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Das Abwasserabgabengesetz - KommunalAkademie der Friedrich ...

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FRIEDRICH<br />

EBERT<br />

STIFTUNG<br />

RBEITSGRUPPE<br />

KAA<br />

KOMMUNALPOLITIK<br />

D-53170 Bonn<br />

Telefax 0228/88 36 95<br />

Wegbeschreibung für die<br />

kommunale Praxis<br />

<strong>Das</strong> <strong>Abwasserabgabengesetz</strong><br />

W 12<br />

(Wasser)<br />

1. Einführung<br />

<strong>Das</strong> erste Umweltprogramm <strong>der</strong> Bundesregierung aus dem Jahre 1971 (BT-Drucksache VI/2710) stellte das Verursacherprinzip<br />

als wesentliches Element einer mo<strong>der</strong>nen Umweltpolitik in den Vor<strong>der</strong>grund. Als mögliche Instrumente, dieses Prinzip durchzusetzen,<br />

kommen neben den ordnungsrechtlichen Ge- und Verboten und starker wirtschaftlich geprägten Anreizinstrumenten<br />

wie etwa Zertifikats- o<strong>der</strong> Lizenzmodellen auch Abgabenlösungen in Frage. Gerade für den Bereich des Gewässerschutzes<br />

ging die Bundesregierung davon aus, allein mit ordnungsrechtlichen Mitteln lasse sich hier nicht genug erreichen. Angesichts<br />

<strong>der</strong> im Jahre 1971 vorhandenen Gewässerbelastungen und <strong>der</strong> deutlichen Defizite im wasserrechtlichen Vollzug wurde in<br />

dem Umweltprogramm daher die Notwendigkeit gesehen, ökonomische Mittel und Anreize einzuführen. So heißt es in den<br />

Erläuterungen zum Regierungsentwurf des <strong>Abwasserabgabengesetz</strong>es (BT-Drucksache 7/2272 S. 26), die Knappheit des Allgemeingutes<br />

„Sauberes Wasser“ rechtfertige es, seine Beeinträchtigung durch Einleitungen von Abwasser in ein Gewässer<br />

nicht ohne Gegenleistung zuzulassen. Diese Überlegung führte nach langen parlamentarischen Diskussionen zur Verabschiedung<br />

des <strong>Abwasserabgabengesetz</strong>es im Jahre 1976 (BGBl. I S. 2721, berichtigt S. 3007). <strong>Das</strong> Gesetz trat zum 1. Januar 1978<br />

in Kraft, doch wurde den Abgabepflichtigen ein gewisser Vorbereitungszeitraum gelassen; die Abgabepflicht selbst wurde<br />

erst zum 1. Januar 1981 eingeführt.<br />

Danach sollen die Einleiter von Abwasser durch die Abgabepflicht angeregt werden, die mit ihrem Abwasser in die Gewässer<br />

gelangenden Schmutzfrachten zu vermin<strong>der</strong>n und so letztlich den Wasserkreislauf zu entlasten. Je geringer die Gewässerbelastung,<br />

um so geringer ist auch die Abwasserabgabe, die <strong>der</strong> jeweils betroffene Einleiter zu zahlen hat. Es handelt sich letztlich<br />

um eine Son<strong>der</strong>abgabe (Lenkungsabgabe) <strong>der</strong> eine Anreiz- und eine Ausgleichsfunktion zukommt. Mit diesen Begriffen<br />

sind die Hauptzwecke <strong>der</strong> Abwasserabgabe gemeint. Diese Abgabe bietet einen Anreiz dafür, mehr und bessere Kläranlagen<br />

zu bauen, abwasserärmere Produktionsverfahren zu entwickeln o<strong>der</strong> abwasserintensiv hergestellte Güter sparsamer zu verwenden<br />

(sog. Anreizfunktion <strong>der</strong> Abwasserabgabe). Gleichzeitig soll sie dafür sorgen, daß die Kostenbelastung für das Vermeiden,<br />

das Beseitigen und den Ausgleich von Gewässerschädigungen auf einen breiteren Personenkreis verteilt wird (sog.<br />

