Die Giftschlangen Europas - VipersGarden

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Die Giftschlangen Europas von Mario Schweiger Titelthema Bei den europäischen Vipern hat sich in den letzten 30 Jahren einiges getan. So wurden mehrere Arten und Unterarten neu beschrieben, aber auch Gattungen und Untergattungen revalidiert bzw. neu geschaffen. Einige der Veränderungen wurden von anderen Autoren nicht übernommen, vieles aber scheint in der Zwischenzeit eta- bliert zu sein. Die folgende Auflistung sämtlicher in Europa beheimateten Arten und Unterarten – auch wenn sie unseren Kontinent nur auf „wenigen Quadratkilometern“ besiedeln – kann natürlich nur meine persönliche Einstellung zur Validität der Taxa wiedergeben und ist somit rein subjektiv. Trotzdem will ich versuchen, mich an eine von vielen Autoren akzeptierte Auffassung zu halten, auch wenn die eine oder andere Unterart hier vielleicht nicht aufgelistet wird. I Gattung Vipera LAURENTI, 1768 Species typica: Vipera francisci redi LAURENTI, 1768 = Vipera aspis (LINNAEUS, 1758) 14 REPTILIA 1. Untergattung Acridophaga REUSS, 1927 Acridophaga wurde erstmals von REUSS (1927) als Gattungsname für Acridophaga ursinii verwendet. Wiesenottern (Vipera-ursinii- Komplex) Die alpinen europäischen Wiesenottern Vipera (Acridophaga) ursinii werden je nach Autor als eine Art mit mehreren separaten Subspezies aufgefasst (BRODMANN 1987) oder zu einer einzigen Art ohne Unterarten gestellt (KRAMER 1961; SAINT GIRONS 1978). Viele Autoren fassen auch nur die Nominatform und das Taxon wettsteini als V. u. ursinii zusammen, wie z. B. JOGER et al. (1992), DAVID &

<strong>Die</strong> <strong>Giftschlangen</strong> <strong>Europas</strong><br />

