System und „Sauberkeit“ in der Ausführung Petra zeigt ... - St. Georg
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PRAXIS<br />
Präsentiert von<br />
Offizieller Ausrüster<br />
des deutschen<br />
Olympiade-Komitees<br />
für Reiterei.<br />
Recht zufrieden im<br />
Maul <strong>und</strong> aufmerksam,<br />
allerd<strong>in</strong>gs im<br />
H<strong>in</strong>terbe<strong>in</strong> nicht<br />
allzu aktiv: Souris<br />
unter <strong>Petra</strong> Bogena.<br />
Dolf Keller<br />
84 ST.GEORG 9/2006<br />
Profireitst<strong>und</strong>e<br />
Mit e<strong>in</strong>em Plan im Kopf...<br />
Man kennt ihn als Champion <strong>der</strong> Berufsreiter, als Sieger des Hamburger Dressur<strong>der</strong>bys <strong>und</strong> als den jüngsten<br />
Reitmeister, dem e<strong>in</strong> solcher Titel jemals verliehen wurde. Wenn er auch dem Dressursattel mittlerweile größere<br />
Treue hält, so war Dolf Keller doch auch im Spr<strong>in</strong>gen hocherfolgreich. Seit 2001 beschäftigt sich <strong>der</strong> Inhaber<br />
e<strong>in</strong>es Ausbildungsstalls auf dem Klosterhof Med<strong>in</strong>gen darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong>tensiv mit dem Dressur-Nachwuchs –<br />
als B<strong>und</strong>estra<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Jungen Reiter. Da se<strong>in</strong>e Tochter Kathleen allerd<strong>in</strong>gs sehr erfolgreich ist <strong>und</strong> um<br />
Interessens-Konflikte zu vermeiden, ist er nun von diesem Amt zurückgetreten. Dolf Keller spendete se<strong>in</strong><br />
Tra<strong>in</strong>erhonorar für die Profi-<strong>St</strong><strong>und</strong>e <strong>der</strong> 1994 gegründeten Michael-<strong>St</strong>ich-<strong>St</strong>iftung für aidskranke K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
(www.michael-stich-stiftung.de).<br />
... gel<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dressur auch D<strong>in</strong>ge,<br />
die e<strong>in</strong>em zunächst kaum lösbar ersche<strong>in</strong>en.<br />
Das fanden alle drei Gew<strong>in</strong>ner<strong>in</strong>nen<br />
<strong>der</strong> Profi-<strong>St</strong><strong>und</strong>e bei Dolf Keller schnell<br />
heraus – <strong>und</strong> zögerten nicht, ihre neuen<br />
Erkenntnisse auch gleich anzuwenden.<br />
Fotos: Toffi<br />
Das Maul etwas offen, im Genick zu tief: Zu<br />
Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> <strong>St</strong><strong>und</strong>e ist Souris nicht bei <strong>der</strong> Sache.<br />
E<strong>in</strong>wirkungsfehler: viel <strong>in</strong>nere Hand, wenig begrenzen<strong>der</strong><br />
Schenkel. Die Folgen: Verwerfen (li.),<br />
Ausfallen <strong>der</strong> H<strong>in</strong>terhand (re.).<br />
Mehr <strong>System</strong> <strong>und</strong> <strong>„Sauberkeit“</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Ausführung</strong><br />
<strong>Petra</strong> <strong>zeigt</strong> ihre <strong>St</strong>ute <strong>in</strong> allen Gangarten, allerd<strong>in</strong>gs bleibt sie nie lange an e<strong>in</strong>em Thema dran – seien es<br />
Übergänge vom Trab zum Schritt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lösungsphase, seien es engere Wendungen <strong>und</strong> L<strong>in</strong>ien zur Verbesserung<br />
von <strong>St</strong>ellung <strong>und</strong> Längsbiegung im Verlauf <strong>der</strong> <strong>St</strong><strong>und</strong>e. „Es ist sehr wichtig, nicht nur ordentlich<br />
