15.10.2013 Aufrufe

Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Katastrophen <strong>und</strong> Landschaften, Tanz- <strong>und</strong> Musikeinlagen haben immer<br />

eigene Aufmerksamkeit geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> eigene Zuschau-Lust verursacht,<br />

obwohl sie mit <strong>der</strong> Narration oft nur locker verb<strong>und</strong>en waren. Zum Teil sind<br />

die Attraktionsmomente konventionalisiert (gewesen), Elemente <strong>der</strong><br />

Genreformen, Fortführungen älterer Konventionen <strong>der</strong> performing arts<br />

einschließlich des Musiktheaters resp. <strong>der</strong> musikalischen Aufführung. Die<br />

Attraktionalität kann sich in ganz verschiedenen Momenten <strong>der</strong> filmischen<br />

Darstellung manifestieren – in <strong>der</strong> Ausstattung o<strong>der</strong> im Schauspiel, in <strong>der</strong><br />

Montage o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bildgestaltung. Fast immer spielt die Musik dabei eine<br />

Rolle.<br />

Das textuelle Bindungsmoment bleibt dabei beherrschend, es reguliert die<br />

Beziehung des Zuschauers zum Text – in <strong>der</strong> Erzählung ist es die Narration,<br />

die Frage des »Wie geht‘s weiter?«, in den Attraktionsszenen dagegen die<br />

Aufführung selbst. Attraktionalität heißt daher nicht: Freistellung <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

Einbindung in den Rahmen <strong>der</strong> Erzählung. Die Erzählzeit steht in <strong>der</strong>artigen<br />

Szenen meist still o<strong>der</strong> wird nur pro forma fortgeführt (wie etwa in den<br />

Traditionen des harmonischen Schlusses [lieto fine]). 28 Gleichwohl sind<br />

attraktionelle Szenen nicht unabhängig <strong>von</strong> <strong>der</strong> Narration <strong>und</strong> <strong>der</strong> Diegese<br />

28 Ähnlich Gorbman 1987, 162. So sieht Gorbman auch die Ähnlichkeiten zwischen<br />

musikalischen Szenen, die als Musiknummern in <strong>der</strong> dargestellten Realität<br />

aufgeführt o<strong>der</strong> die durch extradiegetische Musik geklammert werden; zu letzteren<br />

vgl. Gorbman 1987, 39; ihr Beispiel ist Fritz Langs Film RANCHO NOTORIOUS (DIE<br />

GEJAGTEN, aka: ENGEL DER GEJAGTEN, USA 1952), in dem nicht nur eine<br />

Gesangsnummer <strong>von</strong> Marlene Dietrich (Get Away Young Man) enthalten ist,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem eine mehrfach eingespielte Ballade vorkommt (Legend of Chuck-<br />

A-Luck, gesungen <strong>von</strong> Bill Lee), die als extradiegetische Musik deskriptive<br />

Bildfolgen klammert; Gorbman vergleicht das Lied mit den Kommentar-Funktionen<br />

des Chors in <strong>der</strong> griechischen Tragödie, eine Interpretation, die insofern zu weit<br />

geht, als <strong>der</strong> Chor eine Instantiation <strong>der</strong> moralischen Größe des Kommunikators (des<br />

Textes) ist; <strong>der</strong> Song in Langs Film erreicht die Eindeutigkeit <strong>der</strong> textuellen Position<br />

des Chors an keiner Stelle. Außerdem zeigen viele an<strong>der</strong>e Beispiele, dass sich die<br />

Übertragung <strong>der</strong> dramatischen Funktionsrolle des Chors als unmöglich o<strong>der</strong><br />

irreführend erweist.<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 283

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!