ⊆ M von Merkmalen. Die Gültigkeit solch einer Implikation<br />

in einem einwertigen Kontext bedeutet gerade, daß je<strong>der</strong> Gegenstand, welcher alle Merkmale aus A<br />

hat, auch alle Merkmale aus B hat. Bei beliebigen aussagenlogischen Formeln ist die Kleene-Logik<br />

zwar nicht mehr äquivalent zur Kripke-Semantik, es gibt aber trotzdem noch einige<br />

Zusammenhänge. Wenn z.B. die Auswertung einer Formel in <strong>der</strong> Kleene-Logik für einen<br />

Gegenstand g ∈ G den Wert × liefert, dann ist diese Formel für diesen Gegenstand auch Kripkegültig.<br />

3 Die Erfüllbarkeit von Formeln für einzelne Gegenstände läßt sich durch die Kripke-<br />

Gültigkeit ausdrücken: Eine Formel ist genau dann erfüllbar für einen Gegenstand g ∈ G, wenn die<br />

Negation <strong>der</strong> Formel nicht Kripke-gültig für g ist. 4 Auch die modale Logik eignet sich gut, um die<br />

Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Formeln für einzelne Gegenstände auszudrücken. Die<br />

Kripke-Gültigkeit einer Formel α entspricht hier gerade <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> modalen Formel ‡α,<br />

und die Erfüllbarkeit entspricht <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> modalen Formel zα. 5<br />

In [Pagliani] wird zu jedem unvollständigen Kontext eine Kleene-Algebra L(|K) definiert, um<br />

Formeln in <strong>der</strong> Kleene-Logik auszuwerten. Diese Kleene-Algebra läßt sich auch verwenden, um die<br />

Menge aller Gegenstände g ∈ G zu finden, für die eine gegebene Formel in <strong>der</strong> Kleene-Logik stark<br />

gültig ist: Jede Formel α läßt sich als Term in <strong>der</strong> Signatur <strong>der</strong> Kleene-Algebren auffassen, und die<br />

Auswertung dieses Terms in <strong>der</strong> Algebra L(|K) liefert ein Paar (A, B) von Gegenstandsmengen,<br />

welche in <strong>der</strong> ersten Komponente genau diejenigen Gegenstände enthält, die in <strong>der</strong> Kleene-Logik<br />

stark gültig sind, und in <strong>der</strong> zweiten Komponente genau diejenigen Gegenstände enthält, die in <strong>der</strong><br />

Kleene-Logik nicht schwach gültig sind. 6 In dieser Ar<strong>bei</strong>t wird die Algebra L(|K) aus [Pagliani]<br />

weiter untersucht und ordnungserhaltende Abbildungen zwischen Begriffsverbänden von ein-<br />

2 vgl. Satz 2.25<br />

3 vgl. Satz 2.24<br />

4 vgl. Lemma 2.8<br />

5 vgl. Satz 2.27<br />

6 vgl. Satz 2.12<br />

10


wertigen Kontexten und L(|K) konstruiert. Wenn <strong>der</strong> Kontext |K einwertig ist, dann läßt sich <strong>der</strong><br />

Begriffsverband von |K in L(|K) als ∧-Halbverband einbetten. 7<br />

Die Äquivalenz von Formeln bezüglich <strong>der</strong> Kleene-Logik läßt sich durch die Gültigkeit von<br />

Gleichungen in Kleene-Algebren beschreiben: Die Gleichung α = β ist genau dann in allen Kleene-<br />

Algebren gültig, wenn die Formel α zur Formel β in <strong>der</strong> Kleene-Logik äquivalent ist, 8 d.h. wenn für<br />

jeden unvollständigen Kontext |K gilt: α ist genau dann in <strong>der</strong> Kleene-Logik stark gültig in |K, wenn<br />

β in <strong>der</strong> Kleene-Logik stark gültig in |K ist. Eine analoge Aussage erhält man für Gleichungen in<br />

Booleschen Algebren und die Kripke-Semantik. 9<br />

Die Ableitungsoperatoren in einwertigen Kontexten lassen sich auf unvollständige Kontexte<br />

verallgemeinern: Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, S ⊆ G und T ⊆ M.<br />

T ‡ := {g ∈ G | I(g, m) = × für alle m ∈ T} ist <strong>der</strong> sichere (o<strong>der</strong> notwendige) Umfang von T.<br />

T z := {g ∈ G | I(g, m) ∈ {×, ?} für alle m ∈ T} ist <strong>der</strong> maximal mögliche Umfang von T.<br />

S ‡ := {m ∈ M | I(g, m) = × für alle g ∈ S} ist <strong>der</strong> sichere (o<strong>der</strong> notwendige) Inhalt von S.<br />

S z := {m ∈ M | I(g, m) ∈ {×, ?} für alle g ∈ S} ist <strong>der</strong> maximal mögliche Inhalt von S.<br />

Mit Hilfe dieser Ableitungsoperatoren lassen sich die Gültigkeit und die Erfüllbarkeit von<br />

Merkmalimplikationen in den verschiedenen Logiksystemen beschreiben. 10 Einen vollständigen<br />

und korrekten Herleitungskalkül für die Kripke-Gültigkeit von Implikationen bilden die Armstrong-<br />

Regeln (vgl. [Maier] und [Armstrong]). Für die Erfüllbarkeit wird <strong>der</strong> Kalkül aus [Lien] und<br />

[AtzeniMorfuni84] verwendet. Die meisten Sätze aus Kapitel 2.1 und 2.2 folgen auch aus<br />

[GanterWille96], [Burmeister91a] und [TischikWolter] und werden in dieser Ar<strong>bei</strong>t nur zum<br />

besseren Verständnis noch einmal wie<strong>der</strong>holt.<br />

Um Hintergrundwissen zur Untersuchung eines Kontextes darzustellen, werden Rahmenkontexte 11<br />

verwendet: Ein Rahmenkontext ist ein Mengensystem über <strong>der</strong> Merkmalsmenge M. Für praktische<br />

Anwendungen (z.B. Merkmalexplorationen) schränkt man durch einen Rahmenkontext die Menge<br />

<strong>der</strong> möglichen Gegenstandsinhalte ein, d.h. man interessiert sich nur noch für solche einwertigen<br />

Kontexte, <strong>bei</strong> denen je<strong>der</strong> Gegenstandsinhalt im Rahmenkontext liegt. Man kann den<br />

Rahmenkontext auch dazu benutzen, die Gültigkeit von Formeln zu for<strong>der</strong>n: Wenn E eine Menge<br />

von aussagenlogischen Formeln ist, dann kann man die Menge <strong>der</strong> aussagenlogischen Modelle als<br />

Rahmenkontext verwenden, weil dann die Eigenschaft, daß je<strong>der</strong> Gegenstandsinhalt eines<br />

einwertigen Kontextes |K im Rahmenkontext liegt, äquivalent zur Gültigkeit von E in |K ist. Eine<br />

Form von Hintergrundwissen ist die Eigenschaft, daß einige Merkmale negiert zueinan<strong>der</strong> sind.<br />

Diese Eigenschaft kann durch eine bijektive Abbildung ⎯ : M+ → M- zwischen zwei disjunkten<br />

Teilmengen von M beschrieben werden. 12 Der zugehörige Rahmenkontext enthält gerade die<br />

vollständig konsistenten Mengen:<br />

VKon( ⎯ ) := {T ⊆ M | |T ∩ {m, m }| = 1 für alle m ∈ M+}.<br />

Diese speziellen Rahmenkontexte werden in Kapitel 2.4 geson<strong>der</strong>t untersucht, und es werden<br />

Regelsysteme für die Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Implikationen für unvollständige<br />

Kontexte mit negierten Merkmalen aufgestellt. Die Regeln für die Kripke-Gültigkeit findet man<br />

auch in [Burmeister91a] (jedoch ohne den Beweis <strong>der</strong> Vollständigkeit), und die Regeln für die<br />

Erfüllbarkeit werden in dieser Dissertation neu eingeführt. 13<br />

7 vgl. Korollar 2.67<br />

8 vgl. Satz 2.19<br />

9 vgl. Satz 2.18<br />

10 vgl. Satz 2.57 und Satz 2.58<br />

11 vgl. [Ganter98]<br />

12 vgl. [Burmeister91a]<br />

13 vgl. Definition 2.92<br />

11


Auch <strong>bei</strong> mehrwertigen Kontexten gibt es manchmal unbekanntes Kontextwissen. Hier wird<br />

ebenfalls ein Fragezeichen verwendet, wenn <strong>der</strong> Wert in <strong>der</strong> Tabelle nicht bekannt ist, d.h. <strong>bei</strong><br />

einem unvollständigen mehrwertigen Kontext |K = (G, M, W, I) ist I eine Funktion von G × M nach<br />

W ∪ {?}.<br />

In einem mehrwertigen Kontext gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, eine Merkmalimplikation<br />

zu interpretieren. Die in <strong>der</strong> Praxis am häufigsten verwendete Form von Implikationen ist die<br />

funktionale Abhängigkeit. Hier<strong>bei</strong> bedeutet die Gültigkeit einer Merkmalimplikation A → B in<br />

einem mehrwertigen Kontext, daß die Spalten von B funktional abhängig von den Spalten aus A<br />

sind, d.h. wenn I(g, a) = I(h, a) für alle a ∈ A gilt, dann gilt auch I(g, b) = I(h, b) für alle b ∈ B für<br />

jedes Gegenstandspaar (g, h) ∈ G 2 . Auch an<strong>der</strong>e Interpretationen von Merkmalimplikationen<br />

werden in <strong>der</strong> Literatur verwendet (z.B. die ordinale Abhängigkeit). Allgemein läßt sich die<br />

Interpretation durch eine Relation ρ ⊆ W τ einer geeigneten Stelligkeit τ = τ(ρ) beschreiben. Die<br />

funktionale Abhängigkeit entspricht hier<strong>bei</strong> gerade <strong>der</strong> Relation ρ = idW, und die ordinale<br />

Abhängigkeit entspricht <strong>der</strong> Ordnung ρ = ≤W auf <strong>der</strong> Wertemenge. Während in <strong>der</strong> Literatur ein<br />

mehrwertiger Kontext häufig mit Hilfe einer Familie von einwertigen Kontexten durch Skalierung<br />

in einen einwertigen Kontext transformiert wird, wird in dieser Ar<strong>bei</strong>t die "Skalierung" nach <strong>der</strong><br />

Relation ρ verwendet, d.h. die Relation ρ wird benutzt, um aus einem mehrwertigen Kontext einen<br />

einwertigen Kontext zu erzeugen. Im Gegensatz zur normalen Skalierung nach einer Familie von<br />

Kontexten bleiben <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Skalierung nach ρ die Gültigkeit von Formeln erhalten, d.h. eine Formel<br />

über <strong>der</strong> Merkmalsmenge M ist genau dann gültig in einem mehrwertigen Kontext, wenn sie in dem<br />

zugehörigen einwertigen Kontext gültig ist. Diese Eigenschaft gilt auch für unvollständige<br />

mehrwertige Kontexte. 14<br />

Auch <strong>bei</strong> mehrwertigen Kontexten läßt sich Hintergrundwissen durch einen Rahmenkontext<br />

beschreiben. Durch einen Rahmenkontext wird die Menge <strong>der</strong> "interessanten" Kontexte<br />

eingeschränkt (z.B. durch die For<strong>der</strong>ung, daß eine Menge E von Formeln in den Kontexten gültig<br />

sein sollen). Der Kalkül aus Kapitel 2.3 ist zwar <strong>bei</strong> mehrwertigen Kontexten nicht in allen Fällen<br />

adäquat, er ist jedoch immer korrekt, 15 und für die in <strong>der</strong> Praxis häufig vorkommenden Relationen ρ<br />

auch vollständig. 16 Und selbst wenn eine Relation ρ benutzt wird, für die <strong>der</strong> Kalkül nicht<br />

vollständig ist, läßt sich die Relation durch Erweiterung <strong>der</strong> Wertemenge ohne Probleme in eine<br />

an<strong>der</strong>e Relation transformieren, so daß <strong>der</strong> Kalkül vollständig ist. 17<br />

Im dritten Kapitel werden verschiedene Algorithmen zur Wissensverar<strong>bei</strong>tung mit unbekanntem<br />

Wissen untersucht, insbeson<strong>der</strong>e die Merkmalexploration <strong>bei</strong> einwertigen und mehrwertigen<br />

Kontexten. Bei <strong>der</strong> Merkmalexploration wird durch ein interaktives Computerprogramm versucht,<br />

möglichst viele Informationen über die Gültigkeit von Merkmalimplikationen in einem<br />

unbekannten Kontext |K 8 (im folgenden auch Universum genannt) zu erhalten. Das Programm<br />

liefert eine Liste P * von Implikationen, welche im Universum mit Sicherheit gültig sind, und eine<br />

Liste von Gegen<strong>bei</strong>spielen zu Implikationen, welche im Universum mit Sicherheit nicht gültig sind,<br />

wo<strong>bei</strong> diese <strong>bei</strong>den Listen möglichst vollständig sein sollten, d.h. wenn <strong>der</strong> Experte weiß, daß eine<br />

Implikation A → B im Universum gültig ist, dann ist diese Implikation aus P * herleitbar, und wenn<br />

<strong>der</strong> Experte weiß, daß A → B nicht gültig ist, dann liefert die Exploration auch einen Gegenstand,<br />

welcher diese Implikation wi<strong>der</strong>legt.<br />

In Kapitel 3.1.1 werden zunächst spezielle Erzeugendensysteme von Implikationenmengen<br />

untersucht, welche für die Merkmalexploration nützlich sind, damit dem Experten nicht unnötig<br />

14 vgl. Satz 2.104<br />

15 vgl. Satz 2.110<br />

16 vgl. Satz 2.119<br />

17 vgl. Satz 2.117<br />

12


viele Fragen gestellt werden. Die aus <strong>der</strong> Literatur für einwertige Kontexte bekannte Duquenne-<br />

Gigue-Basis wird hier für unvollständige Kontexte verallgemeinert, wo<strong>bei</strong> auch Hintergrundwissen<br />

in Form eines Rahmenkontextes berücksichtigt wird. Hüllensysteme eignen sich als Rahmenkontexte<br />

beson<strong>der</strong>s gut, um die Anzahl <strong>der</strong> Implikationen in <strong>der</strong> Duquenne-Gigue-Basis (und damit<br />

auch die Anzahl <strong>der</strong> Fragen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration) zu verringern.<br />

Das Merkmalexplorationsprogramm wählt nach und nach eine Implikation aus, um den Experten<br />

nach dessen Gültigkeit zu fragen. Bei <strong>der</strong> Exploration werden da<strong>bei</strong> unvollständige Kontexte bzw.<br />

unvollständige mehrwertige Kontexte verwendet, falls dem Experten einige Einträge des Kontextes<br />

unbekannt sind. Während man <strong>bei</strong> einer Merkmalexploration mit vollständigen Wissen immer eine<br />

Basis <strong>der</strong> im Universum |K 8 gültigen Implikationen erhält, kann man <strong>bei</strong> einer Merkmalexploration<br />

mit unvollständigem Wissen nur über einen Teil <strong>der</strong> Implikationen sicher sagen, ob sie gültig sind.<br />

Für die Merkmalexploration mit unvollständigem Wissen existiert bereits ein Computerprogramm<br />

"Conimp" von Peter Burmeister (vgl. [Burmeister91b] und [Burmeister96b]). Wenn <strong>bei</strong> diesem<br />

Programm eine Implikation als unbekannt akzeptiert wird, dann wird die Implikation im weiteren<br />

Verlauf <strong>der</strong> Exploration wie eine gültige Implikation behandelt. Dies hat den Nachteil, daß manche<br />

Fragen nach <strong>der</strong> Gültigkeit von Implikationen gar nicht mehr gestellt werden, auch wenn <strong>der</strong><br />

Experte genug Wissen hat, diese Fragen zu beantworten. In dieser Ar<strong>bei</strong>t wird <strong>der</strong> Algorithmus<br />

verbessert, indem <strong>bei</strong> einer unbekannten Implikation dem aktuellen Kontext fiktive Gegenstände<br />

hinzugefügt werden, welche diese Implikation wi<strong>der</strong>legen. 18<br />

Auch <strong>bei</strong> unvollständigem Kontextwissen wird in dieser Ar<strong>bei</strong>t <strong>der</strong> Algorithmus von Conimp<br />

verallgemeinert: Um während <strong>der</strong> Exploration unbekanntes Kontextwissen weitestgehend zu vervollständigen,<br />

wird mit Hilfe von bekanntem Wissen eine Fragezeichenreduktion <strong>bei</strong>m aktuellen<br />

unvollständigen Kontext durchgeführt. Hier<strong>bei</strong> werden einige Fragezeichen automatisch durch<br />

an<strong>der</strong>e Werte ersetzt, sofern diese Ersetzung aus dem bekannten Wissen folgt. Das bekannte Wissen<br />

besteht da<strong>bei</strong> aus dem Rahmenkontext, welcher durch den Experten vorgegeben wurde, und den bis<br />

zu diesen Zeitpunkt als gültig akzeptierten Implikationen. Der Experte erhält nach seinem<br />

Wissensstand maximale Informationen über die Einträge des Kontextes: Ein Fragezeichen im<br />

Kontext wird genau dann ersetzt, wenn diese Ersetzung aus dem bekannten Wissen folgt. Wenn<br />

z.B. die Implikation A → B (mit A, B ⊆ M) als gültig akzeptiert wurde, und im aktuellen Kontext<br />

ein Gegenstand g alle Merkmale aus A hat, dann können die Fragezeichen in den Spalten von B<br />

<strong>bei</strong>m Gegenstand g durch den Wert × ersetzt werden. Auf diese Weise werden <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration<br />

weniger Fragen gestellt, weil Gegen<strong>bei</strong>spiele zu Implikationen früher erkannt werden können.<br />

Diese Fragezeichenreduktion wird jedoch nicht auf alle Gegenstände des aktuellen Kontextes<br />

angewendet, denn <strong>der</strong> Kontext kann auch fiktive Gegenstände enthalten, wenn dem Experte die<br />

Gültigkeit von einigen Implikationen unbekannt ist. Da es nicht sicher ist, daß auch im Universum<br />

|K 8 die als unbekannt akzeptierten Implikationen durch Gegenstände wi<strong>der</strong>legt werden, könnte man<br />

durch eine Fragezeichenreduktion <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Kontextzeile eines fiktiven Gegenstandes Informationen<br />

über das Universum verlieren. 19 Während <strong>der</strong> Exploration wird die Fragezeichenreduktion nur für<br />

die "sicheren" Gegenstände durchgeführt, die auch im Universum vorkommen. Erst am Ende <strong>der</strong><br />

Exploration darf die Fragezeichenreduktion auch für fiktive Gegenstände durchgeführt werden, um<br />

einen besseren Überblick über die möglichen Kontextzeilen von Gegen<strong>bei</strong>spielen zu bekommen,<br />

sofern es Gegen<strong>bei</strong>spiele für die als unbekannt akzeptierten Implikationen im Universum |K 8 gibt.<br />

Der Experte erhält am Ende <strong>der</strong> Exploration maximales Wissen bezüglich seines Wissenstandes<br />

über das Universum |K 8 :<br />

• eine Liste P * von Implikationen, welche im Universum sicher gültig sind,<br />

18 vgl. Kapitel 3.1.3<br />

19 vgl. Beispiel 3.54<br />

13


• eine Liste P u von Implikationen, die <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration als unbekannt akzeptiert wurden,<br />

• eine Liste von sicheren Gegenständen, welche alle Implikationen wi<strong>der</strong>legen, die mit Sicherheit<br />

im Universum nicht gültig sind,<br />

• eine Liste von fiktiven Gegenständen, welche die als unbekannt akzeptierten Implikationen<br />

wi<strong>der</strong>legen.<br />

Desweiteren weiß <strong>der</strong> Experte, daß es eine Teilmenge von P u gibt, so daß alle im Universum<br />

gültigen Implikationen aus dieser Teilmenge und P * herleitbar sind. 20 Diese Teilmenge ist dem<br />

Experten im allgemeinen zwar nicht bekannt, jedoch wird dem Experten durch die Exploration eine<br />

Einschachtelung <strong>der</strong> gültigen Implikationen geliefert: Die Implikationen aus P * sind sicher gültig,<br />

die Implikationen aus P u sind möglicherweise gültig, und die Implikationen, die nicht aus P * ∪ P u<br />

herleitbar sind, sind mit Sicherheit nicht gültig. Um vollständiges Wissen über die im Universum<br />

gültigen Implikationen zu erhalten, reicht es aus, diese Liste P u zu untersuchen. Sobald <strong>der</strong> Experte<br />

für jede dieser Implikationen aus P u entscheiden kann, ob sie im Universum gültig ist, erhält er ein<br />

Erzeugendensystem aller gültigen Implikationen. Dieses Erzeugendensystem besteht gerade aus den<br />

als gültig akzeptierten Implikationen und den unbekannten Implikationen aus P u , die im Universum<br />

gültig sind. Wenn <strong>der</strong> Experte nicht <strong>bei</strong> allen unbekannten Implikationen aus P u entscheiden kann,<br />

ob sie gültig sind, erhält er durch die Exploration möglichst viele Informationen über die<br />

Implikationen, die im unbekannten Kontext gültig sind.<br />

Falls in den Kontextzeilen <strong>der</strong> sicheren Gegenstände am Ende <strong>der</strong> Exploration noch Fragezeichen<br />

vorkommen, können diese Gegenstände aus dem Kontext entfernt werden, ohne daß sich die Menge<br />

<strong>der</strong> im Kontext erfüllbaren Implikationen dadurch än<strong>der</strong>t. 21 Eine weitere Möglichkeit, die<br />

Fragezeichen zu beseitigen, besteht darin, am Ende <strong>der</strong> Exploration eine Fragezeichenreduktion für<br />

alle Gegenstände (also auch für die fiktiven Gegenstände) durchzuführen, und anschließend alle<br />

noch vorhandenen Fragezeichen durch den Wert o zu ersetzen. Auch hier<strong>bei</strong> verän<strong>der</strong>t sich nicht<br />

die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen. 22 Für den Begriffsverband des Universums läßt sich nach<br />

<strong>der</strong> Exploration eine untere und eine obere Schranke (in Form von injektiven ∨-Halbverbandshomomorphismen)<br />

angeben, indem <strong>der</strong> unvollständige Kontext nach <strong>der</strong> Exploration auf eine<br />

geeignete Weise in einen einwertigen Kontext transformiert wird, so daß die wichtigsten<br />

Informationen erhalten bleiben. 23<br />

Durch Einschränkung <strong>der</strong> Merkmalsmenge o<strong>der</strong> Gegenstandsmenge bekommt man oft trotz<br />

Unvollständigkeit <strong>der</strong> Exploration vollständiges Wissen über die gültigen Implikationen von<br />

Teilkontexten. In Kapitel 3.1.4 wird untersucht, wie man eine geeignete Teilmenge <strong>der</strong><br />

Merkmalsmenge bzw. <strong>der</strong> Gegenstandsmenge auswählen kann, damit <strong>der</strong> Experte alle gültigen<br />

Implikationen des Teilkontextes kennt. In Kapitel 3.1.5 werden einige Modifikationen des<br />

Algorithmus' diskutiert, und es wird die Redundanz von Gegenständen nach <strong>der</strong> Merkmalexploration<br />

untersucht. Durch eine sinnvolle Wahl von Gegen<strong>bei</strong>spielen zu den <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration<br />

gefragten Implikationen läßt sich die Exploration verkürzen.<br />

Die Merkmalexploration läßt sich auch für mehrwertige Kontexte durchführen. In Kapitel 3.2 wird<br />

gezeigt, daß sich die meisten Eigenschaften <strong>der</strong> einwertigen Exploration auch auf die mehrwertige<br />

Exploration übertragen lassen. 24 Auch hier erhält <strong>der</strong> Experte am Ende <strong>der</strong> Exploration maximales<br />

Wissen (bezüglich seines Wissensstandes) über die im Universum gültigen Implikationen, und er<br />

braucht nach <strong>der</strong> Exploration nur noch die als unbekannt akzeptierten Implikationen zu<br />

untersuchen, um vollständiges Wissen zu erhalten.<br />

20 vgl. Satz 3.53<br />

21 vgl. Satz 3.55<br />

22 vgl. Satz 3.57<br />

23 vgl. Satz 3.55<br />

24 vgl. Satz 3.83 und Satz 3.84<br />

14


Im vierten Kapitel werden drei Beispiele für die Merkmalexploration mit einwertigem und<br />

mehrwertigem Universum angegeben. Im ersten Beispiel werden einige Merkmale aus <strong>der</strong><br />

Ringtheorie untersucht (z.B. rechtsartinsch, Integritätsbereich, euklidisch, ...). Die Definition dieser<br />

Eigenschaften findet man auch in [LidlWiesenbauer]. Die Exploration wird für zwei verschiedene<br />

Rahmenkontexte durchgeführt, und die Ergebnisse verglichen. An diesem Beispiel werden die<br />

verschiedenen Algorithmen aus dem dritten Kapitel erläutert und weitere Probleme diskutiert.<br />

Während man durch die Einschränkung des Kontextes auf die kommutativen Ringe vollständiges<br />

Wissen über die Merkmalimplikationen erhält, bleiben für den Kontext aller Ringe noch einige<br />

Implikationen unbekannt. Da dies keine Ar<strong>bei</strong>t über Ringtheorie ist, son<strong>der</strong>n extra ein Beispiel<br />

verwendet wurde, <strong>bei</strong> dem zu erwarten sein würde, daß dem Durchführenden nicht alle<br />

Implikationen bekannt sein würden, um die Algorithmen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexloration mit<br />

unvollständigem Wissen zu verdeutlichen, wurden für diese Ar<strong>bei</strong>t auch keine intensiven<br />

Untersuchungen über die unbekannten Implikationen gemacht. 25 In Kapitel 4.2 wird <strong>der</strong><br />

Zusammenhang zwischen dem Begriffsverband eines unbekannten Universums |K 8 und den<br />

Begriffsverbänden, die man mit Hilfe <strong>der</strong> Daten des Kontextes am Ende <strong>der</strong> Merkmalexploration<br />

aufstellen kann, anhand eines Beispiels mit natürlichen Zahlen erläutert. Im Kapitel 4.3 wird die<br />

Merkmalexploration mit mehrwertigem Universum an einem Beispiel durchgeführt. Bei diesem<br />

Beispiel werden die Implikationen zwischen Eigenschaften <strong>der</strong> Planeten unseres Sonnensystems<br />

untersucht.<br />

Im Anhang A befinden sich die ringtheoretischen Grundlagen, die <strong>bei</strong>m Beispiel in Kapitel 4.1<br />

verwendet werden. Die meisten <strong>der</strong> angegebenen Definitionen und Sätze findet man auch in <strong>der</strong><br />

Literatur.<br />

Zusammenhang zur Prädikatenlogik:<br />

Die Merkmalexploration läßt sich auch prädikatenlogisch formulieren: Je<strong>der</strong> unvollständige<br />

Kontext |K = (G, M, {×, o, ?}, I) kann durch die Formelmenge<br />

T|K := {m(g) | I(g, m) = ×, g ∈ G, m ∈ M} ∪ {¬m(g) | I(g, m) = o, g ∈ G, m ∈ M}<br />

dargestellt werden, wo<strong>bei</strong> je<strong>der</strong> Gegenstand g ∈ G als konstantes Operationssymbol und jedes<br />

Merkmal m ∈ M als einstelliges Relationssymbol verwendet wird. Jede Merkmalimplikation<br />

α :≡ A → B kann durch die allquantifizierte positive Hornformel<br />

Hα := ∀x.<br />

m∈A ∧ m(x) → ∧ m(x)<br />

m∈B dargestellt werden, und jede Menge P von Merkmalimplikationen kann durch die Formelmenge<br />

HP := {Hα | α ∈ P}<br />

dargestellt werden. Eine Merkmalimplikation α ≡ A → B ist im unvollständigen Kontext |K genau<br />

dann erfüllbar, wenn T|K W/ ¬Hα gilt. Das Problem <strong>der</strong> Merkmalexploration läßt sich dann<br />

prädikatenlogisch wie folgt formulieren: Gegeben sei eine unbekannte Menge T 8 von Literalen und<br />

eine unbekannte Menge H 8 von (allquantifizierten) positiven Hornformeln, so daß<br />

T 8 W ¬α gdw. H 8 W/ α<br />

für alle positiven Hornformeln α gilt. Gesucht ist eine Menge H * von positiven Hornformeln und<br />

Mengen T s und T ? von Literalen, so daß für jede positive Hornformel α<br />

T s ∪ T ? W ¬α gdw. H * W/ α<br />

gilt. Die Menge H 8 entspricht <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration <strong>der</strong> <strong>formalen</strong> <strong>Begriffsanalyse</strong> (einem<br />

Erzeugendensystem) <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> im Universum |K 8 gültigen Implikationen, und die Menge T 8<br />

entspricht <strong>der</strong> Menge T|K 8, d.h. <strong>der</strong> Formelmenge, die die Einträge des Kontextes |K 8 darstellt. Die<br />

25<br />

Nach <strong>der</strong> Einreichung dieser Dissertation wurde von Christian Herrmann ein Beweis für die Gültigkeit <strong>der</strong><br />

unbekannten Implikationen gefunden.<br />

15


Menge T s entspricht <strong>der</strong> Formelmenge, die die Einträge <strong>der</strong> sicheren Gegenstände nach <strong>der</strong><br />

Exploration darstellt, und analog stellt die Menge T ? die fiktiven Gegenstände dar. Die Menge H *<br />

ist die Menge <strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration als gültig akzeptierten Implikationen. Auf diese Weise kann<br />

die Exploration in <strong>der</strong> Prädikatenlogik durchgeführt werden: Das Computerprogramm fragt in<br />

jedem Schritt nach <strong>der</strong> Gültigkeit einer positiven Hornformel, und wenn <strong>der</strong> Experte diese Frage<br />

mit "nein" beantwortet, muß er eine Menge T von Literalen angeben, welche diese Hornformel<br />

wi<strong>der</strong>legen, 26 d.h. es gilt T W ¬α. Die Menge T s am Ende <strong>der</strong> Exploration besteht genau aus diesen<br />

Literalen, die durch den Experten eingegeben wurden. Wenn <strong>der</strong> Experte eine Frage des Programms<br />

mit "unbekannt" beantwortet, wird durch das Programm für jedes Literal <strong>der</strong> Konklusion, für die die<br />

Implikation unbekannt ist, mittels neuer nullstelliger Operationssymbole eine minimale Menge T<br />

von Literalen erzeugt, welche die Implikation wi<strong>der</strong>legt. Die Menge T ? am Ende <strong>der</strong> Exploration<br />

besteht genau aus diesen Literalen, die durch das Programm erzeugt wurden. Wenn <strong>der</strong> Experte die<br />

Frage mit "ja" beantwortet wird die Hornformel <strong>der</strong> Menge H * hinzugefügt.<br />

Zusammenhang zur Datenbanktheorie:<br />

Seien W eine Menge und k > 0. Eine unvollständige Datenbank 27 ist eine endliche Teilmenge von<br />

(W ∪ {?}) k . Je<strong>der</strong> unvollständigen Datenbank D ⊆ (W ∪ {?}) k läßt sich in kanonischer Weise ein<br />

unvollständiger mehrwertiger Kontext zuordnen: |K := (G, M, W ∪ {?}, I) mit M = {1, 2, ..., k},<br />

G = {1, 2, ..., |D|} und I(g, m) = dg(m), wo<strong>bei</strong> D = {d1, d2, ..., d|D|} ist. Je<strong>der</strong> endliche unvollständige<br />

mehrwertige Kontext |K = (G, M, W ∪ {?}, I) induziert eine unvollständige Datenbank D := {(I(g,<br />

m1), I(g, m2), ..., I(g, mk)) | g ∈ G}, wo<strong>bei</strong> k = |M| und M = {m1, m2, ..., mk} ist. Eine unvollständige<br />

Datenbank ist in diesem Sinne also nichts an<strong>der</strong>es, als ein endlicher unvollständiger mehrwertiger<br />

Kontext, <strong>bei</strong> dem die Gegenstandsmenge und die Merkmalsmenge nicht explizit angegeben sind.<br />

Für die Praxis ist es häufig sinnvoll, den Spalten einer Datenbank D Namen zu geben, d.h. man<br />

führt eine Merkmalsmenge M mit |M| = k ein, um mit Hilfe <strong>der</strong> Elemente von M auf eine Spalte <strong>der</strong><br />

Datenbank zugreifen zu können. 28 Die Untersuchung <strong>der</strong> Abhängigkeiten zwischen den Spalten<br />

einer unvollständigen Datenbank läßt sich auf die Untersuchung von unvollständigen mehrwertigen<br />

Kontexten zurückführen. Da <strong>bei</strong> einer Datenbank die Gegenstände nicht explizit gegeben sind, wird<br />

auf die Daten mit Hilfe eines sogenannten Schlüssels zugegriffen. Ein Schlüssel einer vollständigen<br />

Datenbank ist eine Teilmenge T ⊆ M, so daß M von T funktional abhängig ist, d.h. für den die<br />

Implikation T → M für die Relation ρ = id in dem zugehörigen vollständigen mehrwertigen<br />

Kontext |K gültig ist. Auf diese Weise kann man auch ohne Gegenstandsmenge auf jede Zeile d ∈ D<br />

<strong>der</strong> Datenbank zugreifen, indem man den Schlüssel (d(t))t∈T ∈ W T verwendet, <strong>der</strong> die Zeile<br />

eindeutig identifiziert.<br />

In <strong>der</strong> Literatur wurden unvollständige Datenbanken bereits eingehend untersucht. 29 Der Wert "?"<br />

wird als Nullmarke bezeichnet. Eine Nullmarke kann in <strong>der</strong> Praxis mehrere Bedeutungen haben:<br />

1. <strong>der</strong> Wert in <strong>der</strong> Datenbank ist unbekannt<br />

2. <strong>der</strong> Wert existiert nicht (z.B. wenn ein Kunde einer Firma keine Bankverbindung hat, dann<br />

enthält die Kundendatenbank an dieser Stelle eine Nullmarke)<br />

3. <strong>der</strong> Wert ist undefiniert (z.B. das Maximum <strong>der</strong> leeren Menge)<br />

4. <strong>der</strong> Wert ist ungültig<br />

5. <strong>der</strong> Wert wurde nicht angegeben (verweigerte Aussage)<br />

26<br />

Man könnte hier<strong>bei</strong> noch for<strong>der</strong>n, daß in dieser Menge nur ein Operationssymbol auftreten darf, jedoch kann es auch<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration in <strong>der</strong> <strong>formalen</strong> <strong>Begriffsanalyse</strong> manchmal sinnvoll sein, wenn <strong>der</strong> Experte <strong>bei</strong> einigen bereits<br />

eingegebenen Kontextzeilen Fragezeichen durch den Wert × o<strong>der</strong> o ersetzen kann, wenn er festgestellt hat, daß ihm<br />

diese Einträge bekannt sind. In solch einem Fall kann also die Menge T auch mehrere Operationssymbole enthalten.<br />

27<br />

vgl. [Klein99] (Kapitel 2)<br />

28<br />

vgl. [Klein99] (Kapitel 2)<br />

29<br />

vgl. [Codd], [Codd79], [Date86], [Date89], [Klein99]<br />

16


Eine Vervollständigung eines unbekannten Kontextes entspricht in <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> Datenbanken<br />

einer Relation, die dadurch aus <strong>der</strong> unvollständigen Relation entsteht, daß jede Nullmarke durch<br />

einen an<strong>der</strong>en Wert ersetzt wird. Im Gegensatz zu Kontexten kann es <strong>bei</strong> Datenbanken passieren,<br />

daß mehrere Zeilen <strong>der</strong> Datenbank miteinan<strong>der</strong> identifiziert werden, wenn durch die Vervollständigung<br />

dasselbe Tupel entsteht. In [Klein97] wird auch <strong>der</strong> Fall betrachtet, daß eine Nullmarke<br />

durch mehrere Werte ersetzt werden kann, in diesem Fall kann die Vervollständigung somit auch<br />

mehr Zeilen enthalten, als die unvollständige Datenbank. In <strong>der</strong> Praxis sind diese Arten von<br />

Vervollständigungen in <strong>der</strong> Datenbanktheorie sehr nützlich, weil <strong>bei</strong> einer Datenbank im Gegensatz<br />

zum Kontext nicht je<strong>der</strong> Zeile ein Gegenstand zugeordnet wird, son<strong>der</strong>n Wertetupel als Elemente<br />

<strong>der</strong> Datenbank verwendet werden. Wenn man also durch eine unvollständige Datenbank<br />

Informationen einer unbekannten vollständigen Datenbank darstellt, kann es passieren, daß zwei<br />

verschiedene Zeilen <strong>der</strong> vollständigen Datenbank durch dasselbe unvollständige Tupel dargestellt<br />

werden, und somit miteinan<strong>der</strong> identifiziert werden. Dieses Problem könnte man dadurch<br />

beseitigen, daß man verlangt, daß im Schlüssel einer Datenbank keine Nullmarke vorkommen darf,<br />

denn in diesem Fall können verschiedene Zeilen nicht durch dieselbe unvollständige Zeile<br />

dargestellt werden. Umgekehrt können auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> Vervollständigung einer solchen<br />

unvollständigen Datenbank keine Zeilen miteinan<strong>der</strong> identifiziert werden, denn zwei unterschiedliche<br />

Zeilen <strong>der</strong> unvollständigen Datenbank haben sowohl vor als auch nach <strong>der</strong> Vervollständigung<br />

im Schlüssel unterschiedliche Werte. Die Vervollständigung enthält in einem solchen<br />

Fall genauso viele Zeilen, wie die unvollständige Datenbank.<br />

Die Einschachtelung für die in einem unbekannten Kontext gültigen Formeln durch die Angabe von<br />

erfüllbaren und Kripke-gültigen Formeln in Kapitel 2 wird in <strong>der</strong> Literatur in ähnlicher Weise auch<br />

<strong>bei</strong> unvollständigen Datenbanken verwendet: In den Ar<strong>bei</strong>ten von W. Lipski 30 erhält man <strong>bei</strong> einer<br />

Anfrage zu einer unvollständigen Datenbank eine Menge von sicheren Antworten als untere<br />

Schranke, und eine Menge von möglichen Antworten als obere Schranke zu <strong>der</strong> Antwortmenge, die<br />

sich <strong>bei</strong> vollständigem Wissen ergeben würde. Dadurch erhält <strong>der</strong> Benutzer ein besseres Ergebnis,<br />

als <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Kleene-Logik, denn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Einschachtelung durch die möglichen und<br />

sicheren Antworten können alle Informationen <strong>der</strong> Datenbank benutzt werden, während die Kleene-<br />

Logik oft nur eine schlechtere Einschachtelung zuläßt, und manchmal sogar überhaupt keine<br />

Informationen über die Antwortmenge liefert. Wenn z.B. die Differenz x-x berechnet werden soll,<br />

und x einen unbekannten Wert enthält, dann ist das Ergebnis in <strong>der</strong> Kleene-Logik <strong>der</strong> Wert "?". Um<br />

das Verhalten <strong>bei</strong> Abfragen zu verbessern, könnte <strong>der</strong> Benutzer default-Werte für Nullmarken<br />

angeben. 31 In diesem Fall wird <strong>bei</strong> je<strong>der</strong> Datenbankabfrage ein unbekannter Wert durch den default-<br />

Wert ersetzt. Dadurch tauchen zwar nicht mehr die Probleme wie <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Kleene-Logik auf, jedoch<br />

kann <strong>der</strong> Benutzer am Ergebnis seiner Abfrage nicht erkennen, ob <strong>bei</strong> an<strong>der</strong>en default-Werten ein<br />

an<strong>der</strong>es Ergebnis entstehen würde. In [Klein97] wird neben <strong>der</strong> Kleene-Logik auch die Logik von<br />

Lukasiewicz untersucht, welche <strong>bei</strong> unvollständigen Datenbanken (und unvollständigen Kontexten)<br />

auch einen falschen Wert liefern kann, weil die Implikation "? → ?" zum Wahrheitswert "true"<br />

ausgewertet wird. Bei den an<strong>der</strong>en Junktoren ∧, ∨ und ¬ stimmt die Logik von Lukasiewicz mit <strong>der</strong><br />

Kleene-Logik überein. Neben diesen dreiwertigen Logiken wird in [Klein99] auch eine fünfwertige<br />

Logik untersucht, welche bessere Ergebnisse liefert, als die Kleene-Logik. Ein weiterer Vorschlag<br />

zur Verbesserung <strong>der</strong> Kleene-Logik ist die Verwendung von mehreren Nullwerten in<br />

unvollständigen Datenbanken. 32 Es wird für jeden unbekannten Wert in <strong>der</strong> Datenbank eine<br />

Variable eingeführt. Wenn dieselbe Variable an mehreren Stellen <strong>der</strong> Datenbank vorkommt, dann<br />

wird dadurch ausgedrückt, daß in <strong>der</strong> unbekannten Vervollständigung an diesen Stellen <strong>der</strong>selbe<br />

Wert steht. Auf diese Weise ergeben sich neue Möglichkeiten für Algorithmen 33 zur Berechnung<br />

von sicheren bzw. möglichen Ausdrücken zu einer Anfrage. Jedoch sind diese Algorithmen<br />

30<br />

vgl. [Lipski76], [Lipski79], [Lipski81], [Lipski84]<br />

31<br />

vgl. [Date86]<br />

32<br />

vgl. [Klein97]<br />

33<br />

vgl. [Klein97]<br />

17


exponentiell, wenn man genau die sicheren bzw. möglichen Antworten berechnen möchte. Um<br />

einen polynomiellen Algorithmus zu erhalten muß man entwe<strong>der</strong> Einschränkungen <strong>bei</strong> den<br />

Anfragen machen, o<strong>der</strong> Unvollständigkeit in Kauf nehmen. Die Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit bzw.<br />

Erfüllbarkeit einer Formel α ∈ F(M) in einem unvollständigen Kontext läßt sich als Spezialfall<br />

einer Anfrage an eine Datenbank auffassen, also können diese Überlegungen auch auf die formale<br />

<strong>Begriffsanalyse</strong> übertragen werden.<br />

Für eine Menge P ⊆ ImpM von Implikationen und einen unvollständigen Kontext |K folgt aus <strong>der</strong><br />

Existenz einer Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K') schon die Erfüllbarkeit von P in |K.<br />

Die Umkehrung dieser Aussage ist jedoch falsch, denn die gleichzeitige Erfüllbarkeit aller<br />

Implikationen aus P ist eine stärkere For<strong>der</strong>ung, als die Erfüllbarkeit je<strong>der</strong> einzelnen Implikation<br />

aus P. Eine Menge P, für die diese <strong>bei</strong>den Bedingungen in allen unvollständigen Kontexten<br />

äquivalent sind, wird in <strong>der</strong> Datenbanktheorie (z.B. in [LeveneLoizou]) "additiv" genannt. Hier<strong>bei</strong><br />

ist jedoch zu beachten, daß die Additivität <strong>bei</strong> Datenbanken an<strong>der</strong>e Eigenschaften hat, als für<br />

unvollständige Kontexte. Z.B. ist <strong>der</strong> Charakterisierungssatz für additive Implikationenmengen aus<br />

[LeveneLoizou] für unvollständige Kontexte nicht gültig. Dies liegt daran, daß Implikationen in<br />

Datenbanken funktionale Abhängigkeit bedeuten, und die Erfüllbarkeit einer Implikation A → B<br />

für eine ganze Datenbank ist stärker als die Erfüllbarkeit von A → B für jedes Paar (g, h) ∈ G 2 von<br />

Gegenständen (vgl. Beispiel 2.99 in Kapitel 2.5). Für unvollständige Kontexte ergibt sich daher eine<br />

an<strong>der</strong>e Charakterisierung von additiven Implikationenmengen 34 als für Datenbanken. 35<br />

Weitere Explorationsalgorithmen aus <strong>der</strong> Literatur:<br />

Es gibt in <strong>der</strong> Literatur neben <strong>der</strong> Merkmalexploration noch an<strong>der</strong>e Algorithmen, die ähnlich<br />

verlaufen:<br />

1. Begriffexploration<br />

2. Regelexploration<br />

3. Prädikatexploration 36 und an<strong>der</strong>e Lernverfahren <strong>der</strong> künstlichen Intelligenz<br />

Bei <strong>der</strong> Begriffexploration 37 fragt das Explorationsprogramm nach Unter- bzw. Oberbegriffsbeziehungen<br />

zwischen den Begriffen des aktuellen Kontextes. Die Gegenstands- und die Merkmalsmenge<br />

des gesammten Kontextes sind am Anfang <strong>der</strong> Exploration noch nicht festgelegt. Während<br />

<strong>der</strong> Exploration werden dem aktuellen Kontext Gegenstände o<strong>der</strong> Merkmale hinzugefügt, wenn<br />

eine Frage mit "nein" beantwortet werden. Begriffexploration mit unvollständigen Wissen wurde in<br />

<strong>der</strong> Literatur bis jetzt noch nicht untersucht.<br />

Die Regelexploration kann als Erweiterung <strong>der</strong> Merkmalexploration aufgefaßt werden. Bei <strong>der</strong><br />

Regelexploration werden prädikatenlogische Hornformeln untersucht. 38<br />

Auf dem Gebiet <strong>der</strong> künstlichen Intelligenz gibt es sehr viele Ansätze für Lernverfahren. 39 Eines <strong>der</strong><br />

wichtigen Lernverfahren <strong>der</strong> KI ist die Exploration von Prädikaten. Hier<strong>bei</strong> wird eine n-stellige<br />

Relation auf einer gegebenen Grundmenge gesucht. Das Explorationsprogramm fragt den Benutzer<br />

ob bestimmte Tupel in <strong>der</strong> Relation vorkommen, und versucht, durch die Antworten des Benutzers<br />

eine Beschreibung (z.B. durch Klauseln o<strong>der</strong> Hornformeln 40 ) <strong>der</strong> Relation zu finden. Bei diesem<br />

Verfahren wird auch unbekanntes Wissen des Benutzers berücksichtigt. 41 Weitere Verfahren und<br />

Algorithmen findet man in [Muggleton].<br />

34<br />

vgl. Satz 2.60 und Satz 2.61<br />

35<br />

vgl. Theorem 6.4 in [LeveneLoizou]<br />

36<br />

in <strong>der</strong> Literatur auch "concept-learning" genannt (vgl. [Muggleton] o<strong>der</strong> [RaedtBruynooghe])<br />

37<br />

vgl. [KlotzMann], [Stumme95], [Stumme96], [Stumme97a], [Stumme97c]<br />

38<br />

vgl. [Zickwolff]<br />

39<br />

vgl. [Muggleton]<br />

40<br />

vgl. [Flach]<br />

41<br />

vgl. [RaedtBruynooghe] o<strong>der</strong> Kaptiel 8 in [Muggelton]<br />

18


Die Explorationsalgorithmen aus <strong>der</strong> Literatur unterscheiden sich sowohl in <strong>der</strong> Problemstellung als<br />

auch im Algorithmus von <strong>der</strong> Merkmalexploration. Die Gemeinsamkeit besteht hier nur in <strong>der</strong><br />

Interaktion mit dem Benutzer: Das Computerprogramm stellt dem Benutzer fragen, und das<br />

Programm liefert dem Benutzer durch die Auswertung seiner Antworten Informationen über das<br />

(möglicherweise unbekannte) Universum, welches exploriert werden soll. Auch unvollständiges<br />

Wissen des Benutzers wird <strong>bei</strong> den verschiedenen Explorationsalgorithmen an<strong>der</strong>s behandelt, als in<br />

dieser Dissertation.<br />

Ich bedanke mich <strong>bei</strong> Prof. Burmeister für die Betreuung und Unterstützung <strong>bei</strong> dieser Ar<strong>bei</strong>t. Ich<br />

danke Prof. Herrmann, Prof. Wille, Prof. Streicher, Selma Strahringer und an<strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong>n des<br />

Fachbereichs Mathematik für hilfreiche Anregungen und Verbesserungsvorschläge.<br />

19


1. Grundlagen<br />

1.1 Kleene-Algebren<br />

In den nachfolgenden Kapiteln werden häufig Kleene-Algebren verwendet, um Logiksysteme für<br />

die Merkmalslogik von unvollständigen Kontexten zu definieren. Aus diesem Grund werden hier<br />

die wichtigsten Eigenschaften von Kleene-Algebren zusammengefaßt.<br />

1.1. Definition (Kleene-Algebra):<br />

Eine Kleene-Algebra A = (A, ∧ A , ∨ A , → A , ¬ A , Z A , Y A ) ist ein distributiver beschränkter Verband,<br />

so daß zusätzlich für x, y ∈ A folgende Axiome in A gültig sind: 42<br />

(1) ¬¬x = x<br />

(2) ¬(x ∧ y) = ¬x ∨ ¬y<br />

(3) ¬x ∧ x ≤ ¬y ∨ y<br />

(4) x → y = ¬x ∨ y<br />

A heißt boolesch, wenn zusätzlich das Axiom x ∨ ¬x = Y in A gilt.<br />

Die Operationen ∨, → und Y lassen sich durch die Operationen ∧, ¬ und Z ausdrücken, denn die<br />

Gleichungen<br />

x ∨ y = ¬(¬x ∧ ¬y)<br />

x → y = ¬x ∨ y<br />

Y = ¬Z<br />

folgen direkt aus den Axiomen <strong>der</strong> Kleene-Algebren. Die Operationen ∨, → und Y sind somit<br />

Termoperationen 43 über dem Typ (∧, ¬, Z), also gilt folgen<strong>der</strong> Satz:<br />

1.2. Satz (Homomorphismen und Kongruenzrelationen <strong>bei</strong> Kleene-Algrbren):<br />

Jede Abbildung zwischen Kleene-Algebren, die mit ∧, ¬ und Z verträglich ist, ist auch mit den<br />

Operationen ∨, → und Y verträglich. Eine analoge Aussage gilt für Kongruenzrelationen, wo<strong>bei</strong><br />

hier auch schon die Verträglichkeit in einer Komponente ausreicht: Eine Äquivalenzrelation R auf<br />

einer Kleene-Algebra A ist genau dann eine Kongruenzrelation, wenn für alle a, b, c ∈ A mit<br />

(a, b) ∈ R auch (a ∧ c, b ∧ c) ∈ R und (¬a, ¬b) ∈ R gilt.<br />

❚<br />

Während <strong>bei</strong> booleschen Algebren die Operation ¬ nur in <strong>der</strong> einelementigen booleschen Algebra<br />

einen Fixpunkt haben kann (d.h. ¬x = x), kommt es <strong>bei</strong> Kleene-Algebren häufig vor, daß die<br />

Operation ¬ einen Fixpunkt hat. Im folgenden Lemma wird jedoch bewiesen, daß <strong>der</strong> Fixpunkt<br />

einer Kleene-Algebra eindeutig bestimmt ist, falls er existiert.<br />

1.3. Lemma (eindeutiger Fixpunkt <strong>der</strong> Negation):<br />

In einer Kleene-Algebra A hat die Operation ¬ höchstens einen Fixpunkt. 44<br />

42 Der Index A an den Operationen einer Kleene-Algebra (∧ A , ∨ A , ...) wird manchmal auch weggelassen, wenn aus dem<br />

Zusammenhang klar ist, welche Kleene-Algebra gemeint ist.<br />

43 Die Implikation → wird in <strong>der</strong> Literatur manchmal nicht in die Signatur <strong>der</strong> Kleene-Algebren aufgenommen (vgl.<br />

[Pagliani97], [Cignoli]). In diesem Fall enthält die Signatur nur die Operationen ∧, ∨, ¬, Z und Y.<br />

44 Dieser Fixpunkt wird auch Zentrum von A genannt, wenn er existiert (vgl. [Cignoli], Seite 264).<br />

21


Beweis:<br />

Für x, y ∈ A mit x = ¬x und y = ¬y gilt<br />

x = x ∧ ¬x ≤ y ∨ ¬y = y und y = y ∧ ¬y ≤ x ∨ ¬x = x, also x = y.<br />

❚<br />

1.4. Definition (Kleene-Algebren 3 und 2):<br />

Sei 3 := ({×, ?, o}, ∧ 3 , ∨ 3 , ¬ 3 , → 3 , Z 3 , Y 3 ) die Algebra mit den Operationen<br />

22<br />

∧ 3 o ? × ∨ 3 o ? ×<br />

o o o o o o ? ×<br />

? o ? ? ? ? ? ×<br />

× o ? × × × × ×<br />

→ 3 o ? × ¬ 3<br />

o × × × o ×<br />

? ? ? × ? ?<br />

× o ? × × o<br />

und Z 3 = o und Y 3 = ×. Sei 2 := ({×, o}, ∧ 2 , ∨ 2 , ¬ 2 , → 2 , Z 2 , Y 2 ) die (einzige echte) Unteralgebra<br />

von 3.<br />

Es ist offensichtlich, daß alle Axiome <strong>der</strong> Kleene-Algebren für 3 erfüllt sind, d.h. 2 und 3 sind<br />

Kleene-Algebren. 2 ist boolesch, denn für x ∈ {×, o} gilt x ∨ 2 ¬ 2 x = Y 2 . Die Verbandsordnung auf<br />

3 ist durch o < ? < × gegeben.<br />

Die <strong>bei</strong>den Kleene-Algebren 2 und 3 werden in den nachfolgenden Kapiteln verwendet um die<br />

Gültigkeit von Formeln in einem Kontext durch Homomorphismen in die Kleene-Algebren 2 und 3<br />

auszudrücken. Die Algebra 2 ist auch die Semantik <strong>der</strong> booleschen Aussagenlogik, d.h. die<br />

Operationen von 2 entsprechen den Junktoren in <strong>der</strong> Aussagenlogik. Die Algebra 3 ist die Semantik<br />

<strong>der</strong> dreiwertigen Kleene-Logik. Diese Logik wird häufig benutzt, um aussagenlogische Formeln<br />

auswerten zu können, wenn für einige Variablen nicht bekannt ist, ob sie den Wahrheitswert wahr<br />

o<strong>der</strong> falsch haben.<br />

Um einen besseren Überblick über die Kleene-Algebren zu bekommen, ist es nützlich, die subdirekt<br />

irreduziblen Kleene-Algebren zu untersuchen, weil jede Kleene-Algebra subdirektes Produkt von<br />

subdirekt irreduziblen Kleene-Algebren ist. Während <strong>bei</strong> den distributiven Verbänden <strong>der</strong><br />

zweielementige Verband <strong>der</strong> einzige subdirekt irreduzible distributive Verband ist, gibt es <strong>bei</strong><br />

Kleene-Algebren genau zwei subdirekt irreduzible Algebren:<br />

1.5. Satz (subdirekt irreduzible Kleene-Algebren):<br />

2 und 3 sind (bis auf Isomorphie) die einzigen subdirekt irreduziblen Kleene-Algebren. 45<br />

❚<br />

Um im Kapitel 2 die Gültigkeit von Formeln in einem Kontext durch Kleene-Algebren<br />

auszudrücken, wird nun eine weitere Kleene-Algebra definiert:<br />

1.6. Definition (Kleene-Algebra AG):<br />

Seien G eine Menge und AG = (AG, ∧, ∨, →, ¬, Z, Y) die Kleene-Algebra 46 mit<br />

45 vgl. [Cignoli], Seite 271<br />

46 vgl. [Pagliani97], Seite 8


AG = {(B1, B2) | B1, B2 ⊆ G, B1 ∩ B2 = ∅}<br />

(B1, B2) ∧ (C1, C2) := (B1 ∩ C1, B2 ∪ C2)<br />

(B1, B2) ∨ (C1, C2) := (B1 ∪ C1, B2 ∩ C2)<br />

(B1, B2) → (C1, C2) := (B2 ∪ C1, B1 ∩ C2)<br />

¬(B1, B2) := (B2, B1)<br />

Y := (G, ∅)<br />

Z := (∅, G)<br />

Die Ordnung auf dem Verband (AG, ∧, ∨) ist durch<br />

(B1, B2) ≤ (C1, C2) gdw. B1 ⊆ C1 und C2 ⊆ B2<br />

für (B1, B2), (C1, C2) ∈ AG definiert, denn (B1, B2) ∧ (C1, C2) = (B1, B2) gilt genau dann, wenn<br />

B1 ∩ C1 = B1 und B2 ∪ C2 = B2 gilt.<br />

Es besteht ein enger Zusammenhang 47 zwischen <strong>der</strong> Kleene-Algebra AG und <strong>der</strong> Kleene-Algebra 3:<br />

1.7. Lemma (AG ist isomorph zu 3 G ):<br />

Es gilt AG ≅ 3 G . Der Isomorphismus ist die Abbildung h : 3 G → AG mit h(f) = (f -1 (×), f -1 (o)) für<br />

f : G → 3.<br />

Beweis:<br />

Für f1, f2 : G → 3 mit h(f1) = h(f2) gilt f1 -1 (×) = f2 -1 (×) und f1 -1 (o) = f2 -1 (o), also auch f1 -1 (?) = f2 -1 (?)<br />

und damit f1 = f2, also ist h injektiv.<br />

Für (B1, B2) ∈ AG und f : G → 3 mit<br />

f(g) = × für g ∈ B1,<br />

f(g) = o für g ∈ B2,<br />

f(g) = ? für g ∈ G - (B1 ∪ B2)<br />

gilt h(f) = (B1, B2), also ist h surjektiv.<br />

Für f, f1, f2 : G → 3 gilt:<br />

h(f1 ∧ f2) = ( {g ∈ G | (f1 ∧ f2)(g) = ×}, {g ∈ G | (f1 ∧ f2)(g) = o}) =<br />

( {g ∈ G | f1(g) = × und f2(g) = ×}, {g ∈ G | f1(g) = o o<strong>der</strong> f2(g) = o}) =<br />

(f1 -1 (×) ∩ f2 -1 (×), f1 -1 (o) ∪ f2 -1 (o)) = h(f1) ∧ h(f2)<br />

h(¬f) = ( {g ∈ G | (¬f)(g) = ×}, {g ∈ G | (¬f)(g) = o}) =<br />

( {g ∈ G | f(g) = o}, {g ∈ G | f(g) = ×}) = ¬h(f)<br />

h(Z) = (∅, G) = Z<br />

Nach Satz 1.2 ist h ein Homomorphismus, also ein Isomorphismus.<br />

❚<br />

47 dieser Zusammenhang wird in [Pagliani97] nicht erwähnt<br />

23


1.2 Formale <strong>Begriffsanalyse</strong><br />

Die folgenden Definitionen und Sätze können auch aus [GanterWille96] (Kapitel 1) entnommen<br />

werden:<br />

Ein einwertiger Kontext |K = (G, M, I) besteht aus einer Menge G von Gegenständen, einer Menge<br />

M von Merkmalen und einer Relation I ⊆ G × M. Für A ⊆ G und B ⊆ M seien<br />

A I := A' := {m ∈ M | (g, m) ∈ I für alle g ∈ A} und<br />

B I := B' := {g ∈ G | (g, m) ∈ I für alle m ∈ B}.<br />

Die (Ableitungs-)Operatoren ' : ℘(G) → ℘(M) und ' : ℘(M) → ℘(G) bilden eine Galoisverbindung<br />

zwischen G und M, d.h. ' ist antiton und '' ist ein Hüllenoperator auf G bzw. M.<br />

Für A ⊆ G und B ⊆ M heißt das Paar (A, B) Begriff von |K, wenn A' = B und B' = A gilt. A heißt<br />

Umfang und B heißt Inhalt des Begriffs (A, B). Eine Menge B ⊆ M heißt Gegenstandsinhalt, wenn<br />

es einen Gegenstand g ∈ G mit B = g' := {g}' gibt. Die Begriffe bilden einen vollständigen<br />

(Begriffs-)Verband X(|K) mit<br />

(A1, B1) ≤ (A2, B2) gdw. A1 ⊆ A2 gdw. B2 ⊆ B1,<br />

(A1, B1) ∨ (A2, B2) = ((A1 ∪ A2)'', B1 ∩ B2) = ((B1 ∩ B2)', B1 ∩ B2) und<br />

(A1, B1) ∧ (A2, B2) = (A1 ∩ A2, (B1 ∪ B2)'') = (A1 ∩ A2, (A1 ∩ A2)')<br />

für (A1, B1), (A2, B2) ∈ X(|K). Beliebige Suprema und Infima werden analog gebildet.<br />

Ext(|K) := {A ⊆ G | (A, B) ∈ X(|K) für ein B ⊆ M} = {A ⊆ G | A = A''} = {B' | B ⊆ M}<br />

Int(|K) := {B ⊆ M | (A, B) ∈ X(|K) für ein A ⊆ G} = {B ⊆ M | B = B''} = {A' | A ⊆ G}<br />

Man kann sich einen (endlichen) einwertigen Kontext als Tabelle vorstellen. Je<strong>der</strong> Gegenstand<br />

g ∈ G entspricht einer Zeile in <strong>der</strong> Tabelle, und jedes Merkmal m ∈ M entspricht einer Spalte <strong>der</strong><br />

Tabelle. In <strong>der</strong> Zeile g und <strong>der</strong> Spalte m steht genau dann ein ×, wenn (g, m) ∈ I ist, ansonsten<br />

bleibt <strong>der</strong> Tabelleneintrag leer.<br />

Wenn für g, h ∈ G aus g I = h I schon g = h folgt, dann heißt <strong>der</strong> Kontext |K gegenstandsbereinigt.<br />

Die Identifizierung von solchen Gegenständen g ≠ h mit g I = h I heißt Gegenstandsbereinigung.<br />

Ein mehrwertiger Kontext |K = (G, M, W, I) besteht aus einer Menge G von Gegenständen, einer<br />

Menge M von Merkmalen, einer Familie W = (Wm)m∈M von Wertemengen und einer Relation<br />

I ⊆ G × M × W, so daß für alle g ∈ G und alle m ∈ M genau ein w ∈ Wm mit (g, m, w) ∈ I<br />

existiert 48 . Dieser Wert w wird auch mit I(g, m) o<strong>der</strong> m(g) bezeichnet. Wenn Wm = Wn für alle<br />

m, n ∈ M gilt, wird die Familie W von Wertemengen häufig auch als einzelne Menge definiert:<br />

W := Wm. In diesem Fall wird |K auch als n-wertiger Kontext bezeichnet, wenn |W| = n ≥ 2 gilt.<br />

Man kann sich einen (endlichen) mehrwertigen Kontext ebenfalls als Tabelle vorstellen, wo<strong>bei</strong><br />

I(g, m) <strong>der</strong> Tabelleneintrag in Zeile g und Spalte m ist. Die Kontextzeile eines Gegenstandes g ∈ G<br />

ist die Abbildung I(g, ⋅) : M → W, welche jedem Merkmal m ∈ M den Wert I(g, m) zuordnet. Auch<br />

<strong>bei</strong> einwertigen Kontexten |K = (G, M, I) läßt sich die Kontextezeile eines Gegenstandes g ∈ G als<br />

Abbildung I(g, ⋅) : M → {×, o} auffassen, wo<strong>bei</strong> I(g, m) = × gdw. (g, m) ∈ I für m ∈ M ist.<br />

Häufig interessiert man sich nicht für den gesamten Kontext, son<strong>der</strong>n nur für einen Teilkontext.<br />

Seien |K = (G, M, I) ein einwertiger Kontext und S ⊆ G, T ⊆ M. Die Teilkontexte von |K mit <strong>der</strong><br />

48 In <strong>der</strong> Literatur wird häufig auch zugelassen, daß für g ∈ G und m ∈ M höchstens ein w ∈ W mit (g, m, w) ∈ I<br />

existiert. Solche "partiellen" Kontexte können jedoch zu einen "totalen" Kontext umgeformt werden, indem die Menge<br />

W um ein neues Element erweitert wird (vgl. auch Definition von unvollständigen mehrwertigen Kontexten in Kapitel<br />

2.5).<br />

25


Gegenstandsmenge S bzw. Merkmalsmenge T werden wie folgt definiert: 49<br />

|K| S := (S, M, I ∩ (S × M))<br />

|K| T := (G, T, I ∩ (G × T))<br />

|K| S×T := (S, T, I ∩ (S × T))<br />

Die Einschränkung <strong>der</strong> Gegenstands- bzw. Merkmalsmenge von mehrwertigen Kontexten wird<br />

analog definiert.<br />

Der folgende Satz liefert einen Zusammenhang zwischen dem Begriffsverband eines einwertigen<br />

Kontextes |K und dem Begriffsverband eines Teilkontextes von |K.<br />

1.8. Satz (Halbverbandshomomorphismen zwischen Begriffsverbänden nach Einschränkung<br />

<strong>der</strong> Gegenstandsmenge): 50<br />

Seien |K = (G, M, I) ein einwertiger Kontext und S ⊆ G. Sei |K|S = (S, M, J) <strong>der</strong> Teilkontext von |K<br />

mit J = I ∩ (S × M).<br />

Sei h : X(|K|S) → X(|K) mit h(A J , A) := (A I , A) für (A J , A) ∈ X(|K|S).<br />

Sei k : X(|K) → X(|K|S) mit k(A, A I ) := (S ∩ A, (S ∩ A) J ) für (A, A I ) ∈ X(|K).<br />

Dann ist h ist ein injektiver ∨-Halbverbandshomomorphismus, und k ist ein surjektiver ∧-Halbverbandshomomorphismus.<br />

❚<br />

Nach <strong>der</strong> Einschränkung <strong>der</strong> Gegenstandsmenge ist <strong>der</strong> Begriffsverband X(|K|S) des Teilkontextes<br />

|K' als ∨-Halbverband isomorph zu einem Unterhalbverband von X(|K).<br />

Durch Vertauschen von Gegenstandsmenge und Merkmalsmenge erhält man duale Aussagen über<br />

Teilkontexte durch Einschränkung <strong>der</strong> Merkmalsmenge: Für einen Kontext |K = (G, M, I) und |K|T =<br />

(G, T, J) mit T ⊆ M ist h : X(|K|T) → X(|K) mit h(A, A J ) := (A, A I ) für (A, A J ) ∈ X(|K|T) ein<br />

injektiver ∧-Halbverbandshomomorphismus, und die Abbildung k : X(|K) → X(|K|T) mit k(A I , A)<br />

:= ((T ∩ A) J , T ∩ A) für (A I , A) ∈ X(|K) ist ein surjektiver ∨-Halbverbandshomomorphismus,<br />

denn durch Vertauschung <strong>der</strong> Gegenstandsmenge und Merkmalsmenge wird die Ordnung im<br />

Begriffsverband umgedreht.<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein mehrwertiger Kontext und $ = ($m)m∈M eine Familie von mehrwertigen<br />

Kontexten mit $m = (Gm, Mm, Wm, Im) und Wm = (Wm,v)v∈M und I(G, m) ⊆ Gm für m ∈ M. Durch<br />

m<br />

eine Skalierung läßt sich <strong>der</strong> Kontext |K in einen an<strong>der</strong>en Kontext |K$ := (G, M$, W$, I$) transformieren:<br />

M$ := {m} × Mm,<br />

m∈M<br />

W$ := (Wm,v)(m,v)∈M $ ,<br />

I$(g, (m, v)) := Im(I(g, m), v) für g ∈ G, m ∈ M, v ∈ Mm.<br />

|K$ heißt abgeleiteter Kontext von |K bezüglich <strong>der</strong> Skalen ($m)m∈M. Anschaulich gesehen wird <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> Skalierung je<strong>der</strong> Wert w ∈ W in einer Zeile g in einer Spalte m des Kontextes |K durch die<br />

Kontextzeile von w in $m ersetzt.<br />

In [GanterWille96] (Kapitel 1.3) wird die Skalierung nur mit einwertigen Skalen definiert, die<br />

mehrwertige Skalierung läßt sich als Verallgemeinerung <strong>der</strong> einwertigen Skalierung auffassen,<br />

49 Wenn die Gegenstandsmenge nicht disjunkt zur Merkmalsmenge ist, dann geht aus dem Zusammenhang hervor, ob<br />

mit |K|S die Einschränkung <strong>der</strong> Gegenstandsmenge o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Merkmalsmenge gemeint ist.<br />

50 vgl. [GanterWille96], Kapitel 3.1<br />

26


wenn man einen einwertigen Kontext mit dem zugehörigen mehrwertigen Kontext mit <strong>der</strong><br />

Wertemenge W = {×, o} identifiziert. Da in dieser Ar<strong>bei</strong>t auch unvollständiges Kontextwissen<br />

untersucht wird, ist es manchmal nützlich, wenn durch die Skalierung nicht ein einwertiger son<strong>der</strong>n<br />

ein unvollständiger Kontext 51 (mit den Werten ×, o und ?) entsteht. Auch die Faktorisierung von<br />

Wertemengen läßt sich durch mehrwertige Skalierung realisieren: Sei |K = (G, M, W, I) ein<br />

mehrwertiger Kontext und ≈m eine Äquivalenzrelation auf Wm für m ∈ M. Sei $ = ($m)m∈M mit<br />

$m = (Wm, {m}, Wm/≈m, Im) und Im(w, m) = w/≈m für w ∈ Wm und m ∈ M. Dann enthält <strong>der</strong><br />

abgeleitete Kontext |K$ Äquivalenzklassen als Einträge. Je<strong>der</strong> Wert w ∈ Wm wurde durch seine<br />

Äquivalenzklasse w/≈m ersetzt. Die Merkmalsmenge {(m, m) | m ∈ M} des abgeleiteten Kontext<br />

kann man hier<strong>bei</strong> mit <strong>der</strong> Merkmalsmenge M von |K identifizieren. Durch die Faktorisierung erhält<br />

man eine Vergröberung <strong>der</strong> Werte. Wenn z.B. das Merkmal "Alter" im Kontext |K vorkommt, durch<br />

welches das Alter von Personen beschrieben wird, kann man die konkreten Zahlen in dieser<br />

Kontextspalte von |K durch die Werte "jung" (falls I(g, m) < 40 ist) und "alt" (falls I(g, m) ≥ 40 ist)<br />

ersetzen. Dies entspricht gerade <strong>der</strong> Faktorisierung nach <strong>der</strong> Relation<br />

≈Alter = {(v, w) ∈ WAlter 2 | v, w < 40 o<strong>der</strong> v, w ≥ 40}.<br />

51 vgl. Kapitel 2<br />

27


1.3 Logik<br />

Um Zusammenhänge zwischen den Spalten eines (einwertigen o<strong>der</strong> mehrwertigen) Kontextes zu<br />

beschreiben, werden in dieser Ar<strong>bei</strong>t aussagenlogische Formeln über <strong>der</strong> Merkmalsmenge<br />

verwendet. In Kapitel 2 wird gezeigt, daß sich <strong>der</strong> Korrektheitssatz und <strong>der</strong> Vollständigkeitssatz <strong>der</strong><br />

Aussagenlogik (vgl. Satz 1.12) auch auf die Merkmalslogik <strong>bei</strong> einwertigen und unvollständigen<br />

Kontexten übertragen lassen.<br />

1.9. Definition (Formeln, var, Modell, Mod, Th):<br />

Sei M eine Menge (von Variablen). Die Menge F = F(M) <strong>der</strong> Formeln über M wird induktiv<br />

definiert:<br />

• Z und Y sind atomare Formeln.<br />

• Für m ∈ M ist m eine atomare Formel.<br />

• Wenn α und β Formeln sind, dann sind auch α ∧ β, α ∨ β, α → β und ¬α Formeln.<br />

Jede endliche Teilmenge A ⊆ M wird auch als Abkürzung für eine Formel aufgefaßt:<br />

∧ m. Für A = ∅ entspricht A <strong>der</strong> Formel Y.<br />

A :≡ ∧A :≡<br />

m∈A<br />

Eine Formel <strong>der</strong> Form A → ∨B :≡<br />

∧ m →<br />

m∈A ∨ m für A, B ⊆ M heißt Klausel. Für B = ∅<br />

m∈B entspricht ∨B <strong>der</strong> Formel Z.<br />

Für α ∈ F sei var(α) ⊆ M die Menge <strong>der</strong> in α vorkommenden Variablen.<br />

F := (F, ∧, ∨, →, ¬, Z, Y) ist die Termalgebra über <strong>der</strong> Variablenmenge M in <strong>der</strong> Signatur <strong>der</strong><br />

Kleene-Algebren.<br />

Sei α ∈ F. Eine Menge A ⊆ M heißt Modell von α, wenn vA(α) = × für den (eindeutig bestimmten)<br />

Homomorphismus vA : F → 2 mit<br />

v(m) = × gdw. m ∈ A<br />

für m ∈ M gilt. 52<br />

Für H ⊆ ℘(M) und P ⊆ F seien Th(H) = {α ∈ F | für alle A ∈ H ist A ein Modell von α} und<br />

Mod(P) = {A ⊆ M | für alle α ∈ P ist A ein Modell von α}.<br />

1.10. Lemma (Th und Mod bilden Galoisverbindung):<br />

Die Abbildungen Th : ℘(℘(M)) → ℘(F) und Mod : ℘(F) → ℘(℘(M)) bilden eine<br />

Galoisverbindung.<br />

Beweis:<br />

Th und Mod sind die Ableitungsoperatoren im Kontext (℘(M), F, I) mit<br />

(T, α) ∈ I gdw. T ist ein Modell von α<br />

für T ⊆ M und α ∈ F.<br />

❚<br />

52 In <strong>der</strong> Literatur wird manchmal auch die zugehörige Variablenbelegung (d.h. die charakteristische Funktion<br />

χA : M → 2 von A) o<strong>der</strong> die homomorphe Fortsetzung vA : F → 2 als Modell bezeichnet. Wegen den bijektiven<br />

Zuordnungen zwischen ℘(M), 2 M und Hom(F, 2) macht es keinen großen Unterschied, welche dieser drei<br />

Darstellungen als Modelle verwendet werden. In <strong>der</strong> Darstellung als Menge A ⊆ M werden die syntaktischen Objekte<br />

(Variablen) auch als semantische Objekte (Elemente des Modells) verwendet. Durch eine Variablenbelegung v : M → 2<br />

würde dagegen eine strengere Trennung zwischen Syntax und Semantik erzielt: Je<strong>der</strong> Variablen wird durch die<br />

Funktion v seine semantische Bedeutung zugeordnet.<br />

29


Die in dieser Ar<strong>bei</strong>t am häufigsten verwendeten Formeln sind Implikationen <strong>der</strong> Form A → B mit<br />

A, B ⊆ M. In Kapitel 2 wird bewiesen, daß die Modellklassen von Implikationen (d.h.<br />

Mengensysteme <strong>der</strong> Form Mod(P) für eine Menge P von Implikationen) gerade die Hüllensysteme<br />

sind. Im folgenden Lemma wird gezeigt, daß sich jedes Mengensystem als Modellklasse von<br />

Klauseln darstellen läßt. Hier<strong>bei</strong> wird verwendet, daß eine Menge T ⊆ M genau dann ein Modell<br />

einer Klausel A → ∨B mit A, B ⊆ M ist, wenn aus A ⊆ T schon B ∩ T ≠ ∅ folgt. 53<br />

1.11. Lemma (Modelle sind durch gültige Klauseln eindeutig bestimmt): 54<br />

Sei M eine endliche Menge und H ⊆ ℘(M). Dann gilt:<br />

(1) Für A ⊆ M ist die Klausel A → ∨(M-A) genau dann in Th(H), wenn A ∉ H ist.<br />

(2) Mod(Th(H)) = H.<br />

(3) H = Mod({A → ∨(M-A) | A ⊆ M, A ∉ H})<br />

= Mod({α ∈ F | α ist eine Klausel aus Th(H)})<br />

Beweis von (1):<br />

A ist die einzige Menge, die kein Modell von A → ∨(M-A) ist, also gilt<br />

A ∉ H gdw. A → ∨(M-A) ∈ Th(H).<br />

Beweis von (2) und (3):<br />

H ⊆1.10 Mod(Th(H)) ⊆1.10 Mod({α ∈ F | α ist eine Klausel aus Th(H)}) ⊆(1)<br />

Mod({A → ∨(M-A) | A ⊆ M, A ∉ H}) ⊆ H.<br />

❚<br />

Insbeson<strong>der</strong>e ist H bereits durch die in H gültigen Klauseln eindeutig bestimmt. Jede Menge P von<br />

Formeln ist somit äquivalent zu einer Menge P' von Klauseln, d.h. es gilt Mod(P) = Mod(P').<br />

Es wird nun <strong>der</strong> Kalkül <strong>der</strong> klassischen Logik 55 eingeführt, welcher korrekt und vollständig für die<br />

semantische Folgerungsbeziehung ist, d.h. eine Formel α ist genau dann aus einer Menge P ⊆ F im<br />

Kalkül herleitbar, wenn α ∈ Th(Mod(P)) gilt. Ein Teilkalkül <strong>der</strong> klassischen Logik ist die<br />

intuitionistische Logik: er enthält alle Regeln des Kalküls <strong>der</strong> klassischen Logik außer dem Axiom<br />

tertium non datur. Es wird nun zunächst ein Regelsystem für den Kalkül <strong>der</strong> intuitionistischen<br />

Logik angegeben.<br />

Seien P ⊆ F und α, β, γ ∈ F.<br />

Für P ∪ {α} wird im folgenden Kalkül auch P, α geschrieben. 56<br />

Der intuitionistische Kalkül <strong>der</strong> Aussagenlogik besteht aus folgenden Regeln und Axiomen:<br />

53 vgl. z.B. [Krauße], Seite 5<br />

54 vgl. auch [Krauße], Seite 7<br />

55 vgl. [EbbinghausFlumThomas], Kapitel IV<br />

56 In <strong>der</strong> Literatur wird P im Kalkül üblicherweise nicht als Menge son<strong>der</strong>n als Sequenz benutzt (vgl.<br />

[EbbinghausFlumThomas], Kapitel IV). Die Verwendung von Mengen hat den Vorteil, daß mehrfach auftretende<br />

Formeln zusammengefaßt werden können ( {α, α} = {α} ) und daß man die Reihenfolge <strong>der</strong> Formeln vertauschen kann<br />

( {α, β} = {β, α} )<br />

30


____________(ax)<br />

P, α W α<br />

P W α<br />

_____________(∨-I1)<br />

P W α ∨ β<br />

P W β<br />

_____________(∨-I2)<br />

P W α ∨ β<br />

P W α ∨ β P, α W γ P, β W γ<br />

_______________________________________________(∨-E)<br />

P W γ<br />

P W α P W β<br />

_____________________________(∧-I)<br />

P W α ∧ β<br />

P W α ∧ β<br />

______________(∧-E1)<br />

P W α<br />

P W α ∧ β<br />

_____________(∧-E2)<br />

P W β<br />

P, α W β<br />

_______________(→-I)<br />

P W α → β<br />

P W α P W α → β<br />

________________________________(→-E)<br />

P W β<br />

P, α W Z<br />

____________(¬-I)<br />

P W ¬α<br />

P W α P W ¬α<br />

____________________________(¬-E)<br />

P W Z<br />

________(true)<br />

P W Y<br />

P W Z<br />

________(false)<br />

P W α<br />

P W β<br />

___________(weak)<br />

P, α W β<br />

Der Kalkül <strong>der</strong> klassischen Aussagenlogik enthält zusätzlich noch das Axiom<br />

_______________(tnd)<br />

P W α ∨ ¬α<br />

Es folgt nun <strong>der</strong> Satz über die Vollständigkeit und Korrektheit für den Kalkül <strong>der</strong> klassischen<br />

Logik:<br />

1.12. Satz (Adäquatheit des Kalküls <strong>der</strong> klassischen Logik): 57<br />

Für P ⊆ F und α ∈ F sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) α ist aus P im Kalkül <strong>der</strong> klassischen Logik herleitbar (d.h. es gibt einen Beweisbaum mit <strong>der</strong><br />

Wurzel P W α, dessen Blätter Axiome sind)<br />

(2) Jedes Modell von P ist auch ein Modell von α<br />

(3) α ∈ Th(Mod(P))<br />

❚<br />

57 vgl. [EbbinghausFlumThomas], Kapitel V<br />

31


Der Kalkül <strong>der</strong> klassischen Logik ist nach dem letzten Satz vollständig und korrekt. Der<br />

semantische Folgerungsbegriff ist mit dem syntaktischen Herleitungsbegriff identisch, d.h. eine<br />

Formel α ist genau dann aus P herleitbar, wenn α semantisch aus P folgt.<br />

32


2. Unvollständiges Kontextwissen<br />

2.1 Unvollständige Kontexte<br />

Bei <strong>der</strong> Erstellung eines einwertigen Kontextes zur Darstellung von Informationen kommt es<br />

manchmal vor, daß einige Einträge in <strong>der</strong> Tabelle unbekannt sind. An diesen Stellen kann man z.B.<br />

ein Fragezeichen als Wert in <strong>der</strong> Tabelle verwenden, um anzudeuten, daß nicht bekannt ist, ob <strong>der</strong><br />

Gegenstand das Merkmal hat. Dies führt zu einem dreiwertigen Kontext mit <strong>der</strong> Wertemenge<br />

W = {×, ?, o}. Während <strong>bei</strong> Kleene-Algebren die Wahrheitsordnung verwendet wird (je größer ein<br />

Wert in <strong>der</strong> Kleene-Algebra 3 ist, desto mehr Wahrheitsgehalt hat er), wird <strong>bei</strong> Kontexten die<br />

Informationsordnung benutzt: Ein Fragezeichen enthält weniger Information als die Werte × und o,<br />

d.h. es gilt ? < × und ? < o.<br />

Ein unvollständiger Kontext ist ein dreiwertiger Kontext |K = (G, M, W, I) mit W = {×, ?, o}.<br />

Zwischen unvollständigen Kontexten mit gleichen Gegenstands- und Merkmalsmengen wird nun<br />

eine Ordnung definiert:<br />

Für unvollständige Kontexte |K1 = (G, M, {×, ?, o}, I1) und |K2 = (G, M, {×, ?, o}, I2) gilt |K1 ≤ |K2<br />

gdw. für alle g ∈ G und m ∈ M gilt: Aus I1(g, m) = × folgt I2(g, m) = × und aus I1(g, m) = o folgt<br />

I2(g, m) = o.<br />

Für feste Mengen G und M bilden die unvollständigen Kontexte mit dieser Ordnung einen<br />

∧-Halbverband U(G, M):<br />

|K1 ∧ |K2 := (G, M, {×, ?, o}, I) mit<br />

I(g, m) = × gdw. I1(g, m) = × = I2(g, m),<br />

I(g, m) = o gdw. I1(g, m) = o = I2(g, m)<br />

I(g, m) = ? sonst.<br />

Ein unvollständiger Kontext |K ist genau dann ein maximales Element von U(G, M), wenn |K kein<br />

Fragezeichen enthält. Wenn |K = (G, M, {×, ?, o}, I) maximal in U(G, M) ist, dann wird dieser<br />

Kontext auch als einwertiger Kontext (G, M, J) aufgefaßt: (g, m) ∈ J gdw. I(g, m) = ×.<br />

Für einen unvollständigen Kontext |K wird<br />

V(|K) := {|K' ∈ U(G, M) | |K' ist maximal in U(G, M), |K ≤ |K'}<br />

definiert. V(|K) ist die Menge aller Vervollständigungen von |K.<br />

Das Supremum zweier unvollständiger Kontexte existiert genau dann, wenn sie keine<br />

wi<strong>der</strong>sprüchliche Informationen enthalten. Der Halbverband U(G, M) läßt sich auch als Potenz<br />

eines dreielementigen Halbverbands auffassen:<br />

2.1. Lemma (U(G, M) ist isomorph zur einer Potenz eines dreielementigen Halbverbands):<br />

Seien G, M Mengen und H = ({×, ?, o}, ∧) <strong>der</strong> dreielementige Halbverband mit o ∧ × = ?.<br />

Dann gilt U(G, M) ≅ H G×M .<br />

Beweis:<br />

Die Abbildung h : U(G, M) → H G×M mit h(G, M, {×, ?, o}, I) = I für I : G × M → H ist<br />

offensichtlich bijektiv und es gilt<br />

h(|K1 ∧ |K2)(g, m) = I1(g, m) ∧ I2(g, m) = h(|K1)(g, m) ∧ h(|K2)(g, m)<br />

für |K1 = (G, M, {×, ?, o}, I1), |K2 = (G, M, {×, ?, o}, I2) ∈ U(G, M), g ∈ G und m ∈ M. Damit<br />

ist h ein Isomorphismus.<br />

❚<br />

33


Unvollständige und einwertige Kontexte kann man auch als Semantik von Logiksystemen<br />

verwenden. Sei M eine Menge von Merkmalen. Jedem Merkmal m ∈ M wird nun ein<br />

Merkmalsname mˆ zugeordnet. Die Abbildung ^ : M → M ˆ := { mˆ | m ∈ M} ist da<strong>bei</strong> bijektiv. Der<br />

Merkmalsname mˆ ist damit eine atomare Formel von F( M ˆ ).<br />

In <strong>der</strong> Aussagenlogik lassen sich die Variablen mˆ ∈ M ˆ durch Variablenbelegungen v : M ˆ → 2<br />

interpretieren. Ein einwertiger Kontext |K = (G, M, I) induziert eine Familie (vg)g∈G von Variablenbelegungen<br />

vg : M ˆ → 2 mit vg( mˆ ) = × gdw. (g, m) ∈ I. Die Semantik eines Merkmalsnamens mˆ<br />

ist das zugehörige Merkmal m mit seiner Kontextspalte I(⋅, m) = (I(g, m))g∈G : G → 2.<br />

Auch in einem unvollständigen Kontext |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ist die Kontextspalte<br />

I(⋅, m) : G → 3 von m die Interpretation eines Merkmalsnamens mˆ ∈ M ˆ .<br />

Zur Vereinfachung <strong>der</strong> Schreibweise wird im folgenden die Abbildung ^ als identische Abbildung<br />

verwendet, d.h. jedes Merkmal m ∈ M wird auch als atomare Formel aufgefaßt, und umgekehrt ist<br />

je<strong>der</strong> syntaktischer Merkmalsname auch ein Merkmal des Kontextes. Ob m ein Merkmal o<strong>der</strong> ein<br />

Merkmalsname ist, geht aus dem Zusammenhang hervor.<br />

Nun wird die Gültigkeit von Formeln α ∈ F(M) := F( M ˆ ) in einwertigen und unvollständigen<br />

Kontexten definiert. In unvollständigen Kontexten gibt es da<strong>bei</strong> verschiedene Möglichkeiten, die<br />

Gültigkeit (o<strong>der</strong> Erfüllbarkeit) von Formeln zu definieren. 58<br />

2.2. Definition (starke Gültigkeit, schwache Gültigkeit, Kripke-Gültigkeit, Erfüllbarkeit):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, α ∈ F, g ∈ G und vg : F → 3 <strong>der</strong><br />

(eindeutig bestimmte) Homomorphismus mit vg|M = I(g, ⋅), d.h. vg(m) = I(g, m) für m ∈ M.<br />

α heißt stark gültig für g (Schreibweise: |K ]!g α), wenn vg(α) = × gilt.<br />

α heißt stark gültig in |K (Schreibweise: |K ]! α), wenn α für alle g ∈ G stark gültig ist.<br />

α heißt schwach gültig für g (Schreibweise: |K ]?g α), wenn vg(α) ≠ o gilt.<br />

α heißt schwach gültig in |K (Schreibweise: |K ]? α), wenn α für alle g ∈ G schwach gültig ist.<br />

α heißt Kripke-gültig für g (Schreibweise: |K ]g α), wenn α in je<strong>der</strong> Vervollständigung |K' ∈ V(|K)<br />

stark gültig für g ist.<br />

α heißt Kripke-gültig in |K (Schreibweise: |K ] α), wenn α für alle g ∈ G Kripke-gültig ist.<br />

α heißt erfüllbar für g, wenn α in (mindestens) einer Vervollständigung |K' ∈ V(|K) stark gültig für<br />

g ist.<br />

α heißt erfüllbar in |K, wenn α für alle g ∈ G erfüllbar ist.<br />

Für eine Menge P ⊆ F gilt |K ]g P (bzw. |K ] P), wenn |K ]g α (bzw. |K ] α) für alle α ∈ P gilt.<br />

Seien α + (|K) := {g ∈ G | |K ]!g α} = {g ∈ G | vg(α) = ×} und<br />

α - (|K) := {g ∈ G | |K b?g α} = {g ∈ G | vg(α) = o}.<br />

Die starke und schwache Gültigkeit einer Formel α für einen Gegenstand g entsprechen also gerade<br />

<strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Formel α in <strong>der</strong> dreiwertigen Kleene-Logik. Die Menge α + (|K) besteht aus<br />

den Gegenständen, für die α stark gültig ist, und α - (|K) enthält genau die Gegenstände, für die α<br />

nicht schwach gültig ist.<br />

In diesem Kapitel wird gezeigt, daß ein enger Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit und<br />

<strong>der</strong> Aussagenlogik besteht: Die Äquivalenz bezüglich <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit zweier Formeln<br />

entspricht gerade <strong>der</strong> aussagenlogischen Äquivalenz (vgl. Satz 2.18). In Satz 2.21 wird bewiesen,<br />

daß eine Formel genau dann für einen Gegenstand g Kripke-gültig ist, wenn sie in klassischer Logik<br />

aus den Formeln, welche die Kontexteinträge von g beschreiben, herleitbar ist. Der semantische<br />

58 vgl. auch [Pagliani] (Kapitel II) und [Burmeister91a] (Kapitel 2)<br />

34


Folgerungsbegriff <strong>bei</strong> Kripke-Gültigkeit entspricht genau dem Folgerungsbegriff <strong>der</strong> Aussagenlogik<br />

(vgl. Satz 2.17). Die starke und schwache Gültigkeit haben dagegen einen engen Bezug zu Kleene-<br />

Algebren: Die Äquivalenz bezüglich <strong>der</strong> starken (o<strong>der</strong> schwachen) Gültigkeit zweier Formeln<br />

entspricht gerade <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> zugehörigen Gleichung in <strong>der</strong> Klasse aller Kleene-Algebren<br />

(vgl. Satz 2.19). In Satz 2.25 wird bewiesen, daß <strong>bei</strong> Formeln, in denen jedes Merkmal höchstens<br />

einmal vorkommt, die starke Gültigkeit äquivalent zur Kripke-Gültigkeit ist. Bei beliebigen<br />

Formeln sind die Gültigkeitsbegriffe zwar nicht äquivalent, jedoch folgt die Kripke-Gültigkeit aus<br />