draufzusitzen, son<strong>der</strong>n auch mit Konzept ans Reiten heranzugehen“, betont Dolf Keller. „Fühl <strong>in</strong> de<strong>in</strong> Pferd<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, erkenne die Probleme, die ihr gerade habt – etwa mit Übergängen o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Gera<strong>der</strong>ichtung –<br />
<strong>und</strong> arbeite dann gezielt daran.“ Man sollte sich allerd<strong>in</strong>gs nie zu viel vornehmen <strong>und</strong> nicht immer<br />
„das volle Programm“ abspulen –<br />
Rom wurde schließlich auch nicht an<br />
e<strong>in</strong>em Tag gebaut. Für <strong>Petra</strong> heißt<br />
das: lieber abhängig vom Pferd<br />
<strong>und</strong> dem jeweiligen Problem die<br />
Lektionsabfolgen etwas e<strong>in</strong>facher<br />
gestalten (z.B. viel mehr<br />
Übergänge reiten) <strong>und</strong> dabei<br />
auf Gr<strong>und</strong>legendes wie Takt,<br />
Losgelassenheit <strong>und</strong> Anlehnung<br />
achten.<br />
mit Dolf Keller Fotos:<br />
<strong>Petra</strong> Bogena mit Souris la belle<br />
Takt, Losgelassenheit, Anlehnung – an den ersten drei Punkten<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsskala möchte die 35-jährige <strong>Petra</strong> Bogena mit<br />
ihrer vierjährigen <strong>St</strong>ute Souris la belle arbeiten. Da das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
<strong>der</strong> <strong>St</strong>ute erst vor kurzem wie<strong>der</strong> begonnen hat, möchte die<br />
Reiter<strong>in</strong> die Sache langsam angehen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätzliches festigen.<br />
„Vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anlehnung ist die <strong>St</strong>ute noch sehr unruhig.<br />
Ich fürchte, das liegt auch an me<strong>in</strong>er <strong>in</strong>stabilen Hand.“<br />
Das <strong>System</strong> <strong>der</strong> „Skala“<br />
Je<strong>der</strong> Punkt <strong>der</strong> Ausbildungsskala ist mit allen<br />
an<strong>der</strong>en verb<strong>und</strong>en.Verbessert sich <strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>e Punkt, hat man stets auch etwas für die<br />
an<strong>der</strong>en getan“, zitiert Dolf Keller salopp e<strong>in</strong>e<br />
<strong>der</strong> Qu<strong>in</strong>tessenzen <strong>der</strong> Skala <strong>der</strong> Ausbildung,<br />
die für jedes Reiten als Leitfaden gilt.<br />
<strong>Petra</strong> hat sich damit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Theorie auch<br />
schon viel ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gesetzt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis<br />
allerd<strong>in</strong>gs ist die Umsetzung aller For<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Skala eher als „Lebenswerk“ zu betrachten<br />
– an dem <strong>Petra</strong> noch feilen muss.<br />
Ihre <strong>St</strong>ute Souris ist e<strong>in</strong> rittiges Pferd, die auf<br />
klare Anweisungen ihrer Reiter<strong>in</strong> wartet. Und<br />
sensibel ist die Vierjährige auch: Denn sobald<br />
<strong>Petra</strong> e<strong>in</strong>e Parade zu viel gibt, pariert das<br />
Pferd gleich durch, sobald <strong>Petra</strong> <strong>in</strong>nen e<strong>in</strong><br />
bisschen zu viel <strong>St</strong>ellung geben will, verwirft<br />
sich Souris. Dolf Keller arbeitet zunächst viel<br />
daran, <strong>Petra</strong>s Hilfen dosierter e<strong>in</strong>zusetzen –<br />
„weniger ist mehr“, for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Reitmeister<br />
se<strong>in</strong>e Schüler<strong>in</strong> immer wie<strong>der</strong> auf.<br />
Arbeit an <strong>der</strong> Gera<strong>der</strong>ichtung:<br />
Auch diese<br />