Ausgleichsfunktion <strong>der</strong> Abwasserabgabe). Allerdings wird das Gesetz beiden Funktionen nur bedingt gerecht. Es erfaßt<br />

nämlich nur Einleitungen von Abwasser in ein Gewässer (sog. Direkteinleitungen), während an<strong>der</strong>e gewässerschädigende<br />

Maßnahmen außer Betracht bleiben.<br />

Im Rahmen dieser Wegbeschreibung soll versucht werden, einen Überblick über das System <strong>der</strong> Abwasserabgabe zu geben.<br />

Die Feinheiten des Gesetzes und insbeson<strong>der</strong>e die teilweise komplizierten Verrechnungsmöglichkeiten können allenfalls angerissen<br />

werden.<br />

1.1 Bundesrecht<br />

<strong>Das</strong> geltende <strong>Abwasserabgabengesetz</strong> (AbwAG) November 1994 stützt sich wie das Wasserhaushaltsgesetz letztlich auf Artikel<br />

75 GG. Danach hat <strong>der</strong> Bund, wie in W 1 bereits dargestellt, im Wasserrecht grundsätzlich nur eine Rahmenkompetenz,<br />

die zudem durch die Än<strong>der</strong>ung des Artikel 75 GG im Jahre 1994 weiter eingeschränkt wurde. Wie das WHG enthält deshalb<br />

auch das AbwAG unmittelbar geltendes Recht einerseits und Rahmenvorschriften an<strong>der</strong>erseits. Der Bund hat das materielle<br />

Abgaberecht weitgehend geregelt und den Abgabetatbestand, die Berechnungsgrundlagen, die Abgabenhöhe sowie Gläubiger<br />

und Schuldner festgelegt. In <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>kompetenz verbleiben einzelne, im <strong>Abwasserabgabengesetz</strong> ausdrücklich geregelte<br />

Ergänzungen bzw. Konkretisierungen des materiellen Rechts sowie insbeson<strong>der</strong>e die vollzugsrelevanten Fragen des<br />

formellen Abgaberechts. Dazu gehören etwa das Verwaltungsverfahren sowie Fragen <strong>der</strong> Zuständigkeiten und <strong>der</strong> Vollstreckung.<br />

1.2 Landesrecht<br />

Sämtliche Bundeslän<strong>der</strong> haben die erfor<strong>der</strong>lichen Ausführungsbestimmungen zur Vollziehung des AbwAG erlassen und darin<br />

im Rahmen <strong>der</strong> bundesrechtlichen Spielräume je nach spezifischer Situation und Interessenlage auch unterschiedliche Modifikationen<br />

des materiellen Rechts vorgenommen.<br />

1.3 Wirkungen <strong>der</strong> Abwasserabgabe<br />

Der Gesetzgeber ist bei <strong>der</strong> Entscheidung über die Ausgestaltung des <strong>Abwasserabgabengesetz</strong>es nicht <strong>der</strong> umweltökonomischen<br />

Theorie gefolgt, das Ordnungsrecht durch ein Abgabesystem zu ersetzen. Vielmehr hat er entgegen <strong>der</strong> Empfehlung


des Sachverständigenrates für Umweltfragen den Weg einer Flankierung des Wasserrechts durch die Abwasserabgabe<br />

gewählt. <strong>Das</strong> AbwAG sollte das WHG unterstützen, vor allem dadurch, daß es vorhandene Defizite des wasserrechtlichen<br />

Vollzugs ausgleichen soll. Dem lag die Erkenntnis zugrunde, daß allein im Wege ordnungsrechtlicher Regelungen eine zügige<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Gewässer durch entscheidende Verringerung <strong>der</strong> aus Abwassereinleitungen resultierenden<br />