<strong>der</strong> starken Gültigkeit, und die schwache Gültigkeit folgt aus <strong>der</strong> Erfüllbarkeit (vgl. Satz 2.24).<br />

Da je<strong>der</strong> einwertige Kontext auch als unvollständiger Kontext aufgefaßt werden kann, läßt sich<br />

Definition 2.2 auch auf einwertige Kontexte übertragen. In einwertigen Kontexten gibt es keine<br />

Fragezeichen, deshalb kommen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Variablenbelegung I(g, ⋅) nur die Werte × und o vor. Im<br />

folgenden Lemma wird bewiesen, daß die verschiedenen Gültigkeitsbegriffe für einwertige<br />

Kontexte übereinstimmen.<br />

2.3. Lemma (Äquivalenz <strong>der</strong> Gültigkeitsbegriffe in einwertigen Kontexten):<br />

Wenn |K maximal in U(G, M) ist, dann sind für g ∈ G und α ∈ F folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) |K ]!g α<br />

(2) |K ]?g α<br />

(3) |K ]g α<br />

(4) α ist erfüllbar für g<br />

Beweis:<br />

Sei vg : F → 3 die homomorphe Fortsetzung von I(g, ⋅). Dann gilt v(M) ⊆ 2, weil |K kein<br />

Fragezeichen enthält, also auch vg(F) ⊆ 2, weil 2 eine Unteralgebra ist.<br />

Somit gilt vg(α) = × gdw. vg(α) ≠ o, also (1) ⇔ (2).<br />

Es gilt V(|K) = {|K}, also (4) ⇔ (1) ⇔ (3).<br />

❚<br />

Für einen einwertigen Kontext |K braucht man somit die verschiedenen Gültigkeitsbegriffe nicht zu<br />

unterscheiden. Anstatt des Ausdrucks "stark gültig in |K" wird daher oft auch <strong>der</strong> Ausdruck "gültig<br />

in |K" verwendet.<br />

2.4. Korollar (Charakterisierung von Kripke-Gültigkeit in einwertigen Kontexten durch<br />

Auswertungshomomorphismen):<br />

Seien |K = (G, M, I) ein einwertiger Kontext, α ∈ F, g ∈ G, vg : F → 2 die homomorphe<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> Kontextzeile von g, d.h. v ist <strong>der</strong> eindeutig bestimmte Homomorphismus mit vg(m)<br />

= × gdw. (g, m) ∈ I für m ∈ M. Es gilt genau dann vg(α) = ×, wenn |K ]g α gilt.<br />

❚<br />

2.5. Korollar (Charakterisierung von Kripke-Gültigkeit in einwertigen Kontexten durch<br />

Gegenstandsinhalte):<br />

Seien |K = (G, M, I) ein einwertiger Kontext, g ∈ G und P ⊆ F. Genau dann gilt |K ]g P, wenn<br />

g' ∈ Mod(P) gilt. 59<br />

Beweis:<br />

Für α ∈ P gilt:<br />

|K ]g α gdw.<br />

59 vgl. Definition 1.9<br />

35


vg(α) = × gilt für den Homomorphismus vg : F → 2 mit vg(m) = × für m ∈ g' und vg(m) = o für<br />

m ∈ M-g' gdw.<br />

g' ist ein Modell von α<br />

❚<br />

Wenn man also einen einwertigen Kontext |K = (G, M, I) als Familie (I(g, ⋅))g∈G von<br />

Variablenbelegungen auffaßt, dann entspricht die Gültigkeit einer Formel α ∈ F im Kontext |K<br />

genau <strong>der</strong> Gültigkeit von α für diese Variablenbelegungen. |K ] α gilt genau dann, wenn je<strong>der</strong><br />

Gegenstandsinhalt ein Modell von α ist, d.h. wenn α ∈ Th({g I | g ∈ G} gilt.<br />

2.6. Lemma (α + (|K) und α - (|K) sind in einwertigen Kontexten komplementär):<br />

Für einwertige Kontexte |K gilt α + (|K) = G-α - (|K) für α ∈ F.<br />

Beweis:<br />

α + (|K) = {g ∈ G | |K ]!g α} =2.3 {g ∈ G | |K ]?g α} = G-{g ∈ G | |K b?g α} = G-α - (|K).<br />

❚<br />

2.7. Lemma (starke und schwache Gültigkeit vonTeilformeln):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, α, β ∈ F, g ∈ G und m ∈ M.<br />

(1) Es gilt |K ]!g Y und |K ]?g Y.<br />

(2) Es gilt |K b!g Z und |K b?g Z.<br />

(3) |K ]!g m gilt genau dann, wenn I(g, m) = × ist.<br />

(4) |K ]?g m gilt genau dann, wenn I(g, m) ∈ {×, ?} ist.<br />

(5) |K ]!g ¬α gilt genau dann, wenn |K b?g α gilt.<br />

(6) |K ]?g ¬α gilt genau dann, wenn |K b!g α gilt.<br />

(7) |K ]!g α ∧ β gilt genau dann, wenn |K ]!g α und |K ]!g β gilt.<br />

(8) |K ]?g α ∧ β gilt genau dann, wenn |K ]?g α und |K ]?g β gilt.<br />

(9) |K ]!g α ∨ β gilt genau dann, wenn |K ]!g α o<strong>der</strong> |K ]!g β gilt.<br />

(10) |K ]?g α ∨ β gilt genau dann, wenn |K ]?g α o<strong>der</strong> |K ]?g β gilt.<br />

(11) |K ]!g α → β gilt genau dann, wenn |K b?g α o<strong>der</strong> |K ]!g β gilt.<br />

(12) |K ]?g α → β gilt genau dann, wenn |K b!g α o<strong>der</strong> |K ]?g β gilt.<br />

Beweis:<br />

Sei vg : F → 3 <strong>der</strong> (eindeutig bestimmte) Homomorphismus mit vg|M = I(g, ⋅).<br />

Die Auswertungen <strong>der</strong> Operationen in 3 lassen sich direkt an den Wertetabellen von Definition 1.4<br />

ablesen:<br />

Beweis von (1): vg(Y) = ×<br />

Beweis von (2): vg(Z) = o<br />

Beweis von (3): und (4): vg(m) = I(g, m)<br />

Beweis von (5): vg(¬α) = × gdw. vg(α) = o<br />

Beweis von (6): vg(¬α) ≠ o gdw. vg(α) ≠ ×<br />

Beweis von (7): vg(α ∧ β) = × gdw. vg(α) = × und vg(β) = ×<br />

Beweis von (8): vg(α ∧ β) ≠ o gdw. vg(α) ≠ o und vg(β) ≠ o<br />

Beweis von (9): vg(α ∨ β) = × gdw. vg(α) = × o<strong>der</strong> vg(β) = ×<br />

Beweis von (10): vg(α ∨ β) ≠ o gdw. vg(α) ≠ o o<strong>der</strong> vg(β) ≠ o<br />

Beweis von (11): vg(α → β) = × gdw. vg(α) = o o<strong>der</strong> vg(β) = ×<br />

36


Beweis von (12): vg(α → β) ≠ o gdw. vg(α) ≠ × o<strong>der</strong> vg(β) ≠ o<br />

❚<br />

Dieses Lemma liefert auch eine induktive Definition <strong>der</strong> starken und schwachen Gültigkeit: Die<br />

starke und schwache Gültigkeit von α ∈ F für einen Gegenstand g läßt sich durch die starke und<br />

schwache Gültigkeit von echten Teilformeln von α ausdrücken. Mit Hilfe <strong>der</strong> Bedingungen (1)-(12)<br />

von Lemma 2.7 lassen sich somit die starke und schwache Gültigkeit einer Formel α für einen<br />

Gegenstand g überprüfen, ohne die homomorphe Fortsetzung vg : F → 3 <strong>der</strong> Kontextzeile von g<br />

aufzustellen. Für einwertige Kontexte kann auf diese Weise auch die Kripke-Gültigkeit und<br />

Erfüllbarkeit von Formeln überprüft werden, weil die Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit in<br />

einwertigen Kontexten nach Lemma 2.3 zur starken Gültigkeit äquivalent sind.<br />

Um zu entscheiden, ob eine Formel α ∈ F in einem unvollständigen Kontext Kripke-gültig o<strong>der</strong><br />

erfüllbar ist, ist es häufig nützlich noch weitere Charakterisierungen <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit und <strong>der</strong><br />

Erfüllbarkeit zu kennen. Die Erfüllbarkeit einer Formel α für einen Gegenstand läßt sich auch durch<br />

die Kripke-Gültigkeit <strong>der</strong> Negation von α ausdrücken, was im folgenden Lemma bewiesen wird.<br />

2.8. Lemma (Eine Formel ist genau dann erfüllbar für einen Gegenstand, wenn die Negation<br />

nicht Kripke-gültig ist):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, g ∈ G und α ∈ F. Die Fomel α ist genau<br />

dann erfüllbar für g, wenn |K bg ¬α gilt, d.h. wenn ¬α für den Gegenstand g nicht Kripke-gültig<br />

ist.<br />

Beweis:<br />

Nach Lemma 2.7.(6) und 2.3 gilt:<br />

α erfüllbar für g gdw.<br />

|K' ]!g α für ein |K' ∈ V(|K) gdw.<br />

|K' b?g ¬α für ein |K' ∈ V(|K) gdw.<br />

|K' b!g ¬α für ein |K' ∈ V(|K) gdw.<br />

|K bg ¬α.<br />

❚<br />

Eine Formel α ist genau dann in einem unvollständigen Kontext |K erfüllbar, wenn die Negation<br />

von α für keinen Gegenstand gültig ist. Wenn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Erstellung eines einwertigen Kontextes<br />

|K' = (G, M, J) einige Einträge unbekannt sind, dann kann ein unvollständiger Kontext |K = (G, M,<br />

{×, ?, o}, I) verwendet werden, so daß |K' ∈ V(|K) gilt. Für eine Formel α ∈ F bedeutet |K ]g α<br />

gerade, daß im (unbekannten) Kontext |K' die Formel α mit Sicherheit für den Gegenstand g gültig<br />

ist, und |K bg ¬α sagt aus, daß es möglich ist, daß α in |K' für den Gegenstand g gültig ist.<br />

Die Kripke-Gültigkeit von Formeln α ∈ F in unvollständigen Kontexten läßt sich auch durch die<br />

Auswertung von α in <strong>der</strong> booleschen Algebra 2 überprüfen:<br />

2.9. Satz (Zusammenhang zwischen Kripke-Gültigkeit und Auswertungshomomorphismen):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, α ∈ F und g ∈ G.<br />

(1) |K ]g α gilt genau dann, wenn v(α) = × für jeden Homomorphismus v : F → 2 gilt, für den aus<br />

I(g, m) ≠ ? schon v(m) = I(g, m) folgt, für alle Merkmale m ∈ M.<br />

(2) |K bg ¬α gilt genau dann, wenn v(α) = × für einen Homomorphismus v : F → 2 gilt, für den aus<br />

I(g, m) ≠ ? schon v(m) = I(g, m) folgt, für alle Merkmale m ∈ M.<br />

37


Beweis von (1):<br />

'⇒':<br />

Gelte |K ]g α, und sei v : F → 2 ein Homomorphismus mit v(m) = I(g, m) für alle m ∈ M mit<br />

I(g, m) ≠ ?. Sei |K' = (G, M, J) mit (g, m) ∈ J gdw. v(m) = × und (h, m) ∈ J gdw. I(h, m) = × für g ≠<br />

h ∈ G und m ∈ M. Dann gilt |K' ∈ V(|K), denn wenn I(g, m) = × ist, dann gilt v(m) = I(g, m) = ×,<br />

also (g, m) ∈ J und analog (g, m) ∉ J für I(g, m) = o. Es gilt |K' ]g α, also v(α) = × nach Korollar<br />

2.4.<br />

'⇐':<br />

Gelte v(α) = × für jeden Homomorphismus v : F → 2 gilt, für den aus I(g, m) ≠ ? schon v(m) =<br />

I(g, m) folgt, für alle Merkmale m ∈ M. Seien |K' = (G, M, J) ∈ V(|K) und v : F → 2 <strong>der</strong><br />

Homomorphismus mit<br />

v(m) = × gdw. (g, m) ∈ J<br />

für m ∈ M. Dann gilt v(m) = I(g, m) für alle m ∈ M mit I(g, m) ≠ ?, also v(α) = ×. Damit gilt<br />

|K' ]g α nach Korollar 2.4, also |K ]g α.<br />

Beweis von (2):<br />

Nach (1) gilt:<br />

|K |≠g ¬α gdw.<br />

für einen Homomorphismus v : F → 2 mit v(m) = I(g, m) für I(g, m) ≠ ? gilt v(¬α) ≠ × gdw.<br />

für einen Homomorphismus v : F → 2 mit v(m) = I(g, m) für I(g, m) ≠ ? gilt v(α) = ×.<br />

❚<br />

2.10. Lemma (Kripke-Gültigkeit ist äquivalent zur Kripke-Gültigkeit in allen (bzgl. <strong>der</strong><br />

Informationsordnung) größeren unvollständigen Kontexten):<br />

Folgende Aussagen sind für einen unvollständigen Kontext |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und α ∈ F<br />

äquivalent:<br />

(1) |K ] α<br />

(2) |K' ] α für alle |K' ∈ U(G, M) mit |K ≤ |K'<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Sei |K ≤ |K', dann gilt V(|K') ⊆ V(|K), also gilt |K'' ] α für alle |K'' ∈ V(|K') wegen (1). Damit gilt<br />

auch |K' ] α.<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Es gilt |K ≤ |K.<br />

❚<br />

Wenn eine Formel α in einem unvollständigen Kontext |K Kripke-gültig ist, dann ist sie somit auch<br />

in allen Kontexten des von |K erzeugten Ordnungsfilters in U(G, M) Kripke-gültig. Da die Relation<br />

≤ die Informationsordnung ist, entspricht dies <strong>der</strong> Aussage, daß eine Kripke-gültige Formel α durch<br />

Hinzufügen von Informationen nicht falsch werden kann.<br />

Pagliani hat bereits gezeigt, daß mit Hilfe <strong>der</strong> Kleene-Algebra<br />

AG = ({(B1, B2) | B1, B2 ⊆ G, B1 ∩ B2 = ∅}, ∧, ∨, →, ¬, Z, Y)<br />

aus Definition 1.6 die Menge aller Gegenstände eines unvollständigen Kontextes, für die eine<br />

Formel α ∈ F stark gültig ist, beschrieben werden können. Dazu wird in <strong>der</strong> folgenden Definition<br />

eine Abbildung π : F → AG definiert, welche zur Auswertung von Formeln in <strong>der</strong> Kleene-Algebra<br />

AG dient.<br />

38


2.11. Definition (L(|K) und π|K): 60<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und π|K : F → AG <strong>der</strong> eindeutig<br />

bestimmte Homomorphismus mit<br />

π|K(m) := ({g ∈ G | I(g, m) = ×}, {g ∈ G | I(g, m) = o})<br />

für m ∈ M.<br />

L(|K) := π|K(F) ist die von <strong>der</strong> Menge {π|K(m) | m ∈ M} erzeugte Unteralgebra von AG.<br />

π|K(α) enthält in <strong>der</strong> ersten Komponente genau diejenigen Gegenstände, für die α im Kontext stark<br />

gültig ist, und die zweite Komponente enthält genau diejenigen Gegenstände, für die α nicht<br />

schwach gültig ist. Dies wird Satz 2.12 bewiesen.<br />

Pagliani gibt eine äquivalente Definition <strong>der</strong> starken Gültigkeit einer Formel an:<br />

Seien g ∈ G, m ∈ M, α, β ∈ F.<br />

g ] m gilt genau dann, wenn I(g, m) = × ist.<br />

g ] ¬m gilt genau dann, wenn I(g, m) = o ist.<br />

g ] ¬¬α gilt genau dann, wenn g ] α gilt.<br />

g ] α ∧ β gilt genau dann, wenn g ] α und g ] β gilt.<br />

g ] ¬(α ∧ β) gilt genau dann, wenn g ] ¬α o<strong>der</strong> g ] ¬β gilt.<br />

g ] α ∨ β gilt genau dann, wenn g ] α o<strong>der</strong> g ] β gilt.<br />

g ] ¬(α ∨ β) gilt genau dann, wenn g ] ¬α und g ] ¬β gilt.<br />

g ] α → β gilt genau dann, wenn g ] ¬α o<strong>der</strong> g ] β gilt.<br />

g ] ¬(α → β) gilt genau dann, wenn g ] α und g ] ¬β gilt.<br />

In [Pagliani] (Seite 7) wird bewiesen, daß π|K(α) = ({g ∈ G | g ] α}, {g ∈ G | g ] ¬α}) für alle<br />

α ∈ F gilt. Aus Satz 2.12 folgt daher die Äquivalenz <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den Definitionen:<br />

g ] α gdw. |K ]!g α.<br />

2.12. Satz (π|K liefert zu je<strong>der</strong> Formel die Menge <strong>der</strong> Gegenstände, für welche diese Formel<br />

stark gültig ist, und die Menge <strong>der</strong> Gegenstände, für welche diese Formel nicht schwach<br />

gültig ist): 61<br />

Sei |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext.<br />

Für jede Formel α ∈ F gilt π|K(α) = (α + (|K), α - (|K)).<br />

Beweis:<br />

Seien g ∈ G und vg : F → 3 die homomorphe Fortsetzung von I(g, ⋅).<br />

Sei h : 3 G → AG <strong>der</strong> Isomorphismus 62 mit h(f) = (f -1 (×), f -1 (o)) für f : G → 3.<br />

Sei prg : 3 G → 3 die Projektion auf die Komponente g, d.h. prg(f) = f(g) für f : G → 3.<br />

Für alle m ∈ M gilt<br />

prg(h -1 (π|K(m)) = h -1 ({x ∈ G | I(x, m) = ×}, {x ∈ G | I(x, m) = o})(g) = I(g, m) = vg(m), und wegen<br />

<strong>der</strong> eindeutigen homomorphen Fortsetzung gilt sogar prg ° h -1 ° π|K = vg.<br />

Für (B1, B2) = π|K(α) gilt:<br />

60 vgl. [Pagliani], Kapitel III<br />

61 vgl. [Pagliani], Kapitel III<br />

62 vgl. Lemma 1.7<br />

39


g ∈ α + (|K) gdw. vg(α) = × gdw. prg(h -1 (π|K(α)) = × gdw. h -1 (B1, B2)(g) = × gdw. g ∈ B1, und<br />

g ∈ α - (|K) gdw. vg(α) = o gdw. prg(h -1 (π|K(α)) = o gdw. h -1 (B1, B2)(g) = o gdw. g ∈ B2, also<br />

π|K(α) = (B1, B2) = (α + (|K), α - (|K)).<br />

❚<br />

Während die Algebra 3 gut geeignet ist, um für einen festen Gegenstand g ∈ G die starke und<br />

schwache Gültigkeit zu untersuchen, kann man nach Satz 2.12 die Algebra AG dazu verwenden, alle<br />

Gegenstände zu finden, für die eine Formel α ∈ F stark gültig (bzw. nicht schwach gültig) ist.<br />

2.13. Korollar (starke Gültigkeit im Kontext ist äquivalent dazu, daß π|K den Wert Y liefert):<br />

Für α ∈ F gilt π|K(α) = Y genau dann, wenn |K ]! α gilt.<br />

Beweis:<br />

π|K(α) = Y gdw. α + (|K) = G gdw. |K ]!g α für alle g ∈ G gdw. |K ]! α<br />

❚<br />

2.14. Satz (Charakterisierung von vollständigen Kontexten durch L(|K)):<br />

L(|K) ist genau dann eine boolesche Algebra, wenn |K maximal in U(G, M) ist.<br />

Beweis:<br />

'⇐':<br />

Seien |K maximal in U(G, M) und α ∈ F. Dann gilt<br />

π|K(α) ∨ ¬π|K(α) =2.12 (α + (|K) ∪ α - (|K), α - (|K) ∩ α + (|K)) =2.6 (G, ∅) = Y.<br />

Damit ist das Axiom x ∨ ¬x = Y in L(|K) = π|K(F) gültig, und L(|K) ist boolesch.<br />

'⇒':<br />

Sei |K nicht maximal in U(G, M), d.h. I(g, m) = ? für ein g ∈ G und ein m ∈ M.<br />

Dann gilt g ∉ m + (|K) und g ∉ m - (|K), also<br />

π|K(m) ∨ ¬π|K(m) =2.12 (m + (|K) ∪ m - (|K), m - (|K) ∩ m + (|K)) ≠ (G, ∅) = Y.<br />

L(|K) ist deshalb keine boolesche Algebra.<br />

❚<br />

Im folgenden Satz wird bewiesen, daß sich jede Kleene-Algebra bis auf Isomorphie als L(|K) für<br />

einen geeigneten unvollständigen Kontext darstellen läßt.<br />

2.15. Satz (Jede Kleene-Algebra wird durch einen unvollständigen Kontext induziert):<br />

Eine Algebra A ist genau dann eine Kleene-Algebra, wenn es einen unvollständigen Kontext |K mit<br />

A ≅ L(|K) gibt.<br />

Beweis:<br />

Wenn A ≅ L(|K) bezüglich eines unvollständigen Kontextes |K ist, dann ist A eine Kleene-Algebra,<br />

weil AG nach Definition 1.6 eine Kleene-Algebra und L(|K) gemäß Definition 2.11 eine<br />

Unteralgebra von AG ist.<br />

Sei nun A eine Kleene-Algebra. Dann ist A subdirektes Produkt von subdirekt irreduziblen Kleene-<br />

Algebren. Da 2 und 3 nach Satz 1.5 die einzigen subdirekt irreduziblen Kleene-Algebren sind, und<br />

2 eine Unteralgebra von 3 ist, ist A isomorph zu einer Unteralgebra von 3 G für eine geeignete<br />

Menge G. Nach Satz 1.7 gilt 3 G ≅ AG, also gibt es eine Unteralgebra M von AG mit M ≅ A. Sei<br />

|K = (G, M, {×, ?, o}, I) <strong>der</strong> unvollständige Kontext mit<br />

I(g, (B1, B2)) = × gdw. g ∈ B1,<br />

I(g, (B1, B2)) = o gdw. g ∈ B2,<br />

I(g, (B1, B2)) = ? gdw. g ∈ G - (B1 ∪ B2)<br />

40


für (B1, B2) ∈ M und g ∈ G.<br />

Es gilt π|K(B1, B2) = (B1, B2) für (B1, B2) ∈ M, also L(|K) = π|K(F) = M ≅ A.<br />

❚<br />

2.16. Korollar (Jede boolesche Algebra wird durch einen einwertigen Kontext induziert):<br />

Eine Algebra A ist genau dann eine boolesche Kleene-Algebra, wenn es einen einwertigen Kontext<br />

|K mit A ≅ L(|K) gibt.<br />

Beweis:<br />

Wenn A ≅ L(|K) für einen einwertigen Kontext |K ist, dann ist A nach Satz 2.14 eine boolesche<br />

Algebra.<br />

Sei nun A eine boolesche Algebra. Da A auch eine Kleene-Algebra ist, gibt es nach Satz 2.15 einen<br />

(unvollständigen) Kontext |K mit L(|K) ≅ A. Damit ist auch L(|K) boolesch, also muß |K nach Satz<br />

2.14 vollständig sein.<br />

❚<br />

Der folgende Satz zeigt, daß <strong>der</strong> Folgerungsbegriff von Formeln für die Kripke-Gültigkeit <strong>bei</strong><br />

unvollständigen und einwertigen Kontexten mit dem Folgerungsbegriff aus Kapitel 1.3 übereinstimmt.<br />

2.17. Satz (Adäquatheit <strong>der</strong> klassischen Logik für unvollständige Kontexte):<br />

Seien M eine Menge, P ⊆ F und α ∈ F. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) α ist in klassischer Logik aus P herleitbar.<br />

(2) Für alle Homomorphismen v : F → 2 mit v(β) = × für alle β ∈ P gilt v(α) = ×.<br />

(3) Für alle unvollständigen Kontexte |K mit Merkmalsmenge M und |K ] P gilt |K ] α.<br />

(4) Für alle einwertigen Kontexte |K mit Merkmalsmenge M und |K ] P gilt |K ] α.<br />

(5) Für alle einwertigen Kontexte |K mit Merkmalsmenge M und einelementiger Gegenstandsmenge<br />

G und |K ] P gilt |K ] α.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇔ (2) gilt wegen <strong>der</strong> Korrektheit und Vollständigkeit des Kalküls <strong>der</strong> klassischen Logik, 63 denn<br />

v(α) = × gilt genau dann, wenn {m ∈ M | v(m) = ×} ein Modell von α ist.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext mit |K ] P und g ∈ G. Sei v : F → 2 ein<br />

Homomorphismus mit v(m) = I(g, m) für alle m ∈ M mit I(g, m) ≠ ?. Es gilt |K ]g β für alle β ∈ P,<br />

also v(β) = × nach Satz 2.9, und nach (2) auch v(α) = ×, also gilt |K ]g α nach Satz 2.9. Somit gilt<br />

|K ] α.<br />

(3) ⇒ (4):<br />

Je<strong>der</strong> einwertiger Kontext kann als unvollständiger Kontext aufgefaßt werden.<br />

(4) ⇒ (5):<br />

Trivial.<br />

(5) ⇒ (2):<br />

Seien v : F → 2 ein Homomorphismus mit v(β) = × für alle β ∈ P, |K = ({g}, M, I) mit (g, m) ∈ I<br />

gdw. v(m) = × für m ∈ M. Dann gilt |K ]g P nach Korollar 2.4, also |K ]g α wegen (5), und deshalb<br />

v(α) = × nach Korollar 2.4.<br />

❚<br />

63 vgl. Satz 1.12<br />

41


Die in einem unvollständigen Kontext |K gültigen Formeln sind somit bezüglich <strong>der</strong> Regeln <strong>der</strong><br />

klassischen Logik abgeschlossen. Nach Satz 1.12 und Satz 2.17 (Äquivalenz (1) ⇔ (3)) sind die in<br />

|K gültigen Formeln auch bezüglich des Operators Th ° Mod abgeschlossen:<br />

Th(Mod({α ∈ F | |K ] α})) = {α ∈ F | |K ] α}.<br />

Die Äquivalenz zweier Formeln für die Kripke-Gültigkeit, starke Gültigkeit und schwache<br />

Gültigkeit läßt sich durch Gleichungen in den Algebren 2 und 3 beschreiben. Dies wird in den<br />

Sätzen 2.18 und 2.19 bewiesen.<br />

2.18. Satz (Äquivalenz von Formeln durch Gleichungen in 2):<br />

Seien M eine Menge und α, β ∈ F. Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) In 2 gilt die Gleichung α = β.<br />

(2) Für alle unvollständigen Kontexte |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und alle g ∈ G gilt genau dann<br />

|K ]g α, wenn |K ]g β gilt.<br />

(3) Für alle unvollständigen Kontexte |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und alle g ∈ G gilt genau dann<br />

|K bg ¬α, wenn |K bg ¬β gilt.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und g ∈ G. Nach (1) und Satz 2.9.(1) gilt:<br />

|K ]g α<br />

gdw. v(α) = × für alle v : F → 2 mit v(m) = I(g, m) für I(g, m) ≠ ?<br />

gdw. v(β) = × für alle v : F → 2 mit v(m) = I(g, m) für I(g, m) ≠ ?<br />

gdw. |K ]g β<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und g ∈ G. Nach (2) und Lemma 2.8<br />

gilt:<br />

|K bg ¬α gdw.<br />

es gibt eine Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit |K' ]g α gdw.<br />

es gibt eine Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit |K' ]g β gdw.<br />

|K bg ¬β.<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Seien v : F → 2 ein Homomorphismus, |K = ({g}, M, {×, ?, o}, I) <strong>der</strong> Kontext mit I(g, ⋅) = v|M.<br />

Dann ist |K ein vollständiger Kontext. Nach (3) und Satz 2.9.(2) gilt<br />

v(α) = × gdw. |K bg ¬α gdw. |K bg ¬β gdw. v(β) = ×,<br />

und damit auch v(α) = o gdw. v(β) = o, also v(α) = v(β).<br />

❚<br />

Zwei Formeln sind für die Kripke-Gültigkeit (bzw. Erfüllbarkeit) genau dann äquivalent, wenn die<br />

Auswertungen dieser Formeln in 2 für jede Variablenbelegung den gleichen Wert liefern. Der<br />

folgende Satz liefert die analoge Aussage für die starke und schwache Gültigkeit <strong>bei</strong> Auswertungen<br />

in <strong>der</strong> Algebra 3.<br />

2.19. Satz (Äquivalenz von Formeln durch Gleichungen in 3):<br />

Seien M eine Menge und α, β ∈ F. Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) In 3 gilt die Gleichung α = β.<br />

(2) Für alle unvollständigen Kontexte |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und alle g ∈ G gilt genau dann<br />

|K ]!g α, wenn |K ]!g β gilt.<br />

42


(3) Für alle unvollständigen Kontexte |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und alle g ∈ G gilt genau dann<br />

|K ]?g α, wenn |K ]?g β gilt.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I), g ∈ G und vg : F → 3 <strong>der</strong> Homomorphismus mit vg|M = I(g, ⋅). Nach<br />

(1) und Definition 2.2 gilt: |K ]!g α gdw. vg(α) = × gdw. vg(β) = × gdw. |K ]!g β.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I), g ∈ G und vg : F → 3 <strong>der</strong> Homomorphismus mit vg|M = I(g, ⋅). Sei<br />

|K2 = ({g}, M, {×, ?, o}, J) <strong>der</strong> unvollständige Kontext mit J(g, ⋅) = ¬ 3 vg|M. Nach (2) und Definition<br />

2.2 gilt: |K ]?g α gdw. vg(α) ≠ o gdw. ¬ 3 vg(α) ≠ × gdw. |K2 b!g α gdw. |K2 b!g β gdw. ¬ 3 vg(β) ≠ ×<br />

gdw. vg(β) ≠ o gdw. |K ]?g β.<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Sei v : F → 3 ein Homomorphismus. Es wird nun gezeigt, daß v(α) = v(β) gilt.<br />

Seien |K1 = ({g}, M, {×, ?, o}, I) <strong>der</strong> unvollständige Kontext mit I(g, ⋅) = v|M, und<br />

|K2 = ({g}, M, {×, ?, o}, J) <strong>der</strong> unvollständige Kontext mit J(g, ⋅) = ¬ 3 v|M. Nach (3) gilt:<br />

v(α) = o gdw. |K1 b?g α gdw. |K1 b?g β gdw. v(β) = o und<br />

v(α) = × gdw. ¬ 3 v(α) = o gdw. |K2 b?g α gdw. |K2 b?g β gdw. ¬ 3 v(β) = o gdw. v(β) = ×,<br />

und damit gilt auch v(α) = ? gdw. v(β) = ?, also v(α) = v(β).<br />

❚<br />

2.20. Korollar (Beispiele für Äquivalenzen von Formeln):<br />

Für |K = (G, M, {×, ?, o}, I), g ∈ G, α, β, γ ∈ F und x ∈ {g, !g, ?g, ε, !, ?} (wo<strong>bei</strong> ε das leere Wort<br />

bezeichnet) gilt:<br />

(1) |K ]x ¬¬α gilt genau dann, wenn |K ]x α gilt.<br />

(2) |K ]x α ∧ (β ∨ γ) gilt genau dann, wenn |K ]x (α ∧ β) ∨ (α ∧ γ) gilt.<br />

(3) |K ]x α ∨ (β ∧ γ) gilt genau dann, wenn |K ]x (α ∨ β) ∧ (α ∨ γ) gilt.<br />

(4) |K ]x ¬(α ∧ β) gilt genau dann, wenn |K ]x ¬α ∨ ¬β gilt.<br />

(5) |K ]x ¬(α ∨ β) gilt genau dann, wenn |K ]x ¬α ∧ ¬β gilt.<br />

(6) |K ]x α → β gilt genau dann, wenn |K ]x ¬α ∨ β gilt.<br />

(7) |K ]x ¬(α → β) gilt genau dann, wenn |K ]x α ∧ ¬β gilt.<br />

Beweis:<br />

Die Gültigkeit <strong>der</strong> zugehörigen Gleichungen (¬¬α = α, ...) in den Algebren 2 und 3 folgt direkt aus<br />

den Axiomen <strong>der</strong> Kleene-Algebren, also folgen die Behauptungen aus Satz 2.18 und Satz 2.19.<br />

❚<br />

Nach Satz 2.18 sind diese Formeln auch erfüllbarkeitsäquivalent, d.h. ¬¬α ist in einem unvollständigen<br />

Kontext |K für einen Gegenstand g genau dann erfüllbar, wenn α für g erfüllbar ist, und<br />

analog für die Formeln aus (2)-(7).<br />

2.21. Satz (Äquivalenz von Kripke-Gültigkeit zur Herleitbarkeit aus den Kontexteinträgen):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I), α ∈ F und g ∈ G. Es gilt |K ]g α genau dann, wenn α in klassischer<br />

Logik aus Pg := {m ∈ M | I(g, m) = ×} ∪ {¬m | m ∈ M, I(g, m) = o} herleitbar ist.<br />

Beweis:<br />

Nach Satz 2.9.(1) gilt:<br />

43


|K ]g α gdw.<br />

für jeden Homomorphismus v : F → 2 mit v(m) = I(g, m) für I(g, m) ≠ ? gilt v(α) = × gdw.<br />

für jeden Homomorphismus v : F → 2 mit v(β) = × für alle β ∈ Pg gilt v(α) = × gdw. 64<br />

α ist aus Pg herleitbar<br />

❚<br />

Durch die Menge Pg := {m ∈ M | I(g, m) = ×} ∪ {¬m | m ∈ M, I(g, m) = o} werden die Informationen<br />

<strong>der</strong> Kontextezeile von g durch Formeln ausgedrückt. Pg enthält also genügend Informationen,<br />

um mit Hilfe <strong>der</strong> klassischen Logik die Kripke-Gültigkeit einer Formel α bezüglich g<br />

überprüfen zu können.<br />

2.22. Korollar (Tautologien sind genau diejenigen Formeln, welche in allen (unvollständigen)<br />

Kontexten Kripke-gültig sind):<br />

Seien M eine Menge und α ∈ F. Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) |K ] α gilt für alle unvollständigen Kontexte |K mit Merkmalsmenge M.<br />

(2) |K? ] α gilt für den Kontext |K? := ({g}, M, I) mit I(g, m) = ? für alle m ∈ M.<br />

(3) α ist in klassischer Logik aus P := ∅ herleitbar.<br />

(4) Mod({α}) = ℘(M)<br />

(5) In 2 ist die Gleichung α = Y gültig, wo<strong>bei</strong> die Elemente von M als Variablen aufgefaßt werden.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2) ist trivial<br />

(2) ⇒ (3) folgt aus dem vorigen Satz mit |K = |K? und Pg = ∅.<br />

(3) ⇒ (1) folgt ebenfalls aus dem vorigen Satz.<br />

(3) ⇔ (4) gilt wegen <strong>der</strong> Korrektheit und Vollständigkeit des Kalküls <strong>der</strong> klassischen Logik.<br />

(4) ⇔ (5): Mod({α}) = ℘(M) gdw. v(α) = × für jeden Homomorphismus v : F → 2.<br />

❚<br />

Während <strong>bei</strong> Satz 2.21 die Herleitbarkeit äquivalent zur Kripke-Gültigkeit ist, liefert <strong>der</strong> folgende<br />

Satz nur eine hinreichende Bedingung für die Herleitbarkeit: Aus <strong>der</strong> starken Gültigkeit von α für<br />

den Gegenstand g folgt die Herleitbarkeit von α aus Pg in intuitionistischer Logik, und damit auch<br />

in klassischer Logik, denn das Regelsystem des intuitionistischen Kalküls ist im klassischen Kalkül<br />

enthalten.<br />

2.23. Satz (starke Gültigkeit impliziert Herleitbarkeit in intuitionistischer Logik):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I), α ∈ F und g ∈ G mit |K ]!g α. Dann ist α in intuitionistischer<br />

Logik 65 aus Pg := {m ∈ M | I(g, m) = ×} ∪ {¬m | m ∈ M, I(g, m) = o} herleitbar.<br />

Beweis durch Induktion:<br />

Fall 1: α ∈ {Z, ¬Y}<br />

Dieser Fall kann nicht eintreten, da |K ]!g α gelten muß.<br />

Fall 2: α ≡ Y<br />

Die Regel (true) ist eine Herleitung von α.<br />

Fall 3: α ≡ m ∈ M<br />

Wegen |K ]!g α gilt I(g, m) = ×, also α ∈ Pg. Damit ist α mit <strong>der</strong> Regel (ax) herleitbar.<br />

64 vgl. 2.17 (Äquivalenz (1) ⇔ (2))<br />

65 vgl. Kapitel 1.3<br />

44


Fall 4.1: α ≡ ¬Z<br />

_____________(ax)<br />

Pg, Z W Z<br />

____________(¬-I)<br />

Pg W ¬Z<br />

Fall 4.2: α ≡ ¬m für ein m ∈ M<br />

Wegen |K ]!g α gilt I(g, m) = o, also α ∈ Pg. Damit ist α mit <strong>der</strong> Regel (ax) herleitbar.<br />

Fall 4.3: α ≡ ¬¬β<br />

Es gilt |K ]!g β nach Korollar 2.20.(1).<br />

Nach Induktionsannahme ist β aus Pg herleitbar.<br />

Pg W β<br />

______________(weak) ________________(ax)<br />

Pg, ¬β W β Pg, ¬β W ¬β<br />

___________________________________________(¬-E)<br />

Pg, ¬β W Z<br />

_______________(¬-I)<br />

Pg W ¬¬β<br />

Fall 4.4: α ≡ ¬(β ∨ γ)<br />

Es gilt |K ]!g ¬β ∧ ¬γ nach Korollar 2.20.(5), also |K ]!g ¬β und |K ]!g ¬γ nach Lemma 2.7.(7).<br />

Nach Induktionsannahme sind ¬β und ¬γ aus Pg herleitbar.<br />

Pg W ¬β Pg W ¬γ<br />

______________(weak) ____________(ax) _____________(weak) ____________(ax)<br />

Pg, β W ¬β Pg, β W β Pg, γ W ¬γ Pg, γ W γ<br />

_______________________________________(¬-E) __________________________________(¬-E)<br />

Pg, β W Z Pg, γ W Z<br />

________________________(weak) ______________________(weak) _______________________(ax)<br />

Pg, β ∨ γ, β W Z Pg, β ∨ γ, γ W Z Pg, β ∨ γ W β ∨ γ<br />

____________________________________________________________________________________________________(∨-E)<br />

Pg, β ∨ γ W Z<br />

_________________(¬-I)<br />

Pg W ¬(β ∨ γ)<br />

Fall 4.5: α ≡ ¬(β ∧ γ)<br />

Es gilt |K ]!g ¬β ∨ ¬γ nach Korollar 2.20.(4), also |K ]!g ¬β o<strong>der</strong> |K ]!g ¬γ nach Lemma 2.7.(9).<br />

Nach Induktionsannahme ist ¬β o<strong>der</strong> ¬γ aus Pg herleitbar. Wenn ¬β herleitbar ist, dann ist auch α<br />

herleitbar:<br />

_____________________(ax)<br />

Pg W ¬β Pg, β ∧ γ W β ∧ γ<br />

__________________(weak) _____________________(∧-E)<br />

Pg, β ∧ γ W ¬β Pg, β ∧ γ W β<br />

_____________________________________________________(¬-E)<br />

Pg, β ∧ γ W Z<br />

_________________(¬-I)<br />

Pg W ¬(β ∧ γ)<br />

Analog liefert eine Herleitung von ¬γ auch eine Herleitung von α.<br />

Fall 4.6: α ≡ ¬(β → γ)<br />

Es gilt |K ]!g β ∧ ¬γ nach Korollar 2.20.(7), also |K ]!g β und |K ]!g ¬γ nach Lemma 2.7.(7). Nach<br />

Induktionsannahme gibt es Herleitungen für β und ¬γ.<br />

45


46<br />

Pg W β<br />

________________________(ax) __________________(weak)<br />

Pg, β → γ W β → γ Pg, β → γ W β Pg W ¬γ<br />

_____________________________________________________(→-E) ____________________(weak)<br />

Pg, β → γ W γ Pg, β → γ W ¬γ<br />

_________________________________________________________________(¬-E)<br />

Pg, β → γ W Z<br />

____________________(¬-I)<br />

Pg W ¬(β → γ)<br />

Fall 5: α = β ∨ γ<br />

Es gilt |K ]!g β o<strong>der</strong> |K ]!g γ nach Lemma 2.7.(9). Nach Induktionsannahme ist β o<strong>der</strong> γ aus Pg<br />

herleitbar. Die Regel (∨-I) liefert in <strong>bei</strong>den Fällen die Herleitung von α.<br />

Fall 6: α = β ∧ γ<br />

Es gilt |K ]!g β und |K ]!g γ nach Lemma 2.7.(7). Nach Induktionsannahme sind β und γ aus Pg<br />

herleitbar. Die Regel (∧-I) liefert die Herleitung von α.<br />

Fall 7: α = β → γ<br />

Es gilt |K ]!g ¬β ∨ γ nach Korollar 2.20.(6), also |K ]!g ¬β o<strong>der</strong> |K ]!g γ und Lemma 2.7.(9), und<br />

nach Induktionsannahme ist ¬β o<strong>der</strong> γ aus Pg herleitbar. Wenn ¬β herleitbar ist, dann ist auch α<br />

herleitbar:<br />

Pg W ¬β<br />

____________(ax) ______________(weak)<br />

Pg, β W β Pg, β W ¬β<br />

___________________________________________(¬-E)<br />

Pg, β W Z<br />

_____________(false)<br />

Pg, β W γ<br />

________________(→-I)<br />

Pg W β → γ<br />

Wenn γ herleitbar ist, dann ist α ebenfalls herleitbar:<br />

Pg W γ<br />

____________(weak)<br />

Pg, β W γ<br />

_______________(→-I)<br />

Pg W β → γ<br />

❚<br />

Sei |K <strong>der</strong> Kontext<br />

|K a b<br />

g × o<br />

h ? ×<br />

Die Formeln a → a und ¬(a ∧ ¬a) sind für den Gegenstand h nicht stark gültig, aber sie sind in<br />

intuitionistischer Logik herleitbar:


________(ax)<br />

a W a<br />

___________(→-I)<br />

W a → a<br />

____________________(ax) _____________________(ax)<br />

a ∧ ¬a W a ∧¬a a ∧ ¬a W a ∧ ¬a<br />

___________________(∧-E1) _____________________(∧-E2)<br />

a ∧ ¬a W a a ∧ ¬a W ¬a<br />

__________________________________________(¬-E)<br />

a ∧ ¬a W Z<br />

____________________(¬-I)<br />

W ¬(a ∧ ¬a)<br />

Dies zeigt, daß Satz 2.23 nicht umkehrbar ist. Auch aus <strong>der</strong> Äquivalenz von Formeln läßt sich noch<br />

nicht die Äquivalenz <strong>der</strong> Herleitbarkeit folgern, z.B. ist in einem Kontext die Formel a → a nach<br />

Korollar 2.20 genau dann stark gültig, wenn ¬a ∨ a stark gültig ist, jedoch ist die Formel ¬a ∨ a<br />

nicht in intuitionistischer Logik aus ∅ herleitbar, obwohl a → a herleitbar ist. Satz 2.23 sagt nur<br />

etwas über die Herleitbarkeit aus den Daten einer Kontextzeile aus: Wenn eine Formel für eine<br />

Kontextzeile stark gültig ist, dann ist diese Formel aus den "sicheren" Einträgen <strong>der</strong> Kontextzeile in<br />

intuitionistischer Logik herleitbar.<br />

Im Beispiel gilt |K ]! a ∨ b, diese Formel ist jedoch we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> klassischen noch in <strong>der</strong><br />

intuitionistischen Logik aus <strong>der</strong> Formelmenge<br />

{m ∈ M | m(x) = × für alle x ∈ G} ∪ {¬m | m(x) = o für alle x ∈ G} = ∅<br />

herleitbar. Die Herleitbarkeit folgt also nur aus <strong>der</strong> starken Gültigkeit von einzelnen Kontextzeilen.<br />

Im folgenden Satz werden Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Logiksystemen bewiesen.<br />

2.24. Satz (Zusammenhang zwischen verschiedenen Gültigkeitsbegriffen):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, g ∈ G und α ∈ F.<br />

(1) Wenn |K ]!g α gilt, dann gilt |K ]g α.<br />

(2) Wenn |K ]g α gilt, dann gilt |K bg ¬α<br />

(3) Wenn |K bg ¬α gilt, dann gilt |K ]?g α.<br />

Beweis von (1):<br />

Wenn |K ]!g α gilt, dann ist α nach Satz 2.23 in intuitionistischer Logik aus Pg herleitbar, also auch<br />

in klassischer Logik. Damit gilt |K ]g α nach Satz 2.21.<br />

Beweis von (2):<br />

Wenn |K ]g α gilt, dann gilt |K' ]g α für alle |K' ∈ V(|K), also |K' bg ¬α und damit auch |K bg ¬α.<br />

Beweis von (3):<br />

Wenn |K bg ¬α gilt, dann gilt |K b!g ¬α wegen (1), also |K ]?g α nach Lemma 2.7.(5).<br />

❚<br />

Da im dritten Kapitel nur die Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit verwendet wird, ist es nützlich,<br />

auch hinreichende Bedingungen für die Äquivalenz von starker Gültigkeit und Kripke-Gültigkeit zu<br />

kennen, damit man Formeln in <strong>der</strong> Kleene-Algebra 3 auswerten kann, um die Kripke-Gültigkeit und<br />

Erfüllbarkeit zu überprüfen.<br />

2.25. Satz (Äquivalenz zwischen verschiedenen Gültigkeitsbegriffen, wenn in einer Formel<br />

jedes Merkmal höchstens einmal vorkommt):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, g ∈ G und α ∈ F eine Formel, in <strong>der</strong><br />

jedes Merkmal m ∈ M höchstens einmal vorkommt.<br />

47


(1) |K ]g α gilt genau dann, wenn |K ]!g α gilt.<br />

(2) |K bg ¬α gilt genau dann, wenn |K ]?g α gilt.<br />

Beweis von (1) durch Induktion:<br />

Nach Satz 2.24 folgt aus |K ]!g α auch |K ]g α, also gelte nun |K ]g α.<br />

Fall 1: α ∈ {Z, Y, ¬Z, ¬Y}<br />

Dieser Fall ist trivial.<br />

Fall 2: α ≡ m ∈ M<br />

Es gilt I(g, m) = ×, wegen |K ]g α, also gilt |K ]!g α.<br />

Fall 3: α ≡ β ∨ γ<br />

Annahme: Es gibt |K1 = (G, M, I1) ∈ V(|K) und |K2 = (G, M, I2) ∈ V(|K) mit |K1 bg β und |K2 bg γ.<br />

Sei |K3 = (G, M, I3) ∈ V(|K) mit (x, m) ∈ I3 gdw. (x, m) ∈ I1 für x ∈ G und m ∈ var(β), sowie<br />

(x, m) ∈ I3 gdw. (x, m) ∈ I2 für x ∈ G und m ∈ M-var(β). Da |K1 bg β gilt, gilt auch |K3 bg β, und<br />

wegen |K2 bg γ und var(γ) ⊆ M-var(β) gilt auch |K3 bg γ. Damit gilt |K3 bg β ∨ γ nach Lemma<br />

2.7.(9) und Lemma 2.3, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu |K ]g β ∨ γ ist, denn es gilt |K3 ∈ V(|K).<br />

Also gilt |K' ]g β für alle |K' ∈ V(|K) o<strong>der</strong> |K' ]g γ für alle |K' ∈ V(|K). Damit gilt |K ]g β o<strong>der</strong><br />

|K ]g γ, und nach Induktionsannahme auch |K ]!g β o<strong>der</strong> |K ]!g γ und damit |K ]!g α nach Lemma<br />

2.7.(9).<br />

Fall 4: α ≡ β ∧ γ<br />

Es gilt |K' ]g β ∧ γ für alle |K' ∈ V(|K), also gilt |K' ]g β und |K' ]g γ nach Lemma 2.7.(7) und<br />

Lemma 2.3. Damit gilt |K ]g β und |K ]g γ. Nach Induktionsannahme gilt |K ]!g β und |K ]!g γ und<br />

deshalb |K ]!g α nach Lemma 2.7.(7).<br />

Fall 5.1: α ≡ ¬m, m ∈ M<br />

Es gilt |K' ]g ¬m für alle |K' ∈ V(|K), also I(g, m) = o und deshalb |K b?g m und |K ]!g ¬m nach<br />

Lemma 2.7.(5).<br />

Fall 5.2: α ≡ ¬¬β<br />

Es gilt |K ]g β nach Korollar 2.20.(1), also |K ]!g β nach Induktionsannahme und |K ]!g ¬¬β nach<br />

Korollar 2.20(1).<br />

Fall 5.3: α ≡ ¬(β ∨ γ) o<strong>der</strong> α ≡ ¬(β → γ)<br />

Nach Korollar 2.20 und Fall 4 gilt |K ]!g α.<br />

Fall 5.4: α ≡ ¬(β ∧ γ) o<strong>der</strong> α ≡ β → γ<br />

Nach Korollar 2.20 und Fall 3 gilt |K ]!g α.<br />

Beweis von (2):<br />

Nach (1) und Lemma 2.7.(5) gilt |K bg ¬α gdw. |K b!g ¬α gdw. |K ]?g α.<br />

❚<br />

2.26. Korollar (Äquivalenz von Gleichungen in 2 und 3, wenn in den Termen jedes Merkmal<br />

höchstens einmal vorkommt):<br />

Seien α1, α2 ∈ F so daß in αj jedes Merkmal m ∈ M höchstens einmal vorkommt für j ∈ {1, 2}. 66<br />

Wenn die Gleichung α1 = α2 in 2 gilt, dann gilt die Gleichung auch in 3. 67<br />

66 var(α1) und var(α2) brauchen nicht disjunkt zu sein<br />

67 und damit auch in allen Kleene-Algebren, denn 2 und 3 sind die einzigen subdirekt irreduziblen Kleene-Algebren.<br />

48


Beweis:<br />

Die Behauptung folgt aus den Sätzen 2.18, 2.25 und 2.19.<br />

❚<br />

Die Kripke-Gültigkeit von Formeln läßt sich auch durch die modale Logik ausdrücken. In <strong>der</strong><br />

modalen Logik gibt es noch zwei zusätzliche Junktoren ‡ und z, wo<strong>bei</strong> z nur eine Abkürzung für<br />

¬‡¬ ist. Die Semantik (W, R) <strong>der</strong> modalen Logik besteht aus einer Menge W von Welten und<br />

einer Erreichbarkeitsrelation R ⊆ W × W. Seien v : M × W → 2 eine Abbildung, w ∈ W,<br />

vw : F → 2 die homomorphe Fortsetzung von v(⋅, w) und α ∈ F. Dann ist das Tripel (W, R, v) ein<br />

modales Modell von α in <strong>der</strong> Welt w, wenn vw(α) = × ist. Das Tripel (W, R, v) ist ein modales<br />

Modell von ‡α in <strong>der</strong> Welt w, wenn (W, R, v) ein modales Modell von α in allen Welten w' ∈ W<br />

mit (w, w') ∈ R ist. (W, R, v) ist ein modales Modell von zα in <strong>der</strong> Welt w, wenn (W, R, v) ein<br />

modales Modell von α in einer Welt w' mit (w, w') ∈ R ist. 68<br />

2.27. Satz (Kripke-Gültigkeit für einen Gegenstand durch modale Logik):<br />

Die Menge <strong>der</strong> Welten W := U(G, M) sei die Menge <strong>der</strong> unvollständigen Kontexte mit<br />

Gegenstandsmenge G und Merkmalsmenge M, die Erreichbarkeitsrelation sei die Informationsordnung<br />

≤. Seien g ∈ G und v : M × U(G, M) → 2 die Abbildung mit v(m, |K) = × gdw. I(g, m) = ×<br />

für |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ∈ W und m ∈ M. Dann gilt für alle α ∈ F und |K ∈ U(G, M):<br />

(1) |K ]g α gdw. (W, ≤, v) ist ein modales Modell von ‡α in <strong>der</strong> Welt |K<br />

(2) |K bg ¬α gdw. (W, ≤, v) ist ein modales Modell von zα in <strong>der</strong> Welt |K<br />

Beweis von (1):<br />

'⇒':<br />

Gelte |K ]g α und sei |K ≤ |K' = (G, M, {×, ?, o}, J) ∈ U(G, M). Dann gilt |K' ]g α nach Lemma<br />

2.10, also nach Satz 2.9 auch vg(α) = × für den (eindeutig bestimmten) Homomorphismus<br />

vg : F → 2 mit vg(m) = × gdw. J(g, m) = × für m ∈ M. Es gilt v(m, |K') = × gdw. J(g, m) = × gdw.<br />

vg(m) = ×, also ist vg die homomorphe Fortsetzung von v(⋅, |K'), und (W, ≤, v) ist ein modales<br />

Modell von ‡α in <strong>der</strong> Welt |K.<br />

'⇐':<br />

Seien (W, ≤, v) ist ein modales Modell von ‡α in <strong>der</strong> Welt |K und |K' = (G, M, J) ∈ V(|K). Wegen<br />

|K ≤ |K' ist (W, ≤, v) ein modales Modell von α in <strong>der</strong> Welt |K', also vg(α) = × für den eindeutig<br />

bestimmten Homomorphismus vg : F → 2 mit vg(m) = × gdw. (g, m) ∈ J. Damit gilt |K' ]g α nach<br />

Lemma 2.3, also |K ]g α.<br />

Beweis von (2):<br />

Nach (1) gilt:<br />

|K bg ¬α gdw.<br />

(W, ≤, v) ist kein modales Modell von ‡¬α in <strong>der</strong> Welt |K gdw.<br />

(W, ≤, v) ist ein modales Modell von zα ≡ ¬‡¬α in <strong>der</strong> Welt |K.<br />

❚<br />

Die Abbildung v(⋅, |K) : M → 2 aus Satz 2.27 für einen unvollständingen Kontext |K entspricht <strong>der</strong><br />

Kontextzeile von g, wo<strong>bei</strong> die Fragezeichen durch o ersetzt werden:<br />

v(m, |K) = × gdw. I(g, m) = ×<br />

68 diese Bedingung ist äquivalent zu <strong>der</strong> Eigenschaft, daß (W, R, v) kein modales Modell von ‡¬α in <strong>der</strong> Welt w ist.<br />

49


Behauptung (1) von Satz 2.27 sagt aus, daß eine Formel α genau dann für einen Gegenstand g von<br />

|K Kripke-gültig ist, wenn die Auswertung von α in allen erreichbaren Kontexten (d.h. Kontexten,<br />

die mehr Informationen enthalten als |K) den Wert × liefert.<br />

Behauptung (2) von Satz 2.27 sagt aus, daß α genau dann für den Gegenstand g von |K erfüllbar ist,<br />

wenn die Auswertung von α in einem erreichbaren Kontext den Wert × liefert.<br />

Die modale Logik eignet sich daher gut, um die Kripke-Gültigkeit von Formeln für einzelne<br />

Gegenstände auszudrücken. Die Kripke-Gültigkeit von Formeln im gesamten Kontext läßt sich<br />

jedoch nicht mehr durch eine einzelne Variablenbelegung ausdrücken. Hierfür benötigt man<br />

mehrere Variablenbelegungen:<br />

2.28. Korollar (Kripke-Gültigkeit im unvollständigen Kontext durch modale Logik):<br />

Seien W := U(G, M) und R = ≤. Für g ∈ G sei vg : M × U(G, M) → 2 die Abbildung mit<br />

vg(m, |K) = × gdw. I(g, m) = × für |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ∈ W und m ∈ M. Dann gilt für alle<br />

α ∈ F und |K ∈ U(G, M):<br />

(1) |K ] α gdw. {(W, ≤, vg) | g ∈ G} sind modale Modelle von ‡α in <strong>der</strong> Welt |K<br />

(2) α ist erfüllbar in |K gdw. {(W, ≤, vg) | g ∈ G} sind modale Modelle von zα in <strong>der</strong> Welt |K<br />

❚<br />

50


2.2 Implikationen<br />

Abhängigkeiten zwischen Merkmalen werden häufig durch Implikationen <strong>der</strong> Form A → B mit A,<br />

B ⊆ M ausgedrückt. Auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> in Kapitel 3 behandelten Merkmalexploration interessiert man<br />

sich für die Gültigkeit von Merkmalimplikationen in einem Kontext. In diesem Kapitel werden die<br />

wichtigsten Eigenschaften von Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Implikationen in einwertigen und<br />

unvollständigen Kontextes erläutert.<br />

2.29. Definition (Merkmalimplikationen, respektieren, Operatoren Imp, Resp, Erf, < ⋅ >):<br />

Seien |K ein unvollständiger Kontext mit endlicher Merkmalsmenge M.<br />

ImpM := {A → B | A, B ⊆ M} sei die Menge aller Merkmalimplikationen auf M.<br />

Imp(|K) := {A → B ∈ ImpM | |K ] A → B} sei die Menge <strong>der</strong> im Kontext |K Kripke-gültigen<br />

Merkmalimplikationen. 69<br />

Erf(|K) := {A → B ∈ ImpM | A → B ist erfüllbar in |K} sei die Menge <strong>der</strong> im Kontext |K erfüllbaren<br />

Merkmalimplikationen.<br />

Eine Menge T ⊆ M respektiert eine Implikation A → B, wenn aus A ⊆ T auch B ⊆ T folgt.<br />

Eine Abbildung h : ℘(M) → ℘(M) respektiert eine Implikation A → B, wenn B ⊆ h(A) gilt.<br />

Für H ⊆ ℘(M), h : ℘(M) → ℘(M), P ⊆ ImpM und D ⊆ M definiere:<br />

Imp(H) := {A → B ∈ ImpM | jede Menge T ∈ H respektiert A → B}<br />

Imp(h) := {A → B ∈ ImpM | h respektiert A → B}<br />

Resp(P) := {T ⊆ M | T respektiert jede Implikation A → B ∈ P}<br />

P := ∩{T ∈ Resp(P) | D ⊆ T} ist die implikationale Hülle von D bezüglich P.<br />

Die Menge Imp(|K) für einen unvollständigen Kontext |K enthält genau diejenigen Merkmalimplikationen,<br />

die in |K Kripke-gültig sind, und Erf(|K) enthält die in |K erfüllbaren Merkmalimplikationen.<br />

Für |K' ∈ V(|K) gilt Imp(|K) ⊆ Imp(|K') ⊆ Erf(|K), denn wenn eine Implikation in |K Kripke-gültig ist,<br />

dann gilt sie auch in allen Vervollständigungen, und wenn eine Implikation in einer<br />

Vervollständigung gilt, dann ist sie erfüllbar in |K. Für einwertige Kontexte |K gilt Imp(|K) = Erf(|K)<br />

wegen V(|K) = {|K}.<br />

Die Abbildungen Imp : ℘(℘(M)) → ℘(ImpM) und Resp : ℘(ImpM) → ℘(℘(M)) sind die<br />

Einschränkungen <strong>der</strong> Abbildungen Th und Mod auf die Mengen von Implikationen, d.h. es gilt<br />

Resp(P) = Mod(P) für P ⊆ ImpM und Imp(H) = Th(H) ∩ ImpM für H ⊆ ℘(M).<br />

2.30. Lemma (Imp und Resp bilden eine Galoisverbindung):<br />

Das Paar (Imp, Resp) ist eine Galoisverbindung.<br />

Beweis:<br />

Die Abbildungen Imp und Resp sind die Ableitungsoperatoren im Kontext (℘(M), ImpM, J) mit<br />

(T, A → B) ∈ J gdw. T respektiert A → B für T ⊆ M und A → B ∈ ImpM.<br />

❚<br />

Im folgenden Lemma wird bewiesen, daß Resp(P) für P ⊆ ImpM ein Hüllensystem ist, deshalb ist<br />

< ⋅ >P : ℘(M) → ℘(M) <strong>der</strong> Hüllenoperator des Hüllensystems Resp(P):<br />

69 vgl. Definition 2.2<br />

51


2.31. Lemma (Resp(P) ist das Hüllensystem zum Hüllenoperator < ⋅ >P): 70<br />

Für P ⊆ ImpM ist Resp(P) ein Hüllensystem auf M, und < ⋅ >P : ℘(M) → ℘(M) ist <strong>der</strong> zugehörige<br />

Hüllenoperator: P ist für A ⊆ M die kleinste P respektierende Obermenge von A, d.h. P ist<br />

die kleinste Menge T ⊆ M mit folgenden Eigenschaften:<br />

• A ⊆ T<br />

• Wenn C → D ∈ P und C ⊆ T ist, dann ist auch D ⊆ T.<br />

Beweis:<br />

Seien H ⊆ Resp(P) und C → D ∈ P mit C ⊆ ∩H. Dann gilt C ⊆ T für alle T ∈ H, also D ⊆ T für<br />

alle T ∈ H und damit D ⊆ ∩H. Damit gilt ∩H ∈ Resp(P) und Resp(P) ist ein Hüllensystem.<br />

Wegen P = ∩{T ∈ Resp(P) | A ⊆ T} für A ⊆ M ist < ⋅ >P <strong>der</strong> zugehörige Hüllenoperator.<br />

❚<br />

2.32. Korollar (größere Implikationenmenge liefert größeren Hüllenoperator):<br />

Für P ⊆ Q ⊆ ImpM und A ⊆ M gilt P ⊆ Q.<br />

Beweis:<br />

P ist die kleinste P respektierende Obermenge von A, und Q respektiert P.<br />

❚<br />

Im folgenden Lemma wird ein Zusammenhang zwischen den respektierenden Mengen einer<br />

Abbildung h : ℘(M) → ℘(M) und den respektierenden Mengen eines Hüllensystems 8 hergestellt.<br />

2.33. Lemma (Ein Hüllensystem liefert genau dann die Implikationen einer Abbildung h,<br />

wenn h <strong>der</strong> zugehörige Hüllenoperator ist):<br />

Seien 8 ⊆ ℘(M) ein Hüllensystem auf M und h : ℘(M) → ℘(M) eine Abbildung.<br />

Es gilt genau dann Imp(8) = Imp(h), wenn h <strong>der</strong> Hüllenoperator des Hüllensystems 8 ist.<br />

Beweis:<br />

'⇒':<br />

Gelte Imp(8) = Imp(h). Für A ⊆ M gilt<br />

A → ∩{T ∈ 8 | A ⊆ T} ∈ Imp(8) = Imp(h), denn jede Menge T ∈ 8 respektiert diese<br />

Implikation. Damit gilt ∩{T ∈ 8 | A ⊆ T} ⊆ h(A). Es gilt A → h(A) ∈ Imp(h) = Imp(8), also<br />

h(A) ⊆ ∩{T ∈ 8 | A ⊆ T}, denn jede Menge T ∈ 8 muß die Implikation A → h(A) respektieren.<br />

Damit gilt ∩{T ∈ 8 | A ⊆ T} = h(A), und h ist <strong>der</strong> Hüllenoperator von 8.<br />

'⇐':<br />

Sei h <strong>der</strong> Hüllenoperator von 8. Sei A → B ∈ Imp(8), dann gilt wegen A ⊆ h(A) ∈ 8 auch<br />

B ⊆ h(A) und A → B ∈ Imp(h).<br />

Für A → B ∈ Imp(h) gilt B ⊆ h(A), also folgt aus T ∈ 8 mit A ⊆ T schon<br />

B ⊆ h(A) ⊆ h(T) = T, also A → B ∈ Imp(8). Damit gilt Imp(8) = Imp(h).<br />

❚<br />

70 vgl. [Ganter98], Kapitel 1.3<br />

52


Wenn h <strong>der</strong> Hüllenoperator des Hüllensystems 8 ist, dann gilt A → h(A) ∈ Imp(8) für alle<br />

Mengen A ⊆ M, denn A → h(A) ∈ Imp(h) folgt direkt aus <strong>der</strong> Definition von Imp(h). Die Menge<br />

h(A) ist die größte Menge B mit A → B ∈ Imp(8).<br />

Zu jedem Mengensystem H ⊆ ℘(M) gibt es ein kleinstes Hüllensystem, welches H enthält. Dieses<br />

Hüllensystem besteht genau aus den Mengen, die alle Implikationen respektieren, die auch H<br />

respektiert. Diese Aussage wird im folgenden Lemma bewiesen.<br />

2.34. Lemma (Resp ° Imp ist <strong>der</strong> Hüllenoperator des Systems aller Hüllensysteme auf M):<br />

Für H ⊆ ℘(M) ist Resp(Imp(H)) das kleinste Hüllensystem auf M, welches H enthält.<br />

Beweis:<br />

Resp(Imp(H)) ist nach Lemma 2.31 ein Hüllensystem, und es gilt H ⊆ Resp(Imp(H)) weil das<br />

Paar (Imp, Resp) nach Lemma 2.30 eine Galoisverbindung ist.<br />

Sei 8 ⊆ ℘(M) ein an<strong>der</strong>es Hüllensystem mit H ⊆ 8. Seien h <strong>der</strong> zugehörige Hüllenoperator von<br />

8 und A ∈ Resp(Imp(H)). Wegen A → h(A) ∈ Imp(h) =2.33 Imp(8) ⊆2.30 Imp(H) muß dann<br />

h(A) ⊆ A gelten, also A ∈ 8. Damit gilt Resp(Imp(H)) ⊆ 8, und Resp(Imp(H)) ist das kleinste<br />

Hüllensystem, welches H enthält.<br />

❚<br />

Insbeson<strong>der</strong>e gilt genau dann H = Resp(Imp(H)), wenn H ein Hüllensystem ist. Die Hüllensysteme<br />

auf M sind genau die Mengensysteme <strong>der</strong> Form Resp(P) für eine Menge P ⊆ ImpM von<br />

Implikationen.<br />

Das folgende Lemma liefert unterschiedliche Charakterisierungen für die gültigen Implikationen<br />

eines einwertigen Kontextes |K. Später werden auch für unvollständige Kontexte äquivalente Eigenschaften<br />

zur Kripke-Gültigkeit und starken Gültigkeit angegeben.<br />

2.35. Lemma (Charakterisierung <strong>der</strong> Gültigkeit von Implikationen in einwertigen Kontexten):<br />

71<br />

Seien |K = (G, M, J) ein einwertiger Kontext mit endlicher 72 Merkmalsmenge M und A, B ⊆ M.<br />

Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ Imp(|K)<br />

(2) A → B ∈ Imp({g' | g ∈ G})<br />

(3) A → B ∈ Imp(Int(|K))<br />

(4) B ⊆ A''<br />

(5) A' ⊆ B'<br />

(6) Für g ∈ G folgt aus (g, m) ∈ J für alle m ∈ A schon (g, m) ∈ J für alle m ∈ B.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (6):<br />

Sei (g, m) ∈ J für alle m ∈ A, dann gilt |K ]g A, also |K ]g B wegen (1) und Lemma 2.7.(11), und<br />

damit gilt (g, m) ∈ J für m ∈ B.<br />

(6) ⇒ (5):<br />

Nach (6) folgt aus g ∈ A' auch g ∈ B', also A' ⊆ B'.<br />

71 vgl. [GanterWille96], Kapitel 2.3<br />

72 Wenn man Merkmalimplikationen A → B auch für unendliche Mengen A und B definiert, ist die Endlichkeit von M<br />

<strong>bei</strong> diesem Satz nicht erfor<strong>der</strong>lich, die Eigenschaften sind auch für unendliche Merkmalsmengen äquivalent.<br />

53


(5) ⇒ (4):<br />

Es gilt B ⊆ B'' ⊆ A'' nach (5).<br />

(4) ⇒ (3):<br />

Sei D ein Begriffsinhalt mit A ⊆ D. Wegen (4) gilt B ⊆ A'' ⊆ D'' = D, also gilt (3).<br />

(3) ⇒ (2):<br />

Es gilt {g' | g ∈ G} ⊆ Int(|K), also Imp(Int(|K)) ⊆2.30 Imp({g' | g ∈ G}).<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Sei g ∈ G mit |K ]g A. Dann gilt A ⊆ g' und nach (2) auch B ⊆ g', also |K ]g B. Nach Lemma<br />

2.7.(11) gilt |K ]g A → B und somit |K ] A → B.<br />

❚<br />

Die in |K gültigen Implikationen sind somit gerade diejenigen Implikationen, die von allen<br />

(Gegenstands-)inhalten respektiert werden.<br />

2.36. Korollar (Begriffsinhalte sind diejenigen Mengen, welche die gültigen Implikationen<br />

respektieren): 73<br />

Für einen einwertigen Kontext |K = (G, M, I) mit endlicher Menge M gilt:<br />

(1) Imp(|K) = Imp(Int(|K))<br />

(2) Int(|K) = Resp(Imp(|K))<br />

(3) Imp(|K) = A'' für A ⊆ M.<br />

❚<br />

Die Begriffsinhalte eines einwertigen Kontextes |K sind somit genau die Mengen, die alle in |K<br />

gültigen Implikationen respektieren. Insbeson<strong>der</strong>e ist <strong>der</strong> Begriffsverband X(|K) bis auf Isomorphie<br />

durch Imp(|K) eindeutig bestimmt, denn X(|K) ist antiisomorph zum Verband aller Begriffsinhalte<br />

von |K.<br />

2.37. Korollar (Imp( |K) und Erf( |K) liefern untere und obere Schranken für den von A in<br />

einer Vervollständigung erzeugten Begriffsinhalt):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) mit endlicher Menge M, |K' = (G, M, J) ∈ V(|K) und A ⊆ M. Dann<br />

gilt Imp(|K) ⊆ A JJ ⊆ Erf(|K).<br />

Beweis:<br />

Es gilt Imp(|K) ⊆2.32 Imp(|K') =2.36 A JJ und A JJ =2.36 Imp(|K') ⊆2.32 Erf(|K).<br />

❚<br />

Nicht jede Menge B ⊆ M mit Imp(|K) ⊆ B ⊆ Erf(|K) ist ein Begriffsinhalt einer<br />

Vervollständigung von |K, wie folgendes Beispiel zeigt:<br />

|K a b c<br />

g ? o o<br />

Für A = {a} und B = {a, b} gilt Imp(|K) = {a} ⊆ B ⊆ {a, b, c} = Erf(|K). Der Kontext |K hat<br />

zwei verschiedene Vervollständigungen, in <strong>bei</strong>den Vervollständigungen gilt A'' ≠ B.<br />

Es wird nun ein adäquates Regelsystem für die Folgerbarkeit von Implikationen in unvollständigen<br />

und einwertigen Kontexten angegeben. In Satz 2.40 wird die Korrektheit und Vollständigkeit des<br />

Regelsystems bewiesen, d.h. <strong>der</strong> semantische Folgerungsbegriff stimmt mit dem syntaktischen<br />

Herleitungsbegriff überein. Wenn für eine Menge von Implikationen P ⊆ ImpM bekannt ist, daß sie<br />

in einem unvollständigen Kontext |K Kripke-gültig ist, dann lassen sich mit dem Regelsystem noch<br />

73 vgl. [GanterWille96], Kapitel 2.3<br />

54


weitere Implikationen aus P herleiten. Diese Implikationen sind wegen <strong>der</strong> Korrektheit des<br />

Regelsystems auch im Kontext |K gültig. In dieser Ar<strong>bei</strong>t werden nicht die in <strong>der</strong> Literatur<br />

verwendeten Armstrong-Regeln benutzt, 74 stattdessen wird hier ein an<strong>der</strong>es Regelsystem<br />

eingeführt, welches kürzer ist, als die Armstrong-Regeln. Dies hat den Vorteil, daß die Beweise <strong>der</strong><br />

nachfolgenden Sätze vereinfacht werden.<br />

Auch für die Erfüllbarkeit wird ein adäquates Regelsystem angegeben: Eine Formel ist genau dann<br />

mit dem Regelsystem aus einer Menge von Implikationen herleitbar, wenn sie semantisch bezüglich<br />

<strong>der</strong> Erfüllbarkeit aus dieser Menge folgt.<br />

2.38. Definition (Regeln (AX), (PS), (PR), (AU) und (AD) Operator Cons):<br />

Die Regeln (AX), (PS), (PR), (AU) und (AD) seien gegeben durch 75<br />

_______________ (AX)<br />

A ∪ B → A (Axiom)<br />

A → B ∪ C<br />

_______________ (PR)<br />

A → B (Projektivität)<br />

A → B B ∪ C → D<br />

_________________________________ (PS)<br />

A ∪ C → D (Pseudotransitivität)<br />

A → C<br />

_______________ (AU)<br />

A ∪ B → C (Augmentation)<br />

A → B A → C<br />

_________________________ (AD)<br />

A → B ∪ C (Additivität)<br />

für A, B, C, D ⊆ M.<br />

Für P ⊆ ImpM sei Cons(P) ⊆ ImpM die kleinste Obermenge von P, die bezüglich (AX) und (PS)<br />

abgeschlossen ist.<br />

2.39. Lemma (die Regeln (PR), (AU) und (AD) folgen aus (AX) und (PS)):<br />

Für P ⊆ ImpM ist Cons(P) bezüglich <strong>der</strong> Regeln (PR), (AU) und (AD) abgeschlossen: 76<br />

Beweis:<br />

______________ (AX)<br />

A → B ∪ C B ∪ C → B<br />

_________________________________ (PS)<br />

A → B<br />

_____________________ (AX)<br />

A → C C ∪ B → B ∪ C<br />

___________________________________ (PS)<br />

A → B B ∪ A → B ∪ C<br />

___________________________________________ (PS)<br />

A ∪ A → B ∪ C<br />

❚<br />

_______________ (AX)<br />

A ∪ B → A A → C<br />

______________________________ (PS)<br />

A ∪ B → C<br />

Es folgt nun <strong>der</strong> Korrektheits- und Vollständigkeitssatz für die Regeln (AX) und (PS).<br />

2.40. Satz (Adäquatheit von (AX) und (PS) für Kripke-Gültigkeit): 77<br />

Seien M eine endliche Menge, A, B ⊆ M und P ⊆ ImpM. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ist mit (AX) und (PS) aus P herleitbar, d.h. es gilt A → B ∈ Cons(P)<br />

(2) A → B ∈ Imp(Resp(P))<br />

74<br />

vgl. [Armstrong] und [Ganter98] (Kapitel 1.3)<br />

75<br />

vgl. [Maier]<br />

76<br />

weitere Regeln befinden sich in [Burmeister91a] (Kapitel 3) und [Maier]<br />

77<br />

vgl. [GanterWille96] (Kapitel 2.3) und [Burmeister91a] (Kapitel 3)<br />

55


(3) B ⊆ P<br />

(4) Für jeden unvollständigen Kontext |K mit P ⊆ Imp(|K) gilt A → B ∈ Imp(|K).<br />

(5) Für jeden einwertigen Kontext |K mit P ⊆ Imp(|K) gilt A → B ∈ Imp(|K).<br />

(6) Für jeden einwertigen Kontext |K = (G, M, I) mit |G| = 1 und P ⊆ Imp(|K) gilt A → B ∈ Imp(|K).<br />

(7) A → B ist in klassischer Logik aus P herleitbar.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2) durch Induktion über die Herleitung mit (AX) und (PS):<br />

Sei T ∈ Resp(P) mit A ⊆ T.<br />

Fall 1: A → B ∈ P<br />

Wegen P ⊆ Imp(Resp(P)) gilt (2).<br />

Fall 2: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (AX) als letzte Regel angewendet.<br />

Dann gibt es eine Menge C mit B ∪ C = A, also B ⊆ A ⊆ T.<br />

Fall 3: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (PS) als letzte Regel angewendet.<br />

Dann gibt es Mengen C, D, E ⊆ M mit D ∪ C = A und D → E ∈ Cons(P), sowie<br />

E ∪ C → B ∈ Cons(P). Nach Induktionsannahme gilt D → E ∈ Imp(Resp(P)) und<br />

E ∪ C → B ∈ Imp(Resp(P)). Wegen D ⊆ A ⊆ T gilt E ⊆ T und wegen<br />

E ∪ C ⊆ E ∪ A ⊆ T gilt auch B ⊆ T.<br />

Damit ist A → B ∈ Imp(Resp(P)) bewiesen.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

< ⋅ >P ist nach Satz 2.31 <strong>der</strong> Hüllenoperator von Resp(P), deshalb gilt wegen (2)<br />

A → B ∈ Imp(Resp(P)) =2.33 Imp(< ⋅ >P). Damit gilt B ⊆ P.<br />

(3) ⇒ (4):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) mit P ⊆ Imp(|K) und |K' = (G, M, J) ∈ V(|K).<br />

Dann gilt B ⊆(3) P ⊆2.32 Imp(|K') =2.36 A JJ , also A → B ∈ Imp(|K') nach Lemma 2.35 und damit<br />

auch A → B ∈ Imp(|K), weil |K' ∈ V(|K) beliebig gewählt wurde.<br />

(4) ⇒ (5):<br />

Je<strong>der</strong> einwertiger Kontext kann als unvollständiger Kontext aufgefaßt werden.<br />

(5) ⇒ (6): Trivial.<br />

(6) ⇒ (1):<br />

Sei T = {m ∈ M | A → m ∈ Cons(P)}. Nach Lemma 2.39 und Regel (AD) gilt dann A → T ∈<br />

Cons(P), denn M ist endlich. Es wird nun T ∈ Resp(P) bewiesen.<br />

Für C → D ∈ P mit C ⊆ T gilt A → C ∈ Cons(P) nach Regel (PR) und daher A → D ∈ Cons(P)<br />

nach Regel (PS), also nach Regel (PR) auch A → m ∈ Cons(P) für alle m ∈ D und somit D ⊆ T.<br />

Damit respektiert T die Menge P und |K := ({g}, M, {g} × T) ist ein Kontext mit P ⊆ Imp(|K) nach<br />

Lemma 2.35 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)). Wegen <strong>der</strong> Regel (AX) gilt A ⊆ T, und wegen (6) gilt B ⊆ T,<br />

also A → B ∈ Cons(P) nach Regel (PR).<br />

(5) ⇔ (7):<br />

P ⊆ Imp(|K) ist äquivalent zu |K ] P, deshalb folgt (5) ⇔ (7) aus Satz 2.17 (Äquivalenz (1) ⇔ (4)).<br />

❚<br />

Die Implikationen, die semantisch aus P folgen, sind also genau die Implikationen, die mit den<br />

Regeln (AX) und (PS) aus P herleitbar sind. Die Kripke-gültigen Implikationen eines<br />

unvollständigen Kontextes |K sind regelabgeschlossen, d.h. es gilt Cons(Imp(|K)) = Imp(|K). Für<br />

H ⊆ ℘(M) gilt auch Cons(Imp(H)) = Imp(Resp(Imp(H))) = Imp(H), d.h. die Implikationen, die<br />

H respektieren, sind bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX) und (PS) abgeschlossen. Wegen Bedingung (3) des<br />

vorigen Satzes ist A → P aus P herleitbar. Damit gilt folgendes Korollar:<br />

56


2.41. Korollar (Hülle einer Menge ist darstellbar als maximale Konklusion):<br />

Seien M endlich, P ⊆ ImpM und A ⊆ M. Dann gilt:<br />

P = Cons(P) = max {C ⊆ M | A → C ∈ Cons(P)}<br />

Beweis:<br />

Es gilt Resp(P) =2.30 Resp(Imp(Resp(P))) =2.40 Resp(Cons(P)) also sind auch die zugehörigen<br />

Hüllenoperatoren gleich: P =2.31 Cons(P).<br />

Es gilt A → P ∈ Cons(P) nach Satz 2.40 (Äquivalenz (1) ⇔ (3)), und für alle C ⊆ M mit<br />

A → C ∈ Cons(P) gilt C ⊆ P. Damit gilt auch P = max {C ⊆ M | A → C ∈ Cons(P)}.<br />

❚<br />

Die Hülle P von A bezüglich <strong>der</strong> Implikationenmenge P ⊆ ImpM ist somit die größte Menge B,<br />

so daß A → B aus P herleitbar ist.<br />

Wenn man auch für unendliche Mengen A und B die Implikation A → B als Formel verwendet,<br />

gibt es kein adäquates Regelsystem in <strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Regeln (AX) und (PS), denn <strong>bei</strong> Regeln mit<br />

endlichem Verzweigungsgrad (d.h. über dem Strich stehen nur endlich viele Implikationen) gilt wie<br />

auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Aussagenlogik und Prädikatenlogik <strong>der</strong> Kompaktheitssatz: Wenn eine Implikation<br />

A → B ∈ ImpM aus einer Formelmenge P ⊆ ImpM herleitbar ist, dann ist A → B auch aus einer<br />

endlichen Teilmenge von P herleitbar, weil Beweisbäume endlich sind. Die Implikation ∅ → M<br />

folgt semantisch aus <strong>der</strong> Menge P := {∅ → m | m ∈ M}, sie folgt jedoch nicht aus einer endlichen<br />

Teilmenge von P, wenn M unendlich ist. Um ein adäquates Regelsystem aufzustellen, braucht man<br />

deshalb eine Regel mit unendlichen Verzweigungsgrad:<br />

(A → Bj)j∈J<br />

_______________________ (AD∞)<br />

A → ∪{Bj | j ∈ J}<br />

für A, Bj ⊆ M, j ∈ J für eine Menge J. Zusammen mit (AX) und (PS) bildet (AD∞) ein adäquates<br />

Regelsystem für unendliche Implikationen, d.h. die Aussagen (1)-(6) von Satz 2.40 sind äquivalent.<br />

Der Beweis verläuft analog, jede Verwendung von (AD) muß <strong>bei</strong>m Beweis durch (AD∞) ersetzt<br />

werden. Im folgenden werden jedoch nur endliche Implikationen betrachtet.<br />

Ein Mengensystem H ⊆ ℘(M) läßt sich auch als Kontext auffassen, dessen Gegenstandsinhalte<br />

gerade die Elemente aus H sind. Die Implikationen, die in diesem Kontext gültig sind, sind genau<br />

die Implikationen, die H respektieren:<br />

2.42. Lemma (Implikationen eines Mengensystems werden in kanonischer Weise durch<br />

einen Kontext induziert): 78<br />

Seien M eine endliche Menge, H ⊆ ℘(M) und |K = (H, M, ∋). Dann gilt Imp(|K) = Imp(H) und<br />

Int(|K) = Resp(Imp(H)).<br />

Beweis:<br />

Für A, B ⊆ M gilt nach Lemma 2.35 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)):<br />

A → B ∈ Imp(|K) gdw. für alle T ∈ H mit A ⊆ T gilt B ⊆ T gdw. A → B ∈ Imp(H).<br />

Damit gilt Imp(|K) = Imp(H) und Int(|K) =2.36 Resp(Imp(H)).<br />

❚<br />

78 vgl. [GanterWille96], Kapitel 2.3<br />

57


Die Begriffsinhalte des Kontextes (H, M, ∋) sind somit genau diejenigen Mengen, die alle gültigen<br />

Implikationen respektieren. Dies ist nach Lemma 2.34 das kleinste Hüllensystem, welches H<br />

enthält.<br />

Wenn man als Mengensystem H die Menge aller P respektierenden Mengen (für P ⊆ ImpM) wählt,<br />

erhält man dadurch einen Kontext |KP, dessen gültigen Implikationen gerade die Implikationen sind,<br />

die aus P herleitbar sind:<br />

2.43. Definition(|KP):<br />

Für P ⊆ ImpM sei |KP := (Resp(P), M, ∋).<br />

2.44. Korollar (Eigenschaften des Kontextes |KP):<br />

Für P ⊆ ImpM gilt Imp(|KP) = Cons(P) und Int(|KP) = Resp(P).<br />

Beweis:<br />

Imp(|KP) =2.42 Imp(Resp(P)) =2.40 Cons(P).<br />

Int(|KP) =2.42 Resp(Imp(Resp(P))) =2.30 Resp(P).<br />

❚<br />

Mit Hilfe <strong>der</strong> Regeln (AX) und (PS) lassen sich auch Hüllenoperatoren charakterisieren. Im<br />

folgenden Satz wird bewiesen, daß eine Abbildung h : ℘(M) → ℘(M) genau dann ein Hüllenoperator<br />

ist, wenn die Implikationen, welche von h respektiert werden, regelabgeschlossen sind.<br />

2.45. Satz (Charakterisierung von Hüllenoperatoren durch die Regeln (AX) und (PS)):<br />

Sei h : ℘(M) → ℘(M) eine Abbildung. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) h ist ein Hüllenoperator<br />

(2) Cons(Imp(h)) = Imp(h)<br />

(3) h ist verträglich mit den Regeln (AX) und (PS), d.h. h respektiert A ∪ B → A, und wenn h die<br />

Implikationen A → B und B ∪ C → D respektiert, dann respektiert h auch die Implikation<br />

A ∪ C → D für A, B, C, D ⊆ M.<br />

(4) Es gibt einen einwertigen Kontext |K mit h(A) = A'' für alle A ⊆ M.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Seien h ein Hüllenoperator und 8 das zugehörige Hüllensystem, dann gilt<br />

Cons(Imp(h)) =2.33 Cons(Imp(8)) =2.40 Imp(Resp(Imp(8))) =2.30 Imp(8) =2.33 Imp(h).<br />

(2) ⇔ (3):<br />

Imp(h) ist genau dann mit den Regeln (AX) und (PS) verträglich, wenn<br />

Cons(Imp(h)) = Imp(h) gilt.<br />

(2) ⇒ (4):<br />

Für den Kontext |KP = (Resp(P), M, ∋) mit P := Imp(h) gilt<br />

Imp(Int(|KP)) =2.36 Imp(|KP) =2.44 Cons(P) =(2) Imp(h), also h(A) =2.33 A''.<br />

(4) ⇒ (1):<br />

Nach Kapitel 1.2 ist '' ein Hüllenoperator.<br />

❚<br />

Während sich die Erfüllbarkeit von Formeln α ∈ F meistens von <strong>der</strong> schwachen Gültigkeit<br />

unterscheidet, ist dies <strong>bei</strong> Implikationen nicht mehr <strong>der</strong> Fall. Auch zwischen <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit<br />

und <strong>der</strong> starken Gültigkeit von Implikationen in unvollständigen Kontexten gibt es enge Zusammenhänge,<br />

die im folgenden verdeutlicht werden. Zunächst wird im folgenden Lemma die Auswertung<br />

<strong>der</strong> Abbildung π|K aus Definition 2.11 für Konjunktionen von Merkmalen untersucht.<br />

58


2.46. Lemma (Beschreibung von π|K(A) für A ⊆ M):<br />

Für jede endliche Menge A ⊆ M gilt 79<br />

π|K(A) = ({g ∈ G | I(g, m) = × für alle m ∈ A}, {g ∈ G | I(g, m) = o für ein m ∈ A}).<br />

Beweis:<br />

Wegen A ≡ ∧ m gilt<br />

m∈A π|K(A) =<br />

m∈A ∧ π|K(m) = (<br />

m∈A ∩ {g ∈ G | I(g, m) = ×},<br />

∪ {g ∈ G | I(g, m) = o}) =<br />

m∈A ({g ∈ G | I(g, m) = × für alle m ∈ A}, {g ∈ G | I(g, m) = o für ein m ∈ A}).<br />

❚<br />

Nach vorigem Lemma ist die Formel A ≡ ∧ m für A ⊆ M genau dann stark gültig für einen<br />

m∈A Gegenstand g ∈ G, wenn I(g, m) = × für alle m ∈ A ist. Die Formel A ist genau dann schwach<br />

gültig für einen Gegenstand g ∈ G, wenn I(g, m) ≠ o für alle m ∈ A ist. Damit lassen sich die starke<br />

und schwache Gültigkeit von Implikationen direkt an <strong>der</strong> Kontextzeile ablesen. Das folgende<br />

Lemma zeigt dies für die starke Gültigkeit:<br />

2.47. Lemma (Charakterisierung <strong>der</strong> starken Gültigkeit von Implikationen durch<br />

Kontexteinträge): 80<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, A, B ⊆ M endlich und g ∈ G. Folgende<br />

Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) Aus I(g, a) ≠ o für alle a ∈ A folgt I(g, b) = × für alle b ∈ B.<br />

(2) |K ]!g A → B<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Wenn I(g, a) = o für ein a ∈ A ist, dann gilt |K b?g A nach Lemma 2.46 und Satz 2.12, also<br />

|K ]!g A → B nach Lemma 2.7.(11), ansonsten gilt I(g, a) ≠ o für alle a ∈ A, also I(g, b) = × für alle<br />

b ∈ B nach (1), und somit |K ]!g B nach Lemma 2.46 und Satz 2.12, und damit gilt ebenfalls<br />

|K ]!g A → B nach Lemma 2.7.(11).<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Sei I(g, a) ≠ o für alle a ∈ A. Dann gilt |K ]?g A nach Lemma 2.46 und Satz 2.12. Wegen<br />

|K ]!g A → B muß |K ]!g B nach Lemma 2.7.(11) gelten, also I(g, b) = × für alle b ∈ B nach<br />

Lemma 2.46 und Satz 2.12.<br />

❚<br />

2.48. Lemma (Äquivalenz von verschiedenen Gültigkeitsbegriffen <strong>bei</strong> Implikationen und<br />

Klauseln): 81<br />

Für g ∈ G und A, B ⊆ M mit A ∩ B = ∅ gilt:<br />

(1) |K ]!g A → B gdw. |K ]g A → B<br />

(2) |K ]!g A → ∨B gdw. |K ]g A → ∨B<br />

79 vgl. Definition 2.11<br />

80 vgl. [Pagliani] (Kapitel I und IV) und [Burmeister91a], Kapitel 3<br />

81 vgl. [Burmeister91a], Kapitel 3<br />

59


Beweis:<br />

In den Formeln A → B ≡<br />

60<br />

∧ m →<br />

m∈B<br />

m∈A<br />

∧ m und A → ∨B ≡<br />

∧ m →<br />

m∈B<br />

m∈A<br />

∨ m<br />

kommt jedes Merkmal m ∈ M höchstens einmal vor, weil A und B disjunkt sind. Deshalb folgen<br />

die Behauptungen aus Satz 2.25.<br />

❚<br />

2.49. Korollar (Charakterisierung <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit von Implikationen): 82<br />

Für einen unvollständigen Kontext |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und endliche Mengen A, B ⊆ M sind<br />

folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ Imp(|K)<br />

(2) A → (B-A) ∈ Imp(|K)<br />

(3) |K ]! A → (B-A)<br />

(4) Für alle g ∈ G gilt: Aus I(g, a) ≠ o für alle a ∈ A folgt I(g, b) = × für alle b ∈ B-A<br />