For<strong>der</strong>ung gilt <strong>in</strong> Maßen<br />
bereits für Vierjährige.<br />
Dolf Keller rät:<br />
„Dass <strong>Petra</strong> schon seit vielen Jahren<br />
mit Pferden zu tun hat, ist zu<br />
erkennen. Doch so viel Sorgfalt<br />
<strong>und</strong> <strong>System</strong> sie <strong>in</strong> Pflege <strong>und</strong><br />
Haltung <strong>in</strong>vestiert, so wenig setzt<br />
sie dies im Reiten um: In je<strong>der</strong><br />
Gangart <strong>und</strong> je<strong>der</strong> Lektion, die<br />
<strong>Petra</strong> reitet, ist sie e<strong>in</strong> bisschen zu<br />
nachlässig, L<strong>in</strong>ienführung, Sitz<br />
<strong>und</strong> E<strong>in</strong>wirkung leiden darunter.<br />
Das ist sehr schade, denn Souris<br />
ist e<strong>in</strong> rittiges Pferd, das sich anbietet<br />
– aber auch e<strong>in</strong> Pferd, das<br />
nach Orientierung fragt. <strong>Petra</strong><br />
sollte vor je<strong>der</strong> Reitst<strong>und</strong>e neu<br />
überlegen, was sie erreichen will<br />
<strong>und</strong> wie sie ihre Ziele umsetzen<br />
kann. Generell sollte <strong>Petra</strong> auch<br />
<strong>in</strong> den Aufbau <strong>der</strong> <strong>St</strong><strong>und</strong>e – von<br />
lösenden Lektionen zu Beg<strong>in</strong>n<br />
über e<strong>in</strong>en Schwerpunkt <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeitsphase bis h<strong>in</strong> zu lockernden<br />
Lektionen am<br />
Ende <strong>der</strong> <strong>St</strong><strong>und</strong>e – mehr<br />
<strong>St</strong>ruktur br<strong>in</strong>gen.“<br />
9/2006 ST.GEORG 85<br />
Toffi<br />
Galopparbeit: Hier fällt<br />
es <strong>der</strong> Reiter<strong>in</strong> noch<br />
schwer, die<br />
äußeren Hilfen<br />
effektvoll<br />
e<strong>in</strong>zusetzen –<br />
so dass Souris<br />
sich nicht<br />
verwirft.
Präsentiert von<br />
Offizieller Ausrüster des deutschen<br />
Olympiade-Komitees für Reiterei.<br />
Schwungvoll nach<br />
vorne – wenn es <strong>Petra</strong><br />
gel<strong>in</strong>gt, schon zu Beg<strong>in</strong>n<br />
<strong>der</strong> <strong>St</strong><strong>und</strong>e so zu<br />
reiten, wird sie <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Ausbildung bessere<br />
Fortschritte<br />
machen.<br />
„Suchst du<br />
noch e<strong>in</strong>en Job?“<br />
Drei R<strong>und</strong>en währte die Freude<br />
über e<strong>in</strong>e Profi-<strong>St</strong><strong>und</strong>e bei Dolf<br />
Keller auf dem eigenen Pferd –<br />
doch Rom<strong>in</strong>ten war lei<strong>der</strong> lahm.<br />
86 ST.GEORG 9/2006<br />
Ilka Becker mit Leuchtfeuer<br />
Bitte speichern!<br />
„Ich konzentriere mich nicht immer h<strong>und</strong>ertprozentig <strong>und</strong> daraus entstehen<br />
Fehler.“ Daran wollte die 22-jährige Ilka Becker mit ihrem neunjährigen<br />
Wallach Rom<strong>in</strong>ten arbeiten, mit dem sie 2004 Ostfriesische Landesmeister<strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Dressur <strong>der</strong> Jungen Reiter war. Da <strong>der</strong> Wallach jedoch zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />
Profireitst<strong>und</strong>e leicht lahmte, wurde ihr <strong>der</strong> dreijährige Oldenburger Leuchtfeuer<br />
von Dolf Keller zur Verfügung gestellt. Leuchtfeuer wurde wenige<br />
Wochen später als Nachwuchstalent an Bett<strong>in</strong>a Hoy verkauft.<br />
Nicht nur für junge Pferde, auch für erfahrene Reiter ist es wichtig,<br />
sich gute Momente beim Reiten immer wie<strong>der</strong> vor Augen zu führen<br />
