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Widerruf eines Verwaltungsakts

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RBEITSGRUPPE<br />

KAA<br />

KOMMUNALPOLITIK<br />

D-53170 Bonn<br />

Telefax 0228/88 36 95<br />

Wegbeschreibung für die<br />

kommunale Praxis<br />

<strong>Widerruf</strong> <strong>eines</strong> <strong>Verwaltungsakts</strong><br />

VR17<br />

(Verwaltungsrecht)<br />

1. Übersicht<br />

Auch ein ordnungsgemäß erlassener, formell und materiell rechtmäßiger VA muß u.U. der ggf. verwaltungspolitischen<br />

Frage unterzogen werden, ob er weiter bestehenbleiben kann. Verwaltungshandeln hat sich durchaus auch an Zweckmäßigkeitserwägungen<br />

und am Gemeinwohl zu orientieren. Beide können aber durchaus zu dem Ergebnis führen, daß<br />

ein ursprünglich sinnvoller VA nunmehr nicht mehr bestehenbleiben kann.<br />

Deswegen gilt:<br />

■ ein belastender VA kann grundsätzlich widerrufen werden, es müssen allerdings bestimmte Beschränkungen<br />

beachtet werden (§ 49 Abs. 1 BVwVfG),<br />

■ ein begünstigender VA kann grundsätzlich nicht widerrufen werden; nur in ganz bestimmten, im Gesetz abschließend<br />

aufgezählten Fällen ist auch hier ein <strong>Widerruf</strong> ausnahmsweise – also ultima ratio – möglich (§ 49 Abs. 2 BVwVfG).<br />

Die für die Rücknahme maßgebliche weitere Unterscheidung in Geld- und Sachleistungs-VA und sonstige VA hat bei<br />

dem <strong>Widerruf</strong> demgemäß keine Bedeutung.<br />

2. <strong>Widerruf</strong> <strong>eines</strong> nicht begünstigenden VA<br />

2.1 Allgem<strong>eines</strong><br />

Nach § 49 Abs. 1 BVwVfG kann ein rechtmäßiger, nicht begünstigender VA grundsätzlich widerrufen werden,<br />

außer wenn ein VA gleichen Inhalts erneut erlassen werden müßte oder wenn ein <strong>Widerruf</strong> aus anderen Gründen<br />

unzulässig ist. Liegen diese Beschränkungen nicht vor, kann damit auch ein rechtmäßiger, nicht begünstigender VA<br />

widerrufen werden, wenn und soweit dies, das Gesetz räumt insoweit Ermessen ein, ermessensfehlerfrei geschehen<br />

kann.<br />

2.2 Beschränkungen beim Aufheben <strong>eines</strong> belastenden VA<br />

Der freien <strong>Widerruf</strong>smöglichkeit <strong>eines</strong> VA stehen ggf. behördliche Bindungen entgegen. Diese führen im Einzelfall zur<br />

Beschränkung des ansonsten grundsätzlich gegebenen <strong>Widerruf</strong>sermessens:<br />

■ Der <strong>Widerruf</strong> <strong>eines</strong> nichtbegünstigenden VA ist nach § 49 Abs. 1 Halbsatz 2 Variante 1 BVwVfG dann nicht zulässig,<br />

wenn ein VA gleichen Inhalts aus Rechtsgründen sofort wieder erlassen werden müßte.<br />

■ Der <strong>Widerruf</strong> <strong>eines</strong> nicht begünstigenden VA ist außerdem nach § 49 Abs. 1 Halbsatz 2 Variante 2 BVwVfG dann<br />

nicht möglich, wenn aus anderen Gründen ein <strong>Widerruf</strong> nicht zulässig ist.<br />

3. <strong>Widerruf</strong> <strong>eines</strong> begünstigenden VA<br />

3.1 <strong>Widerruf</strong>sgründe<br />

Der <strong>Widerruf</strong> <strong>eines</strong> begünstigenden VA muß im Hinblick auf die Interessenlage der Allgemeinheit, aber auch des<br />

Betroffenen die absolute Ausnahme bleiben. Nach § 49 Abs. 2 Satz 1 BVwVfG darf daher ein begünstigender VA<br />

grundsätzlich überhaupt nicht widerrufen werden. Etwas anderes gilt absolut ausnahmsweise, wenn ganz bestimmte<br />

<strong>Widerruf</strong>sgründe greifen, die im jeweiligen Gesetz wegen des Gebots der Rechtsstaatlichkeit abschließend aufgeführt<br />

sind.<br />

Der Gesetzgeber zeigt in § 49 Abs. 2 Satz 1 BVwVfG Sonderfälle auf, bei deren Vorliegen der <strong>Widerruf</strong> <strong>eines</strong> begünstigenden<br />

VA ausnahmsweise zulässig ist. Die Annahme <strong>eines</strong> der in den Nrn. 1 - 5 der Vorschriften genannten Fälle<br />

führt jedoch nach wohl herrschender Meinung nicht ohne weiteres dazu, daß die Feststellung überhaupt nicht mehr<br />

getroffen werden muß, ob grundsätzlich Vertrauensschutz besteht oder nicht. Vielmehr räumt § 49 Abs. 2 Satz 1<br />