(5) Für alle b ∈ B gilt A → b ∈ Imp(|K)<br />

❚<br />

Um die Kripke-Gültigkeit einer Implikation A → B zu überprüfen, kann man also die Formel<br />

A → B-A in <strong>der</strong> dreiwertigen Kleene-Logik auswerten. Die Implikation A → B ist genau dann<br />

Kripke-gültig für einen Gegenstand g ∈ G, wenn diese Auswertung den Wert × liefert. Jede Formel<br />

α ∈ F ist nach Lemma 1.11 (aussagenlogisch) äquivalent zu einer Menge (bzw. Konjunktion) von<br />

Klauseln <strong>der</strong> Form A → ∨B mit A, B ⊆ M, wo<strong>bei</strong> A und B disjunkt gewählt werden können, weil<br />

eine solche Klausel für A ∩ B ≠ ∅ äquivalent zu Y ist. Die starke Gültigkeit dieser Klauseln in<br />

einem Kontext ist äquivalent zur Kripke-Gültigkeit. Um also die Kripke-Gültigkeit einer Formel<br />

α ∈ F in einem Kontext zu bestimmen, kann man für die zugehörigen Klauseln die dreiwertige<br />

Kleene-Logik verwenden: α ist genau dann Kripke-gültig in |K, wenn die Menge E <strong>der</strong> Klauseln mit<br />

disjunkten Mengen, welche α eindeutig beschreiben, in |K stark gültig ist. In Lemma 2.51 wird<br />

dieser Zusammenhang auch für die schwache Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Klauseln bewiesen,<br />

wo<strong>bei</strong> dann die Voraussetzung, daß A und B disjunkt sind, nicht mehr benötigt wird. Auch <strong>bei</strong><br />

Merkmalimplikationen ist die Erfüllbarkeit von A → B äquivalent zur schwachen Gültigkeit von<br />

A → B, auch wenn A und B nicht disjunkt sind:<br />

2.50. Lemma (Äquivalenz von schwacher Gültigkeit und Erfüllbarkeit <strong>bei</strong> Implikationen): 83<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, A, B ⊆ M endlich und g ∈ G. Folgende<br />

Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) Aus I(g, a) = × für alle a ∈ A folgt I(g, b) ≠ o für alle b ∈ B.<br />

(2) |K ]?g A → B<br />

(3) A → B ist für den Gegenstand g erfüllbar<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (3):<br />

Wenn I(g, a) ≠ × für ein a ∈ A ist, dann ist A → B in |K' := (G, M, J) ∈ V(|K) mit<br />

(x, m) ∈ J gdw. I(x, m) = ×<br />

für x ∈ G, m ∈ M für den Gegenstand g gültig, also gilt (3), ansonsten gilt I(g, a) = × für alle a ∈ A<br />

und I(g, b) ≠ o für alle b ∈ B nach (1), also ist A → B in |K' := (G, M, J) ∈ V(|K) mit<br />

(x, m) ∈ J gdw. I(x, m) ≠ o<br />

für x ∈ G, m ∈ M für den Gegenstand g gültig, also gilt hier ebenfalls (3).<br />

82 vgl. [Burmeister91a], Kapitel 3<br />

83 vgl. [Burmeister91a], Kapitel 3


(3) ⇒ (2):<br />

Nach Satz 2.24.(3) folgt (2) aus (3), denn A → B ist nach Lemma 2.8 genau dann für g erfüllbar,<br />

wenn |K bg ¬(A → B) gilt.<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Sei I(g, a) = × für alle a ∈ A. Dann gilt |K ]!g A nach Lemma 2.46. Wegen |K ]?g A → B muß<br />

|K ]?g B nach Satz 2.7.(11) gelten, also I(g, b) ≠ o für alle b ∈ B.<br />

❚<br />

Für Implikationen A → B ∈ ImpM ist somit die Erfüllbarkeit äquivalent zur schwachen Gültigkeit:<br />

A → B ∈ Erf(|K) gilt genau dann, wenn |K ]? A → B gilt. Man kann die Formel A → B unter <strong>der</strong><br />

Variablenbelegung I(g, ⋅) : M → 3 für einen Gegenstand g in <strong>der</strong> Kleene-Logik auswerten, um zu<br />

entscheiden, ob A → B für den Gegenstand g erfüllbar ist. Dagegen läßt sich die Kripke-Gültigkeit<br />

nur für spezielle Implikationen durch die Auswertung in mehrwertiger Logik ausdrücken, jedoch<br />

nicht für ganz ImpM:<br />

Sei Z = (Z, ∧ Z , ∨ Z , → Z , ¬ Z , Z Z , Y Z ) eine beliebige Algebra mit {×, ?, o} ⊆ Z, welche die Semantik<br />

irgendeiner mehrwertigen Logik ist. Sei |K <strong>der</strong> unvollständige Kontext<br />

|K a b<br />

g ? ?<br />

Dann liefert die Auswertung <strong>der</strong> Formel a → b in Z unter <strong>der</strong> Variablenbelegung<br />

I(g, ⋅) : M → Z den gleichen Wert wie die Auswertung <strong>der</strong> Formel a → a, jedoch ist die Formel<br />

a → b nicht Kripke-gültig für den Gegenstand g, d.h. nur mit dem Ergebnis <strong>der</strong> Auswertung in <strong>der</strong><br />

mehrwertigen Logik Z kann kann noch nicht entscheiden, ob eine Implikation Kripke-gültig ist.<br />

Um die Erfüllbarkeit einer Implikation A → B für den ganzen Kontext zu untersuchen, kann auch<br />

die Algebra AG verwendet werden: A → B ist genau dann erfüllbar in |K, wenn die zweite<br />

Komponente von π|K(A → B) die leere Menge ist. 84<br />

Auch für Klauseln sind diese Aussagen richtig:<br />

2.51. Lemma (Äquivalenz von schwacher Gültigkeit und Erfüllbarkeit <strong>bei</strong> Klauseln):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext, A, B ⊆ M endlich und g ∈ G. Folgende<br />

Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) Aus I(g, a) = × für alle a ∈ A folgt I(g, b) ≠ o für ein b ∈ B.<br />

(2) |K ]?g A → ∨B<br />

(3) A → ∨B ist für den Gegenstand g erfüllbar<br />

Beweis:<br />

Der Beweis verläuft analog dem Beweis von Lemma 2.50:<br />

(1) ⇒ (3):<br />

Wenn I(g, a) ≠ × für ein a ∈ A ist, dann ist A → ∨B in |K' := (G, M, J) ∈ V(|K) mit<br />

(x, m) ∈ J gdw. I(x, m) = ×<br />

für x ∈ G, m ∈ M für den Gegenstand g gültig, also gilt (3), ansonsten gilt I(g, a) = × für alle a ∈ A<br />

und I(g, b) ≠ o für ein b ∈ B nach (1), also ist A → ∨B in |K' := (G, M, J) ∈ V(|K) mit<br />

(x, m) ∈ J gdw. I(x, m) ≠ o<br />

für x ∈ G, m ∈ M für den Gegenstand g gültig, und hier gilt ebenfalls (3).<br />

(3) ⇒ (2):<br />

84 vgl. Lemma 2.50 und Satz 2.12<br />

61


Nach Satz 2.24.(3) folgt (2) aus (3), denn A → ∨B ist nach Lemma 2.8 genau dann für g erfüllbar,<br />

wenn |K bg ¬(A → ∨B) gilt.<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Sei I(g, a) = × für alle a ∈ A. Dann gilt |K ]!g A. Wegen |K ]?g A → ∨B muß es ein b ∈ B mit<br />

|K ]?g b geben, also I(g, b) ≠ o.<br />

❚<br />

Während die Regeln (AX) und (PS) korrekt und vollständig für die Gültigkeit von Implikationen<br />

sind, ist die Regel (PS) für die Erfüllbarkeit von Implikationen nicht korrekt, wie folgendes Beispiel<br />

zeigt:<br />

|K a b c<br />

g × ? o<br />

Es gilt a → b ∈ Erf(|K) und b → c ∈ Erf(|K), aber a → c ∉ Erf(|K).<br />

Es wird nun ein an<strong>der</strong>es Regelsystem aufgestellt, so daß die herleitbaren Implikationen genau die<br />

bezüglich <strong>der</strong> Erfüllbarkeit semantisch folgerbaren Implikationen sind.<br />

2.52. Definition (Operator ConsErf):<br />

Für P ⊆ ImpM sei ConsErf(P) ⊆ ImpM die kleinste Obermenge von P, die bezüglich (AX), (PR),<br />

(AU) und (AD) abgeschlossen ist.<br />

2.53. Lemma (Wenn eine Formel mit ConsErf herleitbar ist, dann auch mit Cons):<br />

Für P ⊆ ImpM gilt ConsErf(P) ⊆ Cons(P).<br />

Beweis:<br />

Wenn A → B mit den Regeln (AX), (PR), (AU) und (AD) aus P herleitbar ist, dann nach Lemma<br />

2.39 auch mit (AX) und (PS).<br />

❚<br />

Zwar sind die erfüllbaren Implikationen eines unvollständigen Kontextes eine Obermenge <strong>der</strong><br />

Kripke-gültigen Implikationen des Kontextes, jedoch liefert <strong>der</strong> Operator ConsErf, <strong>der</strong> für die<br />

Erfüllbarkeit vollständig und korrekt ist (vgl. Satz 2.55), weniger Implikationen als <strong>der</strong> Operator<br />

Cons. Dies liegt daran, daß die Menge P eine an<strong>der</strong>e Bedeutung hat: Für P ⊆ ImpM werden <strong>bei</strong>m<br />

Operator Cons nur solche unvollständigen Kontexte betrachtet, in denen P Kripke-gültig ist (vgl.<br />

Satz 2.40), <strong>bei</strong>m Operator ConsErf werden jedoch diejenigen unvollständigen Kontexte betrachtet,<br />

in denen P erfüllbar ist. Dadurch erhält man im letzteren Fall weniger semantische Folgerungen,<br />

weil mehr unvollständige Kontexte betrachtet werden.<br />

2.54. Lemma (Eigenschaften <strong>der</strong> Regeln (AX), (PR) und (AU)):<br />

Seien M endlich, A ⊆ M, b ∈ A ∪ ∪{D ⊆ M | C → D ∈ P, C ⊆ A} und P ⊆ ImpM. Dann ist<br />

A → b mit den Regeln (AX), (PR) und (AU) aus P herleitbar.<br />

Beweis:<br />

Für b ∈ A ist A → b mit Regel (AX) herleitbar, ansonsten gibt es ein C → D ∈ P mit C ⊆ A und<br />

b ∈ D, also ist A → b mit den Regeln (AU) und (PR) herleitbar.<br />

❚<br />

Der folgende Satz zeigt nun die Korrektheit und Vollständigkeit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PR), (AU) und<br />

(AD) für die Erfüllbarkeit von Implikationen in unvollständigen Kontexten.<br />

62


2.55. Satz (Adäquatheit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PR), (AU) und (AD) für Erfüllbarkeit): 85<br />

Seien M eine endliche Menge, A, B ⊆ M und P ⊆ ImpM. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ ConsErf(P)<br />

(2) Für jeden unvollständigen Kontext |K mit P ⊆ Erf(|K) gilt A → B ∈ Erf(|K).<br />

(3) Für jeden unvollständigen Kontext |K = (G, M, {×, ?, o}, I) mit |G| = 1 und P ⊆ Erf(|K) gilt<br />

A → B ∈ Erf(|K).<br />

(4) B ⊆ A ∪ ∪{D ⊆ M | C → D ∈ P, C ⊆ A}<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2) durch Induktion über die Herleitung mit (AX), (PR), (AU) und (AD):<br />

Sei |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext mit P ⊆ Erf(|K).<br />

Fall 1: A → B ∈ P<br />

Dann gilt A → B ∈ Erf(|K).<br />

Fall 2: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (AX) als letzte Regel angewendet.<br />

Dann gibt es eine Menge C mit B ∪ C = A, also B ⊆ A. Damit gilt A → B ∈ Imp(|K') für alle<br />

|K' ∈ V(|K), also A → B ∈ Erf(|K).<br />

Fall 3: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (PR) als letzte Regel angewendet.<br />

Dann gibt es eine Menge C mit A → B ∪ C ∈ ConsErf(P). Nach Induktionsannahme gilt A → B ∪<br />

C ∈ Erf(|K). Für |K' ∈ V(|K) mit A → B ∪ C ∈ Imp(|K') gilt auch<br />

A → B ∈ Imp(|K') ⊆ Erf(|K), denn Regel (PR) ist nach Lemma 2.39 korrekt für die Gültigkeit von<br />

Implikationen.<br />

Fall 4: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (AU) als letzte Regel angewendet.<br />

Dann gibt es Mengen C, D ⊆ M mit A = C ∪ D und C → B ∈ ConsErf(P). Nach<br />

Induktionsannahme gilt C → B ∈ Erf(|K). Sei |K' ∈ V(|K) mit C → B ∈ Imp(|K'). Dann gilt auch<br />

A → B ∈ Imp(|K') ⊆ Erf(|K), denn Regel (AU) ist korrekt für die Gültigkeit von Implikationen.<br />

Fall 5: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (AD) als letzte Regel angewendet.<br />

Dann gibt es C, D ⊆ M mit B = C ∪ D und A → C ∈ ConsErf(P) und A → D ∈ ConsErf(P). Nach<br />

Induktionsannahme gilt A → C, A → D ∈ Erf(|K). Sei |K' = (G, M, J) ∈ V(|K) diejenige<br />

Vervollständigung von |K, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> jedes Fragezeichen <strong>der</strong> Kontextzeile eines beliebigen<br />

Gegenstandes g ∈ G genau dann durch den Wert × ersetzt wird, wenn I(g, a) = × für alle a ∈ A gilt,<br />

d.h. für g ∈ G, m ∈ M mit I(g, m) = ? gilt:<br />

(g, m) ∈ J gdw. I(g, a) = × für alle a ∈ A.<br />

Sei g ∈ G. Wenn I(g, a) ≠ × für ein a ∈ A ist, dann gilt (g, a) ∉ J, also |K' ]g A → B. Ansonsten gilt<br />

I(g, a) = × für alle a ∈ A. Wegen A → C ∈ Erf(|K) gilt deshalb I(g, c) ≠ o für alle c ∈ C, also<br />

(g, c) ∈ J für alle c ∈ C. Analog gilt (g, d) ∈ J für alle d ∈ D, also |K' ]g A → C ∪ D. Damit gilt<br />

A → B ∈ Erf(|K).<br />

(2) ⇒ (3): trivial<br />

(3) ⇒ (4):<br />

Sei |K = ({g}, M, {×, ?, o}, I) mit<br />

I(g, m) = × gdw. a ∈ A,<br />

I(g, m) = ? gdw. m ∈ ∪{D ⊆ M | C → D ∈ P, C ⊆ A}-A,<br />

I(g, m) = o sonst.<br />

Dann gilt P ⊆ Erf(|K) nach Lemma 2.50, denn für C → D ∈ P mit I(g, c) = × für alle c ∈ C gilt<br />

C ⊆ A, also I(g, d) ∈ {×, ?} für alle d ∈ D. Nach (3) gilt A → B ∈ Erf(|K), also I(g, b) ≠ o für alle<br />

b ∈ B, und somit B ⊆ A ∪ ∪{D ⊆ M | C → D ∈ P, C ⊆ A}.<br />

(4) ⇒ (1):<br />

85 vgl. [Lien] und [AtzeniMorfuni84]<br />

63


Für b ∈ B ⊆ A ∪ ∪{D ⊆ M | C → D ∈ P, C ⊆ A} gilt A → b ∈ ConsErf(P) nach Lemma 2.54,<br />

also auch A → B ∈ ConsErf(P) nach Regel (AD), denn M ist endlich.<br />

❚<br />

Insbeson<strong>der</strong>e sind also die in einem unvollständigen Kontext |K erfüllbaren Implikationen bezüglich<br />

<strong>der</strong> Regeln (AX), (PR), (AU) und (AD) abgeschlossen, d.h. es gilt<br />

ConsErf(Erf(|K)) = Erf(|K).<br />

Die starke und schwache Gültigkeit von Implikationen lassen sich auch durch Ableitungsoperatoren<br />

ausdrücken. Während es <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ableitung A' einer Menge von Merkmalen A ⊆ M in einem<br />

einwertigen Kontext keine Probleme gab, müssen <strong>bei</strong> unvollständigen Kontexten verschiedene<br />

Ableitungsoperatoren eingeführt werden:<br />

2.56. Definition (Ableitungsoperatoren in unvollständien Kontexten):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I), S ⊆ G und T ⊆ M.<br />

T ‡ := {g ∈ G | I(g, m) = × für alle m ∈ T} ist <strong>der</strong> notwendige Umfang von T.<br />

T z := {g ∈ G | I(g, m) ∈ {×, ?} für alle m ∈ T} ist <strong>der</strong> maximal mögliche Umfang von T.<br />

S ‡ := {m ∈ M | I(g, m) = × für alle g ∈ S} ist <strong>der</strong> notwendige Inhalt von S.<br />

S z := {m ∈ M | I(g, m) ∈ {×, ?} für alle g ∈ S} ist <strong>der</strong> maximal mögliche Inhalt von S.<br />

Die Menge T ‡ enthält genau die Gegenstände, die im Umfang T J von T in je<strong>der</strong> Vervollständigung<br />

(G, M, J) ∈ V(|K) liegen, und Tz enthält genau die Gegenstände, die im Umfang T J von T in<br />

irgendeiner Vervollständigung von |K liegen. Für A ⊆ G gilt genau dann T ‡ ⊆ A ⊆ Tz , wenn es<br />

eine Vervollständigung (G, M, J) ∈ V(|K) mit T J = A gibt. Für einwertige Kontexte |K stimmt die<br />

Definition <strong>der</strong> Ableitungsoperatoren ‡ und z mit <strong>der</strong> Definition <strong>der</strong> Operatoren ' : ℘(M) → ℘(G)<br />

und ' : ℘(G) → ℘(M) aus Kapitel 1.2 überein. Korollar 2.49 und Lemma 2.50 lassen sich auch<br />

durch die Ableitungsoperatoren ‡ und z ausdrücken:<br />

2.57. Satz (Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Implikationen durch Ableitungsoperatoren):<br />

86<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und g ∈ G. Eine Implikation A → B ∈<br />

ImpM ist genau dann Kripke-gültig für g, wenn aus A ⊆ gz schon B-A ⊆ g ‡ folgt, und A → B ist<br />

genau dann erfüllbar für g, wenn aus A ⊆ g ‡ schon B ⊆ gz folgt.<br />

❚<br />

2.58. Satz (Kompositionen <strong>der</strong> Ableitungsoperatoren):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und A ⊆ M. Dann gilt<br />

(1) A ‡z = {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|K)} = {m ∈ M | |K ]? A → m}<br />

(2) Az‡ = {m ∈ M | |K ]! A → m}<br />

(3) Die Operatoren ‡z : ℘(M) → ℘(M) und z‡ : ℘(M) → ℘(M) sind monoton.<br />

(4) Der Operator ‡z : ℘(M) → ℘(M) ist extensiv. 87<br />

Beweis von (1):<br />

Für m ∈ M gilt:<br />

86 vgl. [Burmeister91a], Kapitel 3<br />

87 Die Aussagen (3) und (4) gelten analog auch für die Gegenstandsmenge<br />

64


m ∈ A ‡z gdw.<br />

für alle g ∈ A ‡ gilt I(g, m) ∈ {×, ?} gdw.<br />

für alle g ∈ G mit I(g, a) = × für a ∈ A gilt I(g, m) ≠ o gdw. 88<br />

A → m ∈ Erf(|K).<br />

Damit gilt A ‡z = {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|K)}. Die Gleichung<br />

{m ∈ M | A → m ∈ Erf(|K)} = {m ∈ M | |K ]? A → m} folgt aus Lemma 2.50.<br />

Beweis von (2):<br />

Für m ∈ M gilt:<br />

m ∈ A z‡ gdw.<br />

für alle g ∈ A z gilt I(g, m) = × gdw.<br />

für alle g ∈ G mit I(g, a) ≠ o für a ∈ A gilt I(g, m) = × gdw. 89<br />

|K ]! A → m.<br />

Damit gilt A z‡ = {m ∈ M | |K ]! A → m}.<br />

Beweis von (3):<br />

Die Operatoren ‡ und z sind offensichtlich antiton, also sind ‡z : ℘(M) → ℘(M) und z‡ : ℘(M)<br />

→ ℘(M) monoton.<br />

Beweis von (4):<br />

Für a ∈ A gilt I(g, a) = × für alle g ∈ A ‡ , also a ∈ A ‡z und A ⊆ A ‡z .<br />

❚<br />

Für A, B ⊆ M gilt also genau dann B ⊆ A ‡z , wenn A → B in |K schwach gültig ist, und es gilt<br />

genau dann B ⊆ Az‡ , wenn A → B in |K stark gültig ist, d.h. A ‡z ist die größte Menge, für die<br />

A → A ‡z schwach gültig ist, und A z‡ ist die größte Menge, so daß A → A z‡ stark gültig ist. Im<br />

Gegensatz zu einwertigen Kontexten sind die Operatoren ‡z : ℘(M) → ℘(M) und z‡ : ℘(M) →<br />

℘(M) in unvollständige Kontexten keine Hüllenoperatoren mehr. Im Kontext<br />

|K a b c<br />

g × ? o<br />

gilt {a} ‡z = {g} z = {a, b}, aber ({a} ‡z ) ‡z = {a, b} ‡z = ∅ z = {a, b, c}, also ist ‡z nicht idempotent.<br />

Es gilt {b} z‡ = {g} ‡ = {a}, also ist z‡ im allgemeinen nicht extensiv.<br />

Während in Korollar 2.44 bewiesen wurde, daß im Kontext |KP für P ⊆ ImpM genau die bezüglich<br />

<strong>der</strong> Gültigkeit folgerbaren Implikationen gültig sind, wird im folgenden Satz ein unvollständiger<br />

Kontext konstruiert, dessen erfüllbaren Implikationen genau die Implikationen aus ConsErf(P) sind:<br />

2.59. Satz (Existenz eines unvollständigen Kontextes, welcher genau die aus einer<br />

Implikationenmenge bezüglich <strong>der</strong> Erfüllbarkeit folgerbaren Implikationen erfüllt):<br />

Sei M eine endliche Menge und P ⊆ ImpM. Dann gibt es einen unvollständigen Kontext |K mit<br />

Erf(|K) = ConsErf(P).<br />

Beweis:<br />

Sei |K = (G, M, {×, ?, o}, I) mit<br />

88 vgl. Lemma 2.50<br />

89 vgl. Lemma 2.47<br />

65


G = {(A, b) | A ⊆ M, b ∈ M, A → b ∉ ConsErf(P)},<br />

I((A, b), m) = × gdw. m ∈ A,<br />

I((A, b), b) = o,<br />

I((A, b), m) = ? gdw. m ∈ M-(A ∪ {b}).<br />

Sei A → B ∈ ConsErf(P). Es wird nun gezeigt, daß A → B ∈ Erf(|K) gilt. Sei (C, d) ∈ G mit<br />

I((C, d), a) = × für alle a ∈ A. Dann gilt A ⊆ C. Wegen C → d ∉ ConsErf(P) gilt nach Regel (AU)<br />

auch A → d ∉ ConsErf(P). Nach Regel (PR) gilt d ∉ B, also I((C, d), b) ∈ {×, ?} für b ∈ B. Damit<br />

gilt A → B ∈ Erf(|K) nach Lemma 2.50, und somit gilt ConsErf(P) ⊆ Erf(|K).<br />

Seien nun A → B ∈ Erf(|K) und b ∈ B. Dann gilt A → b ∈ Erf(|K) und (A, b) ∉ G, denn A → b<br />

wäre für diesen Gegenstand nicht erfüllbar. Somit gilt A → b ∈ ConsErf(P), und nach Regel (AD)<br />

auch A → B ∈ ConsErf(P) und ConsErf(P) = Erf(|K).<br />

❚<br />

Für eine Menge P ⊆ ImpM von Implikationen und einen unvollständigen Kontext |K folgt aus <strong>der</strong><br />

Existenz einer Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K') schon die Erfüllbarkeit von P in |K.<br />

Die Umkehrung dieser Aussage ist jedoch falsch, denn die gleichzeitige Erfüllbarkeit aller<br />

Implikationen aus P ist eine stärkere For<strong>der</strong>ung, als die Erfüllbarkeit je<strong>der</strong> einzelnen Implikation<br />

aus P. Satz 2.61 liefert eine Charakterisierung <strong>der</strong> Äquivalenz dieser <strong>bei</strong>den Bedingungen. Im Satz<br />

2.60 wird zunächst eine Bedingung für die Existenz einer Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit<br />

P ⊆ Imp(|K') angegeben.<br />

2.60. Satz (Gleichzeitige Erfüllbarkeit aller Implikationen einer Menge P ⊆ ImpM):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und P ⊆ ImpM. Dann sind folgende<br />

Aussagen äquivalent:<br />

(1) Es gibt ein |K' ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K').<br />

(2) Cons(P) ⊆ Erf(|K)<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Cons(P) ⊆2.40 Imp(|K') ⊆ Erf(|K)<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Sei |K' = (G, M, J) <strong>der</strong> einwertige Kontext mit<br />

(g, m) ∈ J gdw. m ∈ P<br />

für g ∈ G und m ∈ M. Dann gilt |K' ∈ V(|K), denn für I(g, m) = × gilt m ∈ g ‡ ⊆ P, und für<br />

I(g, m) = o gilt g ‡ → m ∉ Erf(|K), also g ‡ → m ∉ Cons(P) wegen (2), und somit m ∉ P nach<br />

Satz 2.40 (Äquivalenz (1) ⇔ (3)). Nach Korollar 2.5 und Lemma 2.31 gilt P ⊆ Imp(|K').<br />

❚<br />

2.61. Satz (Charakterisierung <strong>der</strong> Äquivalenz <strong>der</strong> Erfüllbarkeit einer Menge P ⊆ ImpM zur<br />

gleichzeitigen Erfüllbarkeit aller Implikationen aus P):<br />

Sei M eine endliche Menge und P ⊆ ImpM. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) Für jeden unvollständigen Kontext |K gilt genau dann P ⊆ Erf(|K), wenn es eine Vervollständigung<br />

|K' ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K') gibt.<br />

(2) Cons(P) = ConsErf(P)<br />

(3) ConsErf(P) ist transitiv<br />

66


Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Nach Satz 2.59 gibt es einen unvollständigen Kontext |K mit ConsErf(P) = Erf(|K). Nach (1) gibt es<br />

ein |K' ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K'). Nach Satz 2.60 gilt Cons(P) ⊆ Erf(|K) = ConsErf(P), also gilt (2)<br />

nach Lemma 2.53.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Aus Regel (PS) folgt die Transitivität.<br />

(3) ⇒ (2):<br />

Es wird zunächst gezeigt, daß ConsErf(P) bezüglich Regel (PS) abgeschlossen ist. Seien A → B ∈<br />

ConsErf(P) und B ∪ C → D ∈ ConsErf(P), dann gilt A ∪ C → B ∈ ConsErf(P) nach Regel (AU)<br />

und A ∪ C → B ∪ C ∈ ConsErf(P) nach Regel (AD) und (AX). Wegen <strong>der</strong> Transitivität gilt<br />

A ∪ C → D ∈ ConsErf(P). Damit ist ConsErf(P) bezüglich Regel (PS) abgeschlossen, und da<br />

Cons(P) die kleinste Obermenge von P ist, die bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX) und (PS) abgeschlossen<br />

ist, gilt ConsErf(P) = Cons(P).<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Sei |K ein unvollständiger Kontext. Wenn es eine Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K')<br />

gibt, dann gilt P ⊆ Imp(|K') ⊆ Erf(|K). Wenn umgekehrt P ⊆ Erf(|K) gilt, dann gilt Cons(P) =(2)<br />

ConsErf(P) ⊆2.40 Erf(|K), und nach Satz 2.60 gibt es eine Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit<br />

P ⊆ Imp(|K').<br />

❚<br />

Die Eigenschaft, daß die Erfüllbarkeit je<strong>der</strong> Implikation aus P in unvollständigen Kontexten zur<br />

gleichzeitigen Erfüllbarkeit aller Implikationen aus P äquivalent ist, läßt sich somit einfach durch<br />

Berechnung von ConsErf(P) überprüfen: Die <strong>bei</strong>den Bedingungen sind genau dann äquivalent, wenn<br />

ConsErf(P) transitiv ist. Aus diesem Satz folgt unter an<strong>der</strong>em, daß für alle unvollständigen Kontexte<br />

|K und alle Implikationenmengen P ⊆ ImpM, welche bezüglich (AX) und (PS) abgeschlossen sind,<br />

genau dann P ⊆ Erf(|K) gilt, wenn alle Implikationen von P gleichzeitig erfüllbar sind, denn<br />

ConsErf(P) = P = Cons(P) ist transitiv. Satz 2.61 liefert auch eine Charakterisierung für die<br />

Abgeschlossenheit <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen eines unvollständigen Kontextes bezüglich des<br />

Operators Cons. Diese Charakterisierung wird im folgenden Korollar angegeben:<br />

2.62. Korollar (Existenz einer Vervollständigung, welche dieselben Implikationen erfüllt):<br />

Für |K = (G, M, {×, ?, o}, I) sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) Cons(Erf(|K)) = Erf(|K)<br />

(2) Erf(|K) ist transitiv<br />

(3) Es gibt ein |K' ∈ V(|K) mit Erf(|K) ⊆ Imp(|K')<br />

(4) Es gibt ein |K' ∈ V(|K) mit Erf(|K) = Imp(|K')<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Aus Regel (PS) folgt die Transitivität.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Für P := Erf(|K) ist Bedingung (3) von Satz 2.61 erfüllt, also folgt die Behauptung aus Satz 2.61.<br />

(3) ⇒ (4):<br />

Für |K' ∈ V(|K) gilt Imp(|K') ⊆ Erf(|K).<br />

(4) ⇒ (1):<br />

Cons(Erf(|K)) =(4) Cons(Imp(|K')) =2.40 Imp(|K') =(4) Erf(|K)<br />

❚<br />

67


Wenn <strong>bei</strong> einwertigen Kontexten |K und |K' mit gleicher Merkmalsmenge die gültigen Implikationen<br />

von |K' in |K gültig sind, dann gibt es auch einen Zusammenhang zwischen den zugehörigen<br />

Begriffsverbänden:<br />

2.63. Satz (Der Begriffsverband eines Kontextes |K läßt sich als ∨-Halbverband in den<br />

Begriffsverband eines Kontextes |K' einbetten, sofern die Implikationen von |K' in |K gültig<br />

sind): 90<br />

Seien |K = (G, M, I) ein einwertiger Kontext mit endlicher Merkmalsmenge M und |K' = (S, M, J)<br />

ein einwertiger Kontext mit Imp(|K') ⊆ Imp(|K). Dann gilt Int(|K) ⊆ Int(|K'), und die Abbildung<br />

h : X(|K) → X(|K') mit h(A I , A) = (A J , A) für A ∈ Int(|K) ist ein injektiver ∨-Halbverbandshomomorphismus.<br />

Beweis:<br />

Es gilt Imp(|K') ⊆ Imp(|K), also Int(|K) = Resp(Imp(|K)) ⊆ Resp(Imp(|K')) = Int(|K') nach Korollar<br />

2.36. Die Abbildung h ist injektiv, und für A, B ∈ Int(|K) gilt:<br />

h((A I , A) ∨ (B I , B)) = h((A ∩ B) I , A ∩ B) = ((A ∩ B) J , A ∩ B) = h(A I , A) ∨ h(B I , B).<br />

❚<br />

Dieser Zusammenhang zwischen Begriffsverbänden wird im folgenden Korollar für einen<br />

unvollständigen Kontext verallgemeinert:<br />

2.64. Korollar (Die Begriffsverbande aller Vervollständigungen eines unvollständigen<br />

Kontextes |K lassen sich als ∨-Halbverband in den Begriffsverband eines einwertigen<br />

Kontextes |K' einbetten, sofern die Implikationen von |K' in |K gültig sind):<br />

Seien |K ein unvollständiger Kontext mit endlicher Merkmalsmenge M, |K' = (S, M, J) ein<br />

einwertiger Kontext mit Imp(|K') ⊆ Imp(|K) und |K'' = (G, M, I) ∈ V(|K).<br />

Dann gilt Int(|K'') ⊆ Int(|K'), und die Abbildung h : X(|K'') → X(|K') mit h(A I'' , A) = (A J , A) für<br />

A ∈ Int(|K'') ist ein injektiver ∨-Halbverbandshomomorphismus.<br />

Beweis:<br />

Es gilt Imp(|K') ⊆ Imp(|K) ⊆ Imp(|K''), also folgen die Behauptungen aus Satz 2.63.<br />

❚<br />

Der Begriffsverband von |K'' ist somit als ∨-Halbverband isomorph zu einem ∨-Unterhalbverband<br />

von X(|K'). Wenn die Vervollständigung |K'' nicht bekannt ist, son<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong> unvollständige<br />

Kontext |K, dann kann man mit Hilfe des folgenden Korollars Begriffsverbände von an<strong>der</strong>en<br />

einwertigen Kontexten zeichnen, um einige Informationen zu erhalten, wie <strong>der</strong> Begriffsverband<br />

X(|K') des unbekannten Kontextes |K' ungefähr aussehen könnte.<br />

2.65. Korollar (Einschachtelung des Begriffsverbandes einer Vervollständigung mit Hilfe<br />

<strong>der</strong> Begriffsverbände von |KImp( |K) und |KErf( |K)):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext mit endlicher Menge M und |K' ∈ V(|K).<br />

Für die Kontexte |KErf(|K) = (Resp(Erf(|K)), M, ∋) und |KImp(|K) = (Resp(Imp(|K)), M, ∋) gilt dann<br />

Int(|KErf(|K)) ⊆ Int(|K') ⊆ Int(|KImp(|K)), und X(|KErf(|K)) ist isomorph zu einem ∨-Unterhalbverband von<br />

X(|K'), und X(|K') ist isomorph zu einem ∨-Unterhalbverband von X(|KImp(|K)).<br />

90 In [GanterWille96] wird ein Spezialfall dieses Satzes bewiesen: Wenn G ⊆ S und |K = |K'|G ist, dann gilt Imp(|K') ⊆<br />

Imp(|K), Int(|K) ⊆ Int(|K'), und die Abbildung h ist ein ∨-Halbverbandshomomorphismus.<br />

68


Beweis:<br />

Es gilt Imp(|KImp(|K)) =2.44 Cons(Imp(|K)) =2.40 Imp(|K) ⊆ Imp(|K') ⊆ Erf(|K) ⊆ Cons(Erf(|K)) =2.44<br />

Imp(|KErf(|K)), also folgen die Behauptungen aus dem vorigen Korollar.<br />

❚<br />

Je weniger Fragezeichen <strong>der</strong> unvollständige Kontext |K enthält, desto mehr Informationen liefert<br />

dieses Korollar über die Gestalt des gesuchten Begriffsverbandes X(|K'), denn wenn Imp(|K) und<br />

Erf(|K) sich nur wenig voneinan<strong>der</strong> unterscheiden, dann haben auch die Kontexte |KImp(|K) und |KErf(|K)<br />

keine großen Unterschiede, und damit auch die zugehörigen Begriffsverbände. Insbeson<strong>der</strong>e ist<br />

X(|K') isomorph zu X(|KImp(|K)), falls Imp(|K) = Erf(|K) gilt. Die im unbekannten Kontext |K' gültigen<br />

Implikationen sind dann alle bekannt:<br />

Imp(|K') = Imp(|K) = Erf(|K).<br />

Anstatt des Kontextes |KImp(|K) kann auch die boolesche Ableitung |Kb aus [Burmeister91a]<br />

verwendet werden, weil Imp(|Kb) = Imp(|KImp(|K)) gilt. Bei <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> booleschen Ableitung<br />

wird jede Kontextzeile von |K, welche Fragezeichen enthält, durch mehrere vollständige<br />

Kontextzeilen ersetzt, so daß die neuen Kontextzeilen genau die Implikationen wi<strong>der</strong>legen, die auch<br />

in <strong>der</strong> unvollständigen Kontextzeile nicht Kripke-gültig waren. 91<br />

Auch zwischen <strong>der</strong> Kleene-Algebra L(|K) und X(|K') für unvollständige Kontexte |K und einwertige<br />

Kontexte |K' gibt es Zusammenhänge, wenn die in |K und |K' gültigen Implikationen gewisse<br />

Eigenschaften erfüllen. Dies wird im folgenden Satz bewiesen:<br />

2.66. Satz (kanonische Abbildung vom Begriffsverband eines einwertigen Kontextes in die<br />

Kleene-Algebra eines unvollständigen Kontextes):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext mit endlicher Merkmalsmenge M und<br />

|K' = (S, M, J) ein einwertiger Kontext. Sei h : X(|K') → L(|K) die Abbildung mit h(A J , A) := π|K(A)<br />

für A ∈ Int(|K'). 92 Dann gilt:<br />

(1) h ist ordnungserhaltend.<br />

(2) Wenn Imp(|K') ⊆ Imp(|K) gilt, dann gilt h(Y) = Y, und h ist ein ∧-Halbverbandshomomorphismus.<br />

(3) Wenn Imp(|K) ⊆ Imp(|K') gilt 93 und |{m ∈ M | I(g, m) = ?}| ≤ 1 für alle g ∈ G ist, dann ist h eine<br />

Ordnungseinbettung, d.h. (A J , A) ≤ (B J , B) gilt genau dann, wenn h(A J , A) ≤ h(B J , B) gilt.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e ist h dann injektiv.<br />

Beweis von (1):<br />

Seien A, B ∈ Int(|K') mit (A J , A) ≤ (B J , B), dann gilt B ⊆ A, also<br />

h(A J , A) = π|K(A) =<br />

m∈A ∧ π|K(m) ≤<br />

m∈B ∧ π|K(m) = π|K(B) = h(B J , B)<br />

Beweis von (2):<br />

Zunächst wird h(Y) = Y bewiesen:<br />

Für m ∈ S J = {m ∈ M | (g, m) ∈ J für alle g ∈ S} gilt ∅ → {m} ∈ Imp(|K') ⊆ Imp(|K). Damit gilt<br />

I(g, m) = × für alle g ∈ G und m ∈ S J . Es gilt (S J ) + (|K) = {g ∈ G | I(g, m) = × für alle m ∈ S J } = G<br />

und h(Y) = h(S, S J ) = π|K(S J ) = (G, ∅) = Y.<br />

Seien A, B ∈ Int(|K').<br />

91<br />

vgl. [Burmeister91a] (Kapitel 3)<br />

92<br />

vgl. Lemma 2.46<br />

93<br />

z.B. |K' ∈ V(|K)<br />

69


h((A J , A) ∧ (B J , B)) = h(A J ∩ B J , (A ∪ B) JJ ) = π|K((A ∪ B) JJ ) = ∧ π|K(m)<br />

JJ<br />

h(A J , A) ∧ h(B J , B) = π|K(A) ∧ π|K(B) =<br />

Wegen JJ<br />

70<br />

∧ π|K(m) ≤<br />

m∈A ∧ π|K(m) ∧<br />

m∈( A∪B)<br />

m∈B ∧ π|K(m) =<br />

m A∪B<br />

∈ ∧ π|K(m) = π|K(A ∪ B)<br />

m∈( A∪B)<br />

m∈A∪B ∧ π|K(m) gilt auch π|K((A ∪ B) JJ ) ≤ π|K(A ∪ B).<br />

Um die umgekehrte Inklusion zu zeigen werden nun die <strong>bei</strong>den Inklusionen (A ∪ B) + (|K) ⊆ ((A ∪<br />

B) JJ ) + (|K) und ((A ∪ B) JJ ) - (|K) ⊆ (A ∪ B) - (|K) bewiesen.<br />

Sei m ∈ (A ∪ B) JJ -(A ∪ B). Nach Lemma 2.35 gilt A ∪ B → m ∈ Imp(|K') ⊆ Imp(|K). Da A ∪ B<br />

und {m} disjunkt sind, gilt auch |K ]! A ∪ B → m nach Satz 2.25. Für alle g ∈ G gilt nach Lemma<br />

2.7.(11) deshalb |K b?g A ∪ B o<strong>der</strong> |K ]!g m. Sei g ∈ (A ∪ B) + (|K). Dann gilt |K ]?g A ∪ B und<br />

folglich |K ]!g m und g ∈ m + (|K). Da g beliebig war, gilt deshalb (A ∪ B) + (|K) ⊆ m + (|K). Für m ∈ A<br />

∪ B gilt diese Aussage wegen (A ∪ B) + (|K) = ∩{n + (|K) | n ∈ A ∪ B} auch, also gilt (A ∪ B) + (|K)<br />

⊆ m + (|K) für alle m ∈ (A ∪ B) JJ und damit (A ∪ B) + (|K) ⊆ ∩{m + (|K) | m ∈ (A ∪ B) JJ } = ((A ∪<br />

B) JJ ) + (|K).<br />

Seien m ∈ (A ∪ B) JJ -(A ∪ B) und g ∈ m - (|K). Dann gilt |K b!g m. Wie oben bereits erwähnt muß<br />

jedoch |K b?g A ∪ B o<strong>der</strong> |K ]!g m gelten, also gilt |K b?g A ∪ B und damit g ∈ (A ∪ B) - (|K).<br />

Damit gilt m - (|K) ⊆ (A ∪ B) - (|K). Für m ∈ A ∪ B gilt diese Aussage wegen (A ∪ B) - (|K) = ∪{n -<br />

(|K) | n ∈ A ∪ B} auch, also gilt m - (|K) ⊆ (A ∪ B) - (|K) für alle m ∈ (A ∪ B) JJ und damit ((A ∪<br />

B) JJ ) - (|K) = ∪{m - (|K) | m ∈ (A ∪ B) JJ } ⊆ (A ∪ B) - (|K).<br />

Damit ist auch π|K(A ∪ B) ≤ π|K((A ∪ B) JJ ) bewiesen und es gilt π|K(A ∪ B) = π|K((A ∪ B) JJ ).<br />

Die Abbildung h ist deshalb ein ∧-Halbverbandshomomorphismus.<br />

Beweis von (3):<br />

Seien A, B ∈ Int(|K') mit h(A J , A) ≤ h(B J , B).<br />

Es gilt A + (|K) ⊆ B + (|K) und B - (|K) ⊆ A - (|K) wegen π|K(A) = h(A J , A) ≤ h(B J , B) = π|K(B).<br />

Es wird zunächst bewiesen, daß A → B ∈ Imp(|K) gilt:<br />

Sei g ∈ G.<br />

Fall 1: I(g, a) = o für ein a ∈ A.<br />

Dann gilt |K ]g A → B.<br />

Fall 2: I(g, a) = × für alle a ∈ A.<br />

Dann gilt g ∈ A + (|K) ⊆ B + (|K), also I(g, b) = × für alle b ∈ B und |K ]g A → B.<br />

Fall 3: I(g, c) = ? für ein c ∈ A und I(g, a) ≠ o für alle a ∈ A-{c}.<br />

Da c das einzige Element von M mit I(g, c) = ? ist, gilt I(g, a) = × für a ∈ A-{c}. Es gilt<br />

g ∉ A + (|K) und g ∉ A - (|K), also g ∉ B - (|K) und somit I(g, b) ≠ o für alle b ∈ B. Für c ≠ b ∈ B gilt<br />

I(g, b) = ×, weil die Kontextzeile von g nur ein Fragezeichen enthält, also gilt |K ]g A → B-{c}.<br />

Es gilt |K ]g A → c wegen c ∈ A, also auch |K ]g A → B nach Regel (AD).<br />

Damit gilt A → B ∈ Imp(|K) ⊆ Imp(|K') und B ⊆2.35 A JJ = A, also (A J , A) ≤ (B J , B). Damit<br />

reflektiert h die Ordnung, und aus h(A J , A) = h(B J , B) folgt (A J , A) ≤ (B J , B) ≤ (A J , A), also ist h<br />

injektiv.<br />

❚<br />

Wenn |K = |K' schon ein einwertiger Kontext ist, dann sind die Voraussetzungen des vorigen Satzes<br />

erfüllt, also gilt folgendes Korollar:


2.67. Korollar (Zusammenhang zwischen dem Begriffsverband und <strong>der</strong> Kleene-Algebra<br />

eines einwertigen Kontextes):<br />

Für einwertige Kontexte |K ist X(|K) als ∧-Halbverband isomorph zu einem Unterhalbverband <strong>der</strong><br />

booleschen Algebra 94 L(|K).<br />

❚<br />

Die Abbildung h : X(|K') → L(|K) aus Satz 2.66 ist im allgemeinen nicht mit <strong>der</strong> Operation ∨<br />

verträglich. Wenn z.B. X(|K') nicht distributiv ist, dann kann es keinen injektiven Verbandshomomorphismus<br />

h : X(|K') → L(|K) geben, denn alle Unterverbände von L(|K) sind distributiv.<br />

94 vgl. Satz 2.14<br />

71


2.3 Rahmenkontexte<br />

Wenn eine Merkmalsmenge M gegeben ist, interessiert man sich häufig nicht für alle Kontexte mit<br />

dieser Merkmalsmenge, son<strong>der</strong>n nur für solche Kontexte, in denen zwischen den Merkmalen<br />

gewisse Zusammenhänge bestehen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Informationen über den<br />

Zusammenhang zwischen den Merkmalen zu beschreiben:<br />

(1) Durch eine bijektive Abbildung ⎯ : M+ → M- zwischen zwei disjunkten Teilmengen M+ und Mvon<br />

M wird ausgedrückt, daß einige Merkmale negiert zueinan<strong>der</strong> sind. Man betrachtet dann<br />

nur noch solche Kontexte (G, M, I), <strong>bei</strong> denen die Spalte eines Merkmals m ∈ M+ zur Spalte<br />

des Merkmals m := ⎯ (m) negiert ist, d.h. (g, m) ∈ I gdw. (g, m) ∉ I für g ∈ G.<br />

(2) Durch eine Menge H ⊆ ImpM von Implikationen können Hintergrundimplikationen festgelegt<br />

werden, welche in den betrachteten Kontexten gültig sein sollen, d.h. man interessiert sich nur<br />

für solche Kontexte |K = (G, M, I) mit H ⊆ Imp(|K).<br />

(3) Man kann stattdessen auch eine Menge allgemeiner Formeln P ⊆ F(M) verwenden (z.B. eine<br />

Menge von Klauseln), welche in den Kontexten gültig sein sollen.<br />

(4) Durch ein Mengensystem H ⊆ ℘(M) kann man festlegen, welche Kontextzeilen möglich sind,<br />

d.h. man interessiert sich nur für solche (einwertigen) Kontexte |K = (G, M, I) mit g I ∈ H für<br />

alle g ∈ G. Dieses Mengensystem H wird da<strong>bei</strong> Rahmenkontext genannt.<br />

Die ersten drei Arten von Vorwissen über die Kontexte lassen sich auch durch das Mengensystem<br />

aus (4) beschreiben:<br />

Sei ⎯ : M+ → M- eine bijektive Abbildung zwischen zwei disjunkten Teilmengen von M. Eine<br />

Menge A ⊆ M heißt konsistent, wenn |A ∩ {m, m }| ≤ 1 für alle m ∈ M+ gilt. Eine Menge A ⊆ M<br />

heißt vollständig konsistent, wenn für alle m ∈ M+ entwe<strong>der</strong> m ∈ A o<strong>der</strong> m ∈ A gilt, d.h. wenn<br />

|A ∩ {m, m }| = 1 für alle m ∈ M+ gilt.<br />

Sei VKon( ⎯ ) := {T ⊆ M | T ist vollständig konsistent}.<br />

Dann enthält <strong>der</strong> Rahmenkontext H := VKon( ⎯ ) gerade die Information, daß m negiert zu m ist,<br />

für alle m ∈ M+. Die einwertigen Kontexte |K, in denen die Spalte jedes Merkmals m ∈ M+ zur<br />

Spalte von m negiert ist, sind genau die Kontexte (G, M, I) mit g I ∈ H für alle g ∈ G, denn je<strong>der</strong><br />

Gegenstandsinhalt von |K ist vollständig konsistent.<br />

Wenn das Vorwissen durch eine Menge P von Formeln (o<strong>der</strong> Implikationen) gegeben ist, dann wird<br />

diese Information durch H := Mod(P) ausgedrückt, denn nach Korollar 2.5 gilt genau dann |K ] P,<br />

wenn g I ∈ H für alle g ∈ G gilt.<br />

Die Kombination <strong>der</strong> verschiedenen Arten von Vorwissen läßt sich durch den Durchschnitt <strong>der</strong><br />

zugehörigen Mengensysteme ausdrücken: Das Mengensystem H ∩ VKon( ⎯ ) ∩ Mod(P) beschreibt<br />

genau diejenigen Kontexte mit negierten Merkmalen, in denen P gültig ist, und je<strong>der</strong><br />

Gegenstandsinhalt in H liegt.<br />

2.68. Definition (Operator RespH ):<br />

Für H ⊆ ℘(M) und P ⊆ ImpM definiere RespH (P) := Resp(P) ∩ H.<br />

Der Zusammenhang zwischen den Operatoren Imp und Resp aus Kapitel 2.2 gilt auch für die<br />

Operatoren Imp und Resp H :<br />

73


2.69. Lemma (Imp und RespH bilden eine Galoisverbindung):<br />

Die Abbildungen Imp : ℘(H) → ℘(ImpM) und RespH : ℘(ImpM) → ℘(H) bilden eine Galoisverbindung.<br />

Beweis:<br />

Die <strong>bei</strong>den Abbildungen sind die Ableitungsoperatoren im Kontext (H, ImpM, J) mit<br />

(T, A → B) ∈ J gdw. T respektiert A → B<br />

für T ∈ H und A → B ∈ ImpM.<br />

❚<br />

Wie in Kapitel 2.2 wird auch hier ein vollständiges und korrektes Regelsystem aufgestellt, um die<br />

Implikationen von Kontexten zu charakterisieren, wo<strong>bei</strong> nun Kontexte |K = (G, M, I) mit g I ∈ H für<br />

g ∈ G betrachtet werden. Diese Kontexte sind bis auf Gegenstandsbereinigung und Umbenennung<br />

<strong>der</strong> Gegenstände genau die Teilkontexte von (H, M, ∋) mit Merkmalsmenge M, denn je<strong>der</strong><br />

Gegenstandsinhalt g I von |K ist wegen<br />

{g I } ∋ = {m ∈ M | g I ∋ m} = g I<br />

auch ein Gegenstandsinhalt von (H, M, ∋). Der zugehörige Teilkontext (S, M, ∋) von (H, M, ∋)<br />

enthält also genau diejenigen Gegenstände T ∈ H, die in |K als Gegenstandsinhalt g I auftauchen:<br />

S = {g I | g ∈ G}. Der Kontext |K ist bis auf Gegenstandsbereinigung isomorph zu (S, M, ∋).<br />

2.70. Definition (Regel (H-EX), Operator ConsH ):<br />

Für H ⊆ ℘(M) sei (H-EX) die Regel gegeben durch<br />

(A ∪ {c} → B)c∈C<br />

_______________________(H-EX)<br />

74<br />

A → B (H-Exhaustion)<br />

für A, B, C ⊆ M mit A → ∨C ∈ Th(H).<br />

Für P ⊆ ImpM sei ConsH (P) die kleinste Obermenge von P, die bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX), 95 (PS)<br />

und (H-EX) abgeschlossen ist.<br />

Während die Regeln (AX) und (PS) für die Klasse aller (einwertigen o<strong>der</strong> unvollständigen)<br />

Kontexte mit Merkmalsmenge M korrekt und vollständig waren, bilden hier die drei Regeln (AX),<br />

(PS) und (H-EX) ein adäquates Regelsystem für einwertige Kontexte, dessen Gegenstandsinhalte<br />

im Rahmenkontext H liegen. Dies wird im folgenden Satz bewiesen.<br />

2.71. Satz (Adäquatheit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS) und (H-EX)):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), P ⊆ ImpM und A, B ⊆ M. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ ConsH (P)<br />

(2) A → B ∈ Imp(RespH (P))<br />

(3) B ⊆ ∩{T ∈ Resp H (P) | A ⊆ T}<br />

(4) B ⊆ Cons H (P)<br />

(5) Für jeden einwertigen Kontext |K = (G, M, I) mit P ⊆ Imp(|K) und g I ∈ H für alle g ∈ G gilt<br />

A → B ∈ Imp(|K).<br />

95 vgl. Definition 2.38


(6) Für jeden einwertigen Kontext |K = (G, M, I) mit |G| = 1, P ⊆ Imp(|K) und g I ∈ H für den<br />

(einzigen) Gegenstand g ∈ G gilt A → B ∈ Imp(|K).<br />

(7) Für jeden Teilkontext |K = (G, M, ∋) von (H, M, ∋) mit P ⊆ Imp(|K) gilt A → B ∈ Imp(|K).<br />

(8) Für jeden Teilkontext |K = (G, M, ∋) von (H, M, ∋) mit |G| = 1 und P ⊆ Imp(|K) gilt A → B ∈<br />

Imp(|K).<br />

(9) Für jeden einwertigen Kontext |K = (G, M, I) mit |K ] P ∪ Th(H) gilt A → B ∈ Imp(|K).<br />

(10) A → B ∈ Th(Mod(P ∪ Th(H)))<br />

(11) A → B ist in klassischer Logik aus P ∪ Th(H) herleitbar.<br />

Beweis: 96<br />

(1) ⇔ (4):<br />

B ⊆ Cons H (P) gdw. A → B ∈ Cons(Cons H (P)) = Cons H (P) nach Satz 2.40 (Äquivalenz (1) ⇔<br />

(3)).<br />

(1) ⇒ (2) durch Induktion über die Herleitung von A → B mit (AX), (PS) und (H-EX):<br />

Sei T ∈ RespH (P) mit A ⊆ T.<br />

Fall 1: A → B ∈ P<br />

Wegen P ⊆2.69 Imp(RespH (P)) gilt (2).<br />

Fall 2: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (AX) o<strong>der</strong> (PS) als letztes angewendet.<br />

Analog dem Beweis von (1) ⇒ (2) in Satz 2.40 folgt B ⊆ T.<br />

Fall 3: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (H-EX) als letztes angewendet.<br />

Dann gibt es eine Menge C ⊆ M mit A ∪ {c} → B ∈ ConsH (P) für alle c ∈ C und A → ∨C ∈<br />

Th(H). Nach Induktionsannahme gilt A ∪ {c} → B ∈ Imp(RespH (P)) für alle c ∈ C. Da T ∈ H<br />

mit A ⊆ T ist, muß C ∩ T ≠ ∅ sein. Sei c ∈ C ∩ T. Dann gilt A ∪ {c} ⊆ T, also B ⊆ T.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Aus T ∈ RespH (P) mit A ⊆ T folgt mit (2) auch B ⊆ T, also gilt<br />

B ⊆ ∩{T ∈ RespH (P) | A ⊆ T}.<br />

(3) ⇒ (5):<br />

Sei |K = (G, M, I) ein einwertiger Kontext mit P ⊆ Imp(|K) und g I ∈ H für alle g ∈ G. Sei g ∈ G mit<br />

A ⊆ g I . Nach Korollar 2.5 gilt g I ∈ Resp H (P), also B ⊆ ∩{T ∈ Resp H (P) | A ⊆ T} ⊆ g I . Nach Satz<br />

2.35 gilt A → B ∈ Imp(|K).<br />

(5) ⇒ (6): trivial<br />

(5) ⇔ (7) und (6) ⇔ (8):<br />

Die Kontexte |K = (G, M, I) mit g I ∈ H für alle g ∈ G sind bis auf Gegenstandsbereinigung und<br />

Umbenennung <strong>der</strong> Gegenstände genau die Teilkontexte von (H, M, ∋) mit <strong>der</strong> Merkmalsmenge M.<br />

(8) ⇒ (1):<br />

Annahme: A → B ∉ ConsH (P).<br />

Sei D ⊆ M maximal mit A ⊆ D und D → B ∉ ConsH (P).<br />

Fall 1: D ∉ H<br />

96 Die Äquivalenz von (1), (2) und (7) folgt auch aus [Ganter98], Kapitel 2.2<br />

75


Nach Satz 1.11.(1) gilt D → ∨(M-D) ∈ Th(H) und D ∪ {m} → B ∈ Cons H (P) für m ∈ M-D<br />

wegen <strong>der</strong> Maximalität von D, und nach Regel (H-EX) auch D → B ∈ Cons H (P), was ein<br />

Wi<strong>der</strong>spruch ist.<br />

Fall 2: D ∉ Resp(P)<br />

Dann gibt es ein E → F ∈ P mit E ⊆ D und F ⊆/ D. Nach Regel (AU) und Lemma 2.39 gilt D → F ∈<br />

Cons H (P). Wegen <strong>der</strong> Maximalität von D gilt D ∪ F → B ∈ Cons H (P), also gilt nach Regel (PS)<br />

auch D → B ∈ ConsH (P), was ein Wi<strong>der</strong>spruch ist.<br />

Fall 3: D ∈ H ∩ Resp(P)<br />

Der Kontext |K := ({D}, M, ∋) ist ein Teilkontext von (H, M, ∋) mit P ⊆2.5 Imp(|K), also gilt A → B<br />

∈ Imp(|K) nach (8). Wegen A ⊆ D gilt B ⊆ D, also D → B ∈ ConsH (P) nach Regel (AX), was ein<br />

Wi<strong>der</strong>spruch ist.<br />

(2) ⇔ (10):<br />

Mod(P ∪ Th(H)) =1.10 Mod(P) ∩ Mod(Th(H)) =1.11.(2) Resp(P) ∩ H = RespH (P), und somit gilt<br />

A → B ∈ Imp(RespH (P)) gdw. A → B ∈ Th(Mod(P ∪ Th(H))).<br />

(10) ⇔ (11):<br />

Vgl. Satz 1.12.<br />

(11) ⇔ (9):<br />

Vgl. Satz 2.17 (Äquivalenz (1) ⇔ (3)).<br />

❚<br />

2.72. Bemerkung:<br />

Aus diesem Satz folgen einige interessante Eigenschaften:<br />

(1) Für alle Kontexte |K = (G, M, I) mit g I ∈ H für alle g ∈ G gilt ConsH (Imp(|K)) = Imp(|K).<br />

(2) Die Implikationen, die im Rahmenkontext H gültig sind, sind genau diejenigen Implikationen,<br />

welche aus <strong>der</strong> leeren Implikationenmenge herleitbar sind:<br />

Imp(H) = Imp(Resp(∅) ∩ H) = Imp(RespH (∅)) =2.71 ConsH (∅).<br />

(3) Für P ⊆ ImpM, H ⊆ ℘(M) und A ⊆ M ist ∩{T ∈ Resp H (P) | A ⊆ T} die Hülle von A im<br />

76<br />

Hüllensystem Resp(Cons H (P)), denn es gilt Cons H (P) = ∩{T ∈ Resp H (P) | A ⊆ T}.<br />

(4) Für P, H ⊆ ImpM und H = Resp(H) sind die aus P mit den Regeln (AX), (PS) und (H-EX)<br />

herleitbaren Implikationen genau diejenigen Implikationen, die mit den Regeln (AX) und (PS)<br />

aus P ∪ H herleitbar sind:<br />

Cons H (P) =2.71 Imp(Resp(P) ∩ Resp(H)) =2.30 Imp(Resp(P ∪ H)) =2.40 Cons(P ∪ H).<br />

Für A ⊆ M gilt Cons H (P) =2.41 P∪H.<br />

Wenn H ein Hüllensystem ist, dann ist auch Resp H (P) als Durchschnitt zweier Hüllensysteme<br />

wie<strong>der</strong> ein Hüllensystem, also ist ConsH (P) = ∩{T ∈ RespH (P) | A ⊆ T} die kleinste P<br />

respektierende Obermenge, welche in H liegt. Im allgemeinen ist ConsH (P) jedoch kein Element<br />

aus H, z.B. ist Cons H (∅) = ∅ für H = VKon( ⎯ ) (bezüglich einer Negation ⎯ ), denn <strong>der</strong><br />

Durchschnitt aller vollständig konsistenten Mengen ist leer.<br />

Im folgenden Lemma werden einige Zusammenhänge zwischen den Hüllenoperatoren < ⋅ >P und<br />

< ⋅ > Cons H (P) und zwischen den Hüllensystemem Resp(P) und Resp(Cons H (P)) bewiesen.


2.73. Lemma (Wenn eine Menge von Implikationen durch ein Element des Rahmenkontextes<br />

respektiert wird, dann auch alle Folgerungen):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und P ⊆ ImpM. Dann gilt:<br />

(1) Für A ∈ H gilt genau dann A ∈ Resp(P), wenn A ∈ Resp(ConsH (P)) gilt.<br />

(2) Für B ⊆ M mit P ∈ H gilt P = Cons H (P) .<br />

Beweis von (1):<br />

Resp H (P) =2.69 Resp H (Imp(Resp H (P))) =2.71 Resp H (Cons H (P))<br />

Beweis von (2):<br />

Nach Voraussetzung und Lemma 2.31 gilt P ∈ Resp(P) ∩ H = Resp H (P), also<br />

Cons H (P) =2.71 ∩{T ∈ Resp H (P) | B ⊆ T} ⊆ P ⊆2.32 Cons H (P) .<br />

❚<br />

Für P ⊆ ImpM gibt es einen Teilkontext von (H, M, ∋), in dem genau die Implikationen aus<br />

ConsH (P) gültig sind. Dieser Teilkontext enthält gerade diejenigen Gegenstände von (H, M, ∋), die<br />

P respektieren:<br />

2.74. Definition (Kontext |K H P ):<br />

Für H ⊆ ℘(M) und P ⊆ ImpM definiere |K H P := (RespH (P), M, ∋).<br />

2.75. Lemma (Im Kontext |K H P sind alle Folgerungen von P gültig):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), P ⊆ ImpM. Dann ist |K H P ein Teilkontext von (H, M, ∋), und es gilt<br />

(1) Imp(|K H P ) = ConsH (P)<br />

(2) Int(|K H P ) ∩ H = RespH (P)<br />

(3) Int(|K H P ) = Resp(ConsH (P))<br />

Beweis:<br />

Imp(|K H P ) =2.42 Imp(Resp H (P)) =2.71 Cons H (P)<br />

Int(|K H P ) ∩ H =2.36 Resp(Imp(|K H P )) ∩ H =2.42 Resp H (Imp(Resp H (P))) =2.69 Resp H (P)<br />

Int(|K H P ) =2.36 Resp(Imp(|K H P )) =(1) Resp(Cons H (P)).<br />

❚<br />

Die Begriffsinhalte von |K H P sind somit genau die Mengen, die ConsH (P) respektieren, und die im<br />

Kontext |K H P gültigen Implikationen sind genau die Implikationen, die aus P herleitbar sind.<br />

2.76. Definition (H-erzeugte Hüllensysteme):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und 8 ein Hüllensystem auf M. 8 heißt H-erzeugt, wenn<br />

A = ∩{B ∈ 8 | A ⊆ B ∈ H} für alle A ∈ 8 gilt, d.h. 8 ist ein von 8 ∩ H erzeugtes<br />

Hüllensystem. 97<br />

97 vgl. Satz 2.77<br />

77


Im folgenden Satz werden unterschiedliche Charakterisierungen <strong>der</strong> H-erzeugten Hüllensysteme<br />

angegeben, insbeson<strong>der</strong>e wird gezeigt, daß sich jedes H-erzeugte Hüllensystem als Menge <strong>der</strong><br />

Begriffsinhalte eines Kontextes |K = (G, M, I) mit g I ∈ H für g ∈ G darstellen läßt.<br />

2.77. Satz (Charakterisierung von H-erzeugten Hüllensystemen):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und 8 ein Hüllensystem auf einer endlichen Menge M. Dann sind folgende<br />

Aussagen äquivalent:<br />

(1) 8 ist H-erzeugt<br />

(2) 8 = Resp(Imp(8 ∩ H))<br />

(3) Imp(8) = Imp(8 ∩ H)<br />

(4) ConsH (Imp(8)) = Imp(8)<br />

(5) Der zugehörige Hüllenoperator h : ℘(M) → ℘(M) des Hüllensystems 8 ist mit <strong>der</strong> Regel<br />

(H-EX) verträglich, d.h. wenn h die Implikationen A ∪ {c} → B für alle c ∈ C respektiert und<br />

A → ∨C ∈ Th(H) ist, dann respektiert h auch die Implikation A → B.<br />

(6) Es gibt eine Menge P ⊆ ImpM mit ConsH (P) = P und 8 = Resp(P).<br />

(7) Es gibt einen Teilkontext |K von (H, M, ∋) mit Int(|K) = 8.<br />

(8) Im Verband (8, ⊆) liegt jedes schnittirreduzibles Element in H.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Resp(Imp(8 ∩ H)) ist nach Lemma 2.34 das kleinste Hüllensystem, welches 8 ∩ H enthält, also<br />

Resp(Imp(8 ∩ H)) ⊆ 8.<br />

Nach (1) und Lemma 2.34 gilt A = ∩{B ∈ 8 | A ⊆ B ∈ H} ∈ Resp(Imp(8 ∩ H)) für alle<br />

A ∈ 8, also gilt auch 8 ⊆ Resp(Imp(8 ∩ H)).<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Imp(8) =(2) Imp(Resp(Imp(8 ∩ H))) =2.30 Imp(8 ∩ H).<br />

(3) ⇒ (4):<br />

ConsH (Imp(8)) =(3) ConsH (Imp(8 ∩ H)) =2.71 Imp(RespH (Imp(8 ∩ H))) =2.30<br />

Imp(8 ∩ H) =(3) Imp(8).<br />

(4) ⇔ (5):<br />

Nach Lemma 2.33 gilt Imp(8) = Imp(h), und Imp(h) ist nach Satz 2.45 bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX)<br />

und (PS) abgeschlossen. Somit gilt genau dann ConsH (Imp(8)) = Imp(8), wenn Imp(h)<br />

bezüglich <strong>der</strong> Regel (H-EX) abgeschlossen ist<br />

(4) ⇒ (6):<br />

Für P = Imp(8) gilt ConsH (P) =(4) P und Resp(P) = Resp(Imp(8)) =2.34 8, denn 8 ist ein<br />

Hüllensystem.<br />

(6) ⇒ (7):<br />

Für den Kontext |K H P = (RespH (P), M, ∋) aus Definition 2.74 gilt:<br />

Int(|K H P ) =2.75.(3) Resp(ConsH (P)) =(6) Resp(P) =(6) 8.<br />

(7) ⇒ (8):<br />

78


Seien |K = (G, M, ∋) <strong>der</strong> Kontext aus (7) und A ∈ 8 = Int(|K) schnittirreduzibel. Im Begriffs-<br />

verband X(|K) gilt (A', A) = ∨{({g}'', {g}') | g ∈ A'}, also gilt A = ∩{{g}' | g ∈ A'}, und da A<br />

schnittirreduzibel ist, gibt es ein g ∈ G mit A = {g}' = {m ∈ M | g ∋ m} = g ∈ H.<br />

(8) ⇒ (1):<br />

Jedes Element von (8, ⊆) ist Durchschnitt von schnittirreduziblen Elementen von (8, ⊆), weil M<br />

endlich ist, also gilt A = ∩{B ∈ 8 | A ⊆ B ∈ H} für alle A ∈ 8 nach (8).<br />

❚<br />

2.78. Bemerkung:<br />

Es folgen einige Eigenschaften über die Teilkontexte |K = (G, M, ∋) von (H, M, ∋) (und damit auch<br />

über alle einwertigen Kontexte (G, M, I) mit g I ∈ H für alle g ∈ G):<br />

(1) Die Begriffsinhalte und die gültigen Implikationen sind für einen Teilkontext |K = (G, M, ∋) von<br />

(H, M, ∋) schon durch H ∩ Int(|K) eindeutig bestimmt, d.h. für alle Teilkontexte |K' = (S, M, ∋)<br />

von (H, M, ∋) mit H ∩ Int(|K) = H ∩ Int(|K') gilt Int(|K) = Int(|K') und Imp(|K) = Imp(|K').<br />

(2) Für A ⊆ M gilt A'' = ∩{E ∈ H ∩ Int(|K) | A ⊆ E} im Kontext |K.<br />

(3) Für A, B ⊆ M ist die Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation A → B in |K äquivalent zur Gültigkeit <strong>der</strong><br />

Menge {E → B | A ⊆ E ∈ H}: Wenn {E → B | A ⊆ E ∈ H} ⊆ Imp(|K) gilt, dann gilt für alle<br />

g ∈ G ⊆ H mit A ⊆ {g} ∋ = {m ∈ M | g ∋ m} = g auch B ⊆ g = {g} ∋ , also A → B ∈ Imp(|K).<br />

Umgekehrt folgt aus <strong>der</strong> Gültigkeit von A → B nach Regel (AU) auch die Gültigkeit von {E →<br />

B | A ⊆ E ∈ H}.<br />

Wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext H die Menge aller vollständig konsistenten Mengen bezüglich einer<br />

Negation ⎯ : M+ → M- ist, dann sind die H-erzeugten Hüllensysteme gerade die vollständig<br />

konsistent erzeugten Hüllensysteme, d.h. jede Hülle ist Durchschnitt von vollständig konsistenten<br />

Hüllen.<br />

Wenn H = ℘(M) ist, dann ist jedes Hüllensystem auf M H-erzeugt.<br />

79


2.4 Unvollständige Kontexte mit negierten Merkmalen<br />

Wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext gleich <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> vollständig konsistenten Mengen bezüglich einer<br />

Negation ist, dann braucht man nur solche unvollständigen Kontexte zu betrachten, in denen die<br />

Spalte von m zur Spalte von m negiert ist, für alle m ∈ M+. Auch für die Kripke-Gültigkeit von<br />

Formeln (insbeson<strong>der</strong>e von Klauseln) sind nur die Vervollständigungen interessant, in denen das<br />

Merkmal m zum Merkmal m negiert ist.<br />

2.79. Definition (unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen):<br />

Ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) besteht aus einem<br />

unvollständigen Kontext |K = (G, M, {×, ?, o}, I), zwei disjunkten Teilmengen M+, M- von M und<br />

einer bijektiven Abbildung ⎯ : M+ → M-, so daß für alle m ∈ M+ und g ∈ G gilt: I(g, m) =<br />

¬ 3 I(g, m).<br />

Die Umkehrabbildung von ⎯ wird ebenfalls mit ⎯ bezeichnet.<br />

Für A ⊆ M sei A = {m ∈ M+ ∪ M- | m ∈ A} = { m| m ∈ A ∩ (M+ ∪ M-)}.<br />

Die Menge V(|K N ) aller Vervollständigungen von |K N ist die Menge aller einwertigen Kontexte |K' =<br />

(G, M, J) ∈ V(|K), so daß (g, m) ∈ J gdw. (g, m ) ∉ J für m ∈ M+ und g ∈ G ist. Wie üblich gilt für<br />

eine Formel α ∈ F und g ∈ G genau dann |K N ]g α, wenn |K' ]g α für alle |K' ∈ V(|K N ) gilt. α ist<br />

genau dann erfüllbar für g, wenn es ein |K' ∈ V(|K N ) mit |K' ]g α gibt. |K N ]!g α gilt genau dann,<br />

wenn |K ]!g α gilt, und |K N ]?g α gilt genau dann, wenn |K ]?g α gilt. Definiere 98 L(|K N ) := L(|K).<br />

Für α ∈ F(M) sei αo ∈ F(M-M-) diejenige Formel, welche aus α durch die Substitution jedes<br />

Merkmals m ∈ M- durch ¬ m entsteht.<br />

Für einwertige Kontexte mit negierten Merkmalen 99 |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) sind die verschiedenen<br />

Gültigkeitsbegriffe äquivalent, 100 denn es gilt V(|K N ) = |K:<br />

|K N ]!g α gdw.<br />

|K N ]?g α gdw.<br />

|K N ]g α gdw.<br />

α ist erfüllbar für g.<br />

Durch den Übergang von α zur Formel αo erhält man eine äquivalente Formel, wenn man nur<br />

solche Interpretationen betrachtet, in denen das Merkmal m negiert zum Merkmal m ist, für alle m<br />

∈ M+. Dies gilt sowohl für die Kripke-Gültigkeit, als auch für die starke und schwache Gültigkeit,<br />

was im folgenden Satz bewiesen wird.<br />

2.80. Satz (Transformation von unvollständigen Kontexten mit negierten Merkmalen in<br />

"normale" unvollständige Kontexte):<br />

Seien |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen und |K = (G, M,<br />

{×, ?, o}, I). Seien T = M-M-, g ∈ G, x ∈ {g, !g, ?g, ε, !, ?} (wo<strong>bei</strong> ε das leere Wort bezeichnet),<br />

α ∈ F(M). Seien π|K| T : F(T) → AG die Abbildung 101 bezüglich des Teilkontextes |K|T mit <strong>der</strong><br />

Merkmalsmenge T und π|K : F(M) → AG die Abbildung bezüglich des Kontextes |K N . Dann gilt:<br />

(1) π|K| T (αo) = π|K(αo) = π|K(α)<br />

98<br />

vgl. Definition 2.11<br />

99<br />

d.h. (g, m) ∈ I gdw. (g, m ) ∉ I für g ∈ G und m ∈ M+<br />

100<br />

vgl. Lemma 2.3<br />

101<br />

vgl. Definition 2.11.<br />

81


(2) |K N ]x α gilt genau dann, wenn |K|T ]x αo gilt.<br />

(3) L(|K|T) = L(|K N )<br />

Beweis von (1):<br />

Nach Definition von |K|T ist die Abbildung π|K| T : F(T) → AG des Kontextes |K|T gerade die<br />

Einschränkung <strong>der</strong> Abbildung π|K : F(M) → AG des Kontextes |K N auf die Menge F(T). Für m ∈ Mgilt<br />

π|K(m) = ({g ∈ G | I(g, m) = ×}, {g ∈ G | I(g, m) = o}) = ({g ∈ G | m (g) = o}, {g ∈ G | m (g) =<br />

×}) = ¬π|K( m) = π|K(¬ m), also π|K(α) = π|K(αo) = π|K| T (αo).<br />

Beweis von (2):<br />

Nach (1) und Satz 2.12 gilt die Behauptung für x ∈ {!g, ?g, !, ?}.<br />

Für x ∈ {g, ε} gilt (2) nach Satz 2.3 für alle einwertigen Kontexte mit negierten Merkmalen, also<br />

gilt:<br />

|K N ]x α gdw.<br />

|K' ]x α für alle |K' ∈ V(|K N ) gdw.<br />

|K' ]!x α für alle |K' ∈ V(|K N ) gdw.<br />

|K'|T ]!x αo für alle |K' ∈ V(|K N ) gdw.<br />

|K'|T ]x αo für alle |K' ∈ V(|K N ) gdw.<br />

|K'' ]x αo für alle |K'' ∈ V(|K|T) gdw.<br />

|K|T ]x αo.<br />

Beweis von (3):<br />

Wegen F(T) ⊆ F(M) gilt auch π|K| T (F(T)) ⊆ π|K(F(M)). Nach (1) gibt es zu jedem π|K(β) ∈ π|K(F(M))<br />

ein βo ∈ F(T) mit π|K(β) = π|K| T (βo), also gilt auch die Umkehrung:<br />

L(|K|T) = π|K| T (F(T)) = π|K(F(M)) = L(|K N ).<br />

❚<br />

Die <strong>Behandlung</strong> eines unvollständigen Kontextes |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) mit negierten Merkmalen<br />

läßt sich nach dem vorigen Satz durch Entfernung <strong>der</strong> Menge M- auf die <strong>Behandlung</strong> eines<br />

normalen unvollständigen Kontextes |K|T zurückführen, jedoch sollte man da<strong>bei</strong> darauf achten, daß<br />

<strong>bei</strong> einer Formel α ∈ F(M), in <strong>der</strong> jedes Merkmal m ∈ M höchstens einmal vorkommt die<br />

zugehörige Formel αo ∈ F(M-M-) diese Eigenschaft nicht mehr erfüllen muß. Für disjunkte Mengen<br />

A, B ⊆ M folgt aus |K N ] A → B deshalb nicht immer |K N ]! A → B: 102<br />

|K N<br />

82<br />

m m n<br />

g ? ? ?<br />

In diesem Kontext gilt |K N ] {m , m} → n, aber es gilt vg({m , m} → n) = ? für die homomorphe<br />

Fortsezung vg <strong>der</strong> Kontextzeile, also |K N b! {m , m} → n.<br />

2.81. Bemerkung:<br />

Sei |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) ein einwertiger Kontext mit negierten Merkmalen mit |K = (G, M, I). Dann<br />

ist X(|K|M-M- ) nach dem Dual von Satz 1.8 als ∧-Halbverband isomorph zu einem Unterhalbverband<br />

von X(|K N ) := X(|K).<br />

102 vgl. Lemma 2.48


Die Folgerbarkeit von Formeln α ∈ F(M) in unvollständigen Kontexten mit negierten Merkmalen<br />

läßt sich durch Transformation <strong>der</strong> Formel α nach αo ∈ F(M-M-) ähnlich wie in Kapitel 2.1 durch<br />

den Kalkül <strong>der</strong> klassischen Logik ausdrücken:<br />

2.82. Satz (Adäquatheit des Kalküls <strong>der</strong> klassischen Logik für unvollständige Kontexte mit<br />

negierten Merkmalen durch Transformation <strong>der</strong> Formeln):<br />

Seien M eine Menge, M+, M- zwei disjunkte Teilmengen von M und ⎯ : M+ → M- eine bijektive<br />

Abbildung. Seien P ⊆ F(M), α ∈ F(M) und Po = {βo | β ∈ P}. Dann sind folgende Aussagen<br />

äquivalent:<br />

(1) Für alle unvollständigen Kontexte mit negierten Merkmalen |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) mit |K N ] P<br />

gilt |K N ] α.<br />

(2) Für alle einwertigen Kontexte mit negierten Merkmalen |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) mit |K N ] P gilt<br />

|K N ] α.<br />

(3) αo ist in klassischer Logik aus Po herleitbar.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2): Trivial<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Es wird Bedingung (4) aus Satz 2.17 gezeigt: Seien |K' = (G, M-M-, I) ein einwertiger Kontext mit<br />

|K' ] Po und |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) die Erweiterung von |K' durch negierte Merkmale. Dann gilt<br />

|K N ] P nach Satz 2.80.(2), also |K N ] α wegen (2) und somit |K' ] αo nach Satz 2.80.(2). Da |K'<br />

beliebig war, folgt (3) aus Satz 2.17 (Äquivalenz (1) ⇔ (4)).<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Sei |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) mit |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und |K N ] P.<br />

Nach Satz 2.80.(2) gilt |K|M-M- ] Po, also |K|M-M- ] αo wegen (3) und Satz 2.17 (Äquivalenz (1) ⇔<br />

(3)) und somit |K N ] α nach Satz 2.80.(2).<br />

❚<br />

2.83. Korollar (Adäquatheit des Kalküls <strong>der</strong> Klassischen Logik mit den Regeln ( ⎯ -E) und<br />

( ⎯ -I) für unvollständige Kontexte mit negierten Merkmalen):<br />

Durch Hinzunahme <strong>der</strong> Regeln<br />

E W α E W αo<br />

_________ ( ⎯ -E) _________ ( ⎯ -I)<br />

E W αo und E W α<br />

für α ∈ F zum Kalkül <strong>der</strong> klassischen Logik erhält man ein korrektes und vollständiges Regelsystem.<br />

Beweis:<br />

Die <strong>bei</strong>den Regeln sind sicher korrekt, und nach dem vorigen Satz ist das Regelsystem auch<br />

vollständig, denn jede Formel α ∈ F ist nun aus αo herleitbar und umgekehrt.<br />

❚<br />

Wie in Kapitel 2.2 werden nun für Merkmalimplikationen A → B äquivalente Bedingungen für die<br />

Kripke-Gültigkeit (bzw. Erfüllbarkeit) angegeben. Für die starke und schwache Gültigkeit än<strong>der</strong>t<br />

sich nichts, denn A → B ist im Kontext |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) mit negierten Merkmalen genau dann<br />

stark gültig (bzw. schwach gültig), wenn A → B in |K stark gültig (bzw. schwach gültig) ist, weil<br />

die Kontextzeilen die Negation bereits berücksichtigen. Im folgenden Lemma wird bewiesen, daß<br />

man die Kripke-Gültigkeit von A → B für einen Gegenstand g direkt an den Einträgen <strong>der</strong><br />

83


Kontextzeile ablesen kann. Auch für den Folgerungsbegriff bezüglich <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit bzw.<br />

Erfüllbarkeit für unvollständige Kontexte mit negierten Merkmalen werden adäquate Regelsysteme<br />

aufgestellt: Eine Implikation ist genau dann aus einer Menge von Implikationen herleitbar, wenn sie<br />

semantisch aus dieser Menge folgt (vgl. Satz 2.91 und Satz 2.94).<br />

2.84. Lemma (Charakterisierung <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit von Implikationen):<br />

Seien |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen und |K = (G, M,<br />

{×, ?, o}, I), A, B ⊆ M endlich. Für g ∈ G sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) |K N ]g A → B<br />

(2) Aus A ∩ A= ∅ und I(g, m) ≠ o für alle m ∈ A folgt I(g, m) = × für alle m ∈ B-A<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Seien A ∩ A= ∅ und I(g, m) ≠ o für alle m ∈ A.<br />

Annahme: I(g, b) ≠ × für ein b ∈ B-A.<br />

Fall 1: b ∉ M-:<br />

Sei |K' = (G, M, J) mit (x, m) ∈ J gdw. I(x, m) = × o<strong>der</strong> (I(x, m) = ? und m ∈ A ∪ (M-- A )) für<br />

x ∈ G, m ∈ M. Es wird nun gezeigt, daß |K' ein Kontext mit negierten Merkmalen ist, d.h. für alle<br />

m ∈ M+ ist die Spalte von m negiert zur Spalte von m .<br />

Seien x ∈ G und m ∈ M+ mit (x, m) ∈ J.<br />

Falls I(x, m) = × ist, dann ist I(x, m ) = o, also (x, m ) ∉ J.<br />

Falls I(x, m) = ? ist, dann ist m ∈ A wegen m ∉ M-. Wegen A ∩ A= ∅ gilt m ∉ A. Es gilt I(x, m )<br />

= ?, m ∈ A, m ∉ M-- A und damit (x, m ) ∉ J.<br />

Sei nun m ∈ M+ mit (x, m) ∉ J.<br />

Falls I(x, m) = o ist, dann ist I(x, m) = ×, also (x, m) ∈ J.<br />

Falls I(x, m) = ? ist, dann ist m ∉ A wegen (x, m) ∉ J, also I(x, m ) = ?, m ∉ A, m ∈ M-- A und<br />

damit (x, m ) ∈ J.<br />

Damit ist |K' ein einwertiger Kontext mit negierten Merkmalen. Es gilt |K' ∈ V(|K N ).<br />

Es gilt |K' ]g A, also nach (1) auch |K' ]g B und somit (g, b) ∈ J. Wegen I(g, b) ≠ × gilt b ∈ A ∪<br />

(M-- A ), was jedoch ein Wi<strong>der</strong>spruch zu b ∈ B-A und b ∉ M- ist.<br />

Fall 2: b ∈ M-:<br />

Es gilt b ∉ M+, also kann dieser Fall analog Fall 1 behandelt werden (mit <strong>der</strong> Menge M+ anstatt M-).<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Gelte (2) und sei |K' ∈ V(|K N ) mit |K' ]g A. Dann gilt A ∩ A= ∅, denn aus m ∈ A ∩ A folgt {m,<br />

m} ⊆ A, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu |K' ]g A ist. Es gilt I(g, m) ≠ o für alle m ∈ A, also I(g, m) = ×<br />

für alle m ∈ B-A nach (2). Wegen |K' ∈ V(|K N ) gilt deshalb |K' ]g B und damit |K' ]g A → B, also<br />

|K N ]g A → B.<br />

❚<br />

Wenn eine Menge A ⊆ M zueienan<strong>der</strong> negierte Merkmale enthält, dann ist A → B in jedem<br />

unvollständigen Kontext mit negierten Merkmalen Kripke-gültig. Ansonsten ist A → B genau dann<br />

Kripke-gültig für einen Gegenstand g ∈ G, wenn in <strong>der</strong> Kontextzeile von g <strong>bei</strong> einem Merkmal von<br />

A <strong>der</strong> Wert o steht, o<strong>der</strong> <strong>bei</strong> allen Merkmalen von B <strong>der</strong> Wert × steht.<br />

2.85. Korollar (Kripke-Gültigkeit von Implikationen mit konsistenten Prämissen):<br />

Seien |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen und |K = (G, M,<br />

{×, ?, o}, I), A, B ⊆ M endlich mit A ∩ A= ∅. Für g ∈ G sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) |K N ]g A → B<br />

84


(2) |K N ]g A → B-A<br />

(3) |K N ]!g A → B-A<br />

(4) |K ]g A → B<br />

(5) |K ]g A → B-A<br />

(6) |K ]!g A → B-A<br />

(7) Aus I(g, m) ≠ o für alle m ∈ A folgt I(g, m) = × für alle m ∈ B-A<br />

Beweis:<br />

(1) ⇔ (2) ⇔ (7) folgt aus dem vorigen Lemma.<br />

(4) ⇔ (5) ⇔ (6) ⇔ (7) folgt aus Korollar 2.49.<br />

(6) ⇔ (3) folgt aus <strong>der</strong> Definition von |K N ]!g A → B-A.<br />

❚<br />

Wenn die Prämisse A keine zueinan<strong>der</strong> negierten Merkmale enthält, dann ist die Kripke-Gültigkeit<br />

von A → B in |K N somit äquivalent zur Kripke-Gültigkeit von A → B in |K, d.h. wenn A → B in<br />

allen Vervollständigungen mit negierten Merkmalen gültig ist, dann ist A → B auch in allen<br />

Vervollständigungen gültig, in denen die Spalte von m nicht unbedingt zur Spalte von m negiert<br />

ist, für m ∈ M+.<br />

Wenn A ∩ A ≠ ∅ ist, dann ist A → B nach Lemma 2.84 immer in |K N Kripke-gültig.<br />

Auch für die Erfüllbarkeit einer Implikation A → B in einem unvollständigen Kontext mit negierten<br />

Merkmalen werden nun äquivalente Bedingungen angegeben.<br />

2.86. Lemma (Charakterisierung <strong>der</strong> Erfüllbarkeit von Implikationen):<br />

Seien |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen und |K = (G, M,<br />

{×, ?, o}, I), A, B ⊆ M endlich. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ Erf(|K N )<br />

(2) Für alle g ∈ G gibt es ein |Kg ∈ V(|K N ) mit |Kg ]g A → B<br />

(3) Für alle g ∈ G folgt aus I(g, m) = × für alle m ∈ A schon B ∩ B = ∅ und I(g, m) ≠ o für alle<br />

m ∈ B.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (3):<br />

Sei g ∈ G mit I(g, m) = × für alle m ∈ A.<br />

Wenn I(g, m) = o für ein m ∈ B ist, gilt |K' |≠g A → B für alle |K' ∈ V(|K N ) nach Satz 2.35<br />

(Äquivalenz (1) ⇔ (6)), was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu (1) ist. Dasselbe gilt für B ∩ B ≠ ∅, denn für |K' =<br />

(G, M, J) ∈ V(|K N ) und b ∈ B ∩ B gilt auch b ∈ B ∩ B und entwe<strong>der</strong> (g, b) ∉ J o<strong>der</strong> (g, b ) ∉ J.<br />

(3) ⇒ (2):<br />

Sei g ∈ G. Wenn I(g, m) ≠ × für ein m ∈ A ist, dann gibt es eine Vervollständigung |Kg = (G, M, J)<br />

∈ V(|K N ) mit (g, m) ∉ J, also |Kg ]g A → B. Wenn I(g, m) = × für alle m ∈ A gilt, dann folgt<br />

I(g, m) ≠ o für alle m ∈ B und B ∩ B = ∅ aus (3). Jedes Fragezeichen aus B läßt sich deshalb durch<br />

ein × ersetzen, und man erhält eine Vervollständigung<br />

|Kg = (G, M, J) ∈ V(|K N ) mit (g, m) ∈ J für alle m ∈ B, also |Kg ]g A → B.<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Für g ∈ G sei |Kg = (G, M, Jg) ∈ V(|K N ) mit |Kg ]g A → B. Sei |K' = (G, M, J) ∈ V(|K N ) mit<br />

(g, m) ∈ J gdw. (g, m) ∈ Jg für g ∈ G und m ∈ M. Dann gilt |K' ]g A → B für alle g ∈ G, also<br />

A → B ∈ Erf(|K N ).<br />

❚<br />

85


Wie im Kapitel 2.3 bezeichne VKon( ⎯ ) = {A ⊆ M | für alle m ∈ M+ gilt genau dann m ∈ A, wenn<br />

m ∉ A gilt} die Menge aller vollständig konsistenten Mengen.<br />

2.87. Korollar (Erfüllbarkeit von Implikationen mit vollständig konsistenten Prämissen):<br />

Seien |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen und |K = (G, M,<br />

{×, ?, o}, I) mit endlicher Merkmalsmenge M. Seien B ⊆ M und A ∈ VKon( ⎯ ). Dann sind folgende<br />

Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ Erf(|K N )<br />

(2) A → B ∈ Erf(|K)<br />

(3) für alle g ∈ G mit I(g, m) = × für alle m ∈ A gilt I(g, m) ≠ o für alle m ∈ B.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2): Erf(|K N ) ⊆ Erf(|K) gilt wegen V(|K N ) ⊆ V(|K).<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Vgl. Lemma 2.50.<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Es wird Bedingung (3) des vorigen Lemmas bewiesen:<br />

Sei g ∈ G mit I(g, m) = × für alle m ∈ A. Dann gilt I(g, m) ≠ o für alle m ∈ B und I(g, m) = o für<br />

alle m ∈ A, also B ∩ A= ∅. Da A und damit auch A vollständig konsistent ist, gilt deshalb<br />

B ∩ B = ∅, denn für m ∈ B ∩ B gilt entwe<strong>der</strong> m ∈ A o<strong>der</strong> m ∈ A . Damit ist die Bedingung (3)<br />

aus dem vorigen Lemma erfüllt, also A → B ∈ Erf(|K N ).<br />

❚<br />

Wenn B ∩ B = ∅ ist, dann ist dieses Korollar auch für beliebige Mengen A ⊆ M richtig, denn die<br />