von Mario Schweiger<br />

Titelthema<br />

Bei den europäischen Vipern hat<br />

sich in den letzten 30 Jahren einiges<br />

getan. So wurden mehrere Arten<br />

und Unterarten neu beschrieben,<br />

aber auch Gattungen und Untergattungen<br />

revalidiert bzw. neu<br />

geschaffen. Einige der Veränderungen<br />

wurden von anderen Autoren<br />

nicht übernommen, vieles aber<br />

scheint in der Zwischenzeit eta-<br />

bliert zu sein.<br />

<strong>Die</strong> folgende Auflistung sämtlicher<br />

in Europa beheimateten Arten<br />

und Unterarten – auch wenn sie<br />

unseren Kontinent nur auf „wenigen<br />

Quadratkilometern“ besiedeln<br />

– kann natürlich nur meine persönliche<br />

Einstellung zur Validität der<br />

Taxa wiedergeben und ist somit<br />

rein subjektiv. Trotzdem will ich<br />

versuchen, mich an eine von vielen<br />

Autoren akzeptierte Auffassung zu<br />

halten, auch wenn die eine oder<br />

andere Unterart hier vielleicht<br />

nicht aufgelistet wird.<br />

I Gattung Vipera LAURENTI, 1768<br />

Species typica: Vipera francisci redi<br />

LAURENTI, 1768 = Vipera aspis<br />

(LINNAEUS, 1758)<br />

14 REPTILIA<br />

1. Untergattung Acridophaga<br />

REUSS, 1927<br />

Acridophaga wurde erstmals von<br />

REUSS (1927) als Gattungsname<br />

für Acridophaga ursinii verwendet.<br />

Wiesenottern (Vipera-ursinii-<br />

Komplex)<br />

<strong>Die</strong> alpinen europäischen Wiesenottern<br />

Vipera (Acridophaga) ursinii<br />

werden je nach Autor als eine<br />

Art mit mehreren separaten Subspezies<br />

aufgefasst (BRODMANN<br />

1987) oder zu einer einzigen Art<br />

ohne Unterarten gestellt (KRAMER<br />

1961; SAINT GIRONS 1978). Viele<br />

Autoren fassen auch nur die Nominatform<br />

und das Taxon wettsteini<br />

als V. u. ursinii zusammen, wie z. B.<br />

JOGER et al. (1992), DAVID &


Vipera ursinii rakoniensis Foto: M. Schweiger<br />

INEICH (1999) und DE SMEDT<br />

(2006). Folgt man letzterer Auffassung,<br />

sind derzeit folgende Unterarten<br />

Vipera ursinii ursinii valide<br />

(anerkannt):<br />

• Vipera ursinii ursinii (BONA-<br />

PARTE, 1835) – Italienische und<br />

französische Wiesenottern<br />

In Frankreich und Italien finden<br />

sich zwei völlig voneinander isolierte<br />

Verbreitungsgebiete der<br />

Wiesenotter. <strong>Die</strong> in den französischen<br />

Seealpen lebenden Populationen<br />

wurden früher als eigene<br />

Unterart wettsteini geführt, während<br />

rund 600 km Luftlinie südöstlich,<br />

in den italienischen Abruzzen,<br />

die Italienische Wiesenotter vorkommt.<br />

• Vipera ursinii graeca NILSON &<br />

ANDRÉN, 1988 – Griechische Wiesenotter<br />

Das derzeit bekannte Verbreitungsgebiet<br />

liegt im Pindos-Gebirge<br />

in Nordwest-Griechenland.<br />

Ob diese Unterart wirklich Berechtigung<br />

hat oder nicht besser<br />

zur Subspezies V. u. macrops gestellt<br />

werden sollte, kann derzeit<br />

nicht sicher beantwortet werden.<br />

Es gilt zu bedenken, dass sowohl V.<br />

u. macrops wie auch V. u. graeca<br />

zur Zeit der Beschreibung von V. u.<br />

graeca nur von einigen weit entfernten,<br />

isoliert liegenden Bergstöcken<br />

auf der westlichen Balkanhalbinsel<br />

bekannt waren. Gerade<br />

in den letzten Jahren wurden aber<br />

viele neue Populationen der Karst-<br />

REPTILIA 15<br />

wiesenotter entdeckt – zum Beispiel<br />

in Montenegro, Albanien und<br />

Mazedonien –, die die Lücken zwischen<br />

den bis dato bekannten Verbreitungsgebieten<br />

teilweise schließen.<br />

Es erscheint daher möglich,<br />

dass es zwischen den bekannten<br />

graeca-Vorkommen und den südlichsten<br />

Populationen von macrops<br />

noch weitere Vorkommen der Wiesenotter<br />

geben kann – geeignete<br />

Lebensräume mit den notwendigen<br />

klimatischen und strukturellen<br />

Voraussetzungen wären vorhanden.<br />

Einzig und allein die schlechte<br />

Zugänglichkeit der Gebiete stellt<br />

ein Hindernis dar.<br />

• Vipera ursinii macrops (MÉHE-<br />

LY, 1911) – Karstwiesenotter<br />

Das Verbreitungsgebiet im Karst<br />

der Balkanhalbinsel erstreckt sich<br />

vom südlichen Teil des Velebit-<br />

Gebirges entlang dem Dinarischen<br />

Gebirge nach Süden (Kroatien,<br />

Bosnien-Herzegowina, Montenegro,<br />

Serbien, Mazedonien, Albanien).<br />

<strong>Die</strong> Karstwiesenotter lebt auf almenähnlichen,<br />

leicht feuchten Wiesen<br />

in Höhen von etwa 1.000 bis<br />

über 1.500 m ü. NN. Ein wichtiges<br />

Kriterium für das Vorkommen auf<br />

diesen Bergstöcken scheint die maximale<br />

Höhe des jeweiligen Berges/<br />

Gebirges zu sein, was möglicherweise<br />

mit wärmeren Perioden nach<br />

der letzten Eiszeit zusammenhängt.<br />

Wurde es den Vipern zu warm und<br />

trocken – und konnten sie nicht in<br />

höhere Lagen ausweichen – starben<br />

sie eventuell in manchen Gebieten<br />

aus. <strong>Die</strong>s muss aber vorläufig als<br />

Hypothese betrachtet werden – es<br />

war ja keiner von uns dabei.<br />

• Vipera ursinii moldavica<br />

NILSON,ANDRÉN & JOGER, 1993 –<br />

Moldawische Wiesenotter<br />

<strong>Die</strong> Moldawische Wiesenotter –<br />

verbreitet im Rumänischen Moldawien,<br />

in den Rumänischen Karpaten<br />

südlich des Rarau und im Donaudelta,<br />

in Bulgarien außerdem<br />

bei Sofia und Sumen sowie Moldawien<br />

(Bessarabien) – wurde früher<br />

als Übergangsform zwischen der<br />

Pannonischen Wiesenotter V. u.


