Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
WO<br />
SIND DIE<br />
JUGOS?<br />
20 POLITIKA<br />
Die Wahl ist geschlagen. Der Nationalrat hat mit<br />
Alev Korun, Aygül Berivan Aslan (beide Grüne),<br />
Nurten Yilmaz (SPÖ) und Asdin El Habbassi (ÖVP)<br />
vier Politiker mit Wurzeln außerhalb Österreichs.<br />
Drei davon sind aus der Türkei, einer, El Habbassi,<br />
mit marokkanischem Vater. Parlamentarier mit<br />
Wurzeln aus Ex-Jugoslawien sucht man vergebens.<br />
Von Alexandra Stanić<br />
WIEN, 20 UHR: Ein Plauscherl unter Freunden mit<br />
Wein und Bier, ein gewöhnlicher Freitagabend. Wie<br />
<strong>das</strong> bei meinen Leuten aus Ex-Jugoslawien so ist,<br />
kommt nach dem fünen Glas Wein immer <strong>das</strong> gleiche<br />
ema auf den Tisch: Politik. Da wir den Balkankrieg<br />
aus den 90er Jahren schon o durchgekaut haben,<br />
verrückt der Fokus auf die österreichische Politik<br />
und die Frage: Warum gibt es keinen Politiker, dessen<br />
Name auf –ić endet? Sind wir Jugos schlicht faul und<br />
desinteressiert, oder sind die Wunden des Kriegs noch<br />
zu frisch, um wieder Vertrauen in die Politik zu haben?<br />
In Österreich leben 1,579 Millionen Menschen<br />
mit Migrationshintergrund. Davon sind 32 Prozent<br />
aus dem ehemaligen Jugoslawien, also rund<br />
500.000. Und wie viele sitzen im Parlament? Null,<br />
nada, ništa! Zum Vergleich: Rund 17% der Migranten<br />
haben türkische Wurzeln. Und sie haben<br />
immerhin drei Vertreter seit den Nationalratswahlen<br />
im Parlament. Die SPÖ-Politikerin Yilmaz<br />
und Grüne-Juristin Aslan aus Tirol gesellen sich zur<br />
Integrationssprecherin der Grünen, Alev Korun,<br />
die vor fünf Jahren als erste Migrantin im Hohen<br />
Haus Geschichte schrieb. Von Ivanas, Josips oder<br />
Edins keine Spur im Machtzentrum Österreichs.<br />
„WIR JUGOS HALTEN ZUSAMMEN“<br />
Einer der Gründe ist die jüngere Vergangenheit der<br />
ehemaligen Länder des Jugoslawienbundes. Der<br />
Balkankrieg (1992-1995) hängt tief im Knochenmark,<br />
die Angehörigen der verschiedenen Ethnien<br />
bewerfen sich noch immer mit Schuldzuweisungen.<br />
„Ihr habt den Krieg angefangen!“ – „Nein, ihr!“<br />
Žarko Radulović sieht genau dort die Bremse für<br />
politische Jugo-Emanzipation. Der Chefredakteur<br />
der „Medien-Servicestelle Neue ÖsterreicherInnen“<br />
ist ein Kenner der Community: „Es gibt eine Jugosphäre<br />
auf kultureller und wirtschalicher Ebene“,<br />
so Radulović. „Aber bei Politik hört <strong>das</strong> Ganze<br />
auf.“ Im österreichischen Fußball sind Jugos Leis-