Bedingung A ∈ VKon( ⎯ ) wurde im Beweis nur benötigt, um B ∩ B = ∅ zu zeigen.<br />

2.88. Satz (Gültigkeit von Implikationen in einwertigen Kontexten mit negierten<br />

Merkmalen):<br />

Seien |K N = (|K, M+, M-, ⎯ ) ein einwertiger Kontext mit negierten Merkmalen und |K = (G, M, J) mit<br />

endlicher Merkmalsmenge M. Seien A, B ⊆ M. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ Imp(|K N )<br />

(2) A → B ∈ Imp(|K)<br />

(3) A → B ∈ Imp(VKon( ⎯ ) ∩ Int(|K))<br />

(4) A → B ∈ Imp(Int(|K))<br />

(5) Aus (g, m) ∈ J für alle m ∈ A folgt (g, m) ∈ J für alle m ∈ B<br />

(6) B ⊆ A''<br />

Beweis:<br />

(1) ⇔ (2) gilt wegen V(|K N ) = {|K}.<br />

(2) ⇔ (4) ⇔ (5) ⇔ (6) folgt aus Lemma 2.35.<br />

(4) ⇒ (3):<br />

Es gilt VKon( ⎯ ) ∩ Int(|K) ⊆ Int(|K), also A → B ∈ Imp(Int(|K)) ⊆ Imp(VKon( ⎯ ) ∩ Int(|K)).<br />

(3) ⇒ (2):<br />

VKon( ⎯ ) ∩ Int(|K) enthält alle Gegenstandsinhalte, denn für g ∈ G und m ∈ M+ ∪ M- gilt genau<br />

dann m ∈ g', wenn m ∉ g' gilt. Damit gilt<br />

A → B ∈ Imp(VKon( ⎯ ) ∩ Int(|K)) ⊆ Imp({g' | g ∈ G}) = Imp(|K) nach Lemma 2.35 (Äquivalenz<br />

(1) ⇔ (2)).<br />

❚<br />

86


Ein vollständiges und korrektes Regelsystem für die gültigen Implikationen von einwertigen<br />

Kontexten wurde bereits in Kapitel 2.3 für beliebige Rahmenkontexte H ⊆ ℘(M) angegeben.<br />

Wenn H <strong>der</strong> Rahmenkontext aller vollständig konsistenten Mengen bezüglich einer Negation<br />

⎯ : M+ → M- ist, dann läßt sich die Bedingung A → ∨C ∈ Th(H) <strong>bei</strong> Anwendung <strong>der</strong> Regel<br />

(H-EX) relativ einfach überprüfen, wie folgendes Lemma zeigt:<br />

2.89. Lemma (Charakterisierung <strong>der</strong> Klauseln in <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> vollständig Konsistenten<br />

Mengen):<br />

Seien M eine endliche Menge, M+, M- zwei disjunkte Teilmengen von M und ⎯ : M+ → M- eine<br />

bijektive Abbildung. Für A, C ⊆ M gilt genau dann A → ∨C ∉ Th(VKon( ⎯ )), wenn ∅ = A ∩ A=<br />

C ∩ C = A ∩ C gilt.<br />

Beweis:<br />

'⇐':<br />

Wenn ∅ = A ∩ A= C ∩ C = A ∩ C ist, dann kann man solange Merkmale aus (M+ ∪ M-)-C zu A<br />

hinzufügen, bis man eine vollständig konsistente Menge E ∈ VKon( ⎯ ) erhält. Dann gilt A ⊆ E und<br />

E ∩ C = ∅, also gilt A → ∨C ∉ Th(VKon( ⎯ )).<br />

'⇒':<br />

Wenn A → ∨C ∉ Th(VKon( ⎯ )) ist, dann gibt es eine Menge E ∈ VKon( ⎯ ) mit A ⊆ E und C ∩ E<br />

= ∅, also gilt ∅ = A ∩ A= C ∩ C = A ∩ C.<br />

❚<br />

Die (H-EX)-Regel läßt sich deshalb für H = VKon( ⎯ ) vereinfachen. Es werden nun zwei neue<br />

Regeln eingeführt, die zur (H-EX)-Regel <strong>bei</strong> negierten Merkmalen äquivalent sind.<br />

2.90. Definition (Regeln (IN) und (EX)): 103<br />

Seien M eine endliche Menge, M+, M- zwei disjunkte Teilmengen von M und ⎯ : M+ → M- eine<br />

bijektive Abbildung. Seien die Regeln (IN), (EX) gegeben durch<br />

_________________(IN)<br />

{m, m} → A (Inkonsistenz)<br />

für A, B ⊆ M und m ∈ M+ ∪ M-.<br />

A ∪ {m} → B A ∪ { m } → B<br />

_______________________________________________(EX)<br />

A → B (Exhaustion)<br />

Es folgt nun <strong>der</strong> Vollständigkeitssatz für die Regeln (AX), (PS), (IN) und (EX).<br />

2.91. Satz (Adäquatheit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS), (IN) und (EX) für Gültigkeit in Kontexten<br />

mit negierten Merkmalen):<br />

Seien M eine endliche Menge, M+, M- zwei disjunkte Teilmengen von M und ⎯ : M+ → M- eine<br />

bijektive Abbildung. Seien P ⊆ ImpM und A, B ⊆ M. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ist mit den Regeln (AX), (PS), (IN) und (EX) aus P herleitbar<br />

(2) A → B ∈ Cons VKon(⎯ ) (P)<br />

(3) Für jeden unvollständigen Kontext |K N mit negierten Merkmalen und mit P ⊆ Imp(|K N ) gilt<br />

A → B ∈ Imp(|K N ).<br />

(4) Für jeden einwertigen Kontext |K N mit negierten Merkmalen und mit P ⊆ Imp(|K N ) gilt A → B<br />

∈ Imp(|K N ).<br />

103 vgl. [Burmeister91a] (Kapitel 4)<br />

87


(5) Für jeden einwertigen Kontext |K N mit negierten Merkmalen und mit einelementiger<br />

Gegenstandsmenge und P ⊆ Imp(|K N ) gilt A → B ∈ Imp(|K N ).<br />

(6) A → B ∈ Th(Mod(P ∪ {m ∨ m| m ∈ M+} ∪ {¬(m ∧ m) | m ∈ M+}))<br />

(7) A → B ist in klassischer Logik aus P ∪ {m ∨ m| m ∈ M+} ∪ {¬(m ∧ m) | m ∈ M+} herleitbar<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Es wird gezeigt, daß die Regeln (IN) und (EX) Spezialfälle <strong>der</strong> Regel (VKon( ⎯ )-EX) sind.<br />

Regel (IN):<br />

Anwendung <strong>der</strong> Regel (VKon( ⎯ )-EX) mit <strong>der</strong> Klausel {m, m } → ∨∅ ∈ Th(VKon( ⎯ )):<br />

__________________ (VKon( ⎯ )-EX)<br />

{m, m } → A<br />

Regel (EX):<br />

Anwendung <strong>der</strong> Regel (VKon( ⎯ )-EX) mit <strong>der</strong> Klausel A → m ∨ m ∈ Th(VKon( ⎯ )):<br />

A ∪ {m} → B A ∪{ m } → B<br />

______________________________________________(VKon( ⎯ )-EX)<br />

A → B<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Es wird gezeigt, daß die Regel (VKon( ⎯ )-EX) mit den Regeln (AX), (PS), (IN) und (EX) herleitbar<br />

ist. Sei A → ∨C ∈ Th(VKon( ⎯ )). Nach Lemma 2.89 müssen drei Fälle unterschieden werden:<br />

Falls A ∩ A ≠ ∅ ist, dann gilt<br />

_________________ (AX) __________________(IN)<br />

A → {m, m } {m, m } → B<br />

_____________________________________________(PS)<br />

A → B<br />

für m ∈ A ∩ A . Falls C ∩ C ≠ ∅ dann gilt<br />

A ∪ {m} → B A ∪{ m } → B<br />

______________________________________________(EX)<br />

A → B<br />

für m ∈ C ∩ C .<br />

Falls A ∩ C ≠ ∅ ist, dann steht <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Regel (VKon( ⎯ )-EX) über dem Strich bereits die<br />

Implikation A → B, also wird gar keine Regel benötigt.<br />

(2) ⇔ (4) ⇔ (5):<br />

Diese Äquivalenzen folgen aus Satz 2.88 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) und Satz 2.71 (Äquivalenzen<br />

(1) ⇔ (5) ⇔ (6)).<br />

(3) ⇔ (4):<br />

Eine Implikation gilt genau dann in einem unvollständigen Kontext |K N mit negierten Merkmalen<br />

wenn sie in allen Vervollständigungen gilt.<br />

(2) ⇔ (6) ⇔ (7):<br />

Wegen VKon( ⎯ ) = Mod({m ∨ m | m ∈ M+} ∪ {¬(m ∧ m ) | m ∈ M+})) gilt<br />

Th(VKon( ⎯ )) = Th(Mod({m ∨ m | m ∈ M+} ∪ {¬(m ∧ m ) | m ∈ M+})), also folgen diese<br />

Äquivalenzen aus Satz 2.71 (Äquivalenzen (1) ⇔ (10) ⇔ (11)).<br />

❚<br />

Für alle unvollständigen Kontexte mit negierten Merkmalen sind die gültigen Implikationen regelabgeschlossen,<br />

d.h. es gilt Cons VKon(⎯ ) (Imp(|K N )) = Imp(|K N ).<br />

Wie in Kapitel 2.2 wird auch hier ein adäquates Regelsystem für die Erfüllbarkeit von<br />

Implikationen in unvollständigen Kontexten mit negierten Merkmalen aufgestellt. Die Regeln (AD)<br />

88


und (EX) sind für die Erfüllbarkeit mit negierten Merkmalen nicht mehr korrekt, wie folgendes<br />

Beispiel zeigt:<br />

|K m m<br />

g ? ?<br />

Es gilt ∅ → m ∈ Erf(|K N ) und ∅ → m ∈ Erf(|K N ), aber ∅ → {m, m } ∉ Erf(|K N ). 104<br />

Es gilt m → {m, m } ∈ Erf(|K N ) und m → {m, m } ∈ Erf(|K N ), aber<br />

∅ → {m, m } ∉ Erf(|K N ).<br />

2.92. Definition (Regeln ( AD ), (RAA), (NEG) und (FA), Operator Cons N<br />

Erf):<br />

Sei ( AD ) die Additivitäts Regel (AD) mit <strong>der</strong> Einschränkung B ∩ C = ∅:<br />

A → B A → C<br />

________________________ ( AD )<br />

A → B ∪ C (konsistente Additivität)<br />

für A, B, C ⊆ M mit B ∩ C = ∅.<br />

Für m, n ∈ M+ ∪ M- und A, B ⊆ M seien die Regeln (RAA), (NEG), (FA) gegeben durch<br />

A ∪ { n } → {m, m }<br />

__________________________ (RAA)<br />

A → n (Reductio ad absurdum)<br />

A ∪ {m} → m<br />

____________________ (NEG)<br />

A ∪ {m} → B (Negation)<br />

A → {m, m }<br />

_________________ (FA)<br />

A → B (Falsum)<br />

Für P ⊆ ImpM sei Cons N<br />

Erf(P) die kleinste Teilmenge von ImpM mit P ⊆ Cons N<br />

Erf(P), welche<br />

bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX), (PR), (AU), ( AD ), (RAA), (NEG) und (FA) abgeschlossen ist.<br />

2.93. Lemma (Wenn eine Implikation mit ( AD ), (RAA), (NEG) und (FA) herleitbar ist,<br />

dann auch mit (AX), (PS), (IN) und (EX)):<br />

Für P ⊆ ImpM ist Cons VKon(⎯ ) (P) bezüglich <strong>der</strong> Regeln ( AD ), (RAA), (NEG) und (FA) abgeschlossen.<br />

Es gilt Cons N<br />

Erf(P) ⊆ Cons VKon(⎯ ) (P).<br />

Beweis von ( AD ):<br />

Vgl. Lemma 2.39.<br />

Beweis von (RAA):<br />

________________ (IN)<br />

A ∪ { n } → {m, m } {m, m } → n<br />

_______________________________________________(PS) __________________ (AX)<br />

A ∪ { n} → n A ∪ {n} → n<br />

____________________________________________________________ (EX)<br />

A → n<br />

Beweis von (NEG):<br />

_______________________ (AX)<br />

A ∪ {m} → {m} A ∪ {m} → m<br />

_________________________________________________ (AD) __________________ (IN)<br />

A ∪ {m} → {m, m } {m, m } → B<br />

______________________________________________________________________ (PS)<br />

A ∪ {m} → B<br />

104 vgl. Lemma 2.86<br />

89


Beweis von (FA):<br />

________________ (IN)<br />

A → {m, m } {m, m } → B<br />

_________________________________ (PS)<br />

A → B<br />

Beweis von Cons N<br />

Erf(P) ⊆ Cons VKon(⎯ ) (P):<br />

Nach Lemma 2.39 ist Cons VKon(⎯ ) (P) bezüglich (AX), (PR) und (AU) abgeschlossen.<br />

❚<br />

Der Operator Cons N<br />

Erf liefert zu einer Menge P die Menge <strong>der</strong> Implikationen, die mit den<br />

angegebenen Regeln aus P herleitbar sind. Dies sind genau die Implikationen, die semantisch für<br />

die Erfüllbarkeit in unvollständigen Kontexten mit negierten Merkmalen aus P folgen. Diese<br />

Behauptung wird im folgenden Satz bewiesen.<br />

2.94. Satz (Adäquatheit <strong>der</strong> Regeln für die Erfüllbarkeit in unvollständigen Kontexten mit<br />

negierten Merkmalen):<br />

Seien M eine endliche Menge, M+, M- zwei disjunkte Teilmengen von M und ⎯ : M+ → M- eine<br />

bijektive Abbildung. Seien P ⊆ ImpM und A, B ⊆ M. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ Cons N<br />

Erf(P)<br />

(2) Für alle unvollständigen Kontexte |K N mit negierten Merkmalen mit P ⊆ Erf(|K N ) gilt A → B ∈<br />

Erf(|K N ).<br />

(3) Für alle unvollständigen Kontexte |K N mit negierten Merkmalen und mit einelementiger<br />

Gegenstandsmenge und P ⊆ Erf(|K N ) gilt A → B ∈ Erf(|K N ).<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2) durch Induktion über die Herleitung von A → B mit (AX), (PR), (AU), ( AD ), (RAA),<br />

(NEG) und (FA):<br />

Sei |K N ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen mit P ⊆ Erf(|K N ). Wenn A ∩ A ≠ ∅<br />

ist, dann gilt A → B ∈ Erf(|K N ) nach Lemma 2.86, also sei nun A ∩ A = ∅.<br />

Fall 1: A → B ∈ P<br />

Dann gilt A → B ∈ Erf(|K N ).<br />

Fall 2: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (AX), (PR), (AU) als letztes angewendet.<br />

Analog dem Beweis von Satz 2.55 folgt A → B ∈ Erf(|K N ).<br />

Fall 3: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird ( AD ) als letztes angewendet.<br />

Dann gibt es Mengen C, D ⊆ M mit B = C ∪ D, C ∩ D = ∅ und A → C ∈ Cons N<br />

Erf(P) und<br />

A → D ∈ Cons N<br />

Erf(P). Nach Induktionsannahme gilt A → C, A → D ∈ Erf(|K N ). Sei g ∈ G mit<br />

I(g, a) = × für alle a ∈ A. Dann gilt I(g, c) ≠ o für alle c ∈ C und I(g, d) ≠ o für alle d ∈ D und<br />

C ∩ C = ∅ sowie D ∩ D = ∅ nach Lemma 2.86.<br />

Damit gilt auch (C ∪ D) ∩ ( C ∪ D ) = ∅ und I(g, m) ≠ o für alle m ∈ C ∪ D. Somit gilt A → C<br />

∪ D ∈ Erf(|K N ) nach Lemma 2.86.<br />

Fall 4: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (RAA) als letztes angewendet.<br />

Dann gibt es m, n ∈ M+ ∪ M- mit B = {n} und A ∪ {n } → {m, m } ∈ Cons N<br />

Erf(P). Nach<br />

Induktionsannahme gilt A ∪ {n } → {m, m } ∈ Erf(|K N ). Sei g ∈ G mit I(g, a) = × für alle<br />

a ∈ A. Da A ∪ {n } → {m, m } ∈ Erf(|K N ) gilt, folgt daraus I(g, n ) ≠ × nach Lemma 2.86.<br />

Damit gilt I(g, n) ≠ o, und somit ist A → n nach Lemma 2.86 für den Gegenstand g erfüllbar.<br />

Damit gilt A → B ∈ Erf(|K N ).<br />

Fall 5: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (NEG) als letztes angewendet.<br />

90


Dann gibt es m ∈ M+ ∪ M- und C ⊆ M mit A = C ∪ {m} und A → {m } ∈ Cons N<br />

Erf(P). Nach<br />

Induktionsannahme gilt A → { m } ∈ Erf(|K N ). Wenn es ein g ∈ G mit I(g, a) = × für alle a ∈ A<br />

gibt, dann gilt I(g, m ) = o wegen m ∈ A, was nach Lemma 2.86 ein Wi<strong>der</strong>spruch zu A → { m }<br />

∈ Erf(|K N ) ist. Damit gilt A → B ∈ Erf(|K N ) nach Lemma 2.86.<br />

Fall 6: Bei <strong>der</strong> Herleitung von A → B wird (FA) als letztes angewendet.<br />

Dann gibt es m ∈ M+ ∪ M- mit A → {m, m} ∈ Cons N<br />

Erf(P). Nach Induktionsannahme gilt<br />

A → {m, m } ∈ Erf(|K N ). Es kann deshalb kein g ∈ G mit I(g, a) = × für alle a ∈ A geben, also<br />

A → B ∈ Erf(|K N ) nach Lemma 2.86.<br />

(2) ⇒ (3): Trivial<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Falls A ∩ A ≠ ∅ ist, gilt A → B ∈ Cons N<br />

Erf(P) wegen den Regeln (AX) und (FA), also sei nun<br />

A ∩ A = ∅.<br />

Fall 1: B ∩ B = ∅<br />

Sei b ∈ B. Falls b ∈ A ist, gilt A → b ∈ Cons N<br />

Erf(P) nach Regel (AX), also sei nun b ∈ M-A. Sei<br />

|K N := (|K, M+, M-, ⎯ ) mit |K = ({g}, M, {×, ?, o}, I) und I(g, m) = × gdw. m ∈ A ∪ { b } , 105 I(g, m)<br />

= o gdw. m ∈ A ∪ {b} und I(g, m) = ? für sonstige Merkmale m. Dann ist |K N ein unvollständiger<br />

Kontext mit negierten Merkmalen und A → B ∉ Erf(|K N ) nach Lemma 2.86, also gibt es ein<br />

C → D ∈ P mit C → D ∉ Erf(|K N ) wegen (3). Nach Lemma 2.86 gilt C ∩ C = ∅ und I(g, c) = × für<br />

alle c ∈ C. Damit gilt C ⊆ A ∪ { b } und A ∪ { b } → D ∈ Cons N<br />

Erf(P) nach Regel (AU).<br />

Fall 1.1: b ∈ D<br />

Dann gilt auch A ∪ { b } → b ∈ Cons N<br />

Erf(P) wegen (PR). Falls b ∉ M+ ∪ M- ist, dann gilt<br />

{ b } = ∅ und A → b ∈ Cons N<br />

Erf(P), ansonsten gilt A ∪ { b } → {b, b } ∈ Cons N<br />

Erf(P) nach<br />

Regel (NEG), und wegen (RAA) gilt A → b ∈ Cons N<br />

Erf(P).<br />

Fall 1.2: Es gibt ein d ∈ D mit d ∈ A.<br />

Es gilt A ∪ { b } → d ∈ Cons N<br />

Erf(P) nach Regel (PR), und wegen d ∈ A und (NEG) gilt<br />

auch A ∪ { b } → {d, d } ∈ Cons N<br />

Erf(P), also A → b ∈ Cons N<br />

Erf(P) wegen (RAA) (falls<br />

b ∈ M+ ∪ M-) bzw. (FA) (falls b ∉ M+ ∪ M-).<br />

Fall 1.3: Für alle d ∈ D gilt d ∉ A ∪ {b}<br />

Es gilt I(g, d) ≠ o für alle d ∈ D. Da jedoch C → D ∉ Erf(|K N ) ist, muß D ∩ D ≠ ∅ nach<br />

Lemma 2.86 sein. Sei d ∈ D ∩ D . Dann gilt A ∪ { b } → {d, d } ∈ Cons N<br />

Erf(P) wegen (PR),<br />

und A → b ∈ Cons N<br />

Erf(P) wegen (RAA) bzw. (FA).<br />

Damit gilt A → b ∈ Cons N<br />

Erf(P) für alle b ∈ B. Wegen B ∩ B = ∅ gilt nach Regel ( AD ) auch<br />

A → B ∈ Cons N<br />

Erf(P).<br />

Fall 2: B ∩ B ≠ ∅<br />

Sei |K = ({g}, M, {×, ?, o}, I) mit<br />

I(g, m) = × gdw. m ∈ A,<br />

I(g, m) = o gdw. m ∈ A,<br />

I(g, m) = ? gdw. m ∈ M-(A ∪ A).<br />

Dann ist |K N := (|K, M+, M-, ⎯ ) ein unvollständiger Kontext mit negierten Merkmalen und A → B ∉<br />

Erf(|K N ) wegen B ∩ B ≠ ∅ und Lemma 2.86, also gibt es ein C → D ∈ P mit C → D ∉ Erf(|K N ).<br />

Analog Fall 1 gilt C ∩ C = ∅, I(g, c) = × für alle c ∈ C und C ⊆ A und A → D ∈ Cons N<br />

Erf(P). Wenn<br />

es ein d ∈ D mit d ∈ A gibt, folgt A → {d} ∈ Cons N<br />

Erf(P) aus Regel (PR) und A → B ∈ Cons N<br />

Erf(P)<br />

105<br />

falls b ∉ M+ ∪ M- ist, dann gilt { b } = ∅<br />

91


aus (NEG). Ansonsten gilt D ∩ D ≠ ∅ wie im Fall 1.3, also auch A → B ∈ Cons N<br />

Erf(P) wegen (PR)<br />

und (FA).<br />

❚<br />

Für alle (unvollständigen) Kontexte |K N mit negierten Merkmalen ist die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren<br />

Implikationen regelabgeschlossen, d.h. es gilt Cons N<br />

Erf(Erf(|K N )) = Erf(|K N ).<br />

Im folgenden Lemma wird bewiesen, daß für vollständig konsistente Prämissen Regel (AD) auch<br />

für die Erfüllbarkeit korrekt ist, d.h. wenn A ∈ VKon( ⎯ ) ist, und A → B und A → C in einem<br />

unvollständigen Kontext mit negierten Merkmalen erfüllbar sind, dann ist auch A → B ∪ C in<br />

diesem Kontext erfüllbar.<br />

2.95. Lemma (Für vollständig konsistente Prämissen ist Regel (AD) für die Erfüllbarkeit<br />

korrekt):<br />

Für B, C ⊆ M und vollständig konsistente Mengen A ∈ VKon( ⎯ ) gilt<br />

A → B ∪ C ∈ Cons N<br />

Erf({A → B, A → C}).<br />

Beweis:<br />

Wenn B ∩ C = ∅ ist, dann folgt die Behauptung aus Regel ( AD ), also sei nun m ∈ B ∩ C . Da<br />

A ∈ VKon( ⎯ ) ist, gilt entwe<strong>der</strong> m ∈ A o<strong>der</strong> m ∈ A. Wenn m ∈ A ist, dann gilt<br />

A → m ∈ Cons N<br />

Erf({A → B, A → C}) wegen m ∈ C nach Regel (PR), und<br />

A → B ∪ C ∈ Cons N<br />

Erf({A → B, A → C}) nach Regel (NEG). Analog für m ∈ A.<br />

❚<br />

Auch <strong>bei</strong>m Operator Cons VKon(⎯ ) ist es nützlich, wenn die Prämisse <strong>der</strong> Implikation, die man<br />

herleiten möchte, vollständig konsistent ist, weil man die Regel (EX) nicht mehr benötigt, und die<br />

Größe des Herleitungsbaums deshalb nicht mehr exponentiell zu |M| wachsen kann:<br />

2.96. Lemma (Für vollständig konsistente Prämissen ist Regel (EX) für die Kripke-<br />

Gültigkeit überflüssig):<br />

Seien P ⊆ ImpM, A ∈ VKon( ⎯ ) und B ∈ M. Genau dann gilt A → B ∈ Cons VKon(⎯ ) (P), wenn<br />

A → B mit den Regeln (AX), (PS) und (IN) aus P herleitbar ist.<br />

Beweis:<br />

'⇐':<br />

Trivial.<br />

'⇒':<br />

Seien A → B ∈ Cons VKon(⎯ ) (P) und C := P. Dann ist A → C nach Satz 2.40 (Äquivalenz<br />

(1) ⇔ (3)) mit den Regeln (AX) und (PS) aus P herleitbar.<br />

Fall 1: C ∈ VKon( ⎯ )<br />

Dann gilt C ∈ Resp(P) ∩ VKon( ⎯ ) nach Lemma 2.31, also B ⊆ C, weil A → B ∈ Imp(Resp(P) ∩<br />

VKon( ⎯ )) nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) gilt. Damit ist A → B mit <strong>der</strong> Regel (PR) aus<br />

A → C herleitbar, also ist A → B nach Lemma 2.39 aus P mit den Regeln (AX) und (PS) aus P<br />

herleitbar.<br />

Fall 2: C ∉ VKon( ⎯ )<br />

Wegen A ∈ VKon( ⎯ ) gibt es ein m ∈ C mit m ∈ C, also ist A → {m, m } aus A → C mit <strong>der</strong> Regel<br />

(PR) herleitbar, und nach Lemma 2.39 ist A → B mit den Regeln (AX), (PS) und (IN) aus P<br />

herleitbar.<br />

❚<br />

92


2.5 Unvollständige mehrwertige Kontexte<br />

In <strong>der</strong> Praxis kommen mehrwertige Kontexte häufiger vor, als einwertige Kontexte. Oft interessiert<br />

man sich für Formeln, die in einem gegebenen mehrwertigen Kontext gültig sind. Während es <strong>bei</strong><br />

einwertigen Kontexten nur eine sinnvolle Möglichkeit gibt, die Gültigkeit von Formeln zu<br />

definieren, hat man <strong>bei</strong> mehrwertigen Kontexten viele Möglichkeiten zur Auswahl. Wenn man z.B.<br />

die funktionale Abhängigkeit zwischen den Spalten eines mehrwertigen Kontextes |K = (G, M, W,<br />

I) durch Implikationen ausdrücken will, kann man die Gültigkeit von Formeln so definieren, daß die<br />

Gültigkeit einer Implikation A → B bedeutet, daß die Spalten von B funktional abhängig von den<br />

Spalten von A sind, d.h. wenn I(g1, a) = I(g2, a) für alle a ∈ A gilt, dann gilt auch I(g1, b) = I(g2, b)<br />

für alle b ∈ B, für alle g1, g2 ∈ G. Eine an<strong>der</strong>e sinnvolle Interpretation <strong>der</strong> Implikationen ist die<br />

ordinale Abhängigkeit <strong>der</strong> Spalten, wenn auf den Wertemengen Wm eine Ordnung definiert ist.<br />

Hier<strong>bei</strong> wird durch die Gültigkeit von A → B ausgedrückt, daß die Spalten von B ordinal abhängig<br />

von den Spalten von A sind, d.h. aus I(g1, a) ≤ I(g2, a) für alle a ∈ A folgt auch I(g1, b) ≤ I(g2, b) für<br />

alle b ∈ B, für alle g1, g2 ∈ G. In <strong>bei</strong>den Fällen läßt sich die Interpretation von Implikationen durch<br />

eine Familie ρ = (ρm)m∈M von Relationen ρm ⊆ (Wm) 2 ausdrücken: Bei <strong>der</strong> funktionalen<br />

Abhängigkeit gilt ρm = idW m = {(w, w) | w ∈ Wm} und <strong>bei</strong> <strong>der</strong> ordinalen Abhängigkeit gilt ρm = ≤m<br />

= {(v, w) | v, w ∈ Wm mit v ≤m w} für m ∈ M. In den folgenden Definitionen wird dir Gültigkeit<br />

von beliebigen Formeln bezüglich einer Familie von Relationen einer geeigneten Stelligkeit τ ≥ 0 in<br />

unvollständigen mehrwertigen Kontexten definiert.<br />

2.97. Definition (unvollständige mehrwertige Kontexte):<br />

Ein unvollständiger mehrwertiger Kontext |K = (G, M, W, I) besteht aus einer Gegenstandsmenge<br />

G, einer Merkmalsmenge M, einer Familie von Wertemengen W = (Wm)m∈M mit ? ∈ Wm und<br />

|Wm| > 1 für m ∈ M und einer Funktion I : G × M → W. Die Informationsordnung wird wie <strong>bei</strong><br />

normalen unvollständigen Kontexten definiert: ? < w gilt für alle w ∈ W-{?}, alle an<strong>der</strong>en<br />

Elemente sind unvergleichbar.<br />

Ein mehrwertiger Kontext mit ? ∉ Wm für m ∈ M heißt vollständiger mehrwertiger Kontext. Die<br />

bezüglich <strong>der</strong> Informationsordnung maximalen Kontexte entsprechen also gerade den vollständigen<br />

mehrwertigen Kontexten, wenn man das Element "?" aus den Wertemengen entfernt, d.h. ein<br />

unvollständiger mehrwertiger Kontext |K = (G, M, W, I), welcher kein Fragezeichen in <strong>der</strong> Tabelle<br />

enthält, wird mit dem zugehörigen vollständigen mehrwertigen Kontext mit <strong>der</strong> Wertemenge W-{?}<br />

:= (Wm-{?})m∈M identifiziert. Die Menge aller Vervollständigungen eines unvollständigen<br />

mehrwertigen Kontextes wird mit V(|K) bezeichnet.<br />

Wie <strong>bei</strong> den unvollständigen Kontexten aus Kapitel 2.1 wird auch hier durch den Wert "?" in <strong>der</strong><br />

Zeile eines Gegenstandes g ∈ G in <strong>der</strong> Spalte eines Merkmals m ∈ M ausgedrückt, daß nicht<br />

bekannt ist, welcher Wert an dieser Stelle <strong>der</strong> Tabelle steht.<br />

2.98. Definition (Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Formeln):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein vollständiger mehrwertiger Kontext und ρ = (ρm)m∈M eine Familie von<br />

Relationen mit ρm ⊆ (Wm) τ <strong>der</strong>selben Stelligkeit τ = τ(ρ) ≥ 0 für m ∈ M. 106<br />

Für g = (g1, g2, ..., gτ) ∈ G τ und m ∈ M sei I τ (g, m) := (I(g1, m), I(g2, m), ..., I(gτ, m)).<br />

Die Gültigkeit einer Formel α ∈ F für ein Tupel g ∈ G τ von Gegenständen wird induktiv definiert:<br />

Es gilt |K ]g ρ Y und |K bg ρ Z.<br />

Für m ∈ M gilt |K ]g ρ m genau dann, wenn I τ (g, m) ∈ ρ gilt.<br />

106 Für die Bedingung ρm ⊆ (Wm) τ für m ∈ M wird im folgenden auch kurz ρ ⊆ W τ geschrieben.<br />

93


|K ]g ρ ¬α gilt genau dann, wenn |K bg ρ α gilt.<br />

|K ]g ρ α ∧ β gilt genau dann, wenn |K ]g ρ α und |K ]g ρ β gilt.<br />

|K ]g ρ α ∨ β gilt genau dann, wenn |K ]g ρ α o<strong>der</strong> |K ]g ρ β gilt.<br />

|K ]g ρ α → β gilt genau dann, wenn |K bg ρ α o<strong>der</strong> |K ]g ρ β gilt.<br />

Eine Formel α heißt gültig in |K (bezüglich ρ), wenn |K ]g ρ α für alle g ∈ G τ gilt. Hierfür wird auch<br />

die Schreibweise |K ] ρ α verwendet.<br />

Für einen unvollständigen mehrwertigen Kontext |K = (G, M, W, I) mit ρ ⊆ (W-{?}) τ heißt α für<br />

g ∈ G τ in |K Kripke-gültig (Schreibweise: |K ]g ρ α), wenn |K' ]g ρ α für alle |K' ∈ V(|K) gilt, und α<br />

ist in |K Kripke-gültig (Schreibweise: |K ] ρ α), wenn |K' ] ρ α für alle |K' ∈ V(|K) gilt. Eine Formel<br />

α heißt erfüllbar für g ∈ G τ , wenn es eine Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit |K' ]g ρ α gibt, und α<br />

heißt erfüllbar in |K wenn es eine Vervollständigung |K' ∈ V(|K) mit |K' ] ρ α gibt.<br />

Bei den unvollständigen Kontexten aus Kapitel 2.1 ist die Erfüllbarkeit einer Formel α für alle<br />

Gegenstände äquivalent zur Erfüllbarkeit von α im ganzen Kontext. Dies lag daran, daß die<br />

Vervollständigung einer Kontextzeile unabhängig von <strong>der</strong> Vervollständigung einer an<strong>der</strong>en<br />

Kontextzeile gewählt werden konnte. Dies ist <strong>bei</strong> unvollständigen mehrwertigen Kontexten nicht<br />

mehr <strong>der</strong> Fall, weil hier Tupel von Gegenständen betrachtet werden. Zwar ist eine Formel, die in<br />

einem unvollständigen mehrwertigen Kontext |K erfüllbar ist, auch für jedes Gegenstandstupel<br />

g ∈ G τ erfüllbar, aber die Umkehrung ist im allgemeinen falsch.<br />

2.99. Beispiel:<br />

Sei |K <strong>der</strong> unvollständige mehrwertige Kontext<br />

|K a b<br />

g 1 4<br />

h ? 5<br />

mit Wa = {1, 2, 3, ?}, Wb = {4, 5, ?} und<br />

ρa = {(1,1), (2, 1), (1, 3)}, ρb = {(4, 4), (5, 5)}.<br />

Dann ist die Implikation a → b erfüllbar für alle 4 Gegenstandpaare g ∈ G 2 = {(g, g), (g, h), (h, g),<br />

(h, h)}, jedoch ist diese Implikation nicht in |K erfüllbar. Bei <strong>der</strong> Kripke-Gültigkeit von Formeln tritt<br />

dieses Problem nicht auf. Die Kripke-gültigen Formeln eines unvollständigen mehrwertigen<br />

Kontextes sind genau die Formeln, die für jedes Gegenstandstupel Kripke-gültig sind.<br />

So wie ein vollständiger mehrwertiger Kontext durch Skalierung in einen einwertigen Kontext<br />

transformiert werden kann, 107 kann auch ein unvollständiger mehrwertiger Kontext durch<br />

Skalierung in einen "normalen" unvollständigen Kontext transformiert werden:<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext und $ = ($m)m∈M eine Familie<br />

einwertiger Skalen mit $m = (Gm, Mm, Im) und I(G, m)-{?} ⊆ Gm für m ∈ M. Sei $ ? = ($ ? m)m∈M die<br />

Famillie mehrwertiger Skalen $ ? m = (Gm ∪ {?}, Mm, {×, ?, o}, I ? m) mit I ? m(g, a) = Im(g, a) für g ∈ G<br />

und I ? m(?, a) = ? für a ∈ Mm und m ∈ M. Sei |K$ ? := (G, {m} × Mm, {×, ?, o}, J) <strong>der</strong> abgeleitete<br />

m∈M<br />

Kontext, 108 d.h. es gilt J(g, (m, v)) = I ? m(I(g, m), v) für g ∈ G, m ∈ M, v ∈ Mm.<br />

Bei dieser Skalierung wird jedes Fragezeichen in |K durch ein Tupel von Fragezeichen ersetzt. Alle<br />

an<strong>der</strong>en Werte werden ganz normal durch die einwertige Skalen $ skaliert. Auf diese Weise entsteht<br />

ein unvollständiger Kontext |K$ ?. Sei |K' = (G, M, W-{?}, I') ∈ V(|K). Dann läßt sich <strong>der</strong> Kontext |K'<br />

mit den einwertigen Skalen $ skalieren, und es entsteht eine Vervollständigung |K'$ von |K$ ?, d.h. es<br />

gilt |K'$ ∈ V(|K$ ?). Wenn die "wahre" Vervollständigung |K' nicht bekannt ist, dann bedeutet ein<br />

107 vgl. Kapitel 1.2 o<strong>der</strong> [GanterWille96]<br />

108 vgl. Kapitel 1.2<br />

94


Fragezeichen im Kontext |K$ ?, daß es nicht bekannt ist, ob im abgeleiteten Kontext |K'$ <strong>der</strong><br />

Gegenstand das Merkmal hat. Es besteht auch die Möglichkeit, einige Fragezeichen von |K$ ? durch<br />

einen Wert aus {×, o} zu ersetzen, falls aus <strong>der</strong> Skala hervorgeht, daß dieser Wert für alle<br />

Vervollständigungen |K' = V(|K) in dem abgeleiteten Kontext |K'$ an den entsprechenden Stellen<br />

steht, d.h. wenn I(g, m) = ? und Im(w, v) = × für alle w ∈ W-{?} gilt, dann kann <strong>der</strong> Wert J(g, (m,<br />

v)) = ? durch den Wert × ersetzt werden, und wenn I(g, m) = ? und Im(w, v) = o für alle w ∈ W-{?}<br />

gilt, dann kann <strong>der</strong> Wert J(g, (m, v)) = ? durch den Wert o ersetzt werden. Obwohl im Kontext |K<br />

einige Einträge unbekannt sind, lassen sich auf diese Weise nach <strong>der</strong> Skalierung an den<br />

unbekannten Einträgen von |K$ ? konkrete Werte einsetzen, wenn die Skala diese Information liefert.<br />

2.100. Beispiel:<br />

Sei |K = ({g}, {m}, {a, b, ?}, I) <strong>der</strong> unvollständige mehrwertige Kontext, welcher nur aus einem<br />

Fragezeichen besteht: I(g, m) = ?. Sei $ = $m die Skala<br />

$m c d e<br />

a × o ×<br />

b × o o<br />

Im abgeleiteten Kontext<br />

|K$ ? (m, c) (m, d) (m, e)<br />

g ? ? ?<br />

kann man nun das Fragezeichen in <strong>der</strong> Spalte von (m, c) durch den Wert × ersetzen, denn durch die<br />

Skalierung des unbekannten Kontextes |K' = ({g}, {m}, {a, b}, I') ∈ V(|K) entsteht in jedem Fall an<br />

dieser Stelle in |K'$ <strong>der</strong> Wert ×, egal, ob I'(g, m) = a o<strong>der</strong> I'(g, m) = b gilt. Analog kann man das<br />

Fragezeichen in <strong>der</strong> Spalte von (m, d) durch den Wert o ersetzen, weil in |K'$ hier in jedem Fall <strong>der</strong><br />

Wert o entsteht. Über den Wert in <strong>der</strong> Spalte von (m, e) von |K'$ ist nichts bekannt, also muß hier<br />

das Fragezeichen stehen bleiben:<br />

(m, c) (m, d) (m, e)<br />

g × o ?<br />

In den Kapiteln 3.1.2 und 3.2 wird diese "Fragezeichenreduktion" auch für Hintergrundwissen in<br />

Form von Implikationen und Rahmenkontexten definiert.<br />

2.101. Definition (Operatoren Imp ρ , Erf ρ und Erf ρ S in unvollständigen mehrwertigen<br />

Kontexten):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext (mit endlicher Merkmalsmenge<br />

M) und S ⊆ G und ρ ⊆ (W-{?}) τ .<br />

Imp ρ (|K) = {A → B ∈ ImpM | A → B ist Kripke-gültig in |K bezüglich ρ}<br />

Erf ρ (|K) = {A → B ∈ ImpM | A → B ist erfüllbar in |K bezüglich ρ}<br />

Erf ρ S(|K) = {A → B ∈ ImpM | A → B ist erfüllbar bezüglich ρ für alle g ∈ S τ }<br />

Für S = G enthält Erf ρ S(|K) genau diejenigen Implikationen, welche für jedes Gegenstandstupel<br />

erfüllbar sind. Wenn <strong>der</strong> mehrwertige Kontext |K vollständig ist, dann gilt Imp ρ (|K) = Erf ρ (|K) =<br />

Erf ρ G(|K), denn hier ist die Erfüllbarkeit äquivalent zur Kripke-Gültigkeit.<br />

Ein unvollständiger mehrwertiger Kontext |K läßt sich mit Hilfe <strong>der</strong> Relation ρ ⊆ (W-{?}) τ in<br />

kanonischer Weise in einen unvollständigen Kontext |Kρ transformieren: 109<br />

109 diese Transformation ist eine Verallgemeinerung <strong>der</strong> Definition von |KΘ in [GanterWille99] (Kapitel 2.4)<br />

95


2.102. Definition (|Kρ):<br />

Für einen unvollständigen mehrwertigen Kontext |K = (G, M, W, I) und ρ ⊆ (W-{?}) τ sei |Kρ := (G τ ,<br />

M, {×, ?, o}, Iρ) mit<br />

Iρ(g, m) = × gdw. J τ (g, m) ∈ ρ für jede Vervollständigung |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K),<br />

Iρ(g, m) = o gdw. J τ (g, m) ∉ ρ für jede Vervollständigung |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K),<br />

Iρ(g, m) = ? sonst.<br />

Diese Transformation ist ordnungserhaltend: Aus |K1 ≤ |K2 folgt (|K1)ρ ≤ (|K2)ρ, denn wenn J τ (g, m)<br />

∈ ρ für jede Vervollständigung |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K1) gilt, dann gilt auch J τ (g, m) ∈ ρ für<br />

jede Vervollständigung |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K2), und wenn J τ (g, m) ∉ ρ für jede Vervollständigung<br />

|K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K1) gilt, dann gilt auch J τ (g, m) ∉ ρ für jede Vervollständigung<br />

|K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K2).<br />

Im Gegensatz zur Skalierung eines unvollständigen mehrwertigen Kontextes bleibt <strong>bei</strong> dieser<br />

Transformation die Merkmalsmenge erhalten, während <strong>bei</strong> einer Skalierung die neue Merkmalsmenge<br />

die disjunkte Vereinigung von den Merkmalsmengen <strong>der</strong> Skalenkontexte ist. Die Gegenstandsmenge<br />

bleibt <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Skalierung mit einer Familie von Skalenkontexten erhalten, <strong>bei</strong> |Kρ<br />

besteht die Gegenstandsmenge jedoch aus dem direkten Produkt von Gegenstandsmengen. Man<br />

kann die Transformation von |K nach |Kρ auch als eine neue Form von Skalierung verstehen. Hier<strong>bei</strong><br />

wird nicht mehr nach einer Familie von Kontexten skaliert, son<strong>der</strong>n nach einer Relation ρ.<br />

Man kann die Ableitungsoperatoren ‡ : ℘(G τ ) → ℘(M) und z : ℘(M) → ℘(G τ ) für den Kontext<br />

|K definieren, indem man die Ableitungsoperatoren des Kontextes |Kρ verwendet. Die Ableitungsoperatoren<br />

können da<strong>bei</strong> mit Hilfe <strong>der</strong> Vervollständigungen von |K ausgedrückt werden. Für B ⊆ G τ<br />

und A ⊆ M gilt<br />

B ‡ = {m ∈ M | für alle g ∈ B und alle |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K) gilt J τ (g, m) ∈ ρ}<br />

B z = {m ∈ M | für alle g ∈ B gibt es ein |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K) mit J τ (g, m) ∈ ρ}<br />

A ‡ = {g ∈ G τ | für alle m ∈ A und alle |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K) gilt J τ (g, m) ∈ ρ}<br />

A z = {g ∈ G τ | für alle m ∈ A gibt es ein |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K) mit J τ (g, m) ∈ ρ}<br />

Im folgenden sei |K vollständig. Dann ist <strong>der</strong> Kontext |Kρ = (G τ , M, Iρ) einwertig, und es gilt<br />

(g, m) ∈ Iρ gdw. I τ (g, m) ∈ ρ. Weiterhin gilt<br />

A ‡ = A z =: A' = {g ∈ G τ | für alle m ∈ A gilt I τ (g, m) ∈ ρ} und<br />

B ‡ = B z =: B' = {m ∈ M | für alle g ∈ B gilt I τ (g, m) ∈ ρ}.<br />

Durch diese Ableitungsoperatoren ' : ℘(G τ ) → ℘(M) und ' : ℘(M) → ℘(G τ ) lassen sich Begriffe<br />

im vollständigen mehrwertigen Kontext |K definieren:<br />

Die Paare (A, B) ∈ ℘(G τ ) × ℘(M) mit A' = B und B' = A heißen Begriffe von |K (bezüglich ρ). Die<br />

Menge B heißt Inhalt von (A, B), und die Menge A heißt Umfang von (A, B).<br />

Für A = {g} mit g ∈ G τ heißt die Menge A' Gegenstandsinhalt von g.<br />

Da die Operatoren ' : ℘(G τ ) → ℘(M) und ' : ℘(M) → ℘(G τ ) die Ableitungsoperatoren des<br />

einwertigen Kontextes |Kρ = (G τ , M, Iρ) sind, bilden sie eine Galoisverbindung. Offensichtlich sind<br />

die Begriffe, Umfänge und (Gegenstands)inhalte von |K bezüglich ρ genau die Begriffe, Umfänge<br />

und (Gegenstands)inhalte (nach nach den Definitionen aus Kapitel 1.2) von |Kρ. Im folgenden Satz<br />

wird bewiesen, daß die für ein Gegenstandstupel g ∈ G τ in |K gültigen Formeln genau die für g in<br />

|Kρ gültigen Formeln sind.<br />

96


2.103. Satz (Zusammenhang zwischen Kripke-Gültigkeit für Gegenstandstupel von |K und<br />

für Gegenstände von |Kρ <strong>bei</strong> vollständigen mehrwertigen Kontexten):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein vollständiger mehrwertiger Kontext, ρ ⊆ W τ , g ∈ G τ und α ∈ F. Genau<br />

dann gilt |Kρ ]g α, wenn |K ]g ρ α gilt.<br />

Beweis durch Induktion über α:<br />

Für α ≡ m ∈ M gilt<br />

|Kρ ]g α gdw.<br />

(g, m) ∈ Iρ gdw.<br />

I τ (g, m) ∈ ρ gdw.<br />

|K ]g ρ α.<br />

Der Rest folgt aus Definition 2.98, Lemma 2.7 und Lemma 2.3.<br />

❚<br />

Dieser Satz wird nun verwendet, um ein entsprechendes Ergebnis für unvollständige mehrwertige<br />

Kontexte zu beweisen:<br />

2.104. Satz (Zusammenhang zwischen Kripke-Gültigkeit für Gegenstandstupel von |K und<br />

für Gegenstände von |Kρ <strong>bei</strong> unvollständigen mehrwertigen Kontexten):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext, ρ ⊆ (W-{?}) τ , g ∈ G τ und<br />

α ∈ F. Genau dann gilt |Kρ ]g α, wenn |K ]g ρ α gilt.<br />

Beweis:<br />

Gelte |Kρ ]g α und sei |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K). Dann gilt |K'ρ ∈ V(|Kρ), also |K'ρ ]g α, und<br />

nach dem vorigen Satz gilt |K' ]g ρ α. Damit gilt |K ]g ρ α.<br />

Gelte nun umgekehrt |K ]g ρ α. Sei |K' = (G τ , M, I') ∈ V(|Kρ). Nun wird eine Vervollständigung<br />

|K'' = (G, M, W-{?}, I'') ∈ V(|K) mit<br />

I'' τ (g, m) ∈ ρ gdw. (g, m) ∈ I'<br />

für alle m ∈ M konstruiert. Sei m ∈ M.<br />

Falls (g, m) ∈ I' ist, dann gilt Iρ(g, m) ∈ {×, ?}, also gibt es eine Vervollständigung (G, M, W-{?},<br />

J) ∈ V(|K) mit J τ (g, m) ∈ ρ. In diesem Fall wird I''(⋅, m) := J(⋅, m) definiert.<br />

Falls (g, m) ∉ I' ist, dann gilt Iρ(g, m) ∈ {?, o}, also gibt es eine Vervollständigung (G, M, W-{?},<br />

J) ∈ V(|K) mit J τ (g, m) ∉ ρ. Definiere I''(⋅, m) := J(⋅, m).<br />

Der Kontext |K'' := (G, M, W-{?}, I'') ist eine Vervollständigung von |K, weil jede Kontextspalte von<br />

|K'' eine Vervollständigung von <strong>der</strong> zugehörigen Kontextspalte in |K ist. Die Kontextzeile von g in<br />

|K''ρ stimmt mit <strong>der</strong> Kontextzeile von g in |K' überein:<br />

(g, m) ∈ I''ρ gdw. I'' τ (g, m) ∈ ρ gdw. (g, m) ∈ I'.<br />

Wegen |K ]g ρ α gilt |K'' ]g ρ α, 110 also |K''ρ ]g α nach Satz 2.103. Damit gilt |K' ]g α und |Kρ ]g α,<br />

weil |K' ∈ V(|Kρ) beliebig gewählt war.<br />

❚<br />

Eine analoge Aussage gilt auch für die Erfüllbarkeit von Formeln:<br />

110 vgl. Definition 2.98<br />

97


2.105. Satz (Für unvollständige mehrwertige Kontexte ist die Erfüllbarkeit für<br />

Gegenstandstupel von |K äquivalent zur Erfüllbarkeit für den entsprechenden Gegenstand<br />

von |Kρ):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext, ρ ⊆ (W-{?}) τ , g ∈ G τ und<br />

α ∈ F. Genau dann ist α erfüllbar für g in |Kρ, wenn α für g in |K erfüllbar ist.<br />

Beweis:<br />

α ist für g in |Kρ erfüllbar gdw. 111<br />

|Kρ bg ¬α gdw. 112<br />

|K bg ρ ¬α gdw.<br />

es gibt ein |K' ∈ V(|K) mit |K' bg ρ ¬α gdw. 113<br />

es gibt ein |K' ∈ V(|K) mit |K' ]g ρ α gdw.<br />

α ist für g in |K erfüllbar.<br />

❚<br />

Aus diesen Sätzen folgt, daß die Kripke-Gültigkeit einer Formel in einem unvollständingen Kontext<br />

|K äquivalent zur Kripke-Gültigkeit in |Kρ ist, und die Erfüllbarkeit einer Formel in |K ist äquivalent<br />

zur Erfüllbarkeit in |Kρ. Damit lassen sich sehr viele Eigenschaften von |Kρ auf |K übertragen. Einige<br />

dieser Eigenschaften werden in den folgenden Korollaren bewiesen.<br />

2.106. Korollar (Eigenschaften für unvollständige Kontexte lassen sich auf unvollständige<br />

mehrwertigen Kontexte übertragen):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext und ρ ⊆ (W-{?}) τ . Dann gilt:<br />

(1) Imp(|Kρ) = Imp ρ (|K)<br />

(2) Erf(|Kρ) = Erf ρ G(|K)<br />

(3) Cons(Imp ρ (|K)) = Imp ρ (|K)<br />

(4) ConsErf(Erf ρ G(|K)) = Erf ρ G(|K)<br />

(5) Für A ⊆ M gilt A ‡z = {m ∈ M | A → m ∈ Erf ρ G(|K)}.<br />

Beweis:<br />

(1) folgt aus Satz 2.104.<br />

(2) gilt wegen Erf(|Kρ) = {A → B ∈ ImpM | A → B ist erfüllbar in |Kρ für alle g ∈ G τ } =2.105<br />

{A → B ∈ ImpM | A → B ist erfüllbar in |K für alle g ∈ G τ } = Erf ρ G(|K).<br />

(3) folgt mit Satz 2.40 aus (1).<br />

(4) folgt mit Satz 2.55 aus (2).<br />

(5) folgt mit Satz 2.58.(1) aus (2).<br />

❚<br />

Die Gleichung Erf(|Kρ) = Erf ρ (|K) ist im allgemeinen nicht richtig, weil die für alle Gegenstandstupel<br />

in |K erfüllbaren Implikationen nicht unbedingt im ganzen Kontext |K erfüllbar sein müssen<br />

(vgl. Beispiel 2.99).<br />

Die folgende Eigenschaft gilt in einwertigen Kontexten, also nach Satz 2.104 und Korollar 2.5 auch<br />

in vollständigen mehrwertigen Kontexten:<br />

111 vgl. Lemma 2.8<br />

112 vgl. Satz 2.104<br />

113 vgl. Definition 2.98<br />

98


2.107. Korollar (Implikationen sind genau dann gültig in einem vollständigen mehrwertigen<br />

Kontext, wenn alle Gegenstandsinhalte die Implikationen respektieren):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein vollständiger mehrwertiger Kontext und ρ ⊆ W τ . Für P ⊆ ImpM gilt<br />

genau dann P ⊆ Imp ρ (|K), wenn g' ∈ Resp(P) für alle g ∈ G τ gilt.<br />

❚<br />

Die folgenden <strong>bei</strong>den Sätze eignen sich gut zur Überprüfung, ob eine Implikation für ein<br />

Gegenstandstupel Kripke-gültig bzw. erfüllbar ist.<br />

2.108. Satz (Charakterisierung <strong>der</strong> Kripke-gültigen Implikationen eines Gegenstandstupels in<br />

unvollständigen mehrwertigen Kontexten):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext und ρ ⊆ (W-{?}) τ .<br />

Für A → B ∈ ImpM und g ∈ G τ sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ist Kripke-gültig für g<br />

(2) Mindestens eine <strong>der</strong> folgenden <strong>bei</strong>den Bedingungen ist erfüllt:<br />

(2a) Es gibt ein a ∈ A, so daß J τ (g, a) ∉ ρ für jede Vervollständigung J(⋅, a) : G → Wa-{?} <strong>der</strong><br />

Kontextspalte von a gilt.<br />

(2b) Für alle b ∈ B-A und alle Vervollständigungen J(⋅, b) : G → Wb-{?} <strong>der</strong> Kontextspalte von<br />

b gilt J τ (g, b) ∈ ρ.<br />

(3) Aus A ⊆ g z folgt B-A ⊆ g ‡ .<br />

Beweis:<br />

(1) ⇔ (3) folgt aus Satz 2.104 und Satz 2.57.<br />

Bedingung (2a) sagt aus, daß A keine Teilmenge von g z ist, und Bedingung (2b) sagt aus, daß<br />

B-A ⊆ g ‡ gilt, also gilt (2) ⇔ (3).<br />

❚<br />

2.109. Satz (Charakterisierung <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen eines Gegenstandstupels in<br />

unvollständigen mehrwertigen Kontexten):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext und ρ ⊆ (W-{?}) τ .<br />

Für A → B ∈ ImpM und g ∈ G τ sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ist erfüllbar für g<br />

(2) Mindestens eine <strong>der</strong> folgenden <strong>bei</strong>den Bedingungen ist erfüllt:<br />

(2a) Es gibt ein a ∈ A und eine Vervollständigung J(⋅, a) : G → Wa-{?} <strong>der</strong> Kontextspalte von a<br />

mit J τ (g, a) ∉ ρ.<br />

(2b) Für alle b ∈ B gibt es eine Vervollständigung J(⋅, b) : G → Wb-{?} <strong>der</strong> Kontextspalte von b<br />

mit J τ (g, b) ∈ ρ.<br />

(3) Aus A ⊆ g ‡ folgt B ⊆ g z .<br />

Beweis:<br />

Analog Satz 2.108.<br />

❚<br />

Aus diesen Sätzen folgt Imp ρ (|K) = {A → B | aus A ⊆ gz folgt B-A ⊆ g ‡ für alle g ∈ G τ } und<br />

Erf ρ G(|K) = {A → B | aus A ⊆ g ‡ folgt B ⊆ gz für alle g ∈ G τ }.<br />

Die unvollständigen Kontexte aus Kapitel 2.1 können auch als unvollständige mehrwertige Kontexte<br />

mit <strong>der</strong> Wertemenge Wm = {×, ?, o} für m ∈ M aufgefaßt werden. Auch die Definition <strong>der</strong><br />

Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Formeln in unvollständigen Kontexten stimmt mit <strong>der</strong><br />

Definition für unvollständige mehrwertige Kontexte überein, wenn man die einstellige Relation<br />

99


ρm = {×} für m ∈ M verwendet. Die Definition <strong>der</strong> Operatoren ‡ und z stimmen dann mit den<br />

Definitionen aus Kapitel 2.2 überein.<br />

Auch <strong>bei</strong> unvollständigen mehrwertigen Kontexten läßt sich durch die Verwendung von<br />

Rahmenkontexten Hintergrundwissen über die zu betrachtenden Kontexte angeben. Ein Rahmenkontext<br />

H ⊆ ℘(M) drückt aus, daß in dem (unbekannten) vollständigen mehrwertigen Kontext alle<br />

Formeln aus Th(H) gültig sind. Diese Eigenschaft ist wegen Satz 2.104 und Korollar 2.5 äquivalent<br />

zu <strong>der</strong> Eigenschaft, daß g' ∈ H für alle g ∈ G τ gilt. Der Rahmenkontext legt also auch <strong>bei</strong><br />

mehrwertigen Kontexten die möglichen Gegenstandsinhalte fest.<br />

Die Regeln (AX), (PS) und (H-EX) bilden zwar nicht für jede Relation ρ ein adäquates<br />

Regelsystem für die Implikationen <strong>bei</strong> mehrwertigen Kontexten, aber diese Regeln sind auch <strong>bei</strong><br />

mehrwertigen Kontexten korrekt, d.h. wenn eine Impliktion herleitbar ist, folgt sie auch semantisch.<br />

Dies wird im folgenden Satz bewiesen.<br />

2.110. Satz (Korrektheit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS) und (H-EX) für Kripke-Gültigkeit):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein vollständiger mehrwertiger Kontext, ρ ⊆ W τ , H ⊆ ℘(M), P ⊆ Imp ρ (|K)<br />

und g' ∈ H für alle g ∈ G τ . Dann gilt ConsH (P) ⊆ Imp ρ (|K).<br />

Beweis:<br />

Cons H (P) ⊆ Cons H (Imp ρ (|K)) =2.106.(1) Cons H (Imp(|Kρ)) =2.72.(1) Imp(|Kρ) =2.106.(1) Imp ρ (|K).<br />

❚<br />

Für spezielle Relationen ρ ist das Regelsystem nicht vollständig. Wenn z.B. ρm = Wm τ für alle<br />

m ∈ M ist, dann sind in einem (vollständigen o<strong>der</strong> unvollständigen) mehrwertigen Kontext alle<br />

Implikationen gültig, d.h. aus <strong>der</strong> leeren Implikationenmenge P = ∅ folgen alle Implikationen.<br />

Später wird jedoch gezeigt, daß das Regelsystem für praktische Anwendungen in den meisten<br />

Fällen vollständig ist. In den Sätzen 2.113 und 2.114 werden diejenigen Relationen charakterisiert,<br />

für die das Regelsystem vollständig ist. Dazu wird ein Begriff "separierend" definiert, welcher<br />

gerade diese Relationen beschreibt, d.h. man kann bereits an <strong>der</strong> Relation ρ und dem<br />

Rahmenkontext H ablesen, ob <strong>der</strong> Kalkül vollständig ist. Auch wenn über die Relation<br />

allquantifiziert wird, ist <strong>der</strong> Kalkül vollständig (vgl. Satz 2.120): Eine Implikation ist genau dann<br />

mit den Regeln (AX), (PS) und (H-EX) aus einer Menge von Implikationen herleitbar, wenn sie für<br />

alle Relationen ρ semantisch aus dieser Menge folgt.<br />

Es folgt nun zunächst ein Satz über die Abgeschlossenheit <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen gegenüber<br />

einigen Regeln:<br />

2.111. Satz (Korrektheit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PR) und (AU) für Erfüllbarkeit):<br />

Seien |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext und ρ ⊆ (W-{?}) τ . Dann ist<br />

Erf ρ (|K) bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX), (PR) und (AU) abgeschlossen.<br />

Beweis:<br />

Nach Korollar 2.106.(3) gilt A ∪ B → A ∈ Imp ρ (|K) ⊆ Erf ρ (|K), also ist Erf ρ (|K) bezüglich Regel<br />

(AX) abgeschlossen. Wenn A → B ∪ C ∈ Erf ρ (|K) gilt, dann gibt es eine Vervollständigung<br />

|K' ∈ V(|K) mit A → B ∪ C ∈ Imp ρ (|K'), also ist nach Korollar 2.106.(3) auch A → B in dieser<br />

Vervollständigung gültig, und es gilt A → B ∈ Erf ρ (|K). Damit ist Erf ρ (|K) bezüglich Regel (PR)<br />

100


abgeschlossen. Die Abgeschlossenheit bezüglich Regel (AU) folgt analog.<br />

❚<br />

Die Menge Erf ρ G(|K) ist zwar nach Korollar 2.106.(4) bezüglich <strong>der</strong> Regel (AD) abgeschlossen, die<br />

Menge Erf ρ (|K) jedoch im allgemeinen nicht. Sei |K <strong>der</strong> unvollständige mehrwertige Kontext<br />

|K a b c<br />

g ? 3 5<br />

h ? 4 6<br />

mit Wa = {1, 2, ?}, Wb = {3, 4, ?}, Wc = {5, 6, ?} und<br />

ρa = {(1,1), (1, 2), (2, 2)}, ρb = {(3, 3), (3, 4), (4, 4)}, ρc = {(5, 5), (6, 5), (6, 6)}.<br />

Dann ist die Implikation a → b erfüllbar, indem I(g, a) durch 1 und I(h, a) durch 2 ersetzt wird. Die<br />

Implikation a → c ist auch erfüllbar, indem I(g, a) durch 2 und I(h, a) durch 1 ersetzt wird. Die<br />

Implikation a → {b, c} ist jedoch nicht erfüllbar.<br />

2.112. Definition (separierende Relationen):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und ρ ⊆ W τ . ρ heißt separierend (bezüglich H), wenn es für alle A ∈ H und alle<br />

τ<br />

b ∈ M-A ein f ∈ ∏ W m mit f(b) ∉ ρb gibt, so daß für alle Abbildungen ϕ : {1, 2, ..., τ} → {1, 2, ...,<br />

m∈M<br />

τ} gilt:<br />

(1) f(m) ° ϕ ∈ ρm gilt für alle m ∈ A, 114 und<br />

(2) wenn es ein Merkmal a ∈ M-A mit f(a) ° ϕ ∈ ρa gibt, dann gilt M ∈ H und f(m) ° ϕ ∈ ρm für<br />

alle m ∈ M.<br />

Für separierende Relationen sind die Regeln (AX), (PS) und (H-EX) vollständig:<br />

2.113. Satz (Adäquatheit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS) und (H-EX) für separierende Relationen):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und ρ ⊆ W τ separierend. Für P ⊆ ImpM und A → B ∈ ImpM sind folgende<br />

Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ ConsH (P)<br />

(2) Für jeden vollständigen mehrwertigen Kontext |K = (G, M, W, I) mit P ⊆ Imp ρ (|K) und g' ∈ H<br />

für g ∈ G τ gilt A → B ∈ Imp ρ (|K)<br />

(3) Für jeden vollständigen mehrwertigen Kontext |K = (G, M, W, I) mit |G| = τ, P ⊆ Imp ρ (|K) und<br />

g' ∈ H für g ∈ G τ gilt A → B ∈ Imp ρ (|K)<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Nach Satz 2.110 folgt (2) aus (1).<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Trivial.<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Annahme: A → B ∉ Cons H (P)<br />

Nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) gilt ConsH (P) = Imp(Resp(P) ∩ H). Es gibt eine Menge<br />

C ∈ Resp(P) ∩ H und ein Merkmal b ∈ B mit A ⊆ C und b ∉ C.<br />

114 hier<strong>bei</strong> werden Tupel als Funktionen betrachtet, d.h. f ist eine Funktion f : M → ∪{Wm τ | m ∈ M} und f(m) für<br />

m ∈ M ist ebenfalls eine Funktion f(m) : {1, 2, ..., τ} → Wm, wo<strong>bei</strong> f(m)(j) für j ≤ τ die j-te Komponente des Tupels<br />

f(m) ist.<br />

101


τ<br />

Die Relation ρ ist separierend, also gibt es ein f ∈ ∏ W m mit f(b) ∉ ρb, so daß für alle Funktionen<br />

m∈M<br />

ϕ : {1, 2, ..., τ} → {1, 2, ..., τ} gilt:<br />

(1) f(m) ° ϕ ∈ ρm gilt für alle m ∈ C, und<br />

(2) wenn es ein Merkmal a ∈ M-C mit f(a) ° ϕ ∈ ρa gibt, dann gilt M ∈ H und f(m) ° ϕ ∈ ρm für<br />

alle m ∈ M.<br />

Sei |K = (G, M, W, I) mit G = {1, 2, ..., τ} und I(k, m) = f(m)(k) für 1 ≤ k ≤ τ und m ∈ M. Es wird<br />

zunächst gezeigt, daß g' ∈ H für alle g ∈ G τ gilt. Sei g ∈ G τ . Das Tupel g induziert eine Abbildung<br />

ϕ : {1, 2, ..., τ} → {1, 2, ..., τ} mit g = (ϕ(1), ϕ(2), ..., ϕ(n)). Für m ∈ M gilt I τ (g, m) = (f(m)(ϕ(1)),<br />

..., f(m)(ϕ(τ))) = f(m) ° ϕ, also g' = {m ∈ M | f(m) ° ϕ ∈ ρm}. Nach (1) gilt C ⊆ g'. Wenn g' = C ist<br />

gilt g' ∈ H, ansonsten gibt es ein a ∈ M-C mit f(a) ° ϕ ∈ ρa, also f(m) ° ϕ ∈ ρm für alle m ∈ M und<br />

g' = M ∈ H nach (2). Nun wird |K ]g ρ P bewiesen. Seien D → E ∈ P mit |K ]g ρ D.<br />

Fall 1: Es gibt ein Merkmal d ∈ D mit d ∈ M-C<br />

Es gilt f(d) ° ϕ ∈ ρd wegen |K ]g ρ D, also f(m) ° ϕ ∈ ρm für alle m ∈ M wegen (2), und somit gilt<br />

|K ]g ρ E.<br />

Fall 2: D ⊆ C<br />

Dann gilt E ⊆ C wegen C ∈ Resp(P), also gilt |K ]g ρ E wegen (1).<br />

In <strong>bei</strong>den Fällen gilt |K ]g ρ D → E, also P ⊆ Imp ρ (|K). Aus (3) folgt A → B ∈ Imp ρ (|K). Sei<br />

h = (1, 2, ..., τ) ∈ G τ . Wegen A ⊆ C und (1) gilt f(m) ∈ ρm für m ∈ A, also gilt A ⊆ {m ∈ M |<br />

(f(m)(1), f(m)(2), ..., f(m)(τ)) ∈ ρm} = {m ∈ M | (I(1, m), I(2, m), ..., I(τ, m)) ∈ ρm} = h' und somit<br />

|K ]h ρ A, also |K ]h ρ B und f(b) ∈ ρb. Dies ist ein Wi<strong>der</strong>spruch.<br />

❚<br />

Bei separierenden Relationen ist somit die syntaktische Herleitbarkeit äquivalent zur semantischen<br />

Folgerbarkeit. Umgekehrt folgt aus dieser Äquivalenz schon, daß ρ separierend ist, d.h. ρ ist genau<br />

dann separierend, wenn das Regelsystem vollständig ist. Dies wird in dem folgenden Satz<br />

bewiesen:<br />

2.114. Satz (Wenn <strong>der</strong> Kalkül vollständig ist, ist die Relation separierend):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und ρ ⊆ W τ . Wenn die Regeln (AX), (PS) und (H-EX) vollständig sind, dann ist<br />

ρ separierend.<br />

Beweis:<br />

Seien A ∈ H und b ∈ M-A. Sei P = Imp({A}) = {C → D ∈ ImpM | aus C ⊆ A folgt D ⊆ A}. Dann<br />

gilt A → b ∉ Imp(Resp(P) ∩ H) = ConsH (P) wegen A ∈ Resp(P) ∩ H und Satz 2.71 (Äquivalenz<br />

(1) ⇔ (2)). Somit gibt es einen vollständigen mehrwertigen Kontext |K = (G, M, W, I) mit P ⊆<br />

Imp ρ (|K), g' ∈ H für g ∈ G τ und A → b ∉ Imp(|K). Sei g = (g1, g2, ..., gτ) ∈ G τ mit |K bg ρ A → b.<br />

τ<br />

Sei f ∈ ∏ Wm mit f(m) = I<br />

m∈M<br />

τ (g, m) für m ∈ M. Wegen |K bg ρ A → b gilt f(b) ∉ ρb.<br />

Sei ϕ : {1, 2, ..., τ} → {1, 2, ..., τ} eine Abbildung. Sei h = (gϕ(1), gϕ(2), ..., gϕ(τ)). Dann gilt h' = {m ∈<br />

M | f(m) ° ϕ ∈ ρm} wegen I τ (h, m) = (f(m)(ϕ(1)), ..., f(m)(ϕ(τ))) = f(m) ° ϕ. Wegen ∅ → A ∈ P ⊆<br />

Imp ρ (|K) gilt A ⊆ h', also f(m) ° ϕ ∈ ρm für m ∈ A. Wenn es ein Merkmal a ∈ M-A mit f(a) ° ϕ ∈ ρa<br />

gibt, dann gilt a ∈ h', also f(m) ° ϕ ∈ ρm für alle m ∈ M wegen a → M ∈ P ⊆ Imp ρ (|K), und es gilt<br />

M = h' ∈ H. Damit ist ρ separierend.<br />

❚<br />

102


Der folgende Satz liefert eine für die Praxis nützliche hinreichende Bedingung dafür, daß ρ<br />

separierend ist.<br />

2.115. Satz (Wenn ein konstantes Tupel in Relation steht, und ein an<strong>der</strong>es konstantes Tupel<br />

nicht in Relation steht, ist die Relation separierend):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und ρ ⊆ W τ . Für m ∈ M seien vm, wm ∈ Wm mit (vm, vm, ..., vm) ∈ ρm und<br />

(wm, wm, ..., wm) ∉ ρm. Dann ist ρ separierend.<br />

Beweis:<br />

Seien A ∈ H und b ∈ M-A. Für m ∈ A sei f(m) = (vm, vm, ..., vm) und für m ∈ M-A sei f(m) = (wm,<br />

wm, ..., wm). Dann gilt f(b) ∉ ρb, und für alle ϕ : {1, 2, ..., τ} → {1, 2, ..., τ} gilt:<br />

(1) f(m) ° ϕ ∈ ρm gilt für alle m ∈ A, und<br />

(2) es gibt kein Merkmal a ∈ M-A mit f(a) ° ϕ ∈ ρa<br />

Damit ist ρ separierend.<br />

❚<br />

Wenn also ein konstantes Tupel in Relation steht, und ein an<strong>der</strong>es konstantes Tupel nicht in<br />

Relation steht, ist die Relation separierend. Daraus folgt auch die Existenz von separierenden<br />

Relationen:<br />

2.116. Korollar (Auf je<strong>der</strong> nichttrivialen Wertemenge existieren separierende Relationen):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |Wm| > 1 für alle m ∈ M und τ > 0. Dann existiert eine separierende Relation<br />

ρ ⊆ W τ .<br />

❚<br />

Offensichtlich sind separierende Relationen gegenüber Erweiterung <strong>der</strong> Wertemenge<br />

abgeschlossen, d.h. wenn ρ ⊆ W τ separierend ist, und W ⊆ W' ist, dann ist auch ρ in <strong>der</strong><br />

Wertemenge W' separierend. Jede Relation läßt sich in kanonischer Weise in eine separierende<br />

Relation transformieren:<br />

2.117. Satz (Durch geeignete Erweiterung <strong>der</strong> Wertemenge und <strong>der</strong> Relation erhält man eine<br />

separierende Relation):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und θ = (θm)m∈M ⊆ W τ mit τ > 0. Sei W ⎯ m := Wm ∪ {Y, Z} für m ∈ M. 115 Sei ρm<br />

:= θm ∪ {w ∈ (W ⎯ m) τ | w enthält mindestens ein Y, aber kein Z} für m ∈ M. Dann ist ρ separierend,<br />

und für jeden unvollständigen mehrwertigen Kontext |K = (G, M, W ⎯ , I) gilt Erf ρ (|K) = Erf ρ G(|K).<br />

Beweis:<br />

Es gilt (Y, Y, ..., Y) ∈ ρm und (Z, Z, ..., Z) ∉ ρm für m ∈ M, also ist ρ nach Satz 2.115<br />

separierend. Die Inklusion Erf ρ (|K) ⊆ Erf ρ G(|K) ist trivial. Sei nun A → B ∈ Erf ρ G(|K).<br />

Annahme: A → B ∉ Erf ρ (|K)<br />

Sei |K' = (G, M, W ⎯ , J) ∈ V(|K) diejenige Vervollständigung von |K, die man erhält, wenn man in den<br />

Spalten von A in |K alle Fragezeichen durch den Wert Z ersetzt, und in den Spalten von M-A in |K<br />

alle Fragezeichen durch den Wert Y ersetzt. Wegen A → B ∉ Erf ρ (|K) gilt A → B ∉ Imp ρ (|K'). Die<br />

Menge Imp ρ (|K') ist nach Korollar 2.106.(3) und Lemma 2.39 bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX) und (AD)<br />

abgeschlossen, also gibt es ein b ∈ B-A mit A → b ∉ Imp ρ (|K'). Sei g = (g1, g2, ..., gτ) ∈ G τ mit<br />

115 Hier<strong>bei</strong> wird vorausgesetzt, daß <strong>der</strong> Wert Z noch nicht in <strong>der</strong> Wertemenge Wm vorkommt, für m ∈ M.<br />

103


|K bg ρ A → b. Dann gilt J τ (g, a) ∈ ρa für alle a ∈ A und J τ (g, b) ∉ ρb. Somit gilt J(gi, a) ≠ Z für alle<br />

a ∈ A und i ≤ τ, also I(gi, a) ∉ {?, Z} nach Definition von |K'. Somit gilt I τ (g, a) ∈ ρa für alle a ∈ A.<br />

Wegen A → B ∈ Erf ρ G(|K) gilt I(gi, b) ≠ Z für i ≤ τ, also auch J(gi, b) ≠ Z wegen b ∈ M-A. Damit<br />

gilt J(gi, b) ≠ Y wegen J τ (g, b) ∉ ρb. Nach Definition von |K' gilt I(gi, b) ∉ {?, Y}, also gilt<br />

I τ (g, b) ∉ ρb und somit ist A → b für das Tupel g in |K nicht erfüllbar, was nach Regel (PR) wegen<br />

Korollar 2.106.(4) ein Wi<strong>der</strong>spruch zu A → B ∈ Erf ρ G(|K) ist.<br />

❚<br />

Die in <strong>der</strong> Praxis am häufigsten verwendeten Relationen sind ρ = idW für die funktionale<br />

Abhängigkeit und ρ = ≤ für die ordinale Abhängigkeit. Zwar läßt sich Satz 2.115 nicht auf diese<br />

Relationen anwenden, jedoch sind diese Relationen in den meisten Fällen auch separierend, was im<br />

folgenden Satz gezeigt wird.<br />

2.118. Lemma (Charakterisierung <strong>der</strong> separierenden Ordnungen):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und ≤m eine Ordnung auf Wm für alle m ∈ M. Die Relation ρ = (ρm)m∈M :=<br />

(≤m)m∈M ist genau dann separierend, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:<br />

(1) H ≠ ∅ impliziert M ∈ H,<br />

(2) für alle A ∈ H und c ∈ M-A gilt: ≤c = idW impliziert {m ∈ M | ≤m ist eine Kette} ⊆ A.<br />

c<br />

Beweis:<br />

'⇒':<br />

Sei ρ separierend. Für H = ∅ sind die <strong>bei</strong>den Bedingungen erfüllt, also sei nun H ≠ ∅. Dann gibt<br />

es ein A ∈ H. Wenn A = M ist, dann gilt (1), also sei nun A ≠ M. Dann gibt es ein b ∈ M-A. Sei<br />

ϕ : {1, 2} → {1, 2} die konstante Abbildung ϕ(1) = 1 = ϕ(2). Dann gilt f(b) ° ϕ ∈ ρb, also M ∈ H,<br />

denn ρ ist separierend. Damit ist (1) bewiesen. Seien nun A ∈ H und c ∈ M-A mit ≤c = idW . Sei c<br />

b ∈ M, so daß ≤b eine Kette ist.<br />

Annahme: b ∉ A<br />

τ<br />

Da ρ separierend ist, gibt es ein f ∈ ∏ W m mit f(b) ∉ ρb, so daß für alle Abbildungen ϕ : {1, 2} →<br />

m∈M<br />

{1, 2} gilt:<br />

• wenn es ein Merkmal a ∈ M-A mit f(a) ° ϕ ∈ ρa gibt, dann gilt M ∈ H und f(m) ° ϕ ∈ ρm für<br />

alle m ∈ M.<br />

Wegen f(b) ∉ ρb gilt f(b)(2) < f(b)(1), weil Wb eine Kette ist. Für ϕ = id{1,2} folgt aus c ∈ M-A, daß<br />

f(c)(1) ≠ f(c)(2) ist, denn sonst wäre f(m) ° ϕ ∈ ρm für alle m ∈ M, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu (f(b)(1),<br />

f(b)(2)) ∉ ρb ist. Sei nun ϕ(n) = 3-n für n ∈ {1, 2}. Dann gilt f(b) ° ϕ ∈ ρb, also f(m) ° ϕ ∈ ρm für<br />

alle m ∈ M, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu ≤c = idW ist. c<br />

'⇐':<br />

Seien (1) und (2) erfüllt. Seien A ∈ H und b ∈ M-A. Nach (1) gilt M ∈ H.<br />

Fall 1: Es gibt ein c ∈ M-A mit ≤c = idW c .<br />

Nach (2) gibt es für alle m ∈ M-A ein unvergleichbares Paar (vm, wm) in (Wm, ≤m). Für m ∈ A sei<br />

vm ∈ Wm beliebig. Sei f(a) = (va, va) für a ∈ A und f(m) = (wm, vm) für m ∈ M-A. Dann gilt<br />

f(b) ∉ ρb wegen b ∉ A.<br />

Für ϕ : {1, 2} → {1, 2} gilt:<br />

• f(m) ° ϕ ∈ ρm gilt für alle m ∈ A, und<br />

• wenn es ein Merkmal a ∈ M-A mit f(a) ° ϕ ∈ ρa gibt, dann gilt M ∈ H und f(m) ° ϕ ∈ ρm für<br />

alle m ∈ M.<br />

104


Fall 2: Für alle c ∈ M-A gilt ≤c ≠ idW . c<br />

Für alle m ∈ M-A gibt es vm, wm ∈ Wm mit vm < wm. Für m ∈ A sei vm ∈ Wm beliebig.<br />

Die Funktion f wird analog Fall 1 definiert, und f erfüllt auch hier die gefor<strong>der</strong>ten Eigenschaften.<br />

Damit ist ρ separierend.<br />

❚<br />

2.119. Korollar (Hinreichende Bedingung für separierende Ordnungen):<br />

Wenn M ein Element des Rahmenkontextes ist, und |Wm| > 1 für m ∈ M ist, dann gilt:<br />

(1) Wenn alle Ordnungen ≤m für m ∈ M nicht trivial sind (d.h. ≤m ≠ idW m ), dann ist ρ = (≤m)m∈M<br />

separierend.<br />

(2) Wenn alle Ordnungen ≤m für m ∈ M unvergleichbare Elemente enthalten, dann ist ρ = (≤m)m∈M<br />

separierend.<br />

(3) ρ = (idW m )m∈M ist separierend.<br />

❚<br />

Wenn man über die Relation ρ quantifiziert, bilden die Regeln (AX), (PS) und (H-EX) auch ein<br />

adäquates Regelsystem, d.h. es gilt folgen<strong>der</strong> Satz:<br />

2.120. Satz (Adäquatheit <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS) und (H-EX)):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |Wm| > 1 für m ∈ M, P ⊆ ImpM und A → B ∈ ImpM. Dann sind folgende<br />

Aussagen äquivalent:<br />

(1) A → B ∈ ConsH (P)<br />

(2) Für alle τ ≥ 0, ρ ⊆ W τ und alle vollständigen mehrwertigen Kontexte |K = (G, M, W, I) mit<br />

P ⊆ Imp ρ (|K) und g' ∈ H für g ∈ G τ gilt A → B ∈ Imp ρ (|K).<br />

(3) Für alle τ ≥ 0 und alle separierenden Relationen ρ ⊆ W τ und alle vollständigen mehrwertigen<br />

Kontexte |K = (G, M, W, I) mit P ⊆ Imp ρ (|K) und g' ∈ H für g ∈ G τ gilt A → B ∈ Imp ρ (|K).<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Nach Satz 2.110 folgt (2) aus (1).<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Trivial.<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Nach Korollar 2.116 existiert eine separierende Relation, also folgt (1) aus (3) mit Satz 2.113.<br />

❚<br />

Eine Implikation ist somit genau dann mit den Regeln (AX), (PS) und (H-EX) aus einer Menge P<br />

von Implikationen herleitbar, wenn sie für alle Relationen ρ semantisch aus P folgt, und dies ist<br />

auch äquivalent dazu, daß die Implikation für alle separierenden Relationen ρ semantisch aus P<br />

folgt.<br />

105


106


3. Merkmalexploration<br />

Sei |K 8 ein vollständiger (einwertiger o<strong>der</strong> mehrwertiger) Kontext (auch Universum genannt), wo<strong>bei</strong><br />

nicht alle Informationen von |K bekannt sind. Bei <strong>der</strong> Merkmalexploration werden dem Benutzer<br />

durch ein Computerprogramm Fragen nach <strong>der</strong> Gültigkeit von Implikationen im Universum |K 8<br />

gestellt. Ziel <strong>der</strong> Merkmalexploration ist es, möglichst viele Informationen über die in |K 8 gültigen<br />

Implikationen zu erhalten, und eine möglichst vollständige Liste von Gegen<strong>bei</strong>spielen zu allen im<br />

Universum nicht gültigen Implikationen zu erhalten, auch wenn <strong>der</strong> Benutzer nicht alle Fragen<br />

vollständig beantworten kann.<br />

Damit <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration nicht nach unnötig vielen Implikationen gefragt werden muß, wird nur<br />

eine Basis <strong>der</strong> gültigen Implikationen generiert, alle weiteren Implikationen lassen sich mit Hilfe<br />

<strong>der</strong> Regeln (AX), (PS) und (H-EX) ableiten. Dazu wird in Kapitel 3.1.1 die Duquenne-Gigue-Basis<br />

aus [Ganter98] (Kapitel 1.3) verallgemeinert. Die Basis ist eine irredundante Menge von<br />

Implikationen. Wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext ein Hüllensystem ist, dann ist auch die Anzahl <strong>der</strong><br />

Implikationen <strong>der</strong> Duquenne-Gigue-Basis minimal, d.h. es gibt keine Menge mit weniger<br />

Implikationen, welche die gleiche Menge von Implikationen erzeugt.<br />

Während <strong>der</strong> Exploration lassen sich einige Fragezeichen des aktuellen unvollständigen Kontextes<br />

durch bekanntes Wissen beseitigen. Dazu wird in Kapitel 3.1.2 die Fragezeichenreduktion definiert,<br />

und es werden einige Bedingungen angegeben, wie man den fragezeichenreduzierten Kontext<br />

effizient berechnen kann.<br />

In Kapitel 3.1.3 wird <strong>der</strong> Explorationsalgorithmus angegeben und es werden die wichtigsten<br />

Eigenschaften <strong>der</strong> Exploration erläutert. Hier<strong>bei</strong> wird sowohl unvollständiges Kontextwissen als<br />

auch unvollständiges Implikationenwissen berücksichtigt. Um nach <strong>der</strong> Exploration vollständiges<br />

Wissen über Teilkontexte zu erhalten, werden in Kapitel 3.1.4 die Einschränkung <strong>der</strong><br />

Merkmalsmenge und <strong>der</strong> Gegenstandsmenge untersucht. Durch eine geeignete Wahl einer<br />

Teilmenge T ⊆ M (bzw. T ⊆ G) erhält <strong>der</strong> Experte nach <strong>der</strong> Exploration vollständiges Wissen über<br />

die im Teiluniversum |K 8 |T gültigen Implikationen.<br />

In Kapitel 3.2 wird die Exploration auch für mehrwertige Kontexte definiert. Die meisten Sätze<br />

über die einwertige Exploration lassen sich auch auf die mehrwertige Exploration übertragen.<br />

107


3.1 Merkmalexploration mit einwertigem Universum<br />

3.1.1 Pseudoabgeschlossene Mengen<br />

Um redundante Implikationen einer Implikationenmenge P zu beseitigen läßt sich mit Hilfe von<br />

pseudoabgeschlossenen Mengen eine Basis konstruieren, d.h. eine Menge von Implikationen,<br />

welche die gleichen Implikationen erzeugt wie P, aber jede echte Teilmenge kein Erzeugendensystem<br />

mehr ist. In diesem Kapitel wird die Basis, die von Duquenne und Gigue aufgestellt wurde,<br />

auf Implikationen bezüglich eines Rahmenkontextes so verallgemeinert, daß sie auch für die<br />

Merkmalexploration mit unvollständigen Kontexten verwendet werden kann.<br />

3.1. Definition (P-Inhalt, P-pseudoabgeschlossen, Basis):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), P ⊆ ImpM und A ⊆ M. A heißt P-Inhalt bezüglich H, wenn A ein Begriffsinhalt<br />

von |K H P ist. 116 A heißt P-pseudoabgeschlossen bezüglich H (o<strong>der</strong> auch P-Pseudoinhalt bezüglich<br />

H), wenn A ein Element aus H ist, welches kein P-Inhalt bezüglich H ist, und {m ∈ M | B → m ∈<br />

ConsErf(P)} ⊆ A gilt, für alle echten Teilmengen B ⊂ A, die P-pseudoabgeschlossenen bezüglich H<br />

sind. 117<br />

P heißt Basis von Q ⊆ ImpM bezüglich H, wenn ConsH (P) = ConsH (Q) gilt, und<br />

Cons H (P') ≠ Cons H (Q) für alle echten Teilmengen P' ⊂ P ist.<br />

Wenn aus dem Zusammenhang klar ist, welcher Rahmenkontext H gemeint ist, werden im<br />

folgenden die Bezeichnungen "P-Inhalt" und "P-pseudoabgeschlossen" anstatt "P-Inhalt bezüglich<br />

H" bzw. "P-pseudoabgeschlossen bezüglich H" verwendet.<br />

In <strong>der</strong> Literatur wird <strong>der</strong> Begriff Pseudoinhalt häufig nicht für Implikationenmengen son<strong>der</strong>n für<br />

einwertige Kontexte definiert: Eine Menge A ist ein Pseudoinhalt eines Kontextes |K, wenn A nach<br />

obiger Definition Imp(|K)-pseudoabgeschlossen bezüglich H = ℘(M) ist. Die Bedingung {m ∈ M |<br />

B → m ∈ ConsErf(P)} ⊆ A für P = Imp(|K) ist da<strong>bei</strong> äquivalent zu B'' ⊆ A, weil ConsErf(Imp(|K))<br />

=2.40 Imp(|K) und B'' =2.35 {m ∈ M | B → m ∈ Imp(|K)} gilt. Die Imp(|K)-Inhalte sind genau die<br />

Begriffsinhalte von |K.<br />

Auch im allgemeinen Fall kann die Bedingung B → m ∈ ConsErf(P) leicht überprüft werden, ohne<br />

den Beweisbaum mit den Regeln (AX), (AU), (PR) und (AD) zu konstruieren, denn aus Satz 2.55<br />

folgt {m ∈ M | B → m ∈ ConsErf(P)} = B ∪ ∪{D ⊆ M | C → D ∈ P, C ⊆ B}, d.h. B → m ∈<br />

ConsErf(P) gilt genau dann, wenn m ∈ B ist, o<strong>der</strong> m ∈ D für ein C → D ∈ P mit C ⊆ B ist.<br />

Der folgende Satz liefert mehrere Charakterisierungen von P-Inhalten, damit <strong>der</strong> Kontext |K P H nicht<br />

mehr gebraucht wird, um zu überprüfen, ob eine Menge A ⊆ M ein P-Inhalt ist.<br />

3.2. Satz (Charakterisierung von P-Inhalten):<br />

Für H ⊆ ℘(M), P ⊆ ImpM und A ⊆ M sind äquivalent:<br />

(1) A ist ein P-Inhalt bezüglich H<br />

116 vgl. Definition 2.74<br />

117 vgl. auch Bemerkung 3.10 über den Zusammenhang zu <strong>der</strong> Definition von pseudoabgeschlossen in [Ganter98]<br />

108


(2) A ∈ Resp(ConsH (P))<br />

(3) A = ConsH (P)<br />

Wenn A ∈ H ist, dann ist jede <strong>der</strong> folgenden Bedingungen ebenfalls äquivalent zu (1)-(3):<br />

(4) A ∈ Resp(P)<br />

(5) A = P<br />

(6) A = {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)}<br />

Beweis:<br />

Nach Lemma 2.75.(3) gilt (1) ⇔ (2).<br />

Nach Satz 2.31 gilt (2) ⇔ (3).<br />

Sei nun A ∈ H.<br />

Nach Lemma 2.73.(1) gilt (2) ⇔ (4).<br />

Nach Satz 2.31 gilt (4) ⇔ (5).<br />

Es gilt A ⊆ {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} ⊆2.31 Cons H (P) , also gilt (3) ⇒ (6).<br />

Es wird nun (6) ⇒ (4) bewiesen. Gelte (6) und sei C → D ∈ P mit C ⊆ A. Dann gilt<br />

A → D ∈ ConsErf(P) nach Regel (AU), und A → m ∈ ConsErf(P) für m ∈ D nach Regel (PR).<br />

Damit gilt D ⊆ {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} =(6) A, also respektiert A die Implikation C → D,<br />

und es gilt (4).<br />

❚<br />

Die P-Inhalte sind also genau die Elemente des Hüllensystems Resp(ConsH (P)). Da <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration alle verwendeten P-Inhalte im Rahmenkontext H liegen, sind diese P-Inhalte<br />

gerade die Hüllen bezüglich P, d.h. diejenigen Mengen A ∈ H mit A = P.<br />

3.3. Lemma (Für jede P-pseudoabgeschlossene Menge A gibt es ein m ∈ M-A mit, so daß<br />

A → m aus P mit den Regeln (AX), (PR), (AU) und (AD) herleitbar ist):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), P ⊆ ImpM und A ⊆ M, so daß A P-pseudoabgeschlossen bezüglich H ist. Dann<br />

ist A eine echte Teilmenge von {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)}.<br />

Beweis:<br />

A ist eine Teilmenge von {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} nach Regel (AX). Die Menge A ist<br />

P-pseudoabgeschlossen, also kein P-Inhalt, somit gilt A ≠ {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} nach<br />

Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)).<br />

❚<br />

Wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext ein Hüllensystem ist, dann bilden die P-pseudoabgeschlossenen Mengen<br />

zusammen mit den P-Inhalten ein Hüllensystem. Der folgende Satz ist eine Verallgemeinerung<br />

dieser Aussage, welcher auch negierte Merkmale berücksichtigt. Dieser Satz wird in Kapitel 3.1.5<br />

verwendet, um <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration mit speziellen Rahmenkontexten <strong>der</strong> Reihe nach alle<br />

P-pseudoabgeschlossenen Mengen aufzustellen.<br />

3.4. Satz (Hüllensystem von P-Inhalten und P-pseudoabgeschlossenen Mengen): 118<br />

Seien M eine endliche Menge, M+, M- zwei disjunkte Teilmengen von M und ⎯ : M+ → M- eine<br />

bijektive Abbildung. Seien P, H ⊆ ImpM, T ⊆ M+ und H = VKon( ⎯ ) ∩ Resp(H). Sei 8T := {A ⊆<br />

M | T ∪ (M-- T) ⊆ A und A ist entwe<strong>der</strong> ein P-Inhalt bezüglich H o<strong>der</strong> P-pseudoabgeschlossen<br />

bezüglich H}.<br />

118 einen ähnlichen Satz ohne Rahmenkontexte findet man in [GanterWille], Kapitel 2.3<br />

109


Für A ⊆ M Seien A1 = A ∪ T ∪ (M-- T ) und Ai+1 := Imp(H) für i ≥ 1.<br />

Sei A • = A . Dann ist • : ℘(M) → ℘(M) ein Hüllenoperator und 8T das zugehörige<br />

110<br />

i≥1<br />

Hüllensystem.<br />

i<br />

Beweis:<br />

Sei A ⊆ M. Es wird nun bewiesen, daß A • die kleinste Obermenge von A ist, welche ein Element<br />

aus 8T ist. Sei B ∈ 8T mit A ⊆ B.<br />

Behauptung: Ai ⊆ B für alle i ≥ 1.<br />

Beweis durch Induktion:<br />

A1 ⊆ B folgt direkt aus <strong>der</strong> Definition von 8T.<br />

Gelte nun Ai ⊆ B für ein i ≥ 1.<br />

Da B entwe<strong>der</strong> ein P-Inhalt o<strong>der</strong> P-pseudoabgeschlossen bezüglich H ist, gilt in <strong>bei</strong>den<br />

Fällen Ai ∪ {m ∈ M | C → m ∈ ConsErf(P) für eine P-pseudoabgeschlossene echte<br />

Teilmenge C ⊂ Ai} ⊆ B nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)). Wenn B P-pseudoabgeschlossen<br />

ist, dann gilt B ∈ H ⊆ Resp(Imp(H)), und wenn B ein P-Inhalt ist, dann gilt<br />

B ∈ Resp(ConsH (P)) nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)), also B ∈ Resp(Imp(H)) wegen<br />

Imp(H) ⊆ Imp(Resp(P) ∩ H) =2.71 ConsH (P). In <strong>bei</strong>den Fällen gilt Ai+1 ⊆ B nach Lemma<br />

2.31.<br />

Damit gilt A • ⊆ B. Es wird nun gezeigt, daß A • ∈ 8T gilt. Da M endlich ist, gibt es ein j ≥ 1 mit Aj<br />

= Aj+1 = A • , und für alle C → D ∈ P mit einer P-pseudoabgeschlossenen echten Teilmenge C ⊂ A •<br />

= Aj gilt D ⊆ Aj+1 = A • nach Regel (PR). Wenn A • ∉ H ist, dann gilt A • = Aj = M ∈ 8T wegen<br />

Aj ∈ Resp(Imp(H)) und {m, m} → M ∈ Imp(H) für m ∈ M+, und wenn A • ∈ H ist, dann ist A •<br />

nach dem eben Gezeigten entwe<strong>der</strong> ein P-Inhalt, o<strong>der</strong> P-pseudoabgeschlossen, also gilt hier<br />

ebenfalls A • ∈ 8T. Die Menge A • ist somit die kleinste Obermenge von A, welche ein Element aus<br />

8T ist, also ist • ein Hüllenoperator, und es gilt 8T = {A ⊆ M | A = A • }. Somit ist 8T das<br />

zugehörige Hüllensystem.<br />

❚<br />

Bei diesem Satz enthält <strong>der</strong> Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ) ∩ Resp(H) sowohl Informationen über<br />

negierte Merkmale, als auch über die Implikationenmenge H. Für jede vollständig konsistente<br />

Menge A ⊆ M gibt es (genau) eine Menge T ⊆ M+ mit T ∪ (M-- T) ⊆ A. Hier<strong>bei</strong> ist T ∪ (M-- T)<br />

die kleinste vollständig konsistente Teilmenge von A. Das Mengensystem 8T-{M} besteht genau<br />

aus den vollständig konsistenten Mengen, welche T ∪ (M-- T ) enthalten, und entwe<strong>der</strong> P-Inhalte<br />

o<strong>der</strong> P-pseudoabgeschlossen sind, insbeson<strong>der</strong>e gilt 8T ⊆ H ∪ {M} wegen {m, m } → M ∈<br />

Imp(H) für m ∈ M+. Mit Hilfe <strong>der</strong> Definition des zugehörigen Hüllenoperators • kann man zu je<strong>der</strong><br />

Menge A ⊆ M relativ einfach die Hülle A • von A bezüglich des Hüllensystems 8T bestimmen,<br />

wenn man bereits alle P-pseudoabgeschlossenen echten Teilmengen von A konstruiert hat. Eine<br />

praktische Anwendung dieses Satzes befindet sich in Kapitel 3.1.5.<br />

Durch Hinzunahme <strong>der</strong> Menge M zu einem Rahmenkontext än<strong>der</strong>t sich we<strong>der</strong> die Menge <strong>der</strong><br />

P-Inhalte noch die Menge <strong>der</strong> P-pseudoabgeschlossenen Mengen.


