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Gastbeitrag<br />

Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegration – Eigenengagement<br />

wecken und Unterstützung bieten<br />

von Wolfgang Fehl, ehem. Zentr<strong>als</strong>telle für die Weiterbildung im Handwerk e. V.<br />

Köln, 1969:<br />

Guglielmo Coppola kommt mit e<strong>in</strong>em<br />

Koffer, 60 Mark und dem Zeugnis <strong>der</strong><br />

Fachhochschulreife aus e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />

italienischen Dorf nach Köln. Mit sechs<br />

an<strong>der</strong>en Gastarbeitern bezieht er e<strong>in</strong>e<br />

w<strong>in</strong>zige Wohnung im Ford-Wohnheim,<br />

denn bei den Ford-Werken soll<br />

er arbeiten. »Die erste Zeit war schon<br />

schwer«, gibt Coppola zu. An<strong>der</strong>es<br />

Land, an<strong>der</strong>e Sprache, an<strong>der</strong>e<br />

Mentalität, an<strong>der</strong>e Arbeitsweise – da<br />

gab es nur zwei Möglichkeiten:<br />

aufgeben o<strong>der</strong> kämpfen.« Guglielmo<br />

Coppola entscheidet sich fürs<br />

Kämpfen. Er belegt auf eigene Faust<br />

e<strong>in</strong>en Deutschkurs und er ist bereit, für<br />

Ford nach Spanien und England auf<br />

Montage zu gehen.<br />

Szenenwechsel: die Kölner Fordwerke<br />

<strong>in</strong> den 80er Jahren.<br />

Arbeitsabläufe und -techniken werden<br />

computerisiert. Coppola ist klar, dass<br />

se<strong>in</strong> Kampf <strong>in</strong> die zweite Runde geht:<br />

Er absolviert – wie<strong>der</strong> privat – e<strong>in</strong>en<br />

18monatigen CAD-Kurs. Die Investition<br />

zahlt sich aus: Er wird für die<br />

Teilnahme an <strong>der</strong> Ford-<strong>in</strong>ternen<br />

Weiterbildung »Computergesteuerte<br />

Konstruktion« ausgewählt. Und er<br />

nimmt 1986 an e<strong>in</strong>em Tra<strong>in</strong>ee-<br />

Programm teil und erwirbt den<br />

Abschluss »Spitzenfacharbeiter mit<br />

Spezialaufgaben«.<br />

Die Berufslaufbahn von Guglielmo<br />

Coppola beschreibt Arbeitsmarkt-<br />

<strong>in</strong>tegration par Excellence. Lei<strong>der</strong> ist<br />

nicht je<strong>der</strong> Mensch so e<strong>in</strong>e Kämpfernatur<br />

– nicht je<strong>der</strong> Deutsche und <strong>auch</strong><br />

nicht je<strong>der</strong> Migrant. <strong>Das</strong> Motto<br />

unserer Bundesregierung »För<strong>der</strong>n<br />

und For<strong>der</strong>n« ersche<strong>in</strong>t mir daher<br />

genau richtig, um die Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegration<br />

zu verbessern.<br />

Hier s<strong>in</strong>d <strong>auch</strong> Kommunalpolitiker<br />

gefragt. Je<strong>der</strong> Kommune muss<br />

bewusst se<strong>in</strong>, dass sie zu e<strong>in</strong>em<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsland gehört und sie<br />

muss <strong>auch</strong> e<strong>in</strong>mal die Vorteile dieser<br />

Tatsache nutzen. Denken Sie dabei<br />

beispielsweise an die demografische<br />

Entwicklung, denken Sie an Unternehmer<br />

ausländischer Herkunft <strong>in</strong><br />

Deutschland, denken Sie an die bunte<br />

Vielfalt und die kreativen Köpfe e<strong>in</strong>er<br />

multikulturellen Gesellschaft.<br />

Es stünde je<strong>der</strong> Kommune gut zu<br />

Gesicht, ihre positive E<strong>in</strong>stellung zu<br />

ihren E<strong>in</strong>wohnern mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

durch e<strong>in</strong>e Personalbesetzung<br />

zu dokumentieren, die dem<br />

Herkunfts-Querschnitt <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

vor Ort entspricht. So werden<br />

Hürden abgebaut, so wird Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegration<br />