Schadstoffbelastung nicht erreicht werden kann. Die Abwasserabgabe wurde daher als eine in ökonomischer Hinsicht wirkende<br />

in das Wasserrecht eingebundene flankierende Maßnahme in <strong>der</strong> Erwartung eingeführt, daß finanzielle Erwägungen<br />

die Einleiter von Abwasser animieren, ihre Anstrengungen zur Verbesserung <strong>der</strong> Abwasserbeseitigung zu steigern und abwasserarme<br />

o<strong>der</strong> abwasserlose Produktionsverfahren zu bevorzugen.<br />

Ob und inwieweit die Abwasserabgabe in dieser Richtung gewirkt hat, wird unterschiedlich eingeschätzt. Gerade die letztlich<br />

flankierende Wirkung macht es schwierig, Kausalitäten eindeutig zuzuordnen. Schaut man sich einzelne Untersuchungen an,<br />

dann zeigen sie ein eher heterogenes Bild. Zum einen wird die Auffassung vertreten, es sei <strong>der</strong> Abwasserabgabe nicht gelungen,<br />

die Vollzugsdefizite im ordnungsrechtlichen Bereich auszugleichen; zwischen dem betriebenen Verwaltungsaufwand<br />

und den erreichten Verbesserungen bestehe überhaupt keine vernünftige Relation. An<strong>der</strong>erseits werden dem Gesetz durchaus<br />

positive Steuerungswirkungen des Gesetzes in einzelnen Sparten <strong>der</strong> Industrie zugebilligt. Näher hierzu Böhm und Jarass,<br />

jeweils aaO.<br />

Betrachtet man die kommunale Praxis, dann muß man eine gewissen Wirkung <strong>der</strong> Abwasserabgabe anerkennen. Zwar ist <strong>der</strong><br />

Schwerpunkt <strong>der</strong> kommunalen Investitionen im Bereich des Gewässerschutzes sicherlich ordnungsrechtlich motiviert, doch<br />

spielt die Abgabenbelastung und insbeson<strong>der</strong>e die Möglichkeit ihrer Vermin<strong>der</strong>ung im Rahmen <strong>der</strong> Diskussionen über kommunale<br />

Abwasserinvestitionen eine nicht unwesentliche Rolle. Und bei den industriellen Einleitern wird dies eher ausgeprägter<br />

sein.<br />

Schrifttum: Berendes „<strong>Das</strong> <strong>Abwasserabgabengesetz</strong>“, 3. Auflage, München 1995; Böhm „Die Wirksamkeit von Umweltlenkungsabgaben<br />

am Beispiel <strong>der</strong> Abwasserabgabe“, Düsseldorf 1989; Dedy/Herra „Die Kleineinleiterabgabe nach <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung<br />

des § 53 Abs. 3 LWG“, Städte- und Gemein<strong>der</strong>at 1993 S. 78; Dedy/Landsberg „Anfor<strong>der</strong>ungen an eine Reform des<br />

Abwasserabgabenrechts“, Stadt und Gemeinde 1993 S. 235; Ewringmann „<strong>Das</strong> Ende <strong>der</strong> Abwasserabgabe“ Zeitschrift für<br />

angewandte Umweltforschung 1993 S. 153; Gawel „Kommunale Gebühren und Ökonomisierung des Gewässerschutzes“,<br />

KStZ 1993 S. 64; Hulpke/Schendel „<strong>Das</strong> <strong>Abwasserabgabengesetz</strong> vor <strong>der</strong> 4. Novelle“, Zeitschrift für angewandte Umweltforschung<br />

1993 S. 160; Jarass „Erfolgskontrolle des <strong>Abwasserabgabengesetz</strong>es“, Frankfurt 1990; Nisipeanu „Abwasserabgabenrecht“,<br />

München 1991 S. 519 ff; Sie<strong>der</strong>/Zeitler/Dahme „Wasserhaushaltsgesetz und <strong>Abwasserabgabengesetz</strong>“, Loseblattkommentar.<br />

2. Grundzüge <strong>der</strong> Abgabenerhebung<br />

2.1 Abgabetatbestand<br />

Eine Abwasserabgabe ist gemäß § 1 AbwAG für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer zu entrichten. Allerdings gilt das<br />

Gesetz nur für sog. Direkteinleitungen, also für unmittelbare Einleitungen in ein Gewässer. Wer Abwasser mittelbar einem<br />