3.5. Lemma (Erweiterung des Rahmenkontextes um die gesamte Merkmalsmenge):<br />

Seien P ⊆ ImpM, H ⊆ ℘(M) und H' = H ∪ {M}. Dann sind die P-Inhalte bezüglich H genau die<br />

P-Inhalte bezüglich H', und die bezüglich H P-pseudoabgeschlossenen Mengen sind genau die<br />

bezüglich H' P-pseudoabgeschlossenen Mengen.<br />

Beweis:<br />

Die Mengensysteme Resp(P) ∩ H und Resp(P) ∩ H' erzeugen die gleichen Hüllensysteme. Damit<br />

gilt ConsH (P) =2.71 Imp(Resp(P) ∩ H) =2.30 Imp(Resp(Imp(Resp(P) ∩ H))) =2.34<br />

Imp(Resp(Imp(Resp(P))) ∩ H') =2.30 Imp(Resp(P) ∩ H') =2.71 ConsH' (P).<br />

Nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) sind die P-Inhalte bezüglich H genau die P-Inhalte bezüglich<br />

H'. Die zweite Behauptung folgt direkt aus <strong>der</strong> Definition von P-pseudoabgeschlossen, weil M ein<br />

P-Inhalt ist.<br />

❚<br />

Der folgende Satz ist eine Verallgemeinerung von Proposition 24 aus [GanterWille99] auf<br />

Rahmenkontexte:<br />

3.6. Satz (Durchschnitt unvergleichbarer P-pseudoabgeschlossener Mengen ist <strong>bei</strong> Hüllensystemen<br />

ein P-Inhalt):<br />

Sei H ⊆ ℘(M) ein Mengensystem (für eine endliche Menge M), welches gegenüber zweistelligen<br />

Durchschnitten abgeschlossen ist und P ⊆ ImpM. Seien A und B zwei unvergleichbare Mengen, die<br />

P-pseudoabgeschlossen bezüglich H sind. Dann ist A ∩ B ein P-Inhalt.<br />

Beweis:<br />

Sei H' = H ∪ {M}, dann ist H' ein Hüllensystem, weil M endlich ist. Nach Lemma 3.5 sind A und<br />

B P-pseudoabgeschlossen bezüglich H'. Nach Satz 3.4 (mit M+ = ∅ und H = Imp(H')) ist A ∩ B<br />

entwe<strong>der</strong> ein P-Inhalt bezüglich H' o<strong>der</strong> P-pseudoabgeschlossen bezüglich H'. Es gilt A ∈ H' und<br />

B ∈ H', also auch A ∩ B ∈ H'. Wenn A ∩ B bezüglich H' P-pseudoabgeschlossen ist, dann gibt es<br />

nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (4)) eine Implikation C → D ∈ P mit C ⊆ A ∩ B und d ∉ A ∩ B<br />

für ein d ∈ D. Nach Regel (AU) und (PR) gilt A ∩ B → d ∈ ConsErf(P), und da A P-pseudoabgeschlossen<br />

bezüglich H' ist, gilt d ∈ A, denn A und B sind unvergleichbar. Analog gilt<br />

d ∈ B, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu d ∉ A ∩ B ist. Damit ist A ∩ B ein P-Inhalt bezüglich H', und nach<br />

Lemma 3.5 auch bezüglich H.<br />

❚<br />

Wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext nicht bezüglich Durchschnitten abgeschlossen ist, dann ist <strong>der</strong><br />

Durchschnitt von P-pseudoabgeschlossenen Mengen im allgemeinen kein P-Inhalt. Wenn zum<br />

Beispiel H = {A, B} für zwei unvergleichbare Mengen A, B ⊆ M gilt, und P = ImpM ist, dann sind<br />

A und B P-pseudoabgeschlossen bezüglich H, aber A ∩ B we<strong>der</strong> ein P-Inhalt noch P-pseudoabgeschlossen<br />

bezüglich H, weil P-pseudoabgeschlossene Mengen im Rahmenkontext liegen müssen.<br />

Um in <strong>der</strong> Praxis nicht unnötig viele Implikationen speichern zu müssen, ist es häufig sinnvoll, eine<br />

Basis <strong>der</strong> verwendeten Implikationenmengen zu konstruieren. Insbeson<strong>der</strong>e enthält Erf(|K) für einen<br />

unvollständigen Kontext |K sehr viele Implikationen. Es gibt mehrere Algorithmen, eine Basis zu<br />

konstruieren. Eine mögliche Basis wird in <strong>der</strong> folgenden Definition angegeben.<br />

111


3.7. Definition (DGBH (P)):<br />

Für H ⊆ ℘(M) und P ⊆ ImpM sei DGBH (P) :=<br />

{A → {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} | A ist P-pseudoabgeschlossen bezüglich H}.<br />

3.8. Satz (Duquenne-Gigue-Basis):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), P ⊆ ImpM. Dann ist DGB H (P) eine Basis von P bezüglich H. Diese Basis heißt<br />

Duquenne-Gigue-Basis.<br />

Beweis: 119<br />

Es wird zunächst Cons H (DGB H (P)) = Cons H (P) bewiesen:<br />

Jede Implikation A → {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} ∈ DGB H (P) ist nach Regel (AD) ein<br />

Element von ConsH (P), also gilt ConsH (DGBH (P)) ⊆ ConsH (P).<br />

Um die umgekehrte Inklusion zu zeigen, wird zunächst RespH (DGBH (P)) ⊆ RespH (P) bewiesen.<br />

Sei A ∈ RespH (DGBH (P)), dann gilt A ∈ H. Für alle P-pseudoabgeschlossenen echten Teilmengen<br />

B von A gilt {m ∈ M | B → m ∈ ConsErf(P)} ⊆ A, weil A die Implikation B → {m ∈ M | B → m ∈<br />

ConsErf(P)} ∈ DGBH (P) respektiert. Wenn A kein P-Inhalt ist, dann ist A P-pseudoabgeschlossen,<br />

was nach Lemma 3.3 ein Wi<strong>der</strong>spruch ist, weil A dann die Implikation A → {m ∈ M | A → m ∈<br />

ConsErf(P)} ∈ DGBH (P) respektiert. Damit muß A ein P-Inhalt sein, d.h. es gilt A ∈ RespH (P).<br />

Damit gilt RespH (DGBH (P)) ⊆ RespH (P), und nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) gilt<br />

ConsH (P) = Imp(RespH (P)) ⊆ Imp(RespH (DGBH (P))) = ConsH (DGBH (P)), also gilt auch die<br />

Gleichheit: ConsH (DGBH (P)) = ConsH (P).<br />

Es bleibt noch zu zeigen, daß DGBH (P) irredundant ist. Seien A ⊆ M eine P-pseudoabgeschlossene<br />

Menge und Q := DGBH (P)-{A → {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)}}. Für alle P-pseudoabgeschlossenen<br />

echten Teilmengen B ⊂ A gilt {m ∈ M | B → m ∈ ConsErf(P)} ⊆ A, also A ∈ RespH (Q).<br />

Damit gilt A → {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} ∉ Imp(RespH (Q)), weil diese Implikation nach<br />

Lemma 3.3 nicht von A respektiert wird, also ConsH (DGBH (P)) ≠ Imp(RespH (Q)) =2.71 ConsH (Q).<br />

Damit ist DGBH (P) eine Basis, denn für alle echten Teilmengen Q ⊂ DGBH (P) gilt<br />

ConsH (DGBH (P)) ≠ ConsH (Q).<br />

❚<br />

Die Prämissen <strong>der</strong> Implikationen A → B ∈ DGBH (P) sind genau die P-pseudoabgeschlossenen<br />

Mengen, insbeson<strong>der</strong>e ist die Prämisse A immer ein Element des Rahmenkontextes H. Die Menge<br />

{m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} ist häufig eine echte Teilmenge <strong>der</strong> Hülle P von A bezüglich<br />

P. Wenn P jedoch abgeschlossen ist bezüglich des Operators ConsH , dann ist {m ∈ M | A → m ∈<br />

ConsErf(P)} gleich <strong>der</strong> Hülle P:<br />

3.9. Lemma (Wenn P bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS) und (H-EX) abgeschlossen ist, dann ist<br />

die Menge {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} die Hülle von A):<br />

Seien A ⊆ M und P ⊆ ImpM mit ConsH (P) = P. Dann gilt<br />

{m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} = {m ∈ M | A → m ∈ ConsH (P)} = P.<br />

119<br />

Der Beweis dieses Satzes verläuft ähnlich dem Beweis in [GanterWille99] für einwertige Kontexte ohne<br />

Rahmenkontext.<br />

112


Beweis:<br />

Die erste Gleichung gilt, weil man unter den gegebenen Voraussetzungen ConsErf(P) = P =<br />

Cons H (P) hat. Aus A → m ∈ Cons H (P) folgt m ∈ Cons H (P) = P, und aus m ∈ P folgt<br />

nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (3)) auch A → m ∈ ConsH (P), also gilt<br />

{m ∈ M | A → m ∈ ConsH (P)} = P.<br />

❚<br />

3.10. Bemerkung:<br />

In <strong>der</strong> Literatur 120 wird <strong>bei</strong> den Definitionen von pseudoabgeschlossenen Mengen und <strong>der</strong><br />

Duquenne-Gigue-Basis die Menge Cons H (P) = {m ∈ M | A → m ∈ Cons H (P)} anstatt <strong>der</strong> Menge<br />

{m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} verwendet. Wenn P = ConsH (P) ist, stimmen nach Lemma 3.9<br />

<strong>bei</strong>de Definitionen überein. Bei <strong>der</strong> Merkmalexploration mit unvollständigen Kontexten ist jedoch<br />

die Menge Erf(|K) nicht bezüglich des Operators ConsH abgeschlossen. Für P = Erf(|K) macht es<br />

einen Unterschied, ob <strong>der</strong> Experte durch das Explorationsprogramm nach <strong>der</strong> Gültigkeit von<br />

A → ConsH (Erf(|K)) o<strong>der</strong> von A → {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|K)} 121 gefragt wird, denn <strong>der</strong> Kontext<br />

kann bereits ein Gegen<strong>bei</strong>spiel für die erste Implikation enthalten, während die zweite Implikation<br />

in |K erfüllbar ist.<br />

3.11. Beispiel:<br />

Für den Rahmenkontext H = ℘(M) und den Kontext<br />

|K a b c<br />

g × ? o<br />

gilt ConsH (Erf(|K)) = {a, b, c}, weil a → b und b → c erfüllbar sind, aber es gilt {m ∈ M | a → m<br />

∈ ConsErf(Erf(|K))} =2.55 {m ∈ M | a → m ∈ Erf(|K)} = {a, b}. Es ist also nicht sinnvoll, wenn das<br />

Merkmalexplorationsprogramm nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation {a} → ConsH (Erf(|K)) fragt,<br />

wenn diese Implikation im Kontext nicht erfüllbar ist. Die meisten Sätze von Kapitel 3.1.3 sind<br />

nicht mehr korrekt, wenn die Menge ConsH (P) anstatt {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} in <strong>der</strong><br />

Definition von pseudoabgeschlossenen Mengen verwendet wird, selbst wenn das<br />

Explorationsprogramm <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Frage nach einer Implikation die Konklusion entsprechend<br />

einschränkt. Später wird bewiesen, 122 daß am Ende <strong>der</strong> Merkmalexploration <strong>bei</strong>de Mengen<br />

übereinstimmen, d.h. wenn |K * <strong>der</strong> Kontext ist, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Merkmalexploration entsteht, dann gilt<br />

ConsH (Erf(|K * )) = Erf(|K * ) und ConsH (Erf(|K)) = {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|K * )}.<br />

Da <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration als Implikationenmenge P die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen<br />

eines unvollständigen Kontextes verwendet wird, wird nun für diesen Fall eine kürzere Definition<br />

<strong>der</strong> P-pseudoabgeschlossenen Mengen und <strong>der</strong> Duquenne-Gigue-Basis mit Hilfe <strong>der</strong> Ableitungsoperatoren<br />

angegeben.<br />

3.12. Satz (Zusammenhang zwischen pseudoabgeschlossenen Mengen und dem Operator<br />

‡z ):<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und |K ein unvollständiger Kontext. Eine Menge A ⊆ M ist genau dann<br />

Erf(|K)-pseudoabgeschlossen bezüglich H, wenn A ‡z ≠ A ∈ H gilt, und B ‡z ⊆ A für alle echten<br />

Erf(|K)-pseudoabgeschlossen Teilmengen B ⊂ A ist.<br />

120 z.B. in [Ganter98], Kapitel 1.3<br />

121 nach Satz 2.55 gilt ConsErf(Erf(|K)) = Erf(|K))<br />

122 vgl. Satz 3.44 und Satz 3.48<br />

113


Es gilt DGB H (Erf(|K)) = {A → A ‡z | A ist Erf(|K)-pseudoabgeschlossen bezüglich H}.<br />

Beweis:<br />

Es gilt A ‡z =2.58.(1) {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|K)} =2.55 {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(Erf(|K))}.<br />

Nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)) gilt genau dann A ≠ A ‡z , wenn A kein Erf(|K)-Inhalt ist, und<br />

B ‡z ⊆ A gilt genau dann, wenn {m ∈ M | B → m ∈ ConsErf(Erf(|K))} ⊆ A gilt.<br />

❚<br />

Der folgende Satz liefert Bedingungen, wie man überprüfen kann, ob eine gegebene Menge<br />

P ⊆ ImpM die Duquenne-Gigue-Basis einer an<strong>der</strong>en gegebenen Menge Q ⊆ ImpM ist.<br />

3.13. Satz (Charakterisierung <strong>der</strong> Duquenne-Gigue-Basis):<br />

Seien P, Q ⊆ ImpM und H ⊆ ℘(M). Genau dann gilt P = DGBH (Q), wenn die folgenden drei<br />

Bedingungen erfüllt sind:<br />

(1) Q ⊆ ConsH (P)<br />

(2) Für alle A → B ∈ P gilt A ≠ B = {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(Q)}<br />

(3) Für alle A → B ∈ P gilt A ∈ RespH (P-{A → B})<br />

Beweis:<br />

'⇒':<br />

Sei P = DGBH (Q). Dann gelten (1) und (2) nach Satz 3.8 und Definition 3.7.<br />

Seien A → B ∈ P und C → D ∈ P-{A → B} mit C ⊆ A. Dann sind A und C Q-pseudoabgeschlossen,<br />

also gilt D ⊆ A und A ∈ Resp(P-{A → B}). Nach Definition von Q-Pseudoabgeschlossenheit<br />

gilt A ∈ H, also gilt (3).<br />

'⇐':<br />

Seien (1), (2) und (3) erfüllt.<br />

Behauptung: Für alle A ⊆ M gilt: A ist genau dann Q-pseudoabgeschlossen, wenn A eine Prämisse<br />

von P ist.<br />

Beweis:<br />

Wenn die Behauptung falsch ist, dann sei A ⊆ M eine minimale Menge, welche die Behauptung<br />

nicht erfüllt.<br />

Fall 1: A ist Q-pseudoabgeschlossen, aber keine Prämisse von P.<br />

Sei C → D ∈ P mit C ⊆ A. Dann ist C eine echte Teilmenge von A, weil A keine Prämisse von P<br />

ist. Wegen <strong>der</strong> Minimalität von A ist C auch Q-pseudoabgeschlossen, also gilt<br />

D =(2) {m ∈ M | C → m ∈ ConsErf(Q)} ⊆ A.<br />

Damit gilt A ∈ Resp(P). Nach Satz 3.2 (Äquivalenz (4) ⇔ (2)) gilt<br />

A ∈ Resp(ConsH (P)) ⊆(1) Resp(Q),<br />

und nach Satz 3.2 (Äquivalenz (4) ⇔ (6)) gilt<br />

A = {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(Q)}.<br />

Dies ist ein Wi<strong>der</strong>spruch zu Lemma 3.3.<br />

Fall 2: A eine Prämisse von P, aber nicht Q-pseudoabgeschlossen.<br />

Sei B = {m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(Q)}. Dann gilt A → B ∈ P nach (2) und A ∈ H nach (3).<br />

Wegen (2) und Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)) ist A kein Q-Inhalt, und da A nicht Q-pseudoabgeschlossen<br />

ist, existiert eine Q-pseudoabgeschlossene echte Teilmenge C ⊂ A, so daß {m ∈ M |<br />

C → m ∈ ConsErf(Q)} keine Teilmenge von A ist. Wegen <strong>der</strong> Minimalität von A und (2) gilt C →<br />

{m ∈ M | C → m ∈ ConsErf(Q)} ∈ P. Dies ist ein Wi<strong>der</strong>spruch zu (3).<br />

❚<br />

114


Die Duquenne-Gigue-Basis einer Menge P ist zwar eine irredundante Menge von Implikationen,<br />

jedoch kann es sein, daß die Mächtigkeit von DGB H (P) größer ist, als nötig. Durch eine geeignete<br />

Wahl des Rahmenkontextes läßt sich dies vermeiden, d.h. <strong>bei</strong> speziellen Rahmenkontexten ist die<br />

Anzahl <strong>der</strong> Implikationen in DGB H (P) minimal: Es gibt kein Erzeugendensystem (bezüglich des<br />

Rahmenkontextes H) von Cons H (P) mit weniger Implikationen. Eine gute Wahl für solche<br />

Rahmenkontexte sind Hüllensysteme:<br />

3.14. Satz (Die Duquenne-Gigue-Basis hat minimale Mächtigkeit, wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext<br />

ein Hüllensystem ist):<br />

Für 8 ⊆℘(M) sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) 8 ist gegenüber (zweistelligen) Durchschnitten abgeschlossen. 123<br />

(2) Für alle H ⊆℘(M) und P, Q ⊆ ImpM mit 8 ⊆ H und ConsH (Q) = Cons8 (P) = P gilt<br />

|DGB8 (P)| ≤ |Q|.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2): 124<br />

Seien H ⊆ ℘(M) und P, Q ⊆ ImpM mit 8 ⊆ H und Cons H (Q) = Cons 8 (P) = P. Zum Beweis von<br />

|DGB8 (P)| ≤ |Q| wird eine injektive Funktion f : DGB8 (P) → Q konstruiert. Nach Lemma 3.9 gilt<br />

{m ∈ M | A → m ∈ ConsErf(P)} = Cons8 (P) = P für alle A ∈ M. Sei A → B ∈ DGB8 (P).<br />

Nach Satz 3.8 gilt A → B ∈ Cons8 (P) = ConsH (Q) =2.71 Imp(RespH (Q)). Dann gilt A ∈ 8 ⊆ H,<br />

und A ∉ RespH (Q), also gibt es eine Implikation C → D ∈ Q, die nicht von A respektiert wird.<br />

Damit läßt sich eine Funktion f : DGB8 (P) → Q mit f(A → B) := C → D definieren, welche je<strong>der</strong><br />

Implikation A → B ∈ DGB 8 (P) eine Implikation C → D ∈ Q zuordnet, die nicht von A respektiert<br />

wird. Es wird nun gezeigt, daß f injektiv ist.<br />

Seien A1 → B1, A2 → B2 ∈ DGB 8 (P) mit f(A1 → B1) = f(A2 → B2) =: C → D ∈ Q.<br />

Dann gilt C ⊆ A1 ∩ A2, D ⊆/ A1, D ⊆/ A2 und D ⊆/ A1 ∩ A2, also A1 ∩ A2 ∉ Resp(P) wegen C → D<br />

∈ Q ⊆ P. Die Menge A1 ∩ A2 ist nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) kein P-Inhalt bezüglich 8,<br />

und nach Satz 3.6 gilt A1 ⊆ A2 o<strong>der</strong> A2 ⊆ A1. O.B.d.A gelte A1 ⊆ A2. Es gilt P = ConsH (Q)<br />

∈ Resp(Q), also D ⊆ P wegen C ⊆ A1 ⊆ P . Somit gilt P ⊆/ A2. Da A2 P-pseudoabgeschlossen<br />

bezüglich 8 ist, kann A1 keine echte Teilmenge von A2 sein, also A1 = A2. Damit<br />

gilt auch B1 = B2, und f ist injektiv.<br />

Somit gilt |DGB8 (P)| ≤ |Q|.<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Annahme: 8 ist nicht gegenüber Durchschnitte abgeschlossen<br />

Dann gibt es A1, A2 ∈ 8 mit A1 ∩ A2 ∉ 8. Seien H := 8, Q := {A1 ∩ A2 → M} und<br />

P := Cons 8 (Q). Wegen (2) gilt |DGB 8 (P)| ≤ |Q| = 1. Die Mengen A1 und A2 sind unvergleichbar,<br />

weil A1 ∩ A2 ∉ 8 gilt, insbeson<strong>der</strong>e sind A1 und A2 echte Teilmengen von M. Wegen A1 ∈ 8 gilt<br />

A1 ∩ A2 → M ∉ Imp(8) =2.72.(2) Cons8 (∅), also kann DGB8 (P) wegen A1 ∩ A2 → M ∈ Q ⊆<br />

Cons8 (P) =3.8 Cons8 (DGB8 (P)) nicht leer sein. Sei C → D das (einzige) Element von DGB8 (P).<br />

123<br />

Da M endlich ist, ist dies äquivalent zu <strong>der</strong> Eigenschaft, daß 8 ∪ {M} ein Hüllensystem ist.<br />

124<br />

In [Krauße] (Kapitel 11) wird ein ähnlicher Satz bewiesen, allerdings ohne Rahmenkontexte. Der Beweis von<br />

(1) ⇒ (2) verläuft jedoch analog.<br />

115


Dann gilt A1 ∩ A2 → M ∈ Cons8 (DGB8 (P)) =2.71 Imp(Resp(C → D) ∩ 8), also A1 ∉ Resp(C →<br />

D) wegen A1 ∩ A2 ⊆ A1 und M ⊆/ A1 ∈ 8. Damit gilt C ⊆ A1, und analog auch C ⊆ A2. Wegen<br />

C ∈ 8 gilt C ≠ A1 ∩ A2, also ist C eine echte Teilmenge von A1 ∩ A2. Es gilt C ∈ Resp(A1 ∩ A2<br />

→ M) ∩ 8, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu C → D ∈ DGB 8 (P) ⊆3.8 Cons 8 (P) = Cons 8 (Q) =2.71<br />

Imp(Resp(A1 ∩ A2 → M) ∩ 8) ist.<br />

❚<br />

Wenn man als Rahmenkontext ein Hüllensystem 8 verwendet, und P bezüglich des Operators<br />

Cons8 abgeschlossen ist, dann ist DGB8 (P) immer eine Basis mit minimaler Anzahl von<br />

Implikationen. Diese Anzahl kann nur verringert werden, wenn man mehr Informationen in den<br />

Rahmenkontext steckt. Wenn <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Rahmenkontext H weniger Informationen als 8 enthält<br />

(d.h. wenn 8 ⊆ H gilt), dann ist die Mächtigkeit |Q| eines Erzeugendensystems Q von P<br />

(bezüglich des Rahmenkontextes H) mindestens so groß, wie die Mächtigkeit |DGB8 (P)| <strong>der</strong><br />

Duquenne-Gigue-Basis von P.<br />

Der Rahmenkontext 8 ist genau dann ein Hüllensystem, wenn 8 = Resp(H) für eine Menge<br />

H ⊆ ImpM von Implikationen ist, denn die respektierenden Mengen von H bilden nach Lemma 2.31<br />

immer ein Hüllensystem, und für jedes Hüllensystem 8 gilt 8 = Resp(Imp(8)) nach Lemma<br />

2.34. Es ist daher sinnvoll, die Merkmalexploration mit einer Menge von Hintergrundimplikationen<br />

H ⊆ ImpM durchzuführen, damit die Basis minimal wird. Auch die Anzahl <strong>der</strong> Fragen, die das<br />

Merkmalexplorationsprogramm an den Experten stellt, wird dadurch minimiert. Ein Beispiel dafür,<br />

daß die Basis für an<strong>der</strong>e Rahmenkontexte nicht minimal ist, wird in Kapitel 4.1 angegeben.<br />

Wie bereits erwähnt ist die Bedingung P = Cons8 (P) aus Satz 3.14 für P = Erf(|K * ) am Ende <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration immer erfüllt.<br />

116


3.1.2 Fragezeichenreduktion<br />

Wenn man <strong>bei</strong> einem unvollständigen Kontext |K sich nur für solche Vervollständigungen<br />

interessiert, welche gewisse Eigenschaften erfüllen (z.B. für Vervollständigungen, in <strong>der</strong> eine<br />

vorgegebene Menge P von Implikationen gültig ist), dann kann man auch einige Fragezeichen von<br />

|K durch an<strong>der</strong>e Werte ersetzen, sofern sich dadurch die Menge <strong>der</strong> "interessanten"<br />

Vervollständigungen nicht än<strong>der</strong>t. Diese Ersetzung nennt man Fragezeichenreduktion. Sie ist<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration sinnvoll, wenn durch |K ein einwertiger Kontext |K 8 ∈<br />

V(|K) beschrieben werden soll, in dem zwar nicht alle Einträge bekannt sind, aber für den man<br />

einige Zusammenhänge zwischen den Merkmalen kennt.<br />

3.15. Definition (fragezeichenreduzierte Kontexte):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und P ⊆ ImpM. Der Kontext<br />

|K heißt P-fragezeichenreduziert (bezüglich H), wenn für alle g ∈ G und m ∈ M folgende<br />

Bedingungen erfüllt sind:<br />

(i) Wenn m ∈ T für alle T ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt, dann gilt I(g, m) = ×<br />

(ii) Wenn m ∉ T für alle T ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt, dann gilt I(g, m) = o<br />

Die Mengen T ⊆ M mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz sind genau die Gegenstandsinhalte des Gegenstands g in den<br />

Vervollständigungen <strong>der</strong> Kontextzeile von g:<br />

{T ⊆ M | g ‡ ⊆ T ⊆ gz } = {g J | (G, M, J) ∈ V(|K)}<br />

Wenn <strong>der</strong> Gegenstand g ∈ G in je<strong>der</strong> Vervollständigung <strong>der</strong> Kontextzeile von g, für die P gültig ist<br />

und dessen Gegenstandsinhalt in H liegt (d.h. g J ∈ Resp(P) ∩ H = RespH (P)), das Merkmal m hat,<br />

dann sagt Bedingung (i) aus, daß g auch im Kontext |K das Merkmal m hat. Analog sagt Bedingung<br />

(ii) aus, daß g im Kontext |K das Merkmal m nicht hat, wenn g das Merkmal m in keiner<br />

Vervollständigung aus Resp(P) ∩ H hat. Man beachte, daß sich (i) und (ii) wi<strong>der</strong>sprechen, wenn es<br />

kein T ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz gibt.<br />

Wenn für einen einwertigen Kontext |K' = (G, M, J) die Kontextrelation nicht vollständig bekannt<br />

ist, aber dafür ein Rahmenkontext H ⊆ ℘(M) und eine Menge P ⊆ ImpM mit P ⊆ Imp(|K') und<br />

g J ∈ H für alle g ∈ G bekannt sind, können im zugehörigen unvollständigen Kontext |K einige<br />

Fragezeichen durch den Wert × o<strong>der</strong> durch den Wert o ersetzt werden.<br />

3.16. Beispiel:<br />

Seien H = ℘(M), P = {a → b} und |K <strong>der</strong> Kontext<br />

|K a b<br />

g × ?<br />

h ? o<br />

Wenn bekannt ist, daß im unbekannten Kontext |K' = (G, M, J) ∈ V(|K) die Implikation a → b gültig<br />

ist, dann muß (g, b) ∈ J sein, weil (a, g) ∈ J ist. Das Fragezeichen I(g, b) kann also im Kontext |K<br />

durch ein × ersetzt werden. Analog kann das Fragezeichen I(h, a) durch den Wert o ersetzt werden,<br />

weil die Implikation a → b verletzt wäre, wenn <strong>der</strong> Gegenstand h das Merkmal a im Kontext |K'<br />

hätte. Der Kontext |K ist also noch nicht P-fragezeichenreduziert, weil Bedingung (i) durch den<br />

Gegenstand g verletzt ist, und Bedingung (ii) durch den Gegenstand h verletzt ist. Durch Ersetzung<br />

<strong>der</strong> Fragezeichen durch die Werte × bzw. o erhält man einen P-fragezeichenreduzierten Kontext.<br />

117


3.17. Satz (Charakterisierung <strong>der</strong> Existenz eines fragezeichenreduzierten Kontextes,<br />

welcher größer o<strong>der</strong> gleich dem gegebenen Kontext ist):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext (mit M ≠ ∅) und P ⊆ ImpM.<br />

Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) Es gibt einen kleinsten 125 bezüglich H P-fragezeichenreduzierten Kontext |K' ≥ |K.<br />

(2) Es gibt einen bezüglich H P-fragezeichenreduzierten Kontext |K' ≥ |K.<br />

(3) Für alle g ∈ G gibt es ein Tg ∈ Resp H (P) mit g ‡ ⊆ Tg ⊆ g z .<br />

(4) Es gibt eine Vervollständigung |K' = (G, M, J) ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K') und g J ∈ H für alle<br />

g ∈ G.<br />

(5) Für alle g ∈ G werden <strong>bei</strong> <strong>der</strong> endlichen Anwendung folgen<strong>der</strong> Regeln auf |K die Werte × und o<br />

nicht durch an<strong>der</strong>e Werte ersetzt:<br />

(i) Wenn m ∈ T für alle T ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt, dann wird <strong>der</strong> Wert I(g, m)<br />

durch den Wert × ersetzt.<br />

(ii) Wenn m ∉ T für alle T ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt, dann wird <strong>der</strong> Wert I(g, m)<br />

durch den Wert o ersetzt.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2): Trivial.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Seien g ∈ G und m ∈ M. Der Kontext |K' = (G, M, {×, ?, o}, J) aus (2) ist bezüglich <strong>der</strong> Regeln (i)<br />

und (ii) abgeschlossen, also muß es ein Tg ∈ RespH (P) geben, so daß g ‡ ⊆ Tg ⊆ gz bezüglich |K'<br />

gilt, denn sonst müßte × = J(g, m) = o nach Regel (i) und (ii) gelten. Wegen |K ≤ |K' gilt g ‡ ⊆ Tg ⊆<br />

gz auch bezüglich |K.<br />

(3) ⇒ (4):<br />

Für g ∈ G sei Tg ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ Tg ⊆ gz . Durch g J := Tg für g ∈ G wird eine<br />

Vervollständigung |K' = (G, M, J) ∈ V(|K) definiert mit P ⊆ Imp(|K') und g J ∈ H für g ∈ G, denn es<br />

gilt Tg ∈ Resp(P) ∩ H und g ‡ ⊆ Tg ⊆ gz .<br />

(4) ⇒ (5):<br />

Für g ∈ G gilt g J ∈ RespH (P) und g ‡ ⊆ g J ⊆ gz im Kontext |K. Nach je<strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Regeln<br />

(i) und (ii) auf den Kontext |K ist die Bedingung g ‡ ⊆ g J ⊆ gz immer noch erfüllt, denn I(g, m) wird<br />

nur für Merkmale m aus g J durch den Wert × ersetzt, und I(g, m) wird nur für Merkmale m aus<br />

M-g J durch den Wert o ersetzt. Damit können die Werte × und o nicht durch an<strong>der</strong>e Werte ersetzt<br />

werden.<br />

(5) ⇒ (1):<br />

Man wendet die Regeln (i) und (ii) für jeden Gegenstand g ∈ G solange an, bis man keine<br />

Fragezeichen mehr ersetzen kann. 126 Dies führt zu einem P-fragezeichenreduzierten Kontext |K'.<br />

Durch jede Regelanwendung kann sich <strong>der</strong> Kontext höchstens vergrößern, also gilt |K' ≥ |K. Sei |K''<br />

ein an<strong>der</strong>er P-fragezeichenreduzierter Kontext mit |K'' ≥ |K. Dann ist je<strong>der</strong> Kontext, welcher durch<br />

endliche Anwendung von (i) und (ii) aus |K entsteht, nach je<strong>der</strong> Regelanwendung durch |K''<br />

beschränkt, somit gilt auch |K' ≤ |K''.<br />

❚<br />

125<br />

mit <strong>der</strong> Informationsordnung × > ? < o aus Kapitel 2.1<br />

126<br />

Da M endlich ist, läßt sich jede Kontextzeile durch endlich viele Regelanwendungen in eine fragezeichenreduzierte<br />

Kontextzeile überführen.<br />

118


Der kleinste P-fragezeichenreduzierte Kontext |K' ≥ |K aus dem vorigen Satz wird mit Red H P (|K)<br />

bezeichnet, falls er existiert. Für einen Gegenstand g ∈ G von |K bezeichnet Red H P (g) die kleinste<br />

P-fragezeichenreduzierte Kontextzeile mit Red H P (g) ≥ I(g, ⋅), falls sie existiert. Offensichtlich<br />

existiert Red H P (|K) genau dann, wenn Red H P (g) für alle g ∈ G existiert, und <strong>der</strong> P-fragezeichenreduzierte<br />

Kontext Red H P (|K) besteht gerade aus den fragezeichenreduzierten Kontextzeilen Red H P (g).<br />

Satz 3.17 gilt auch für einzelne Kontextzeilen: Genau dann existiert Red H P (g), wenn es für die<br />

Kontextzeile von g eine Vervollständigung gibt, in <strong>der</strong> P gültig ist und dessen Inhalt in H liegt. Aus<br />

Satz 3.17 folgt auch die Erfüllbarkeit von ConsH (P), sofern Red H P (|K) existiert:<br />

3.18. Korollar (Wenn ein Kontext fragezeichenreduzierbar ist, dann sind alle Folgerungen<br />

<strong>der</strong> Implikationenmenge erfüllbar):<br />

Wenn Red H P (|K) existiert, dann gilt Cons H (P) ⊆ Erf(|K).<br />

Beweis:<br />

Die Implikationen <strong>der</strong> Vervollständigung |K' aus Bedingung (4) von Satz 3.17 sind nach Bemerkung<br />

2.72.(1) bezüglich des Operators Cons H abgeschlossen, also gilt Cons H (P) ⊆ Imp(|K') ⊆ Erf(|K).<br />

❚<br />

Aus <strong>der</strong> Erfüllbarkeit von Cons H (P) im Kontext |K folgt im allgemeinen noch nicht die Existenz<br />

von Red H P (|K). Wenn |K <strong>der</strong> Kontext<br />

|K a b<br />

g × ?<br />

ist, dann gilt Erf(|K) = ImpM, aber für H = ℘(M)-{M} und P = {a → b} gibt es kein Tg ∈ RespH (P)<br />

= {∅, {b}} mit g ‡ ⊆ Tg ⊆ gz , also kann Red H P (|K) nach Bedingung (3) von Satz 3.17 nicht<br />

existieren.<br />

Für T ⊆ M sind <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Regeln (i) und (ii) die Bedingungen T ∈ RespH (P) und<br />

g ‡ ⊆ T ⊆ gz vor <strong>der</strong> Anwendung einer Regel äquivalent zu diesen Bedingungen nach Anwendung<br />

<strong>der</strong> Regel, denn wenn vor <strong>der</strong> Regelanwendung g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt, dann wird <strong>bei</strong> Regel (i) die Menge<br />

g ‡ nur um ein Element aus T vergrößert, und <strong>bei</strong> Regel (ii) wird die Menge gz nur um ein Element<br />

aus M-T verkleinert. Man kann also die fragezeichenreduzierte Kontextzeile explizit angeben:<br />

3.19. Korollar (Explizite Berechung <strong>der</strong> fragezeichenreduzierten Kontextzeile):<br />

Wenn Red H P (g) für einen Gegenstand g ∈ G existiert, dann gilt:<br />

Red H P (g)(m) = × gdw. m ∈ ∩{T ∈ Resp H (P) | g ‡ ⊆ T ⊆ g z }<br />

Red H P (g)(m) = o gdw. m ∉ ∪{T ∈ RespH (P) | g ‡ ⊆ T ⊆ gz }<br />

Red H P (g)(m) = ? sonst.<br />

❚<br />

3.20. Satz (Die Fragezeichenreduktion liefert den größten Kontext, welcher die gleichen<br />

Informationen enthält, wie <strong>der</strong> gegebene Kontext):<br />

Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I), |K' = (G, M, {×, ?, o}, I') unvollständige Kontexte mit |K ≤ |K' und<br />

H ⊆ ℘(M), P ⊆ ImpM, so daß Red H P (|K) existiert. Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

119


(1) |K' ≤ Red H P (|K)<br />

(2) {T ∈ RespH (P) | g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt in |K} = {T ∈ RespH (P) | g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt in |K'} für alle<br />

g ∈ G<br />

(3) {|K'' ∈ V(|K) | P ⊆ Imp(|K'') und g I'' ∈ H für alle g ∈ G} = {|K'' ∈ V(|K') | P ⊆ Imp(|K'') und<br />

g I'' ∈ H für alle g ∈ G}, wo<strong>bei</strong> I'' die Kontextrelation von |K'' bezeichnet.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Sei T ∈ RespH (P). Wenn g ‡ ⊆ T ⊆ gz bezüglich |K' gilt, dann gilt g ‡ ⊆ T ⊆ gz auch bezüglich |K<br />

wegen |K ≤ |K'.<br />

Wenn g ‡ ⊆ T ⊆ gz bezüglich |K gilt, dann gilt g ‡ ⊆ T ⊆ gz nach Korollar 3.19 auch bezüglich<br />

Red H P (|K), und nach (1) auch bezüglich |K'.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

Sei |K'' ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp(|K'') und g I'' ∈ H für alle g ∈ G. Für g ∈ G gilt dann g I'' ∈ RespH (P)<br />

und g ‡ ⊆ g I'' ⊆ gz bezüglich |K, also nach (2) auch bezüglich |K'. Damit gilt |K'' ∈ V(|K'), und {|K'' ∈<br />

V(|K) | P ⊆ Imp(|K'') und g I'' ∈ H für alle g ∈ G} ⊆ {|K'' ∈ V(|K') | P ⊆ Imp(|K'') und g I'' ∈ H für alle<br />

g ∈ G}. Die Umkehrung gilt wegen V(|K') ⊆ V(|K).<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Seien Red H P (|K) =: (G, M, {×, ?, o}, J) und g ∈ G. Es wird nun gezeigt, daß I'(g, m) ≤ J(g, m) für alle<br />

m ∈ M gilt.<br />

Sei m ∈ M mit I'(g, m) = ×. Sei T ∈ Resp H (P), so daß g ‡ ⊆ T ⊆ g z bezüglich |K gilt. Sei |K'' ∈ V(|K)<br />

mit P ⊆ Imp(|K''), T = g I'' und y I'' ∈ H für g ≠ y ∈ G. Solch eine Vervollständigung existiert nach<br />

Satz 3.17.(4), weil Red H P (|K) existiert. Nach (3) gilt |K'' ∈ V(|K'), also gilt m ∈ g ‡ ⊆ T bezüglich |K'.<br />

Damit gilt J(g, m) = × nach Regel (i) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion.<br />

Sei m ∈ M mit I'(g, m) = o. Sei T ∈ Resp H (P), so daß g ‡ ⊆ T ⊆ g z bezüglich |K gilt. Wie oben gilt<br />

g ‡ ⊆ T ⊆ g z auch bezüglich |K' wegen (3), also m ∉ T. Damit gilt J(g, m) = o nach Regel (ii) <strong>der</strong><br />

Fragezeichenreduktion.<br />

Somit gilt I'(g, m) ≤ J(g, m) für alle m ∈ M und g ∈ G, also |K' ≤ Red H P (|K).<br />

❚<br />

Von allen Kontexten |K', welche größer o<strong>der</strong> gleich |K sind, ist also Red H P (|K) <strong>der</strong> größte Kontext,<br />

welcher die gleichen Informationen (bezüglich des Hintergrundwissens H und P) enthält wie |K:<br />

Der unbekannte Kontext |K'' ∈ V(|K) ist eine Vervollständigung von |K' für alle |K' ≤ Red H P (|K). Für<br />

diejenigen Kontexte |K', welche nicht unter Red H P (|K) liegen, kann dies nicht mehr garantiert werden,<br />

d.h. es gibt eine Vervollständigung |K'' ∈ V(|K), welche das Hintergrundwissen H und P respektiert,<br />

aber keine Vervollständigung von |K' ist.<br />

Die Bedingungen (i) und (ii) aus Definition 3.15 sind die allgemeinsten Regeln, um Fragezeichen<br />

durch an<strong>der</strong>e Werte zu ersetzen, wenn als Hintergrundwissen nur <strong>der</strong> Rahmenkontext H und die<br />

Implikationsmenge P bekannt ist, d.h. wenn aus dem Hintergrundwissen folgt, daß im unbekannten<br />

Kontext ein Gegenstand g das Merkmal m hat, dann liefert Bedingung (i) auch schon diese<br />

Information, weil hier gerade diejenigen Vervollständigungen T ⊆ M <strong>der</strong> Kontextzeile von g<br />

120


etrachtet werden, die mit dem Hintergrundwissen "konsistent" sind: T ∈ Resp H (P). Eine analoge<br />

Aussage gilt für Bedingung (ii).<br />

Bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Regeln (i) und (ii) ist es meistens sehr aufwendig die Voraussetzung für<br />

diese Regeln zu überprüfen, weil alle Mengen aus RespH (P) untersucht werden müssen, die<br />

zwischen g ‡ und gz liegen. Für spezielle Rahmenkontexte H ⊆ ℘(M) läßt sich die Fragezeichenreduktion<br />

auch einfacher durchführen. Dazu werden im folgenden Satz zwei neue Regeln zur<br />

Fragezeichenreduktion aufgestellt.<br />

3.21. Satz (Weitere Fragezeichenreduktionsregeln):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und P ⊆ ImpM.<br />

Wenn |K für g ∈ G bezüglich <strong>der</strong> Regeln (i) und (ii) abgeschlossen ist, dann ist |K auch bezüglich<br />

<strong>der</strong> folgenden Regeln abgeschlossen:<br />

(iii) Wenn A → B ∈ ConsH (P) und I(g, a) = × für alle a ∈ A ist, dann gilt I(g, b) = × für alle<br />

b ∈ B.<br />

(iv) Wenn A → B ∈ ConsH (P), m ∈ A, I(g, b) = o für ein b ∈ B und I(g, a) = × für alle<br />

a ∈ A-{m} ist, dann gilt I(g, m) = o.<br />

Wenn H ein Hüllensystem ist und |K bezüglich <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) abgeschlossen ist, dann ist<br />

|K auch bezüglich <strong>der</strong> Regeln (i) und (ii) abgeschlossen.<br />

Beweis:<br />

Regel (iii):<br />

Seien A → B ∈ ConsH (P) und g ∈ G mit I(g, a) = × für alle a ∈ A. Sei b ∈ B. Sei T ∈ RespH (P), so<br />

daß g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt. Nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) gilt A → B ∈ Imp(RespH (P)), also<br />

gilt b ∈ T wegen A ⊆ g ‡ ⊆ T. Aus Bedingung (i) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion folgt deshalb I(g, b) =<br />

×. Damit ist |K bezüglich Regel (iii) abgeschlossen.<br />

Regel (iv):<br />

Seien A → B ∈ Cons H (P), m ∈ A, I(g, b) = o für ein b ∈ B und I(g, a) = × für alle a ∈ A-{m}. Sei<br />

T ∈ Resp H (P), so daß g ‡ ⊆ T ⊆ g z gilt. Wenn m ∈ T ist, dann gilt A ⊆ g ‡ ∪ {m} ⊆ T, also B ⊆ T<br />

⊆ gz wegen A → B ∈ Imp(RespH (P)), was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu I(g, b) = o ist. Also gilt m ∉ T, und<br />

aus Regel (ii) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion folgt I(g, m) = o. Damit ist |K bezüglich Regel (iv)<br />

abgeschlossen.<br />

Seien nun H ein Hüllensystem und |K abgeschlossen bezüglich (iii) und (iv). Sei H := Imp(H).<br />

Dann gilt H =2.34 Resp(H). Es wird nun gezeigt, daß |K auch bezüglich <strong>der</strong> Regeln (i) und (ii)<br />

abgeschlossen ist.<br />

Sei g ∈ G. Für A → B ∈ ConsH (P) mit A ⊆ g ‡ gilt nach Regel (iii) auch B ⊆ g ‡ , also gilt<br />

g ‡ ∈ Resp(Cons H (P)) =2.71 Resp(Imp(Resp(P) ∩ Resp(H))) =2.30 Resp(Imp(Resp(P ∪ H))) =2.30<br />

Resp(P ∪ H) =2.30 Resp(P) ∩ Resp(H) = RespH (P).<br />

Regel (i):<br />

Sei m ∈ M, so daß m ∈ T für alle T ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz gilt. Dann gilt insbeson<strong>der</strong>e auch<br />

m ∈ g ‡ und I(g, m) = ×, also ist |K' bezüglich Regel (i) abgeschlossen.<br />

Regel (ii):<br />

Sei m ∈ M, so daß m ∉ T für alle T ∈ RespH (P) mit g ‡ ⊆ T ⊆ gz in |K' gilt. Nach Lemma 2.31 gilt<br />

P∪H ∈ Resp(P ∪ H) = Resp H (P) mit g ‡ ⊆ P∪H, also kann P∪H<br />

121


keine Teilmenge von gz sein, denn sonst wäre T := P∪H eine Menge mit T ∈ RespH (P)<br />

und g ‡ ⊆ T ⊆ gz , aber m ∈ T. Es gibt somit ein b ∈ P∪H mit b ∉ gz . Nach Satz 2.40<br />

(Äquivalenz (1) ⇔ (3)) gilt g ‡ ∪ {m} → b ∈ Cons(P ∪ H) = Cons H (P), also J(g, m) = o nach<br />

Regel (iv). Damit ist |K bezüglich Regel (ii) abgeschlossen.<br />

❚<br />

Wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext ein Hüllensystem ist, kann man <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion auch die<br />

Regeln (iii) und (iv) anstatt (i) und (ii) verwenden. Die Regeln (iii) und (iv) sind einfacher<br />

anzuwenden, und führen auch zum fragezeichenreduzierten Kontext Red H P (|K):<br />

3.22. Korollar (Vereinfachung <strong>der</strong> Fragezeichenreduktionsregeln für Hüllensysteme):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |K = (G, M, {×, ?, o}, I) ein unvollständiger Kontext und P ⊆ ImpM. Wenn<br />

Red H P (|K) existiert, dann werden für g ∈ G <strong>bei</strong> <strong>der</strong> endlichen Anwendung folgen<strong>der</strong> Regeln auf |K<br />

die Werte × und o nicht durch an<strong>der</strong>e Werte ersetzt:<br />

(iii) Wenn A → B ∈ Cons H (P) und I(g, a) = × für alle a ∈ A ist, dann wird I(g, b) für alle b ∈ B<br />

durch den Wert × ersetzt.<br />

(iv) Wenn A → B ∈ ConsH (P), m ∈ A, I(g, b) = o für ein b ∈ B und I(g, a) = × für alle<br />

a ∈ A-{m} ist, dann wird I(g, m) durch den Wert o ersetzt.<br />

Der Kontext Red H P (|K) ist bezüglich <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) abgeschlossen.<br />

Falls H ein Hüllensystem ist, sind die Regeln (iii) und (iv) sogar äquivalent zu den Regeln (i) und<br />

(ii), d.h. durch endliche Anwendung <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) auf den Kontext |K erhält man den<br />

Kontext Red H P (|K). Hier<strong>bei</strong> folgt die Existenz von Red H P (|K) aus <strong>der</strong> Existenz eines bezüglich <strong>der</strong><br />

Regeln (iii) und (iv) abgeschlossenen Kontextes |K' ≥ |K.<br />

Beweis:<br />

Nach Satz 3.21 ist Red H P (|K) bezüglich <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) abgeschlossen. Analog Satz 3.17<br />

(Äquivalenz (2) ⇔ (5)) folgt damit, daß <strong>bei</strong> endlicher Anwendung <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) auf |K<br />

die Werte × und o nicht durch an<strong>der</strong>e Werte ersetzt werden, denn <strong>der</strong> Kontext ist nach je<strong>der</strong><br />

Regelanwendung durch den Kontext Red H P (|K) beschränkt.<br />

Sei nun H ein Hüllensystem, dann sind nach Satz 3.21 die bezüglich (i) und (ii) abgeschlossenen<br />

Kontexte genau die bezüglich (iii) und (iv) abgeschlossenen Kontexte, also folgen mit Satz 3.17<br />

(Äquivalenz (1) ⇔ (2)) die restlichen Behauptungen dieses Satzes.<br />

❚<br />

Analog zum Korollar 3.19 läßt sich auch <strong>bei</strong> den Regeln (iii) und (iv) die fragezeichenreduzierten<br />

Kontextzeilen explizit angeben, wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext ein Hüllensystem ist:<br />

3.23. Satz (Explizite Berechnung <strong>der</strong> fragezeichenreduzierten Kontextzeile <strong>bei</strong> Hüllensystemen):<br />

Seien P, H ⊆ ImpM und H = Resp(H). Seien |K = (G, M, {×, ?, o}, I) und g ∈ G, so daß Red H P (g)<br />

existiert. Für m ∈ M gilt<br />

(1) Red H P (g)(m) = × gdw. m ∈ P∪H<br />

(2) Red H P (g)(m) = o gdw. P∪H ist keine Teilmenge von g z<br />

122


Beweis:<br />

Die Bedingung A → B ∈ ConsH (P) aus Regel (iii) ist wegen ConsH (P) =2.72.(4) Cons(P ∪ H)<br />

äquivalent 127 zu B ⊆ P∪H. Aus Regel (iii) folgt deshalb Red H P (g)(m) = × für m ∈ P∪H wegen<br />

g ‡ → P∪H ∈ ConsH (P).<br />

Analog folgt Red H P (g)(m) = o aus Regel (iv), falls P∪H im Kontext |K keine Teilmenge<br />

von gz ist. Es wird nun gezeigt, daß in allen an<strong>der</strong>en Fällen Red H P (g)(m) = ? gilt, indem bewiesen<br />

wird, daß die Kontextzeile f : M → {×, ?, o} mit<br />

f(m) = × gdw. m ∈ P∪H<br />

f(m) = o gdw. P∪H ist keine Teilmenge von gz f(m) = ? sonst<br />

für m ∈ M bezüglich <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) abgeschlossen ist.<br />

Wohldefiniertheit von f:<br />

Sei m ∈ P∪H, dann gilt P∪H = P∪H und g ‡ → P∪H ∈ ConsH (P). Wegen <strong>der</strong><br />

Existenz von Red H P (g) darf <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Regel (iii) <strong>der</strong> Wert o nicht durch den Wert ×<br />

ersetzt werden, also gilt P∪H ⊆ gz .<br />

Regel (iii):<br />

Aus A → B ∈ ConsH (P) mit f(a) = × für alle a ∈ A folgt A ⊆ P∪H, und nach Satz 2.40<br />

(Äquivalenz (1) ⇔ (3)) gilt B ⊆ P∪H ⊆ P∪H, also f(b) = × für alle b ∈ B, und f ist<br />

abgeschlossen gegenüber Regel (iii).<br />

Regel (iv):<br />

Seien A → B ∈ Cons H (P), m ∈ A, f(b) = o für ein b ∈ B und f(a) = × für alle a ∈ A-{m}. Dann gilt<br />

A ⊆ P∪H ∪ {m}, und P∪H ist keine Teilmenge von gz . Wegen P∪H ⊆<br />

P∪H ⊆ P∪H ⊆ P∪H = P∪H kann<br />

P∪H keine Teilmenge von gz sein, also gilt f(m) = o, und f ist abgeschlossen gegenüber<br />

Regel (iv).<br />

Damit ist f fragezeichenreduziert, und es gilt f = Red H P (g), also<br />

Red H P (g)(m) = × gdw. m ∈ P∪H<br />

Red H P (g)(m) = o gdw. P∪H ist keine Teilmenge von g z<br />

Red H P (g)(m) = ? sonst.<br />

❚<br />

Für Mengensysteme <strong>der</strong> Form H = Resp(H) vereinfacht sich dadurch <strong>der</strong> Algorithmus <strong>der</strong><br />

Fragezeichenreduktion:<br />

Für g ∈ G kann P∪H im Kontext |K mit <strong>der</strong> Komplexität O(|P ∪ H|⋅|M|) gebildet werden, denn<br />

P∪H ist die kleinste Menge T ⊆ M mit folgenden Eigenschaften:<br />

• g ‡ ⊆ T<br />

• Wenn C → D ∈ P ∪ H mit C ⊆ T ist, dann ist D ⊆ T<br />

Für m ∈ P∪H wird <strong>der</strong> Wert im Kontext durch den Wert × ersetzt, und für alle Merkmale<br />

m ∈ M für die P∪H keine Teilmenge von gz ist, wird <strong>der</strong> Wert im Kontext durch den<br />

Wert o ersetzt. Auf diese Weise entsteht die fragezeichenreduzierte Kontextzeile Red H P (g).<br />

Wenn H kein Hüllensystem ist, dann gibt es eine Menge P ⊆ ImpM und einen Kontext, welcher<br />

bezüglich <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) abgeschlossen ist, aber nicht bezüglich (i) und (ii):<br />

127 vgl. Satz 2.40 (Äquivalenz (1) ⇔ (3))<br />

123


Da H kein Hüllensystem ist gibt es ein Mengensystem H0 ⊆ H so daß ∩H0 ∉ H ist. Sei P := ∅<br />

und |K = ({g}, M, I) <strong>der</strong> einwertige Kontext mit g I = ∩H0. Da ∩H0 im von H erzeugten<br />

Hüllensystem liegt, gilt<br />

124<br />

∩H0 ∈ Resp(Imp(H)) =2.34 Resp(Imp(Resp(P) ∩ H)) =2.71 Resp(Cons H (P)),<br />

also folgt aus A → B ∈ ConsH (P) mit (g, a) ∈ I für alle a ∈ A auch (g, b) ∈ I für alle b ∈ B, und<br />

aus A → B ∈ ConsH (P) und m ∈ A mit (g, b) ∉ I für ein b ∈ B und (g, a) ∈ I für alle a ∈ A-{m}<br />

folgt (g, m) ∉ I, also ist |K bezüglich <strong>der</strong> Regeln (iii) und (iv) abgeschlossen, aber Bedingung (3)<br />

von Satz 3.17 ist wegen ∩H0 ∉ H nicht erfüllt, also kann Red H P (|K) nicht existieren.<br />

Wenn <strong>der</strong> Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ) die Menge <strong>der</strong> vollständig konsistenten Mengen<br />

(bezüglich einer Negation ⎯ ist), dann bewirkt die Fragezeichenreduktion (mit P := ∅) bezüglich<br />

H, daß die Spalten von m und m für alle m ∈ M+ ∪ M- negiert zueinan<strong>der</strong> sind, d.h. es entsteht ein<br />

Kontext mit negierten Merkmalen: (Red H ∅ (|K), M+, M-, ⎯ ). Hier<strong>bei</strong> wird I(g, m) für g ∈ G und m ∈<br />

M+ ∪ M- genau dann durch den Wert × ersetzt, wenn I(g, m ) = o gilt, und I(g, m) wird genau dann<br />

durch den Wert o ersetzt, wenn I(g, m ) = × gilt. (Red H ∅ (|K), M+, M-, ⎯ ) ist <strong>der</strong> kleinste Kontext mit<br />

negierten Merkmalen mit Red H ∅ (|K) ≥ |K.


3.1.3 Merkmalexplorationsalgorithmus<br />

3.24. Algorithmus zur Merkmalexploration:<br />

Sei |K 8 = (G, M, I) ein (unbekannter) einwertiger Kontext, dessen gültigen Implikationen Imp(|K 8 )<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration untersucht werden sollen. Die Merkmalexploration beginnt mit einem<br />

unvollständigen Kontext |K0 = (G0, M, {×, ?, o}, I0) mit G0 ⊆ G, <strong>der</strong> durch den Experten eingegeben<br />

wird und einem Rahmenkontext H ⊆ ℘(M) mit g I ∈ H für alle g ∈ G. Der Rahmenkontext H wird<br />

ebenfalls durch den Experten eingegeben. Der Kontext |K0 kann (bis auf die Fragezeichen im<br />

Kontext) als Teilkontext des unbekannten Kontextes |K 8 aufgefaßt werden: Für jeden Gegenstand g<br />

von |K0 ist die Kontextzeile von g in |K 8 eine Vervollständigung <strong>der</strong> Kontextzeile von |K0. Während<br />

<strong>der</strong> Merkmalexploration werden nun neue Kontexte |Kn = (Gn, M, {×, ?, o}, In) für n > 0 erzeugt,<br />

welche Gegen<strong>bei</strong>spiele für die Implikationen enthalten, die in |K nicht gültig sind. Da<strong>bei</strong> wird<br />

gleichzeitig versucht, die Duquenne-Gigue-Basis <strong>der</strong> in |K gültigen Implikationen aufzubauen: Es<br />

wird eine Menge Pn ⊆ ImpM erzeugt, so daß die Implikationen aus Pn im unbekannten Kontext |K<br />

gültig sind, d.h. es gilt Pn ⊆ Imp(|K 8 ). Diese Implikationenmenge wird am Anfang <strong>der</strong> Merkmalexploration<br />

durch die leere Menge initialisiert: P0 := P1 := ∅. Eine Vervollständigung von |K0 ist ein<br />

Teilkontext von |K, also existiert Red H ∅ (|K0) =: |K1 nach Satz 3.17.(4).<br />

Für n = 1, 2, 3, ... wählt das Merkmalexplorationsprogramm im Schritt n eine minimale Menge<br />

A ∈ H aus, die Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen bezüglich H ist, so daß A keine Prämisse von einer<br />

Implikation aus Pn ist. Sei B = A ‡z = {b ∈ M | A → b ∈ Erf(|Kn)}. 128 Nach Regel (AD) gilt dann<br />

A → B ∈ Erf(|Kn). Der Experte wird nun gefragt, ob die Implikation A → B im unbekannten<br />

Kontext |K 8 gültig ist. 129<br />

Wenn <strong>der</strong> Experte die Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation A → B in |K mit "nein"<br />

beantwortet, muß er ein Gegen<strong>bei</strong>spiel g ∈ G für die Implikation A → B eingeben.<br />

Sei |K' = (Gn ∪ {g}, M, {×, ?, o}, J) <strong>der</strong> Kontext, welcher aus |Kn und <strong>der</strong> Kontextzeile von g<br />

besteht, welche durch den Experten eingegeben wird. Da<strong>bei</strong> müssen für den neuen Gegenstand die<br />

bereits akzeptierten Implikationen Pn erfüllbar sein, und die Implikation A → B muß verletzt<br />

werden, d.h. es gilt J(g, a) = × für alle a ∈ A und J(g, b) = o für ein b ∈ B. Da die Kontextzeile von<br />

g in |K8 eine Vervollständigung <strong>der</strong> Kontextzeile von g in |K' ist, 130 existiert Red H Pn (g) in |K' nach<br />

Satz 3.17.(4) wegen Pn ⊆ Imp(|K8 ) und g I ∈ H. Seien Pn+1 := Pn und |Kn+1 <strong>der</strong> Kontext, welcher aus<br />

|K' entsteht, indem die Kontextzeile von g durch Red H P n (g) ersetzt wird.<br />

Wenn dem Experten nicht bekannt ist, ob die Implikation A → B im unbekannten Kontext |K 8<br />

gültig ist, dann wird zunächst gefragt, für welche Merkmale b ∈ B die Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation<br />

A → b unbekannt ist. Sei Z = {b ∈ B | A → b ist unbekannt}. Für die an<strong>der</strong>en Merkmale b ∈ B-Z<br />

ist die Implikation A → b in |K 8 gültig, denn jedes Gegen<strong>bei</strong>spiel für A → b ist auch ein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel für A → B. Für b ∈ Z überprüft das Merkmalexplorationsprogramm, ob A → b ∈<br />

128 vgl. Satz 2.58.(1)<br />

129 Da A → A in jedem Kontext gültig ist, reicht es auch, nach <strong>der</strong> Gültigkeit von A → B-A zu fragen<br />

130 Bei dem Algorithmus wird vorausgesetzt, daß <strong>der</strong> Benutzer nur korrekte Eingaben macht, d.h. die Kontextzeile eines<br />

eingegebenen Gegenstandes g im Universum |K 8 ist eine Vervollständigung <strong>der</strong> eingegebenen Kontextzeile. Es wird<br />

auch vorausgesetzt, daß für jede mit "ja" beantwortete Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit einer Implikation A → B diese<br />

Implikation auch im Universum gültig ist. Für Merkmalexploration mit Fehlerbehandlung vgl. Bemerkung 3.71<br />

125


ConsH (Pn ∪ {A → B-Z}) gilt, denn in diesem Fall kann das Merkmal b aus Z entfernt werden, weil<br />

die Implikation A → b dann auch als gültig erkannt wird. Im folgenden sei deshalb A → b ∉<br />

ConsH (Pn ∪ {A → B-Z}) für alle b ∈ Z.<br />

Dem aktuellen Kontext |Kn werden nun fiktive Gegenstände gA,b mit b ∈ Z angehängt, welche<br />

gerade diese Implikationen wi<strong>der</strong>legen: 131<br />

Sei |K' := (Gn ∪ {gA,b | b ∈ Z}, M, {×, ?, o}, J) mit<br />

J = In ∪ {(gA,b, m, ×) | m ∈ A, b ∈ Z} ∪ {(gA,b, b, o) | b ∈ Z} ∪<br />

{(gA,b, m, ?) | m ∈ M-(A ∪ {b}), b ∈ Z}<br />

Diese fiktiven Gegenstände könnte man auch zu einem Gegenstand gA,Z zusammenfassen, <strong>bei</strong> dem<br />

in je<strong>der</strong> Spalte eines Merkmals aus Z <strong>der</strong> Wert o steht:<br />

|K' A Z Rest<br />

126<br />

Gn |Kn<br />

gA,Z ××× ooo ???<br />

Die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen in |K' ist in <strong>bei</strong>den Fällen gleich, weil in <strong>bei</strong>den Varianten<br />

genau diejenigen Implikationen C → D wi<strong>der</strong>legt werden, für die C ⊆ A und D ∩ Z ≠ ∅ gilt. 132 Da<br />

jedoch einige <strong>der</strong> unbekannten Implikationen im Universum |K 8 gültig sind, während an<strong>der</strong>e falsch<br />

sind, ist es für die weitere <strong>Behandlung</strong> 133 sinnvoller, die unbekannten Implikationen zu trennen, d.h.<br />

für jedes Merkmal b ∈ Z wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel gA,b eingefügt.<br />

Sei Pn+1 := Pn ∪ {A → B-Z}, falls B-Z ≠ A, und Pn+1 := Pn, falls B-Z = A ist. Für die Gegenstände<br />

g ∈ Gn, welche keine fiktiven Gegenstände sind (d.h. g ∈ Gn ∩ G ist auch ein Gegenstand von |K 8 ,<br />

und die Kontextzeile von g in |K 8 ist eine Vervollständigung <strong>der</strong> Kontextzeile von g in |K'), existiert<br />

Red H Pn+1 (g) in |K' nach Satz 3.17.(4) wegen Pn ∪ {A → B-Z} ⊆ Imp(|K8 ). Sei |Kn+1 <strong>der</strong> Kontext,<br />

welcher aus |K' entsteht, indem die Kontextzeilen von den Gegenständen g ∈ Gn ∩ G durch<br />

Red H Pn+1 (g) ersetzt werden. Die Kontextzeilen <strong>der</strong> fiktiven Gegenstände bleiben unverän<strong>der</strong>t.<br />

Wenn <strong>der</strong> Experte die Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation A → B in |K8 mit "ja" beantwortet,<br />

wird die aktuelle Menge von akzeptierten Implikationen Pn um diese Implikation erweitert: Pn+1 :=<br />

Pn ∪ {A → B}. Für die Gegenstände g ∈ Gn ∩ G aus |K8 existiert Red H Pn+1 (g), also sei |Kn+1 <strong>der</strong><br />

Kontext, welcher aus |Kn entsteht, indem die Kontextzeilen von den Gegenständen g ∈ Gn ∩ G<br />

durch Red H Pn+1 (g) ersetzt werden. Die Kontextzeilen <strong>der</strong> fiktiven Gegenstände bleiben unverän<strong>der</strong>t.<br />

Die Merkmalexploration endet, sobald keine neue Implikation mehr gefunden wird, d.h. sobald jede<br />

Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossene Menge A als Prämisse in Pn vorkommt.<br />

3.25. Bemerkung:<br />

Dieser Algorithmus dient unter an<strong>der</strong>em dazu, eine Basis <strong>der</strong> gültigen Implikationen eines<br />

Kontextes |K8 bezüglich eines Rahmenkontextes H zu erstellen. Oft kommt es auch vor, daß man<br />

zwar einen Rahmenkontext als Hintergrundwissen hat, jedoch eine Basis ohne Hintergrundwissen<br />

sucht, d.h. man möchte eine Menge P ⊆ ImpM finden mit Cons(P) = Imp(|K8 ) und da<strong>bei</strong> den<br />

Rahmenkontext H benutzen, damit <strong>bei</strong>m Explorationsalgorithmus nicht so viele Fragen gestellt<br />

werden. Man kann diese zwei Probleme auch kombinieren: Gegeben sind zwei Rahmenkontexte H1<br />

131<br />

Hier<strong>bei</strong> wird vorausgesetzt, daß gA,b ein neuer Gegenstand ist, d.h. es gilt gA,b ∉ Gn und gA,b ∉ G<br />

132<br />

vgl. Lemma 3.26<br />

133<br />

z.B. <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bildung von Teilkontexten in Satz 3.53 o<strong>der</strong> Satz 3.44


und H2, gesucht ist eine Basis <strong>der</strong> in |K8 gültigen Implikationen bezüglich H1, wo<strong>bei</strong> das<br />

Hintergrundwissen H2 <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration benutzt wird, um den Aufwand zu verringern. Dieses<br />

Problem läßt sich dadurch lösen, daß man den oben angegebenen Merkmalexplorationsalgorithmus<br />

mit dem Rahmenkontext H = H1 durchführt, wo<strong>bei</strong> in jedem Schritt n vor <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong><br />

Gültigkeit einer Implikation A → B durch das Programm automatisch überprüft wird, ob diese<br />

Implikation aus dem bekannten Wissen folgt, d.h. ob A → B ∈ Cons H1∩H2(Pn) gilt. Ist dies <strong>der</strong><br />

Fall, wird die Implikation automatisch in die aktuelle Implikationenmenge aufgenommen: Pn+1 :=<br />

Pn ∪ {A → B}, ansonsten wird <strong>der</strong> Benutzer nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation gefragt. Der oben<br />

angegebene Algorithmus läßt sich als Spezialfall dieser verallgemeinerten Merkmalexploration<br />

ansehen: Das zweite Hintergrundwissen ist nicht vorhanden, d.h. es gilt H2 = ℘(M). Die Korrekt-<br />

heit des Merkmalexplorationsalgorithmus' wird im folgenden nur für diesen Fall H2 = ℘(M)<br />

bewiesen, denn die allgemeine Merkmalexploration (mit zwei Rahmenkontexten) läßt sich als<br />

normale Merkmalexploration (mit einem Rahmenkontext H = H1) betrachten, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> Experte<br />

in manchen Fällen gezwungen ist, eine Frage mit "ja" zu beantworten. Daher lassen sich<br />

offensichtlich auch alle Sätze auf den Fall H2 ≠ ℘(M) übertragen.<br />

In den nachfolgenden Sätzen wird bewiesen, daß man nach <strong>der</strong> Merkmalexploration die Duquenne-<br />

Gigue-Basis <strong>der</strong> im letzten Kontext erfüllbaren Implikationen erhält, d.h. wenn die Exploration im<br />

Schritt n beendet ist, gilt Pn = DGB H (Erf(|Kn)) (vgl. Satz 3.34). Am Ende <strong>der</strong> Exploration können<br />

einige als unbekannt akzeptierte Implikationen automatisch als gültig o<strong>der</strong> als nicht gültig erkannt<br />

werden, wenn sie aus den akzeptierten Implikationen folgen, bzw. wenn sie durch einen normalen<br />

Gegenstand g ∈ Gn ∩ G wi<strong>der</strong>legt werden. 134 Die zugehörigen Gegenstände können aus |Kn entfernt<br />

werden, d.h. man bildet einen Teilkontext |K * von |Kn. Auch über das Universum |K8 erhält <strong>der</strong><br />

Experte einige Informationen: Es gibt eine Teilmenge P u<br />

<strong>der</strong> als unbekannt akzeptierten<br />

8<br />

Implikationen, so daß die in |K8 gültigen Implikationen genau die aus Pn ∪ P u<br />

8 herleitbaren<br />

Implikationen sind, und durch die Einschränkung |K * |G* des Kontextes |K 8 * auf eine geeignete<br />

Teilmenge G *<br />

8 ⊆ Gn <strong>der</strong> letzten Gegenstandsmenge erhält man ein vollständiges System von<br />

Gegen<strong>bei</strong>spielen für die Implikationen, welche im Universum |K 8 nicht gültig sind, d.h. es gilt<br />

Imp(|K 8 ) = Erf(|K * |G* 8 ). 135<br />

Im folgenden Lemma wird bewiesen, daß durch die fiktiven Gegenstände nur diejenigen<br />

Implikationen wi<strong>der</strong>legt werden, aus denen die zugehörigen unbekannten Implikationen (mit den<br />

Regeln (AU) und (PR)) folgen würde:<br />

3.26. Lemma (Durch einen fiktiven Gegenstand wird eine Implikation nur dann wi<strong>der</strong>legt,<br />

wenn die zugehörige unbekannte Implikation aus dieser Implikation folgt):<br />

Seien n ≥ 0 und gA,b ∈ Gn ein fiktiver Gegenstand. Eine Implikation E → F ist genau dann für den<br />

Gegenstand gA,b nicht erfüllbar, wenn E ⊆ A und b ∈ F gilt. Insbeson<strong>der</strong>e ist die unbekannte<br />

Implikation A → b mit den Regeln (AU) und (PR) aus E → F herleitbar, wenn E → F für gA,b nicht<br />

erfüllbar ist.<br />

Beweis:<br />

Nach Satz 2.50 gilt:<br />

E → F ist nicht erfüllbar für gA,b gdw.<br />

In(gA,b, m) = × für m ∈ E und In(gA,b, m) = o für ein m ∈ F gdw.<br />

134<br />

vgl. Satz 3.44, Beispiel 3.38 und Beispiel 3.42<br />

135<br />

vgl. Satz 3.53<br />

127


E ⊆ A und b ∈ F<br />

❚<br />

3.27. Korollar (Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen nach Entfernung fiktiver<br />

Gegenstände):<br />

Seien n ≥ 0 und Gn ∩ G ⊆ S ⊆ T ⊆ Gn, d.h. S enthält alle Gegenstände von |Kn, die auch im Kontext<br />

|K 8 vorkommen. Dann gilt<br />

Erf(|Kn|T) = Erf(|Kn|S)-{E → F | es gibt ein gA,b ∈ T-S mit E ⊆ A, b ∈ F}.<br />

Beweis:<br />

'⊆':<br />

Sei C → D ∈ Erf(|Kn|T), dann gilt C → D ∈ Erf(|Kn|S) wegen S ⊆ T, und es gilt<br />

C → D ∉ {E → F | es gibt ein gA,b ∈ T-S mit E ⊆ A, b ∈ F} nach Lemma 3.26.<br />

'⊇':<br />

Sei C → D ∈ Erf(|Kn|S)-{E → F | es gibt ein gA,b ∈ Gn-S mit E ⊆ A, b ∈ F}. Nach Lemma 3.26 ist<br />

C → D für alle gA,b ∈ T-S erfüllbar, also C → D ∈ Erf(|Kn|T).<br />

❚<br />

3.28. Satz (Alle (für das Univsersum) als gültig akzeptierten Implikationen sind im aktuellen<br />

Kontext <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration erfüllbar):<br />

Für alle n ≥ 0 gilt Pn ⊆ Erf(|Kn) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration.<br />

Beweis:<br />

Für S = Gn ∩ G ist Pn in |Kn|S erfüllbar wegen Pn ⊆ Imp(|K8 ). Sei C → D ∈ Pn ⊆ Erf(|Kn|S). Falls<br />

C → D ∉ Erf(|Kn) ist, gibt es nach Korollar 3.27 ein gA,b ∈ Gn-S mit C ⊆ A und b ∈ D. Seien j < n<br />

mit C → D ∈ Pj+1-Pj und i < n mit gA,b ∈ Gi+1-Gi. Im Kontext |Kj gilt b ∈ C ‡z =2.58.(1) {m ∈ M | C →<br />

m ∈ Erf(|Kj)}, also gilt gA,b ∉ Gj weil C → b für gA,b nicht erfüllbar ist. Somit gilt j ≤ i. Die<br />

Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation A → b ist im Schritt i unbekannt, also gilt A → b ∉ ConsH (Pi+1) und<br />

somit C → D ∉ Pi+1 nach den Regeln (AU) und (PR), also i < j. Dies ist ein Wi<strong>der</strong>spruch.<br />

❚<br />

3.29. Satz (Zusammenhang zwischen Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen und Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen<br />

für n > j):<br />

Seien n > j > 0 und A → B die Implikation, nach <strong>der</strong> im Schritt j <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration<br />

gefragt wird, so daß diese Implikation A → B nicht durch ein bekanntes Gegen<strong>bei</strong>spiel g aus |K 8<br />

wi<strong>der</strong>legt wird, d.h. <strong>der</strong> Experte akzeptiert die Implikation, o<strong>der</strong> es ist dem Experten nicht bekannt,<br />

ob die Implikation gültig ist. Sei Z = {b ∈ B | A → b ist unbekannt} bzw. Z = ∅, falls die<br />

Implikation A → B akzeptiert wurde. Dann gilt:<br />

(1) B-Z = A ‡z in |Kn, d.h. es gilt 136 B-Z = {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kn)}<br />

(2) Jede Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossene echte Teilmenge C ⊂ A ist auch Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen.<br />

(3) Wenn B-Z ≠ A ist, dann ist A Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen.<br />

(4) Jede Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene echte Teilmenge C ⊂ A ist auch Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen.<br />

Beweis von (1):<br />

Für B-Z ≠ A gilt A → B-Z ∈ Pn ⊆ Erf(|Kn) und für B-Z = A gilt auch A → B-Z ∈ Erf(|Kn). Wegen<br />

n ≥ j+1 gilt Erf(|Kn) ⊆ Erf(|Kj+1), denn jede Kontextzeile von |Kj+1 ist bis auf Fragezeichenreduktion<br />

136 vgl. Satz 2.58.(1)<br />

128


auch eine Kontextzeile von |Kn, und durch die Fragezeichenreduktion wird die Kontextzeile (in <strong>der</strong><br />

Informationsordnung) höchstens vergrößert und damit die Erfüllbarkeit von Implikationen verringert,<br />

also<br />

B-Z ⊆ {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kn)} ⊆ {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kj+1)}.<br />

Es gilt {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kj)} = B, weil im Schritt j nach <strong>der</strong> Implikation<br />

A → {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kj)} gefragt wird. Für die Merkmale aus Z werden dem Kontext |Kj<br />

fiktive Gegen<strong>bei</strong>spiele {gA,b | b ∈ Z} angehängt, d.h. es gilt<br />

{m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kj+1)} ⊆ B-Z, also {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kn)} = B-Z.<br />

Beweis von (2) und (3) durch Induktion über j:<br />

Seien (2) und (3) für alle i < j richtig.<br />

Beweis von (2):<br />

Sei C eine Erf(|Kn)-pseudoabgeschlosse echte Teilmenge von A. Dann ist C ∈ H, aber kein<br />

Erf(|Kn)-Inhalt, also nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (4)) auch kein Erf(|Kj)-Inhalt wegen Erf(|Kn) ⊆<br />

Erf(|Kj). Sei D eine Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene echte Teilmenge von C. Es gilt D → E ∈ Pj für<br />

eine Menge E ⊆ M, weil sonst das Merkmalexplorationsprogramm im Schritt j nach D → E fragen<br />

müßte, denn D ist eine echte Teilmenge von A. Es gibt damit ein i < j mit D → E ∈ Pi+1-Pi. Nach<br />

Induktionsannahme gilt (3) für den Schritt i <strong>der</strong> Merkmalexploration, d.h. D ist Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen.<br />

Da C auch Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen ist, gilt {m ∈ M | D → m ∈ Erf(|Kj)} = E =<br />

{m ∈ M | D → m ∈ Erf(|Kn)} ⊆ C nach (1) (mit j durch i ersetzt und E = B-Z). Damit ist C auch<br />

Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen, also gilt (2).<br />

Beweis von (3):<br />

A ist nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)) wegen B-Z ≠ A und (1) kein Erf(|Kn)-Inhalt, und es gilt<br />

A ∈ H, weil A Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen ist. Sei C eine Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossene echte<br />

Teilmenge von A. Nach (2) ist C auch Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen, also folgt wie <strong>bei</strong>m Beweis<br />

von (2) auch C → E ∈ Pj für eine Menge E ⊆ M, und nach (1) gilt<br />

{m ∈ M | C → m ∈ Erf(|Kn)} = E = {m ∈ M | C → m ∈ Erf(|Kj)} ⊆ A (vgl. Beweis von (2)). Damit<br />

ist A auch Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossenen.<br />

Beweis von (4):<br />

Sei C ⊂ A eine Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene echte Teilmenge von A. Dann ist C eine Prämisse<br />

von Pj, weil sonst im Schritt j nach <strong>der</strong> Implikation C → C ‡z gefragt werden müßte. Sei C → D ∈<br />

Pj. Nach (1) gilt D = {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kj)} ≠ C (vgl. Beweis von (2)), also ist C nach (3)<br />

Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen.<br />

❚<br />

Für n = j und Z ≠ ∅ ist die Gleichung {m ∈ M | A → m ∈ Erf(|Kn)} = B-Z nicht richtig, weil<br />

A → Z ∈ Erf(|Kn) ist.<br />

3.30. Korollar (Prämissen von Pj sind Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen):<br />

Für j > 0 gilt:<br />

(1) Wenn A → B ∈ Pj ist, dann gilt B = A ‡z in |Kj, und A ist Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen.<br />

(2) Sei gA,b ∈ Gj ein fiktiver Gegenstand von |Kj. Genau dann gilt A = A ‡z in |Kj (d.h. A ist ein<br />

Erf(|Kj)-Inhalt 137 ), wenn A keine Prämisse von Pj ist.<br />

137 vgl. Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6))<br />

129


Beweis von (1):<br />

Für A → B ∈ Pj gibt es ein i < j, so daß A → B ∈ Pi+1-Pi ist, also wurde im Schritt i nach einer<br />

Implikation A → E gefragt. In |Kj gilt B = A ‡z nach Satz 3.29.(1), und A ist Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen<br />

nach Satz 3.29.(3).<br />

Beweis von (2):<br />

Es gibt ein i < j, so daß gA,b ∈ Gi+1-Gi ist, also wurde im Schritt i nach einer Implikation A → B<br />

gefragt. Die Implikationen A → b für b ∈ Z := {m ∈ B | A → m ist unbekannt} wurden durch<br />

fiktive Gegen<strong>bei</strong>spiele wi<strong>der</strong>legt, also ist A nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)) und Satz 3.29.(1)<br />

genau dann ein Erf(|Kj)-Inhalt, wenn B-Z = A ist, und dies ist äquivalent dazu, daß A keine<br />

Prämisse von Pj ist.<br />

❚<br />

Um in einem Schritt j <strong>der</strong> Merkmalexploration <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Implikation, nach <strong>der</strong> gefragt<br />

werden soll, nicht mehr auf die rekursive Definition des Begriffs pseudoabgeschlossen<br />

zurückgreifen zu müssen, wird nun eine äquivalente Charakterisierung angegeben, welche die<br />

Menge Pj <strong>der</strong> bereits als gültig akzeptierten Implikationen verwendet.<br />

3.31. Satz (Charakterisierung <strong>der</strong> minimalen Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossenen Mengen,<br />

welche keine Prämissen <strong>der</strong> aktuellen Implikationenmenge sind):<br />

Seien A ⊆ M und j > 0. Dann ist die Bedingung, daß A eine minimale Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene<br />

Menge ist, welche keine Prämisse von Pj ist, äquivalent zu <strong>der</strong> Eigenschaft, daß A eine<br />

minimale Menge mit A ‡z ≠ A ∈ Resp H (Pj) ist.<br />

Beweis:<br />

'⇒':<br />

Sei A eine minimale Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene Menge, welche keine Prämisse von Pj ist. Dann<br />

gilt A ‡z ≠ A, denn sonst wäre A nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)) und Satz 2.58.(1) ein<br />

Erf(|Kj)-Inhalt. Für B → C ∈ Pj mit B ⊆ A ist B eine echte Teilmenge von A, weil A keine Prämisse<br />

von Pj ist, und B ist nach Korollar 3.30.(1) Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen, also C = B ‡z ⊆ A nach<br />

Satz 3.29.(1), denn A ist Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen. Aus <strong>der</strong> Definition von Pseudoabgeschlossenheit<br />

folgt A ∈ H, also gilt A ∈ Resp(Pj) ∩ H = RespH (Pj). Bevor nun bewiesen wird, daß<br />

A minimal mit dieser Eigenschaft ist, wird die Umkehrung bewiesen.<br />

'⇐':<br />

Sei A minimal mit A ‡z ≠ A ∈ RespH (Pj), dann ist A nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6)) und Satz<br />

2.58.(1) kein Erf(|Kj)-Inhalt, und es gilt A ∈ H. A kann keine Prämisse von Pj sein, weil A die<br />

Implikation A → A ‡z nicht respektiert. Sei B eine Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene echte Teilmenge<br />

von A. Es wird nun gezeigt, daß B ‡z in A enthalten ist.<br />

Annahme: B ist keine Prämisse von Pj.<br />

Für C → D ∈ Pj mit C ⊆ B gilt D =3.30.(1) C ‡z ⊆ B, denn C ist nach Korollar 3.30.(1) eine<br />

Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene echte Teilmenge von B, weil B keine Prämisse von Pj ist.<br />

Damit respektiert B die Menge Pj, und es gilt B ‡z ≠ B ∈ Resp H (Pj), was ein Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zur Minimalität von A ist.<br />

Damit gibt es eine Menge E ⊆ M mit B → E ∈ Pj, also B ‡z =3.30.(1) E ⊆ A wegen A ∈ Resp(Pj).<br />

Damit ist A Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen. Wenn A keine minimale Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene<br />

Menge, welche keine Prämisse von Pj ist, dann gibt es wegen <strong>der</strong> Endlichkeit von M auch eine<br />

minimale echte Teilmenge C von A, die eine Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene Menge ist, welche<br />

130


keine Prämisse von Pj ist, also gilt C ‡z ≠ C ∈ RespH (Pj) (vgl. den ersten Teil des Beweises dieses<br />

Satzes), was ein Wi<strong>der</strong>spruch ist, denn A ist minimal mit <strong>der</strong> Eigenschaft A ‡z ≠ A ∈ RespH (Pj).<br />

Analog folgt auch die Minimalität von A im ersten Teil des Beweises: Wenn A nicht minimal mit<br />

A ‡z ≠ A ∈ RespH (Pj) ist, dann gibt es eine minimale echte Teilmenge C von A mit C ‡z ≠ C ∈<br />

RespH (Pj), also ist C nach dem eben Bewiesenen eine Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossene Menge,<br />

welche keine Prämisse von Pj ist, was ein Wi<strong>der</strong>spruch ist, denn A ist minimal mit dieser<br />

Eigenschaft.<br />

❚<br />

3.32. Korollar (Eine Implikation, nach <strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration zu einem späteren Zeitpunkt<br />

gefragt wird, kann als Prämisse keine Teilmenge <strong>der</strong> Prämisse <strong>der</strong> aktuellen Implikation<br />

haben):<br />

Wenn im Schritt n nach C → D gefragt wird, und im Schritt j < n nach A → B gefragt wird, dann<br />

kann C keine echte Teilmenge von A sein.<br />

Beweis:<br />

Es gilt C ‡z ≠ C ∈ Resp H (Pn) bezüglich |Kn nach Satz 3.31, also gilt auch C ‡z ≠ C ∈ Resp H (Pj)<br />

bezüglich |Kj wegen j < n, deshalb kann C nach Satz 3.31 wegen <strong>der</strong> Minimalität von A keine echte<br />