<strong>und</strong> sie sich e<strong>in</strong>zuprägen – „das ist wie beim Computer: Das Speichern<br />
<strong>und</strong> wie<strong>der</strong> Abrufen muss man lernen!“, vergleicht Dolf Keller.<br />
<strong>Petra</strong> muss ihre <strong>St</strong>ute <strong>in</strong> guten Momenten sofort loben – nicht<br />
erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsten Schrittpause. Schließlich steht Souris erst am Anfang<br />
ihrer Ausbildung <strong>und</strong> muss noch differenzieren zwischen „richtig“<br />
<strong>und</strong> „falsch“. Und <strong>Petra</strong> muss sich ihrer Ausbil<strong>der</strong>funktion deutlicher<br />
bewusst werden <strong>und</strong> sowohl <strong>in</strong> ihrer Körpersprache als auch <strong>in</strong><br />
ihren For<strong>der</strong>ungen an das Pferd klarer werden – etwa das verzögerte<br />
Antraben nicht e<strong>in</strong>fach so h<strong>in</strong>nehmen, son<strong>der</strong>n sofort die Aufgabe<br />
wie<strong>der</strong>holen, bis Souris sie zufriedenstellend gelöst hat. Dolf Keller betont<br />
zwar: „Nur aus e<strong>in</strong>em korrekten Sitz kann e<strong>in</strong>e korrekte Hilfengebung<br />
erfolgen.“ Doch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reitst<strong>und</strong>e muss man Schwerpunkte<br />
setzen <strong>und</strong> kann nicht alles auf e<strong>in</strong>mal korrigieren. Der Tra<strong>in</strong>er legte<br />
darum bei <strong>Petra</strong> <strong>und</strong> Souris zunächst den Schwerpunkt darauf, die<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Verständigung <strong>der</strong> beiden zu vertiefen.<br />
Gleicher <strong>St</strong>il, dem<br />
Alter des Pferdes<br />
angepasst: Im kle<strong>in</strong>en<br />
Foto unten Ilka<br />
auf ihrem ausgebildeten<br />
Wallach, hier<br />
auf <strong>der</strong> Remonte.<br />
Sie entlastet etwas<br />
mehr, das Be<strong>in</strong> ist<br />
durch den kürzeren<br />
Bügel stärker angew<strong>in</strong>kelt.<br />
Sicher ist<br />
sicher:<br />
Beim jungen<br />
Pferd<br />
muss Ilka<br />
ihre Bügel<br />
e<strong>in</strong> Loch<br />
kürzer<br />
schnallen.<br />
Um dem jungen Pferd bei den<br />
Wendungen zu helfen, weist<br />
Ilka mit dem <strong>in</strong>neren Zügel<br />
seitwärts.<br />
Dolf Keller rät:<br />
„Es ist e<strong>in</strong>erseits sehr schade,<br />
dass Ilka nicht auf ihrem eigenen<br />
Pferd reiten konnte, wir hätten<br />
bestimmt vieles erarbeiten können.<br />
Doch auch auf dem jungen<br />
Pferd konnte Ilka zeigen, wie geschmeidig<br />
<strong>und</strong> gefühlvoll sie reitet.<br />
Ihr Sitz ist sehr ausbalanciert,<br />
ihre Hand schön weich <strong>und</strong> unabhängig,<br />
ihre Balance immer gegeben.<br />
Oft sieht man Reiter, die genau<br />
wie das Pferd e<strong>in</strong>e gute <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>e nicht so gute Seite haben –<br />
bei Ilka war das nicht so, sie ist<br />
auf beiden Händen gleich geschmeidig.<br />
Ihre ruhige Art beim<br />
Reiten hat mir sehr gut gefallen.<br />
Auch wenn Ilka nun ke<strong>in</strong>e Lektionen<br />
zeigen konnte – bei so guten<br />
Gr<strong>und</strong>voraussetzungen b<strong>in</strong> ich sicher,<br />
dass sie bis zu hohen Klassen<br />
erfolgreich se<strong>in</strong> wird.“<br />
Dolf Keller ist <strong>der</strong> Besitzerstolz<br />
anzusehen: Leuchtfeuer <strong>zeigt</strong><br />
sich sehr rittig.<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung: Junges Pferd<br />
Natürlich hätte Ilka lieber mit ihrem eigenen Pferd an Traversalen<br />
<strong>und</strong> Wechseln gearbeitet, dennoch war sie sofort Feuer <strong>und</strong><br />