Gewässer zuführt, indem er es in eine gemeindliche Abwasseranlage einleitet (sog. Indirekteinleitungen), wird nicht zur Abwasserabgabe<br />

herangezogen. Abgabepflichtig ist regelmäßig <strong>der</strong> Betreiber einer Abwasseranlage, <strong>der</strong> diese Kosten wie<strong>der</strong>um<br />

auf die Benutzer <strong>der</strong> Anlage – also zum Beispiel die Gebührenzahler – umlegt. Der Begriff Gewässer richtet sich nach § 1 Abs. 1<br />

WHG.<br />

2.2 Abgabenhöhe<br />

Grundlage für die Berechnung <strong>der</strong> zu zahlenden Abwasserabgabe soll die Schädlichkeit des Abwassers sein. Je „schädlicher“<br />

das Abwasser, desto höher ist die zu zahlende Abgabe. Der Grad <strong>der</strong> Schädlichkeit wird in Schadeinheiten bestimmt (§ 3 Abs. 1,<br />

§ 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 AbwAG). Der Abgabebetrag ergibt sich aus dem Produkt <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Schadeinheiten (ZSE) und dem<br />

Abgabensatz. <strong>Das</strong> wirft die Frage nach <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Schädlichkeit auf. Diese mußte im Gesetz selbst beantwortet werden,<br />

um die Voraussetzungen für das Entstehen <strong>der</strong> Abgabeschuld mit <strong>der</strong> nötigen Bestimmtheit festzuschreiben. <strong>Das</strong> AbwAG<br />

nennt die einschlägigen Parameter in § 3 des Gesetzes und konkretisiert das System in einer Anlage zu § 3 AbwAG. Es geht<br />

demnach nicht um jedwede Gewässerbelastung, son<strong>der</strong>n die Abgabe richtet sich nach einer eigens festgelegten abgabenrechtlichen<br />

„Schädlichkeit“.<br />

Für jede <strong>der</strong> so ermittelten Schadeinheiten ist <strong>der</strong>zeit ein Abgabesatz in Höhe von 60,– DM, von 1997 an in Höhe von 70,– DM<br />

zu entrichten (§ 9 Abs. 4 AbwAG).<br />

2.3 Wann erhöht o<strong>der</strong> ermäßigt sich die Abgabeschuld?<br />

<strong>Das</strong> AbwAG kennt ein sog. Bonus-Malus-System. Werden die Mindestanfor<strong>der</strong>ungen für Abwassereinleitungen nach § 7 a<br />

WHG eingehalten, so ermäßigt sich <strong>der</strong> Abgabesatz (vgl. § 9 Abs. 5 AbwAG). Werden Überwachungswerte überschritten,<br />

kann sich die Zahl <strong>der</strong> Schadeinheiten erhöhen (vgl. § 4 Abs. 4 AbwAG).<br />

2.4 Die Abgabe entsteht nicht bei Direkteinleitung<br />

<strong>Das</strong> Gesetz kennt Ausnahmen von <strong>der</strong> Abgabepflicht, sei es aus Gründen <strong>der</strong> Praktikabilität, sei es aufgrund mangeln<strong>der</strong><br />

Schädlichkeit o<strong>der</strong> aus an<strong>der</strong>en Erwägungen heraus. Erwähnenswert sind die „Schwellenwertfälle“ des § 3 Abs. 1 AbwAG<br />

und die bundesrechtlichen Ausnahmeregelungen in § 10 Abs. 1 AbwAG, die zum Beispiel Abwasser von Schiffen betreffen.<br />

Außerdem haben die Län<strong>der</strong> über § 10 Abs. 2 AbwAG die Möglichkeit, das Einleiten von Abwasser in Untergrundschichten,<br />

in denen das Grundwasser wegen seiner natürlichen Beschaffenheit für eine Trinkwassergewinnung mit den herkömmlichen<br />

Aufbereitungsverfahren nicht geeignet ist, von <strong>der</strong> Abgabepflicht auszunehmen.<br />

2.5 Verrechnungsmöglichkeiten<br />

Von größerer praktischer Bedeutung sind die in § 10 Abs. 3 bis 5 AbwAG vorgesehenen Verrechnungsmöglichkeiten.<br />