Teilmenge von A sein.<br />

❚<br />

In Lemma 3.33 und Korollar 3.34 wird nun gezeigt, daß man am Ende <strong>der</strong> Merkmalexploration die<br />

Duquenne-Gigue-Basis <strong>der</strong> im aktuellen Kontext erfüllbaren Implikationen erhält.<br />

3.33. Lemma (Eine Implikation, <strong>der</strong>en Prämisse eine echte Teilmenge <strong>der</strong> Prämisse <strong>der</strong><br />

aktuellen Implikation ist, ist genau dann in <strong>der</strong> Duquenne-Gigue-Basis, wenn sie in <strong>der</strong> als<br />

gültig akzeptierten Menge von Implikationen ist.):<br />

Seien j > 0 und A → B ∈ ImpM die Implikation, nach <strong>der</strong> im Schritt j gefragt wird, bzw. A = M,<br />

wenn die Merkmalexploration im Schritt j beendet ist. Für D ⊆ M und echte Teilmengen C ⊂ A gilt<br />

genau dann C → D ∈ Pj, wenn C → D ∈ DGB H (Erf(|Kj)) gilt.<br />

Beweis:<br />

'⇒':<br />

Sei C → D ∈ Pj. Dann ist C nach Korollar 3.30.(1) Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen, und es gilt<br />

D = {m ∈ M | C → m ∈ Erf(|Kj)}, also C → D ∈ DGB H (Erf(|Kj)).<br />

'⇐':<br />

Sei C → D ∈ DGB H (Erf(|Kj)). Dann ist C Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen, also ist C eine Prämisse<br />

von Pj, weil im Schritt j nach einer Implikation mit minimaler Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossener<br />

Prämisse, welche keine Prämisse von Pj ist, gefragt wird.<br />

Wegen D = {m ∈ M | C → m ∈ Erf(|Kj)} gilt C → D ∈ Pj nach Korollar 3.30.(1).<br />

❚<br />

3.34. Korollar (Die Exploration liefert die Duquenne-Gigue-Basis):<br />

Wenn die Merkmalexploration im Schritt n beendet ist, dann ist Pn = DGB H (Erf(|Kn)) und<br />

Cons H (Pn) = Cons H (Erf(|Kn)).<br />

Beweis:<br />

Vgl., Lemma 3.33, Definition 3.1 und Satz 3.8.<br />

❚<br />

131


3.35. Korollar (Eine Exploration mit vollständigem Implikationenwissen liefert die<br />

Duquenne-Gigue-Basis des Universums):<br />

Wenn dem Experten <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration keine Implikation unbekannt war, dann gilt<br />

Imp(|K 8 ) = Erf(|Kn) und Pn = DGB H (Imp(|K 8 )).<br />

Beweis:<br />

Der Kontext |Kn am Ende <strong>der</strong> Merkmalexploration enthält keine fiktiven Gegenstände, also gilt<br />

Erf(|Kn) ⊆3.34 Cons H (Pn) ⊆ Imp(|K 8 ) ⊆ Erf(|Kn) und Pn =3.34 DGB H (Erf(|Kn)) = DGB H (Imp(|K 8 )).<br />

❚<br />

3.36. Lemma (Wenn eine Implikation C → d nur durch fiktive Gegenstände wi<strong>der</strong>legt wird,<br />

dann läßt sich mit den erfüllbaren Implikationen folgern, daß d o<strong>der</strong> die Prämisse einer<br />

als unbekannt akzeptierten Implikation mit d als Konklusion aus C folgt):<br />

Sei die Merkmalexploration im Schritt n beendet. Seien C ⊆ M, d ∈ M und G ∩ Gn ⊆ S ⊆ Gn mit<br />

C → d ∈ Erf(|Kn|S)-Erf(|Kn).<br />

Sei α :≡ ∧C → d ∨ ∨{∧A | C ⊆ A ⊆ M und gA,d ∈ Gn-S}.<br />

Dann gilt α ∈ Th(Resp H (Erf(|Kn))).<br />

Beweis:<br />

Sei E ∈ RespH (Erf(|Kn)) mit C ⊆ E. Es wird nun gezeigt, daß E ein Modell von α ist.<br />

Es gilt E → d ∈ Erf(|Kn|S) nach Regel (AU). Falls d ∈ E ist, dann ist E ein Modell von α, also sei<br />

nun d ∉ E. Wegen E ∈ RespH (Erf(|Kn)) gilt E → d ∉ Erf(|Kn). Es gibt ein j > 0 mit E → d ∈<br />

Erf(|Kj)-Erf(|Kj+1). Die Implikation E → d wird im Schritt j von einem fiktiven Gegenstand gA,b ∈<br />

Gj+1-Gj wi<strong>der</strong>legt, d.h. es gilt E ⊆ A und d = b. Im Kontext |Kj gilt E ‡z ≠ E ∈ Resp H (Erf(|Kn)) ⊆3.28<br />

Resp H (Pj). Die Menge A ist jedoch nach Satz 3.31 minimal mit A ‡z ≠ A ∈ Resp H (Pj), also gilt<br />

E = A und somit gA,b = gE,d ∈ Gn-S. Damit ist E ein Modell von α.<br />

❚<br />

Dieses Lemma wird nun im folgenden Korollar verwendet, um zu zeigen, daß man durch<br />

Entfernung einiger fiktiver Gegenstände aus dem Kontext |Kn alle im Teilkontext erfüllbaren<br />

Implikationen aus den im Kontext |Kn erfüllbaren Implikationen und den zugehörigen unbekannten<br />

Implikationen <strong>der</strong> fiktiven Gegenstände, die man beseitigt hat, herleiten kann.<br />

3.37. Korollar (Die erfüllbaren Implikationen von |Kn nach Entfernung einiger fiktiver<br />

Gegenstände sind aus den zugehörigen als unbekannt akzeptierten Implikationen und den<br />

als gültig akzeptierten Implikationen herleitbar):<br />

Seien die Merkmalexploration im Schritt n beendet, G ∩ Gn ⊆ S ⊆ Gn und<br />

Q = {A → d | A ⊆ M, d ∈ M mit gA,d ∈ Gn-S}.<br />

Dann gilt Erf(|Kn|S) ⊆ Cons H (Erf(|Kn) ∪ Q) = Cons H (Pn ∪ Q).<br />

Beweis:<br />

Seien C → D ∈ Erf(|Kn|S) und d ∈ D. Falls C → d ∈ Erf(|Kn) gilt, dann gilt auch C → d ∈<br />

ConsH (Erf(|Kn) ∪ Q), also gelte C → d ∉ Erf(|Kn).<br />

Es wird nun C → d ∈ Imp(RespH (Erf(|Kn) ∪ Q)) bewiesen.<br />

132


Sei E ∈ RespH (Erf(|Kn) ∪ Q) ⊆ RespH (Erf(|Kn)) mit C ⊆ E. Nach dem vorigen Lemma gilt d ∈ E<br />

o<strong>der</strong> A ⊆ E für eine Menge A ⊆ M mit C ⊆ A und gA,d ∈ Gn-S. Wegen E ∈ Resp(Q) gilt in <strong>bei</strong>den<br />

Fällen d ∈ E.<br />

Damit gilt C → d ∈ Imp(RespH (Erf(|Kn) ∪ Q)) = ConsH (Erf(|Kn) ∪ Q) nach Satz 2.71 (Äquivalenz<br />

(1) ⇔ (2)) und C → D ∈ ConsH (Erf(|Kn) ∪ Q) nach Regel (AD), also Erf(|Kn|S) ⊆ ConsH (Erf(|Kn)<br />

∪ Q) =3.34 Cons H (Pn ∪ Q).<br />

❚<br />

Für A ⊆ M und b ∈ M mit A → b ∈ ConsH (Pn) gilt nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (5)) auch<br />

A → b ∈ Imp(|K8 ) wegen Pn ⊆ Imp(|K8 ). Eine Implikation A → b, welche vorher noch unbekannt<br />

war, wird also in diesem Fall als gültig erkannt. Die fiktiven Gegenstände gA,b ∈ Gn mit A → b ∈<br />

ConsH (Pn) können aus dem Kontext |Kn entfernt werden, weil sie eine korrekte Implikation<br />

wi<strong>der</strong>legen.<br />

3.38. Beispiel:<br />

Seien H = ℘(M) und |K0 = |K1 <strong>der</strong> Kontext<br />

|K0 a b c<br />

g1 o o o<br />

g2 o × o<br />

g3 o × ×<br />

g4 o ? ×<br />

Dann sind die Mengen ∅, {b}, {b, c} und M genau die Erf(|K1)-Inhalte, und die Mengen {a} und<br />

{c} sind genau die Erf(|K1)-pseudoabgeschlossenen Mengen.<br />

Wenn im Schritt 1 <strong>der</strong> Merkmalexploration nach <strong>der</strong> Implikation a → {a, b, c} gefragt wird, die<br />

Implikation a → {a, c} als gültig akzeptiert wird, und die Implikation a → b als unbekannt<br />

angegeben wird, dann wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

g{a},b × o ?<br />

Im Schritt 2 wird nach <strong>der</strong> Implikation c → {c, b} gefragt. Wenn <strong>der</strong> Experte die Frage nach <strong>der</strong><br />

Gültigkeit dieser Implikation mit "ja" beantwortet, dann ist die unbekannte Implikation a → b aus<br />

P3 = {a → {a, c}, c → {c, b}} herleitbar, d.h. es gilt a → b ∈ Cons H (P3). Die Implikation a → b<br />

wird somit als gültig erkannt, und das fiktive Gegen<strong>bei</strong>spiel g{a},b wird nicht mehr benötigt.<br />

3.39. Lemma (Eine unbekannte Implikation kann nicht nachträglich als gültig erkannt<br />

werden, falls die Prämisse ein Inhalt ist):<br />

Seien j ≥ i > 0, gA,b ∈ Gi und A ein Erf(|Ki)-Inhalt, dann gilt A → b ∉ Cons H (Pj).<br />

Beweis:<br />

Nach Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (4)) gilt A ∈ RespH (Erf(|Ki)) ⊆ RespH (Erf(|Kj)) ⊆3.28 RespH (Pj),<br />

also A → b ∉ Imp(RespH (Pj)) =2.71 ConsH (Pj) wegen b ∉ A.<br />

❚<br />

Aus diesem Lemma folgt, daß eine unbekannte Implikation A → b nur dann automatisch als gültig<br />

erkannt werden kann (d.h. A → b ∈ Cons H (Pj) für ein j > 0), wenn A ≠ A ‡z in |Kj gilt. Nach<br />

Korollar 3.30.(2) ist dies äquivalent dazu, daß A eine Prämisse von Pj ist.<br />

133


3.40. Lemma (Eine als unbekannt akzeptierte Implikation ist genau dann aus den<br />

akzeptierten Implikationen herleitbar, wenn die Kontextzeile nicht fragezeichenreduzierbar<br />

ist):<br />

Seien j ≥ 0 und gA,b ∈ Gj ein fiktiver Gegenstand von |Kj.<br />

Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) Red H P j (gA,b) existiert nicht<br />

(2) A → b ∈ ConsH (Pj)<br />

(3) ConsH (Pj) ist nicht erfüllbar für den Gegenstand gA,b.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

Nach (1) und Satz 3.17.(3) gibt es kein T ∈ Resp H (Pj) mit A ⊆ T und b ∉ T, also gilt<br />

A → b ∈ Imp(Resp H (Pj)) =2.71 Cons H (Pj).<br />

(2) ⇒ (3):<br />

A → b ist für gA,b nicht erfüllbar.<br />

(3) ⇒ (1):<br />

Diese Implikation folgt aus Korollar 3.18.<br />

❚<br />

Wenn man also nach <strong>der</strong> Merkmalexploration für alle fikiven Gegenstände gA,b ∈ Gn überprüft hat,<br />

ob A → b ∉ Cons H (Pn) gilt, dann braucht man nicht mehr zu untersuchen, ob Red H P n (gA,b) existiert,<br />

denn dies liefert keine neuen Informationen über die unbekannten Implikationen.<br />

3.41. Lemma (Die erfüllbaren Implikationen sind nach <strong>der</strong> Exploration genau dann<br />

bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS) und (H-EX) abgeschlossen, wenn keine als unbekannt<br />

akzeptierte Implikation aus den gültigen Implikationen folgt):<br />

Wenn die Merkmalexploration im Schritt n beendet ist, dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) Red H P n (|Kn) existiert<br />

(2) A → b ∉ ConsH (Pn) gilt für alle fiktiven Gegenstände gA,b ∈ Gn.<br />

(3) ConsH (Erf(|Kn)) = Erf(|Kn)<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (3):<br />

Wenn Red H Pn (|Kn) existiert, gilt ConsH (Erf(|Kn)) =3.34 ConsH (Pn) ⊆3.18 Erf(|Kn).<br />

(3) ⇒ (2):<br />

Für gA,b ∈ Gn gilt A → b ∉ Erf(|Kn) = ConsH (Erf(|Kn)) =3.34 ConsH (Pn).<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Wegen A → b ∉ Cons H (Pn) für gA,b ∈ Gn existiert Red H P n (gA,b) nach Lemma 3.40, und die<br />

Kontextzeilen von Gegenständen aus Gn ∩ G sind bereits Pn-fragezeichenreduziert.<br />

❚<br />

Die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen des Kontextes |Kn am Ende <strong>der</strong> Merkmalexploration ist<br />

somit abgeschlossen bezüglich des Operators Cons H , sofern keine unbekannte Implikation<br />

nachträglich als gültig erkannt wurde.<br />

134


Durch die Fragezeichenreduktion <strong>der</strong> normalen Gegenstände g ∈ Gn ∩ G kann eine Implikation<br />

A → b wi<strong>der</strong>legt werden, die vorher unbekannt war: Wenn <strong>der</strong> Experte im Schritt j ≥ 0 einen<br />

Gegenstand g ∈ G mit Ij+1(g, a) ≠ o für alle a ∈ A und Ij(g, b) ≠ × eingibt, dann ist es möglich, daß<br />

durch die Fragezeichenreduktion nach Abschluß <strong>der</strong> Merkmalexploration dieser Gegenstand die<br />

Implikation A → b wi<strong>der</strong>legt: In(g, a) = × für alle a ∈ A und In(g, b) = o. Auch in diesem Fall erhält<br />

<strong>der</strong> Experte Informationen über die unbekannten Implikationen: A → b ∉ Imp(|K 8 ) für alle<br />

gA,b ∈ Gn, für die es einen Gegenstand g ∈ Gn ∩ G gibt, für den die Implikation A → b in |Kn nicht<br />

erfüllbar ist. Diese Eigenschaft ist äquivalent zu In(gA,b, ⋅) ≤ In(g, ⋅), denn die Kontextzeile von gA,b<br />

ist die kleinste 138 Kontextzeile, welche die Implikation A → b wi<strong>der</strong>legt.<br />

3.42. Beispiel:<br />

Seien H = ℘(M) und |K0 = |K1 <strong>der</strong> Kontext<br />

|K0 a b c<br />

g1 o o o<br />

g2 o × ×<br />

g3 o o ×<br />

g4 × ? o<br />

Dann sind {a} und {b} minimale Erf(|K1)-pseudoabgeschlossene Mengen. Wenn im Schritt 1 <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration die Frage nach <strong>der</strong> Implikation b → {b, c} mit "unbekannt" beantwortet wird,<br />

dann wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

g{b},c ? × o<br />

Im Schritt 2 wird nach <strong>der</strong> Implikation a → {a, b} gefragt. Wenn <strong>der</strong> Experte die Frage nach <strong>der</strong><br />

Gültigkeit dieser Implikation mit "ja" beantwortet, dann wird die Kontextzeile von g4 P2-fragezeichenreduziert:<br />

g4 × × o<br />

Die unbekannte Implikation b → c wird somit durch den Gegenstand g4 wi<strong>der</strong>legt, und das<br />

Merkmalexplorationsprogramm kann automatisch erkennen, daß b → c im Universum |K 8 nicht<br />

gültig ist. Die Kontextzeile von g4 ist nun eine Vervollständigung <strong>der</strong> Kontextzeile von g{b},c, und<br />

<strong>der</strong> Gegenstand g{b},c wird nicht mehr benötigt.<br />

3.43. Definition (G ~ , G * , |K * , P * , P u ):<br />

Sei die Merkmalexploration im Schritt n beendet.<br />

G ~ := Gn-{gA,b ∈ Gn | A → b ∈ Cons H (Pn)}<br />

G * := G ~ -{gA,b ∈ Gn | In(gA,b, ⋅) ≤ In(g, ⋅) für ein g ∈ Gn ∩ G}.<br />

|K * := |Kn|G * = (G* , M, {×, ?, o}, I * )<br />

P * := {A → D | A → B ∈ Pn für eine Menge B ⊆ M mit D = B ∪ {b ∈ M | gA,b ∈ Gn-G ~ }}.<br />

P u := {A → b ∈ ImpM | gA,b ∈ G * }<br />

Die Menge P u ist die Menge <strong>der</strong> Implikationen, die <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration als unbekannt akzeptiert<br />

wurden, und auch nachträglich we<strong>der</strong> als gültig noch als falsch erkannt wurden, d.h. die Gültigkeit<br />

<strong>der</strong> Implikationen aus P u ist auch nach <strong>der</strong> Exploration noch unbekannt.<br />

3.44. Satz (Entfernung überflüssiger fiktiver Gegenstände):<br />

Sei die Merkmalexploration im Schritt n beendet. Dann gilt:<br />

Cons H (P * ) = Cons H (Pn) = Cons H (Erf(|Kn)) = Erf(|Kn|G ~) = Erf(|K * ).<br />

138 mit <strong>der</strong> Informationsordnung × > ? < o<br />

135


Beweis von Cons H (P * ) = Cons H (Pn):<br />

Für A → B ∈ Pn gilt A → B ∈ Cons H (P * ) nach Regel (PR), also Cons H (Pn) ⊆ Cons H (P * ).<br />

Für A → D ∈ P * gibt es eine Menge B ⊆ M mit A → B ∈ Pn und<br />

D = B ∪ {b ∈ M | gA,b ∈ Gn-G ~ } = B ∪ {b ∈ M | gA,b ∈ Gn und A → b ∈ Cons H (Pn)}, also<br />

A → D ∈ Cons H (Pn) nach Regel (AD). Damit gilt Cons H (Pn) = Cons H (P * )<br />

Beweis von Cons H (Pn) = Cons H (Erf(|Kn)):<br />

Vgl. Korollar 3.34.<br />

Beweis von Cons H (Pn) ⊆ Erf(|K * ):<br />

Es gilt ConsH (Pn) ⊆ Imp(|K8 ) ⊆ Erf(|K * |G*∩G), denn ein Teilkontext von |K8 ist eine<br />

Vervollständigung von |K * |G*∩G. Sei gA,b ∈ G * ein fiktiver Gegenstand. Für E → F ∈ ImpM mit<br />

E ⊆ A und b ∈ F gilt E → F ∉ ConsH (Pn), denn sonst wäre nach Regel (AU) und Regel (PR) auch<br />

A → b ∈ Cons H (Pn), was ein Wi<strong>der</strong>spruch zur Definition von G * ist. Somit gilt Cons H (Pn) ⊆<br />

Erf(|K * |G*∩G)-{E → F | es gibt ein gA,b ∈ G * mit E ⊆ A und b ∈ F} =3.27 Erf(|K * ).<br />

Beweis von Erf(|K * ) ⊆ Erf(|Kn|G ~):<br />

Jede Implikation C → D, welche durch einen Gegenstand aus<br />

{gA,b ∈ Gn | In(gA,b, ⋅) ≤ In(g, ⋅) für ein g ∈ Gn ∩ G} wi<strong>der</strong>legt wird, wird auch durch den<br />

zugehörigen Gegenstand g ∈ Gn ∩ G ⊆ G * mit In(gA,b, ⋅) ≤ In(g, ⋅) wi<strong>der</strong>legt.<br />

Beweis von Erf(|Kn|G ~) ⊆ ConsH (Pn):<br />

Für Q = {A → b ∈ ImpM | gA,b ∈ Gn-G ~ } ⊆ Cons H (Pn) gilt<br />

Erf(|Kn|G ~) ⊆3.37 Cons H (Pn ∪ Q) = Cons H (Pn).<br />

❚<br />

3.45. Bemerkung:<br />

Durch Satz 3.44 werden zwei verschiedene Arten von überflüssigen fiktiven Gegenständen aus |Kn<br />

beseitigt:<br />

1. Die fiktiven Gegenstände gA,b ∈ Gn mit A → b ∈ Cons H (Pn) wi<strong>der</strong>legen eine korrekte<br />

Implikation. Die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen vergrößert sich zwar, wenn man diese<br />

Gegenstände aus |Kn entfernt, aber es kommen nur solche Implikationen hinzu, welche vorher<br />

herleitbar waren: Erf(|Kn|G ~) = ConsH (Erf(|Kn)). Jede Implikation C → D ∈ Cons H (Erf(|Kn)),<br />

welche in |Kn nicht erfüllbar ist, wird nur durch solche Gegenstände wi<strong>der</strong>legt, die in Gn-G ~<br />

liegen, für alle an<strong>der</strong>en Gegenstände ist C → D erfüllbar.<br />

2. Die fiktiven Gegenstände gA,b ∈ Gn, die auch durch einen normalen Gegenstand g ∈ Gn ∩ G<br />

wi<strong>der</strong>legt werden, werden nach <strong>der</strong> Merkmalexploration nicht mehr benötigt, weil jede<br />

Implikation C → D, die durch den Gegenstand gA,b wi<strong>der</strong>legt wird, auch für den zugehörigen<br />

Gegenstand g nicht erfüllbar ist.<br />

3.46. Korollar (Der Kontext |K * läßt sich fragezeichenreduzieren, und die Menge <strong>der</strong><br />

erfüllbaren Implikationen än<strong>der</strong>t sich da<strong>bei</strong> nicht):<br />

Sei die Exploration im Schritt n beendet.<br />

Dann existiert Red H P n (|K * ), und es gilt Erf(|K * ) = Erf(Red H P n (|K * )).<br />

136


Beweis:<br />

Für gA,b ∈ G * gilt A → b ∉ ConsH (Pn), also existiert Red H Pn (|K * ) nach Lemma 3.40.<br />

Es gilt Erf(|K * ) =3.44 ConsH (Pn) ⊆3.18 Erf(Red H Pn (|K * )).<br />

Erf(Red H Pn (|K * )) ⊆ Erf(|K * ) gilt wegen Red H Pn (|K * ) ≥ |K * , also gilt Erf(|K * ) = Erf(Red H Pn (|K * )).<br />

❚<br />

Man kann <strong>bei</strong>de Arten von überflüssigen fiktiven Gegenständen gA,b auch schon während <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration aus dem Kontext entfernen, wenn im Schritt j < n bereits erkannt wird, daß<br />

A → b ∈ Cons H (Pj) gilt, o<strong>der</strong> daß es einen normalen Gegenstand g ∈ Gj ∩ G mit Ij(gA,b, ⋅) ≤ Ij(g, ⋅)<br />

gibt. Der folgende Satz zeigt, daß sich dadurch nichts am weiteren Verlauf <strong>der</strong> Merkmalexploration<br />

än<strong>der</strong>t.<br />

3.47. Satz (Die überflüssigen fiktiven Gegenstände können bereits während <strong>der</strong> Exploration<br />

beseitigt werden):<br />

Wenn die überflüssigen fiktiven Gegenstände aus Definition 3.43 nach jedem Schritt <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration, <strong>bei</strong> dem sie als überflüssig erkannt werden, aus dem aktuellen Kontext<br />

entfernt werden, än<strong>der</strong>t sich nichts an den Fragen, die durch das Explorationsprogramm gestellt<br />

werden.<br />

Beweis:<br />

Wenn eine als unbekannt akzeptierte Implikation A → b durch einen normalen Gegenstand<br />

wi<strong>der</strong>legt wird, än<strong>der</strong>n sich nicht die im aktuellen Kontext erfüllbaren Implikationen <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Entfernung des fiktiven Gegenstandes, d.h. es werden genau die gleichen Fragen durch das<br />

Merkmalexplorationsprogramm gestellt. 139<br />

Es wird nun gezeigt, daß auch für die fiktiven Gegenstände gA,b mit A → b ∈ ConsH (Pj) die Fragen<br />

des Explorationsprogramm gleich bleiben.<br />

Annahme: Die Behauptung ist falsch<br />

Dann gibt es ein minimales k > 0, so daß im Schritt k <strong>bei</strong>m modifizierten Algorithmus (mit <strong>der</strong><br />

Gegenstandsmenge Gk ~ := Gk-{gA,b ∈ Gk | A → b ∈ ConsH (Pk)}) nach einer an<strong>der</strong>en Implikation<br />

gefragt wird, als <strong>bei</strong>m normalen Algorithmus (mit <strong>der</strong> Gegenstandsmenge Gk). Wegen <strong>der</strong><br />

Minimalität von k enthält die Menge Pk in <strong>bei</strong>den Algorithmen die gleichen Implikationen. Nach<br />

Satz 3.31 reicht es zu zeigen, daß die minimalen Mengen C ⊆ M, für die C ‡z ≠ C ∈ RespH (Pk)<br />

bezüglich |Kk gilt, genau die minimalen Mengen C ⊆ M sind, für die C ‡z ≠ C ∈ RespH (Pk)<br />

bezüglich |Kk|G ~ gilt, denn dann haben <strong>bei</strong>de Algorithmen im Schritt k dieselben Implikationen zur<br />

k<br />

Auswahl.<br />

Für jede Menge C ⊆ M, für die<br />

C ‡z ≠ C ∈ RespH (Pk) bezüglich |Kk<br />

gilt, gilt auch<br />

C ‡z ≠ C ∈ RespH (Pk) bezüglich |Kk|G ~<br />

k<br />

wegen Erf(|Kk) ⊆ Erf(|Kk|G k ~).<br />

Sei nun C ⊆ M, so daß C ‡z ≠ C ∈ Resp H (Pk) bezüglich |Kk|G k ~ gilt, und sei m ∈ C ‡z -C (bezüglich<br />

|Kk|G k ~). Dann gilt C → m ∈ Erf(|Kk|G k ~) ⊆ Erf(|K1), wo<strong>bei</strong> |K1 = Red H ∅ (|K0) <strong>der</strong> fragezeichenreduzierte<br />

Anfangskontext <strong>der</strong> Exploration ist.<br />

Annahme: Im Kontext |Kk gilt C ‡z = C.<br />

139 vgl. Bemerkung 3.45.2<br />

137


Dann gibt es ein j < k mit C → m ∈ Erf(|Kj)-Erf(|Kj+1). Sei g ∈ Gj+1 ein Gegenstand, welcher C → m<br />

wi<strong>der</strong>legt. Wegen C → m ∈ Erf(|Kk|G ~) ist g ein fiktiver Gegenstand. Seien A ⊆ M und b ∈ M mit<br />

k<br />

g = gA,b, dann gilt C ⊆ A und m = b nach Lemma 3.26. Dann gilt A → b ∈ ConsH (Pk) wegen<br />

gA,b ∉ Gk ~ . Es gilt C ‡z ≠ C ∈ Resp H (Pj) bezüglich |Kj und auch A ‡z ≠ A ∈ Resp H (Pj) also A = C,<br />

weil im Schritt j die Prämisse <strong>der</strong> Implikation minimal mit dieser Eigenschaft gewählt wurde. 140<br />

Wegen <strong>der</strong> Annahme C ‡z = C (bezüglich |Kk) ist A ein Erf(|Kk)-Inhalt, 141 was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />

Lemma 3.39 und A → b ∈ Cons H (Pk) ist.<br />

Damit ist die Annahme falsch, und die Mengen C ⊆ M, für die C ‡z ≠ C ∈ Resp H (Pk) bezüglich |Kk<br />

gilt, sind genau die Mengen C ⊆ M, für die C ‡z ≠ C ∈ Resp H (Pk) bezüglich |Kk|G k ~ gilt. Daraus<br />

folgt die Behauptung.<br />

❚<br />

Die Menge P * aus Definition 3.43 ist zwar im allgemeinen keine Basis von Erf(|K * ) (d.h. die Menge<br />

P * könnte redundant sein), aber wenn es keine als unbekannt akzeptierte Implikation A → b mit<br />

A → b ∈ ConsH (Pn) gibt, dann ist P * =3.43 Pn nach Korollar 3.34 die Duquenne-Gigue-Basis von<br />

Erf(|K * ) =3.45.2 Erf(|Kn). Der Fall, daß A → b ∈ ConsH (Pn) für eine Implikation gilt, die dem<br />

Experten vorher unbekannt war, kann nur eintreten, wenn er <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong><br />

Implikation A → b nicht lange genug nachgedacht hat, denn <strong>der</strong> Rahmenkontext H und jede<br />

Implikation aus Pn ist dem Experten bekannt. In <strong>der</strong> Praxis wird also in den meisten Fällen P * = Pn<br />

gelten, wenn <strong>der</strong> Experte sich die Mühe macht, <strong>bei</strong> einer Implikation, nach <strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration<br />

gefragt wird, etwas länger nachzudenken.<br />

3.48. Satz (Im Kontext |K * liefert <strong>der</strong> Operator ‡z die Hülle bezüglich <strong>der</strong><br />

Implikationenmenge ConsH (P * )):<br />

Für alle C → D ∈ P * gilt D = C ‡z bezüglich |K * .<br />

Für alle C ⊆ M gilt ConsH(P * ) = Erf(|K * ) = C ‡z in |K * .<br />

Beweis von D = C ‡z :<br />

Für C → D ∈ P * gibt es C → B ∈ Pn mit D = B ∪ {b ∈ M | gA,b ∈ Gn-G ~ }. 142<br />

Nach Satz 3.44 gilt C → D ∈ Erf(|K * ), also D ⊆ {m ∈ M | C → m ∈ Erf(|K * )} =2.58.(1) C ‡z nach<br />

Regel (PR). Sei nun d ∈ C ‡z . Dann gilt C → d ∈ Erf(|K * ) =3.44 Erf(|Kn|G ~). Falls auch C → d ∈<br />

Erf(|Kn) ist, dann gilt d ∈ {m ∈ M | C → m ∈ Erf(|Kn)} =3.30.(1) B ⊆ D, ansonsten gibt es ein j < n, so<br />

daß im Schritt j <strong>der</strong> Kontext |Kj um einen fiktiven Gegenstand gA,b ∈ Gn-G ~ erweitert wird, für den<br />

C → d nicht erfüllbar ist, also gilt C ⊆ A und b = d. Wenn C eine echte Teilmenge von A ist, dann<br />

gilt C → B ∈ Pj und d ∈ {m ∈ M | C → m ∈ Erf(|Kj)} = B ⊆ D, also sei nun C = A. Dann gilt<br />

gC,d = gA,b ∈ Gj+1. Wegen C → d ∈ Erf(|Kn|G ~) gilt gC,d ∈ Gn-G ~ , also d ∈ D. Damit gilt C ‡z = D.<br />

Beweis von ConsH(P * ) = Erf(|K * ) = C ‡z :<br />

C ‡z =2.58.(1) {m ∈ M | C → m ∈ Erf(|K * )} =3.44 {m ∈ M | C → m ∈ Cons(ConsH (P * )))} =2.40<br />

ConsH(P * ) , und wegen Cons(Erf(|K * )) =3.44 Erf(|K * ) gilt<br />

140 vgl. Satz 3.31<br />

141 vgl. Satz 3.2 (Äquivalenz (1) ⇔ (6))<br />

142 vgl. Definition 3.43<br />

138


C ‡z =2.58.(1) {m ∈ M | C → m ∈ Cons(Erf(|K * ))} =2.40 Erf(|K * )<br />

❚<br />

Im Kontext |K * ist <strong>der</strong> Operator ‡z : ℘(M) → ℘(M) nach Satz 2.31 ein Hüllenoperator, denn es gilt<br />

‡z = < ⋅ >Erf(|K * ).<br />

Korollar 3.37 läßt sich auch auf den Kontext |K * übertragen:<br />

3.49. Lemma (Die erfüllbaren Implikationen von |K * nach Entfernung einiger fiktiver<br />

Gegenstände sind aus den erfüllbaren Implikationen und den zugehörigen unbekannten<br />

Implikationen herleitbar):<br />

Seien G ∩ G * ⊆ S ⊆ G * und Q = {A → d | gA,d ∈ G * -S}.<br />

Dann gilt Erf(|K * |S) ⊆ Cons H (Erf(|K * ) ∪ Q) = Cons H (P * ∪ Q).<br />

Beweis:<br />

Seien n > 0, so daß die Exploration im Schritt n beendet ist, und T := S ∪ {gA,b ∈ Gn | In(gA,b, ⋅) ≤<br />

In(g, ⋅) für ein g ∈ Gn ∩ G}.<br />

Es gilt Erf(|K * |S) =3.45.2 Erf(|Kn|T) ⊆3.37 ConsH (Erf(|Kn) ∪ {A → b | gA,b ∈ Gn-T}).<br />

Für gA,b ∈ Gn-T gilt A → b ∈ ConsH (Pn) ∪ Q, denn entwe<strong>der</strong> wurde gA,b <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Einschränkung <strong>der</strong><br />

Menge Gn auf die Menge G ~ entfernt 143 (in diesem Fall gilt A → b ∈ ConsH (Pn)) o<strong>der</strong> gA,b ist auch<br />

ein Element von G * (in diesem Fall gilt A → b ∈ Q). Somit gilt ConsH (Erf(|Kn) ∪ {A → b | gA,b ∈<br />

Gn-T}) ⊆ ConsH (Erf(|Kn) ∪ ConsH (Pn) ∪ Q).<br />

Nach Satz 3.44 gilt ConsH (Erf(|Kn)) = ConsH (Pn) = Erf(|K * ) = ConsH (P * ), also gilt<br />

ConsH (Erf(|Kn) ∪ ConsH (Pn) ∪ Q) = ConsH (Erf(|K * ) ∪ Q) = ConsH (P * ∪ Q), denn ConsH ist ein<br />

Hüllenoperator. Damit ist Erf(|K * |S) ⊆ ConsH (Erf(|K * ) ∪ Q) = ConsH (P * ∪ Q) bewiesen.<br />

❚<br />

Der Experte möchte am Ende <strong>der</strong> Merkmalexploration nicht nur Informationen über den Kontext<br />

|K * haben, son<strong>der</strong>n auch über den unbekannten Kontext |K 8 . Er weiß zwar nicht, welche <strong>der</strong><br />

unbekannten Implikationen im Kontext |K 8 richtig sind, aber mit Hilfe von Lemma 3.49 wird in<br />

Satz 3.53 gezeigt, daß die gültigen Implikationen von |K 8 aus den erfüllbaren Implikationen von |K *<br />

und einer geeigneten Teilmenge <strong>der</strong> unbekannten Implikationen herleitbar sind. Zunächst wird noch<br />

eine Definition benötigt:<br />

3.50. Definition (G *<br />

, Pu<br />

8<br />

G *<br />

8 := G* -{gA,b ∈ G * | A → b ∈ Imp(|K8 )}<br />

P u<br />

8 := {A → b ∈ ImpM | gA,b ∈ G * -G *<br />

8 }<br />

8 ):<br />

Die Menge P u<br />

ist die Menge <strong>der</strong> als unbekannt akzeptierten Implikationen, welche durch fiktive<br />

8<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiele wi<strong>der</strong>legt wurden, obwohl sie korrekt waren:<br />

3.51. Lemma (P u<br />

8<br />

Universum gültig sind):<br />

Es gilt P u<br />

8 = Pu ∩ Imp(|K8 ).<br />

143 vgl. Definition 3.43<br />

besteht aus den als unbekannt akzeptierten Implikationen, die im<br />

139


Beweis:<br />

A → b ∈ P u<br />

8 gdw.<br />

gA,b ∈ G * und gA,b ∉ G *<br />

8 gdw.<br />

A → b ∈ P u und A → b ∈ Imp(|K 8 )<br />

❚<br />

3.52. Lemma (G *<br />

besteht aus den Gegenständen, <strong>der</strong>en Kontextzeilen eine Vervoll-<br />

8<br />

ständigung im Universum haben):<br />

G *<br />

8 = {g ∈ G* | die Kontextzeile von g in |K * läßt sich zu einer Kontextzeile von |K 8 vervollständigen}<br />

Beweis:<br />

'⊆':<br />

Jede Kontextzeile eines Gegenstandes aus G *<br />

jedem fiktiven Gegenstand gA,b ∈ G *<br />

140<br />

8 ∩ G von |K * hat in |K8 eine Vervollständigung. Zu<br />

8 gibt es wegen A → b ∉ Imp(|K8 ) einen Gegenstand g ∈ G in<br />

|K, <strong>der</strong> diese Implikation wi<strong>der</strong>legt. Die Kontextzeile von g in |K 8 ist eine Vervollständigung <strong>der</strong><br />

Kontextzeile von gA,b in |K * , weil die Kontextzeile von gA,b nach Lemma 3.26 die kleinste Kontextzeile<br />

ist, welche die Implikation A → b wi<strong>der</strong>legt. Damit gibt es zu je<strong>der</strong> Kontextzeile von |K * |G* 8<br />

eine Vervollständigung in |K 8 .<br />

'⊇':<br />

Sei g ∈ G * , so daß die Kontextzeile von g in |K * sich zu einer Kontextzeile von |K 8 vervollständigen<br />

läßt. Für gA,b ∈ G * mit A → b ∈ Imp(|K 8 ) gilt g ≠ gA,b, weil A → b in keiner Vervollständigung von<br />

gA,b gültig ist. Damit gilt g ∈ G *<br />

8 .<br />

❚<br />

3.53. Satz (Exploration liefert relativ zum Wissen des Experten Informationen über das<br />

Universum):<br />

Sei die Exploration im Schritt n beendet. Dann gilt<br />

ConsH (Pn ∪ P u<br />

8 ) = ConsH (P * ∪ P u<br />

8 ) = ConsH (Erf(|K * ) ∪ P u<br />

8 ) = Erf(|K * |G* ) = Imp(|K 8 8 ) = Erf(|K8 ).<br />

Beweis:<br />

Die ersten <strong>bei</strong>den Gleichungen folgen aus Satz 3.44.<br />

Die letzte Gleichung gilt, weil |Kn ein einwertiger Kontext ist.<br />

Beweis von Cons H (Pn ∪ P u<br />

8 ) ⊆ Imp(|K 8 ):<br />

P u<br />

8 ⊆ Imp(|K 8 ) gilt nach Lemma 3.51, und Pn ⊆ Imp(|K 8 ) gilt, weil jede Implikation aus Pn als gültig<br />

akzeptiert wurde. Imp(|K 8 ) ist nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (5)) abgeschlossen bezüglich<br />

Cons H , also Cons H (Pn ∪ P u<br />

8 ) ⊆ Imp(|K 8 ).<br />

Beweis von Imp(|K 8 ) ⊆ Erf(|K * |G* 8 ):<br />

Aus A → B ∈ Imp(|K 8 ) folgt A → B ∈ Erf(|K * |G* 8 ) nach Lemma 3.52.<br />

Beweis von Erf(|K * |G* 8 ) ⊆ Cons H (Erf(|K * ) ∪ P u<br />

8 ):<br />

Vgl. Lemma 3.49.<br />


Im unbekannten Kontext |K 8 sind genau die Implikationen gültig, die aus den als gültig akzeptierten<br />

Implikationen und den als unbekannt akzeptierten Implikationen, die durch ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel<br />

wi<strong>der</strong>legt wurden, obwohl sie in |K 8 gültig sind, herleitbar sind:<br />

ConsH (Pn ∪ P u<br />

8 ) = Imp(|K8 ).<br />

Durch Entfernung <strong>der</strong> irrtümlich eingeführten fiktiven Gegenstände aus G * erhält man einen<br />

unvollständigen Kontext, in dem genau die in |K8 gültigen Implikationen erfüllbar sind:<br />

Erf(|K * |G* ) = Imp(|K 8 8 ).<br />

Da dem Experten die Menge G *<br />

8 nicht bekannt ist, kennt er also nur Approximationen <strong>der</strong> in |K 8<br />

gültigen Implikationen: Jede Implikation, die in |K * erfüllbar ist, ist auch in |K 8 gültig, und jede<br />

Implikation, die in |K 8 gültig ist, ist für alle Gegenstände aus G * ∩ G in |K * erfüllbar:<br />

Erf(|K * ) ⊆ Imp(|K 8 ) ⊆ Erf(|K * |G *∩G)<br />

Der Experte weiß nun, daß es eine geeignete Teilmenge P u<br />

die in |K * erfüllbaren Implikationen mit P u<br />

bilden:<br />

ConsH (Erf(|K * ) ∪ P u<br />

8 ) = Imp(|K8 )<br />

8 ⊆ Pu = {A → b | gA,b ∈ G * } gibt, so daß<br />

8 ein Erzeugendensystem <strong>der</strong> in |K 8 gültigen Implikationen<br />

Wenn man <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration nach jedem Schritt die Fragezeichenreduktion auch für die<br />

fiktiven Gegenstände durchführt, dann müssen dem Experten weniger Fragen gestellt werden, weil<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiele für Implikationen früher erkannt werden. Die Gleichungen ConsH (P * ∪ P u<br />

) = 8<br />

Erf(|K * |G* ) = Imp(|K 8 8 ) aus dem vorigen Satz sind dann jedoch nicht mehr gültig.<br />

3.54. Beispiel:<br />

Seien H = ℘(M) und |K0 = |K1 <strong>der</strong> Kontext<br />

|K0 a b c<br />

g1 o o o<br />

g2 o × o<br />

g3 o × ×<br />

g4 o ? ×<br />

aus Beispiel 3.38.<br />

Im Schritt 1 <strong>der</strong> Merkmalexploration wird nach <strong>der</strong> Implikation a → {a, b, c} gefragt, die<br />

Implikation a → {a, c} wird als gültig akzeptiert, und die Implikation a → b als unbekannt<br />

angegeben. Dadurch wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

g{a},b × o ?<br />

Wenn <strong>bei</strong> dieser Zeile keine Fragezeichenreduktion bezüglich P2 = {a → {a, c}} durchgeführt wird,<br />

dann wird im Schritt 2 nach <strong>der</strong> Implikation c → {b, c} gefragt. Wenn dem Experten die Gültigkeit<br />

dieser Implikation auch unbekannt ist, dann wird noch ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

g{c},b ? o ×<br />

Im Schritt 3 wird nach <strong>der</strong> Implikation {a, c} → {a, b, c} gefragt. Dem Experten ist auch die<br />

Gültigkeit dieser Implikation unbekannt, denn ein Gegen<strong>bei</strong>spiel für diese Implikation wäre auch<br />

ein Gegen<strong>bei</strong>spiel für die unbekannte Implikation a → b, und aus <strong>der</strong> Gültigkeit von {a, c} → {a, b,<br />

c} würde wegen a → {a, c} ∈ P3 auch die Gültigkeit von a → b folgen. Es wird ein fiktives<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

g{a,c},b × o ×<br />

Danach ist <strong>der</strong> Algorithmus beendet. Es gilt P4 = {a → {a, c}}.<br />

Wäre nach dem Schritt 1 die Fragezeichenreduktion bezüglich P2 = {a → {a, c}} durchgeführt<br />

worden, dann wäre <strong>der</strong> Algorithmus bereits im Schritt 2 beendet gewesen, weil dann die<br />

Kontextzeile von g{a},b wie folgt aussieht:<br />

g{a},b × o ×<br />

141


Die Implikationen c → {b, c} und {a, c} → {a, b, c} sind dann im Kontext |K2 nicht mehr erfüllbar.<br />

Wenn |K 8 <strong>der</strong> Kontext<br />

|K 8 a b c<br />

142<br />

g1 o o o<br />

g2 o × o<br />

g3 o × ×<br />

g4 o × ×<br />

ist, dann gilt |K * = |K2, P u<br />

8<br />

c}}, also ConsH (P * ∪ P u<br />

= {a → b}, G*<br />

8 = G = {g1, g2, g3, g4}, |K * |G* 8 = |K0 und P * = P2 = {a → {a,<br />

8 ) ≠ Erf(|K * |G* 8 ) = Imp(|K 8 ) wegen c → b ∈ Erf(|K * |G* 8 ), aber c → b ∉<br />

Cons H ({a → {a, c}, a → b}) = Cons H (P * ∪ P u<br />

8 ).<br />

Wenn |K 8 <strong>der</strong> Kontext<br />

|K 8 a b c<br />

g1 o o o<br />

g2 o × o<br />

g3 o × ×<br />

g4 o o ×<br />

ist, dann gilt ebenfalls |K * = |K2, P u<br />

Erf(|K * |G* 8 ) ≠ Imp(|K 8 ) = Cons H (P2 ∪ P u<br />

8<br />

= {a → b}, G*<br />

8 = G, |K * |G* 8 = |K0 und P * = P2 = {a → {a, c}}, also<br />

8 ) wegen c → b ∈ Erf(|K * |G* 8 ), aber c → b ∉ Imp(|K 8 ).<br />

Im folgenden wird deshalb davon ausgegangen, daß für die fiktiven Gegen<strong>bei</strong>spiele während <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration keine Fragezeichenreduktion durchgeführt wird. Erst am Ende <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration können auch die Kontextzeilen <strong>der</strong> fiktiven Gegenstände des Kontextes |K *<br />

fragezeichenreduziert werden, ohne daß Informationen über den unbekannten Kontext |K 8 verloren<br />

gehen. Die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen än<strong>der</strong>t sich dadurch nicht, denn nach Korollar 3.46<br />

gilt Erf(|K * ) = Erf(Red H P n (|K * )).<br />

Für die normalen Gegenstände, welche auch in |K 8 vorkommen, ist es sinnvoller die Fragezeichenreduktion<br />

durchzuführen, damit Gegen<strong>bei</strong>spiele für Implikationen früher erkannt werden, und somit<br />

dem Experten weniger Fragen gestellt werden müssen. Für die Gültigkeit <strong>der</strong> Gleichungen<br />

Cons H (P * ∪ P u<br />

8 ) = Erf(|K * |G* 8 ) = Imp(|K 8 ) hat die Fragezeichenreduktion dieser Gegenstände<br />

g ∈ Gn ∩ G keine Auswirkung.<br />

Wenn nach einer Merkmalexploration im Kontext |K * keine fiktiven Gegenstände vorkommen, hat<br />

<strong>der</strong> Experte vollständiges Wissen über die im unbekannten Kontext |K 8 gültigen Implikationen. Er<br />

kann somit (bis auf Isomorphie) den Begriffsverband von |K 8 aufstellen. Der Kontext |K * kann<br />

jedoch noch Fragezeichen enthalten, daher kann <strong>der</strong> Begriffsverband X(|K * ) nicht gebildet werden.<br />

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um den unvollständigen Kontext |K * in einen einwertigen<br />

Kontext umzuwandeln. Der folgende Satz zeigt, daß es sinnvoll ist, zunächst eine Fragezeichenreduktion<br />

durchzuführen, und anschließend alle Kontextzeilen, die noch Fragezeichen enthalten,<br />

aus dem Kontext zu entfernen. Die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen än<strong>der</strong>t sich da<strong>bei</strong> nicht.<br />

3.55. Satz (Durch Entfernung normaler Gegenstände, welche Fragezeichen enthalten,<br />

än<strong>der</strong>t sich die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen nicht):<br />

Für g ∈ G sei I * (g, M) := {I * (g, m) | m ∈ M} die Menge <strong>der</strong> Werte, welche in <strong>der</strong> Kontextzeile von<br />

g stehen. Sei Red H P n (|K * ) = (G * , M, {×, ?, o}, J). 144<br />

144 dieser Kontext existiert nach Korollar 3.46


Seien S = G * -{g ∈ G * ∩ G | ? ∈ I * (g, M)} und<br />

T = G * -{g ∈ G * | ? ∈ J(g, M)} = {g ∈ G * | ? ∉ J(g, M)}<br />

Dann gilt:<br />

(1) Erf(|K * ) = Erf(|K * |S) = Erf(Red H Pn (|K * )|T)<br />

(2) S ∩ G = T ∩ G<br />

(3) Imp(Red H Pn (|K * )|T) ⊆ Imp(|K8 ) ⊆ Imp(|K * |T∩G)<br />

(4) Int(|K * |T∩G) ⊆ Int(|K8 ) ⊆ Int(Red H Pn (|K * )|T)<br />

(5) Die induzierten Abbildungen 145 h1 : X(|K * |T∩G) → X(|K8 ) und h2 : X(|K8 ) → X(Red H Pn (|K * )|T)<br />

sind injektive ∨-Halbverbandshomomorphismen.<br />

Beweis von Erf(|K * ) = Erf(|K * |S):<br />

Erf(|K * ) ⊆ Erf(|K * |S) gilt, weil |K * |S ein Teilkontext von |K * ist.<br />

Annahme: Es gibt eine Implikation A → B ∈ Erf(|K * |S) mit A → B ∉ Erf(|K * ).<br />

Sei A maximal mit diesen <strong>bei</strong>den Eigenschaften.<br />

Dann gibt es einen Gegenstand g ∈ G * ∩ G, für den A → B in |K * nicht erfüllbar ist, und dessen<br />

Kontextzeile in |K * ein Fragezeichen enthält. Im folgenden sei m ∈ M mit I * (g, m) = ?. Es gilt<br />

I * (g, a) = × für alle a ∈ A und I * (g, b) = o für ein b ∈ B. Nach Regel (AU) gilt A ∪ {m} → B ∈<br />

Erf(|K * |S). Die Menge A ∪ {m} ist eine echte Obermenge von A, also gilt A ∪ {m} → B ∈ Erf(|K * )<br />

=3.44 Cons H (Pn) wegen <strong>der</strong> Maximalität von A. Nach Regel (iv) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion muß<br />

dann jedoch I * (g, m) = o gelten, denn die Kontextzeile von g ist Pn-fragezeichenreduziert. Damit ist<br />

die Annahme falsch, und es gilt Erf(|K * |S) ⊆ Erf(|K * ).<br />

Beweis von Erf(|K * ) = Erf(Red H P n (|K * )|T):<br />

Nach Korollar 3.46 gilt Erf(|K * ) = Erf(Red H Pn (|K * )).<br />

Der Beweis von Erf(Red H Pn (|K * )) = Erf(Red H Pn (|K * )|T) verläuft analog dem Beweis von Erf(|K * ) =<br />

Erf(|K * |S).<br />

Beweis von (2):<br />

Für g ∈ G * gilt:<br />

g ∈ S ∩ G gdw. g ∈ G und ? ∉ I * (g, M) gdw. g ∈ T ∩ G.<br />

Beweis von (3):<br />

Die Kontexte Red H Pn (|K * )|T und |K * |T∩G sind einwertig, also gilt Imp(Red H Pn (|K * )|T) = Erf(Red H Pn (|K * )|T)<br />

=(1) Erf(|K * ) ⊆3.53 Imp(|K8 ) ⊆ Erf(|K * |T∩G) = Imp(|K * |T∩G).<br />

Beweis von (4) und (5):<br />

Vgl. Satz 2.63.<br />

❚<br />

Wenn also die Kontextzeile eines normalen Gegenstandes g ∈ G * ∩ G nach <strong>der</strong> Merkmalexploration<br />

noch Fragezeichen enthält, wird diese Kontextzeile nicht mehr benötigt. Die Menge <strong>der</strong><br />

erfüllbaren Implikationen än<strong>der</strong>t sich nicht, wenn dieser Gegenstand aus |K * entfernt wird. Da<br />

jedoch <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Merkmalexploration entstandene Kontext möglichst viele Informationen über<br />

den unbekannten Kontext |K 8 enthalten sollte, ist es nicht immer sinnvoll, diese Gegenstände aus |K *<br />

145 vgl. Satz 2.63<br />

143


zu entfernen, weil es sein könnte, daß solch ein Gegenstand eine Implikation C → D wi<strong>der</strong>legt,<br />

welche sonst nur durch einen fiktiven Gegenstand wi<strong>der</strong>legt wird.<br />

3.56. Beispiel:<br />

Sei |K * <strong>der</strong> Kontext<br />

|K *<br />

a b<br />

x o ?<br />

y × o<br />

g{b},a o ×<br />

Wenn man <strong>bei</strong> diesem Kontext |K * den Gegenstand x entfernt, än<strong>der</strong>t sich zwar nicht die Menge <strong>der</strong><br />

erfüllbaren Implikationen, <strong>der</strong> Kontext |K * enthält jedoch noch die Information, daß die Implikation<br />

∅ → a im unbekannten Kontext |K8 nicht gültig ist, denn x ist ein Gegen<strong>bei</strong>spiel für diese<br />

Implikation. Bei dem Kontext<br />

|K * |S a b<br />

y × o<br />

g{b},a o ×<br />

ist diese Information nicht mehr vorhanden, weil die Implikation ∅ → a nur noch durch ein fiktives<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel wi<strong>der</strong>legt wird.<br />

Nach <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion <strong>der</strong> Kontextzeilen aller fiktiven Gegenständen von |K * lassen sich<br />

nach Satz 3.55 sogar fiktive Gegenstände aus Red H P n (|K * ) entfernen ohne daß sich die erfüllbaren<br />

Implikationen verän<strong>der</strong>n, sofern Fragezeichen in diesen Kontextzeilen vorkommen. In Satz 3.53<br />

wurde jedoch bewiesen, daß <strong>der</strong> Kontext |K * (und damit auch Red H P n (|K * )) sehr viele Informationen<br />

über das unbekannte Universum |K 8 enthält, daher ist es auch hier sinnvoll, diese Gegenstände im<br />

Kontext zu belassen.<br />

Wenn nach einer Merkmalexploration <strong>der</strong> Kontext |K * keine fiktiven Gegen<strong>bei</strong>spiele mehr enthält,<br />

dann werden die Gegenstände g ∈ G * mit ? ∈ I * (g, M) nicht mehr benötigt, und können deshalb aus<br />

dem Kontext |K * entfernt werden. Auf diese Weise entsteht ein einwertiger Kontext 146 |K * |S = |K * |T,<br />

und es gilt X(|K * |T) ≅ X(|K 8 ). Dies ist insbeson<strong>der</strong>e dann <strong>der</strong> Fall, wenn dem Experten <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration keine Implikation unbekannt ist, d.h. wenn er alle Fragen nach <strong>der</strong> Gültigkeit<br />

von Implikationen mit "ja" o<strong>der</strong> "nein" beantwortet, weil dann bereits im Kontext |Kn keine fiktiven<br />

Gegenstände vorkommen, also auch nicht in |K * .<br />

Eine an<strong>der</strong>e Möglichkeit, den unvollständigen Kontext |K * in einen einwertigen Kontext zu<br />

transformieren, besteht darin, nach <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion eine spezielle Vervollständigung zu<br />

wählen. Eine nützliche Vervollständigung ist die Verwendung des Wertes o für die Ersetzung <strong>der</strong><br />

Fragezeichen:<br />

3.57. Satz (Durch Ersetzung von Fragezeichen durch den Wert o im fragezeichenreduzierten<br />

Kontext än<strong>der</strong>t sich nicht die Menge <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen):<br />

Sei |K o ein unvollständiger Kontext, welcher entsteht, wenn man im Kontext Red H P n (|K * ) einige<br />

Fragezeichen durch den Wert o ersetzt. Dann gilt Erf(|K o ) = Erf(|K * ). Eine analoge Aussage erhält<br />

man, wenn man im Kontext |K * einige Fragezeichen in den Kontextzeilen normaler Gegenstände<br />

g ∈ G * ∩ G durch den Wert o ersetzt.<br />

146 vgl. Satz 3.55<br />

144


Beweis:<br />

Seien Red H Pn (|K * ) = (G * , M, {×, ?, o}, J) und |K o = (G * , M, {×, ?, o}, J o ). Wegen |K o ≥ Red H Pn (|K * ) gilt<br />

Erf(|K o ) ⊆ Erf(Red H Pn (|K * )) =3.46 Erf(|K * ).<br />

Sei nun A → B ∈ Erf(|K * ) =3.44 ConsH (Pn), und g ∈ G * mit J o (g, a) = × für alle a ∈ A. Dann gilt<br />

auch J(g, a) = × für alle a ∈ A nach Definition von |K o . Nach Regel (iii) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion<br />

gilt J(g, b) = × für alle b ∈ B, also gilt auch J o (g, b) = × für b ∈ B. Damit gilt A → B ∈ Erf(|K o ),<br />

also Erf(|K o ) = Erf(|K * ). Die letzte Behauptung folgt analog.<br />

❚<br />

Auch <strong>bei</strong> diesem Satz erhält man einen injektiven Halbverbandshomomorphismus h : X(|K 8 ) →<br />

X(|K o ), wenn man alle Fragezeichen von Red H P n (|K * ) durch den Wert o ersetzt. Der Begriffsverband<br />

X(|K o ) ist isomorph zum Begriffsverband X(Red H P n (|K * )|T) aus Satz 3.55, denn es gilt Imp(|K o ) =3.57<br />

Erf(|K * ) =3.55 Imp(Red H P n (|K * )|T). Für die Praxis ist es sinnvoller, den Begriffsverband X(Red H P n (|K * )|T)<br />

zu verwenden, weil <strong>der</strong> Kontext |K o falsche Informationen in den Kontextzeilen <strong>der</strong> normalen<br />

Gegenstände g ∈ G * ∩ G enthalten könnte, während die Kontextzeilen <strong>der</strong> Gegenstände g ∈ T ∩ G<br />

des Kontextes Red H P n (|K * )|T in jedem Fall mit den Kontextzeilen in |K 8 übereinstimmen. Somit kann<br />

man anhand des Begriffsverbandes X(Red H Pn (|K * )|T) bestimmen, welche Merkmale die normalen<br />

Gegenstände haben. Der Kontext |K o enthält nur eine untere Schranke für die Gegenstandsinhalte,<br />

d.h. für g ∈ G * ∩ G gilt g Jo<br />

⊆ g I .<br />

Oft kommt es vor, daß nach <strong>der</strong> Merkmalexploration durch die Überprüfung, ob A → b ∈<br />

Cons H (Pn) ist, alle "falschen" fiktiven Gegenstände (d.h. die Gegenstände gA,b ∈ Gn mit A → b ∈<br />

Imp(|K 8 )) erkannt werden, dann ist P u<br />

8 = ∅, und die im unbekannten Kontext |K 8 gültigen<br />

Implikationen sind bereits durch P * eindeutig bestimmt, denn es gilt Cons H (P * ) =3.53 Imp(|K 8 ). Der<br />

folgende Satz gilt auch für P u<br />

≠ ∅:<br />

8<br />

3.58. Satz (Eine Vervollständigung von |K * |G* 8 liefert einen Teilkontext des Universums mit<br />

den gleichen Implikationen):<br />

Es gibt eine Vervollständigung |K' ∈ V(|K * |G* 8 ), so daß |K' bis auf Gegenstandsbereinigung und<br />

Umbenennung einiger fiktiver Gegenstände von |K' ein Teilkontext von |K 8 mit<br />

Imp(|K') = Imp(|K 8 ) und X(|K') ≅ X(|K 8 ) ist.<br />

Beweis:<br />

Nach Lemma 3.52 hat die Kontextzeile jedes Gegenstandes von |K * |G* 8 eine Vervollständigung in<br />

|K 8 . Wenn man nun diejenigen Gegenstände von |K * |G* 8 miteinan<strong>der</strong> identifiziert, die dem gleichen<br />

Gegenstand in |K 8 entsprechen, erhält man so eine Vervollständigung |K' von |K * |G* 8 , welche ein<br />

Teilkontext von |K 8 ist. Es gilt Imp(|K 8 ) ⊆ Imp(|K') ⊆ Erf(|K * |G* 8 ) =3.53 Imp(|K 8 ), also gilt Imp(|K') =<br />

Imp(|K 8 ). Daraus folgt auch X(|K') ≅ X(|K 8 ), denn die Begriffsverbände sind nach Korollar 2.36 bis<br />

auf Isomorphie durch die gültigen Implikationen eindeutig bestimmt.<br />

❚<br />

3.59. Korollar (Falls nach <strong>der</strong> Exploration keine Implikation unbekannt ist, und jede<br />

Kontextzeile höchstens ein Fragezeichen enthält, sind die gültigen Implikationen je<strong>der</strong><br />

Vervollständigung genau die gültigen Implikationen des Universums):<br />

Wenn |K * keine fiktiven Gegenstände enthält, dann gilt:<br />

145


Es gibt einen Teilkontext |K' von |K 8 mit |K' ∈ V(|K * ) und Imp(|K') = Imp(|K 8 ) sowie X(|K') ≅ X(|K 8 ).<br />

Wenn jede Kontextzeile von |K * höchstens ein Fragezeichen enthält, gelten die Eigenschaften<br />

Imp(|K') = Imp(|K 8 ) und X(|K') ≅ X(|K 8 ) sogar für alle Vervollständigungen |K' ∈ V(|K * ), und es gilt<br />

Imp(|K * ) = Erf(|K * ).<br />

Beweis:<br />

Die erste Behauptung folgt wegen |K * |G* 8 = |K * aus dem vorigen Satz.<br />

Seien nun in je<strong>der</strong> Kontextzeile von |K * höchstens ein Fragezeichen und |K' ∈ V(|K * ). Dann gilt<br />

Imp(|K') ⊆ Erf(|K * ) = Erf(|K * |G* 8 ) =3.53 Imp(|K 8 ).<br />

Seien A, B ⊆ M mit A → B ∉ Imp(|K'). Sei g ein Gegenstand von |K', <strong>der</strong> diese Implikation<br />

wi<strong>der</strong>legt. Dann gibt es ein Merkmal b ∈ B-A, so daß A → b für g in |K' nicht gültig ist. In <strong>der</strong><br />

Kontextzeile von g in |K * gibt es höchstens ein Fragezeichen, und |K * ist Pn-fragezeichenreduziert,<br />

weil es keine fiktiven Gegenstände gibt.<br />

Annahme: A → b ∈ Erf(|K * )<br />

Nach Satz 3.44 gilt A → b ∈ Cons H (Pn). Da A → b für g in |K' nicht gültig ist, gilt I * (g, a) ≠ o für<br />

alle a ∈ A und I * (g, b) ≠ × im Kontext |K * . Die Kontextzeile von g enthält höchstens ein<br />

Fragezeichen, und wegen A → b ∈ Erf(|K * ) gilt entwe<strong>der</strong> I * (g, a) = ? für ein a ∈ A, o<strong>der</strong> I * (g, b) = ?.<br />

Im ersten Fall gilt I * (g, m) = × für m ∈ A-{a} und I * (g, b) = o, was ein Wi<strong>der</strong>spruch ist, denn |K * ist<br />

abgeschlossen bezüglich Regel (iv) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion. 147 Im zweiten Fall gilt I * (g, a) = ×<br />

für alle a ∈ A, was ebenfalls ein Wi<strong>der</strong>spruch ist, denn |K * ist abgeschlossen bezüglich Regel (iii)<br />

<strong>der</strong> Fragezeichenreduktion.<br />

Damit gilt A → b ∉ Erf(|K * ), also auch A → B ∉ Erf(|K * ). Somit gilt Imp(|K 8 ) = Erf(|K * ) ⊆<br />

Imp(|K'), also gilt auch die Gleichheit: Imp(|K * ) = Imp(|K 8 ) = Erf(|K * ).<br />

❚<br />

147 vgl. Satz 3.21<br />

146


3.1.4 Vollständiges Wissen über Teilkontexte<br />

Durch Verkleinerung <strong>der</strong> Merkmalsmenge M läßt sich auch die Anzahl <strong>der</strong> unbekannten<br />

Implikationen verringern. Man könnte vermuten, daß nach <strong>der</strong> Entfernung eines Merkmals m ∈ M,<br />

welches in allen Prämissen von P u vorkommt, 148 alle Implikationen des Kontextes |K 8 (ohne die<br />

Kontextspalte von m) bekannt sind. Dies trifft jedoch nicht zu: Wenn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration<br />

nach den Implikationen a → m und {a, b, m} → c gefragt wurde, die erste Implikation als gültig<br />

akzeptiert wurde und die zweite Implikation unbekannt ist, dann ist die Implikation {a, b} → c auch<br />

im Kontext |K 8 |{a,b,c} unbekannt. In diesem Kapitel werden einige hinreichende Bedingungen für<br />

vollständiges Wissen über Teilkontexte von |K 8 angegeben.<br />

3.60. Definition (Einschränkung von Mengensystemen und Operatoren auf eine Teilmenge<br />

<strong>der</strong> Merkmalsmenge):<br />

Für H ⊆ ℘(M), T ⊆ M, Q ⊆ ImpT, P ⊆ F(M) definiere:<br />

H|T := {A ∩ T | A ∈ H}<br />

ConsH |T(Q) sei die kleinste Obermenge von Q, die bezüglich <strong>der</strong> Regeln (AX), (PS), (H|T-EX)<br />

abgeschlossen ist, wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Anwendung dieser Regeln nur Merkmale aus T vorkommen.<br />

P|T := P ∩ F(T) = {α ∈ P | var(α) ⊆ T}<br />

Durch die Einschränkung <strong>der</strong> Merkmalsmenge <strong>bei</strong> (unvollständigen) Kontexten werden auch die<br />

gültigen und erfüllbaren Formeln auf F(T) eingeschränkt, insbeson<strong>der</strong>e gilt Erf(|K)|T = Erf(|K) ∩<br />

ImpT = Erf(|K|T) und Imp(|K)|T = Imp(|K) ∩ ImpT = Imp(|K|T), denn die Gültigkeit (bzw.<br />

Erfüllbarkeit) von Formeln über <strong>der</strong> Merkmalsmenge T in einem Kontext hängt nur von den<br />

Kontextspalten <strong>der</strong> Merkmale aus T ab. Im folgenden Lemma wird bewiesen, daß sich die<br />

Gültigkeit von Formeln aus F(T) auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Einschränkung von Mengensystemen H ⊆ ℘(M) auf<br />

eine Teilmenge T ⊆ M nicht verän<strong>der</strong>t. Man beachte hier<strong>bei</strong>, daß H|T nicht als H ∩ ℘(T) son<strong>der</strong>n<br />

als {A ∩ T | A ∈ H} definiert ist, während die Einschränkung P|T einer Implikationenmenge<br />

P ⊆ ImpM als P ∩ F(T) = P ∩ ImpT definiert ist, und nicht als {A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P}. Die<br />

nachfolgenden Sätze zeigen, daß diese Definitionen sinnvoll sind.<br />

3.61. Lemma (Für eine Teilmenge T von M ist die Menge <strong>der</strong> Formeln über T <strong>der</strong> Theorie<br />

eines Mengensystems gleich <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> Formeln des eingeschränkten Mengensystems):<br />

Für H ⊆ ℘(M) und T ⊆ M gilt Th(H)|T = Th(H|T)|T.<br />

Beweis:<br />

Da jede Formel α ∈ F(T) nach Lemma 1.11 äquivalent zu einer Menge von Klauseln aus F(T) ist,<br />

reicht es zu zeigen, daß für jede Klausel α ∈ F(T) genau dann α ∈ Th(H) gilt, wenn α ∈ Th(H|T)<br />

gilt.<br />

'⇒':<br />

Seien α ≡ C → ∨D ∈ Th(H) mit C, D ⊆ T und B ∈ H|T mit C ⊆ B. Dann gibt es eine Menge<br />

A ∈ H mit A ∩ T = B, also gilt C ⊆ A und somit D ∩ A ≠ ∅ wegen α ∈ Th(H). Wegen D ⊆ T gilt<br />

D ∩ B = D ∩ A ∩ T = D ∩ A ≠ ∅, also ist B ein Modell von α. Somit gilt α ∈ Th(H|T).<br />

'⇐':<br />

148 vgl. Definition 3.43<br />

147


Seien α ≡ C → ∨D ∈ Th(H|T) mit C, D ⊆ T und B ∈ H mit C ⊆ B. Dann gilt auch C ⊆ B ∩ T ∈<br />

H|T, also D ∩ B = D ∩ B ∩ T ≠ ∅ wegen α ∈ Th(H|T). Damit ist B ein Modell von α, und es gilt<br />

α ∈ Th(H).<br />

❚<br />

Der Vollständigkeitssatz 2.71 gilt auch für den Herleitungsoperator ConsH |T, denn bezüglich <strong>der</strong><br />

Merkmalsmenge T entspricht dieser Operator genau dem Operator ConsH , allerdings mit dem<br />

Rahmenkontext H|T anstatt H. Im folgenden Satz wird jedoch bewiesen, daß dies keinen<br />

Unterschied macht.<br />

3.62. Satz (Für eine Menge von Implikationen über einer Teilmenge T von M sind über <strong>der</strong><br />

Merkmalsmenge M genau diejenigen Implikationen aus ImpT herleitbar, die auch über<br />

<strong>der</strong> Merkmalsmenge T herleitbar sind):<br />

Für H ⊆ ℘(M), T ⊆ M und P ⊆ ImpT gilt<br />

ConsH |T(P) = Imp(Resp(P) ∩ H|T)|T = Imp(Resp(P) ∩ H)|T = ConsH (P)|T.<br />

Beweis:<br />

Die erste Gleichung folgt wegen Resp(P) ∩ H|T ⊆ ℘(T) aus Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)) mit<br />

<strong>der</strong> Merkmalsmenge T. Die letzte Gleichung folgt ebenfalls aus Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)).<br />

Beweis von Cons H |T(P) ⊆ Cons H (P)|T:<br />

Bei je<strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Regel (H|T-EX) im Beweisbaum einer Implikation A → B ∈ ConsH |T(P)<br />

liegt die benutzte Klausel von Th(H|T) nach Lemma 3.61 auch in Th(H), deshalb ist jede<br />

Herleitung mit dem Operator ConsH |T auch eine Herleitung mir dem Operator ConsH . Damit gilt<br />

ConsH |T(P) ⊆ ConsH (P) ∩ ImpT = ConsH (P)|T.<br />

Beweis von Imp(Resp(P) ∩ H)|T ⊆ Imp(Resp(P) ∩ H|T)|T:<br />

Seien A → B ∈ Imp(Resp(P) ∩ H)|T und C ∈ Resp(P) ∩ H|T mit A ⊆ C. Es wird nun gezeigt, daß<br />

auch B ⊆ C gilt. Es gibt eine Menge D ∈ H mit D ∩ T = C. Für E1 → E2 ∈ P mit E1 ⊆ D gilt E1 ⊆<br />

D ∩ T = C wegen P ⊆ ImpT, also E2 ⊆ C ⊆ D wegen C ∈ Resp(P). Damit gilt D ∈ Resp(P) ∩ H.<br />

Es gilt A ⊆ C ⊆ D, also B ⊆ D, weil A → B von D respektiert wird. Damit gilt B ⊆ D ∩ T = C, also<br />

respektiert C die Implikation A → B, und es gilt A → B ∈ Imp(Resp(P) ∩ H|T) ∩ ImpT, also<br />

Imp(Resp(P) ∩ H)|T ⊆ Imp(Resp(P) ∩ H|T)|T.<br />

❚<br />

Für Implikationen aus ImpT macht es also keinen Unterschied, ob die Regeln bezüglich <strong>der</strong><br />

Merkmalsmenge M o<strong>der</strong> bezüglich <strong>der</strong> Merkmalsmenge T angewendet werden. Die herleitbaren<br />

Implikationen aus ImpT sind in <strong>bei</strong>den Fällen gleich.<br />

Mit Hilfe <strong>der</strong> folgenden <strong>bei</strong>den Sätze kann man nach <strong>der</strong> Merkmalexploration vollständiges Wissen<br />

über Teilkontexte des Universums |K 8 erhalten.<br />

3.63. Satz (Vollständiges Wissen durch Einschränkung <strong>der</strong> Merkmalsmenge):<br />

Sei T ⊆ M, so daß für alle A → b ∈ P u mindestens eine <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den folgenden Bedingungen erfüllt<br />

ist:<br />

148


(1) b ∉ T<br />

(2) A ∩ T → b ∉ ConsH (P * ∪ P u ).<br />

Dann gilt ConsH (P * )|T = Erf(|K * |T) = Erf(|K * |(G *∩G)×T) = Imp(|K8 |T).<br />

Beweis von Erf(|K * |T) = Cons H (P * )|T:<br />

Es gilt Erf(|K * |T) =3.60 Erf(|K * )|T =3.44 Cons H (P * )|T.<br />

Beweis von Cons H (P * )|T ⊆ Imp(|K 8 |T):<br />

Nach Satz 3.53 gilt Cons H (P * ) ⊆ Imp(|K 8 ), also Cons H (P * )|T ⊆ Imp(|K 8 )|T =3.60 Imp(|K 8 |T).<br />

Beweis von Imp(|K 8 |T) ⊆ Erf(|K * |(G *∩G)×T):<br />

|K 8 |T hat als Teilkontext eine Vervollständigung von |K * |(G *∩G)×T, also gilt<br />

Imp(|K 8 |T) ⊆ Erf(|K * |(G *∩G)×T).<br />

Beweis von Erf(|K * |(G *∩G)×T) ⊆ Erf(|K * |T):<br />

Sei C → D ∈ Erf(|K * |(G *∩G)×T), dann gilt C → D ∈ Cons H (P * ∪ P u ) nach Lemma 3.49. Sei gA,b ∈ G *<br />

mit C ⊆ A, dann gilt C ⊆ A ∩ T. Nach Regel (AU) gilt A ∩ T → D ∈ ConsH (P * ∪ P u ). Wenn<br />

Bedingung (1) für den Gegenstand gA,b gilt, dann gilt b ∉ D wegen D ⊆ T, also ist C → D für<br />

diesen Gegenstand erfüllbar. Wenn Bedingung (2) für den Gegenstand gA,b gilt, dann gilt b ∉ D<br />

nach Regel (PR), also ist C → D ebenfalls erfüllbar für gA,b. Damit gilt Erf(|K * |(G *∩G)×T) ⊆ Erf(|K * |T).<br />

❚<br />

Durch eine geeignete Einschränkung <strong>der</strong> Merkmalsmenge erhält man somit vollständiges Wissen<br />

über die gültigen Implikationen: Wenn für jeden fiktiven Gegenstand gA,b Bedingung (1) o<strong>der</strong> (2)<br />

von Satz 3.63 erfüllt ist, dann sind die im Teilkontext |K 8 |T gültigen Implikationen genau diejenigen<br />

Implikationen, die mit den Regeln (AX), (PS) und (H-EX) aus <strong>der</strong> Menge P * herleitbar sind, und<br />

dies sind genau diejenigen Implikationen, die im Kontext Erf(|K * |T) erfüllbar sind. Die fiktiven<br />

Gegenstände von |K * |T werden dann nicht mehr benötigt, denn es gilt Erf(|K * |T) = Erf(|K * |(G *∩G)×T).<br />

Der folgende Satz liefert eine Bedingung, um vollständiges Wissen über die gültigen Implikationen<br />

durch Einschränkung <strong>der</strong> Gegenstandsmenge auf einen Begriffsumfang zu erhalten.<br />

3.64. Satz (Vollständiges Wissen durch Einschränkung <strong>der</strong> Gegenstandsmenge):<br />

Sei E ⊆ M, so daß E keine Teilmenge einer Prämisse von P u ist. 149 Sei |K8 |E' <strong>der</strong> Teilkontext von |K8 mit <strong>der</strong> Gegenstandsmenge E' = {g ∈ G | (g, m) ∈ I für m ∈ E} und <strong>der</strong> Merkmalsmenge M.<br />

Analog sei |K * |E ‡ <strong>der</strong> Teilkontext von |K * mit <strong>der</strong> Gegenstandsmenge E ‡ = {g ∈ G * | I * (g, m) = × für<br />

alle m ∈ E} und <strong>der</strong> Merkmalsmenge M. Sei T ⊆ M.<br />

Dann enthält <strong>der</strong> Kontext |K * |E ‡ keine fiktiven Gegenstände mehr, und es gilt:<br />

ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) = ConsH (Erf(|K * |E ‡)) = Erf(|K * |E ‡) = Imp(|K8 |E') und<br />

ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T = ConsH |T(Erf(|K * |E ‡ ×T)) = Erf(|K * |E ‡ ×T) = Imp(|K8 |E'×T).<br />

Wenn die <strong>bei</strong>den Bedingungen<br />

(1) M-E ‡z ⊆ T ⊆ M-E und<br />

149 ‡z Es läßt sich zeigen, daß diese Bedingung äquivalent ist zu <strong>der</strong> Eigenschaft, daß E in |K * keine Teilmenge einer<br />

Prämisse von P u ist.<br />

149


(2) für jede Klausel A → ∨B ∈ Th(H) mit A ⊆ M und B ⊆ T gilt auch A ∩ T → ∨B ∈ Th(H)<br />

erfüllt sind, dann gilt ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }) = Imp(|K8 |E'×T).<br />

Beweis:<br />

Für gA,b ∈ G * gibt es ein Merkmal m ∈ E-A, also I * (gA,b, m) ≠ ×. Somit ist gA,b kein Gegenstand von<br />

|K * |E ‡.<br />

Beweis von Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) ⊆ Cons H (Erf(|K * |E ‡)):<br />

Es gilt P * ⊆3.44 Erf(|K * ) ⊆ Erf(|K * |E ‡) und nach Definition von |K * |E ‡ gilt ∅ → E ∈ Erf(|K * |E ‡). Sei<br />

nun A → b ∈ P u . Durch die Einschränkung (in Definition 3.43) <strong>der</strong> Menge G ~ auf G * wurden<br />

diejenigen fiktiven Gegenstände gA,b ∈ Gn entfernt, für die es einen normalen Gegenstand g ∈ Gn ∩<br />

G gibt, welcher A → b wi<strong>der</strong>legt, also ist A → b für alle normalen Gegenstände g ∈ G * ∩ G<br />

erfüllbar in |K * . Der Kontext |K * |E ‡ enthält keine fiktiven Gegenstände, also gilt P u ⊆ Erf(|K * |E ‡).<br />

Somit gilt Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) ⊆ Cons H (Erf(|K * |E ‡)).<br />

Beweis von Cons H (Erf(|K * |E ‡)) ⊆ Imp(|K 8 |E'):<br />

Für A → B ∈ Erf(|K * |E ‡) gilt A ∪ E → B ∈ Erf(|K * |E ‡) nach Regel (AU), also auch A ∪ E → B ∈<br />

Erf(|K * ), denn für die Gegenstände g ∈ G * von |K * , welche nicht in E ‡ sind, gibt es ein Merkmal<br />

m ∈ E mit I * (g, m) ≠ ×. Es gilt Erf(|K * ) =3.44 Cons H (P * ) ⊆3.53 Imp(|K 8 ) ⊆ Imp(|K 8 |E'), also A ∪ E →<br />

B ∈ Imp(|K 8 |E') und A → B ∈ Imp(|K 8 |E'), denn <strong>bei</strong> den Merkmalen aus E befindet sich im Kontext<br />

|K 8 |E' in allen Kontextzeilen <strong>der</strong> Wert ×. Damit gilt Erf(|K * |E ‡) ⊆ Imp(|K 8 |E'), also auch<br />

Cons H (Erf(|K * |E ‡)) ⊆ Imp(|K 8 |E') nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (5)).<br />

Beweis von Imp(|K 8 |E') ⊆ Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}):<br />

Für A → B ∈ Imp(|K 8 |E') gilt A ∪ E → B ∈ Imp(|K 8 |E') nach Regel (AU), also auch A ∪ E → B ∈<br />

Imp(|K 8 ) =3.53 Cons H (P * ∪ P u<br />

8 ⊆ Pu . Nach Regel (PS)<br />

gilt auch A → B ∈ ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}), also gilt Imp(|K8 |E') ⊆ ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ →<br />

E}).<br />

Beweis von Cons H (Erf(|K * |E ‡)) = Erf(|K * |E ‡):<br />

150<br />

8 ) ⊆ ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) wegen P u<br />

Es gilt ConsH (Erf(|K * |E ‡)) ⊆ Imp(|K8 |E') ⊆ Erf(|K * |E ‡), denn ein geeigneter Teilkontext von |K8 |E' ist<br />

eine Vervollständigung von |K * |E ‡. Die Inklusion Erf(|K * |E ‡) ⊆ ConsH (Erf(|K * |E ‡)) ist trivial, also<br />

gilt ConsH (Erf(|K * |E ‡)) = Erf(|K * |E ‡).<br />

Beweis von Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T = Erf(|K * |E ‡ ×T) = Imp(|K 8 |E'×T):<br />

Wegen Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T = Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) ∩ ImpT und Erf(|K * |E ‡ ×T) =<br />

Erf(|K * |E ‡) ∩ ImpT und Imp(|K8 |E'×T) = Imp(|K8 |E') ∩ ImpT folgen die Gleichungen ConsH (P * ∪ P u ∪<br />

{∅ → E})|T = Erf(|K * |E ‡ ×T) = Imp(|K8 |E'×T) aus den Gleichungen ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) =<br />

Erf(|K * |E ‡) = Imp(|K 8 |E').


