Ideenbörse Lehre - Fachgruppe Pädagogische Psychologie
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<strong>Ideenbörse</strong> <strong>Lehre</strong><br />
Inhalt:<br />
- Lernprotokolle schreiben und in Lernpartnerschaften kommentieren:<br />
Eine Maßnahme zur Förderung selbstgesteuerten Lernens in der Hochschullehre (S. 2-<br />
8)<br />
- Lehrveranstaltung "Fallarbeit <strong>Pädagogische</strong> <strong>Psychologie</strong>" (S. 9-11)<br />
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Lernprotokolle schreiben und in Lernpartnerschaften kommentieren:<br />
Eine Maßnahme zur Förderung selbstgesteuerten Lernens in der Hochschullehre<br />
Einführung<br />
Matthias Nückles, Stefan Fries,<br />
Universität Freiburg Universität Mannheim<br />
Traditionelle Referateseminare, wie sie an Universitäten in vielen Fächern üblich sind, weisen<br />
bekanntlich gravierende Nachteile auf: Viele Studierende setzen sich meist nur mit dem<br />
Lernstoff intensiv auseinander, den sie selbst referieren. Eine tiefe und kritische<br />
Auseinandersetzung mit den Lerninhalten findet so lediglich punktuell statt, während weite<br />
Teile des Lernstoffs oberflächlich und mehr oder weniger passiv verarbeitet werden. Aus<br />
pädagogisch-psychologischer Sicht wäre jedoch sowohl eine regelmäßige als auch<br />
eigenständige Auseinandersetzung mit den Seminarinhalten wünschenswert, denn nur dann<br />
kann es zum Erwerb von nachhaltigem und flexibel anwendbarem Wissen kommen (Bereiter<br />
& Scardamalia, 1989; Renkl, 1996). In diesem Beitrag möchten wir eine Lernmethode<br />
vorstellen, die beides zum Ziel hat – sowohl die Förderung der eigenständigen und<br />
selbstverantwortlichen Aneignung von Wissen als auch die Nachhaltigkeit des<br />
Wissenserwerbs.<br />
Das Szenario<br />
An den Universitäten Freiburg und Mannheim führen wir in einem regelmäßigen Turnus<br />
zeitgleich Seminare durch, bei denen an den verschiedenen Orten weitgehend die gleichen<br />
Inhalte bearbeitet werden (für einen Überblick siehe http://www.ew2.uni-<br />
mannheim.de/neuemedien). In unseren Seminaren lassen wir Studierende im Anschluss an die<br />
Seminarstunde so genannte Lernprotokolle schreiben, in denen sie über ihre Lernerfahrungen,<br />
über ihre Lerngewinne und über den Stoff reflektieren. Die Zusammenstellung der<br />
wöchentlich erstellten Lernprotokolle ergibt ein Lerntagebuch. Die Studierenden führen<br />
dieses Lerntagebuch allerdings nicht alleine für sich, sondern sie stellen ihre wöchentlichen<br />
Einträge, d. h. also ihr jeweiliges Protokoll zu einer Seminarsitzung, den anderen<br />
Studierenden in einem virtuellen Arbeitsbereich zur Verfügung. Im Rahmen von<br />
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universitätsübergreifenden virtuellen Lernpartnerschaften kommentieren und bewerten<br />
Studierende aus Mannheim und Freiburg dann wechselseitig ihre wöchentlichen Protokolle.<br />
Der virtuelle Arbeitsbereich enthält darüber hinaus alle von den Studierenden innerhalb der<br />
Seminarstunden genutzten Materialien. Bei unserem Ansatz der Kombination aus öffentlichen<br />
Lernprotokollen und ihrer wechselseitigen Kommentierung in Lernpartnerschaften (Nückles,<br />
Schwonke, Berthold & Renkl, in press) handelt es sich somit um ein so genanntes „Blended<br />
Learning Arrangement“ (Voss, 2003), insofern virtuelle Kommunikationsformen genutzt<br />
werden, um ein Präsenzseminar zu erweitern und zu optimieren.<br />
Didaktische Zielsetzungen<br />
Im Folgenden werden die wichtigsten didaktischen Zielsetzungen unseres Ansatzes skizziert:<br />
Lernen durch Schreiben. Durch das Lerntagebuch sollen insbesondere Strategien des<br />
