Sound und Musik im Magazin-Beitrag. Glanz und Elend auf dem ...
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Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung, 4, 2010 / 145<br />
tief <strong>und</strong> andauernd, so hat das akustische Merkzeichen Methode. Kurze, s<strong>im</strong>ple <strong>und</strong> musikalisch<br />
grobkörnige Zeichensetzungen können den <strong>Beitrag</strong> syntaktisch gliedern in einen ersten, einen<br />
zweiten <strong>und</strong> einen dritten Teil ... ein Dreitonmotiv <strong>auf</strong> der Oboe oder Gitarre, zunächst in der Folge<br />
c-a-b, dann in der Folge b-c-a <strong>und</strong> schließlich in der Dreitonfolge a-b-c, gliedert die dreieinhalb<br />
Minuten einerseits in drei Kapitel, andererseits deutet die zwe<strong>im</strong>alige Variation des Gleichen an, dass<br />
diese drei Kapitel als Einheit gedacht sind. Zwei dissonante Intervalle <strong>und</strong> dann ein konsonantes<br />
geben k<strong>und</strong>, dass man mit seinem Bericht in die Zielgerade einbiegt. Syntaktische Gliederungen mit<br />
einfachen, ja pr<strong>im</strong>itiven musikalischen Mitteln geben <strong>dem</strong> <strong>Beitrag</strong> Form, schaffen Zäsuren,<br />
außer<strong>dem</strong> erleichtern sie <strong>dem</strong> Zuschauer die Orientierung.<br />
• Wenn – zusätzlich zum filmischen Tempo – das akustische Tempo für Beschleunigung sorgt<br />
Rasche Rhythmen (<strong>im</strong>mer vorausgesetzt, sie werden nicht <strong>auf</strong>dringlich, sondern subtil verwendet)<br />
fungieren wie Herzschrittmacher, weswegen die musikalische Qualität des Tempos eine genuin<br />
filmische Qualität hat. Sie unterstreicht die Zügigkeit von Bewegungsabläufen insofern, als flotte<br />
rhythmische Patterns physiologisch gefühlt werden, d.h. körperlich <strong>auf</strong> das Vegetativum des<br />
Betrachters einwirken. Sie regulieren dessen Puls- <strong>und</strong> Atemfrequenz, nichts <strong>und</strong> niemand kann die<br />
Wirkung eines energischen Marsches verhindern. Und wie zwang- bzw. triebhaft rasante Techno-<br />
Patterns erlebt werden, führt Tom Tykwer in LOLA RENNT (Deutschland 1998) exemplarisch vor.<br />
Würde man einer ruhigen Sequenz, z.B. das langsame Pinselführen eines Malers, mit schnellem <strong>und</strong><br />
leisem Groove unterlegen, käme Nervosität als neue Qualität ins Spiel, die den Bildern nicht<br />
innewohnt ... dieser Maler, sagt die <strong>Musik</strong>, steht unter einem enormen inneren Druck.<br />
• Wenn man das Tempo der Bilder musikalisch langsamer machen will<br />
Das Gegenteil funktioniert gleichermaßen gut. Dynamische Pferde- oder Radrennen mit einem<br />
gegenläufigen musikalischen Tempo auszubremsen, gelingt rätselhafterweise erstaunlich deswegen,<br />
weil der Zuschauer gewissermaßen zwischen zwei Stühle gesetzt wird ... er sieht eine schnelle<br />
Aktion <strong>und</strong> er hört eine langsame, welchem Eindruck darf er trauen? Diesen Zwiespalt kann er nicht<br />
<strong>auf</strong>lösen, also muss er akzeptieren, zu einer verzögerten Wahrnehmung von tempogeladenen<br />
Aktionen gezwungen zu sein. Einerseits zweifellos ein manipulatives Verfahren, andererseits ein<br />
Stück Gestaltungsfreiheit, welches ohne die <strong>Musik</strong> nicht gelänge.