Beweis von Cons H |T(Erf(|K * |E ‡ ×T)) = Imp(|K 8 |E'×T):<br />

Imp(|K 8 |E'×T) ist nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (5)) und Satz 3.62 abgeschlossen bezüglich<br />

Cons H |T.<br />

Beweis von Cons H |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }) ⊆ Imp(|K 8 |E'×T):<br />

Seien nun (1) und (2) erfüllt.<br />

Für A → B ∈ P * ∪ P u gilt A = (A ∩ E ‡z ) ∪ (A ∩ T) wegen M-E ‡z ⊆ T. Die folgende Herleitung<br />

zeigt, daß A ∩ T → B ∩ T ∈ Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) gilt:<br />

P *<br />

___________ (Satz 3.44 und Satz 2.58.(1))<br />

∅ → E E → E ‡z<br />

_____________________________ (PS)<br />

∅ → E ‡z P * ∪ P u<br />

_____________________ (PR) _________________ (PR)<br />

∅ → A ∩ E ‡z A → B ∩ T<br />

____________________________________________________ (PS 150 )<br />

A ∩ T → B ∩ T<br />

Damit gilt Cons H |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u ) =3.62 Cons H ({A ∩ T → B ∩ T | A → B<br />

∈ P * ∪ P u )|T ⊆ Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T = Imp(|K 8 |E'×T).<br />

Beweis von Imp(|K 8 |E'×T) ⊆ Cons H |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }):<br />

Es gilt Imp(|K 8 |E'×T) = Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T. Sei E1 → E2 ∈ Cons H (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}).<br />

Der Beweisbaum von E1 → E2 wird nun in einen Beweisbaum von E1 ∩ T → E2 ∩ T transformiert,<br />

indem alle vorkommenden Mengen mit T geschnitten werden.<br />

Behauptung: E1 ∩ T → E2 ∩ T ∈ Cons H |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }).<br />

Beweis durch Induktion über die Herleitung von E1 → E2 mit den Regeln (AX), (PS) und (H-EX):<br />

Fall 1: E1 → E2 ∈ P * ∪ P u<br />

Es gilt E1 ∩ T → E2 ∩ T ∈ ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }).<br />

Fall 2: E1 → E2 ≡ ∅ → E<br />

Es gilt T ⊆ M-E, also gilt<br />

E1 ∩ T → E2 ∩ T ≡ ∅ → ∅ ∈ ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }).<br />

Fall 3: Bei <strong>der</strong> Herleitung von E1 → E2 wird Regel (AX) als letztes angewendet. Dann gilt E2 ⊆ E1,<br />

also E1 ∩ T → E2 ∩ T ∈ ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }) nach Regel (AX).<br />

Fall 4: Bei <strong>der</strong> Herleitung von E1 → E2 wird Regel (PS) als letztes angewendet.<br />

Dann gibt es Mengen C1, C2, C3 ⊆ M mit E1 = C1 ∪ C2, C1 → C3 ∈ ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})<br />

und C2 ∪ C3 → E2 ∈ ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}). Nach Induktionsannahme gilt C1 ∩ T → C3 ∩ T<br />

∈ Cons H |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }) und (C2 ∪ C3) ∩ T → E2 ∩ T ∈ Cons H |T({A ∩<br />

T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }). Wegen E1 ∩ T = (C1 ∩ T) ∪ (C2 ∩ T) und (C2 ∪ C3) ∩ T = (C2<br />

∩ T) ∪ (C3 ∩ T) gilt nach Regel (PS) auch E1 ∩ T → E2 ∩ T ∈ ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A →<br />

B ∈ P * ∪ P u }).<br />

Fall 5: Bei <strong>der</strong> Herleitung von E1 → E2 wird Regel (H-EX) als letztes angewendet.<br />

150 mit <strong>der</strong> Zerlegung A = (A ∩ E ‡z ) ∪ (A ∩ T)<br />

151


Dann gibt es C ⊆ M mit E1 ∪ {c} → E2 ∈ ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) für c ∈ C und E1 → ∨C ∈<br />

Th(H). Nach Induktionsannahme gilt (E1 ∪ {c}) ∩ T → E2 ∩ T ∈ ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A<br />

→ B ∈ P * ∪ P u }) für alle c ∈ C. Wenn es ein c ∈ C mit c ∉ T gibt, gilt auch E1 ∩ T → E2 ∩ T ∈<br />

Cons H |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }). Also sei nun C ⊆ T. Wegen E1 → ∨C ∈ Th(H)<br />

gilt nach (2) auch E1 ∩ T → ∨C ∈ Th(H) ∩ F(T) =3.61 Th(H|T) ∩ F(T), also gilt E1 ∩ T → E2 ∩ T<br />

∈ ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }) nach Regel (H|T-EX).<br />

Damit ist die Behauptung bewiesen: Für jede Implikation E1 → E2 ∈ ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})<br />

gilt E1 ∩ T → E2 ∩ T ∈ ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }). Für E1, E2 ⊆ T gilt<br />

E1 ∩ T → E2 ∩ T ≡ E1 → E2, also gilt Imp(|K8 |E'×T) = ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E}) ∩ ImpT ⊆<br />

ConsH |T({A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u }).<br />

❚<br />

Während dem Experten einige Implikationen von Imp(|K 8 ) noch unbekannt waren, sind die<br />

Implikationen, die in dem Teilkontext |K 8 |E' gültig sind, alle bekannt: In |K 8 |E' sind genau die<br />

Implikationen gültig, die aus P * ∪ P u ∪ {∅ → E} herleitbar sind. Im Kontext |K 8 |E' hat je<strong>der</strong><br />

Gegenstand alle Merkmale aus E, und nach Lemma 2.35 auch alle Merkmale aus E''. Die Menge E''<br />

ist im allgemeinen zwar nicht bekannt, jedoch ist E ‡z (bezüglich |K * ) eine Teilmenge von E'', denn<br />

es gilt<br />

E ‡z =2.58.(1) {m ∈ M | E → m ∈ Erf(|K * )} ⊆3.53{m ∈ M | E → m ∈ Imp(|K 8 )} =2.35 E''<br />

Der Kontext |K * |E ‡ enthält keine fiktiven Gegenstände, deshalb gilt I * (g, m) = × für g ∈ E ‡ und<br />

m ∈ E ‡z nach Regel (iii) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion (mit E → E ‡z ∈ Erf(|K * ) =3.44 ConsH (Pn)). Die<br />

Merkmale m ∈ E ‡z sind deshalb sowohl im Kontext |K * |E ‡, als auch im Kontext |K8 |E' uninteressant,<br />

und können entfernt werden. Dies führt zu den Kontexten |K * |E ‡ ×T und |K 8 |E'×T mit T := M-E ‡z . Die<br />

Menge (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T ist im allgemeinen kein Erzeugendensystem von Imp(|K 8 |E'×T), d.h.<br />

Cons H |T((P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T) kann auch eine echte Teilmenge von Imp(|K 8 |E'×T) sein. 151 Wenn<br />

<strong>der</strong> Rahmenkontext die Menge aller vollständig konsistenten Mengen bezüglich einer Negation ist<br />

und M+ ∪ M- ⊆ M-E gilt, dann kann T so gewählt werden, daß die Bedingungen (1) und (2) des<br />

vorigen Satzes erfüllt sind:<br />

3.65. Lemma (Klauseln <strong>bei</strong>m Rahmenkontext aller vollständig konsistenter Mengen):<br />

Wenn H = VKon( ⎯ ) bezüglich einer geeigneten Negation ⎯ : M+ → M- ist, und M+ ∪ M- ⊆ T gilt,<br />

dann folgt aus A → ∨B ∈ Th(H) mit A ⊆ M und B ⊆ T auch A ∩ T → ∨B ∈ Th(H).<br />

Beweis:<br />

Für A → ∨B ∈ Th(H) gilt nach Lemma 2.89 A ∩ A ≠ ∅ o<strong>der</strong> B ∩ B ≠ ∅ o<strong>der</strong> A ∩ B ≠ ∅.<br />

Wegen M+ ∪ M- ⊆ T und B ⊆ T gilt deshalb A ∩ T ∩ A ≠ ∅ o<strong>der</strong> B ∩ B ≠ ∅ o<strong>der</strong> A ∩ T ∩ B ≠<br />

∅, also A ∩ T → ∨B ∈ Th(H) nach Lemma 2.89.<br />

❚<br />

151 wenn z.B. P * = {a → {a, b, c}}, P u = ∅, E = {c} und T = {a, b} ist, dann gilt (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T = ∅, obwohl<br />

a → b aus P * herleitbar (und damit in |K 8 |E'×T gültig) ist.<br />

152


In diesem Spezialfall ist die Menge {A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u } nach Satz 3.64 ein<br />

Erzeugendensystem von Imp(|K 8 |E'×T), wenn man die Menge T so wählt, daß M-E ‡z ⊆ T ⊆ M-E<br />

und M+ ∪ M- ⊆ T gilt. Die Bedingung M+ ∪ M- ⊆ T ist für H = ℘(M) immer erfüllt. Für an<strong>der</strong>e<br />

Rahmenkontexte H ⊆ ℘(M) ist {A ∩ T → B ∩ T | A → B ∈ P * ∪ P u } zwar im allgemeinen kein<br />

Erzeugendensystem von Imp(|K8 |E'×T), aber die Duquenne-Gigue-Basis von Imp(|K8 |E'×T) läßt sich<br />

aufstellen, ohne daß dem Experten noch weitere Fragen nach <strong>der</strong> Gültigkeit von Implikationen<br />

gestellt werden müssen: Die im Kontext |K8 |E'×T gültigen Implikationen sind genau die<br />

Implikationen aus ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → E})|T. Eine praktische Anwendung <strong>der</strong> Sätze 3.63 und<br />

3.64 befindet sich in Kapitel 4.1.<br />

153


154


3.1.5 Bemerkungen zum Merkmalexplorationsalgorithmus und<br />

Erweiterungen<br />

3.66. Bemerkung:<br />

Wenn das Explorationsprogramm in einem Schritt j > 0 nach einer Implikation A → B fragt, dann<br />

kann es vorher für jedes Element b ∈ B überprüfen, ob ConsH (Pj ∪ {A → b}) = ConsH (Pj ∪ {C →<br />

d}) für eine bereits als unbekannt angegebene Implikation C → d gilt. Wenn dies <strong>der</strong> Fall sein<br />

sollte, erkennt das Programm automatisch, daß A → b unbekannt ist, also braucht nicht mehr nach<br />

diesen Merkmalen b gefragt zu werden, denn aus <strong>der</strong> Gültigkeit von A → b würde wegen ConsH (Pj<br />

∪ {A → b}) = ConsH (Pj ∪ {C → d}) auch die Gültigkeit von C → d folgen, und wenn ein<br />

normaler Gegenstand g ∈ Gj+1-Gj, <strong>der</strong> die Implikation A → b wi<strong>der</strong>legt, ist er (nach <strong>der</strong><br />

Fragezeichenreduktion) auch ein Gegen<strong>bei</strong>spiel für C → d: Für alle T ∈ RespH (Pj+1) mit g ‡ ⊆ T ⊆<br />

gz (in |Kj+1) gilt dann A ⊆ g ‡ ⊆ T und b ∉ gz , denn die Kontextzeile von g wi<strong>der</strong>legt A → b, also<br />

wird A → b nicht von T respektiert. Dann gilt T ∉ Resp H (Pj ∪ {C → d}) wegen A → b ∈<br />

ConsH (Pj ∪ {A → b}) = ConsH (Pj ∪ {C → d}) =2.71 Imp(RespH (Pj ∪ {C → d})), also kann T<br />

wegen T ∈ RespH (Pj+1) ⊆ RespH (Pj) die Implikation C → d nicht respektieren, d.h. es gilt C ⊆ T<br />

und d ∉ T. Daher gilt in <strong>der</strong> fragezeichenreduzierten Kontextzeile von g in |Kj+1 schon Ij+1(g, c) = ×<br />

für alle c ∈ C nach Regel (i) <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion, und Ij+1(g, d) = o nach Regel (ii) <strong>der</strong><br />

Fragezeichenreduktion.<br />

3.67. Bemerkung:<br />

Auch wenn die Konklusion einer Implikation A → B, nach <strong>der</strong> das Programm fragt, mehrere<br />

Merkmale enthält, kann die Frage übersprungen werden, wenn jede Implikation A → b für b ∈ B-A<br />

äquivalent zu einer unbekannten Implikation C → d ist. Auf diese Weise kann die Exploration<br />

schneller beendet werden, weil dem Experten weniger Fragen gestellt werden. Oft ist es jedoch<br />

sinnvoller, dem Experten möglichst viele Hilfestellungen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> unbekannten<br />

Implikationen zu geben. Der Experte sollte also bereits vor <strong>der</strong> Merkmalexploration entscheiden, ob<br />

er möglichst wenige Fragen beantworten möchte, o<strong>der</strong> ob das Programm <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Entscheidung, ob<br />

eine Implikation gültig ist, dem Experten möglichst viele Informationen liefern soll, um die<br />

Untersuchung einer Implikation zu erleichtern.<br />

3.68. Bemerkung:<br />

Um die Anzahl <strong>der</strong> Fragen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration zu verringern, ist es sinnvoll, nur<br />

irredundante Gegen<strong>bei</strong>spiele einzugeben. Wenn man <strong>bei</strong> einer Exploration einen Gegenstand<br />

eingibt, <strong>der</strong> nur solche Implikationen wi<strong>der</strong>legt, die am Ende <strong>der</strong> Exploration auch durch an<strong>der</strong>e<br />

Gegenstände wi<strong>der</strong>legt werden, ist dieser Gegenstand überflüssig, d.h. je<strong>der</strong> redundante Gegenstand<br />

führt dazu, daß die Exploration einen Schritt länger dauert. Der folgende Satz liefert eine<br />

Charakterisierung für irredundante Gegenstände <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration.<br />

3.69. Satz (Charakterisierung irredundanter Gegenstände nach <strong>der</strong> Exploration):<br />

Seien g ∈ G * ∩ G und S = G * -{g}.<br />

Dann sind folgende Aussagen äquivalent:<br />

(1) g ist irredundant in |K * , d.h. es gilt Erf(|K * ) ≠ Erf(|K * |S)<br />

(2) ? ∉ I * (g, M) und g ‡ ≠ ∩{y z | g ‡ ⊆ y ‡ , y ∈ S}<br />

155


Beweis:<br />

(1) ⇒ (2):<br />

? ∉ I * (g, M) folgt mit (1) aus Satz 3.55.<br />

Nach (1) gibt es ein A → B ∈ Erf(|K * |S)-Erf(|K * ), d.h. es gilt A ⊆ g ‡ und b ∉ gz = g ‡ für ein b ∈ B.<br />

Für alle y ∈ S mit g ‡ ⊆ y ‡ gilt b ∈ yz wegen A → B ∈ Erf(|K * |S).<br />

Damit gilt b ∈ ∩{y z | g ‡ ⊆ y ‡ , y ∈ S}, also g ‡ ≠ ∩{y z | g ‡ ⊆ y ‡ , y ∈ S}.<br />

(2) ⇒ (1):<br />

Wegen g ‡ ⊆ ∩{yz | g ‡ ⊆ y ‡ , y ∈ S} und (2) gibt es ein b ∈ ∩{yz | g ‡ ⊆ y ‡ , y ∈ S} mit b ∉ g ‡ =<br />

gz . Für alle y ∈ S mit g ‡ ⊆ y ‡ gilt b ∈ yz , also g ‡ → b ∈ Erf(|K * |S)-Erf(|K * ).<br />

❚<br />

3.70. Korollar (Irredundanz von Gegen<strong>bei</strong>pielen durch maximalen Inhalt):<br />

Wenn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration kein unbekanntes Wissen vorkommt (d.h. jede Frage wird mit<br />

"ja" o<strong>der</strong> "nein" beantwortet, und alle eingegebenen Kontextzeilen sind vollständig), und für jedes<br />

eingegebene Gegen<strong>bei</strong>spiel g <strong>der</strong> Gegenstandsinhalt g' in |K 8 maximal ist, so daß die gefragte<br />

Implikation A → B durch diese Kontextzeile wi<strong>der</strong>legt wird (d.h. aus g' ⊆ y' für y ∈ G mit B ⊆/ y'<br />

folgt g' = y'), dann sind alle Gegenstände g ∈ G * -G0 irredundant in |K * .<br />

Beweis:<br />

Seien g ∈ G * -G0 und A → B ∈ ImpM die Implikation, nach <strong>der</strong> gefragt wurde, als das Gegen<strong>bei</strong>spiel<br />

g eingegeben wurde. Der Kontext |K * enthält kein Fragezeichen, also gilt g ‡ = g' = gz . Da<br />

A → B wi<strong>der</strong>legt wurde, existiert ein Merkmal b ∈ B-g'. Es wird nun Bedingung (2) von Satz 3.69<br />

gezeigt. Sei y ∈ G * -{g} mit g' ⊆ y ‡ , dann gilt A ⊆ g' ⊆ y ‡ . Sei k ≥ 0 minimal mit y ∈ Gk. Wenn<br />

b ∉ yz ist, dann gilt g ∈ Gk-1, denn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Frage nach A → B war A → b noch erfüllbar. Da <strong>der</strong><br />

Gegenstand y eine Implikation wi<strong>der</strong>legt, die in |Kk-1 erfüllbar ist, muß y ‡ eine echte Obermenge<br />

von g' sein, weil y sonst nur solche Implikationen wi<strong>der</strong>legt, die auch durch g wi<strong>der</strong>legt werden.<br />

Dies ist ein Wi<strong>der</strong>spruch zur Maximalität von g' in |K8 . Damit gilt b ∈ ∩{yz | g ‡ ⊆ y ‡ , y ∈ G * -<br />

{g}}, aber b ∉ g ‡ , also ist g nach Satz 3.69 irredundant in |K * .<br />

❚<br />

Wenn also <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration nach einer Implikation A → B gefragt wird, die man durch<br />

ein Gegen<strong>bei</strong>spiel wi<strong>der</strong>legen möchte, sollte man nach einem Gegenstand g suchen, so daß alle<br />

Einträge <strong>der</strong> Kontextzeile bekannt sind, und <strong>der</strong> Gegenstandsinhalt g' in |K 8 maximal ist, so daß<br />

A → B durch diese Kontextzeile wi<strong>der</strong>legt wird. Auch wenn auf diese Weise durch g nur für<br />

wenige Merkmale b ∈ B die Implikation A → b wi<strong>der</strong>legt wird, ist diese Methode effektiver, als<br />

nach einem Gegenstand y ∈ G zu suchen, so daß für möglichst viele Merkmale b ∈ B <strong>der</strong><br />

Konklusion die Implikation A → b wi<strong>der</strong>legt wird.<br />

3.71. Bemerkung:<br />

In <strong>der</strong> Praxis kommt es <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration manchmal vor, daß man eine Frage des<br />

Programms falsch beantwortet, o<strong>der</strong> eine Kontextzeile falsch eingegeben hat. Sei n > j ≥ 0, so daß<br />

im Schritt j eine falsche Eingabe gemacht wurde, und im Schritt n die falsche Eingabe durch den<br />

Benutzer bemerkt wird. Da sich durch die Korrektur <strong>der</strong> falschen Eingabe die Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossenen<br />

Mengen än<strong>der</strong>n könnten, reicht es nicht aus, wenn nur die falsche Eingabe<br />

korrigiert wird, und dann das Explorationsprogramm im Schritt n fortfährt. Sei Pn' die Menge Pn<br />

nach eventueller Korrektur falscher Implikationen, und sei |Kn' <strong>der</strong> Kontext |Kn nach eventueller<br />

Korrektur falscher Kontextzeilen. Wenn die Exploration nun fortgesetzt wird, werden die Implikationen<br />

A → B ∈ Pn'-Pj im allgemeinen nicht in <strong>der</strong> Duquenne-Gigue-Basis <strong>der</strong> erfüllbaren Implika-<br />

156


tionen des Kontextes am Ende <strong>der</strong> Exploration sein, weil A nicht notwendigerweise pseudoabgeschlossen<br />

ist. Das Merkmalexploration muß deshalb mit <strong>der</strong> aktuellen Implikationenmenge Pj<br />

fortsetzen. Auch die fiktiven Gegen<strong>bei</strong>spiele gA,b ∈ Gn-Gj müssen aus dem aktuellen Kontext |Kn'<br />

entfernt werden, weil sonst die Sätze aus Kapitel 3.1.3 am Ende <strong>der</strong> Merkmalexploration nicht mehr<br />

anwendbar wären, insbeson<strong>der</strong>e hätte man nicht mehr die Informationen über die gültigen<br />

Implikationen des Universums aus Satz 3.53. Das Explorationsprogramm benutzt daher den<br />

Kontext |Kn'|Gn-{gA,b | gA,b ∈ Gn-Gj } als aktuellen Kontext für die weitere Exploration. Die Implikationen<br />

aus Pn'-Pj können verwendet werden, um einige Fragen nach <strong>der</strong> Gültigkeit automatisch mit "ja" zu<br />

beantworten (vgl. Bemerkung 3.25 über die Verwendung eines zweiten Rahmenkontextes H2).<br />

Auch die entfernten Gegenstände gA,b ∈ Gn-Gj kann das Programm verwenden, um einige Fragen<br />

mit "unbekannt" zu beantworten: Wenn A → B eine Implikation ist, nach <strong>der</strong>en Gültigkeit <strong>der</strong><br />

Experte gefragt werden soll, und {gA,b | b ∈ B} ⊆ Gn-Gj gilt, dann kann die Frage nach A → B<br />

automatisch mit "unbekannt" beantwortet werden.<br />

Durch diese Exploration mit Fehlerbehandlung bleiben die Sätze aus Kapitel 3.1.3 und Kapitel 3.1.4<br />

korrekt (bis auf die Eigenschaften über die Schritte j bis n, in denen die falschen Daten noch nicht<br />

korrigiert wurden). Diese Fehlerbehandlung läßt sich auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> mehrwertigen Exploration<br />

anwenden (vgl. Kapitel 3.2).<br />

3.72. Bemerkung:<br />

Um <strong>bei</strong> jedem Schritt <strong>der</strong> Merkmalexploration eine minimale Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossene<br />

Prämisse auszuwählen, gibt es bereits einen Algorithmus für Kontexte ohne Rahmenkontexte (vgl.<br />

[GanterWille97]) und für Kontexte mit Hintergrundimplikationen, d.h. Rahmenkontexte <strong>der</strong> Form<br />

H = Resp(H) für eine Menge H von Implikationen (vgl. [Stumme97a]). Diese Algorithmen werden<br />

nun auch auf Kontexte mit negierten Merkmalen erweitert, d.h. für Rahmenkontexte <strong>der</strong> Form<br />

H = VKon( ⎯ ) ∩ Resp(H) für eine bijektive Abbildung ⎯ : M+ → M- zwischen zwei disjunken<br />

Teilmengen M+, M- ⊆ M und H ⊆ ImpM.<br />

Bei diesem Algorithmus wird verwendet, daß die Elemente des Hüllensystems Resp(H), die in<br />

einem Intervall [A, B] des Potenzmengenverbandes ℘(M) für vollständig konsistente Mengen<br />

A ⊆ B ⊆ M wie<strong>der</strong> vollständig konsistent sind. Dies hat zur Folge, daß [A, B] ∩ H selbst ein<br />

Hüllensystem (auf B) ist, für alle A, B ∈ H mit A ⊆ B. Der folgende Algorithmus läßt sich deshalb<br />

nicht auf beliebige Rahmenkontexte H ⊆ M übertragen, denn [A, B] ∩ H ist im allgemeinen kein<br />

Hüllensystem für A, B ∈ H mit A ⊆ B. Auf dem Mengensystem ℘(M) wird zunächst eine<br />

lexikalische Ordnung definiert.<br />

3.73. Definition (lexikalische Ordnung, Operation ⊕): 152<br />

Seien M = {m1, m2, ..., mk} mit |M| = k und Mi := {m1, m2, ..., mi} ⊆ M für i ≤ k. Sei h: ℘(M) →<br />

℘(M) ein Hüllenoperator auf M. Für A, B ⊆ M und 1 ≤ i ≤ k definiere:<br />

• A


3.74. Satz (Operation ⊕ liefert die nächste Hülle): 153<br />

Die Relation ≤ aus Definition 3.73 ist eine lineare Ordnung auf ℘(M), welche die Inklusionsordnung<br />

⊆ enthält, d.h. für A ⊆ B ⊆ M gilt A ≤ B. Für A ≠ M und i = max{j ≤ k | A


Dann ist C eine Prämisse von Pn.<br />

Beweis:<br />

Annahme: Die Behauptung ist falsch.<br />

Wir wählen hier<strong>bei</strong> n minimal, so daß die Behauptung falsch ist. Wenn in einem Schritt i < n nach<br />

einer Implikation D1 → D2 gefragt wird, und D3 eine Erf(|Ki)-pseudoabgeschlossenene echte<br />

Teilmenge von D1 ist, dann gilt D1 ∩ M+ = D3 ∩ M+ und D3 < D1, also ist D3 eine Prämisse von Pi<br />

wegen <strong>der</strong> Minimalität von n. Daher wird für i < n im Schritt i nach einer Implikation mit minimaler<br />

Erf(|Ki)-pseudoabgeschlossenen Prämisse gefragt, welche noch nicht in Pi vorkommt. Da C kein<br />

Erf(|Kn)-Inhalt und keine Prämisse von Pn ist, wurde bis zum Schritt n noch nicht nach einer<br />

Implikation mit C als Prämisse gefragt. Damit muß es eine maximale Zahl j < n geben, so daß C<br />

nicht Erf(|Kj)-pseudoabgeschlossen ist, denn sonst wäre (wegen (1) bzw. (2)) vor dem Schritt n nach<br />

einer Implikation mit C als Prämisse gefragt worden. C ist Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen aber kein<br />

Erf(|Kj)-Inhalt wegen Erf(|Kn) ⊆ Erf(|Kj), und es gilt C ∈ H. Es gibt deshalb eine Erf(|Kj)-<br />

pseudoabgeschlossene echte Teilmenge D ⊂ C, so daß D ‡z (bezüglich |Kj) keine Teilmenge von C<br />

ist. Seien E1 → E2 die Implikation, nach <strong>der</strong> im Schritt j gefragt wird, und T3 := E1 ∩ M+. Wegen<br />

<strong>der</strong> Maximalität von j ist C Erf(|Ki)-pseudoabgeschlossen für j < i ≤ n. Da jedoch nicht nach einer<br />

Implikation mit C als Prämisse gefragt wird, muß entwe<strong>der</strong> T1 = T3 und D < C < E1 gelten, o<strong>der</strong> T1<br />

wurde <strong>bei</strong>m Durchlaufen aller Teilmengen T ⊆ M+ vor <strong>der</strong> Menge T3 ausgewählt. Da n minimal<br />

gewählt wurde, so daß die Behauptung falsch ist, ist D eine Prämisse von Pj. Sei D → D4 ∈ Pj, dann<br />

gilt D ‡z = D4 sowohl in |Kj, als auch in |Kn, und D ist Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossen (vgl. Korollar<br />

3.30.(1)). Dies ist ein Wi<strong>der</strong>spruch, denn D ‡z = D4 ist keine Teilmenge von C, obwohl C Erf(|Kn)pseudoabgeschlossen<br />

ist.<br />

❚<br />

3.76. Korollar (Alle Prämissen <strong>der</strong> gefragten Implikationen sind minimale pseudoabgeschlossene<br />

Mengen):<br />

Bei jedem Schritt n wird nach einer Implikation mit minimaler Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossenen<br />

Prämisse gefragt, welche noch nicht in Pn vorkommt.<br />

Beweis:<br />

Wenn im Schritt n nach einer Implikation D1 → D2 gefragt wird, und D3 eine Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossenene<br />

echte Teilmenge von D1 ist, dann gilt D1 ∩ M+ = D3 ∩ M+ und D3 < D1, also ist<br />

D3 eine Prämisse von Pn nach Lemma 3.75.<br />

❚<br />

3.77. Korollar (Wenn <strong>der</strong> Algorithmus beendet ist, dann ist die Menge <strong>der</strong> akzeptierten<br />

Implikationen vollständig):<br />

Wenn <strong>der</strong> Algorithmus im Schritt n beendet ist, dann ist jede Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossene Menge<br />

eine Prämisse von Pn.<br />

Beweis:<br />

Sei T2 die Teilmenge von M+, die als leztes ausgewählt wurde, und A := M. Dann ist für jede<br />

Erf(|Kn)-pseudoabgeschlossenene Menge C Bedingung (1) o<strong>der</strong> (2) von Lemma 3.75 erfüllt, also ist<br />

C eine Prämisse von Pn.<br />

❚<br />

Damit ist gewährleistet, daß dieser Algorithmus ein Spezialfall des Algorithmus' für beliebige<br />

Rahmenkontexte ist, und alle Sätze von Kapitel 3.1 sind somit auch für diesen Algorithmus<br />

anwendbar. Insbeson<strong>der</strong>e enthält die Menge Pn am Ende des Algorithmus' die Duquenne-Gigue-<br />

Basis <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen des letzten Kontextes |Kn.<br />

159


3.78. Bemerkung:<br />

Wenn <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration in einem Schritt j nach einer Implikation A → B gefragt wird,<br />

könnte es sein, daß <strong>der</strong> Experte bereits vorher ein Gegen<strong>bei</strong>spiel g für diese Implikation eingegeben<br />

hat, aber die Kontextzeile von g zuviele Fragezeichen enthält, um als Gegen<strong>bei</strong>spiel erkannt zu<br />

werden. In diesem Fall kann <strong>der</strong> Experte in <strong>der</strong> bereits eingegebenen Kontextzeile einige<br />

Fragezeichen durch × o<strong>der</strong> o ersetzen, anstatt nach einem neuen Gegen<strong>bei</strong>spiel für die Implikation<br />

A → B zu suchen. Für den weiteren Verlauf <strong>der</strong> Merkmalexploration hat diese Verän<strong>der</strong>ung des<br />

Kontextes |Kj keinen Einfluß, denn für die erfüllbaren Implikationen in |Kj+1 ist es unerheblich, ob in<br />

<strong>der</strong> Zeile von g einige Fragezeichen verän<strong>der</strong>t werden, o<strong>der</strong> ob die neue Kontextzeile einfach an den<br />

Kontext |Kj angehängt wird. In <strong>bei</strong>den Fällen entsteht dieselbe Menge Erf(|Kj+1). Bei <strong>der</strong> Frage nach<br />

<strong>der</strong> Implikation A → B ist es daher sinnvoll, wenn <strong>der</strong> Merkmalexplorationsalgorithmus auch<br />

diejenigen Gegenstände von |Kj ausgibt, welche als Gegen<strong>bei</strong>spiel für A → B in Frage kommen. Bei<br />

sehr großen Kontexten kann dies jedoch für den Experten unübersichtlich werden, weil er für jeden<br />

dieser Gegenstände überlegen muß, ob es ein Gegen<strong>bei</strong>spiel für A → B ist. In solchen Fällen kann<br />

man auch vierwertige Kontexte verwenden: 157<br />

|Kj = (Gj, M, {×, ?, o, !}, Ij), wo<strong>bei</strong> Ij(g, m) = ? bedeutet, daß zur Zeit noch nicht bekannt ist, ob <strong>der</strong><br />

Gegenstand g das Merkmal m hat, jedoch mit etwas Aufwand diese Frage möglicherweise noch<br />

entschieden werden könnte. Wenn Ij(g, m) = ! ist, dann ist es wahrscheinlich auch im weiteren<br />

Verlauf <strong>der</strong> Merkmalexploration unbekannt, ob <strong>der</strong> Gegenstand g das Merkmal m hat. Bei <strong>der</strong><br />

Merkmalexploration werden <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Frage nach A → B dann nur diejenigen Gegenstände von |Kj<br />

ausgegeben, welche durch Verän<strong>der</strong>n einiger Fragezeichen <strong>der</strong> Kontextzeile von g zu einem<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel von A → B werden, denn unter den an<strong>der</strong>en Gegenständen wird <strong>der</strong> Experte kein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel finden. Je<strong>der</strong> Kontext |K0, |K1, |K2, ... <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration ist dann vierwertig.<br />

Bei <strong>der</strong> Erzeugung eines fiktiven Gegen<strong>bei</strong>spiels gA,b für eine Implikation A → b wird das<br />

Ausrufezeichen statt des Fragezeichens verwendet, denn selbst wenn es im unbekannten Kontext<br />

|K 8 ein Gegen<strong>bei</strong>spiel dieser Implikation gibt, weiß <strong>der</strong> Experte nicht, welcher Gegenstand dies ist,<br />

also kennt er auch die Merkmale dieses Gegenstandes nicht.<br />

157 vgl. [Burmeister96a], Kapitel 1<br />

160


3.2 Merkmalexploration mit mehrwertigem Universum<br />

Die Merkmalexploration läßt sich auch für mehrwertige Kontexte durchführen. Hier<strong>bei</strong> muß man<br />

zunächst entscheiden, ob man sich für die gültigen Implikationen des vollständigen mehrwertigen<br />

Kontextes |K 8 = (G, M, W, I) interessiert, o<strong>der</strong> ob man den Kontext zunächst mit Hilfe von<br />

einwertigen Skalen skalieren möchte, um die Implikationen des abgeleiteten Kontextes zu<br />

untersuchen. Im letzteren Fall kann man die Merkmalexploration aus Kapitel 3.1.3 verwenden, weil<br />

nach <strong>der</strong> Skalierung ein einwertiger Kontext entsteht. Hier<strong>bei</strong> ist jedoch zu berücksichtigen, daß<br />

sich da<strong>bei</strong> die Merkmalsmenge än<strong>der</strong>t, d.h. man erhält durch die Exploration nicht Implikationen<br />

über <strong>der</strong> Merkmalsmenge M, son<strong>der</strong>n über <strong>der</strong> Merkmalsmenge {m} × Mm, wo<strong>bei</strong> (Mm)m∈M die<br />

m∈M<br />

Merkmalsmengen <strong>der</strong> Skalen sind. Die gültigen Implikationen des abgeleiteten Kontextes haben<br />

nichts mit den gültigen Implikationen von |K8 zu tun. Wenn man sich für die gültigen Implikationen<br />

von |K8 interessiert, muß die Merkmalexploration mit dem mehrwertigen Kontext durchgeführt<br />

werden. Dafür wird in diesem Kapitel <strong>der</strong> Algorithmus angegeben. Die meisten Sätze von Kapitel<br />

3.1.3 gelten auch für die mehrwertige Exploration.<br />

Die Fragezeichenreduktion aus Kapitel 3.1.2 läßt sich auch auf unvollständige mehrwertige<br />

Kontexte übertragen:<br />

3.79. Definition (Fragezeichenreduktion <strong>bei</strong> unvollständigen mehrwertigen Kontexten):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger mehrwertiger Kontext, ρ ⊆ (W-{?}) τ und<br />

P ⊆ ImpM. |K heißt P-fragezeichenreduziert (bezüglich H), wenn für alle g ∈ G, m ∈ M und<br />

w ∈ Wm-{?} folgende Bedingung erfüllt ist:<br />

(i) Wenn J(g, m) = w für alle |K' = (G, M, W, J) ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp ρ (|K') und h J ∈ H für<br />

h ∈ G τ gilt, dann gilt I(g, m) = w.<br />

Mit einigen Einschränkungen läßt sich Satz 3.17 auch auf unvollständige mehrwertige Kontexte<br />

anwenden:<br />

3.80. Satz (Charakterisierung <strong>der</strong> Existenz eines fragezeichenreduzierten Kontextes,<br />

welcher größer o<strong>der</strong> gleich dem gegebenen Kontext ist):<br />

Seien H ⊆ ℘(M), |K = (G, M, W, I) ein unvollständiger Kontext mit M ≠ ∅, |Wm-{?}| > 1 für<br />

mindestens ein m ∈ M, 158 ρ ⊆ (W-{?}) τ und P ⊆ ImpM. Folgende Aussagen sind äquivalent:<br />

(1) Es gibt einen kleinsten P-fragezeichenreduzierten Kontext |K' ≥ |K.<br />

(2) Es gibt einen P-fragezeichenreduzierten Kontext |K' ≥ |K.<br />

(3) Es gibt eine Vervollständigung |K' = (G, M, W-{?}, J) ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp ρ (|K') und g J ∈ H für<br />

alle g ∈ G τ .<br />

(4) Für alle g ∈ G τ werden <strong>bei</strong> <strong>der</strong> endlichen Anwendung <strong>der</strong> folgenden Regel auf |K die Werte<br />

w ∈ W-{?} nicht durch an<strong>der</strong>e Werte ersetzt:<br />

(i) Wenn J(g, m) = w für alle |K' = (G, M, W, J) ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp ρ (|K') und h J ∈ H für<br />

h ∈ G τ gilt, dann wird I(g, m) durch den Wert w ersetzt.<br />

Beweis:<br />

(1) ⇒ (2): Trivial.<br />

(2) ⇒ (3):<br />

158 Wenn |Wm-{?}| = 1 für alle m ∈ M gilt, dann sind (1), (2) und (4) trivialerweise erfüllt, (3) kann jedoch falsch sein.<br />

161


Seien g ∈ G und m ∈ M. Der Kontext |K' = (G, M, W, J) aus (2) ist bezüglich Regel (i)<br />

abgeschlossen, also muß es ein |K'' = (G, M, W, J'') ∈ V(|K') ⊆ V(|K) geben mit P ⊆ Imp ρ (|K'') und<br />

g J'' ∈ H für alle g ∈ G τ , denn sonst müßte J(g, m) = w für alle w ∈ Wm-{?} und m ∈ M nach Regel<br />

(i) gelten, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zu |Wm-{?}| > 1 für ein m ∈ M ist.<br />

(3) ⇒ (4):<br />

Die Vervollständigung |K' = (G, M, W, J) ∈ V(|K) aus (3) ist auch nach je<strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Regel<br />

(i) eine Vervollständigung des aktuellen Kontextes, denn ein Wert v ∈ Wm in einer Zeile g ∈ G in<br />

einer Spalte m ∈ M kann nur dann durch einen Wert w ∈ Wm ersetzt werden, wenn J(g, m) = w gilt.<br />

Da |K' aber eine Vervollständigung von dem aktuellen Kontext ist, kann dies nur für v = ? o<strong>der</strong><br />

v = w passieren.<br />

(4) ⇒ (1):<br />

Wegen (4) existiert eine Vervollständigung |K'' = (G, M, W-{?}, I'') ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp ρ (|K'') und<br />

g I'' ∈ H für alle g ∈ G τ , denn sonst könnte man mit Regel (i) jeden Wert I(g, m) durch jeden<br />

an<strong>der</strong>en Wert ersetzen. Sei |K' := (G, M, W, J), so daß für alle g ∈ G, m ∈ M und w ∈ W-{?} gilt:<br />

J(g, m) = w gdw. I''(g, m) = w für alle |K'' = (G, M, W, I'') ∈ V(|K) mit P ⊆ Imp ρ (|K'') und<br />

h I'' ∈ H für h ∈ G τ .<br />

Wegen <strong>der</strong> Existenz solcher Kontexte |K'' ist J wohldefiniert. |K' ist offensichtlich <strong>der</strong> kleinste<br />

fragezeichenreduzierte Kontext größer gleich |K.<br />

❚<br />

Wie in Kapitel 3.1.2 wird auch hier <strong>der</strong> kleinste P-fragezeichenreduzierte Kontext |K' ≥ |K mit<br />

Red H P (|K) bezeichnet, wenn er existiert. Für g ∈ G bezeichnet Red H P (g) die kleinste P-fragezeichenreduzierte<br />

Kontextzeile größer gleich <strong>der</strong> Kontextzeile von g, d.h. Regel (i) wird hier<strong>bei</strong> nur<br />

auf das konstante Gegenstandstupel (g, g, ..., g) angewendet. Korollar 3.18 gilt auch für<br />

unvollständige mehrwertige Kontexte:<br />

3.81. Korollar (Wenn man einen Kontext fragezeichenreduzieren kann, dann sind alle<br />

Folgerungen <strong>der</strong> Implikationenmenge erfüllbar):<br />

Wenn Red H P (|K) existiert, dann gilt Cons H (P) ⊆ Erf ρ (|K).<br />

Beweis:<br />

Die Implikationen <strong>der</strong> Vervollständigung |K' aus Bedingung (3) von Satz 3.80 sind nach Satz 2.110<br />

bezüglich des Operators Cons H abgeschlossen.<br />

❚<br />

Seien θ = (θm)m∈M ⊆ W τ eine beliebige Relation mit τ > 0, und sei |K 8 = (G, M, W, I) ein<br />

(unbekannter) vollständiger mehrwertiger Kontext (im folgenden auch mehrwertiges Universum<br />

genannt), dessen gültige Implikationen Imp θ (|K 8 ) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration untersucht werden<br />

sollen. Da <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration auch fiktive Gegenstände benutzt werden, werden die Wertemengen<br />

zunächst um fiktive Werte erweitert: W ⎯ m := Wm ∪ {Y, Z} für m ∈ M. Hier<strong>bei</strong> wird vorausgesetzt,<br />

daß diese fiktiven Werte Y und Z noch nicht in <strong>der</strong> Wertemenge Wm vorkommen. Auch die<br />

Relation wird erweitert:<br />

ρm := θm ∪ {w ∈ W ⎯ m τ | w enthält mindestens ein Y, aber kein Z} für m ∈ M.<br />

Die Relation ρ ist nach Satz 2.117 separierend wegen τ > 0.<br />

162


Algorithmus zur mehrwertigen Merkmalexploration:<br />

Am Anfang <strong>der</strong> Exploration gibt <strong>der</strong> Experte die Relation θ, den Rahmenkontext H und einen<br />

unvollständigen mehrwertigen Kontext |K0 ein. Die aktuelle Implikationenmenge Pn wird am<br />

Anfang <strong>der</strong> Merkmalexploration durch die leere Menge initialisiert: P0 := P1 := ∅. Eine Vervollständigung<br />

von |K0 ist ein Teilkontext von |K8 , also existiert Red H ∅ (|K0) =: |K1 nach Satz 3.80.(3).<br />

Für n = 1, 2, 3, ... wählt das Merkmalexplorationsprogramm im Schritt n eine minimale Menge<br />

A ∈ H aus, die Erf ρ (|Kn)-pseudoabgeschlossen bezüglich H ist, so daß A keine Prämisse von einer<br />

Implikation aus Pn ist. Sei B = A ‡z . Nach Satz 2.106.(5) und Satz 2.117 gilt B = {b ∈ M | A → b ∈<br />

Erf ρ G n (|Kn)} = {b ∈ M | A → b ∈ Erf ρ (|Kn)} . Das Programm fragt nun den Experten, ob die<br />

Implikation A → B im unbekannten Kontext |K 8 gültig ist.<br />

Wenn <strong>der</strong> Experte die Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation A → B in |K 8 mit "nein"<br />

beantwortet, muß er ein Tupel von Gegenständen g = (g1, g2, ..., gτ) ∈ G τ angeben, welche im<br />

Kontext |K 8 die Implikation A → B wi<strong>der</strong>legen. Hier<strong>bei</strong> können auch einige dieser Gegenstände<br />

bereits im aktuellen Kontext |Kn vorhanden sein.<br />

Sei |K' = (Gn+1, M, W ⎯ , J) mit Gn+1 = Gn ∪ {g1, g2, ..., gτ} <strong>der</strong> Kontext, welcher aus |Kn und den<br />

Kontextzeilen von g besteht, welche durch den Experten eingegeben werden. Das Tupel g muß die<br />

Implikation A → B wi<strong>der</strong>legen, d.h. A → B ist für das Tupel g in |K' nicht erfüllbar. Die<br />

Kontextzeilen von Gn+1 ∩ G in |K 8 sind Vervollständigungen <strong>der</strong> Kontextzeilen in |K', also läßt sich<br />

<strong>der</strong> Kontext |K'|G n+1 ∩G nach Satz 3.80.(3) Pn-fragezeichenreduzieren. Diese Fragezeichenreduktion<br />

<strong>der</strong> "normalen" Gegenstände kann mit <strong>der</strong> Relation θ und <strong>der</strong> Wertemenge W durchgeführt werden,<br />

d.h. ein Fragezeichen J(g, m) = ? wird im Kontext |K' genau dann durch einen Wert w ∈ W-{?}<br />

ersetzt, wenn J''(g, m) = w für alle Vervollständigungen |K'' = (Gn+1 ∩ G, M, W-{?}, J'') des<br />

Kontextes |K'|Gn+1∩G (mit <strong>der</strong> Wertemenge W = W ⎯ -{Y, Z}) mit Pn ⊆ Imp θ (|K'') und h J'' ∈ H für<br />

h ∈ (Gn+1 ∩ G) τ gilt. Diese Fragezeichenreduktion bezüglich <strong>der</strong> Relation θ ist stärker als die<br />

Fragezeichenreduktion bezüglich ρ, d.h. es werden mindestens so viele Fragezeichen durch an<strong>der</strong>e<br />

Werte ersetzt wie <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Relation ρ. Seien Pn+1 := Pn und |Kn+1 <strong>der</strong> Kontext, welcher aus |K' entsteht,<br />

indem die Kontextzeilen von Gegenständen aus Gn+1 ∩ G durch die entsprechenden Kontextzeilen<br />

aus Red H P n (|K'|G n+1 ∩G) ersetzt werden. Die Kontextzeilen von Gn+1-G bleiben unverän<strong>der</strong>t.<br />

Wenn dem Experte nicht bekannt ist, ob die Implikation A → B im unbekannten Kontext gültig ist,<br />

dann wird zunächst gefragt, für welche Merkmale b ∈ B die Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation A → b<br />

unbekannt ist. Sei Z = {b ∈ B | A → b ist unbekannt}. Für die an<strong>der</strong>en Merkmale b ∈ B-Z ist die<br />

Implikation A → b in |K8 gültig, denn jedes Tupel von Gegenständen, welches A → b wi<strong>der</strong>legt,<br />

wi<strong>der</strong>legt auch A → B. Für b ∈ Z überprüft das Merkmalexplorationsprogramm, ob A → b ∈<br />

ConsH (Pn ∪ {A → B-Z}), denn in diesem Fall kann das Merkmal b aus Z entfernt werden, weil die<br />

Implikation A → b dann auch als gültig erkannt wird. Im folgenden sei deshalb A → b ∉ ConsH (Pn<br />

∪ {A → B-Z}) für alle b ∈ Z. Dem aktuellen Kontext |Kn werden nun auf folgende Weise fiktive<br />

Gegenstände gA,b mit b ∈ Z angehängt, welche gerade diese Implikationen wi<strong>der</strong>legen: 159<br />

Sei |K' := (Gn ∪ {gA,b | b ∈ Z}, M, W ⎯ , J) mit<br />

J = In ∪ {(gA,b, m, Y) | m ∈ A, b ∈ Z} ∪ {(gA,b, b, Z) | b ∈ Z} ∪<br />

{(gA,b, m, ?) | m ∈ M-(A ∪ {b}), b ∈ Z}.<br />

159 Hier<strong>bei</strong> wird vorausgesetzt, daß gA,b ein neuer Gegenstand ist, d.h. es gilt gA,b ∉ Gn und gA,b ∉ G<br />

163


Sei Pn+1 := Pn ∪ {A → B-Z}, falls B-Z ≠ A, und Pn+1 := Pn, falls B-Z = A.<br />

Der Kontext |K' ohne die fiktiven Gegenstände läßt sich nach Satz 3.80.(3) Pn+1-fragezeichenreduzieren.<br />

Auch hier kann die Fragezeichenreduktion bezüglich <strong>der</strong> Relation θ durchgeführt werden.<br />

Sei |Kn+1 <strong>der</strong> Kontext, welcher aus |K' entsteht, indem die Kontextzeilen von den Gegenständen<br />

g ∈ Gn ∩ G durch diese fragezeichenreduzierten Kontextzeilen ersetzt werden, d.h. |Kn+1 besteht aus<br />

Red H P n+1 (|K'|G n ∩G) und den unverän<strong>der</strong>ten Kontextzeilen <strong>der</strong> fiktiven Gegenstände von |K'.<br />

Wenn <strong>der</strong> Experte die Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation A → B in |K8 mit "ja" beantwortet,<br />

wird die aktuelle Menge von akzeptierten Implikationen Pn um diese Implikation erweitert: Pn+1 :=<br />

Pn ∪ {A → B}. Sei |Kn+1 <strong>der</strong> Kontext, welcher aus |Kn entsteht, indem die Kontextzeilen von den<br />

Gegenständen g ∈ Gn ∩ G durch die Kontextzeilen aus Red H Pn+1 (|Kn|Gn∩G) (bezüglich <strong>der</strong> Relation θ)<br />

ersetzt werden. Die Kontextzeilen <strong>der</strong> fiktiven Gegenstände bleiben unverän<strong>der</strong>t.<br />

Die Merkmalexploration endet, sobald keine neue Implikation mehr gefunden wird, d.h. sobald jede<br />

Erf ρ (|Kn)-pseudoabgeschlossene Menge A als Prämisse in Pn vorkommt.<br />

3.82. Satz (Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen nach Entfernung fiktiver Gegenstände):<br />

Seien n ≥ 0 und Gn ∩ G ⊆ S ⊆ T ⊆ Gn.<br />

Dann gilt Erf ρ (|Kn|T) = Erf ρ (|Kn|S)-{E → F | es gibt ein gA,b ∈ T-S mit E ⊆ A, b ∈ F}.<br />

Beweis:<br />

'⊆':<br />

Erf ρ (|Kn|T) ⊆ Erf ρ (|Kn|S) gilt wegen S ⊆ T. Seien C → D ∈ Erf ρ (|Kn|T), gA,b ∈ T-S und g = (gA,b, gA,b,<br />

..., gA,b) das konstante Gegenstandstupel. Dann gilt g ‡ = A und g z = M-b. Für E ⊆ A und F ⊆ M mit<br />

b ∈ F ist E → F für das Gegenstandstupel g nach Satz 2.109 in |Kn|T nicht erfüllbar, also gilt C → D<br />

≠ E → F, und somit C → D ∈ Erf ρ (|Kn|S)-{E → F | es gibt ein gA,b ∈ T-S mit E ⊆ A, b ∈ F}.<br />

'⊇':<br />

Sei C → D ∈ Erf ρ (|Kn|S)-{E → F | es gibt ein gA,b ∈ T-S mit E ⊆ A, b ∈ F}.<br />

Annahme: C → D ∉ Erf ρ (|Kn|T)<br />

Sei |K' = (T, M, W ⎯ , J) ∈ V(|Kn|T) die Vervollständigung, die aus |Kn|T entsteht, indem die Fragezeichen<br />

in den Spalten von C durch Z ersetzt werden, und in den Spalten von M-C die Fragezeichen<br />

durch Y ersetzt werden. Dann ist C → D in |K' nicht gültig wegen C → D ∉ Erf ρ (|Kn|T), d.h.<br />

es gibt ein g = (g1, g2, ..., gτ) ∈ T τ mit |K' bg ρ C → D. Dann gibt es ein d ∈ D-C mit |K' bg ρ C → d,<br />

und es gilt |K' ]g ρ C und |K' bg ρ d.<br />

Fall 1: J(gj, d) = Z für ein j ≤ τ<br />

Nach Definition von |K' gilt auch In(gj, d) = Z. Da die fiktiven Werte nur in Kontextzeilen von<br />

fiktiven Gegenständen vorkommen, ist gj = gA,b ein fiktiver Gegenstand. Wegen |K' ]g ρ C gilt J(gA,b,<br />

c) = Y für alle c ∈ C, also auch In(gA,b, c) = Y für c ∈ C. Somit gilt C ⊆ A und d = b. Wegen C →<br />

D ∈ Erf ρ (|Kn|S) gilt gA,b ∉ S.<br />

Dies ist ein Wi<strong>der</strong>spruch zu C → D ∉ {E → F | es gibt ein gA,b ∈ T-S mit E ⊆ A, b ∈ F}.<br />

Fall 2: J(gj, d) ≠ Z für alle j ≤ τ<br />

Wegen |K' bg ρ d enthält J(g, d) nicht den Wert Y, also enthält g keinen fiktiven Gegenstand, und es<br />

gilt g ∈ S τ . Wegen |K' ]g ρ C enthält J(g, c) nicht den Wert Z für c ∈ C, und nach Definition von |K'<br />

auch nicht den Wert Y. Damit enthält In(g, m) kein Fragezeichen für m ∈ C ∪ {d}. Dies ist ein<br />

Wi<strong>der</strong>spruch zu C → D ∈ Erf ρ (|Kn|S).<br />

164


❚<br />

3.83. Satz (Eigenschaften <strong>der</strong> Exploration mit einwertigem Universum lassen sich auf die<br />

mehrwertige Exploration übertragen):<br />

Die Sätze 3.28 bis 3.40 lassen sich auch auf die mehrwertige Exploration übertragen.<br />

Beweis:<br />

Alle Beweise können direkt übernommen werden, bis auf den Beweis von (1) ⇒ (2) in Satz 3.40:<br />

Annahme: A → b ∉ Cons H (Pj)<br />

Dann gilt A → b ∉ Imp(Resp H (Pj)) nach Satz 2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)), also gibt es ein E ∈<br />

Resp(Pj) ∩ H mit A ⊆ E und b ∉ E. Sei |K' = (Gj, M, W ⎯ , J) ∈ V(|Kj) mit J(gA,b, m) = Y für m ∈ E<br />

und J(gA,b, m) = Z für m ∈ M-E. Sei g = (gA,b, gA,b, ..., gA,b) das konstante Tupel. Dann gilt g J = E ∈<br />

H und |K' ]g ρ Pj wegen g J ∈ Resp(Pj). Nach Satz 3.80.(3) existiert Red H P j (gA,b), was ein Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zu (1) ist.<br />

❚<br />

Lemma 3.41 ist <strong>bei</strong> mehrwertiger Exploration im allgemeinen nicht mehr richtig. Seien M = {a, b,<br />

c}, H = {{a, b}, {b, c}}, und θ eine beliebige zweistellige Relation auf einer Wertemenge W. Dann<br />

wird <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikationen {a, b} → {a, b, c} und {b,<br />

c} → {a, b, c} gefragt. Wenn dem Experten <strong>bei</strong>de Implikationen unbekannt sind, entsteht folgen<strong>der</strong><br />

Kontext:<br />

|K3 a b c<br />

g{a,b},c Y Y Z<br />

g{b,c},a Z Y Y<br />

We<strong>der</strong> die Implikation {a, b} → c noch {b, c} → a ist aus P3 = ∅ herleitbar, jedoch ist |K3 nach Satz<br />

3.80.(3) nicht P3-fragezeichenreduzierbar, weil |K3 die einzige Vervollständigung von sich selbst ist,<br />

und für g = (g{a,b},c, g{b,c},a) gilt g' = {b} ∉ H.<br />

3.84. Satz (Eigenschaften <strong>der</strong> Exploration mit einwertigem Universum lassen sich auf die<br />

mehrwertige Exploration übertragen):<br />

Die Sätze und Definitionen 3.43, 3.44, 3.47, 3.48, 3.49, 3.50, 3.51 und 3.53 lassen sich auf die<br />

mehrwertige Exploration übertragen. Wenn H ein Hüllensystem ist, dann lassen sich Lemma 3.41<br />

und Korollar 3.46 ebenfalls übertragen.<br />

Beweis:<br />

Alle Beweise dieser Sätze können direkt übernommen werden, bis auf folgende Ausnahmen:<br />

1. Beweis von (2) ⇒ (1) in Lemma 3.41:<br />

Gelte A → b ∉ ConsH (Pn) für alle gA,b ∈ Gn, dann gilt A → b ∉ Imp(Resp(Pn) ∩ H) nach Satz<br />

2.71 (Äquivalenz (1) ⇔ (2)), also gibt es ein EA,b ∈ Resp(Pn) ∩ H mit A ⊆ EA,b und b ∉ EA,b.<br />

Es wird nun Bedingung (3) von Satz 3.80 bewiesen. Sei |K' = (Gn, M, W ⎯ , J) ∈ V(|Kn), wo<strong>bei</strong> die<br />

Kontextzeilen von Gn ∩ G in |K' die entsprechenden Kontextzeilen in |K8 sind, und J(gA,b, m) =<br />

Y für m ∈ EA,b und J(gA,b, m) = Z für m ∈ M-EA,b für gA,b ∈ Gn gilt. Sei g = (g1, g2, ..., gτ) ∈<br />

Gn τ . Falls g keinen fiktiven Gegenstand enthält, gilt g J = g I ∈ H, und |K' ]g ρ Pn wegen<br />

|K 8 ]g ρ Pn. Falls g mindestens einen fiktiven Gegenstand enthält, dann sei E := ∩{EA,b | gA,b =<br />

gi für ein i ≤ τ}. Da H und Resp(Pn) Hüllensysteme sind, gilt E ∈ Resp(Pn) ∩ H. Für m ∈ E<br />

165


166<br />

und i ≤ τ gilt J(gi, m) ≠ Z, und für m ∈ M-E gibt es mindestens ein i ≤ τ mit J(gi, m) = Z, also<br />

gilt g J = E ∈ Resp(Pn) ∩ H. Somit gilt |K' ]g ρ Pn, also Pn ⊆ Imp ρ (|K'), da g ∈ Gn beliebig war.<br />

Nach Satz 3.80.(3) existiert Red H Pn (|Kn).<br />

2. Die Definition von G * in Definition 3.43 muß wie folgt abgeän<strong>der</strong>t werden:<br />

G * := G ~ -{gA,b ∈ Gn | Es gibt ein g ∈ (Gn ∩ G) τ , so daß In(g, a) für a ∈ A und In(g, b) kein<br />

Fragezeichen enthalten, und In(g, a) ∈ ρ für a ∈ A und In(g, b) ∉ ρ gilt}<br />

3. Der Beweis <strong>der</strong> Existenz von Red H P n (|K * ) in Korollar 3.46 verläuft analog dem 1. Beweis dieses<br />

Satzes (d.h. analog dem Beweis, daß die Implikation (2) ⇒ (1) von Lemma 3.41 auch für die<br />

mehrwertige Exploration gilt).<br />

4. Beweis von Imp ρ (|K 8 ) ⊆ Erf ρ (|K * |G* 8 ) in Satz 3.53: 160<br />

Sei A → B ∈ Imp ρ (|K 8 ).<br />

Annahme: A → B ∉ Erf ρ (|K * |G* 8 )<br />

Es gilt A → B ∈ Erf ρ (|K * |G*∩G), weil die Kontextzeilen von G * ∩ G in |K 8 Vervollständigungen<br />

<strong>der</strong> Kontextzeilen in |K * |G n ∩G sind. Nach Satz 3.82 gibt es einen fiktiven Gegenstand gC,d ∈ G *<br />

❚<br />

8<br />

mit A ⊆ C und d ∈ B. Nach den Regeln (AU) und (PR) gilt C → d ∈ Imp ρ (|K 8 ), was ein<br />

Wi<strong>der</strong>spruch zu gC,d ∈ G *<br />

8 ist.<br />

Im Kontext |K * |G* 8 sind somit die erfüllbaren Implikationen genau diejenigen Implikationen, die im<br />

Universum gültig sind: Imp ρ (|K 8 ) = Erf ρ (|K * |G* 8 ) = Erf ρ G* 8 (|K * |G* 8 ). Insbeson<strong>der</strong>e ist auch die Menge<br />

Erf ρ (|K * |G* 8 ) bezüglich des Operators Cons H abgeschlossen.<br />

Wie <strong>bei</strong> <strong>der</strong> einwertigen Exploration erhält <strong>der</strong> Experte auch <strong>bei</strong> <strong>der</strong> mehrwertigen Exploration<br />

maximales Wissen über die im unbekannten Kontext |K8 gültigen Implikationen: Es gibt eine<br />

Teilmenge P u<br />

8 ⊆ Pu = {A → b | gA,b ∈ G * } <strong>der</strong> als unbekannt akzeptierten Implikationen, so daß die<br />

in |K8 gültigen Implikationen aus P * ∪ P u<br />

8 herleitbar sind. Die Menge P* besteht aus den sicheren<br />

Implikationen, die Menge P u<br />

ist dem Experten jedoch nicht bekannt. Der Experte weiß nach <strong>der</strong><br />

8<br />

Exploration nur, daß eine geeignete Menge P u<br />

8 ⊆ Pu existiert. Die Folgerungen aus P * und die<br />

Folgerungen aus P * ∪ P u liefern eine untere und obere Schranke für die gültigen Implikationen:<br />

ConsH (P * ) ⊆ Imp ρ (|K8 ) ⊆ ConsH (P * ∪ P u ). Die Menge G * ∩ G enthält Gegen<strong>bei</strong>spiele für<br />

Implikationen, von denen <strong>der</strong> Experte sicher weiß, daß sie im Kontext |K 8 nicht gültig sind. Es gilt<br />

Erf ρ (|K * ) ⊆ Imp ρ (|K 8 ) ⊆ Erf ρ (|K * |G *∩G).<br />

160 mit G *<br />

8 = G* -{gA,b ∈ G * | A → b ∈ Imp ρ (|K 8 )} (vgl. Definition 3.50)


4. Merkmalexploration an Beispielen<br />

Die Algorithmen zur Merkmalexploration mit einwertigen und mehrwertigen Universen werden in<br />

diesem Kapitel an Beispielen erläutert. Bei <strong>der</strong> einwertigen Exploration wird in Kapitel 4.1 wird als<br />

unbekannter Kontext <strong>der</strong> einwertige Kontext |K 8 = (G, M, I) verwendet, <strong>der</strong> als Gegenstände die<br />

Klasse aller (assoziativen) Ringe enthält, und einige ringtheoretische Eigenschaften als Merkmale.<br />

In Anhang A sind die wichtigsten Eigenschaften über die verwendeten Merkmale zusammengestellt.<br />

Die Exploration wird mit unterschiedlichen Rahmenkontexten durchgeführt. Nach <strong>der</strong><br />

Exploration enthält <strong>der</strong> Kontext einige fiktive Gegenstände, die mit Hilfe <strong>der</strong> Sätze 3.63 und 3.64<br />

durch Bildung von Teilkontexten beseitigt werden können. Dadurch ergibt sich z.B. vollständiges<br />

Wissen über die Merkmalimplikationen <strong>bei</strong> kommutativen Ringen. In Kapitel 4.2 wird <strong>der</strong><br />

Zusammenhang zwischen dem Begriffsverband eines unbekannten Universums |K 8 und den<br />

Begriffsverbänden, die man mit Hilfe <strong>der</strong> Daten des Kontextes |K * aufstellen kann, anhand eines<br />

Beispiels mit natürlichen Zahlen erläutert. Bei <strong>der</strong> mehrwertigen Exploration in Kapitel 4.3 besteht<br />

<strong>der</strong> Kontext |K 8 = (G, M, W, I) aus den Planeten unseres Sonnensystems und einigen Eigenschaften<br />

dieser Planeten.<br />

4.1 Merkmalexploration in <strong>der</strong> Ringtheorie<br />

Die Merkmalexploration wird für die folgende Merkmalsmenge durchgeführt: 161<br />

M = {kommutativ, unitär, Nullteiler, nullteilerfrei, Integritätsbereich, ganzabgeschlossen, rechtsnoethersch,<br />

rechtsartinsch, Primideale ungleich {0} sind maximal, Dedekindring, Ring mit<br />

ggt, ZPE-Ring, Hauptidealring, euklidischer Ring, Schiefkörper, Körper}<br />

Bei <strong>der</strong> Exploration werden diese Merkmale wie folgt abgekürzt:<br />

kom, un, nt, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö<br />

Die Ringe sind die Gegenstände des unbekannten Kontextes |K 8 : 162<br />

G = {R | R ist ein (assoziativer) Ring}<br />

Als Rahmenkontext H wird zunächst das Mengensystem<br />

H = VKon( ⎯ ) = {T ⊆ M | entwe<strong>der</strong> nt ∈ T o<strong>der</strong> nf ∈ T}<br />

verwendet, d.h. H enthält die Information, daß nt negiert zu nf ist.<br />

Der Anfangskontext enhält noch keine Gegenstände:<br />

|K0 = (∅, M, {×, ?, o} ∅)<br />

In jedem Schritt j <strong>der</strong> Exploration wird nun eine minimale Menge A ⊆ M gesucht, so daß<br />

A ‡z ≠ A ∈ RespH (Pj)<br />

im Kontext |Kj gilt. 163 Dann fragt das Explorationsprogramm nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation<br />

A → A ‡z . Damit die Implikationen übersichtlicher werden, kann die Prämisse A aus <strong>der</strong> Konklusion<br />

A ‡z entfernt werden, denn die Implikation A → A ist immer gültig in |K8 . Am Anfang <strong>der</strong><br />

Exploration erfüllt A = {nf} die Eigenschaft A ‡z ≠ A ∈ Resp H (Pj), denn es gilt nf ‡z = M im<br />

Kontext |K1 = Red H ∅ (|K0) = |K0, und wegen ∅ ∉ H ist {nf} eine minimale Menge A mit A ‡z ≠ A ∈<br />

161 zur Definition <strong>der</strong> Ringeigenschaften vgl. Anhang A<br />

162 G ist hier zwar keine Menge, son<strong>der</strong>n eine Klasse, aber für die Exploration macht dies keinen Unterschied<br />

163 vgl. Satz 3.31<br />

167


Resp H (P1) für P1 = P0 = ∅. Im allgemeinen werden <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration durch den Experten auch<br />

redundante 164 Gegenstände eingegeben, welche am Ende <strong>der</strong> Exploration überflüssig sind. Die<br />

redundanten Gegenstände wurden <strong>bei</strong> diesem Beispiel bereits beseitigt, damit die Exploration nicht<br />

zu aufwendig wird, d.h. die Gegen<strong>bei</strong>spiele, die <strong>bei</strong> <strong>der</strong> folgenden Exploration eingegeben werden,<br />

sind so gewählt, daß sie am Ende <strong>der</strong> Exploration irredundant sind.<br />

Schritt 1:<br />

Frage: Ist {nf}→ M-{nf} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P<br />

P ist ein euklidischer Ring, <strong>der</strong> kein Körper ist, also folgt aus Satz A.20 165 und Korollar A.15, daß P<br />

folgende Merkmale hat:<br />

|K2 kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P × × o × × × × o × × × × × × o o<br />

Die Menge <strong>der</strong> als gültig akzeptierten Implikationen verän<strong>der</strong>t sich nicht: P2 = P1 = ∅.<br />

Es wurden nicht alle Merkmale <strong>der</strong> Konklusion wi<strong>der</strong>legt, also ist die Menge {nf} kein Erf(|K2)-<br />

Inhalt. Daher kann die Menge {nf} auch im Schritt zwei als Prämisse verwendet werden.<br />

Schritt 2:<br />

Frage: Ist {nf} → {kom, un, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: 2P<br />

2P ist nicht unitär, also ist 2P kein Integritätsbereich, hat keinen ggt, 166 ist nicht ganzabgeschlossen,<br />

kein Dedekindring, kein ZPE-Ring, kein Hauptidealring, kein euklidischer Ring, kein Schiefkörper<br />

und kein Körper. Nach Lemma A.32 sieht die Kontextzeile also wie folgt aus:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

2P × o o × o o × o × o o o o o o o<br />

Schritt 3:<br />

Frage: Ist {nf} → {kom, rn, pr} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: Quaternionen<br />

Wie <strong>bei</strong>m Gegen<strong>bei</strong>spiel 2P hat <strong>der</strong> Quaternionenschiefkörper keine Merkmale, für die<br />

vorausgesetzt wird, daß <strong>der</strong> Ring ein Integritätsbereich ist, weil <strong>der</strong> Ring nicht kommutativ ist. Die<br />

Kontextzeile sieht für alle (nicht kommutativen) Schiefkörper gleich aus, denn in Schiefkörpern<br />

gibt es nur die trivialen Rechtsideale:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

Quaternionen o × o × o o × × × o o o o o × o<br />

Schritt 4:<br />

Frage: Ist {nf }→ {rn, pr} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P[x1, x2, ...]<br />

Nach Satz A.12, Satz A.20 und Lemma A.29 sieht die Kontextzeile des Polynomrings P[x1, x2, ...]<br />

164 vgl. Satz 3.69<br />

165 vgl. Anhang A<br />

166 vgl. Definition A.5.(4)<br />

168


mit abzählbar unendlich vielen Unbekannten so aus:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P[x1, x2, ...] × × o × × × o o o o × × o o o o<br />

Der Kontext |K5 enthält nun vier Gegenstände, und die Menge {nf} ist ein Erf(|K5)-Inhalt, weil jede<br />

Implikation nf → m für m ∈ M-{nf} durch einen Gegenstand wi<strong>der</strong>legt wird, also muß eine neue<br />

Prämisse gesucht werden. Die Menge {nf, kö} ist eine minimale Menge A mit<br />

A ‡z ≠ A ∈ Resp H (P5).<br />

Schritt 5:<br />

Frage: Ist {nf, kö} → {kom, un, nt, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: J<br />

Auch hier sieht die Kontextzeile nach Satz A.20 <strong>bei</strong> allen Körpern gleich aus:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

J × × o × × × × × × × × × × × × ×<br />

Schritt 6:<br />

Frage: Ist {nf, kö} → {kom, un, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Die Gültigkeit dieser Implikation folgt aus Satz A.20. Dies ist die erste Implikation, die als gültig<br />

akzeptiert wird. Die Implikation wird in die aktuelle Implikationenmenge aufgenommen:<br />

P7 := {{nf, kö} → {kom, un, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch}}.<br />

Der aktuelle Kontext wird nicht verän<strong>der</strong>t: |K7 = |K6.<br />

Schritt 7:<br />

Frage: Ist {nf, sch} → {un, rn, ra, pr} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schiefkörper haben nur triviale Rechtsideale, daher ist diese Implikation gültig. Die Implikation<br />

wird zur aktuellen Implikationenmenge hinzugefügt:<br />

P8 := P7 ∪ {{nf, sch} → {un, rn, ra, pr}}.<br />

Schritt 8:<br />

Frage: Ist {nf, euk} → {kom, un, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, hir} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Die Gültigkeit dieser Implikation folgt aus Satz A.20. Die Implikationenmenge wird somit um diese<br />

Implikation erweitert.<br />

Schritt 9:<br />

Frage: Ist {nf, hir} → {kom, un, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, euk} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: A-19 := P + ½ (1+ − 19 )P<br />

Aus Satz A.20, Korollar A.15 und Lemma A.36 ergibt sich folgende Kontextzeile:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

A-19 × × o × × × × o × × × × × o o o<br />

Schritt 10:<br />

Frage: Ist {nf, hir} → {kom, un, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

169


Auch hier folgt die Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation aus Satz A.20.<br />

Schritt 11:<br />

Frage: Ist {nf, zpe} → {kom, un, int, gan, ggt} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 12:<br />

Frage: Ist {nf, ggt} → {kom, un, int, gan, zpe} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: Rw<br />

Der Bewertungsring aus Lemma A.44 wi<strong>der</strong>legt diese Implikation, weil Rw kein ZPE-Ring ist. Die<br />

Merkmale von Rw folgen aus Lemma A.44, Satz A.28, Korollar A.15 und Satz A.20.<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

Rw × × o × × × o o × o × o o o o o<br />

Schritt 13:<br />

Frage: Ist {nf, ggt} → {kom, un, int, gan} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Satz A.20.<br />

Schritt 14:<br />

Frage: Ist {nf, ded} → {kom, un, int, gan, rn, pr, ggt, zpe, hir} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P[ − 5 ]<br />

Die Merkmale von P[ − 5 ] folgen aus Lemma A.35, Lemma A.37, Korollar A.15 und Satz A.20.<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P[ − 5 ] × × o × × × × o × × o o o o o o<br />

Schritt 15:<br />

Frage: Ist {nf, ded} → {kom, un, int, gan, rn, pr} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Satz A.20.(6).<br />

Schritt 16:<br />

Frage: Ist {nf, ra} → {un, rn, pr, sch} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: {0}<br />

Der triviale Ring ist nach Satz A.14 das einzige Gegen<strong>bei</strong>spiel für diese Implikation.<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

{0} × × o × × × × × × × × × × × o o<br />

Schritt 17:<br />

Frage: Ist {nf, ra} → {un, rn, pr} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Satz A.14.<br />

Schritt 18:<br />

Frage: Ist {nf, rn} → pr gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P[x]<br />

170


Aus Lemma A.31, Satz A.12, Korollar A.15 und Satz A.20 folgt die Kontextzeile von P[x]:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P[x] × × o × × × × o o o × × o o o o<br />

Schritt 19:<br />

Frage: Ist {nf, gan} → {kom, un, int} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt direkt aus <strong>der</strong> Definition von ganzabgeschlossen.<br />

Schritt 20:<br />

Frage: Ist {nf, int} → {kom, un, gan} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P[ − 3 ]<br />

Aus Lemma A.35, Lemma A.38, Korollar A.15 und Satz A.20 folgt die Kontextzeile:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P[ − 3 ] × × o × × o × o × o o o o o o o<br />

Schritt 21:<br />

Frage: Ist {nf, int} → {kom, un} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 22:<br />

Frage: Ist {kom, un, nf} → int gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 23:<br />

Frage: Ist {kom, un, nf, int, rn, ra, pr} → {gan, ded, ggt, zpe, hir, euk} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Korollar A.15 und Satz A.20.<br />

Schritt 24:<br />

Frage: Ist {kom, un, nf, int, gan, pr, ggt, zpe} → {rn, ded, hir} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Satz A.24, Satz A.20.(3) und Satz A.20.(6).<br />

Schritt 25:<br />

Frage: Ist {kom, un, nf, int, gan, rn, ggt} → zpe gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Korollar A.9.<br />

Schritt 26:<br />

Frage: Ist {kom, un, nf, int, gan, rn, pr} → ded gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Satz A.20.(6).<br />

Schritt 27:<br />

Frage: Ist {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch} → kö gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Definition A.5.(10).<br />

171


Die Fragen nach Implikationen, in <strong>der</strong>en Prämisse nf vorkommt, wurden alle beantwortet. Nun<br />

werden nur noch Implikationen gefragt, in <strong>der</strong>en Prämisse nt vorkommt.<br />

Schritt 28:<br />

Frage: Ist {nt} → M-{nt} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P 2×2<br />

Aus Lemma A.41 und Lemma A.43 folgt die Kontextzeile von P 2×2 :<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P 2×2 o × × o o o × o × o o o o o o o<br />

Schritt 29:<br />

Frage: Ist {nt} → {un, rn, pr} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: Prüfer<br />

Die Prüfersche p-Gruppe mit Nullmultiplikation für eine Primzahl p wi<strong>der</strong>legt die Implikation. Aus<br />

Lemma A.40 folgt die Kontextzeile:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

Prüfer × o × o o o o × × o o o o o o o<br />

Schritt 30:<br />

Frage: Ist {nt} → pr gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P 2<br />

Die Merkmale folgen aus Satz A.10, Satz A.11 und Lemma A.33:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P 2 × × × o o o × o o o × o o o o o<br />

Schritt 31:<br />

Frage: Ist {nt, kö} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Es gibt keine Körper mit Nullteilern, also ist diese Implikation gültig.<br />

Schritt 32:<br />

Frage: Ist {nt, sch} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, kö} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 33:<br />

Frage: Ist {nt, euk} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, sch, kö} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 34:<br />

Frage: Ist {nt, hir} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, euk, sch, kö} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 35:<br />

Frage: Ist {nt, zpe} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, hir, euk, sch, kö} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 36:<br />

172


Frage: Ist {nt, ggt} → {kom, un, rn} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: J B<br />

Aus Satz A.10 und Lemma A.30 folgt die Kontextzeile:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

J B × × × o o o o o × o × o o o o o<br />

Schritt 37:<br />

Frage: Ist {nt, ggt} → {kom, un} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt direkt aus <strong>der</strong> Definition von ggt.<br />

Schritt 38:<br />

Frage: Ist {nt, ded} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 39:<br />

Frage: Ist {nt, ra} → {kom, pr} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P2 2×2<br />

Aus Lemma A.41 und Lemma A.42 folgt die Kontextzeile:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P2 2×2 o × × o o o × × × o o o o o o o<br />

Schritt 40:<br />

Frage: Ist {nt, ra} → pr gültig?<br />

Anwort: unbekannt<br />

Die Gültigkeit dieser Implikation ist mir unbekannt. 167 Da die Konklusion nur ein Merkmal enthält,<br />

braucht das Explorationsprogramm nun nicht nach <strong>der</strong> Menge<br />

Z = {m ∈ {nt, ra} ‡z | {nt, ra} → m ist unbekannt} zu fragen, denn es kann automatisch erkennen,<br />

daß Z = {pr} ist. Es wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

g{nt, ra},pr ? ? × ? ? ? ? × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

Die aktuelle Menge <strong>der</strong> gültigen Implikationenmenge wird nicht verän<strong>der</strong>t: P41 := P40.<br />

Schritt 41:<br />

Frage: Ist {nt, rn} → un gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: 2P4<br />

Die Merkmale dieses Ringes sind offensichtlich:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

2P4 × o × o o o × × × o o o o o o o<br />

Schritt 42:<br />

Frage: Ist {nt, rn, ra} → pr gültig?<br />

167 Nach <strong>der</strong> Einreichung dieser Dissertation wurde von Christian Herrmann ein Beweis für die Gültigkeit dieser<br />

Implikation gefunden. Um jedoch die Sätze aus Kapitel 3.1.3 besser zu verdeutlichen, wird im folgenden davon<br />

ausgegangen, daß die Gültigkeit dieser Implikation (und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Implikationen, die <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration als<br />

unbekannt angegeben werden) unbekannt ist.<br />

173


Anwort: unbekannt<br />

Auch hier wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

g{nt, rn, ra},pr ? ? × ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

Schritt 43:<br />

Frage: Ist {nt, gan} → {kom, un, nf, int, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 44:<br />

Frage: Ist {nt, int} → {kom, un, nf, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 45:<br />

Frage: Ist {un, nt, ra} → {rn, pr} gültig?<br />

Anwort: unbekannt<br />

Hier muß das Merkmalexplorationsprogramm noch fragen, welche Merkmale aus <strong>der</strong> Konklusion<br />

unbekannt sind, weil es noch nicht erkennen kann, ob dem Experten die Implikation {un, nt, ra} →<br />

rn o<strong>der</strong> die Implikation {un, nt, ra} → pr unbekannt ist. Die erste Implikation ist nach Satz A.17<br />

korrekt, also ist die zweite Implikation unbekannt, und es wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

g{un, nt, ra},pr ? × × ? ? ? ? × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

Die Implikation {un, nt, ra} → rn wird in die aktuelle Implikationenmenge aufgenommen:<br />

P46 := P45 ∪ {{un, nt, ra} → rn}.<br />

Schritt 46:<br />

Frage: Ist {un, nt, rn, ra} → pr gültig?<br />

Anwort: unbekannt<br />

Es wird ein fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

g{un, nt, rn, ra},pr ? × × ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

Schritt 47:<br />

Frage: Ist {kom, nt, ra} → pr gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Korollar A.16.<br />

Schritt 48:<br />

Frage: Ist {kom, nt, rn, pr} → ra gültig?<br />

Antwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: Pzero<br />

Die Gruppe <strong>der</strong> ganzen Zahlen mit <strong>der</strong> Nullmultiplikation wi<strong>der</strong>legt die Implikation. Die<br />

Kontextzeile folgt aus Lemma A.34:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

Pzero × o × o o o × o × o o o o o o o<br />

Schritt 49:<br />

Frage: Ist {kom, un, nt} → ggt gültig?<br />

Antwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P8+2iP8<br />

174


Die Kontextzeile folgt aus Lemma A.39:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P8+2iP8 × × × o o o × × × o o o o o o o<br />

Schritt 50:<br />

Frage: Ist {kom, un, nt, rn, pr} → ra gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus Korollar A.21.<br />

Schritt 51:<br />

Frage: Ist {kom, un, nt, rn, ra, pr, ggt} → {nf, int, gan, ded, zpe, hir, euk, sch, kö} gültig?<br />

Antwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: P4<br />

Die Merkmale von P4 sind offensichtlich:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P4 × × × o o o × × × o × o o o o o<br />

Damit endet <strong>der</strong> Algorithmus, denn es gibt keine Menge A ⊆ M, so daß<br />

A ‡z ≠ A ∈ Resp H (P52) im Kontext |K52 gilt. 168 Die Duquenne-Gigue-Basis 169 von Erf(|K52) besteht<br />

nach Korollar 3.34 aus den 28 als gültig akzeptierten Implikationen:<br />

P52 = {<br />

{nf, kö} → {kom, un, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch},<br />

{nf, sch} → {un, rn, ra, pr},<br />

{nf, euk} → {kom, un, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, hir},<br />

{nf, hir} → {kom, un, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe},<br />

{nf, zpe} → {kom, un, int, gan, ggt,},<br />

{nf, ggt} → {kom, un, int, gan,},<br />

{nf, ded} → {kom, un, int, gan, rn, pr},<br />

{nf, ra} → {un, rn, pr},<br />

{nf, gan} → {kom, un, int},<br />

{nf, int} → {kom, un},<br />

{kom, un, nf} → int,<br />

{kom, un, nf, int, rn, ra, pr} → {gan, ded, ggt, zpe, hir, euk},<br />

{kom, un, nf, int, gan, pr, ggt, zpe} → {rn, ded, hir},<br />

{kom, un, nf, int, gan, rn, ggt} → zpe,<br />

{kom, un, nf, int, gan, rn, pr} → ded,<br />

{kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch} → kö<br />

{nt, kö} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch},<br />

{nt, sch} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, kö},<br />

{nt, euk} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, sch, kö},<br />

{nt, hir} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, euk, sch, kö},<br />

{nt, zpe} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, hir, euk, sch, kö},<br />

{nt, ggt} → {kom, un},<br />

{nt, ded} → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö},<br />

168 Eine Begründung dieser Aussage befindet sich in Bemerkung 4.1<br />

169 auch hier werden zur besseren Übersichtlichkeit die Merkmale <strong>der</strong> Prämisse aus <strong>der</strong> Konklusion entfernt.<br />

Offensichtlich ergibt sich dadurch wie<strong>der</strong> eine Basis.<br />

175


{nt, gan} → {kom, un, nf, int, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö},<br />

{nt, int} → {kom, un, nf, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö},<br />

{un, nt, ra} → rn,<br />

{kom, nt, ra} → pr,<br />

{kom, un, nt, rn, pr} → ra,<br />

}<br />

Der Kontext |K52 enthält 20 normale Gegenstände und 4 fiktive Gegenstände:<br />

176<br />

|K52 kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P × × o × × × × o × × × × × × o o<br />

2P × o o × o o × o × o o o o o o o<br />

Quaternionen o × o × o o × × × o o o o o × o<br />

P[x1, x2, ...] × × o × × × o o o o × × o o o o<br />

J × × o × × × × × × × × × × × × ×<br />

A-19 × × o × × × × o × × × × × o o o<br />

Rw × × o × × × o o × o × o o o o o<br />

P[ − 5 ] × × o × × × × o × × o o o o o o<br />

{0} × × o × × × × × × × × × × × o o<br />

P[x] × × o × × × × o o o × × o o o o<br />

P[ − 3 ] × × o × × o × o × o o o o o o o<br />

P 2×2 o × × o o o × o × o o o o o o o<br />

Prüfer × o × o o o o × × o o o o o o o<br />

P 2 × × × o o o × o o o × o o o o o<br />

J B × × × o o o o o × o × o o o o o<br />

P2 2×2 o × × o o o × × × o o o o o o o<br />

2P4 × o × o o o × × × o o o o o o o<br />

Pzero × o × o o o × o × o o o o o o o<br />

P8+2iP8 × × × o o o × × × o o o o o o o<br />

P4 × × × o o o × × × o × o o o o o<br />

g{nt, ra},pr ? ? × ? ? ? ? × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{nt, rn, ra},pr ? ? × ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{un, nt, ra},pr ? × × ? ? ? ? × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{un, nt, rn, ra},pr ? × × ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

Nun wird |K * konstruiert: 170<br />

Offensichtlich respektiert {un, nt, rn, ra} alle Implikationen aus P52, also gilt<br />

A → b ∉ Imp(Resp H (P52)) =2.71 Cons H (P52) für alle als unbekannt akzeptierten Implikationen<br />

A → b ∈ {{nt, ra} → pr, {nt, rn, ra} → pr, {un, nt, ra} → pr, {un, nt, rn, ra} → pr}.<br />

Es gibt auch keinen normalen Gegenstand g ∈ G ∩ G52, welcher eine als unbekannt akzeptierte<br />

Implikation wi<strong>der</strong>legt, also gilt |K * = |K52.<br />

Sei P u := {{nt, ra} → pr, {nt, rn, ra} → pr, {un, nt, ra} → pr, {un, nt, rn, ra} → pr}. Nach Satz 3.53<br />

gibt es eine Menge P u<br />

8 ⊆ Pu , so daß die im unbekannten Kontext |K8 gültigen Implikationen genau<br />

diejenigen Implikationen sind, die aus P52 und P u<br />

herleitbar sind:<br />

170 vgl. Definition 3.43<br />

8


Imp(|K 8 ) = Cons H (P52 ∪ P u<br />

8 )<br />

Durch Entfernung <strong>der</strong> zugehörigen fiktiven Gegenstände aus |K * erhält man nach Satz 3.53 einen<br />

Kontext, in dem genau die Implikationen erfüllbar sind, die in |K 8 gültig sind:<br />

Imp(|K 8 ) = Erf(|K * |G* 8 ).<br />

Falls es einen Gegenstand g im Kontext |K 8 gibt, dessen Kontextzeile eine Vervollständigung <strong>der</strong><br />

Kontextzeile eines fiktiven Gegenstandes gA,b ∈ G * des Kontextes |K * ist, dann kann man durch die<br />

Fragezeichenreduktion des Kontextes |K * sehen, welche Merkmale dieser Gegenstand g sicher hat,<br />

und welche Merkmale dieser Gegenstand g mit Sicherheit nicht hat. Nach <strong>der</strong> Fragezeichenreduktion<br />

ergeben sich folgende Kontextzeilen:<br />

kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

g{nt, ra},pr o ? × o o o ? × o o o o o o o o<br />

g{nt, rn, ra},pr o ? × o o o × × o o o o o o o o<br />

g{un, nt, ra},pr o × × o o o ? × o o o o o o o o<br />

g{un, nt, rn, ra},pr o × × o o o × × o o o o o o o o<br />

Wenn es also einen Gegenstand g ∈ G gibt, welcher eine unbekannte Implikation A → b ∈ P u<br />

wi<strong>der</strong>legt, dann ist die Kontextzeile von g in |K 8 eine Vervollständigung <strong>der</strong> fragezeichenredu-<br />

zierten Kontextezeile von gA,b in Red H P 52 (|K * ).<br />

Die Exploration kann auch für den Rahmenkontext H = ℘(M) durchgeführt werden, d.h. es wird<br />

kein Hintergrundwissen angegeben. Obwohl das Merkmalexplorationsprogramm durch Hintergrundwissen<br />

mehr Informationen über die gültigen Implikationen bekommen würde, ist die<br />

Exploration für den Rahmenkontext H = ℘(M) bereits nach 48 Schritten beendet. Es werden also<br />

47 Fragen gestellt, 20 davon werden mit "nein" beantwortet, 20 Fragen werden mit "ja"<br />

beantwortet, und 7 Fragen werden mit "unbekannt" beantwortet. Die Duquenne-Gigue-Basis enthält<br />

21 Elemente:<br />

P48 = {<br />

kö → {kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch}<br />

sch → {un, nf, rn, ra, pr}<br />

euk → {kom, un, nf, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, hir}<br />

hir → {kom, un, nf, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe}<br />

zpe → {kom, un, nf, int, gan, ggt}<br />

ggt → {kom, un}<br />

ded → {kom, un, nf, int, gan, rn, pr}<br />

gan → {kom, un, nf, int}<br />

int → {kom, un, nf}<br />

{nf, ra} → {un, rn, pr}<br />

{nt, nf} → {kom, un, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö}<br />

{un, ra} → rn<br />

{kom, ra} → pr<br />

{kom, un, nf} → int<br />

{kom, un, nf, int, ggt} → gan<br />

{kom, un, nf, int, rn, ra, pr} → {gan, ded, ggt, zpe, hir, euk}<br />

{kom, un, nf, int, gan, pr, ggt, zpe} → {rn, ded, hir}<br />

{kom, un, nf, int, gan, rn, ggt} → zpe<br />

{kom, un, nf, int, gan, rn, pr} → ded<br />

177


}<br />

178<br />

{kom, un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch} → kö<br />

{kom, un, nt, rn, pr} → ra<br />

Es ergibt sich folgen<strong>der</strong> Kontext:<br />

|K48 kom un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P × × o × × × × o × × × × × × o o<br />

2P × o o × o o × o × o o o o o o o<br />

Quaternionen o × o × o o × × × o o o o o × o<br />

P[x1, x2, ...] × × o × × × o o o o × × o o o o<br />

J × × o × × × × × × × × × × × × ×<br />

A-19 × × o × × × × o × × × × × o o o<br />

Rw × × o × × × o o × o × o o o o o<br />

P[ − 5 ] × × o × × × × o × × o o o o o o<br />

{0} × × o × × × × × × × × × × × o o<br />

P[x] × × o × × × × o o o × × o o o o<br />

P[ − 3 ] × × o × × o × o × o o o o o o o<br />

P 2×2 o × × o o o × o × o o o o o o o<br />

Prüfer × o × o o o o × × o o o o o o o<br />

P 2 × × × o o o × o o o × o o o o o<br />

J B × × × o o o o o × o × o o o o o<br />

P2 2×2 o × × o o o × × × o o o o o o o<br />

2P4 × o × o o o × × × o o o o o o o<br />

Pzero × o × o o o × o × o o o o o o o<br />

P8+2iP8 × × × o o o × × × o o o o o o o<br />

P4 × × × o o o × × × o × o o o o o<br />

g{ra},pr ? ? ? ? ? ? ? × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{rn, ra},pr ? ? ? ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{nt, ra},pr ? ? × ? ? ? ? × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{nt, rn, ra},pr ? ? × ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{un, ra},pr ? × ? ? ? ? ? × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{un, rn, ra},pr ? × ? ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

g{un, nt, rn, ra},pr ? × × ? ? ? × × o ? ? ? ? ? ? ?<br />

Die normalen Gegenstände aus G * ∩ G sind dieselben wie <strong>bei</strong>m Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ),<br />

aber <strong>bei</strong> H = ℘(M) entstehen mehr unbekannte Implikationen.<br />

4.1. Bemerkung:<br />

Die Korrektheit von P48 und |K48 wird hier nicht bewiesen, jedoch kann die Korrektheit mit Hilfe<br />

des Computerprogramms "Conimp" von Peter Burmeister überprüft werden. Mittels Satz 3.13 kann<br />

man damit auch die Korrektheit von P52 <strong>bei</strong>m Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ) relativ einfach nachweisen:<br />

Für P := P52 und Q := Erf(|K * ) 171 läßt sich für jede <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration mit dem Rahmen-<br />

171 man beachte, daß Erf(|K * ) <strong>bei</strong> <strong>bei</strong>den Rahmenkontexten dieselben Implikationen enthält


kontext ℘(M) als gültig akzeptierte Implikation A → B ∈ P48 zeigen, daß A → B ∈ ConsH (P) gilt,<br />

also gilt Q = Erf(|K * ) =3.34 Cons ℘(M) (P48) ⊆ ConsH (P). Somit gilt Bedingung (1) von Satz 3.13. Die<br />

Bedingungen (2) und (3) lassen sich ebenfalls leicht nachprüfen, also gilt P52 = DGBH (|K * ). Daraus<br />

folgt auch, daß die Exploration mit dem Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ) im Schritt 52 beendet ist,<br />

denn jede Erf(|K52)-pseudoabgeschlossene Menge ist eine Prämisse von P52.<br />

4.2. Bemerkung:<br />

Auch <strong>bei</strong>m Rahmenkontext H = ℘(M) gilt |K * = |K48 und ConsH (P48 ∪ P u<br />

8 ) = Imp(|K8 ) = Erf(|K * |G* ) 8<br />

nach Satz 3.53 für eine geeignete Menge P u<br />

8 ⊆ Pu = {ra → pr, {rn, ra} → pr, {nt, ra} → pr, {nt, rn,<br />

ra} → pr, {un, ra} → pr, {un, rn, ra} → pr, {un, nt, rn, ra} → pr} von unbekannten Implikationen<br />

und die zugehörige Menge G *<br />

von Gegenständen. Man braucht hier<strong>bei</strong> nicht alle Teilmengen<br />

8<br />

P u<br />

8 ⊆ Pu zu betrachten, denn die Implikationen sind voneinan<strong>der</strong> abhängig:<br />

Wenn ra → pr in |K 8 gültig ist, dann sind auch alle an<strong>der</strong>en unbekannten Implikationen gültig, und<br />

wenn es ein Gegen<strong>bei</strong>spiel für {un, nt, rn, ra} → pr gibt, dann wi<strong>der</strong>legt dieser Gegenstand auch<br />

die an<strong>der</strong>en unbekannten Implikationen.<br />

Es gilt Cons H (P48 ∪ {{un, ra} → pr}) = Cons H (P48 ∪ {{un, rn, ra} → pr}), weil {un, ra} → rn ∈<br />

P48 ist. Die Implikation {un, ra} → pr ist deshalb genau dann im unbekannten Kontext |K8 gültig,<br />

wenn {un, rn, ra} → pr in |K8 gültig ist. Auch die Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation {un, nt, rn, ra} → pr<br />

ist in |K8 äquivalent zur Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation {un, rn, ra} → pr, denn für nullteilerfreie Ringe<br />

ist die Implikation {un, rn, ra} → pr wegen {nf, ra} → {un, rn, pr} ∈ P48 immer richtig. Dies kann<br />

das Explorationsprogramm jedoch aus dem Rahmenkontext H = ℘(M) nicht erkennen, weil die<br />

Eigenschaft, daß nf zu nt negiert ist, im Rahmenkontext nicht enthalten ist. Die Implikation<br />

{un, rn, ra} → pr ist daher nicht aus {un, nt, rn, ra} → pr herleitbar:<br />

ConsH (P48 ∪ {{un, rn, ra} → pr}) ≠ ConsH (P48 ∪ {{un, nt, rn, ra} → pr}).<br />

Beim Rahmenkontext VKon( ⎯ ) kann das Explorationsprogramm erkennen, daß <strong>bei</strong>de Implikationen<br />

äquivalent sind:<br />

ConsH (P52 ∪ {{un, rn, ra} → pr}) = ConsH (P52 ∪ {{un, nt, rn, ra} → pr}).<br />

Dies kann auch schon während <strong>der</strong> Exploration erkannt werden (vgl. Bemerkung 3.66): Beim<br />

Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ) kann z.B. das Programm bereits im Schritt 46 vor <strong>der</strong> Frage nach<br />

<strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation {un, nt, rn, ra} → {pr} erkennen, daß diese Implikation zur schon<br />

teilweise als unbekannt akzeptierten Implikation {un, nt, ra} → {rn, pr} äquivalent ist, denn es gilt<br />

Cons H (P46 ∪ {{un, nt, rn, ra} → pr}) = Cons H (P46 ∪ {{un, nt, ra} → pr})<br />

wegen {un, nt, ra} → rn ∈ P46. Das Programm kann also im Schritt 46 das fiktive Gegen<strong>bei</strong>spiel<br />

g{un, nt, rn, ra},pr automatisch erzeugen, 172 ohne vorher den Experten nach <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong><br />

Implikation {un, nt, rn, ra} → pr zu fragen, denn wenn man voraussetzt, daß <strong>der</strong> Experte <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Untersuchung <strong>der</strong> Gültigkeit <strong>der</strong> Implikation {un, nt, ra} → {rn, pr} sein gesamtes Wissen über<br />

die Merkmale verwendet hat, kann er auch die Implikation {un, nt, rn, ra} → pr we<strong>der</strong> beweisen<br />

noch wi<strong>der</strong>legen.<br />

Obwohl <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration mit dem Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ) dem Programm mehr<br />

Hintergrundinformationen geliefert werden, als <strong>bei</strong> H = ℘(M), stellt das Programm mehr Fragen.<br />

Dies liegt daran, daß die Prämisse immer ein Element des Rahmenkontextes sein muß: A muß eine<br />

minimale Menge mit A ‡z ≠ A ∈ Resp(Pj) ∩ H sein. Wenn man stattdessen nur nach einer<br />

172 und dem Experten darauf hinweisen, daß ein neues fiktives Gegen<strong>bei</strong>spiel erzeugt wurde<br />

179


minimalen Menge A mit A ‡z ≠ A ∈ Resp(Pj) sucht, und vor <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Gültigkeit von<br />

A → A ‡z überprüft, ob A → A ‡z bereits aus den als gültig akzeptierten Implikationen herleitbar ist<br />

(d.h. ob A → A ‡z ∈ ConsH (Pj) gilt), und nur dann den Experten nach <strong>der</strong> Gültigkeit von A → A ‡z<br />

fragt, wenn A → A ‡z ∉ Cons H (Pj) gilt, dann kann es durchaus vorkommen, daß weniger Fragen<br />

gestellt werden, als <strong>bei</strong>m Algorithmus aus Kapitel 3.1.3. Dies ist jedoch nicht immer <strong>der</strong> Fall. Auch<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Redundanz <strong>der</strong> Implikationenmengen gibt es Unterschiede: Wenn die Prämisse immer im<br />

Rahmenkontext liegt, dann erhält man am Ende <strong>der</strong> Exploration nach Korollar 3.34 immer eine<br />

Basis (bezüglich des Rahmenkontextes) <strong>der</strong> erfüllbaren Implikationen des aktuellen Kontextes,<br />

ansonsten erhält man nur ein Erzeugendensystem, welches auch noch redundante Implikationen<br />

enthalten kann.<br />

4.3. Beispiel:<br />

Seien H = {{a, b}, {c, d}, {a, c}, {c}}, P0 = P1 = ∅ und |K0 = |K1 <strong>der</strong> Kontext<br />

|K0 a b c d<br />

g × × o o<br />

h o o × ×<br />

Dann ist {c} die einzige minimale Menge mit A ‡z ≠ A ∈ Resp H (P1). Wenn <strong>der</strong> Experte die Frage<br />

nach <strong>der</strong> Gültigkeit von c → {c, d} mit "ja" beantwortet, dann ist die Exploration beendet, denn<br />

RespH (P2) = {{a, b}, {c, d}} enthält nur |K2-Inhalte. Ohne die Voraussetzung, daß A ∈ H sein muß,<br />

gibt es im Schritt 1 zwei verschiedene minimale Mengen A mit A ‡z ≠ A ∈ Resp(P1), für die<br />

A → A ‡z noch nicht aus dem Hintergrundwissen H folgt: A = {a} und A = {c}. Für alle an<strong>der</strong>en<br />

minimalen Mengen A ⊆ M mit A ‡z ≠ A ∈ Resp(P1) folgt die Implikation A → A ‡z bereits aus dem<br />

Hintergrundwissen:<br />

b → {a, b} ∈ Imp(H) =2.72.(2) Cons H (P1),<br />

180<br />

d → {c, d} ∈ Imp(H) = ConsH (P1),<br />

{b, d} → {a, b, c, d} ∈ Imp(H) = ConsH (P1).<br />

Wenn <strong>der</strong> Experte im Schritt 1 nach a → {a, b} gefragt wird, und er die Gültigkeit dieser<br />

Implikation mit "ja" beantwortet, dann wird er im Schritt 2 nach c → {c, d} gefragt, denn diese<br />

