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Gastbeitrag<br />

Kommunale Integrationspolitik<br />

von Dr. Lale Akgün, MdB (SPD) 2002-2009<br />

Viele Großstädte verfügen über e<strong>in</strong><br />

solides <strong>in</strong>tegrationspolitisches<br />

Netzwerk mit städtischen Dienststellen,<br />

dem Integrationsrat und<br />

e<strong>in</strong>er lebendigen Vielfalt an<br />

<strong>in</strong>terkulturellen Zentren verschiedenster<br />

Träger und Migrantenselbsthilfeorganisationen.<br />

Hierauf<br />

aufbauend, müssen von e<strong>in</strong>er<br />

breiten politischen Mehrheit getragene<br />

Instrumente und Maßnahmen<br />

für e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Integrationspolitik geschaffen bzw.<br />

weiterentwickelt werden.<br />

Grundsätzlich s<strong>in</strong>d drei Prämissen<br />

konstitutiv für e<strong>in</strong>e fortschrittliche<br />

Integrationspolitik <strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialen<br />

Stadt:<br />

1. Ke<strong>in</strong>e ethnische Deutung von<br />

sozialen Problemen, son<strong>der</strong>n<br />

Akzeptanz <strong>der</strong> sozialen Lebenslagen:<br />

Die Ursachen <strong>der</strong> Probleme <strong>in</strong><br />

bestimmten Quartieren <strong>der</strong> Städte<br />

s<strong>in</strong>d nicht durch die Herkunft ihrer<br />

Bewohner bed<strong>in</strong>gt, son<strong>der</strong>n durch<br />

<strong>der</strong>en soziale Situation. Gerade <strong>in</strong><br />

solchen Stadtteilen müssen die<br />

geme<strong>in</strong>samen sozialen Klassenund<br />

Lebenslagen <strong>in</strong> den Mittelpunkt<br />

des Interesses rücken. <strong>Das</strong> ist<br />

Voraussetzung dafür, ethnisierende<br />

Des<strong>in</strong>tegrationsprozesse zu stoppen<br />

und Teilhabe und kollektives<br />

politisches Handeln zu ermöglichen.<br />

2. Die Stadtteile <strong>als</strong> Lebensmittelpunkte<br />

<strong>der</strong> Menschen anerkennen<br />

und för<strong>der</strong>n:<br />

E<strong>in</strong>e fortschrittliche Integrationspolitik<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialen Stadt muss<br />

sich daran messen lassen, welche<br />

Wichtigkeit sie <strong>auch</strong> benachteiligten<br />

Stadtteilen beimisst und was sie<br />

bereit ist, <strong>in</strong> ihre benachteiligten<br />

Stadtteile zu <strong>in</strong>vestieren.<br />

3. Die Erkenntnis, dass <strong>in</strong> diesen<br />

Stadtteilen das Potenzial <strong>auch</strong> für<br />

die Identifikation mit den Stadtteilen<br />

liegt.<br />

Gesellschaftliche Verantwortung<br />

für den Stadtteil wird immer dann<br />

übernommen, wenn Menschen sich<br />

mit ihrem Lebensumfeld<br />

identifizieren. Ziel muss es se<strong>in</strong>, dass<br />

die Menschen <strong>in</strong> ihren Stadtteilen<br />

wohnen bleiben – <strong>auch</strong> wenn sie<br />

sich etwas ,Besseres’ leisten<br />

könnten. Damit beg<strong>in</strong>nt <strong>der</strong> soziale<br />

Aufstieg des Stadtteils.<br />

Welche zentralen Strategien s<strong>in</strong>d<br />

dabei von Bedeutung:<br />

Prävention, d. h. gesellschaftliche<br />

und soziale Probleme im Stadtteil<br />

müssen rechtzeitig erkannt,<br />

diagnostiziert und unter E<strong>in</strong>beziehung<br />

<strong>der</strong> Lebensräume analysiert<br />

werden.<br />

Partizipation, d. h. alle Bürger<strong>in</strong>nen<br />

und Bürger des Stadtteils müssen<br />

die Möglichkeit erhalten, Mitspracherecht<br />

bei <strong>der</strong> Gestaltung<br />

ihres Stadtteils zu bekommen.<br />

Lösungsstrategien müssen geme<strong>in</strong>sam<br />

formuliert werden.<br />

Integration, d. h. alle Bürger<br />

müssen Verantwortung übernehmen<br />

für ihren Stadtteil, es muss<br />

e<strong>in</strong> selbstverständlicher Umgang<br />

mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> entstehen, aus ,Ich’<br />