2.5.1 § 10 Abs. 3 sieht die Möglichkeit vor, Investitionen für Abwasserbehandlungsanlagen iSd § 2 Abs. 3 AbwAG zu<br />

verrechnen. Voraussetzung hierfür ist,


a) daß eine Behandlungsanlage errichtet o<strong>der</strong> erweitert wird,<br />

b) daß <strong>der</strong>en Betrieb eine Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Fracht einer <strong>der</strong> bewerteten Schadstoffe und Schadstoffgruppen beim Einleiten<br />

in das Gewässer erwarten läßt und<br />

c) daß ein Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Behandlungsanlage und <strong>der</strong> abgabepflichtigen Einleitung besteht.<br />

2.5.2 § 10 Abs. 4 AbwAG wurde 1994 neu eingeführt und schafft eine Verrechnungsmöglichkeit für Anlagen, die das Abwasser<br />

vorhandener Einleitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen, die den Anfor<strong>der</strong>ungen des § 18 b WHG<br />

entspricht o<strong>der</strong> angepaßt wird. Erfor<strong>der</strong>lich ist jedoch, daß bei den Einleitungen insgesamt eine Min<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Schadstofffracht<br />

zu erwarten ist. Hauptanwendungsfall dieser Vorschrift sind die sog. Verbindungssammler.<br />

2.5.3 Die Vorschrift des § 10 Abs. 5 AbwAG schließlich erweitert die Verrechnungsmöglichkeiten für Investitionen in den<br />

neuen Bundeslän<strong>der</strong>n. Sie lautet:<br />

„(5) Werden in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet Abwasseranlagen errichtet o<strong>der</strong> erweitert, <strong>der</strong>en<br />

Aufwendungen nach Absatz 3 o<strong>der</strong> 4 verrechnungsfähig sind, so können die Aufwendungen o<strong>der</strong> Leistungen hierzu<br />

nach Maßgabe <strong>der</strong> Absätze 3 und 4 auch mit Abwasserabgaben verrechnet werden, die <strong>der</strong> Abgabepflichtige für an<strong>der</strong>e<br />

Einleitungen in diesem Gebiet bis zum Veranlagungsjahr 2005 schuldet.“<br />

Mit dieser Regelung wird den Abgabepflichtigen in den neuen Län<strong>der</strong>n eine beson<strong>der</strong>e finanzielle Entlastung gewährt.<br />

2.6 Die Verwendung des Abgabeaufkommens<br />

<strong>Das</strong> Aufkommen aus <strong>der</strong> Abwasserabgabe steht den Län<strong>der</strong>n zu und ist gemäß § 13 Abs. 1 AbwAG für Maßnahmen, die <strong>der</strong><br />

Erhaltung o<strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Gewässergüte dienen, zweckgebunden. § 13 Abs. 2 AbwAG nennt Beispiele solcher Maßnahmen.<br />

Die Län<strong>der</strong> können bestimmen, daß <strong>der</strong> durch den Vollzug dieses Gesetzes und <strong>der</strong> ergänzenden landesrechtlichen<br />

Vorschriften entstehende Verwaltungsaufwand aus dem Aufkommen <strong>der</strong> Abwasserabgabe gedeckt wird.<br />

3. Näheres zur Abwasserabgabe für Schmutzwasser<br />

Die Abwasserabgabe für Schmutzwasser ist das Kernstück des Abgabensystems und eigentlich <strong>der</strong> einzige Bereich, in dem dem<br />

Gesetz mit einer gewissen Berechtigung nachgesagt werden kann, überhaupt eine Lenkungsfunktion zu haben. Anknüpfungspunkt<br />

für die Berechnung <strong>der</strong> Schadstofffracht und damit <strong>der</strong> Abgabe ist die wasserrechtliche Einleitungserlaubnis. Deshalb<br />

ordnet § 4 Abs. 1 AbwAG an, daß dieser Bescheid mindestens für die abgaberelevanten Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen<br />

CSB, Phosphor, Stickstoff, AOX, Quecksilber, Cadmium, Chrom, Nickel, Blei und Kupfer die in einem bestimmten Zeitraum<br />

im Abwasser einzuhaltende Konzentration und bei <strong>der</strong> Giftigkeit gegenüber Fischen den in einem bestimmten Zeitraum einzuhaltenden<br />