akosiensis und der Steppenotter V.<br />

(ursinii) renardi angesehen. Dass sie<br />

wirklich ein eigenes Taxon darstellt,<br />

darf bezweifelt werden, und so<br />

schreiben auch NILSON & ANDRÉN<br />

(2001): „Weitere Forschungsergebnisse<br />

könnten diese Schlussfolgerung<br />

modifizieren.“<br />

• Vipera ursinii rakosiensis MÉHE-<br />

LY, 1894 – Pannonische Wiesenotter<br />

Ehemalige Verbreitung: Von Österreich<br />

südlich der Donau und östlich<br />

von Wien über die Pannonische<br />

Tiefebene Ungarns bis nach Nordwest-Rumänien.<br />

In Österreich ist<br />

die Art heute ausgestorben, und<br />

auch die ungarischen Populationen<br />

waren/sind in starkem Rückgang<br />

begriffen. In Rumänien wurde die<br />

Wiesenotter erst vor einigen Jahren<br />

(wieder-)entdeckt. Wie bei V. u.<br />

moldavica handelt es sich auch bei<br />

der Pannonischen Wiesenotter um<br />

eine Tieflandform, die wechselfeuchte<br />

Steppengebiete besiedelt.<br />

Trockenlegung bzw. Drainagierung,<br />

intensive Weidebewirtschaftung<br />

und die Ausdehnung der Ackerflächen<br />

trugen in weit höherem Maße<br />

zum Rückgang und Verschwinden<br />

der Wiesenotter bei als deren Fang<br />

und direkte Verfolgung.<br />

Steppenottern (Vipera-renardi-<br />

Komplex)<br />

In Europa kommen folgende Unterarten<br />

der Steppenotter Vipera<br />

(Acridophaga) renardi vor:<br />

• Vipera renardi renardi<br />

(CHRISTOPH, 1861) – Steppenotter<br />

Seit Abgrenzung der Steppenottern<br />

des Donaudeltas als Wiesenotter-<br />

Subspezies V. ursinii moldavica<br />

beginnt das Verbreitungsgebiet erst<br />

in der nördlichen Hälfte Moldawiens<br />

und reicht von hier über den<br />

Steppengürtel nördlich des Schwarzen<br />

Meeres bis an die Nordflanken<br />

des Großen Kaukasus und nördlich<br />

des Kaspischen Meeres bis weit<br />

nach Asien.<br />

• Vipera renardi lotievi (NILSON,<br />

TUNIYEV,ORLOV,HÖGGREN &<br />

ANDRÉN, 1995) – Lotiev-Otter<br />

Das Verbreitungsgebiet liegt in<br />

Vipera ursinii macrops Foto: A. Westerström<br />

Vipera ursinii ursinii Foto: K. Mebert<br />

Vipera ursinii graeca Foto: M. Norström<br />

16 REPTILIA


Vipera ursinii ursinii Foto: K. Mebert<br />

einer Region entlang der Nordseite<br />

des Großen Kaukasus. Vipera lotievi<br />

wurde erst 1995 von NILSON et al.<br />

beschrieben. <strong>Die</strong> vermeintliche Art,<br />

früher auch zu V. (ursinii) renardi<br />

oder V. dinniki gestellt, ist den<br />

Beschreibern zufolge ein sicheres,<br />

von den beiden vorgenannten Arten<br />

gut abgrenzbares Taxon. Dennoch<br />

wurde es von DELY & JOGER (2005)<br />

als Unterart zu V. renardi gestellt.<br />

Kaukasusottern (Vipera-kaznakovi-Komplex)<br />

Der Untergattung Acridophaga<br />

sehr nahe stehen die Kaukasusottern<br />

(JOGER et al. 2003; KALYABINA-<br />

HAUF et al. 2004), die des Öfteren<br />

noch in den Subgenus Pelias gestellt<br />

werden (DE SMEDT 2006), obwohl<br />

der V.-ursinii-Komplex vermutlich<br />

als nächst verwandte Gruppe zu<br />

gelten hat. Daher soll an dieser<br />

Stelle auf eine Untergattungszugehörigkeit<br />

verzichtet werden.<br />

<strong>Die</strong> von TUNIYEV & OSTROVSKIKH<br />

(2001) beschriebene V. orlovi stellt<br />

wahrscheinlich nur eine Unterart<br />

von V. dinniki dar, und die in derselben<br />

Publikation beschriebene V.<br />

magnifica wird praktisch von allen<br />

Autoren als Synonym von V. dinniki<br />

geführt (ORLOV & TUNIYEV 2005).<br />

Wie unklar die Situation jedoch ist,<br />

zeigen Untersuchungen von KALYA-<br />

BINA-HAUF et al. (2004), nach denen<br />

sich V.-orlovi-Proben sowohl in<br />

einen eigenen V.-orlovi-Ast als auch<br />

in einen nahe V. dinniki stehenden<br />

Ast aufteilen. Somit sind heute<br />

meist folgende Kaukasusottern anerkannt:<br />

• Vipera dinniki dinniki NIKOLSKY,<br />

1913 – Dinnik-Otter<br />

Verbreitung: Höhenlagen des Großen<br />

Kaukasus von der Schwarzmeerküste<br />

bis etwa zur Ostgrenze<br />

Georgiens in rund 1.000–3.000 m ü.<br />

NN.<br />

• Vipera dinniki orlovi (TUNIYEV<br />

& OSTROVSKIKH 2001) – Orlov-<br />

Otter<br />

Verbreitung: Berglagen des westlichen<br />

Großen Kaukasus zwischen<br />

450 und 1.000 m ü. NN.<br />

• Vipera kaznakovi NIKOLSKY,<br />

1909 – Kaukasusotter<br />

Verbreitung: Tieflagen der Kolchis<br />

(das sind die feuchtwarmen, sehr<br />

niederschlagsreichen Gebiete im<br />

Südosten des Schwarzen Meeres).<br />

Hier reicht die Verbreitung von der<br />

nordöstlichen Türkei außerhalb<br />

<strong>Europas</strong> bis an die Westflanken des<br />

Großen Kaukasus.<br />

Alle drei oben genannten (Unter-)<br />

Arten lassen sich morphologisch<br />

nicht wirklich auseinanderhalten,<br />

wobei die Dinnik-Otter das größte<br />

Spektrum an Färbungs- und Zeichnungsvariationen<br />

aufweist. Bei der<br />

Kaukasusotter kommt im Grunde<br />

nur eine Morphe vor, wobei das<br />

REPTILIA 17<br />

Rückenband allerdings von fast<br />

gerade bis stark gezackt variieren<br />

kann. Mit zunehmendem Alter verbreitern<br />

sich sowohl das Rücken- als<br />

auch die Flankenbänder, sodass nur<br />

mehr zwei schmale, gelbe bis rote<br />

Dorsolateralstreifen übrig bleiben.<br />

Alte Männchen neigen sehr stark zu<br />

(Alters-)Melanismus.<br />

2. Untergattung Pelias MERREM,<br />

1820<br />

Zur Gruppe der Kreuzotter Vipera<br />

(Pelias) berus und ihrer Verwandten<br />

zählen folgende Taxa:<br />

• Vipera berus berus LINNAEUS,<br />

1758 – Kreuzotter<br />

<strong>Die</strong> Kreuzotter hat neben der<br />

Berg-, Wald- oder Mooreidechse<br />

(Zootoca vivipara) das größte Verbreitungsgebiet<br />

aller Reptilien.Weite<br />

Teile Mittel-, Nord- und Osteuropas<br />

werden von der Nominatform<br />

bewohnt, im Süden erstreckt sich<br />

deren Verbreitungsgebiet bis auf die<br />

nördliche Balkanhalbinsel.<br />

• Vipera berus bosniensis BOETT-<br />

GER, 1889 – Balkankreuzotter<br />

Das Verbreitungsgebiet dieser Unterart<br />

reicht von der Kapela im<br />

Osten der Kvarner Bucht und den<br />

Save-Niederungen bei Zagreb über<br />

Süd-Ungarn, Kroatien, Bosnien-<br />

Herzegowina, Serbien, Montenegro,<br />

Mazedonien, Albanien bis in das<br />

nördlichste Griechenland.