Flamme, statt dessen e<strong>in</strong> dreijähriges Pferd, das erst seit vier Monaten<br />
unter dem Sattel war, als „Ersatz“ geradeaus <strong>und</strong> um die Kurve<br />
zu reiten. „Da kann ich genauso viel lernen!“, ist die Reiter<strong>in</strong> überzeugt.<br />
Zunächst trabt sie auf dem großen Außenplatz, schließlich<br />
wechselt sie <strong>in</strong> das Viereck: „Hier musst du genauere L<strong>in</strong>ien reiten<br />
<strong>und</strong> spürst besser, wie weit das Pferd an de<strong>in</strong>en Hilfen ist“, erklärt<br />
Dolf Keller. Werden die Wendungen zu eng, weicht Leuchtfeuer <strong>der</strong><br />
Belastung mit <strong>der</strong> H<strong>in</strong>terhand <strong>und</strong> durch Verwerfen aus, doch Ilka<br />
reagiert sehr gut <strong>und</strong> versucht, über e<strong>in</strong>e breite Zügelführung dem<br />
Pferd den richtigen Weg zu weisen. „Bleib so geschmeidig <strong>und</strong> reite<br />
e<strong>in</strong>ige Übergänge“, rät <strong>der</strong> Tra<strong>in</strong>er dann. Zwischendurch legt Ilka<br />
ganz selbstständig immer wie<strong>der</strong> kle<strong>in</strong>e Pausen e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> denen sie den<br />
Wallach lobt. Und das Lob für sie bleibt nicht aus: „Suchst du noch<br />
e<strong>in</strong>en Job?“, fragt <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> halb im Ernst, halb im Scherz –<br />
deutlicher hätte das Lob nicht ausfallen können.<br />
Mut zum Testen haben<br />
Vertrauen ist gut<br />
– Kontrolle ist<br />
besser. Bei e<strong>in</strong>em<br />
jungen Pferd sollte<br />
man darum<br />
immer mit leicht<br />
anstehenden Zügeln<br />
reiten – sogar<br />
beim Loben.<br />
Auch wenn e<strong>in</strong> Pferd erst e<strong>in</strong>ige Male unter dem Sattel war, <strong>in</strong>teressiert<br />
es doch jeden Reiter: Was kann er schon? „Das ist auch legitim,<br />
solange man es nicht übertreibt“, sagt Dolf Keller <strong>und</strong> for<strong>der</strong>t Ilka,<br />
die bis dah<strong>in</strong> vorbildlich <strong>und</strong> behutsam geritten ist, zum vorsichtigen<br />
„Antesten“ auf: „Prüfe, ob du das Tempo e<strong>in</strong> wenig mehr bestimmen<br />
kannst, nimm ihn kurz e<strong>in</strong> bisschen mehr auf, lass ihn dann wie<strong>der</strong><br />
länger, immer im Wechsel“, lauten die <strong>St</strong>akkato-Anweisungen von Dolf<br />
Keller. Ilka animiert den Wallach durch vermehrtes Treiben im Trab,<br />
deutlicher vorzutreten, fängt gleichzeitig das Tempo wie<strong>der</strong> ab. „Spürst<br />
du, wie die H<strong>in</strong>terhand aktiver wird?“, freut sich <strong>der</strong> Tra<strong>in</strong>er. Auch im<br />
Galopp beg<strong>in</strong>nt Ilka vorsichtig, e<strong>in</strong>ige Unterschiede im Tempo zu reiten,<br />
<strong>der</strong> Ausdruck des Pferdes verbessert sich mit je<strong>der</strong> R<strong>und</strong>e. „Der beste<br />
Zeitpunkt, um aufzuhören“, beschließen Tra<strong>in</strong>er <strong>und</strong> Schüler<strong>in</strong> unisono.<br />
Ohne den Youngster<br />
zu überfor<strong>der</strong>n,<br />
probiert Ilka aus,<br />
wie „dressurbereit“<br />
<strong>der</strong> Fuchs ist.<br />
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9/2006 ST.GEORG 87
Präsentiert von<br />
Offizieller Ausrüster des deutschen<br />
Olympiade-Komitees für Reiterei.<br />
Lösungsphase: Takt <strong>und</strong> Tempo!<br />
Britta beg<strong>in</strong>nt sehr ruhig mit dem Abreiten, sie treibt außergewöhnlich<br />
vorsichtig. Douglas ist dadurch wenig aktiv mit <strong>der</strong> H<strong>in</strong>terhand <strong>und</strong><br />