BVwVfG der Behörde vom Grundsatz her auch hier Ermessen ein. Deshalb hat im Einzelfall eine Abwägung zwischen


den Belangen der Öffentlichkeit und dem Vertrauensschutz des Einzelnen zu erfolgen. Dies ergibt sich bereits aus der<br />

Bewertung der Vorschrift als absolute Ausnahmenorm. Demgegenüber ist die Rechtsprechung hier z.T. von einem auf<br />

eine Aufhebung intendierten Ermessen ausgegangen. Sie hat ausgeführt, bei Vorliegen einer der genannten <strong>Widerruf</strong>svoraussetzungen<br />

sei normalerweise nicht zu klären, ob der Vertrauensschutz durch zusätzliche Ermessenserwägungen<br />

erweitert werden müsse. Dies sei nur erforderlich, wenn der gesetzliche Ermessensrahmen in Ansehung der Besonderheiten<br />

des Einzelfalles ausnahmsweise nicht ausreichend erscheine.<br />

3.2 Im einzelnen ist ein <strong>Widerruf</strong> nach § 49 Abs. 2 Satz 1 BVwVfG unter folgenden Voraussetzungen zulässig, wenn:<br />

a) er durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im VA vorbehalten (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BVwVfG),<br />

b) der Begünstigte eine dem VA beigefügte Auflage nicht oder nicht fristgerecht erfüllt hat (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2<br />

BVwVfG),<br />

c) die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den VA nicht zu erlassen und wenn<br />

ohne den <strong>Widerruf</strong> das öffentliche Interesse gefährdet würde (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVwVfG),<br />

d) die Behörde aufgrund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den VA nicht zu erlassen; außerdem darf<br />

der Begünstigte hier – im Gegensatz zur vorausgehenden Nr. 3 der Vorschrift – von der Vergünstigung noch keinen<br />

Gebrauch oder aufgrund des VA noch keine Leistungen empfangen haben; ferner muß ohne den <strong>Widerruf</strong> das<br />

öffentliche Interesse gefährdet werden (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BVwVfG) und<br />

e) um schwere Nachteile für das gemeine Wohl zu verhüten oder zu beseitigen (§ 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BVwVfG).<br />

Die beiden ersten <strong>Widerruf</strong>sgründe werden als ordentliche <strong>Widerruf</strong>sgründe, die drei übrigen <strong>Widerruf</strong>sgründe als<br />

außerordentliche <strong>Widerruf</strong>sgründe bezeichnet.<br />

§ 49 Abs. 2 BVwVfG räumt der Behörde <strong>Widerruf</strong>sermessen ein.<br />

4. Rechtsfolgen des <strong>Widerruf</strong>s<br />

4.1 Allgem<strong>eines</strong><br />

Im Gegensatz zu den insoweit schweigenden Rücknahmevorschriften stellt § 49 Abs. 3 BVwVfG fest, daß der widerrufende<br />

VA grundsätzlich mit dem Wirksamwerden des <strong>Widerruf</strong>s unwirksam wird. Der widerrufene VA kann ausnahmsweise<br />

jedoch auch später unwirksam werden, wenn die aufhebende Behörde insoweit einen späteren Zeitpunkt<br />

bestimmt.<br />

Auch bei der rechtlichen Bewertung der Folgen des <strong>Widerruf</strong>s muß genau unterschieden werden,<br />

■ ob ein belastender VA oder<br />

■ ob ein begünstigender VA<br />

widerrufen wird.<br />

Wird ein rechtmäßiger belastender VA aufgehoben, ist dem Betroffenen – wie bei der Rücknahme – ggf. ein öffentlichrechtlicher<br />

Folgenbeseitigungsanspruch zuzubilligen, nicht jedoch ein Ausgleichsanspruch. Dies kann unmittelbar aus<br />

der Regelung des § 49 Abs. 5 BVwVfG entnommen werden, da die Vorschrift sich mit ihrer Ausgleichsregelung allein<br />

auf die Aufhebung <strong>eines</strong> rechtmäßigen, begünstigenden VA bezieht, so daß bei einem belastenden VA nur eine<br />

Rückabwicklung in Gestalt der Folgenbeseitigung in Betracht kommt.<br />

4.2 Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch<br />

Ist der aufzuhebende regelmäßige VA dagegen begünstigend, hat die Behörde einen Anspruch auf Erstattung bereits<br />

gewährter Leistungen, vorausgesetzt, eine solche Leistung ist behördlicherseits erfolgt.<br />

4.3 Ausgleichsanspruch<br />

Wird ein begünstigender VA nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 - 4 BVwVfG widerrufen, so hat der Betroffene nach § 49 Abs. 5<br />

BVwVfG gegen die handelnde Behörde einen Ausgleichsanspruch, dessen Modalitäten sich nach den Sätzen 2 der Vorschriften<br />

nach § 49 Abs. 3 Satz 3 - 5 BVwVfG richten.<br />

Das vorliegende Faltblatt ist Teil einer Loseblattsammlung, die laufend ergänzt wird. Die systematische Übersicht und weitere Faltblätter erhalten Sie auf Anfrage.<br />

Stand: Januar 1999

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