Verdünnungsfaktor zu begrenzen (Überwachungswerte) hat. Außerdem ist die Jahresschmutzwassermenge festzulegen.<br />

Enthält <strong>der</strong> Bescheid, was in <strong>der</strong> Praxis häufig vorkommt, nicht alle erfor<strong>der</strong>lichen Überwachungswerte, so greift das<br />

in § 6 AbwAG geregelte beson<strong>der</strong>e System zur Ermittlung <strong>der</strong> Schadeinheiten.<br />

Praktisch bedeutsam sind außerdem die Fälle <strong>der</strong> Überschreitungen bestimmter Überwachungswerte gemäß § 4 Abs. 4 AbwAG<br />

sowie die Selbsterklärungsregelung in § 4 Abs. 5 AbwAG (vgl. dazu ausführlich Berendes, aaO, S. 87 ff., 101 ff.; Sie<strong>der</strong>/Zeitler/Dahme,<br />

aaO, Rdnrn. 82 ff. zu § 4 AbwAG).<br />

4. Näheres zur Abwasserabgabe für Nie<strong>der</strong>schlagswasser<br />

<strong>Das</strong> Berechnungssystem für Schmutzwasser kann aus naheliegenden Gründen (Wie oft regnet es wie intensiv?; Wie lassen<br />

sich sämtliche Einleitungen erfassen?) nicht auf das Nie<strong>der</strong>schlagswasser übertragen werden. Deshalb ordnet § 7 AbwAG<br />

eine Pauschalierung bei Einleitung von verschmutztem Nie<strong>der</strong>schlagswasser an. Die Zahl <strong>der</strong> Schadeinheiten von Nie<strong>der</strong>schlagswasser,<br />

das über eine öffentliche Kanalisation eingeleitet wird, beträgt demnach 12 % <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> angeschlossenen<br />

Einwohner. Für Einleitungen von befestigten gewerblichen Flächen über eine nicht öffentliche Kanalisation gelten flächenbezogene<br />

Son<strong>der</strong>regelungen. Die Zahl <strong>der</strong> angeschlossenen Einwohner o<strong>der</strong> die Größe <strong>der</strong> befestigten Fläche kann geschätzt<br />

werden. Diese Pauschalierung ist Grund heftiger Kritik an <strong>der</strong> Abgabe für Nie<strong>der</strong>schlagswasser, weil sie mit dem Grundgedanken<br />

des Verursacherprinzips nur bedingt zu vereinbaren ist und weil sie wirtschaftliche Anreize zur Vermeidung <strong>der</strong> Schmutzfracht<br />

vermissen läßt.<br />

Nach § 7 Abs. 2 AbwAG können die Bundeslän<strong>der</strong> bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Einleitung von Nie<strong>der</strong>schlagswasser<br />

ganz o<strong>der</strong> zum Teil abgabefrei bleibt. Von dieser Ermächtigung haben die Län<strong>der</strong> in unterschiedlicher Art und<br />

Weise Gebrauch gemacht. Zum Teil stellen die Län<strong>der</strong> allgemein auf die in Betracht kommenden Anfor<strong>der</strong>ungen nach den<br />

allgemein anerkannten Regeln <strong>der</strong> Technik ab. An<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> binden die Abgabebefreiung an zusätzliche Voraussetzungen<br />

wie Anfor<strong>der</strong>ungen an die Nie<strong>der</strong>schlagswassereinleitung und/o<strong>der</strong> an die Mischwasserbehandlung in <strong>der</strong> Kläranlage.<br />

5. Grundzüge <strong>der</strong> Abwasserabgabe für Kleineinleitungen<br />

5.1 Voraussetzungen <strong>der</strong> Kleineinleiterabgabe<br />

Eine ausdrückliche Definition des Kleineinleiters enthält das AbwAG nicht. Aus dem Zusammenspiel <strong>der</strong> §§ 8 Abs. 1 und 9<br />

Abs. 2 AbwAG wird aber deutlich, daß damit Einleiter gemeint sind, die weniger als 8 m3 Schmutzwasser aus Haushaltungen<br />

und ähnliches Schmutzwasser pro Tag einleiten. Es geht demnach um die Einleitungen aus sog. Kleinkläranlagen im Sinne<br />