Vipera berus Foto: C. Riegler<br />

Wie bei der Nominatform gibt es<br />

auch bei der Balkankreuzotter Tiefland-<br />

und Bergpopulationen. <strong>Die</strong><br />

Kreuzottern der Save-Niederungen<br />

wurden von SCHREIBER (1912) wegen<br />

ihrer der Aspisviper ähnlichen<br />

Zeichnung als „var. pseudaspis“<br />

beschrieben. Neuere genetische Untersuchungen<br />

zeigen aber, dass<br />

zwischen den Tiefland- und Bergformen<br />

keine Unterschiede auftreten,<br />

die den Unterartstatus rechtfertigen<br />

würden.<br />

• Vipera seoanei seoanei LATASTE,<br />

1879 – Iberische Kreuzotter<br />

<strong>Die</strong> Verbreitung reicht vom äußersten<br />

Südwesten Frankreichs entlang<br />

der Nordseite des Kantabrischen<br />

Küstengebirges bis in das nördliche<br />

Portugal. <strong>Die</strong> Iberische Kreuzotter<br />

besiedelt einen ähnlichen Lebensraum<br />

wie die Kaukasusotter. Vegetations-<br />

und niederschlagsreiche<br />

Vipera dinniki Foto: B. Trapp<br />

Gebiete in niederen bis mittleren<br />

Höhenlagen werden bevorzugt. Ich<br />

selbst kenne V. s. seoanei allerdings<br />

auch aus einem extrem trocken<br />

erscheinenden, nur mit Stechginster<br />

bewachsenen Lebensraum in der<br />

Nähe der nordspanischen Stadt<br />

Oviedo. Durch die nahe Küste ist<br />

immerhin die Luftfeuchte sehr<br />

hoch, doch durch den felsigen und<br />

aus losem Geröll bestehenden Boden<br />

kommt keine dichte Vegetation<br />

auf. <strong>Die</strong> Iberische Kreuzotter lebt in<br />

diesem Gebiet zusammen mit der<br />

dort ebenfalls nicht zu erwartenden<br />

Iberischen Smaragdeidechse (Lacerta<br />

schreiberi).<br />

• Vipera seoanei cantabrica<br />

BRAÑA & BAS, 1983 – Kantabrische<br />

Kreuzotter<br />

Das Verbreitungsgebiet dieser Unterart<br />

liegt im Kantabrischen Gebirge<br />

südlich der Picos de Europa,<br />

18 REPTILIA<br />

Vipera kaznakovi Foto: T. Bader<br />

Vipera berus bosniensis Foto: A. Westerström<br />

Vipera berus berus Foto: M. Schweiger<br />

im östlichen Galizien und im Norden<br />

der Provinz León.<br />

<strong>Die</strong> Kantabrische Kreuzotter lebt in<br />

trockeneren Habitaten als die Nominatform.<br />

Nördlich der Stadt León<br />

besiedelt sie z. B. ausgedehnte,<br />

ebene Macchia-Flächen.<br />

• Vipera nikolskii VEDMEDERYA,<br />

GRUBANDT & RUDAEVA, 1986 –<br />

Nikolsky-Otter<br />

Es ist zu befürchten, dass alle in mitteleuropäischen<br />

Terrarien unter<br />

dem Namen V. nikolskii gehaltenen<br />

Vipern nichts anderes sind als<br />

schwarze, ukrainische Kreuzottern<br />

(V. berus). <strong>Die</strong> bei mehreren Haltern<br />

dieser „Art“ entnommenen<br />

Blutproben stellten sich jedenfalls<br />

alle als zu V. berus gehörig heraus.<br />

Es gibt zwar tatsächlich einen von V.<br />

berus entfernt stehenden Haplotyp<br />

„V. nikolskii“, doch stammen diese<br />

Tiere nicht aus dem für die Art


Vipera seoanei cantabrica Foto: A. Kwet<br />

REPTILIA 19<br />

angegebenen Verbreitungsgebiet in<br />

der Ukraine, sondern aus Russland<br />

(KALYABINA-HAUF et al. 2004). Ob<br />

diese Tatsache letzten Endes den<br />

Artstatus rechtfertigt, müssen weitere<br />

Untersuchungen zeigen. <strong>Die</strong><br />

„echten Nikolskys“ kommen, soweit<br />

heute bekannt, in einer schwarzen<br />

und braunen Morphe mit Zickzackband<br />

vor. Morphologisch lassen<br />

sich die Tiere aber nicht von V. berus<br />

unterscheiden.<br />

3. Untergattung Vipera LAURENTI,<br />

1768<br />

Zur Untergattung Vipera zählen<br />

Aspisviper, Stülpnasenotter und<br />

Europäische Hornotter mit mehreren<br />

Unterarten:<br />

Vipera (Vipera) aspis (LINNAEUS,<br />

1758) – Aspisviper<br />

<strong>Die</strong> Verbreitung der Aspisviper umfasst<br />

das westliche Europa, also große<br />

Teile Frankreichs, das nordöstliche<br />

Spanien, die Schweiz, Italien<br />

und das westliche Slowenien. Ein<br />

kleines, isoliertes Vorkommen be-<br />

Vipera berus Foto: H. Jost


findet sich auch in Südwestdeutschland<br />

(Süd-Schwarzwald). Zu dieser<br />

Art zählen folgende Unterarten:<br />

• Vipera aspis aspis (LINNAEUS,<br />

1758) – Aspisviper<br />

Verbreitung: fast ganz Frankreich<br />

mit Ausnahme der westlichen und<br />

zentralen Pyrenäen und deren Vorland,<br />

