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Mitten aus dem Leben ...<br />

Mona, e<strong>in</strong>e 24jährige Mediz<strong>in</strong>student<strong>in</strong><br />

libanesischer Herkunft, setzt sich damit<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>: »Vieles ist mir offensichtlich<br />

geworden. E<strong>in</strong>s ist, dass Integration auf<br />

beiden Seiten stattf<strong>in</strong>det, <strong>als</strong>o muss ich<br />

selber aktiv werden, beispielsweise <strong>in</strong>dem<br />

ich e<strong>in</strong>en aufklärenden Film mache, <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en me<strong>in</strong>e Sicht <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge mitteilt.<br />

Hier kann ich mir Gehör verschaffen.«<br />

Wie funktioniert das mit dem Filmen<br />

eigentlich? Die 15jährige türkischstämmige<br />

Canan, die gerade mit drei<br />

an<strong>der</strong>en Jugendlichen e<strong>in</strong>en Film über das<br />

kulturelle ‚Zwischen-den-Stühlen-Sitzen'<br />

<strong>in</strong> Deutschland dreht, erklärt es: »Wir<br />

haben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe e<strong>in</strong> Thema, über<br />

das wir e<strong>in</strong>en Film machen möchten.<br />

Dann setzen wir Schwerpunkte, machen<br />

e<strong>in</strong> Konzept und bekommen e<strong>in</strong>e Kamera,<br />

mit <strong>der</strong> wir uns o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e und unser<br />

Leben zum Thema filmen. Und wir haben<br />

e<strong>in</strong>en Betreuer, <strong>der</strong> uns unterstützt.«<br />

Andreas von Hören sieht hier<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

wesentlichen pädagogischen Effekt: »Für<br />

die Jugendlichen ist das e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es<br />

Erlebnis: Sie arbeiten konsequent und<br />

motiviert an e<strong>in</strong>er Sache und br<strong>in</strong>gen sie<br />

<strong>auch</strong> zu Ende. Sie fixieren das, was sie zu<br />

sagen haben, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Film, <strong>der</strong> von vielen<br />

an<strong>der</strong>en Menschen gesehen und<br />

aufgenommen wird. Außerdem wirkt <strong>der</strong><br />

Film auf die Macher wie e<strong>in</strong> Spiegel: Sie<br />

denken über sich selbst nach. Und es ist ihr<br />

Werk, das sie möglich gemacht haben.«<br />

Dann kommt es zu bundesweiten<br />

Aufführungen und Diskussionen. Von<br />

Hören setzt auf die hohe Qualität und die<br />

Breitenwirksamkeit <strong>der</strong> Arbeit, damit e<strong>in</strong><br />

vielfältiges Publikum erreicht wird. Diese<br />

Bestrebungen spiegeln sich <strong>in</strong> den vielen<br />

Preisen, die das Medienprojekt Wuppertal<br />

über die Jahre ausgezeichnet haben, wi<strong>der</strong>,<br />

denn die Filme werden längst bundesweit<br />

<strong>als</strong> Bildungsmittel vertrieben und mit<br />

großem Erfolg gezeigt. »Während <strong>der</strong><br />

Aufführung f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Kommunikation<br />

statt, ohne dass Gruppen schon parallel<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> diskutieren müssen. Wenn die<br />

Zuschauer tangiert und <strong>in</strong>tellektuell<br />

angeregt s<strong>in</strong>d, kommt die Diskussion. Und<br />

das ist die wichtige Phase <strong>der</strong><br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung und Aufklärung zu<br />

e<strong>in</strong>em gesellschaftsrelevanten Thema.« Da<br />

<strong>der</strong> Film e<strong>in</strong> attraktives Medium ist,<br />

kommen viele Menschen zusammen und<br />

tauschen ihre ebenso vielfältigen<br />

Me<strong>in</strong>ungen aus. Mittlerweile sehen<br />

mehrere hun<strong>der</strong>ttausend Interessierte die<br />

Filmproduktionen und reden h<strong>in</strong>terher<br />

darüber – gern <strong>auch</strong> etwas hitziger, dies<br />

wünscht sich von Hören sogar: »<strong>Das</strong> ist<br />

Demokratieverständnis, weil je<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e<br />

subjektive Me<strong>in</strong>ung artikulieren kann.<br />

Weil man sich vielleicht <strong>auch</strong> ärgert,<br />

befruchtet man sich gegenseitig, und<br />

Dummes wie Rassismus enttarnt sich<br />

dann selbst.« So kam <strong>auch</strong> die 16jährige<br />

Yasm<strong>in</strong> auf die Idee, an e<strong>in</strong>em<br />

Filmprojekt mitzuarbeiten: »Ich habe <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Film zu Muslimen <strong>in</strong> Wuppertal<br />