vorgelebt und so<br />

wirken Kommunalpolitiker glaubwürdig,<br />

wenn sie zur Integration<br />

auffor<strong>der</strong>n.<br />

Arbeitsmarkt<strong>in</strong>tegration und gesellschaftliche<br />

Integration bee<strong>in</strong>flussen<br />

sich gegenseitig positiv wie negativ.<br />

Deshalb sollten Kommunen alles tun,<br />

um Ghettobildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Region zu<br />

vermeiden. Lassen Sie nicht zu, dass<br />

Menschen aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />

Deutsche sich abkapseln – för<strong>der</strong>n Sie<br />

<strong>in</strong>tegriertes Wohnen, verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n Sie<br />

wo irgend möglich, re<strong>in</strong> deutsche und<br />

re<strong>in</strong> ausländische Ladenviertel. Dies<br />

klappt, wenn entsprechende Konzepte<br />

geme<strong>in</strong>sam entwickelt wird.<br />

Ziehen Sie daher <strong>auch</strong> Zugewan<strong>der</strong>te<br />

<strong>in</strong> die Stadtentwicklung und die<br />

Ratsbeschlüsse e<strong>in</strong> – das macht<br />

deutlich: »Ihr gehört dazu!« Und das<br />

macht Mut, sich zu engagieren.<br />

In den vergangenen Jahren wurde <strong>in</strong><br />

Projekten e<strong>in</strong>e Vielzahl von Modellen<br />

entwickelt, die Menschen mit<br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergrund for<strong>der</strong>n und<br />

för<strong>der</strong>n. So haben beispielsweise<br />

Studenten ausländischer Herkunft<br />

Schülern gleicher Herkunft erfolgreich<br />

Nachhilfe gegeben – und das für<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, die die<br />

Lehrer schon fast aufgegeben hatten.<br />

O<strong>der</strong>: Schulen kooperieren mit<br />

ausländischen Unternehmervere<strong>in</strong>en<br />

für e<strong>in</strong>e praxisorientierte Berufsorientierung<br />

e<strong>in</strong>erseits und die<br />

Gew<strong>in</strong>nung von Auszubildenden<br />

an<strong>der</strong>erseits. E<strong>in</strong> ausgezeichnetes<br />

Modell, um jungen Schülern mit<br />

Migrationsh<strong>in</strong>tergrund die Bedeutung<br />

e<strong>in</strong>er guten Berufsausbildung vor<br />

Augen zu führen, s<strong>in</strong>d Ex-Azubi-<br />

Stammtische, <strong>in</strong> denen junge Migrant-<br />

<strong>in</strong>nen und Migranten, die beruflich<br />

erfolgreich s<strong>in</strong>d, <strong>als</strong> Vorbild fungieren.<br />

<strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d nur drei Beispiele von vielen,<br />

die gesammelt und publik gemacht<br />

werden sollten, um sie <strong>in</strong> breiter Fläche<br />

nutzbar zu machen.<br />

Was wir <strong>in</strong> 40 Jahren Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

begriffen haben sollten: Integration<br />

funktioniert (lei<strong>der</strong>) selten von selbst.<br />

Es gibt Ausnahmen, wie Guglielmo<br />

Coppola. In <strong>der</strong> Regel ist aber e<strong>in</strong><br />

Motor nötig, beispielsweise <strong>in</strong> Form<br />

guter Projekte, <strong>der</strong> Integration<br />

ankurbelt. Aber wie das bei den<br />

meisten Motoren ist, br<strong>auch</strong>en sie e<strong>in</strong><br />

passendes Gemisch, um rund zu<br />

laufen. In unserem Fall ist dies e<strong>in</strong><br />

gutes Zusammenspiel von Deutschen<br />

und Zugewan<strong>der</strong>ten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Kommune.<br />

ARBEITSMARKTINTEGRATION UND BERUFLICHE FÖRDERUNG<br />

»Ich habe <strong>in</strong>tensive Auslandserfahrung,<br />

habe <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n gelebt und b<strong>in</strong><br />

weltoffen. Es war aber <strong>auch</strong> e<strong>in</strong>e harte<br />

Erfahrung, e<strong>in</strong> Auslän<strong>der</strong> zu se<strong>in</strong>, an<strong>der</strong>s<br />

zu se<strong>in</strong>, an<strong>der</strong>s se<strong>in</strong> zu sollen und mit<br />

gutem Recht <strong>auch</strong> an<strong>der</strong>s se<strong>in</strong> zu wollen.«<br />

Fri<strong>der</strong>ike Wilckens-von He<strong>in</strong>, Theaterpädagog<strong>in</strong><br />

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