selbstgesteuerten Lernens gefördert werden. So führt die regelmäßige Protokollierung der<br />
eigenen Lernprozesse beispielsweise zur Anwendung von Organisations- und<br />
Elaborationsstrategien, etwa indem die Studierenden versuchen, einen “roten Faden”<br />
durch die Folge der einzelnen Lernepisoden zu legen oder neue Begriffe durch Beispiele<br />
und Bezüge zur eigenen lebensweltlichen Erfahrung in ihr Vorwissen integrieren<br />
(Rambow & Nückles, 2002).<br />
Lernen lernen. Zugleich führt die kontinuierliche Dokumentation und Reflektion der<br />
Lernerfahrungen zu einem besseren Verständnis des eigenen Arbeitsverhaltens und auf<br />
diese Weise zur Entwicklung individueller Lern- und Arbeitsstrategien. Die Lernenden<br />
werden ermutigt, über ihre Lernaktivität nachzudenken und ihren Lernfortschritt zu<br />
überwachen, beispielsweise durch die Artikulation von Verständnisschwierigkeiten und<br />
von positiven Lernerfahrungen.<br />
Lernen durch Kooperation: Durch den Austausch und das wechselseitige Kommentieren<br />
der Lernprotokolle des Partners wird darüber hinaus gezielt die Auseinandersetzung mit<br />
der Perspektive eines anderen gefördert. Unterschiedliche Standpunkte werden sichtbar<br />
und regen zur Diskussion an. Fragen können gegenseitig beantwortet werden und die<br />
Rückmeldungen des Partners helfen, Lücken und Fehlkonzepte im eigenen Wissen zu<br />
beseitigen (Nückles, et al., in press). Die Nutzung einer Kooperationsplattform und die<br />
wechselseitige Bereitstellung von Materialien, Lernprotokollen und Kommentaren erlaubt<br />
den Studierenden der verschiedenen Standorte sich als Teil einer Knowledge Building<br />
Community zu erleben (Scardamalia & Bereiter, 1994), in der die Bedeutsamkeit von<br />
3
wechselseitiger Kritik und Beurteilung (vgl. peer review und peer assessment, Topping,<br />
1998) zur Optimierung von Lern- und Arbeitsprozessen sichtbar werden kann.<br />
Empfehlungen zur Implementation<br />
Damit das dargestellte Potenzial der Kombination aus Lerntagebuchmethode und<br />
Lernpartnerschaften zum Tragen kommen kann, ist es erforderlich, bestimmte<br />
Rahmenbedingungen zu schaffen und für deren Einhaltung zu sorgen.<br />
Sorgfältige Einführung. Da Studierende normalerweise über wenig oder keine Vorerfahrung<br />
mit der Lerntagebuchmethode verfügen, wird die Anforderung des Schreibens von<br />
Lernprotokollen zunächst von vielen Studierenden als eine ungewohnte und arbeitsintensive<br />
Anforderung empfunden. Hinzu kommt, dass es Studierenden zunächst meist schwer fällt,<br />
sich gegenseitig Rückmeldung zu geben oder sich gar zu kritisieren. Aus diesen Gründen<br />
empfehlen wir, zu Beginn des Semesters genügend Zeit für die Einführung und Erläuterung<br />
der Methode einzuplanen (mindestens eine dreiviertel Stunde bei der Vorbesprechung) und im<br />
Laufe des Semesters mit den Studierenden ihre Erfahrungen und ggf. Probleme mit dem<br />
Schreiben und gegenseitigen Kommentieren der Lernprotokolle zu besprechen.<br />
Schriftliche Anleitung. Die mündliche Erläuterung der Methode sollte durch eine schriftliche<br />
Anleitung ergänzt werden 1 . Die schriftliche Anleitung sollte dabei zum einen formale<br />
Anforderungen, insbesondere die Pflicht zur regelmäßigen Protokollierung sowie Vorgaben<br />
bezüglich des Umfangs möglichst transparent machen. Die Mindestanforderung von etwa<br />
einer Standardseite Text (DIN A 4, 12pt, 1 1/2-zeilig, übliche Seitenränder) pro wöchentliches<br />
Lernprotokoll hat sich für unsere Studierenden der <strong>Psychologie</strong>, der Erziehungswissenschaft<br />
und des Lehramts als praktikabel und akzeptabel erwiesen.<br />