kommt gar nicht zum Schw<strong>in</strong>gen. „Warum reitest du so zaghaft?“, fragt<br />
Dolf Keller zunächst. „Damit sich Douglas nicht aufregt“, sagt Britta. Doch<br />
Brittas Art des Abreitens hat nichts mit <strong>der</strong> Skala <strong>der</strong> Ausbildung zu tun <strong>und</strong><br />
Dolf Keller for<strong>der</strong>t sie auf: „<strong>St</strong>ell dir vor, de<strong>in</strong> Ziel wäre es, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er halben<br />
<strong>St</strong><strong>und</strong>e e<strong>in</strong>e M-Dressur zu absolvieren! Im Takt nach vorne reiten ist <strong>der</strong> erste<br />
Schritt auf diesem Weg!“ Britta muss diverse Male über den Wi<strong>der</strong>willen<br />
des Pferdes, <strong>der</strong> nun mehr arbeiten<br />
muss, h<strong>in</strong>wegreiten. „Reite die lange<br />
Seite <strong>in</strong> <strong>der</strong> halben Zeit entlang“, rät<br />
<strong>der</strong> Profi, um Britta e<strong>in</strong> Gefühl für das<br />
angemessene Tempo zu geben. Nach etwa<br />
fünfzehn M<strong>in</strong>uten hat Douglas die<br />
nun effektiveren Hilfen <strong>der</strong> Reiter<strong>in</strong> akzeptiert<br />
<strong>und</strong> geht fleißiger vorwärts, ohne<br />
sich weiter zu wi<strong>der</strong>setzen.<br />
88 ST.GEORG 9/2006<br />
Britta Teichmann mit Douglas<br />
Mit dem achtjährigen Douglas, <strong>der</strong> auf den Spitznamen Bube hört, möchte<br />
Britta Teichmann (35) beson<strong>der</strong>s an <strong>der</strong> Losgelassenheit arbeiten. „Er hat<br />
zwar viel Potenzial, regt sich aber schnell auf, reagiert auf Gerte <strong>und</strong> Sporen<br />
hysterisch, macht dicht <strong>und</strong> verkriecht sich. Oft nimmt er auch den Schenkel<br />
nicht richtig an.“ Gerade die nervlichen Probleme des Wallachs möchte die<br />
Reiter<strong>in</strong> <strong>in</strong> Angriff nehmen, um den 1,75 Meter großen Braunen auch endlich<br />
e<strong>in</strong>mal auf e<strong>in</strong>em Turnier vorstellen zu können.<br />
„Du bist<br />
hier <strong>der</strong> Chef!“<br />
Ohne Wirkung: Wenn Britta zu<br />
wenig treibt, ist die H<strong>in</strong>terhand<br />
des Pferdes nicht aktiv.<br />
Jetzt ist das richtige<br />
Maß an Arbeitsbereitschaft<br />
hergestellt:<br />
Douglas trabt mit aktiver<br />
H<strong>in</strong>terhand – im<br />
Genick müsste er noch<br />
etwas höher kommen.<br />
Dolf Keller rät:<br />
„Britta möchte e<strong>in</strong>erseits viel erreichen,<br />
an<strong>der</strong>erseits ist sie aber <strong>in</strong> ihrer<br />
Funktion als Chef<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Reiter-<br />
Pferd-Paares nicht konsequent <strong>und</strong><br />
bestimmend genug, um mal zu sagen,<br />
wo es langgeht. Douglas hat<br />
das gut im Griff <strong>und</strong> tut immer nur<br />
so viel wie eben nötig. Um irgendwann<br />
auf e<strong>in</strong>em Turnier erfolgreich<br />
zu starten, muss Britta <strong>in</strong> ihrer Hilfengebung<br />
<strong>und</strong> E<strong>in</strong>wirkung viel<br />
konsequenter <strong>und</strong> deutlicher werden.<br />
Wenn sie sich, so wie heute,<br />
zutraut, Lektionen <strong>der</strong> Klasse L <strong>in</strong><br />
Angriff zu nehmen, dann klappen<br />
die auch. Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach<br />
liegen die Probleme des Paares<br />
nicht am Nervenkostüm des Pferdes,<br />
son<strong>der</strong>n daran, dass Britta<br />
nicht konsequent <strong>und</strong> nicht<br />
planvoll genug an e<strong>in</strong>e Reitst<strong>und</strong>e<br />