in Spanien in den östlichen Pyrenäen<br />

und den südlich des Gebirges<br />

liegenden Vorländern, in der<br />

Schweiz nördlich des Alpenhauptkammes.<br />

Vipera aspis atra MEISNER,<br />

1820 wird heute meist als Synonym<br />

von V. a. aspis angesehen (URSENBA-<br />

CHER et al. 2006).<br />

• Vipera aspis francisciredi<br />

LAURENTI, 1768 – Italienische<br />

Aspisviper<br />

Verbreitung: Italien südlich bis etwa<br />

zum Golf von Policastro. Außerdem<br />

West-Slowenien. MUGGIASCA &<br />

GANDOLLA (1976) erwähnen eine V.<br />

a. isabellina DE BETTA, 1857 für den<br />

Schweizer Kanton Tessin, deren<br />

Kennzeichen ein zeichnungsloser<br />

Kopf und ein leicht geschwungenes<br />

Rückenband sind. <strong>Die</strong>se Unterart<br />

fand jedoch nie weiteren Eingang in<br />

die Literatur und wurde von BRUNO<br />

(1985) in die Synonymie von V. a.<br />

francisciredi gestellt.<br />

1979 beschrieb SOCHUREK die Unterart<br />

heinzdischeki vom Monte del<br />

Papa bei Lagonegro in Kampanien.<br />

Er verweist in der sehr kurzen Diagnose<br />

darauf, dass es sich um eine V.<br />

a. atra ähnliche Form handelt, die in<br />

höheren Berglagen vorkommt und<br />

„rundherum“ von V. a. francisciredi<br />

umgeben ist. <strong>Die</strong>se Unterart wurde<br />

jedoch von keinem anderen Autor<br />

je bestätigt. Interessant ist allerdings<br />

die Tatsache, dass in den höher<br />

gelegenen Lavahalden am Vesuv<br />

ebenfalls eine Aspisviper mit durchgehendem<br />

Rückenband vorkommt<br />

– und auch hier leben rundherum<br />

nur V. a. francisciredi.<br />

• Vipera aspis hugyi SCHINZ, 1833 –<br />

Hugys Aspisviper<br />

Verbreitung: Italien südlich des Golfes<br />

von Policastro und Sizilien. Unbekannt<br />

ist die Herkunft der Vipern<br />

auf der Mittelmeerinsel Monte-<br />

Vipera aspis Foto: H. Jost<br />

Vipera aspis aspis, Weibchen Foto: M. Schweiger<br />

Vipera aspis francisciredi Foto: K. Mebert<br />

20 REPTILIA


Vipera aspis aspis Foto: K. Mebert<br />

Vipera aspis Foto: H. Jost<br />

Vipera aspis aspis Foto: K. Mebert<br />

REPTILIA 21<br />

cristo, am ehesten dürften die Tiere<br />

wohl eingebürgert worden sein. Wie<br />

bereits oben erwähnt, kommen in<br />

den höheren Lagen des Vesuvs<br />

ebenfalls Aspisvipern vor, die sehr<br />

stark an V. a. hugyi erinnern. Zusammen<br />

mit den Herpetologen Servia<br />

und John Rindfleish gelang es mir<br />

dort im Mai 1984, nahe am Kraterrand<br />

(neben dem Fußweg zwischen<br />

oberstem Parkplatz und Kraterrand)<br />

eine junge weibliche Viper zu<br />

fangen.<br />

<strong>Die</strong> Rückenzeichnung von Hugys<br />

Aspisviper ähnelt stark der vieler<br />

europäischer Hornvipern, besteht<br />

aber aus runden bzw. abgerundeten,<br />

rhombischen Zeichnungselementen.<br />

Je nach Fundort handelt es sich<br />

um ein zusammenhängendes Band,<br />

einzelne Zeichnungselemente oder<br />

eine Mischung aus beidem. Auch<br />

besitzt diese südlichste Variante der<br />

Aspisviper das höchste Rostrale<br />

innerhalb der Art, sodass ein kleines<br />

Nasenhorn entsteht.<br />

• Vipera aspis zinnikeri KRAMER,<br />

1958 – Pyrenäen-Aspisviper<br />

Das Verbreitungsgebiet umfasst die<br />

spanischen und französischen Pyrenäen<br />

und die Vorländer im Norden<br />

wie auch im Süden, im Nordwesten<br />

reicht es bis zur Loire-Mündung.<br />

<strong>Die</strong> Vorkommen von V. a.<br />

zinnikeri werden somit vollständig<br />

von denen der Nominatform umschlossen.<br />

<strong>Die</strong> Pyrenäen-Aspisviper besitzt ein<br />

durchgehendes Zickzackband, oder<br />

es ist die typische V.-aspis-Zeichnung<br />

zumindest mit einem innen<br />

aufgehellten Dorsalstreifen verbunden.<br />

ZUFFI (2002) untersuchte sowohl<br />

die äußere Morphologie als auch<br />

die Hemipenes-Strukturen der Aspisvipern<br />

und erhob V. a. atra, V. a.<br />

hugyi und V. a. zinnikeri in den<br />

Artrang. Aber auch diese Auffassung<br />

setzte sich nicht allgemein<br />

durch. DE SMEDT (2006) führt sie<br />

wieder als Unterarten und widmet<br />

sogar V. a. balcanica BURESH &<br />

ZONKOV, 1934 ein eigenes Kapitel<br />

– allerdings mit dem Hinweis, dass<br />

es sich hierbei um ein äußerst<br />

fragwürdiges Taxon handelt.