etwas gesehen, dem ich gar nicht<br />

zustimmen konnte, ich habe mich sogar<br />

e<strong>in</strong> bisschen darüber geärgert. Also habe<br />

ich mich mir gedacht, ich kann hier<br />

mitzumachen und me<strong>in</strong>e Sicht zeigen.«<br />

Von Beg<strong>in</strong>n an arbeitete das Medienprojekt<br />

mit e<strong>in</strong>em M<strong>in</strong>imum an fest<br />

Angestellten. Auch heute ist das<br />

Engagement Freiwilliger sehr groß.<br />

Anfangs f<strong>in</strong>anzierte die Stadt Wuppertal<br />

<strong>als</strong> Herausgeber das Projekt. Mittlerweile<br />

ist das Medienprojekt e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>getragener<br />

Vere<strong>in</strong>, f<strong>in</strong>anziert sich durch För<strong>der</strong>gel<strong>der</strong><br />

und den Vertrieb und kann <strong>in</strong><br />

Eigenverantwortung <strong>auch</strong> heiklere<br />

Themen auf Zelluloid bannen. Die<br />

Filmschmiede ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kommunalpolitik,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung und <strong>auch</strong> <strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>en Städten hoch angesehen und<br />

fungiert bereits <strong>als</strong> Modellprojekt: E<strong>in</strong>ige<br />

Kommunen haben den positiven<br />

Aufklärungseffekt <strong>der</strong> Arbeit erkannt und<br />

die Idee übernommen. Andreas von<br />

Hören weiß, dass Integrationsarbeit ohne<br />

das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Nachhaltigkeit langfristig<br />

nicht erfolgreich se<strong>in</strong> kann: »<strong>Das</strong> ist ja das<br />

beson<strong>der</strong>e am Medium Film. Man kann es<br />

an vielen Orten zur gleichen Zeit und<br />

immer wie<strong>der</strong> zeigen. Die Integrationskonflikte<br />

werden wir noch e<strong>in</strong>e Zeitlang<br />

haben, die Filme bleiben. Man erreicht mit<br />

<strong>der</strong> Arbeit weniger Akteure sehr viele<br />

Menschen, die auf e<strong>in</strong>er unterhaltsamen<br />

Veranstaltung zusammenkommen und<br />

zum Nachdenken angestoßen werden. Die<br />

Filme fokussieren und stellen lokale<br />

Probleme dar, die eigentlich vielerorts<br />

gelten, und sprechen verschiedene<br />

Zielgruppen auf e<strong>in</strong>mal an. So können wir<br />

Bewusstse<strong>in</strong> schaffen und aktiv etwas für<br />

die Gesellschaft tun.«<br />

Arif Izgi, sozialdemokratischer Stadtrat <strong>in</strong><br />

Wuppertal, sieht die Relevanz des<br />

Projekts: »<strong>Das</strong> Medienprojekt macht<br />

immer wie<strong>der</strong> aufs Neue sichtbar, dass es<br />

sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> so genannten Mehrheitsgesellschaft<br />

<strong>als</strong> <strong>auch</strong> unter Migrant<strong>in</strong>nen<br />

und Migranten mehr <strong>in</strong>dividuelle<br />

Lebensentwürfe gibt, <strong>als</strong> die oft<br />

pauschalisierte Debatte um Migration und<br />

Integration vermuten lässt. Deshalb ist es<br />

UMGANG MIT VERSCHIEDENEN KULTUREN – FÖRDERUNG DES ZUSAMMENLEBENS<br />

umso wichtiger, dass dieses Projekt die<br />

Menschen e<strong>in</strong>er Stadt erreicht, denn aus<br />

ihrer Mitte kommen diese Jugendlichen.«<br />

Mona fügt e<strong>in</strong>en abschließenden Gedanken<br />

h<strong>in</strong>zu, <strong>der</strong> ihr noch wichtig zu erwähnen<br />

sche<strong>in</strong>t: »Was ist Integration? Integration ist<br />

für mich, wenn man bei <strong>der</strong> Bewahrung <strong>der</strong><br />

eigenen Identität sich so gut wie möglich <strong>in</strong><br />

die Gesellschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> man lebt, e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt.<br />

Ich habe beides <strong>in</strong> mir, und das kann ich<br />

nutzen.«<br />

Ansprechpartner<br />

Andreas von Hören<br />

Geschäftsführer des Medienprojekt<br />

Wuppertal e. V.<br />

Telefon 0202 - 563 2647<br />

<strong>in</strong>fo@medienprojekt-wuppertal.de<br />

www.medienprojekt-wuppertal.de<br />

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