Implikation folgt wegen<br />

c → {c, d} ∉ Imp({{a, b}, {c, d}, {c}}) = Imp(RespH (P2)) =2.71 ConsH (P2)<br />

nicht aus <strong>der</strong> akzeptierten Implikation a → {a, b}. In diesem Fall müssen dem Experten also zwei<br />

Fragen gestellt werden, während <strong>bei</strong>m normalen Algorithmus nur eine Frage beantwortet werden<br />

mußte. Die Implikation a → {a, b} ist wegen<br />

a → {a, b} ∈ Imp({{a, b}, {c, d}}) = Imp(RespH (c → {c, d})) = ConsH (c → {c, d})<br />

aus <strong>der</strong> als gültig akzeptierten Implikation c → {c, d} herleitbar, also ist P3 keine Basis.<br />

Wenn man eine Merkmalsmenge M hat, in <strong>der</strong> zu jedem Merkmal auch sein negiertes Merkmal<br />

vorkommt, dann ist <strong>der</strong> Rahmenkontext H = VKon( ⎯ ) eine Antikette. Es gibt in diesem Fall also<br />

sehr viele minimale |Kn-pseudoabgeschlossene Mengen während <strong>der</strong> Merkmalexploration, nämlich<br />

alle vollständig konsistente Mengen, die kein |Kn-Inhalt sind. Der Algorithmus aus Kapitel 3.1.3 ist<br />

in diesem Fall also nicht beson<strong>der</strong>s gut geeignet, weil dem Experten sehr viele Fragen gestellt<br />

werden müssen. Die Effizienz des Merkmalexplorationsalgorithmus' hängt also stark von <strong>der</strong> Wahl<br />

des Rahmenkontextes ab. Nach Satz 3.14 ist es sinnvoll, ein Hüllensystem als Rahmenkontext zu<br />

verwenden. Z.B. kann man die Information, daß im Beispiel <strong>der</strong> Ringexploration die Merkmale nt<br />

und nf nicht gleichzeitig auftreten durch den Rahmenkontext<br />

H := Resp({nt, nf} → {kom, un, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö})<br />

beschreiben. Die Duquenne-Gigue-Basis bezüglich dieses Rahmenkontextes enthält nach Satz 3.14


höchstens 20 Implikationen, denn die Menge<br />

Q := P48-{{nt, nf} → {kom, un, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö}}<br />

ist ein Erzeugendensystem von Erf(|K * ) mit 20 Implikationen, wo<strong>bei</strong> P48 die Menge <strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Exploration mit dem Rahmenkontext ℘(M) akzeptierten Implikationen ist.<br />

4.4. Bemerkung (vollständiges Wissen über Teilkontexte):<br />

Bei dem Beispiel aus <strong>der</strong> Ringtheorie liefern die Sätze 3.63 und 3.64 vollständiges Wissen über<br />

Teilkontexte. Sei T := M-{pr}. Dann ist Bedingung (1) von Satz 3.63 sowohl für die Exploration<br />

mit H = ℘(M), als auch mit H = VKon( ⎯ ) für alle fiktiven Gegenstände erfüllt: pr ∉ T.<br />

Für T := M-{ra} ist für <strong>bei</strong>de Explorationen Bedingung (2) von Satz 3.63 für alle fiktiven Gegenstände<br />

gA,b erfüllt: A ∩ T → b ∉ Cons H (P * ∪ P u ). Dies liegt daran, daß {un, nt, rn} alle Implika-<br />

tionen aus P * ∪ P u respektiert, also gilt<br />

A ∩ T → b ≡ A-{ra} → b ∉ Imp(Resp H (P * ∪ P u )) =2.71 Cons H (P * ∪ P u )<br />

wegen A ∩ T ⊆ {un, nt, rn} für alle als unbekannt akzeptierten Implikationen A → b ∈ P u .<br />

Wenn man also entwe<strong>der</strong> das Merkmal pr o<strong>der</strong> das Merkmal ra aus M entfernt, erhält man<br />

vollständiges Wissen über den Teilkontext: Cons H (P * )|T = Erf(|K * |T) = Erf(|K * |(G *∩G)×T) = Imp(|K 8 |T).<br />

Satz 3.64 liefert ebenfalls vollständiges Wissen über einen Teilkontext:<br />

Bei <strong>bei</strong>den Explorationen (H = ℘(M) und H = VKon( ⎯ )) gilt: Für E := {kom} und T := M-{kom}<br />

ist E keine Teilmenge einer Prämisse einer Implikation aus P u . Wenn man also die Gegenstände von<br />

|K8 auf die Klasse aller kommutativen Ringe einschränkt, erhält man vollständiges Wissen über alle<br />

Merkmalimplikationen: ConsH (P * ∪ P u ∪ {∅ → kom}) = Erf(|K * |kom ‡) = Imp(|K8 |kom'). Das<br />

Merkmal kom ist im Kontext |K * |kom ‡ uninteressant, weil je<strong>der</strong> Gegenstand dieses Merkmal hat, also<br />

kann es entfernt werden. Dies führt <strong>bei</strong> <strong>bei</strong>den Rahmenkontexten zum selben Kontext |K * |kom ‡ ×T:<br />

|K * |kom ‡ ×T un nt nf int gan rn ra pr ded ggt zpe hir euk sch kö<br />

P × o × × × × o × × × × × × o o<br />

2P o o × o o × o × o o o o o o o<br />

P[x1, x2, ...] × o × × × o o o o × × o o o o<br />

J × o × × × × × × × × × × × × ×<br />

A-19 × o × × × × o × × × × × o o o<br />

Rw × o × × × o o × o × o o o o o<br />

P[ − 5 ] × o × × × × o × × o o o o o o<br />

{0} × o × × × × × × × × × × × o o<br />

P[x] × o × × × × o o o × × o o o o<br />

P[ − 3 ] × o × × o × o × o o o o o o o<br />

Prüfer o × o o o o × × o o o o o o o<br />

P 2 × × o o o × o o o × o o o o o<br />

J B × × o o o o o × o × o o o o o<br />

2P4 o × o o o × × × o o o o o o o<br />

Pzero o × o o o × o × o o o o o o o<br />

P8+2iP8 × × o o o × × × o o o o o o o<br />

P4 × × o o o × × × o × o o o o o<br />

181


Die Menge {A-{kom} → B-{kom} | A → B ∈ P * ∪ P u } bildet nach Satz 3.64 und Lemma 3.65 ein<br />

Erzeugendensystem <strong>der</strong> gültigen Implikationen Imp(|K 8 |kom'×T) = Erf(|K * |kom ‡ ×T). Für H = ℘(M)<br />

sieht diese Menge wie folgt aus:<br />

kö → {un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch}<br />

sch → {un, nf, rn, ra, pr}<br />

euk → {un, nf, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, hir}<br />

hir → {un, nf, int, gan, rn, pr, ded, ggt, zpe}<br />

zpe → {un, nf, int, gan, ggt}<br />

ggt → un<br />

ded → {un, nf, int, gan, rn, pr}<br />

gan → {un, nf, int}<br />

int → {un, nf}<br />

{nf, ra} → {un, rn, pr}<br />

{nt, nf} → {un, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch, kö}<br />

{un, ra} → rn<br />

ra → pr<br />

{un, nf} → int<br />

{un, nf, int, ggt} → gan<br />

{un, nf, int, rn, ra, pr} → {gan, ded, ggt, zpe, hir, euk}<br />

{un, nf, int, gan, pr, ggt, zpe} → {rn, ded, hir}<br />

{un, nf, int, gan, rn, ggt} → zpe<br />

{un, nf, int, gan, rn, pr} → ded<br />

{un, nf, int, gan, rn, ra, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk, sch} → kö<br />

{un, nt, rn, pr} → ra<br />

{rn, ra} → pr<br />

{nt, ra} → pr<br />

{nt, rn, ra} → pr<br />

{un, ra} → pr<br />

{un, rn, ra} → pr<br />

{un, nt, rn, ra} → pr<br />

Im Kontext |K 8 |kom'×T sind genau die Implikationen gültig, die aus dieser Menge von Implikationen<br />

herleitbar sind.<br />

Auch für E := {int} und T := M-{kom, un, nf, int} hat man vollständiges Wissen über den Kontext<br />

|K 8 |E'×T aller Integritätsbereiche. Für einen Integritätsbereich sind die Merkmale nt, ra und sch nicht<br />

mehr interessant, weil es keinen Integritätsbereich mit Nullteilern gibt, je<strong>der</strong> artinsche<br />

Integritätsbereich bis auf {0} schon ein Körper ist, und je<strong>der</strong> Schiefkörper ein Körper ist. Wenn<br />

man diese Merkmale auch noch aus dem Kontext Erf(|K * |E ‡ ×T) entfernt, hat <strong>der</strong> Gegenstand J alle<br />

Merkmale dieses Kontextes, also wird dieser Gegenstand auch nicht mehr benötigt, weil er keine<br />

Implikation wi<strong>der</strong>legt. Auch <strong>der</strong> Gegenstand {0} wird überflüssig, weil {0} genau diejenigen<br />

Merkmale hat, die auch P hat, denn im Kontext |K 8 unterscheidet sich die Kontextzeile von {0} von<br />

<strong>der</strong> Kontextzeile von P nur im Merkmal ra.<br />

Daraus ergibt sich folgen<strong>der</strong> Kontext |KInt = (GInt, MInt, IInt):<br />

182


|KInt gan rn pr ded ggt zpe hir euk kö<br />

P × × × × × × × × o<br />

P[x1, x2, ...] × o o o × × o o o<br />

A-19 × × × × × × × o o<br />

Rw × o × o × o o o o<br />

P[ − 5 ] × × × × o o o o o<br />

P[x] × × o o × × o o o<br />

P[ − 3 ] o × × o o o o o o<br />

Aus den obigen Bemerkungen folgt, daß die in |KInt gültigen Implikationen genau die Implikationen<br />

sind, die im Kontext aller Integritätsbereiche (mit <strong>der</strong> Merkmalsmenge MInt = {gan, rn, pr, ded, ggt,<br />

zpe, hir, euk, kö}) gültig sind. Die Duquenne-Gigue-Basis <strong>der</strong> in |KInt gültigen Implikationen läßt<br />

sich aufstellen, ohne daß dem Experten noch weitere Fragen gestellt werden müssen: 173<br />

DGB H (Imp(|KInt)) = {<br />

kö → {gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, hir, euk}<br />

euk → {gan, rn, pr, ded, ggt, zpe, hir}<br />

hir → {gan, rn, pr, ded, ggt, zpe}<br />

zpe → {gan, ggt}<br />

ggt → gan<br />

ded → {gan, rn, pr}<br />

{gan, pr, ggt, zpe} → {rn, ded, hir}<br />

{gan, rn, ggt} → zpe<br />

{gan, rn, pr} → ded<br />

}<br />

Die Implikationen, die aus dieser Basis herleitbar sind, sind genau die Implikationen, die für alle<br />

Integritätsbereiche gültig sind.<br />

Der Begriffsverband von |KInt ist isomorph zum Begriffsverband aller Integritätsbereiche (bezüglich<br />

MInt), und ist in Abbildung 1 dargestellt. Bei <strong>der</strong> Beschriftung <strong>der</strong> Begriffe im Begriffsverband steht<br />

je<strong>der</strong> Gegenstand g ∈ GInt an dem Begriff (g'', g'), <strong>der</strong> von diesem Gegenstand erzeugt wird, und<br />

jedes Merkmal m ∈ MInt steht an dem Begriff (m', m''), <strong>der</strong> von diesem Merkmal erzeugt wird.<br />

Diese Beschriftung ist ausreichend, um für jeden Begriff (A, B) ∈ X(|KInt) den Begriffsumfang und<br />

-inhalt am Diagramm ablesen zu können: 174<br />

A = {g ∈ GInt | (g'', g') ≤ (A, B)}<br />

B = {m ∈ MInt | (m', m'') ≥ (A, B)}<br />

Der Begriff besteht also genau aus den Gegenständen, die im Diagramm unterhalb dieses Begriffes<br />

stehen, und aus den Merkmalen, die im Diagramm oberhalb dieses Begriffes stehen.<br />

173 die folgende Menge von Implikationen wurde mit Peter Burmeister's Computerprogramm "Conimp" erstellt<br />

174 vgl. [GanterWille96], Kapitel 1.1<br />

183


184<br />

zpe<br />

P[x1, x2, ...] Á<br />

P[x]<br />

Á<br />

hir<br />

Á<br />

A-19<br />

euk<br />

Á<br />

P<br />

kö<br />

Á<br />

ggt<br />

Á<br />

Á<br />

Rw<br />

Á<br />

gan<br />

Á<br />

Á<br />

dedÁ<br />

P[ − 5 ]<br />

Á<br />

P[ − 3 ]<br />

Abbildung 1: Begriffsverband X(|KInt)<br />

Á<br />

rnÁ pr<br />

Á


4.2 Merkmalexploration <strong>bei</strong> natürlichen Zahlen<br />

Sei |K 8 = (G, M, I), wo<strong>bei</strong> G = B + die Menge <strong>der</strong> positiven natürlichen Zahlen ist,<br />

M = {gerade, ungerade, sum2gerade, prim, sum2prim} gilt,<br />

(n, sum2gerade) ∈ I bedeutet, daß die Zahl n Summe zweier gera<strong>der</strong> positiver Zahlen ist, und<br />

(n, sum2prim) ∈ I bedeutet, daß die Zahl n Summe zweier Primzahlen ist.<br />

Bei <strong>der</strong> Merkmalexploration mit dem Anfangskontext<br />

|K0 gerade ungerade sum2gerade prim sum2prim<br />

1 o × o o o<br />

2 × o o × o<br />

3 o × o × o<br />

4 × o × o ×<br />

5 o × o × ×<br />

und dem Rahmenkontext H = ℘(M) entstehen zwei unbekannte Implikationen, welche äquivalent<br />

zur Goldbachvermutung sind:<br />

P u = {<br />

}<br />

sum2gerade → sum2prim,<br />

{gerade, sum2gerade} → sum2prim<br />

Die folgenden Implikationen werden als gültig akzeptiert:<br />

Pn = {<br />

{prim, sum2prim} → ungerade,<br />

sum2gerade → gerade,<br />

{gerade, sum2prim} → sum2gerade,<br />

{gerade, sum2gerade, prim} → {ungerade, sum2prim},<br />

{gerade, ungerade} → {sum2gerade, prim, sum2prim}<br />

}<br />

Am Ende <strong>der</strong> Exploration entsteht folgen<strong>der</strong> Kontext:<br />

|K *<br />

gerade ungerade sum2gerade prim sum2prim<br />

1 o × o o o<br />

2 × o o × o<br />

3 o × o × o<br />

4 × o × o ×<br />

5 o × o × ×<br />

9 o × o o ×<br />

g1 ? ? × ? o<br />

g2 × ? × ? o<br />

Hier<strong>bei</strong> sind g1 = g{sum2gerade},sum2prim und g2 = g{gerade,sum2gerade},sum2prim die <strong>bei</strong>den fiktiven<br />

Gegenstände, welche durch die unbekannten Implikationen erzeugt wurden.<br />

185


Durch die Fragezeichenreduktion entsteht ein einwertiger Kontext:<br />

Red H P n (|K * )<br />

186<br />

gerade ungerade sum2gerade prim sum2prim<br />

1 o × o o o<br />

2 × o o × o<br />

3 o × o × o<br />

4 × o × o ×<br />

5 o × o × ×<br />

9 o × o o ×<br />

g1 × o × o o<br />

g2 × o × o o<br />

Satz 3.55 liefert eine untere und eine obere Schranke für den Begriffsverband X(|K8 ) des<br />

unbekannten Universums. Der Begriffsverband X(|K * |G *∩G) des Kontextes |K * |G *∩G ist nach Satz<br />

3.55 (mit T = G * ) als ∨-Halbverband isomorph zu einem Unterhalbverband des unbekannten<br />

Begriffsverbandes X(|K8 ), und <strong>der</strong> Begriffsverband X(|K8 ) ist als ∨-Halbverband isomorph zu<br />

einem Unterhalbverband von X(Red H P n (|K * )).<br />

Wenn es eine positive natürliche Zahl n gibt, welche die Goldbachvermutung wi<strong>der</strong>legt, dann ist die<br />

Kontextzeile von n identisch mit den Kontextzeilen <strong>der</strong> fiktiven Gegenständen im Kontext<br />

Red H P n (|K * ). In diesem Fall ist somit <strong>der</strong> Begriffsverband X(|K 8 ) isomorph zum Begriffsverband<br />

X(Red H P n (|K * )). Der Begriffsverband X(Red H P n (|K * )) wird in Abbildung 2 dargestellt.<br />

Wenn die Goldbachvermutung richtig ist, dann gilt X(|K8 ) ≅ X(|K * |G *∩G). Der Begriffsverband<br />

X(|K * |G *∩G) ist isomorph zu einem Unterhalbverband von X(Red H Pn (|K * )), in diesem Fall sogar zu<br />

einem Unterverband. Der Begriffsverband X(|K * |G *∩G) wird in Abbildung 3 dargestellt.<br />

Der Experte erhält hier Informationen über den unbekannten Begriffsverband X(|K8 ). Der<br />

Begriffsverband X(|K * |G *∩G) ist eine untere Schranke, und <strong>der</strong> Begriffsverband X(Red H Pn (|K * )) ist<br />

eine obere Schranke für X(|K8 ).


ungerade<br />

Á<br />

1<br />

Á<br />

9<br />

3 Á<br />

5<br />

Á<br />

sum2primÁ<br />

Á<br />

Á<br />

prim<br />

Á<br />

Abbildung 2: Begriffsverband X(Red H P n (|K * ))<br />

gerade<br />

Á<br />

sum2gerade<br />

Á<br />

g1,g2<br />

Á Á<br />

4 2<br />

187


188<br />

ungerade<br />

1 Á<br />

Á<br />

9<br />

Á<br />

5<br />

Á<br />

3<br />

sum2prim<br />

Á<br />

Á<br />

Á<br />

prim<br />

Á<br />

Abbildung 3: Begriffsverband X(|K * |G *∩G)<br />

gerade<br />

Á<br />

Á<br />

sum2gerade<br />

Á<br />

4<br />

2


4.3 Mehrwertige Merkmalexploration an einem Beispiel<br />

Die Merkmalexploration mit mehrwertigem Universum wird in diesem Kapitel an einem Beispiel<br />

über Eigenschaften von Planeten veranschaulicht. Die Gegenstandsmenge des Universums |K8 besteht in diesem Beispiel aus den neun Planeten unseres Sonnensystems:<br />

G := {Merkur, Venus, Erde, Mars, Saturn, Jupiter, Uranus, Neptun, Pluto}.<br />

Die Merkmalsmenge M enthält die folgenden Merkmale:<br />

M := {Monde, Masse, Durchmesser, Sonnenabstand, Umlaufzeit}.<br />

Nachdem man <strong>bei</strong> jedem Merkmal eine Maßeinheit festgelegt hat, kann man für die Wertemengen<br />

reelle Zahlen bzw. natürliche Zahlen verwenden:<br />

WMonde = B und Wm := J := {x ∈ J | x > 0} für m ∈ M-{Monde}.<br />

Als Rahmenkontext verwenden wir die gesamte Potenzmenge von M:<br />

H := ℘(M).<br />

Die Relation θ ist die Ordnung auf den Zahlen:<br />

θm := ≤ für m ∈ M.<br />

Nach Korollar 2.119.(1) ist θ separierend, d.h. das Regelsystem (AX) und (PS) ist vollständig und<br />

korrekt (vgl. Satz 2.113).<br />

Die Wertemengen und die Relationen θm werden nun um fiktive Werte erweitert: 175<br />

W ⎯ m := Wm ∪ {Y, Z} und ρm := θm ∪ {w ∈ W ⎯ m 2 | w enthält mindestens ein Y, aber kein Z} für<br />

m ∈ M.<br />

Der Kontext |K0 am Anfang <strong>der</strong> Exploration enthält die Erde als einzigen Gegenstand: 176<br />

|K0 Monde Masse<br />

(in 10 26 g)<br />

Durchmesser<br />

(in km)<br />

Sonnenabstand<br />

(in 10 6 km)<br />

Umlaufzeit<br />

(in Jahren)<br />

Erde 1 59,8 12800 150 1<br />

Schritt 1:<br />

Frage: Ist ∅ → M gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: (Venus, Erde)<br />

Monde Masse<br />

(in 10 26 Durchmesser Sonnenabstand<br />

g) (in km) (in 10 6 Umlaufzeit<br />

km) (in Jahren)<br />

Venus 0 48,7 12100 108 0,619<br />

Schritt 2:<br />

Frage: Ist {Monde} → {Masse, Durchmesser, Sonnenabstand, Umlaufzeit} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: (Uranus, Saturn)<br />

175 In diesem Fall ist die Erweiterung eigentlich unnötig, weil <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration we<strong>der</strong> unbekanntes<br />

Implikationenwissen, noch unbekanntes Kontextwissen auftaucht. Während <strong>der</strong> Exploration gilt deshalb Erf ρ (|Kn) =<br />

Imp ρ (|Kn) = Imp θ (|Kn) = Erf θ (|Kn) für den aktuellen Kontext |Kn.<br />

176 Die Daten <strong>der</strong> Planeten wurden aus dem Internet entnommen (vgl. [WWW1], [WWW2], [WWW3])<br />

189


Monde Masse<br />

(in 10 26 Durchmesser Sonnenabstand<br />

g) (in km) (in 10 6 Umlaufzeit<br />

km) (in Jahren)<br />

Saturn 18 5690 121000 1430 29<br />

Uranus 15 868 52300 2870 84<br />

Schritt 3:<br />

Frage: Ist {Monde} → {Masse, Durchmesser} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: (Erde, Mars)<br />

Monde Masse<br />

(in 10 26 Durchmesser Sonnenabstand<br />

g) (in km) (in 10 6 Umlaufzeit<br />

km) (in Jahren)<br />

Mars 2 6,42 6800 228 1,88<br />

Schritt 4:<br />

Frage: Ist {Masse} → {Durchmesser} gültig?<br />

Anwort: nein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel: (Uranus, Neptun)<br />

Monde Masse<br />

(in 10 26 Durchmesser Sonnenabstand<br />

g) (in km) (in 10 6 Umlaufzeit<br />

km) (in Jahren)<br />

Neptun 8 1020 49500 4500 165<br />

Das Paar (Uranus, Neptun) ist hier das einzige Gegen<strong>bei</strong>spiel für diese Implikation. Bei allen<br />

an<strong>der</strong>en Planeten gilt: Je größer die Masse, desto größer <strong>der</strong> Durchmesser. Wegen <strong>der</strong> geringen<br />

Dichte (1,2 g/cm 3 ) des Uranus' hat <strong>der</strong> Neptun eine größere Masse als <strong>der</strong> Uranus, obwohl <strong>der</strong><br />

Durchmesser <strong>bei</strong>m Neptun kleiner ist. Der Neptun hat eine Dichte von 1,7 g/cm 3 .<br />

Schritt 5:<br />

Frage: Ist {Sonnenabstand} → {Umlaufzeit} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt aus dem dritten Kepplerschen Gesetz (r 3 /T 2 = konstant).<br />

Schritt 6:<br />

Frage: Ist {Umlaufzeit} → {Sonnenabstand} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Diese Implikation folgt ebenfalls aus dem dritten Kepplerschen Gesetz.<br />

Schritt 7:<br />

Frage: Ist {Monde, Masse} → {Durchmesser} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Schritt 8:<br />

Frage: Ist {Durchmesser, Sonnenabstand, Umlaufzeit} → {Monde, Masse} gültig?<br />

Anwort: ja<br />

Im Schritt 9 ist die Exploration beendet, weil jede Erf ρ (|K9)-pseudoabgeschlossene Menge A ⊆ M<br />

als Prämisse in P9 vorkommt. Der Kontext nach <strong>der</strong> Exploration sieht wie folgt aus:<br />

190


|K9 Monde Masse<br />

(in 10 26 g)<br />

Durchmesser<br />

(in km)<br />

Sonnenabstand<br />

(in 10 6 km)<br />

Umlaufzeit<br />

(in Jahren)<br />

Erde 1 59,8 12800 150 1<br />

Venus 0 48,7 12100 108 0,619<br />

Saturn 18 5690 121000 1430 29<br />

Uranus 15 868 52300 2870 84<br />

Mars 2 6,42 6800 228 1,88<br />

Neptun 8 1020 49500 4500 165<br />

Da <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Exploration keine Implikation unbekannt war, sind die im Kontext |K * := |K9 gültigen<br />

Implikationen nach Satz 3.84 genau die im Universum |K 8 gültigen Implikationen. Der Kontext |K 8<br />

wird in <strong>der</strong> folgenden Tabelle dargestellt:<br />

|K8 Monde Masse<br />

(in 10 26 g)<br />

Durchmesser<br />

(in km)<br />

Sonnenabstand<br />

(in 10 6 km)<br />

Umlaufzeit<br />

(in Jahren)<br />

Merkur 0 3,3 4880 58 0,241<br />

Venus 0 48,7 12100 108 0,619<br />

Erde 1 59,8 12800 150 1<br />

Mars 2 6,42 6800 228 1,88<br />

Jupiter 16 19000 144000 778 12<br />

Saturn 18 5690 121000 1430 29<br />

Uranus 15 868 52300 2870 84<br />

Neptun 8 1020 49500 4500 165<br />

Pluto 1 0,129 2280 5910 248<br />

Die im Kontext |K 8 gültigen Implikationen sind genau diejenigen Implikationen, die aus<br />

P9 = {<br />

{Sonnenabstand} → {Umlaufzeit},<br />

{Umlaufzeit} → {Sonnenabstand},<br />

{Mond, Masse} → {Durchmesser},<br />

{Durchmesser, Sonnenabstand, Umlaufzeit} → {Monde, Masse}<br />

}<br />

mit den Regeln (AX) und (PS) herleitbar sind: Imp ρ (|K 8 ) = Cons(P9).<br />

191


192


5. Zusammenfassung<br />

In dieser Ar<strong>bei</strong>t wurden zwei verschiedene Arten von unvollständigem Wissen in <strong>der</strong> <strong>formalen</strong><br />

<strong>Begriffsanalyse</strong> behandelt:<br />

1. unvollständiges Kontextwissen<br />

2. unvollständiges Implikationenwissen<br />

Für die Darstellung von unvollständigem Kontextwissen eignen sich mehrwertige Kontexte, wo<strong>bei</strong><br />

ein Fragezeichen im Kontext anzeigt, daß nicht bekannt ist, ob im unbekannten (einwertigen o<strong>der</strong><br />

mehrwertigen) vollständigen Kontext |K 8 <strong>der</strong> Gegenstand das Merkmal hat. Man erstellt also einen<br />

Kontext |K, welcher mit |K 8 übereinstimmt, bis auf die Einträge <strong>der</strong> Tabelle, die dem Experten<br />

unbekannt sind. Um nun Zusammenhänge zwischen den Spalten von |K 8 zu analysieren, kann man<br />

die Gültigkeit von (aussagenlogischen) Formeln über <strong>der</strong> Merkmalsmenge M untersuchen. Im<br />

Kontext |K 8 sind zwar nicht alle Einträge bekannt, deshalb kennt man im allgemeinen auch nicht<br />

alle in |K 8 gültigen Formeln, jedoch kann man diejenigen Formeln betrachten, die (bezüglich einer<br />

geeigneten Logik) im unvollständigen Kontext |K gültig sind. Die Kripke-gültigen und erfüllbaren<br />

Formeln von |K liefern eine Einschachtelung <strong>der</strong> gültigen Formeln des unbekannten Kontextes |K 8 :<br />

Die im Kontext |K Kripke-gültigen Formeln bilden eine untere Schranke für die Menge <strong>der</strong> im<br />

unbekannten Kontext |K 8 gültigen Formeln, und die im Kontext |K erfüllbaren Formeln bilden eine<br />

obere Schranke für die in |K 8 gültigen Formeln. Diese Eigenschaften gelten sowohl für mehrwertige<br />

als auch für einwertige Kontexte |K 8 . Wenn |K 8 einwertig ist, dann könnte man anstatt <strong>der</strong> Kripke-<br />

Semantik auch die Kleene-Logik verwenden, jedoch liefert die Kleene-Logik <strong>bei</strong> den meisten<br />

Formeln α ∈ F(M) weniger Informationen über die Gültigkeit von α in |K 8 , als die Kripke-<br />

Semantik. Wenn eine Formel α in <strong>der</strong> Kleene-Logik stark gültig ist, dann ist sie auch Kripke-gültig,<br />

und wenn α in <strong>der</strong> Kripke-Semantik erfüllbar ist, dann ist α in <strong>der</strong> Kleene-Logik schwach gültig. 177<br />

Die Kleene-Logik liefert also ebenfalls eine Einschachtelung <strong>der</strong> im unbekannten Kontext |K 8<br />

gültigen Formeln, jedoch enthält diese Einschachtelung weniger Informationen. Bei speziellen<br />

Formeln stimmt die Kleene-Logik mit <strong>der</strong> Kripke-Semantik überein: Wenn in einer Formel α jedes<br />

Merkmal m ∈ M höchstens einmal vorkommt, dann ist α genau dann Kripke-gültig in |K, wenn α in<br />

<strong>der</strong> Kleene-Logik stark gültig in |K ist, und α ist genau dann erfüllbar in |K, wenn α in <strong>der</strong> Kleene-<br />

Logik schwach gültig in |K ist. 178 Diese Eigenschaften sind insbeson<strong>der</strong>e für Klauseln und<br />

Merkmalimplikationen interessant, weil hier die Prämisse disjunkt zu Konklusion gewählt werden<br />

kann, und somit jedes Merkmal höchstens einmal in <strong>der</strong> Formel vorkommt. Auch die modale Logik<br />

eignet sich gut, um die Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit von Formeln für einzelne Gegenstände<br />

von unvollständigen Kontexten auszudrücken.<br />

Auch wenn <strong>der</strong> unbekannte Kontext |K 8 ein mehrwertiger Kontext ist, kann man für jede Formel<br />

über <strong>der</strong> Merkmalsmenge M die Kripke-Gültigkeit und Erfüllbarkeit in unvollständigen<br />

mehrwertigen Kontexten definieren. Bei mehrwertigen Kontexten wird die Semantik von Formeln<br />

durch eine Relation ρ ⊆ W τ auf den Wertemengen definiert. Durch die Relation ρ wird festgelegt,<br />

wie die Zusammenhänge zwischen den Spalten eines (unvollständigen o<strong>der</strong> vollständigen)<br />

mehrwertigen Kontextes zu interpretieren sind. Z.B. bedeutet die Gültigkeit einer<br />

Merkmalimplikation A → B in einem vollständigen Kontext bezüglich <strong>der</strong> Relation ρ = idW die<br />

funktionale Abhängigkeit, d.h. die Werte in den Spalten von B sind durch die Werte in den Spalten<br />

von A bereits eindeutig bestimmt. Wenn man eine Relation ρ gewählt hat, dann wird die Gültigkeit<br />

177 vgl. Satz 2.24<br />

178 vgl. Satz 2.25<br />

193


und Erfüllbarkeit von Formeln relativ zu ρ definiert. Das Regelsystem aus Kapitel 2.3, welches für<br />

die einwertigen Kontexte vollständig und korrekt ist, ist für mehrwertige Kontext zwar korrekt, aber<br />

im allgemeinen nicht vollständig. Durch die Definition von separierenden Relationen läßt sich<br />

jedoch sehr leicht überprüfen, für welche Relationen ρ das Regelsystem vollständig ist. 179 Die in <strong>der</strong><br />

Praxis am häufigsten verwendeten Relationen sind separierend, also ist das Regelsystem in diesen<br />

Fällen auch vollständig.<br />

Ein mehrwertiger Kontext |K läßt sich für eine vorgegebene Relation ρ ⊆ W τ in kanonischer Weise<br />

in einen einwertigen Kontext |Kρ transformieren. Bei dieser Transformation bleibt die Gültigkeit<br />

von Formeln erhalten: Eine Formel α ∈ F(M) ist genau dann gültig in |K, wenn α in |Kρ gültig ist.<br />

Diese Eigenschaft gilt auch für die Kripke-Semantik <strong>bei</strong> unvollständigen mehrwertigen Kontexten<br />

Kontexten. 180<br />

Wenn ein unbekannter einwertiger Kontext |K 8 durch einen unvollständigen Kontext |K beschrieben<br />

wird (d.h. |K 8 ist eine Vervollständigung von |K), dann kann man durch Hintergrundwissen über |K 8<br />

einige Fragezeichen von |K durch die Werte × o<strong>der</strong> o ersetzen. Wenn z.B. bekannt ist, daß die<br />

Implikation A → B in |K 8 gültig ist, und ein Gegenstand g alle Merkmale aus A sicher hat (d.h. in<br />

allen Spalten von A steht im Kontext |K <strong>bei</strong>m Gegenstand g <strong>der</strong> Wert ×), dann muß <strong>der</strong> Gegenstand<br />

g im Kontext |K 8 auch alle Merkmale aus B haben, d.h. in den Spalten von B können alle<br />

Fragezeichen in <strong>der</strong> Zeile von g in |K durch den Wert × ersetzt werden. Durch diese<br />

Fragezeichenreduktion erhöht sich <strong>der</strong> Informationsgehalt des Kontextes |K, und <strong>der</strong> Experte erhält<br />

mehr Wissen über den unbekannten Kontext |K 8 .<br />

Das Hintergrundwissen kann auch in Form eines Rahmenkontextes H ⊆ ℘(M) vorliegen: Wenn<br />

<strong>der</strong> Experte weiß, daß je<strong>der</strong> Gegenstandsinhalt von |K 8 im Rahmenkontext liegt, dann kann dieses<br />

Wissen dazu benutzt werden, um einige Fragezeichen von |K durch an<strong>der</strong>e Werte zu ersetzen. Dies<br />

ist z.B. <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration nützlich, weil dem Experten durch die Fragezeichenreduktion<br />

weniger Fragen gestellt werden müssen. Die Merkmalexploration dient dazu, möglichst viele<br />

Informationen über die im Universum |K 8 gültigen Implikationen zu erhalten. Das Explorationsprogramm<br />

stellt dem Experten Fragen nach <strong>der</strong> Gültigkeit von Implikationen, und <strong>der</strong> Experte muß<br />

<strong>bei</strong> je<strong>der</strong> Implikation entscheiden, ob die Implikation in |K 8 gültig ist, und gegebenenfalls ein<br />

Gegen<strong>bei</strong>spiel angeben (wo<strong>bei</strong> die eingegebene Kontextzeile auch Fragezeichen enthalten kann).<br />

Neben dem unvollständigen Kontextwissen kann <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration auch unbekanntes<br />

Implikationenwissen auftreten: Wenn <strong>der</strong> Experte eine Frage des Explorationsprogramms we<strong>der</strong> mit<br />

"ja" noch mit "nein" beantworten kann, erzeugen die Algorithmen aus Kapitel 3 fiktive Gegen<strong>bei</strong>spiele,<br />

welche gerade die als unbekannt angegebene Implikation wi<strong>der</strong>legen. Am Ende <strong>der</strong><br />

Exploration erhält <strong>der</strong> Experte eine Liste von sicheren Gegenständen, welche alle Implikationen<br />

wi<strong>der</strong>legen, die mit Sicherheit im unbekannten Kontext |K 8 nicht gültig sind. Desweiteren erhält <strong>der</strong><br />

Experte eine Liste P * von Implikationen, die mit Sicherheit in |K 8 gültig sind, und er erhält eine<br />

Liste P u von unbekannten Implikationen mit den zugehörigen fiktiven Gegen<strong>bei</strong>spielen. Der<br />

Experte bekommt durch die Exploration maximale Information (bezüglich seines Wissenstandes)<br />

über die im Kontext |K8 gültigen Implikationen: Es gibt eine Teilmenge P u<br />

8 ⊆ Pu <strong>der</strong> als unbekannt<br />

akzeptierten Implikationen, so daß die in |K8 gültigen Implikationen genau diejenigen Implikationen<br />

sind, die aus P * ∪ P u<br />

mit den Regeln (AX), (PS) und (H-EX) herleitbar sind, und es gibt eine<br />

8<br />

Teilmenge G *<br />

8 ⊆ G* <strong>der</strong> durch die Exploration entstandenen Gegenstandsmenge G * (welche auch<br />

fiktive Gegenstände enthalten kann) mit G * ∩ G ⊆ G *<br />

179 vgl. Satz 2.113 und Satz 2.114<br />

180 vgl. Satz 2.104 und Satz 2.105<br />

194<br />

8 (wo<strong>bei</strong> G die Gegenstandsmenge von |K 8


ezeichnet), so daß die im Teilkontext |K * |G* 8 erfüllbaren Implikationen genau die im Kontext |K 8<br />

gültigen Implikationen sind. 181 Der Experte muß nach <strong>der</strong> Exploration also nur noch die als<br />

unbekannt akzeptierten Implikationen untersuchen. Sobald er für jede dieser Implikation<br />

entscheiden kann, ob sie im Universum gültig ist, hat er vollständiges Wissen über die im<br />

Universum gültigen Implikationen. Diese Eigenschaften gelten sowohl für die Exploration mit<br />

einwertigem Universum als auch für die Exploration mit mehrwertigen Universum.<br />

Wenn <strong>der</strong> Experte nicht für alle als unbekannt akzeptierten Implikationen entscheiden kann, ob sie<br />

im Universum gültig sind, kann er unter Umständen durch Einschränkung <strong>der</strong> Merkmalsmenge o<strong>der</strong><br />

Gegenstandsmenge vollständiges Wissen über die gültigen Implikationen von Teilkontexten<br />

erhalten. Die Sätze 3.63 und 3.64 geben an, wie man eine geeignete Teilmenge <strong>der</strong> Merkmalsmenge<br />

bzw. <strong>der</strong> Gegenstandsmenge auswählen sollte, um vollständiges Wissen über die gültigen<br />

Implikationen des Teilkontextes zu erhalten.<br />

Auch für den Begriffsverband eines einwertigen Universums läßt sich nach <strong>der</strong> Exploration eine<br />

untere und eine obere Schranke angeben: Seien Red H Pn (|K * ) = (G * , M, {×, ?, o}, J) und T = {g ∈ G * |<br />

? ∉ J(g, M)}, dann ist <strong>der</strong> Begriffsverband des Kontextes Red H Pn (|K * )|T nach Satz 3.55 als ∨-Halb-<br />

verband isomorph zu einem Unterhalbverband des unbekannten Begriffsverbandes X(|K8 ), und <strong>der</strong><br />

Begriffsverband X(|K8 ) ist als ∨-Halbverband isomorph zu einem Unterhalbverband von X(|K * |T∩G).<br />

Ein Beispiel für diese Eigenschaften befindet sich in Kapitel 4.2.<br />

Bei <strong>der</strong> Wahl des Rahmenkontextes H für eine Merkmalexploration eignen sich Hüllensysteme<br />

beson<strong>der</strong>s gut, weil man in diesem Fall das Mengensystem H vollständig durch eine Basis <strong>der</strong> in H<br />

gültigen Implikationen beschreiben kann (vgl. Lemma 2.34) und die Anzahl <strong>der</strong> Fragen <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Exploration minimiert wird (vgl. Satz 3.14). Auch für die Fragezeichenreduktion während <strong>der</strong><br />

Exploration bieten die Hüllensysteme einige Vorteile (vgl. Satz 3.21 und Satz 3.84).<br />

181 vgl. Satz 3.53<br />

195


196


Anhang A: Grundlagen <strong>der</strong> Ringtheorie<br />

Die meisten <strong>der</strong> folgenden Definitionen und Sätze findet man auch in [LidlWiesenbauer] o<strong>der</strong><br />

[Lüneburg].<br />

A.1. Definition (Ring, unitär, Einheiten, R * , Integritätsbereich):<br />

Ein Ring 182 R = (R, +, ⋅, -, 0) besteht aus einer abelschen Gruppe (R, +, -, 0) und einer Halbgruppe<br />

(R, ⋅), so daß die Distributivgesetze<br />

x(y+z) = xy+xz<br />

(x+y)z = xz+yz<br />

gelten. Der Ring R heißt unitär, wenn es ein Element 1 ∈ R gibt, so daß 1x = x = x1 für alle x ∈ R<br />

gilt. Ein Element x ∈ R eines kommutativen unitären Rings heißt Einheit, wenn es ein Element<br />

y ∈ R mit xy = 1 gibt. Die Menge aller Einheiten wird mit R * bezeichnet. Ein Ring R heißt<br />

Integritätsbereich, wenn R kommutativ, unitär und nullteilerfrei ist. 183<br />

A.2. Definition (Primideal):<br />

Seien R ein Ring und I ein Ideal in R. Dann heißt I Primideal, wenn für alle Ideale J, K von R mit<br />

JK ⊆ I auch J ⊆ I o<strong>der</strong> K ⊆ I gilt.<br />

Bei kommutativen Ringen findet man in <strong>der</strong> Literatur häufig auch eine an<strong>der</strong>e Definition von<br />

Primidealen: In einem kommutativen Ring R heißt ein Ideal I Primideal, wenn R-I multiplikativ<br />

abgeschlossen ist. Das folgende Lemma zeigt zwar, daß diese <strong>bei</strong>den Definitionen für kommutative<br />

Ringe äquivalent sind, jedoch ist dies im allgemeinen nicht <strong>der</strong> Fall. Zum Beispiel ist {0} ein<br />

Primideal im Matrizenring P2 2×2 (vgl. auch den Beweis von Lemma A.42) aber P2 2×2 ist nicht<br />

nullteilerfrei.<br />

A.3. Lemma (Primideale in kommutativen Ringen):<br />

In einem kommutativen Ring R ist ein Ideal I genau dann ein Primideal, wenn für alle x, y ∈ R mit<br />

xy ∈ I auch x ∈ I o<strong>der</strong> y ∈ I gilt.<br />

Beweis:<br />

'⇐':<br />

Vgl. [Kertesz], Seite 78<br />

'⇒':<br />

Sei I ein Primideal. Wegen <strong>der</strong> Kommutativität gilt = für x, y ∈ R, wo<strong>bei</strong> das<br />

von x erzeugte Ideal ist. Aus xy ∈ I folgt = ⊆ I, also ⊆ I o<strong>der</strong> ⊆ I, weil I ein<br />

Primideal ist. Daraus folgt x ∈ I o<strong>der</strong> y ∈ I.<br />

❚<br />

A.4. Definition (ganze Elemente eines Rings): 184<br />

Seien R ein Integritätsbereich, b ∈ R und S ein Unterring von R mit 1 ∈ S. Dann heißt b ganz über<br />

S, wenn b Nullstelle eines normierten Polynoms x n + an-1x n-1 + an-2x n-2 + ... + a0 ∈ S[x] ist. R heißt<br />

ganz über S, wenn jedes Element aus R ganz über S ist.<br />

182<br />

hier wird sowohl die Trägermenge als auch die algebraische Struktur mit R bezeichnet, sofern aus dem Zusammenhang<br />

hervorgeht, welche Bedeutung R hat<br />

183<br />

Der einelementige Ring {0} wird hier ebenfalls als Integritätsbereich verwendet (vgl. auch [Lüneburg]), obwohl in<br />

<strong>der</strong> Literatur manchmal auch 0 ≠ 1 in Integritätsbereichen gefor<strong>der</strong>t wird.<br />

184<br />

vgl. auch [Lüneburg]<br />

197


A.5. Definition (Eigenschaften von Ringen): 185<br />

Sei R ein Ring.<br />

(1) R heißt ganzabgeschlossen, wenn R ein Integritätsbereich ist, und jedes über R ganze Element<br />

aus R(R-{0}) -1 schon in R liegt.<br />

(2) R heißt rechtsnoethersch, wenn es keine unendlich aufsteigende Kette von Rechtsidealen gibt.<br />

(3) R heißt rechtsartinsch, 186 wenn es keine unendlich absteigende Kette von Rechtsidealen gibt.<br />

(4) R heißt Ring mit ggt, wenn R unitär und kommutativ 187 ist, und es für alle a, b ∈ R ein<br />

Element ggt(a, b) ∈ R gibt, welches a und b teilt und von jedem an<strong>der</strong>en gemeinsamen Teiler<br />

von a und b geteilt wird.<br />

(5) R heißt Dedekindring, wenn R ein Integritätsbereich ist, in dem jedes Ideal Produkt von<br />

Primidealen ist.<br />

(6) R heißt ZPE-Ring, wenn R ein Integritätsbereich ist, in dem jedes Element a ∈ R-(R * ∪ {0})<br />

sich (bis auf assoziierte Elemente) eindeutig als Produkt von irreduziblen Elementen darstellen<br />

läßt.<br />

(7) R heißt Hauptidealring, wenn R ein Integritätsbereich ist, in dem jedes Ideal durch ein<br />

Element erzeugt wird.<br />

(8) R heißt euklidischer Ring, wenn R ein Integritätsbereich ist und es eine Abbildung f : R-{0}<br />

→ B gibt, mit f(ab) ≥ f(a) für a ≠ 0 ≠ b, und es für alle a, b ∈ R mit b ≠ 0 Elemente q, r ∈ R<br />

mit a = qb+r gibt und entwe<strong>der</strong> r = 0 o<strong>der</strong> f(r) < f(b) gilt.<br />

(9) R heißt Schiefkörper, wenn R ≠ {0} unitär ist, und jedes Element a ≠ 0 invertierbar ist.<br />

(10) R heißt Körper, wenn R ein kommutativer Schiefkörper ist.<br />

In <strong>der</strong> Literatur findet man häufig auch eine äquivalente Definition von rechtsnoethersch:<br />

A.6. Lemma (Charakterisierung von rechtsnoetherschen Ringen): 188<br />

Ein Ring R ist genau dann rechtsnoethersch, wenn jedes Rechtsideal endlich erzeugt ist.<br />

❚<br />

Der folgende Satz liefert drei unterschiedliche Charakterisierungen für ZPE-Ringe.<br />

A.7. Satz (Charakterisierung von ZPE-Ringen): 189<br />

Sei R ein Integritätsbereich. Dann sind folgende Bedingungen äquivalent:<br />

• R ist ein ZPE-Ring.<br />

• Jedes Element a ∈ R-(R * ∪ {0}) läßt sich als Produkt von irreduziblen Elementen darstellen,<br />

und jedes irreduzible Element ist prim.<br />

• Jedes Element a ∈ R-(R * ∪ {0}) läßt sich als Produkt von Primelementen darstellen.<br />

❚<br />

Hinreichende Bedingungen dafür, daß ein Integritätsbereich R ein ZPE-Ring ist, liefern Satz A.8<br />

und Korollar A.9.<br />

A.8. Satz (Zusammenhang zwischen irreduziblen Elementen und Primelementen): 190<br />

185 vgl. [LidlWiesenbauer], Kapitel 1.1 und 1.2<br />

186 Die Eigenschaften linksnoethersch und linksartinsch werden dual definiert. In kommutativen Ringen werden<br />

meistens die Bezeichnungen noethersch und artinsch verwendet<br />

187 Um nicht zwischen Linksteilern und Rechtsteilern unterscheiden zu müssen, wird hier vorausgesetzt, daß Ringe mit<br />

größten gemeinsamen Teiler kommutativ sind. Die Eigenschaft unitär garantiert, daß die Teilbarkeitsrelation reflexiv<br />

ist: Jedes Element teilt sich selbst. In <strong>der</strong> Literatur wird für Ringe mit ggt manchmal sogar vorausgesetzt, daß <strong>der</strong> Ring<br />

ein Integritätsbereich ist.<br />

188 vgl. [LidlWiesenbauer], Seite 23<br />

189 vgl. [LidlWiesenbauer], Seite 69<br />

190 vgl. [LidlWiesenbauer], Seite 67,72, 70<br />

198


Sei R ein kommutativer unitärer Ring. Dann ist jedes Primelement irreduzibel. Wenn R ein Ring<br />

mit ggt ist, dann ist jedes irreduzible Element prim. Wenn R ein noetherscher Integritätsbereich ist,<br />

läßt sich jedes Element als Produkt von irreduziblen Elementen schreiben.<br />

❚<br />

A.9. Korollar (Ein noetherscher Integritätsbereich mit größten gemeinsamen Teiler ist ein<br />

ZPE-Ring):<br />

Je<strong>der</strong> noetherscher Integritätsbereich mit ggt ist ein ZPE-Ring.<br />

Beweis:<br />

Die Behauptung folgt aus Satz A.7 und A.8.<br />

❚<br />

Bei einem direkten Produkt von Ringen mit ggt läßt sich <strong>der</strong> ggt wie die Ringoperationen<br />

komponentenweise definieren, was im folgenden Satz bewiesen wird.<br />

A.10. Satz (Produkte von Ringen mit ggt haben ebenfalls einen ggt):<br />

A ein Ring mit ggt.<br />

Sei (Ai)i∈I eine Familie von Ringen mit ggt, dann ist auch R := ∏<br />

i∈I<br />

Beweis:<br />

x ∈ R ist genau dann ein Teiler von y ∈ R, wenn xi ein Teiler von yi für alle i ∈ I ist, also kann <strong>der</strong><br />

ggt komponentenweise gebildet werden: d := (ggt(xi, yi))i∈I ist ein Teiler von x und y, und für jeden<br />

an<strong>der</strong>en Teiler c von x und y ist c ein Teiler von d.<br />

❚<br />

Auch die Eigenschaft, daß jedes Ideal ein Hauptideal ist, läßt sich zumindest auf endliche Produkte<br />

übertragen:<br />

A.11. Satz (in einem endlichen Produkt von Hauptidealringen wird jedes Ideal durch ein<br />

Element erzeugt):<br />

Seien (Ai)i∈I eine Familie von Hauptidealringen und I = {1, 2, ..., n} endlich. Dann wird in R :=<br />

A jedes Ideal durch ein Element erzeugt. 191<br />

∏<br />

i∈I<br />

i<br />

Beweis:<br />

Für ein Ideal J von R ist pri(J) ein Ideal in Ai, wo<strong>bei</strong> pri die Projektion auf die i-te Komponente<br />

bezeichnet. Es gibt ein ai ∈ pri(J) mit Aiai = pri(J) für i ∈ I. Somit gibt es Elemente x (i) ∈ J mit x (i) i =<br />

pri(x (i) ) = ai für i, j ∈ I. Dann gilt a := (ai)i∈I = e1x (1) + e2x (2) + ... + enx (n) ∈ J, wo<strong>bei</strong> ei den i-ten<br />

Einheitsvektor bezeichnet für i ∈ I. Für y ∈ J gibt es ein r = (ri)i∈I ∈ R mit riai = yi, weil pri(J) durch<br />

ai erzeugt wird für i ∈ I, also y = ra ∈ Ra. Damit ist a ein Erzeuger von J.<br />

❚<br />

Insbeson<strong>der</strong>e ist also P n für alle n ≥ 0 noethersch, weil P ein Hauptidealring ist. 192<br />

Manche Eigenschaften eines Ringes R lassen sich auch auf den Polynomring R[x] übertragen:<br />

A.12. Satz (Eigenschaften von Polynomringen):<br />

Wenn R ein noetherscher Integritätsbereich ist, dann ist auch R[x] ein noetherscher Integritäts-<br />

191 für unendliche Indexmengen I ist <strong>der</strong> Satz falsch. Z.B. wird in P B das Ideal<br />

{f : B → P | Träger von f ist endlich} nicht durch ein Element erzeugt.<br />

192 Da P n nicht nullteilerfrei ist, ist P n kein Hauptidealring<br />

i<br />

199


ereich. 193<br />

Wenn R ein ZPE-Ring ist, dann sind auch R[x] und R[x1, x2, x3, ...] ZPE-Ringe. 194<br />

❚<br />

A.13. Korollar (Faktorringe von P[x]):<br />

Alle Faktorringe von P[x] sind noethersch.<br />

❚<br />

A.14. Satz (Nullteilerfreie rechtsartinsche Ringe sind Schiefkörper): 195<br />

Wenn R ≠ {0} nullteilerfrei und rechtsartinsch ist, dann ist R ein Schiefkörper.<br />

Beweis:<br />

Für x ∈ R bezeichne < x > := xR+xP das von x erzeugte Rechtsideal.<br />

Sei 0 ≠ a ∈ R. Dann gilt < a n+1 > = a n+1 R+a n+1 P ⊆ a n R+a n R = a n R ⊆ < a n > für n > 0. Da R<br />

rechtsartinsch ist, gibt es ein n > 0 mit < a n+1 > = < a n >, also a n = a n+1 r+a n+1 z = a n (ar+az) für ein<br />

r ∈ R und ein z ∈ P. Da R nullteilerfrei ist gilt a = a(ar+az). Seien ea := ar+az und b ∈ R. Dann gilt<br />

aeab = ab, und da R nullteilerfrei ist, gilt eab = b für alle b ∈ R. Damit ist ea linksneutral für alle<br />

a ≠ 0. Es gilt eab = b = ebb, also ea = eb =: e für alle a, b ≠ 0. Nach Definition von ea gilt ae = aea = a,<br />

also ist e auch rechtsneutral. Damit ist R unitär und es gilt < x > = xR für x ∈ R, also folgt aus<br />

< a n+1 > = < a n > schon a n = a n+1 r für ein r ∈ R, und somit e = ar. Damit ist r ein Rechtsinverses von<br />

a, und wegen ara = a gilt auch ra = e, also ist r = a -1 . Damit ist R ein Schiefkörper.<br />

❚<br />

Dieser Satz liefert auch Bedingungen dafür, daß R ein Körper ist:<br />

A.15. Korollar (Charakterisierung von Körpern):<br />

Ein Ring R ≠ {0} ist genau dann ein Körper, wenn R kommutativ, rechtsartinsch und nullteilerfrei<br />

ist.<br />

❚<br />

A.16. Korollar (Primideale in rechtsartinschen Ringen): 196<br />

In einem kommutativen rechtsartinschen Ring R ist jedes Primideal P maximal.<br />

Beweis:<br />

R/P ist nullteilerfrei (vgl. Lemma A.3) und (rechts)artinsch, denn <strong>der</strong> Idealverband von R/P ist<br />

isomorph zu einem Hauptfilter im Idealverband von R. Somit ist R/P ein Körper.<br />

❚<br />

Wie bereits in Satz A.14 bewiesen wurde, ist rechtsartinsch eine sehr starke Eigenschaft. Im<br />

Gegensatz dazu gibt es sehr viele rechtsnoethersche nullteilerfrei Ringe, die kein Körper sind. Auch<br />

<strong>der</strong> folgende Satz zeigt, daß <strong>bei</strong> unitären Ringen die Eigenschaft rechtsartinsch stärker als<br />

rechtsnoethersch ist.<br />

A.17. Satz (Zusammenhang zwischen rechtsartinsch und rechtsnoethersch):<br />

(1) Je<strong>der</strong> unitäre linksartinsche Ring ist linksnoethersch.<br />

(2) Je<strong>der</strong> unitäre rechtsartinsche Ring ist rechtsnoethersch.<br />

193 vgl. [Meyberg], Seite 155<br />

194 vgl. [LidlWiesenbauer], Seite 75 und [Hornfeck], Seite 157<br />

195 vgl. auch [Kertesz], Seite 160<br />

196 vgl. auch [Kertesz], Seite 160<br />

200


Beweis:<br />

Sei R ein unitärer linksartinscher Ring. Dann läßt sich R sowohl als P-Algebra 197 als auch als<br />

R-Modul 198 auffassen. Die Untermodule des R-Moduls R sind genau die Linksideale, also ist R ein<br />

artinscher Modul. Aus Satz F41 in [Lorenz] (Seite 197) folgt, daß R ein noetherscher Modul ist,<br />

also ist R auch ein linksnoetherscher Ring. Die zweite Behauptung folgt dual.<br />

❚<br />

A.18. Satz (Ideale in ganzen Ringen): 199<br />

Seien R und S Integritätsbereiche und R ganz über S. Dann gilt:<br />

(1) Wenn I ≠ {0} ein Ideal von R ist, dann ist auch I ∩ S ≠ {0}.<br />

(2) Ein Primideal P von R genau dann maximal, wenn P ∩ S maximal in S ist.<br />

❚<br />

Während <strong>bei</strong>m Ring <strong>der</strong> ganzen Zahlen jedes Primideal entwe<strong>der</strong> {0} o<strong>der</strong> ein maximales Ideal ist<br />

(denn Primideale ungleich {0} sind Ideale <strong>der</strong> Form pP für Primzahlen p), ist dies <strong>bei</strong> vielen Ringen<br />

nicht <strong>der</strong> Fall. Wenn jedoch ein Ring S die Eigenschaft hat, daß jedes Primideal P ≠ {0} maximal<br />

ist, dann überträgt sich diese Eigenschaft auf alle über S ganze Oberringe R von S. Für den Beweis<br />

dieser Aussage wird Satz A.18 verwendet:<br />

A.19. Korollar (maximale Ideale in ganzen Ringen):<br />

Seien R und S Integritätsbereiche und R ganz über S. Wenn in S jedes Primideal P ≠ {0} maximal<br />

ist, dann ist auch in R jedes Primideal P ≠ {0} maximal.<br />

Beweis:<br />

Sei P ≠ {0} ein Primideal von R. Dann gilt P ∩ S ≠ {0} nach Satz A.18.(1), und P ∩ S ist ein Ideal<br />

von S. Aus x, y ∈ S mit xy ∈ P ∩ S folgt x ∈ P ∩ S o<strong>der</strong> y ∈ P ∩ S, also ist P ∩ S nach Satz A.3<br />

ein Primideal von S. Damit ist P ∩ S ein maximales Ideal in S, also ist nach dem vorigen Satz P<br />

maximal in R.<br />

❚<br />

A.20. Satz (Zusammenhang zwischen den Eigenschaften von Ringen): 200<br />

Sei R ein Ring. Dann gilt:<br />

(1) Wenn R ein Körper ist, dann ist R ein euklidischer Ring.<br />

(2) Wenn R ein euklidischer Ring ist, dann ist R ein Hauptidealring.<br />

(3) R ist genau dann ein Hauptidealring, wenn R ein Dedekindring mit ggt ist.<br />

(4) Wenn R ein Hauptidealring ist, dann ist R ein ZPE-Ring.<br />

(5) Wenn R ein ZPE-Ring ist, dann ist R ein Ring mit ggt.<br />

(6) R ist genau dann ein Dedekindring, wenn R ein ganzabgeschlossener noetherscher Integritätsbereich<br />

ist, in dem jedes von {0} verschiedene Primideal maximal ist.<br />

(7) Wenn R ein Integritätsbereich mit ggt ist, dann ist R ganzabgeschlossen.<br />

(8) Wenn R ein noetherscher, unitärer, kommutativer Ring ist, in dem jedes Primideal maximal ist,<br />

dann ist R artinsch.<br />

❚<br />

Die letzte Bedingung dieses Satzes liefert hinreichende Bedingungen dafür, daß ein noetherscher<br />

Ring auch artinsch ist. Für kommutative, unitäre Ringe in denen jedes Primideal maximal ist, sind<br />

197 vgl. [Lorenz], Seite 170, Definition 1<br />

198 vgl. [Lorenz], Seite 173, Definition 2<br />

199 vgl. [Lüneburg], Seite 88<br />

200 vgl. [LidlWiesenbauer], Seite 95, 94, 93, 82<br />

201


die Begriffe noethersch und artinsch somit äquivalent. 201<br />

A.21. Korollar (Zusammenhang zwischen noethersch und artinsch):<br />

Sei R ein noetherscher, unitärer, kommutativer Ring mit Nullteilern, in dem jedes von {0} verschiedene<br />

Primideal maximal ist. Dann ist R artinsch.<br />

Beweis:<br />

Da R Nullteiler hat, ist {0} kein Primideal, also sind alle Primideale maximal, und die Behauptung<br />

folgt aus Satz A.20.(8).<br />

❚<br />

A.22. Lemma (In Hauptidealringen läßt sich <strong>der</strong> ggt als Linearkombination darstellen): 202<br />

Seien R ein Hauptidealring, und a, b ∈ R. Dann gilt aR+bR = ggt(a, b)R.<br />

Beweis:<br />

Nach Satz A.20.(4) und A.20.(5) existiert ggt(a, b).<br />

aR+bR ist ein Ideal, also ein Hauptideal aR+bR = cR für ein c ∈ R. Wegen a, b ∈ cR ist c ein Teiler<br />

von a und b, also auch ein Teiler von ggt(a, b). Es gibt Elemente r, r' ∈ R mit ar+br' = c, also ist<br />

ggt(a, b) auch ein Teiler von ar+br' = c, und somit ist c ein größter gemeinsamer Teiler von a und b.<br />

❚<br />

In Integritätsbereichen lassen sich die Primelemente durch Primideale charakterisieren:<br />

A.23. Lemma (Zusammenhang zwischen Primelementen und Primidealen): 203<br />

Seien R ein Integritätsbereich und x ∈ R. Genau dann ist Rx ein Primideal, wenn x ein Primelement<br />

ist.<br />

❚<br />

A.24. Satz (Zusammenhang zwischen ZPE-Ringen und Hauptidalringen):<br />

Wenn R ein ZPE-Ring ist, in dem jedes Primideal P ≠ {0} maximal ist, dann ist R ein Hauptidealring.<br />

Beweis:<br />

Sei I ≠ R ein Ideal von R. Sei a ∈ I ein Element, dessen Primfaktorzerlegung eine minimale Anzahl<br />

von Faktoren enthält.<br />

Annahme: Ra ≠ I.<br />

Sei b ∈ I-Ra. Wegen b ∉ Ra ist b nicht assoziiert zu a, und wegen <strong>der</strong> Minimalität <strong>der</strong> Anzahl von<br />

Faktoren in <strong>der</strong> Primfaktorzerlegung von a ist b auch kein Teiler von a, also ist d := ggt(a, b) nicht<br />

assoziiert zu b. Damit ist b' := b/d keine Einheit. Seien a' := a/d und p1p2...pn = b' die<br />

Primfaktorzerlegung von b' mit n ≥ 1. Dann gilt ggt(a', b') = 1, also a' ∉ Rpi für 1 ≤ i ≤ n, denn für<br />

a' ∈ Rpi wäre pi ein gemeinsamer Teiler von a' und b'. Das Ideal Rpi ist nach Lemma A.23 ein<br />

Primideal, weil pi ein Primelement ist, also ist Rpi maximal nach Voraussetzung.<br />

Behauptung: Es gilt Ra' + Rp1p2...pi = R für 1 ≤ i ≤ n.<br />

Beweis durch Induktion:<br />

Für i = 1 gilt Ra' + Rp1 = R, weil Rp1 maximal ist.<br />

Sei nun Ra' + Rp1p2...pi = R für ein i < n. Es gilt Ra' + Rpi+1 = R, weil Rpi+1 maximal ist, also<br />

R = R⋅R = (Ra' + Rp1p2...pi)(Ra' + Rpi+1) = (Ra' + Rp1p2...pi + Rpi+1)a' + Rp1p2...pi+1 ⊆ Ra' +<br />

Rp1p2...pi+1, und somit R = Ra' + Rp1p2...pi+1.<br />

201 vgl. Satz A.17<br />

202 vgl. [Lorenz], Seite 43, Satz F4<br />

203 vgl. [LidlWiesenbauer], Seite 67<br />

202


Damit gilt 1 ∈ Ra' + Rp1p2...pn = Ra' + Rb', und somit d ∈ Rda' + Rdb' = Ra + Rb ⊆ I. Wegen<br />

b ∉ Ra ist d nicht assoziiert zu a, also ist d ein Element von I mit weniger Faktoren in <strong>der</strong><br />

Primfaktorzerlegung als a, was ein Wi<strong>der</strong>spruch ist. Die Annahme war somit falsch, und I = Ra ist<br />

ein Hauptideal.<br />

❚<br />

A.25. Lemma (ZPE-Ringe sind Hauptidealnoethersch): 204<br />

Wenn R ein ZPE-Ring ist, dann ist R hauptidealnoethersch, d.h. es gibt keine unendlich aufsteigenden<br />

Ketten von Hauptidealen.<br />

❚<br />

Ein ZPE-Ring muß aber nicht noethersch sein, d.h. R kann auch unendlich aufsteigende Ketten von<br />

Idealen haben. 205 Von dieser Kette von Idealen können nach dem vorigen Lemma jedoch nur<br />

endlich viele Ideale durch ein Element erzeugt werden.<br />

Eine wichtige Klasse von Ringen bilden die Bewertungsringe, d.h. Ringe, die durch eine Bewertung<br />

induziert werden:<br />

A.26. Definition (Bewertung, Bewertungsringe):<br />

Sei K ein Körper. Eine Abbildung w : K → J ∪ {∞} mit<br />

(B1) w(x) = ∞ gdw. x = 0<br />

(B2) w(xy) = w(x) + w(y)<br />

(B3) w(x + y) ≥ min(w(x), w(y))<br />

für x, y ∈ K heißt (Exponential-)Bewertung. Rw := {x ∈ K | w(x) ≥ 0} ist ein Unterring 206 von K, er<br />

heißt Bewertungsring von w.<br />

In Lemma A.27 und Satz A.28 werden nun einige nützliche Eigenschaften von Bewertungsringen<br />

gezeigt.<br />

A.27. Lemma (Bewertung induziert Gruppenhomomorphismus):<br />

Für eine Bewertung w gilt w(1) = 0 und w(x -1 ) = -w(x) für x ≠ 0.<br />

Beweis:<br />

Die Einschränkung w| K-{0} : (K-{0}, ⋅) → (J, +) ist wegen (B2) ein Halbgruppenhomomorphismus,<br />

also auch ein Gruppenhomomorphismus.<br />

❚<br />

A.28. Satz (Eigenschaften von Bewertungsringen):<br />

Für eine Bewertung w ist Rw ein Integritätsbereich mit ggt, in dem jedes Primideal ungleich {0}<br />

maximal ist. 207<br />

Beweis:<br />

Wegen w(1) = 0 gilt 1 ∈ Rw. Als Unterring eines Körpers ist Rw somit ein Integritätsbereich. Seien<br />

x, y ∈ Rw mit x ≠ 0 ≠ y. O.B.d.A sei w(x) ≤ w(y). Dann gilt w(x -1 y) = w(y)-w(x) ≥ 0, also x -1 y ∈ Rw<br />

und y = xx -1 y ∈ xRw. Damit ist x ein Teiler von y und es gilt ggt(x, y) = x. Somit ist Rw ein<br />

Integritätsbereich mit ggt.<br />

Sei P ≠ {0} ein Primideal von Rw. Es wird nun gezeigt, daß P = {y ∈ Rw | w(y) > 0} gilt. Seien<br />

204 vgl. [Artin], Seite 451<br />

205 vgl. Lemma A.29<br />

206 vgl. [Gilmer], Seite 164<br />

207 vgl. auch [Endler], Seite 41, 48, 50<br />

203


0 ≠ x ∈ P und y ∈ Rw mit w(y) > 0. Dann gibt es ein n ∈ B mit w(x) < nw(y), also 0 < nw(y)-w(x)<br />

= w(y n x -1 ), und y n = y n x -1 x ∈ Rwx ⊆ P. Damit gilt y ∈ P, weil P ein Primideal ist, also {y ∈ Rw |<br />

w(y) > 0} ⊆ P. Jedes Element y ∈ Rw mit w(y) = 0 ist eine Einheit, weil w(y -1 ) = -w(y) = 0 und<br />

somit y -1 ∈ Rw gilt. Damit ist P = {y ∈ Rw | w(y) > 0} ein maximales Ideal.<br />

❚<br />

Es werden nun einige Eigenschften spezieller Ringe bewiesen, die <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Merkmalexploration in<br />

Kapitel 4.1 benötigt werden.<br />

A.29. Lemma (Eigenschaften vom Polynomring mit unendlich vielen Variablen):<br />

P[x1, x2, ...] =: R ist we<strong>der</strong> noethersch noch artinsch, und es gibt ein Primideal P ≠ {0}, welches<br />

nicht maximal ist.<br />

Beweis:<br />

Sei In = Rx1+Rx2+...+Rxn für n > 0, dann gilt In ⊆ In+1. Da P[x1, x2, ...] <strong>der</strong> freie kommutative<br />

unitäre Ring über {x1, x2, ...} ist, ist In eine echte Teilmenge von In+1, denn die Abbildung<br />

f : {x1, x2, ...,} → R mit f(xi) = 0 für i ≤ n und f(xi) = xi für i > n<br />

hat genau eine homomorphe Fortsetzung g : R → R, und es gilt In ⊆ kern g und xn+1 ∉ kern g, also<br />

xn+1 ∉ In. Damit ist R nicht noethersch, und nach Satz A.17 auch nicht artinsch. Rx1 ist ein<br />

Primideal mit Rx1 ⊂ Rx1 + Rx2 ⊂ R.<br />

❚<br />

A.30. Lemma (Eigenschaften von K B für Körper K):<br />

Sei K ein Körper. Dann ist K B we<strong>der</strong> artinsch noch noethersch. Jedes Primideal von K B ist<br />

maximal.<br />

Beweis:<br />

Seien In := {f : B → K | f(i) = 0 für i ≤ n} und Jn = {f : B → K | f(i) = 0 für i ≥ n} für n ∈ B. Dann<br />

ist (In)n∈B eine unendlich absteigende Folge von Idealen, und (Jn)n∈B ist eine unendlich aufsteigende<br />

Folge von Idealen. Damit ist KB we<strong>der</strong> artinsch noch noethersch.<br />

Seien P ein Primideal von KB , I ein Ideal mit P ⊂ I ⊆ KB und f ∈ I-P. Sei g : B → K eine Funktion,<br />

dessen Träger das Komplement des Trägers von f ist. Dann gilt fg = 0 ∈ P, also g ∈ P ⊆ I, weil P<br />

ein Primideal ist. Damit ist auch f+g ∈ I, dies ist jedoch eine Einheit, also I = KB .<br />

❚<br />

A.31. Lemma (Eigenschaften des Polynomrings P[x]):<br />

In P[x] gibt es Primideale P ≠ {0}, welche nicht maximal sind.<br />

Beweis:<br />

xP[x] ist ein Primideal mit xP[x] ⊂ xP[x]+2P[x] ⊂ P[x].<br />

❚<br />

A.32. Lemma (Eigenschaften des Rings 2P):<br />

Der Ring 2P ist noethersch, nicht artinsch, und jedes Primideal P ≠ {0} ist maximal.<br />

Beweis:<br />

Für a ∈ 2P ist Pa das von a erzeugte Ideal in 2P. Jedes Ideal von 2P ist auch ein Ideal von P, also<br />

204


ein Hauptideal. Damit ist 2P noethersch.<br />

Die Ideale {2 n P | n ≥ 1} bilden eine unendliche absteigende Folge von Idealen, also ist 2P nicht<br />

artinsch.<br />

Seien P ≠ {0} ein Primideal und I ein Ideal mit P ⊂ I ⊆ 2P. Dann sind P und I Hauptideale, d.h. es<br />

gibt a, b ∈ 2P mit Pa = P ⊂ I = Pb und a, b > 0, also ist b ein echter Teiler (in P) von a. Sei c = a/b.<br />

Dann gilt b⋅2c = 2a ∈ Pa = P, aber b ∉ P wegen P ≠ I, also 2c ∈ P = Pa, da P ein Primideal ist.<br />

Damit gilt 2c = a wegen 0 < c < a. Somit gilt b = 2 und I = 2P, also ist P maximal.<br />

❚<br />

A.33. Lemma (Eigenschaften des Rings P 2 ):<br />

Der Ring P 2 ist nicht artinsch, und es gibt ein Primideal P ≠ {0}, welches nicht maximal ist.<br />

Beweis:<br />

Die Ideale 2 n P 2 für n > 0 bilden eine unendlich absteigende Folge von Idealen, also ist P 2 nicht<br />

artinsch. Das Ideal P × {0} ist ein Primideal mit P × {0} ⊂ P × 2P ⊂ P 2 .<br />

❚<br />

A.34. Lemma (Eigenschaften des Rings Pzero):<br />

Sei Pzero die Gruppe <strong>der</strong> ganzen Zahlen mit <strong>der</strong> Nullmultiplikation. Dann ist Pzero noethersch, nicht<br />

artinsch, und es gibt keine Primideale.<br />

Beweis:<br />

Die Ideale von Pzero sind genau die Ideale von P, und da P noethersch und nicht artinsch ist, gilt<br />

dies auch für Pzero. Wäre P ein Primideal, dann würde aus x 2 = 0 ∈ P auch x ∈ P für alle x ∈ Pzero<br />

folgen.<br />

❚<br />

A.35. Lemma (Eigenschaften des Rings P[ z ]): 208<br />

Für z ∈ P ist im Ring R := P[ z ] := P+ z P jedes Primideal P ≠ {0} maximal.<br />

Beweis:<br />

z ist ganz über P, weil z Nullstelle des Polynoms x 2 -z ist. R wird von 1 und z erzeugt, und<br />

da die Menge aller über P ganzen Elemente von R einen Unterring bilden, 209 ist R ganz über P. In P<br />

ist jedes Primideal P ≠ {0} maximal, also gilt dies nach Korollar A.19 auch für R.<br />

❚<br />

A.36. Lemma (Eigenschaften des Rings P + ½ (1+ − 19 )P): 210<br />

A-19 := P + ½ (1+ − 19 )P ist ein Hauptidealring, welcher nicht euklidisch ist.<br />

❚<br />

A.37. Lemma (Eigenschaften des Rings P[ − 5 ]):<br />

P[ − 5 ] ist ein Dedekindring ohne ggt.<br />

208 vgl. auch [Lüneburg], Seite 89<br />

209 vgl. [Lüneburg], Seite 50<br />

210 vgl. [Lüneburg], Seite 57 (Satz 78), Seite 102 (Satz 148 und Ende)<br />

205


Beweis:<br />

P[ − 5 ] ist ganzabgeschlossen, 211 und jedes Primideal P ≠ {0} ist maximal. 212<br />

Nach Korollar A.13 ist P[ − 5 ] = P[x]/(x 2 +5)P[x] noethersch.<br />

Nach Satz A.20.(6) ist R somit ein Dedekindring. Aus [LidlWiesenbauer] (Seite 73) folgt, daß<br />

P[ − 5 ] keinen ggt hat.<br />

❚<br />

A.38. Lemma (Eigenschaften des Rings P[ − 3 ]): 213<br />

P[ − 3 ] ist ein noetherscher Integritätsbereich, <strong>der</strong> nicht ganzabgeschlossen ist.<br />

Beweis:<br />

Nach Korollar A.13 ist P[ − 3 ] noethersch, und a := ½+½ − 3 ist ganz über P[ − 3 ], weil a<br />

Nullstelle von x 2 -x+1 ist, also ist R nicht ganzabgeschlossen.<br />

❚<br />

A.39. Lemma (Eigenschaften des Rings P8[2 − 1 ]):<br />

R := P8[2 − 1 ] = P8+2iP8 mit i := − 1 ist ein Ring ohne ggt, in dem jedes Primideal maximal ist.<br />

Beweis:<br />

2 und 2i sind in R gemeinsame Teiler von 4 und 4i. Wenn y := ggt(4, 4i) existieren würde, dann<br />

wäre y ein gemeinsames Vielfaches von 2 und 2i, also y ∈ 2R ∩ 2iR = {0, 2, 4, 6, 4i, 4i+2, 4i+4,<br />

4i+6} ∩ {0, 2i, 4i, 6i, 4, 4+2i, 4+4i, 4+6i} = {0, 4, 4i, 4+4i}. Keines dieser vier Elemente ist jedoch<br />

ein gemeinsamer Teiler von 4 und 4i, also kann ggt(4, 4i) nicht existieren. Sei P ein Primideal.<br />

Wegen 2 3 = 0 ∈ P gilt 2 ∈ P und wegen (2i) 3 = 0 ∈ P gilt 2i ∈ P. Damit gilt 2R + 2iR ⊆ P. Das<br />

Ideal 2R+2iR = 2P8+2iP8 ist maximal, denn als additive Untergruppe von (R, +) hat 2P8+2iP8 den<br />

Index 2. Damit ist P = 2R+2iR maximal.<br />

❚<br />

A.40. Lemma (Eigenschaften <strong>der</strong> Prüferschen p-Gruppe):<br />

Für jede Primzahl p ist die Prüfersche p-Gruppe R := {a/p n | a ∈ P , n ≥ 0}/P mit <strong>der</strong> Nullmultiplikation<br />

ein artinscher Ring, welcher nicht noethersch ist und keine Primideale hat. 214<br />

Beweis:<br />

Die Ideale von R sind genau die additiven Untergruppen. Sei Ik = {a/p k + P | a ∈ P} für k ≥ 0. Dann<br />

ist (Ik)k∈B eine unendlich aufsteigende Folge von Idealen, also ist R nicht noethersch. Sei J ein<br />

echtes Ideal von R. Da a/p k + P im Erzeugnis von 1/p n + P liegt, für alle a ∈ P und n ≥ k ≥ 0, kann<br />

es nur endlich viele n ∈ P mit 1/p n + P ∈ J geben, denn sonst wäre J = R. Seien n maximal mit<br />

1/p n + P ∈ J und k > n. Gäbe es ein a ∈ P mit a/p k + P ∈ J und ggt(a, p k ) = 1, dann gäbe es ein<br />

x ∈ P mit xa mod p k = 1, also 1/p k + P = x(a/p k + P) ∈ J, was ein Wi<strong>der</strong>spruch zur Maximalität von<br />

n ist. Damit ist J = {a/p n + P | 0 ≤ a < p n } endlich. Somit kann es keine unendlich absteigende Folge<br />

von Idealen geben, denn jedes echte Ideal ist endlich. Gäbe es in R ein Primideal P, dann würde aus<br />

211 vgl. [Hecke], Seite 83<br />

212 vgl. Lemma A.35<br />

213 vgl. auch [Lüneburg], Seite 52<br />

214 vgl. auch [Divinsky], Seite 15<br />

206


x 2 = 0 ∈ P auch x ∈ P für alle x ∈ R folgen, also hat R keine Primideale.<br />

❚<br />

A.41. Lemma (Eigenschaften von Matrizenringen):<br />

Sei R ≠ {0} ein unitärer Ring, dann enthält <strong>der</strong> Matrizenring R 2×2 Nullteiler und ist nicht<br />

kommutativ.<br />

Beweis:<br />

⎛1<br />

0⎞<br />

⎛0<br />

Wegen ⎜ ⎟ ⎜<br />

⎝0<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

⎛1<br />

1⎞<br />

⎛0<br />

Wegen ⎜ ⎟ ⎜<br />

⎝0<br />

0⎠<br />

⎝1<br />

❚<br />

0⎞<br />

⎛0<br />

⎟ = ⎜<br />

1⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎟ gibt es Nullteiler.<br />

0⎠<br />

0⎞<br />

⎛1<br />

⎟ = ⎜<br />

1⎠<br />

⎝0<br />

1⎞<br />

⎛0<br />

⎟ ≠⎜ 0⎠<br />

⎝1<br />

0⎞<br />

⎛0<br />

⎟ = ⎜<br />

1⎠<br />

⎝1<br />

0⎞<br />

⎛1<br />

⎟ ⎜<br />

1⎠<br />

⎝0<br />

A.42. Lemma (Eigenschaften des Rings P2 2×2 ):<br />

In R := P2 2×2 ist jedes Primideal maximal.<br />

1⎞<br />

⎟ ist R nicht kommutativ.<br />

0⎠<br />

Beweis:<br />

Es gibt nur triviale zweiseitige Ideale, denn für eine Matrix A ≠ 0 kann man durch Multiplikation<br />

einer Matrix von rechts (bzw. links) eine Spalte (bzw. Zeile) von A zu null machen, so daß nur noch<br />

genau eine Komponente von A den Wert 1 hat. Spalten- und Zeilenvertauschungen lassen sich<br />

ebenfalls durch Multiplikation realisieren, und durch anschließende Addition läßt sich jede Matrix<br />

B erzeugen.<br />

❚<br />

A.43. Lemma (Eigenschaften des Rings P 2×2 ):<br />

Der Matrizenring R := P 2×2 ist rechtsnoethersch, nicht rechtsartinsch, und jedes Primideal P ≠ {0}<br />

ist maximal.<br />

Beweis:<br />

Alle Untergruppen von (P 4 , +) ≅ (R, +) sind endlich erzeugt, 215 also ist auch jedes Rechtsideal von<br />

R endlich erzeugt, und R ist nach Satz A.6 rechtsnoethersch.<br />

⎛eu<br />

Für e ∈ B sei Ie = { ⎜<br />

⎝ev<br />

ew ⎞<br />

⎟ | u, v, w, x ∈ P}. Offensichtlich ist Ie ein (<strong>bei</strong>dseitiges) Ideal. Es<br />

ex ⎠<br />

wird nun gezeigt daß jedes Ideal von dieser Form ist.<br />

⎛0<br />

Seien I ein <strong>bei</strong>dseitiges Ideal und ⎜<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛a<br />

⎟ ≠ ⎜<br />

0⎠<br />

⎝b<br />

c ⎞<br />

⎟ ∈ I, so daß e := |ggt(a, b, c, d)| minimal ist.<br />

d⎠<br />

Dann gibt es Zahlen a', b', c', d' ∈ P mit e = a'a + b'b + c'c + d'd, weil P ein Hauptidealring ist.<br />

⎛0<br />

Durch Multiplikation <strong>der</strong> Matrix ⎜<br />

⎝1<br />

1⎞<br />

⎛a<br />

⎟ an ⎜<br />

0⎠<br />

⎝b<br />

c ⎞<br />

⎟ von links und rechts kann man Zeilen- und<br />

d⎠<br />

⎛1<br />

Spaltenvertauschungen durchführen, und durch Multiplikation <strong>der</strong> Matrix ⎜<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎟ von links und<br />

0⎠<br />

⎛a<br />

rechts erhält man folgende Matrizen: ⎜<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛b<br />

⎟ , ⎜<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛c<br />

⎟ , ⎜<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛d<br />

⎟ , ⎜<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎟ .<br />

0⎠<br />

215 vgl. [Artin], Seite 536<br />

207


Da I ein <strong>bei</strong>dseitiges Ideal ist, liegen diese Matrizen in I, also auch<br />

⎛e<br />

⎜<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛a'<br />

⎟ = ⎜<br />

0⎠<br />

⎝ 0<br />

0⎞<br />

⎛a<br />

⎟ ⎜<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛b'<br />

⎟ + ⎜<br />

0⎠<br />

⎝ 0<br />

0⎞<br />

⎛b<br />

⎟ ⎜<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛c'<br />

⎟ + ⎜<br />

0⎠<br />

⎝ 0<br />

0⎞<br />

⎛c<br />

⎟ ⎜<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎛d'<br />

⎟ + ⎜<br />

0⎠<br />

⎝ 0<br />

0⎞<br />

⎛d<br />

⎟ ⎜<br />

0⎠<br />

⎝0<br />

0⎞<br />

⎟ ∈ I. Durch<br />

0⎠<br />

Zeilen- und Spaltenvertauschungen und Multiplikation mit an<strong>der</strong>en Matrizen und durch Addition<br />

⎛eu<br />

erhält man ⎜<br />

⎝ev<br />

ew ⎞<br />

⎛f<br />

⎟ ∈ I für alle u, v, w, x ∈ P. Wenn es eine Matrix ⎜<br />

ex ⎠<br />

⎝g<br />

h ⎞<br />

⎟ ∈ I gibt, so daß<br />

i ⎠<br />

⎛ggt(<br />

e,<br />

f , g,<br />

h,<br />

i)<br />

ggt(f, g, h, i) kein Vielfaches von e ist, dann ist auch ⎜<br />

⎝ 0<br />

0⎞<br />

⎟ ∈ I, was ein Wi<strong>der</strong>spruch<br />

0⎠<br />

⎛eu<br />

zur Minimalität von e ist. Damit gilt I = { ⎜<br />

⎝ev<br />

ew ⎞<br />

⎟ | u, v, w, x ∈ P} = Ie. Somit sind diese Mengen<br />

ex ⎠<br />

Ie für e ∈ B genau die Ideale von R. Der Ring R ist nicht rechtsartinsch, weil {Ie | e = 2, 4, 8, 16, ...}<br />

eine unendlich absteigende Kette von Idealen ist. Sei nun 0 ≠ e ∈ B, so daß Ie ein Primideal ist.<br />

Wenn e = pq für p, q ∈ B ist, dann gilt Ie = IpIq, also Ip ⊆ Ie o<strong>der</strong> Iq ⊆ Ie, weil Ie ein Primideal ist,<br />

und somit p = e o<strong>der</strong> q = e. Damit ist e eine Primzahl, und Ie ist ein maximales Ideal.<br />

❚<br />

A.44. Lemma (Konstruktion eines Bewertungsrings):<br />

Sei K = J[x1, x2, ...](J[x1, x2, ...]-{0}) -1 <strong>der</strong> Quotientenkörper von J[x1, x2, ...].<br />

Sei f ∈ J[x1, x2, ...]. Dann gibt es ein minimales n ≥ 0, sowie ri ∈ J und mij ∈ B für i, j ∈ B mit<br />

f = ∑ i∏<br />

208<br />

n<br />

∞<br />

i= 1 j=<br />

1<br />

m<br />

j<br />

ij<br />

r x , so daß das Produkt für alle i ≤ n endlich ist, d.h. mij = 0 für fast alle j ≥ 1.<br />

Definiere w(f) := inf {∑ ∞<br />

j=1<br />

m ij<br />

| 1 ≤ i ≤ n}. Für f, g ∈ J[x1, x2, ...] mit g ≠ 0 sei w(f/g) := w(f)-w(g).<br />

j<br />

Dann ist w : K → J ∪ {∞} eine Bewertung. Rw ist we<strong>der</strong> noethersch noch ein ZPE-Ring.<br />

Beweis:<br />

Aus [Gilmer] (Seite 193) folgt, daß w eine Bewertung ist. Für j ≥ 1 gilt<br />

w(xj/xj+1) = (1/j)-1/(j+1) > 0, also xj/xj+1 ∈ Rw und xj = (xj/xj+1)xj+1 ∈ Rwxj+1. Wenn xj+1 ∈ Rwxj ist,<br />

dann gibt es ein r ∈ Rw mit xj+1 = rxj, also w(r) ≥ 0 und 1/(j+1) = w(xj+1) = w(rxj) = w(r)+w(xj) ≥<br />

w(xj) = 1/j, was ein Wi<strong>der</strong>spruch ist. Damit ist Rwxj eine echte Teilmenge von Rwxj+1, also ist Rw<br />

nicht hauptidealnoethersch. Damit ist Rw we<strong>der</strong> noethersch noch ein ZPE-Ring nach Lemma A.25.<br />


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216


Anhang C: Index<br />

AD 89<br />

⊕ 157<br />

α - (|K) 34<br />

π|K 39<br />

α + (|K) 34<br />

αo 81<br />

|K * 135<br />

|K| S 26<br />

|K| S×T 26<br />

|K| T 26<br />

|KP 58<br />

|K H P 77<br />

< ⋅ >P 51<br />

] 34<br />

]!g 34, 81<br />

] ρ 94<br />

]?g 34, 81<br />

]g 34, 81<br />

]g ρ 94<br />

z 64<br />

2 22<br />

3 22<br />

A • 110<br />

abgeleiteter Konetext 26<br />

Ableitungsoperator 25<br />

AD 55<br />

AD∞ 57<br />

AG 22<br />

artinsch 198<br />

AU 55<br />

AX 55<br />

X(|K) 25<br />

Basis 108<br />

Begriff 25, 96<br />

Bewertung 203<br />

Bewertungsring 203<br />

boolesch 21<br />

Cons 55<br />

ConsErf 62<br />

Cons N<br />

Erf 89<br />

Cons H 74<br />

Cons H |T 147<br />

Dedekindring 198<br />

DGBH (P) 112<br />

Duquenne-Gigue-Basis 112<br />

Einheit 197<br />

einwertig 25<br />

Erf ρ (|K) 95<br />

Erf ρ S(|K) 95<br />

Erf(|K) 51<br />

euklidischer Ring 198<br />

EX 87<br />

Ext 25<br />

F(M) 29<br />

FA 89<br />

fiktive Gegenstände 126, 163<br />

fiktive Werte 162<br />

Formeln 29<br />

fragezeichenreduziert 117<br />

G * 135<br />

G *<br />

8 139<br />

G ~ 135<br />

Galoisverbindung 25<br />

ganz 197<br />

ganzabgeschlossen 198<br />

gegenstandsbereinigt 25<br />

Gegenstandsinhalt 25, 96<br />

ggt 198<br />

hauptidealnoethersch 203<br />

Hauptidealring 198<br />

8T 109<br />

Imp ρ (|K) 95<br />

Imp(|K) 51<br />

Imp(h) 51<br />

Imp(H) 51<br />

ImpM 51<br />

IN 87<br />

Informationsordnung 33, 93<br />

Inhalt 25, 96<br />

Int 25<br />

Integritätsbereich 197<br />

intuitionistische Logik 30<br />

klassische Logik 31<br />

Klausel 29<br />

Kleene-Algebra 21<br />

konsistent 73<br />

Kontext 25<br />

Körper 198<br />

L(|K) 39<br />

linksartinsch 198<br />

217


linksnoethersch 198<br />

mehrwertiger Kontext 25<br />

Merkmalimplikation 51<br />

Mod 29<br />

modale Logik 49<br />

modales Modell 49<br />

Modell 29<br />

NEG 89<br />

noethersch 198<br />

Nullmarke 16<br />

P * 135<br />

P|T 147<br />

P-Inhalt 108<br />

PR 55<br />

Primideal 197<br />

PS 55<br />

pseudoabgeschlossen 108<br />

P u 135<br />

P u<br />

8 139<br />

R * 197<br />

H|T 147<br />

RAA 89<br />

Rahmenkontext 73<br />

rechtsartinsch 198<br />

rechtsnoethersch 198<br />

Red H P 119, 162<br />

218<br />

H-erzeugt 77<br />

Resp 51<br />

respektieren 51<br />

Resp H 73<br />

H-EX 74<br />

Ring 197<br />

Schiefkörper 198<br />

separierend 101<br />

Skalierung 26<br />

Th 29<br />

U(G, M) 33<br />

Umfang 25, 96<br />

unitär 197<br />

unvollständige Datenbank 16<br />

unvollständiger Kontext 33<br />

unvollständiger Kontext mit negierten<br />

Merkmalen 81<br />

unvollständiger mehrwertiger Kontext 93<br />

V(|K) 33, 93<br />

V(|K N ) 81<br />

var 29<br />

VKon( ⎯ ) 73<br />

vollständig konsistent 73<br />

vollständiger mehrwertiger Kontext 93<br />

ZPE-Ring 198<br />

‡ 64

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