Vipera ammodytes ammodytes Foto: M. Schweiger<br />

Vipera latistei gaditana Foto: C. Riegler<br />

Vipera ammodytes ammodytes Foto: M. Schweiger<br />

22 REPTILIA<br />

Vipera (Vipera) latastei BOSCÁ,<br />

1878 – Stülpnasenotter<br />

Am wenigsten, eigentlich gar nichts,<br />

hat sich bei der Stülpnasenotter Vipera<br />

(Vipera) latastei seit der Beschreibung<br />

der Unterart gaditana<br />

durch SAINT GIRONS (1977) getan.<br />

Wir kennen heute zwei Unterarten:<br />

• Vipera latastei latastei BOSCÁ,<br />

1878 – Stülpnasenotter<br />

Verbreitung: Iberische Halbinsel<br />

mit Ausnahme des Nordwestens<br />

und Südwestens.<br />

• Vipera latastei gaditana SAINT<br />

GIRONS, 1977 – Südliche Stülpnasenotter<br />

Verbreitung: Südwesten der Iberischen<br />

Halbinsel. Isolierte Vorkommen<br />

in Marokko (Rif-Gebirge und<br />

Mittlerer Atlas), Algerien und äußerster<br />

Nordwesten Tunesiens (östliche<br />

Atlas-Ausläufer, Medjerda-<br />

Berge).<br />

Vipera (Vipera) ammodytes<br />

(LINNAUS, 1758) – Europäische<br />

Hornviper, Hornotter<br />

<strong>Die</strong> Europäische Hornotter besiedelt<br />

im nördlichen Teil ihres Verbreitungsgebietes<br />

offene, felsige<br />

Flächen und deren Randzonen,<br />

weicht im Süden aber immer mehr<br />

in mit dichter Vegetation bestandene,<br />

ja sogar als humid zu bezeichnende<br />

Habitate und höhere Berglagen<br />

aus. Im letztgenannten Lebensraum<br />

werden wieder mehr offene<br />

Habitattypen bevorzugt.<br />

Große Verwirrung herrscht noch<br />

über die Verbreitung der Unterarten.<br />

TOMOVIC & DZUKIC (2003)<br />

fassten montandoni zunächst als<br />

Synonym zu meridionalis auf, wobei<br />

sie Tiere aus Südserbien und Südmontenegro<br />

zu der letztgenannten<br />

Subspezies stellten. TOMOVIC (2006)<br />

publizierte dann aber ein neues<br />

Konzept, nun wieder mit der Unterart<br />

montandoni, für die sie auf<br />

Grund ihrer morphometrischen<br />

Analysen einen Verbreitungsgürtel<br />

vom Schwarzen Meer (Donaudelta<br />

im Norden, europäische Türkei im<br />

Süden) quer durch die Balkanhalbinsel<br />

bis an die Adria (Mittelalbani-


en im Norden) bzw. an das Ionische<br />

Meer (Nordgriechenland, Höhe<br />

Korfu im Süden) angibt. URSENBA-<br />

CHER et al. (2007) kommen bei ihren<br />

biochemischen Untersuchungen dagegen<br />

wieder zu einem dem bisher<br />

bekannten Verbreitungsmuster vergleichbaren<br />

Ergebnis, obwohl die<br />

Sachlage etwas komplizierter zu<br />

sein scheint, als hier dargestellt werden<br />

kann. Wir können im europäischen<br />

Arealteil heute von folgenden<br />

Unterarten ausgehen:<br />

• Vipera ammodytes ammodytes<br />

(LINNAEUS, 1758) – Nordwestliche<br />

Europäische Hornotter<br />

<strong>Die</strong> südliche Verbreitungsgrenze ist,<br />

wie oben ausgeführt, umstritten.<br />

BRUNO (1968) beschrieb aus dem<br />

Bozener Talkessel die Unterart V. a.<br />

ruffoi, während SOCHUREK 1974 V.<br />

a. gregorwallneri beschrieb und 1983<br />

V. a. illyrica revalidierte. Während<br />

die beiden erstgenannten Taxa<br />

längere Zeit Eingang in diverse<br />

Literatur fanden, wurde V. a. illyrica<br />

wieder zu V. a. ammodytes gestellt,<br />

bis TOMOVIĆ & DZUKIC (2003) diese<br />

Unterart für die westkroatischen<br />

und ostitalienischen Tiere anführten.<br />

Nach Werner MAYER (pers. Mittlg.)<br />

kennen wir bei der Nominatform<br />

zwei Haplotypen. Der westliche<br />

besiedelte postglazial entlang der<br />

Dalmatinischen und Kvarner Küste<br />

das nordöstliche Italien, Westslowenien<br />

und Österreich; er entspricht<br />

somit dem „V.-a.-illyrica“-Typ. Dass<br />

die Zeit nach der letzten Eiszeit<br />

bzw. die entsprechenden wärmeren<br />

Phasen, die eine Ausbreitung nach<br />

Norden ermöglichten, aber viel zu<br />

kurz zur Ausbildung von Unterarten<br />

waren, erscheint einleuchtend.<br />

Somit sind die beiden oben angeführten<br />

Subspezies als nicht valide<br />

zu betrachten. Vipera a. gregorwallneri<br />

wird in der Tat schon seit einigen<br />

Jahren nicht mehr geführt, V. a.<br />

ruffoi aber taucht auch in der neueren<br />

Literatur noch auf, so z. B. bei<br />

DE SMEDT (2006). Östlich dem<br />

Dinarischen Gebirgszug breitete<br />

sich der zweite Haplotyp nach<br />

