15.10.2013 Aufrufe

Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

Textsemantische Grundlagen der Analyse von Musikszenen und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

uhige Musik ein, wie sie Szenen unterlegt ist, in denen nichts geschieht, in<br />

denen man wartet (o<strong>der</strong> in denen man gewiss ist, dass es eine latente<br />

Bedrohung gibt, die in die Szene einbrechen wird). Man sieht das Boot bei<br />

<strong>der</strong> Ausfahrt aus dem Hafen, es ist strahlend-schönes Wetter. Der<br />

Leibwächter steht an <strong>der</strong> Pinne, Tucker gießt sich Whisky ein <strong>und</strong> trinkt. Er<br />

macht Fraly auf das Photo eines Beteiligten an dem damaligen Attentat<br />

aufmerksam. Offenbar vergeht <strong>der</strong> ganze Nachmittag, als das Boot am Ende<br />

wie<strong>der</strong> Kurs auf die Hafeneinfahrt nimmt – <strong>und</strong> explodiert (0:44:30). Fraly<br />

kann nur überleben, weil er sich – zufällig – am Bug des Schiffes befand.<br />

Mit <strong>der</strong> Explosion verstummt die Musik.<br />

So sehr die Szene den Eindruck großer atmosphärischer Dichte macht, sind<br />

ihre narrativen Funktionen minimal – sie rekapituliert den Stand (Tucker<br />

murmelt noch einmal die Namen <strong>der</strong> bislang Ermordeten vor sich hin), <strong>und</strong><br />

sie öffnet die Suche Fralys durch das Bild, das Tucker ihm zeigte. Dominant<br />

wird das Atmosphärische <strong>und</strong> mit ihm die Musik. Ihr minimalistischer<br />

Gestus, wenige Gr<strong>und</strong>akkorde, auf die eine kaum erkennbare Melodie-<br />

stimme aufgesetzt ist, <strong>der</strong>en Töne so unregelmäßig sind wie <strong>der</strong> Aufschlag<br />

<strong>von</strong> Regentropfen auf eine Wasserfläche, sowie ihr konventioneller Einsatz<br />

als Verzögerungs- o<strong>der</strong> Wartemusik vor einem anstehenden Ereignis geben<br />

dem minimalistischen Geschehen dennoch eine klare Affektorientierung, die<br />

die endliche Explosion ebenso erwartbar wie plausibel macht. Die formale<br />

Eigenständigkeit <strong>der</strong> Szene (als Fahrt aus dem <strong>und</strong> in den Hafen zudem<br />

noch zeitlich <strong>und</strong> direktional gerahmt) ist auffällig. Aber sie bleibt dem<br />

Narrativen verhaftet, bedient eine narrativ wichtige Information – <strong>und</strong> sie ist<br />

bei aller Geschlossenheit kein Insert, das eine Ruhephase <strong>der</strong> Erzählung<br />

darstellte. 20<br />

20 Darum auch wäre eine Interpretation <strong>der</strong> Musik als Ausdruck <strong>der</strong> inneren<br />

Entspanntheit <strong>der</strong> Figur irreführend, geht es doch gerade darum, die Doppel-<br />

Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 9, 2013 // 264

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!