Zum anderen sollte die Anleitung auch die Schreib- und Kommentierungsprozesse durch<br />
konkrete Hinweise unterstützen. Besonders wichtig ist es, das Lerntagebuch als epistemisches<br />
und reflexives Schreiben (Bräuer, 2000) gegenüber bloß reproduzierenden Aufzeichnungen<br />
abzugrenzen. Als hilfreich und lernförderlich hat sich die Vorgabe von Leitfragen (engl.<br />
Prompts, vgl. Pressley at al., 1992) herausgestellt, die zur Anwendung kognitiver und<br />
metakognitiver Lernstrategien anregen (siehe Kasten S.5).<br />
1 Die von uns verwendete Anleitung zum Schreiben und Kommentieren von Lernprotokollen (vgl. Rambow &<br />
Nückles, 2002) kann unter http://www.psychologie.uni-<br />
freiburg.de/einrichtungen/Paedagogische/nueckles/nueckles_dt.htm abgerufen werden.<br />
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In einer begleitenden experimentellen Studie konnten wir zeigen, dass durch die Vorgabe<br />
solcher Prompts das Ausmaß sowohl kognitiver als auch metakognitiver Lernaktivitäten im<br />
Lernprotokoll erheblich zunahm und zu einem signifikant höheren Lernerfolg führte<br />
(Berthold, Nückles & Renkl, 2003; Nückles et al., in press).<br />
Im Hinblick auf die wechselseitige Kommentierung ist die Vorgabe und Beschreibung von<br />
Beurteilungsdimensionen (z.B. Elaboriertheit des Textes) von Bedeutung, da die Studierenden<br />
insbesondere zu Beginn der Lernpartnerschaft ein Ordnungsschema für die ungewohnte<br />
Anforderung der schriftlichen Kommentierung eines von Mitstudierenden verfassten Textes<br />
benötigen.<br />
Leitfragen für die Erstellung eines Lernprotokolls<br />
• Welche Sachverhalte erscheinen mir so wichtig, dass ich sie noch einmal mit<br />
eigenen Worten auf den Punkt bringen möchte?<br />
• Welche zentralen Konzepte erscheinen mir so wichtig und nützlich, dass ich sie<br />
gerne behalten möchte? Kann ich diese kurz und prägnant definieren?<br />
• Welche weiterführenden Fragen wirft das Gelernte auf? Regt es mich zu<br />
Gedanken an, die über den Stoff im engeren Sinne hinausführen?<br />
• Gibt es Bezüge zwischen dem Gelernten und dem Seminar (seiner Gestaltung,<br />
seinen Rahmenbedingungen, seinem Ablauf) selbst?<br />
• Sind mir Bezüge und Anknüpfungspunkte zwischen dem Thema der Stunde und<br />
aus anderen Fächern/Seminaren bereits bekannten Theorien, Befunden oder<br />
Methoden aufgefallen?<br />
• Fallen mir Beispiele aus meiner eigenen (biografischen) Erfahrung ein, die das<br />
Gelernte illustrieren, bestätigen, oder ihm widersprechen?<br />
• Welche Aspekte des Gelernten fand ich interessant, nützlich, überzeugend, und<br />
welche nicht? Warum?<br />
• Welche Fragen blieben offen? Was erschien mir unklar? Was erschien mir<br />
falsch?<br />
• Welche Aspekte des Gelernten kann ich bei gegenwärtigen oder zukünftigen<br />
Tätigkeiten (Praktika, Beruf) selber nutzen? Wie könnte eine solche Nutzung<br />
aussehen?<br />
• Habe ich Erfahrungen oder Beobachtungen gemacht, die mir bei zukünftigen<br />
Präsentationen helfen können?<br />
Zeitaufwand für die Lernenden. Für eine produktive Auseinandersetzung mit dem<br />
Lerntagebuch ist ein Zeitaufwand pro Teilnehmer von ca. 1–1,5 Stunden pro Woche<br />
5
auszugehen. Durch das Kommentieren des Protokolls eines Lernpartners erhöht sich der<br />
Zeitbedarf auf etwa 1,5 bis 2 Stunden. Die Zeiten schwanken jedoch interindividuell<br />
erheblich. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Aufwand nicht einfach zu den üblichen<br />
Seminaranforderungen hinzugefügt werden kann. Die Einführung der Lerntagebuchmethode<br />
erfordert vielmehr zwingend, andere Anforderungen zu reduzieren oder ganz zu streichen. So<br />
verzichten wir in unseren Semiaren auf die Anfertigung von Hausarbeiten. Die/der <strong>Lehre</strong>nde<br />