<strong>der</strong> DIN 4261.<br />

5.2 Befreiungsmöglichkeiten<br />

Nach § 8 Abs. 2 AbwAG ist die Einleitung abgabefrei, wenn <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> Abwasserbehandlungsanlage mindestens den allgemein<br />

anerkannten Regeln <strong>der</strong> Technik entspricht und die ordnungsgemäße Schlammbeseitigung sichergestellt ist. Außerdem<br />

können die Län<strong>der</strong> bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Einleitung abgabefrei bleibt.


5.3 Umfang <strong>der</strong> Kleineinleiterabgabe<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Schadeinheiten beträgt die Hälfte <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> nicht an die Kanalisation angeschlossenen Einwohner, soweit die<br />

Län<strong>der</strong> nichts an<strong>der</strong>es bestimmen (§ 8 Abs. 1 AbwAG). Ist die Zahl <strong>der</strong> Einwohner nicht o<strong>der</strong> nur mit unverhältnismäßigem<br />

Aufwand zu ermitteln, kann sie geschätzt werden. Je<strong>der</strong> nicht an die Kanalisation angeschlossene Einwohner steht also abwasserabgabenrechtlich<br />

im Ergebnis allenfalls für eine halbe Schadeinheit, wird also zur Zeit letztendlich 35,– DM Abwasserabgabe<br />

pro Jahr belastet. Bei dieser Größenordnung liegt es nahe, die Wirkung <strong>der</strong> „Lenkungsabgabe“ in Zweifel zu ziehen<br />

und <strong>der</strong>en Abschaffung zu for<strong>der</strong>n.<br />

5.4 Kleineinleiterabgabe abschaffen!<br />

Die Kleineinleiterabgabe wird auch heute noch mehr o<strong>der</strong> weniger vehement verteidigt. Sie sei unter dem Aspekt des Gewässerschutzes<br />

sinnvoll und im Regelfall auch geeignet, Anreize für wasserwirtschaftliche Investitionen zu bieten. Zur Begründung<br />

dieses Ansatzes wird dann aber nur wenig an handfester Argumentation geboten. Und die Praxis <strong>der</strong> Kleineinleiterabgabe<br />

spricht eine an<strong>der</strong>e Sprache: Die Entscheidung, ob ein kleiner Weiler an die öffentliche Kanalisation angeschlossen wird,<br />

hängt genau wie die Entscheidung, ob ein Grundstückseigentümer seine nicht DIN-gerechte Kleinkläranlage gegen eine DINgerechte<br />

austauscht, von allen möglichen Faktoren ab, nicht jedoch von einer „Lenkungsabgabe“ in Höhe von 35,– DM pro<br />

Person. Diese Abgabe schafft allenfalls eine Unzahl von Formularen, Datenfriedhöfen und Streitigkeiten über die Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> geschil<strong>der</strong>ten Befreiungsmöglichkeiten. Näher zu Sinn o<strong>der</strong> Unsinn dieser Abgabe Berendes, aaO S. 120 einerseits;<br />

Nisipeanu, aaO S. 557 an<strong>der</strong>erseits.<br />

6. Festsetzung <strong>der</strong> Abwasserabgabe<br />

Die Festsetzung erfolgt von Amts wegen. Die Abwasserabgabe wird durch schriftlichen Bescheid, <strong>der</strong> dem Abgabepflichtigen<br />

zuzustellen ist, festgesetzt. Für die Festsetzung ist die AO anzuwenden.<br />

7. Rechtsbehelfe<br />

Gegen die Festsetzung <strong>der</strong> Abwasserabgabe sind die üblichen Rechtsbehelfe nach <strong>der</strong> VwGO gegeben. Wi<strong>der</strong>spruch und<br />

Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).<br />

<strong>Das</strong> vorliegende Faltblatt ist Teil einer Loseblattsammlung, die laufend ergänzt wird. Die systematische Übersicht und weitere Faltblätter erhalten Sie auf Anfrage.<br />

Stand: Dezember 1999

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