herangeht.“<br />
Mehr Druck am Schenkel<br />
<strong>und</strong> mehr Tempo: Dann<br />
schw<strong>in</strong>gen Douglas’<br />
Be<strong>in</strong>e deutlicher vor.<br />
Das Pferd mit den Schenkeln „e<strong>in</strong>rahmen“:<br />
L<strong>in</strong>ks kommt Britta mit<br />
ihren Hilfen nicht durch, rechts<br />
gel<strong>in</strong>gt es besser. Ideal wäre es, auf<br />
dem zweiten Hufschlag zu reiten.<br />
Galopparbeit<br />
„Wach“ halten!<br />
Nachdem Britta ihren Douglas <strong>in</strong> <strong>der</strong> Trabarbeit genügend wachgerüttelt<br />
hat <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> Lehrer recht zufrieden mit se<strong>in</strong>er Schüler<strong>in</strong> ist,<br />
wird <strong>der</strong> Galopp h<strong>in</strong>zugenommen. Auch hier muss Britta zunächst viele<br />
Tempounterschiede <strong>in</strong>nerhalb des Galopps reiten, Douglas lässt sich nur<br />
ungern aufnehmen <strong>und</strong> wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anlehnung sehr unruhig. Bei je<strong>der</strong><br />
Parade nimmt er unwillig den Kopf hoch.<br />
Dolf Keller schlägt se<strong>in</strong>er Schüler<strong>in</strong> vor:<br />
„Versuche über e<strong>in</strong>ige Schritt-Galopp-<br />
Wechsel die Anlehnung zu stabilisieren<br />
<strong>und</strong> verstärke de<strong>in</strong>e Hilfen! Treib beson<strong>der</strong>s<br />
vor <strong>der</strong> Parade zum Schritt<br />
deutlich nach, du sollst dabei mehr<br />
Druck auf den Zügel bekommen. Halte<br />
die Hand ruhig, dass Douglas sich an<br />
de<strong>in</strong>er Hand absto-<br />
Erst mühsam,<br />
später harmonischer:<br />
Durch<br />
viele Tempowechselverbessert<br />
sich<br />
<strong>der</strong> Ausdruck<br />
des Pferdes.<br />
S<strong>in</strong>d Takt <strong>und</strong> Tempo hergestellt, ist das erste<br />
Etappenziel erreicht. Nun gilt es für<br />
Britta, ihren Wallach aufmerksam <strong>und</strong> wach<br />
zu halten <strong>und</strong> den Schenkelgehorsam weiter<br />
zu verbessern – erst nach vorne durch das<br />
vorwärtsreiten, dann seitwärts durch Biegearbeit<br />
wie Zirkel verkle<strong>in</strong>ern, gebogene L<strong>in</strong>ien,<br />
später auch Schultervor <strong>und</strong> Schulterhere<strong>in</strong>.<br />
„De<strong>in</strong> oberstes Ziel bleibt aber das Tempo,<br />
das muss erhalten bleiben, egal <strong>in</strong> welche<br />
Richtung du dich bewegst“, weist Dolf Keller<br />
sie an. Bei allen neuen Aufgaben, die Britta<br />
anpacken soll, beg<strong>in</strong>nt sie zunächst wie<strong>der</strong> zu<br />
zögerlich, treibt wenig, die guten Effekte, die<br />
ihre bisherige Arbeit hatte, s<strong>in</strong>d schnell verpufft.<br />
„Mach dir e<strong>in</strong>en Plan im Kopf: Erstens<br />
Tempo, das musst du schnell <strong>und</strong> effektiv abhaken. Zweitens Schenkelgehorsam <strong>und</strong> Biegearbeit,<br />
da musst du genauso energisch herangehen. De<strong>in</strong> Ziel muss es se<strong>in</strong>, diese Momente<br />
schneller herbeizuführen“, ermutigt <strong>der</strong> Ausbil<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Schüler<strong>in</strong>.<br />
ßen kann.“ Britta<br />
mobilisiert ihre letzten<br />
Kräfte – mit Erfolg:<br />
die Übergänge<br />
<strong>und</strong> damit auch die<br />
Qualität des Galopps<br />
werden sichtlich<br />
besser.<br />
„Nach vooooorne reiten“ – diese Anweisung<br />
von Dolf Keller wird Britta<br />
so schnell nicht vergessen.<br />
Schwung gut<br />
erkennbar – so sollte<br />
e<strong>in</strong> Arbeitstempo<br />
aussehen.<br />
9/2006 ST.GEORG 89