muss sich bewusst sein, dass mit der Einführung von Lerntagebüchern andere<br />
Lerngelegenheiten wegfallen, und zwischen diesem Wegfall und dem durch das Lerntagebuch<br />
zu erwartenden Gewinn abwägen.<br />
Implementation der Lernpartnerschaften und des Austauschs der Lernprotokolle. Damit<br />
unsere Studierenden in Mannheim und Freiburg einen Austausch ihrer Lernprotokolle als<br />
sinnvoll und nützlich erfahren, haben wir unsere Seminare weitgehend thematisch parallel<br />
aufgebaut. Auf diese Weise wird gewährleistet, das die wöchentlich auszutauschenden<br />
Protokolle sich auf dieselbe Thematik beziehen, wodurch ein gemeinsamer inhaltlicher Fokus<br />
gegeben ist. Die Parallelisierung bedeutet nicht, dass in den korrespondierenden<br />
Seminarsitzungen immer exakt die gleichen Texte behandelt werden müssen. Ein gewisses<br />
Maß an Heterogenität ist hier durchaus wünschenswert, da so das Interesse am Protokoll des<br />
Lernpartners erhöht wird, weil es unter Umständen Aspekte beinhaltet, die man selbst noch<br />
nicht gehört hat.<br />
Da sich die Studierenden in Mannheim und Freiburg in der Regel nicht kennen, werden die<br />
Lernpartnerschaften von den Seminarleitern zu Beginn des Semesters nach dem<br />
Zufallsprinzip oder nach den von den Studierenden übernommenen Themen<br />
zusammengestellt. Letzteres hat den Vorteil, dass den Studierenden der verschiedenen Orte<br />
nahegelegt wird, sich bei der Vorbereitung des Themas gegenseitig zu unterstützen. Bei<br />
ungleichen Teilnehmerzahlen in den Seminaren bilden wir neben Zweier- auch Dreier-<br />
Partnerschaften, wobei wir darauf achten, dass jeder Lernpartner abwechselnd die Protokolle<br />
der beiden anderen Partner kommentiert. Kommentieren bedeutet schriftlich Stellung zum<br />
Protokoll des Partners zu beziehen. Ist es dem Partner gelungen, seine für die Erstellung<br />
seines Protokolls gewählten Leitfragen in überzeugender Weise zu beantworten? Möchte ich<br />
eine Auffassung des Partners in Frage stellen? Hat er bestimmte Dinge falsch dargestellt? Ist<br />
es mir möglich, die von ihm gestellten Fragen zu beantworten? Für den Austausch der<br />
Lernprotokolle und das wechselseitige Kommentieren verwenden wir die<br />
Kooperationsplattform BSCW (Basic Support for Cooperative Work 4.1, OrbiTeam Software<br />
GmbH), die von Bildungseinrichtungen kostenlos genutzt werden kann. Die Kommentare<br />
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können in BSCW direkt an ein veröffentliches Dokument angehängt werden. Andere<br />
Plattformen eignen sich jedoch gewiss in ähnlicher Weise wie BSCW. In Freiburg entwickeln<br />
wir gegenwärtig eine eigene Software, die das Schreiben und Kommentieren von<br />
Lernprotokollen gezielt auf der Grundlage pädagogisch-psychologischer Prinzipien<br />
unterstützt. Ein Prototyp ist unter http://www.psychologie.uni-freiburg.de/f-moll/index.htm<br />
abrufbar. Die Nutzung einer Kooperationsplattform hat neben dem Austausch der<br />
Lernprotokolle den Vorteil, dass die Studierenden auf einfache Weise auch den Austausch der<br />
sonstigen Seminarunterlagen organisieren können. In unseren Semianaren werden hierzu auf<br />
dem BSCW-Space jeweils Ordner zu den einzelnen Themen angelegt, in denen die<br />
Studierenden dann ihre Präsentationen, interessante Links, Material von Gruppenarbeiten, etc.<br />
ablegen.<br />
Insgesamt werden die Lernpartnerschaften von den Studierenden überwiegend positiv<br />
aufgenommen. Natürlich geht durch den regelmäßigen Austausch im virtuellen Workspace<br />
ein Stück weit die Privatheit des Lerntagebuchs verloren. Allerdings entsteht eine Art<br />