und ,Du’ muss e<strong>in</strong> ,Wir’ entstehen<br />

mit <strong>der</strong> zugehörenden geme<strong>in</strong>samen<br />

Identität.<br />

Tipps zum Handeln<br />

4: Kommunikation und Wi<strong>der</strong>stand I<br />

DAS ÖFFENTLICHE GESPRÄCH ANREGEN<br />

Hoffnungen statt Ängste<br />

<strong>Das</strong> Thema »Integration« ist oft mit Ängsten besetzt und ruft, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wenn dann <strong>auch</strong> noch Bil<strong>der</strong> brennen<strong>der</strong> Autos<br />

<strong>in</strong> Pariser Vororten gezeigt werden, Wi<strong>der</strong>stand hervor. Auch wenn wir wissen, dass Millionen Auslän<strong>der</strong> friedlich mit uns<br />

zusammen leben, haben es rationale Überlegungen und Argumente dann schwer. In <strong>der</strong> Regel wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Berichterstattung über Probleme <strong>der</strong> Nicht-Integration geschrieben. Aus den Alltagserfahrungen, aber <strong>auch</strong> aus <strong>der</strong><br />

Kommunikationswissenschaft wissen wir, dass das Verhalten <strong>der</strong> Menschen weit eher durch Gefühle (vor allem <strong>der</strong><br />

Hoffnung und <strong>der</strong> Angst) geprägt ist <strong>als</strong> durch bloße Information (Vernunft / Überlegungen). Der Eisberg zeigt anschaulich,<br />

dass achtzig Prozent <strong>der</strong> Kommunikation unterhalb <strong>der</strong> rationalen Wasserl<strong>in</strong>ie erfolgt.<br />

Für uns ist es demnach beson<strong>der</strong>s wichtig zu erkennen, dass wir mit Vernunft-Appellen alle<strong>in</strong> nicht viel weiter kommen. Im<br />

Bereich <strong>der</strong> Gefühle s<strong>in</strong>d die Ängste bereits besetzt. Wenn wir uns nicht länger von den Problemen absorbieren lassen,<br />

son<strong>der</strong>n uns ganz bewusst den Chancen und Hoffnungen des Zusammenlebens zuwenden, können wir Positives bewirken<br />

und Menschen erreichen.<br />

Welche Chancen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er globalisierten Welt erhalten unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong>, wenn sie früh an<strong>der</strong>e Kulturen kennen lernen?<br />

Welchen Vorteil kann unsere Verwaltung daraus ziehen, wenn ihre Mitarbeiter mehrere Sprachen sprechen und die Sorgen<br />

<strong>der</strong> eigenen M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten besser verstehen? Was könnten die Betriebe alles tun, um mehr Nutzen aus den <strong>in</strong>terkulturellen<br />

Kenntnissen potenzieller Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter zu ziehen? Abkehr von <strong>der</strong> Problemorientierung.<br />

<strong>Das</strong> geme<strong>in</strong>same öffentliche Thema »Chancen« verdient unsere Energie und kann das Diskussionsklima <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt<br />

nachhaltig positiv bee<strong>in</strong>flussen.<br />

<strong>Das</strong> Eisbergmodell nach Sigmund Freud:<br />

Vom Unterschied zwischen dem Verstand<br />

und den Gefühlen<br />

Verstand,<br />

Sachebene<br />

Gefühle, Sorgen, Ängste, Hoffnungen<br />

Enttäuschungen, Erlebnisse, Trauer, Wut,<br />

Glück, Ohnmacht, Glück ...<br />

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