Norden aus und stößt heute im<br />

Raum Maribor, Slowenien, auf den<br />

REPTILIA 23<br />

„V.-a.-illyrica“-Typ. Somit sind alle<br />

österreichischen Populationen, auch<br />

die kontrastreich gezeichneten Tiere<br />

aus Ostkärnten und der Steiermark,<br />

dem westlichen Typ zuzurechnen.<br />

• Vipera ammodytes meridionalis<br />

BOULENGER, 1903 – Südliche<br />

Europäische Hornviper<br />

Gerade für diese Unterart fällt es<br />

schwer, Verbreitungsgrenzen anzugeben<br />

(s. oben). Das der südlichen<br />

und östlichen Unterart gemeine<br />

Kennzeichen der grünen bis grünlichen<br />

Schwanzunterseite tritt bereits<br />

regelmäßig im südlichen Montenegro<br />

auf, vereinzelt sogar nördlich bis<br />

in den Raum Obrovac. <strong>Die</strong>se Tiere<br />

sind allerdings zweifelsfrei zur<br />

Nominatform zu stellen.<br />

• Vipera ammodytes montandoni<br />

BOULENGER, 1904 – Östliche<br />

Europäische Hornviper<br />

Auch hier gilt das vorhin Gesagte,<br />

wobei zusätzlich noch Auffassungsunterschiede<br />

darin bestehen, ob im<br />

westlichen Kleinasien die Unterar-<br />

Macrovipera schweizeri Foto: B. Trapp


ten V. a. montandoni, V. a. meridionalis<br />

oder ausschließlich V. a. transcaucasiana<br />

BOULENGER, 1913 vorkommen.<br />

Ich vertrete nach Kenntnis<br />

etlicher Tiere aus den Vilayets<br />

(türkisch für Bezirk) Kocaeli, Sakarya,<br />

Bolu und Zonguldak letztere<br />

Ansicht.<br />

II Gattung Montivipera NILSON,<br />

ANDRÉN, ORLOV, JOGER & HERR-<br />

MANN, 1999 – Bergottern<br />

Aus dieser von LENK et al. (2001) in<br />

den Gattungsrang erhobenen Gruppe<br />

kommt in Europa ausschließlich<br />

die Bergotter Montivipera xanthina<br />

vor. Ihre Verbreitung ist hier auf die<br />

europäische Türkei sowie auf den<br />

äußersten Nordosten Griechenlands<br />

und einige griechische Inseln,<br />

die aber allesamt schon auf dem<br />

kleinasiatischen Festlandsockel liegen,<br />

beschränkt. <strong>Die</strong> einzige europäische<br />

Art innerhalb der Gattung<br />

ist:<br />

Montivipera xanthina (GRAY,<br />

1849) – Bergotter<br />

Neben den beiden Mitgliedern der<br />

Gattung Macrovipera zählt die<br />

Bergotter zu den größten und gefährlichsten<br />

europäischen Vipern.<br />

Längen von 90 cm bei Wildtieren<br />

sind verbürgt, Terrariennachzuchten,<br />

die 120 cm erreichten, sind<br />

ebenfalls bekannt. Angaben von<br />

Macrovipera lebetina Foto: B. Trapp<br />

Bergottern mit 150 cm Länge und<br />

mehr dürften aber wohl in das<br />

Reich der Fabel zu verweisen sein.<br />

<strong>Die</strong> Bergotter wird in Küstengegenden<br />

und im Landesinneren bis in<br />

Höhen von etwa 1.500 m ü. NN gefunden.<br />

Da die von NILSON &<br />

ANDRÉN (1985) beschriebene Montivipera<br />

bulgardaghica aus der südlichen<br />

Türkei nun zu M. xanthina<br />

gestellt wird, reicht die Höhenverbreitung<br />

bis auf über 2.000 m ü. NN.<br />

Bevorzugter Lebensraum sind vegetationsreiche,<br />

parkähnliche Landschaften,<br />

wie mit lichtem Wald bestandene<br />

Berghänge und Olivenhaine.<br />

III. Gattung Macrovipera REUSS,<br />

1927 – Großvipern<br />

Von HERRMANN et al. (1992) revalidiert,<br />

beherbergt diese Gattung<br />

in Europa nur zwei Arten:<br />

Macrovipera schweizeri (WERNER,<br />

1936) – Milosviper<br />

Verbreitung: Griechische Kykladen,<br />

dort beschränkt auf die Insel Seriphos<br />

und den Milos-Archipel mit<br />

Ausnahme von Antimilos.<br />

Ein hervorragender Kenner der Milosviper<br />

war Hans SCHWEIZER. Er<br />

besuchte des Öfteren die Kykladeninseln<br />

und pflegte und züchtete „seine“<br />

Vipern auch in der Schweiz. Ihm<br />

haben wir es zu verdanken, dass<br />

24 REPTILIA<br />

eine echte Viper, damals noch in der<br />

Gattung Vipera, erstmals als Eierlegerin<br />

bekannt wurde (SCHWEIZER<br />

1938).<br />

Macrovipera lebetina obtusa<br />

(DWIGUBSKIJ, 1832) – Levanteotter<br />

Neben einem riesigen Verbreitungsgebiet,<br />

das von der Süd-Türkei<br />

über die Kaukasusländer, Iran,<br />

Irak, Syrien, Jordanien bis nach Pakistan<br />

reicht, kommt die Levanteotter<br />

auf wenigen Quadratkilometern<br />

auch in Europa vor, nämlich<br />

in Daghestan nordöstlich des Großen<br />

Kaukasus. <strong>Die</strong>se Art ist die bei<br />