intellektuelle „Zweisam- bzw. Dreisamkeit“ in den Lernpartnerschaften, die von den<br />
Studierenden als motivierend empfunden wird. Dementsprechend zeigen unsere<br />
Evaluationsergebnisse, dass eine positive Bewertung der Lernpartnerschaft und des<br />
Tagebuchschreibens eng mit der Wahrnehmung assoziiert ist, insgesamt im Seminar etwas<br />
gelernt zu haben. Dies ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die Lernpartnerschaften<br />
eher ein zusätzliches Element in einem ansonsten eher konventionellen Universitätsseminar<br />
darstellen (vgl. Nückles et al., in press).<br />
Literatur<br />
Bereiter, C., Scardamalia, M. (1989). Intentional learning as a goal of instruction. In L. B.<br />
Resnick (Ed.), Knowing, learning, and instruction: Essays in honor of Robert Glaser.<br />
Hillsdale, NJ: Erlbaum.<br />
Berthold, K., Nückles, M., & Renkl, A. (2003). Fostering the application of learning strategies<br />
in writing learning protocols. In F. Schmalhofer & R. Young (Eds.). Proceedings of<br />
the European Cognitive Science Conference 2003, (p. 373). Mahwah: Erlbaum.<br />
Bräuer, G. (2000). Schreiben als reflexive Praxis. Tagebuch, Arbeitsjournal, Portfolio.<br />
Freiburg im Breisgau: Fillibach Verlag.<br />
Nückles, M., Schwonke, R., Berthold, K., & Renkl, A. (in press). The use of public learning<br />
diaries in blended learning. Journal of Educational Media.<br />
7
Pressley, M., Wood, E., Woloshyn, V.E., Martin, V., King, A., & Menke, D. (1992).<br />
Encouraging mindful use of prior knowledge: Attempting to construct explanatory<br />
answers facilitates learning. Educational Psychologist, 27, 91-109.<br />
Rambow, R., & Nückles, M. (2002). Der Einsatz des Lerntagebuchs in der Hochschullehre.<br />
Das Hochschulwesen, 50, 113-120.<br />
Renkl, A. (1996). Träges Wissen: Wenn Erlerntes nicht genutzt wird. Psychologische<br />
Rundschau, 47, 78-92.<br />
Scardamalia, M. & Bereiter, C. (1994). Computer support for knowledge-building<br />
communities. The Journal of the Learning Sciences, 3, 265-283.<br />
Topping, K. (1998). Peer assessment between students in colleges and universities. Review of<br />
Educational Research, 68, 249-276.<br />
Voss; R. (2003). Blended learning – What is it and where might it take us? Sloan-C View,<br />
2(1), 3-5.<br />
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Dr. Claudia Mähler<br />
Georg-Elias-Müller-Institut für <strong>Psychologie</strong><br />
Abt. <strong>Pädagogische</strong> <strong>Psychologie</strong> und Entwicklungspsychologie<br />
Waldweg 26<br />
37073 Göttingen<br />
Tel.: 0551/39-9292<br />
Lehrveranstaltung "Fallarbeit <strong>Pädagogische</strong> <strong>Psychologie</strong>"<br />
Die "Fallarbeit" <strong>Pädagogische</strong> <strong>Psychologie</strong> ergänzt das Curriculum von Vorlesungen und<br />
Seminaren im Bereich <strong>Pädagogische</strong> <strong>Psychologie</strong> mit dem Ziel, die Übertragung theoretischer<br />
Inhalte auf praxisnahe Anwendungsfelder zu ermöglichen. Die Fallarbeit ist im Studienplan<br />
als Übung ausgewiesen und wird mit 2 Semesterwochenstunden in kleinen Gruppen<br />
unterrichtet.<br />
Thema der Fallarbeit ist die Diagnostik von Lernschwierigkeiten und Teilleistungsstörungen<br />
(Lese-Rechtschreibstörung und Dyskalkulie); zu den Störungsbildern werden hier auch<br />
Seminare angeboten. Die Durchführung der Fallarbeit erfolgt in Zusammenarbeit mit einem<br />
an die Abteilung angeschlossenen Beratungsschwerpunkt "Lernschwierigkeiten und<br />
Teilleistungsstörungen". Hier werden Kinder mit den genannten Lernproblemen in der Schule<br />
vorstellig, und am gesamten Diagnostik- und Beratungsprozess werden die Studierenden<br />
