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Wuppertal<br />

Mitten aus dem Leben und auf den Schirm<br />

Filme schil<strong>der</strong>n das Leben aus an<strong>der</strong>en Blickw<strong>in</strong>keln<br />

»Wir müssen alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Gespräch kommen.<br />

Integration ist e<strong>in</strong> beidseitiger Prozess.<br />

Für mich ist das Leben <strong>in</strong> Deutschland<br />

ja <strong>auch</strong> e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>spirierende Bereicherung,<br />

die ich annehme. Ich habe<br />

deutsche Anteile <strong>in</strong> mir entdeckt, und<br />

auf die b<strong>in</strong> ich stolz.«<br />

Mona,Mediz<strong>in</strong>student<strong>in</strong><br />

UMGANG MIT VERSCHIEDENEN KULTUREN – FÖRDERUNG DES ZUSAMMENLEBENS<br />

Iman, 16, drückt das aus, was viele an<strong>der</strong>e<br />

junge Frauen ihres Glaubens vielleicht <strong>auch</strong><br />

denken, aber nicht aussprechen. Von <strong>der</strong><br />

Kamera lässt sie sich beim Gebet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Moschee filmen. Aus dem Off erklärt sie:<br />

»Nur, weil ich e<strong>in</strong>e Kopftuchträger<strong>in</strong> b<strong>in</strong>,<br />

heißt das nicht, dass ich ke<strong>in</strong> schönes Leben<br />

hätte.« Die nächsteKamerae<strong>in</strong>stellung zeigt<br />

sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Café mit Freund<strong>in</strong>nen, lachend<br />

beim Eisessen. »Im Gegenteil! Ich habe<br />

mich mit 13 selbst für das Kopftuch<br />

entschieden, <strong>auch</strong> <strong>als</strong> me<strong>in</strong>e Eltern sagten,<br />

es würde mir vielleicht das Leben <strong>in</strong><br />

Deutschland schwerer machen. Es ist aber<br />

me<strong>in</strong>e religiöse Überzeugung.«<br />

Der Film »Ich b<strong>in</strong> Ich« zeigt verschiedene<br />

Jugendliche aus e<strong>in</strong>er Schule <strong>in</strong> Wuppertal.<br />

Sie alle haben unterschiedliche kulturelle<br />

H<strong>in</strong>tergründe: Iman kommt aus Marokko,<br />

Broucha aus Algerien. Branka entfloh mit<br />

zehn Jahren den Grauen des Bürgerkriegs<br />

<strong>in</strong> Bosnien. Marta ist <strong>in</strong> Polen geboren,<br />

Fatih kam mit zwei Jahren aus <strong>der</strong> Türkei<br />

nach Deutschland – die beiden s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

Paar, das sich so e<strong>in</strong>igen kulturellen und<br />

gesellschaftlichen Stolperste<strong>in</strong>en stellen<br />

muss. Und da s<strong>in</strong>d noch Stefanie und<br />

Florian, <strong>in</strong> Deutschland geboren und<br />

aufgewachsen. »Ich kann mich mit den<br />

typischen ‚Deutschen' nicht identifizieren,<br />

Deutschland ist für mich e<strong>in</strong> Spießerland<br />

mit unlockeren Menschen ohne Humor«,<br />

me<strong>in</strong>t Stefanie. Florian grübelt <strong>der</strong>weil, was<br />

denn typisch deutsch sei.<br />

Diese jungen Menschen h<strong>in</strong>terfragen ihre<br />

Identität, wo ihre kulturellen Wurzeln<br />

liegen, welchem Land und welchen<br />

Menschen sie sich verbunden fühlen, wie<br />

sie mit Menschen an<strong>der</strong>er religiöser,<br />

nationaler o<strong>der</strong> ethnischer Herkunft<br />

umgehen und wie man mit ihnen umgeht.<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis ist e<strong>in</strong> Film, den Wuppertaler<br />

Jugendliche selbst gedreht haben. <strong>Das</strong><br />

Medienprojekt Wuppertal hat dies<br />

ermöglicht. Es existiert bereits seit 1992<br />

und hat es sich zum Ziel gemacht, jungen<br />

Menschen verschiedenster Herkunft,<br />

Interessen und Motivationen e<strong>in</strong>e Möglich-<br />

keit zur Artikulation ihrer Me<strong>in</strong>ungen und<br />

Lebens<strong>in</strong>halte zu geben, wie Initiator und<br />

Geschäftsführer Andreas von Hören<br />

erklärt: »Wir bieten jungen Menschen das<br />

Werkzeug und e<strong>in</strong>e Bühne, um sich<br />

mitzuteilen, ihre biographischen Geschichten,<br />

ihre Ansichten und sich selbst<br />

reflektiert darzustellen. Durch das<br />

Medium Film und die Zuschauer schaffen<br />

wir gegenseitiges Verständnis auf<br />

unterschiedlichen Seiten.«<br />

Unter <strong>der</strong> Anleitung des Medienpädagogen<br />

entstehen jährlich gut 150<br />

<strong>in</strong>haltlich und künstlerisch ansprechende<br />

Reportagen, Kurzspielfilme o<strong>der</strong> Computeranimationen<br />

zu Themen, die die<br />

Wuppertaler Jugend beschäftigen: Gewalt,<br />

Sexualität, Tod, Drogen, Rassismus,<br />

<strong>in</strong>terkulturelles Leben und Integration.<br />

Die letzten beiden Themenfel<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d von<br />

Anfang an e<strong>in</strong> Anliegen <strong>der</strong> Jugendlichen<br />

gewesen: »Es hat etwas von e<strong>in</strong>em<br />

missionarischen Ansatz. Gerade heute ist<br />

es wegen <strong>der</strong> negativen Berichterstattung<br />

über weniger bekannte Kulturen beson<strong>der</strong>s<br />

vielen jungen Menschen mit<br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong> Anliegen,<br />

durch das Produzieren von Filmen etwas<br />

zu verän<strong>der</strong>n. Sie verspüren e<strong>in</strong>en<br />

gesellschaftlichen Druck und dadurch<br />

<strong>auch</strong> e<strong>in</strong>e massive Motivation, denn die<br />

Stigmatisierung ist immens.«<br />

Wie von Hören <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />

beobachten konnte, sei mit dieser Arbeit<br />

<strong>der</strong> entscheidende Gedanke geför<strong>der</strong>t<br />

worden, dass bei <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit Integration alle Beteiligten aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

zugehen und Verständigung schaffen<br />

müssen. Die Erkenntnis vieler Jugendlicher<br />

mit und ohne Migrationsh<strong>in</strong>tergrund,<br />

dass politische und gesellschaftliche<br />

Teilhabe dabei wichtig ist, hat dadurch e<strong>in</strong>e<br />

neue Dimension erfahren und ihr<br />

Selbstbewusstse<strong>in</strong> entscheidend gestärkt.<br />

Denn hier wird Jugendlichen e<strong>in</strong><br />

Kommunikationsmedium <strong>in</strong> die Hand<br />

gedrückt und somit Kompetenz und e<strong>in</strong>e<br />

wichtige eigene Me<strong>in</strong>ung zugesprochen.<br />

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