weitem größte Giftschlange <strong>Europas</strong>.<br />

Sie kann eine Länge von<br />

220 cm erreichen, und auch aufgrund<br />

des potenten Giftes und der<br />

erheblichen Giftmengen ist sie die<br />

gefährlichste Schlange <strong>Europas</strong>.<br />

<strong>Die</strong> gravierenden Folgen eines Bisses<br />

dieser Art schilderte ich bereits<br />

eingehend (SCHWEIGER 1983). Offenbar<br />

gibt es je nach Verbreitungsgebiet<br />

starke Unterschiede<br />

im Charakter der Vipern. Nach<br />

eigenen Erfahrungen sind Levanteottern<br />

in der östlichen Türkei<br />

ziemlich phlegmatisch, was jedoch<br />

die Gefahr des Übersehenwerdens<br />

birgt. Bissunfälle durch „Drauftreten“<br />

sind daher gar nicht so selten.<br />

<strong>Die</strong> Vipern in Georgien dagegen<br />

sollen ziemlich angriffslustig


Vipera berus bosniensis Foto: A. Westerström<br />

sein und sich auch nicht scheuen,<br />

aus ein oder zwei Metern Entfernung<br />

anzugreifen.<br />

Der Auffassung, dass die Mitglieder<br />

der Gattung Macrovipera aufgespalten<br />

und die „Afrikaner“ in die<br />

Gattung Daboia, die „Asiaten“<br />

dagegen in die Gattung Montivipera<br />

gestellt werden sollten, kann ich keineswegs<br />

folgen, sodass ich hier ausdrücklich<br />

beim Namen Macrovipera<br />

bleiben möchte.<br />

IV. Gloydius halys halys (PALLAS,<br />

1776) – Halysotter<br />

Letztlich muss hier noch die einzige<br />

in Europa vorkommende Grubenotter<br />

Erwähnung finden, nämlich<br />

die Halysotter, die die Kontaktzone<br />

Literatur<br />

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250 S.<br />

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– & – (2001): The Meadow and steppe vipers of Europe and Asia – the Vipera (Acri-<br />

des Urals mit dem Kaspischen Meer<br />

erreicht.<br />

<strong>Die</strong> früher als Unterart G. h. caraganus<br />

bezeichneten Vipern stellen<br />

nach BOUR (1993), der an Hand der<br />

Reisebeschreibungen von Peter Simon<br />

PALLAS die Originalherkunft<br />

dessen Typusexemplars der Halysotter<br />

ermittelte, die eigentliche Nominatform<br />

dar, während die Unterart<br />

halys zu Gloydius halys mogoi<br />

umbenannt wurde. Ob eine solche<br />

Vorgehensweise immer sinnvoll ist,<br />

darf bezweifelt werden, doch derartige<br />

Beispiele für Umbenennungen<br />

gibt es genug. Ich möchte hier nur<br />

die beiden europäischen „Paradefälle“<br />

erwähnen: Zum einen die<br />

Griechische Landschildkröte (Tes-<br />

dophaga) ursinii complex. – Acta Zoologica 47: 87–268.<br />

–, – & U. JOGER (1993): A reevaluation of the taxonomic status of the Moldavian steppe<br />

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d´Europe. – Revue Suisse Zoologie 85: 565–595.<br />

SCHWEIGER, M. (1983): <strong>Die</strong> Folgen eines schweren Bisses von Vipera lebetina obtusa –<br />

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Vipera ammodytes (L. 1758), in the central and eastern parts of the Balkans: a multivariate<br />

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REPTILIA 25<br />

tudo hermanni), bei der man nach<br />

Untersuchungen zum Schluss kam,<br />

dass die Typusexemplare aus einer<br />

westlichen Population stammen,<br />

sodass die bis dahin geführte Unterart<br />

robertmertensi zur Nominatform<br />

wurde und für die bisherige Nominatform<br />

ein neuer Name gefunden<br />

werden musste – eben T. h. boettgeri.<br />

Und zum anderen die Balkan-Zornnatter:<br />

Auch bei dieser Art stellte<br />

sich heraus, dass die nach der norditalienischen<br />

Stadt Gemona benannte<br />

Balkanzornnatter dort gar<br />

nicht vorkommt und es sich der Beschreibung<br />

nach um juvenile Gelbgrüne<br />

Zornnattern gehandelt haben<br />

muss. So wurde Coluber (Hierophis)<br />

gemonensis in C. (H.) laurenti umbenannt.<br />

Kaum wurde die Umbenennung<br />

bekannt, fand sie auch<br />

gleich Eingang in die Populärliteratur,<br />

z. B. bei GRUBER (1989).Vorteilhafterweise<br />

wurde dann allerdings<br />

ein Antrag an die Zoologische Nomenklaturkommission<br />

(IZCN) gestellt,<br />

den alten Namen beizubehalten,<br />

dem auch stattgegeben wurde.<br />

Entsprechendes wäre sicher auch<br />

bei der Halysotter sinnvoll.

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