beteiligt. Der besondere Wert dieser Veranstaltung liegt daher darin, eine enge Verzahnung<br />
von <strong>Lehre</strong> und Praxis zu erreichen und den Studierenden so den Übergang vom Studium in<br />
die Praxis zu erleichtern.<br />
Der Ablauf der gesamten Veranstaltung gliedert sich in mehrere Phasen, die im folgenden<br />
dargestellt werden.<br />
1. Einarbeitung:<br />
Zunächst werden in einigen als Seminar abgehaltenen Sitzungen die Störungsbilder und die<br />
einschlägigen testdiagnostischen Verfahren vorgestellt, was zum Teil von Studierenden in<br />
Form von Referaten übernommen wird. Es folgt eine Phase (häufig auch als<br />
Wochenendseminar), in der die Studierenden sich in die Durchführung der verschiedenen<br />
Tests (Intelligenztests, Schulleistungstests, Aufmerksamkeitstests, Persönlichkeitstests)<br />
einarbeiten und die Anwendung ausprobieren.<br />
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2. Durchführung:<br />
Im nächsten Schritt erhalten die Studierenden die Gelegenheit, praktische Erfahrungen zu<br />
sammeln. Jeweils zu zweit beteiligen sie sich an einem konkreten "Fall", d.h. sie sind in die<br />
Behandlung von im Beratungsschwerpunkt angemeldeten Kindern eingebunden. Zunächst<br />
nehmen an einem von den Seminarleitern durchgeführten Erstgespräch mit der jeweiligen<br />
Familie teil. Sie haben die Möglichkeit, die Erhebung der Anamnese zu verfolgen und sich<br />
auch aktiv einzubringen. Anschließend planen sie mit dem/r Seminarleiter/in die für den<br />
Einzelfall notwendige Diagnostik und führen zu zweit die Untersuchung mit dem Kind durch,<br />
was ein bis zwei Vormittage in Anspruch nimmt. Hier können die Studierenden somit den<br />
Einsatz von testdiagnostischen Instrumenten erproben und dabei den Umgang mit dem ihnen<br />
anvertrauten Kind erleben.<br />
3. Auswertung:<br />
Es folgt unter Anleitung die Auswertung der durchgeführten Tests, und die Studierenden<br />
verfassen nach einer vorgegebenen Gliederung den testpsychologischen Befund. Auch dieser<br />
wird in Einzelgesprächen ausführlich besprochen, so daß die Studierenden (oft erstmals)<br />
Kompetenzen in der schriftlichen Dokumentation psychologischer Befunde erwerben.<br />
Schließlich nehmen sie an dem Beratungsgespräch mit der Familie teil, in dem die Ergebnisse<br />
der Untersuchung mitgeteilt werden. Hier können sie Beobachtungen aus der<br />
Untersuchungssituation einbringen und sich an einer möglichen Therapieplanung beteiligen.<br />
4. Reflexion:<br />
In der letzten Phase, die wiederum mit allen Teilnehmer/innen in Seminarform durchgeführt<br />
wird, berichten alle Kleingruppen von ihrem jeweiligen "Fall", stellen Fragestellung,<br />
Untersuchung und Ergebnisse vor und stellen die Behandlungsvorschläge zur Diskussion.<br />
Schließlich werden meist zum Abschluß Therapeuten aus der Praxis eingeladen, die aus ihrer<br />
Arbeit in der Legasthenie- oder Dyskalkulietherapie berichten.<br />
Die "Fallarbeit <strong>Pädagogische</strong> <strong>Psychologie</strong>" erfordert von beiden Seiten, d.h. von Studierenden<br />
und Seminarleiter/in einen hohen Arbeitsaufwand. Pro Semester können bei uns 20<br />
Studierende mit zwei Leitern zehn "Fälle" bearbeiten. Der Gewinn ist jedoch auch<br />
außerordentlich hoch, wenn man die Nachfrage und die Zufriedenheit der Teilnehmer/innen<br />
betrachtet. Das Konzept lebt von den tatsächlichen echten Erfahrungen der Studierenden, die<br />
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nur durch die Verzahnung von <strong>Lehre</strong> und Beratungstätigkeit im angeschlossenen Therapie-<br />
und Beratungszentrum ermöglicht werden.<br />
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