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Regeln für Unternehmen - EU-Koordination

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Internationale Vereinbarungen <br />

Die OECD-Leitsätze<br />

Ein sinnvolles Instrument zur<br />

Regulierung von <strong>Unternehmen</strong>?<br />

Die Weltwirtschaft wächst, immer mehr<br />

<strong>Unternehmen</strong> investieren im Ausland oder<br />

stehen in Geschäftsbeziehung mit ausländischen<br />

Firmen. Nicht immer zum Vorteil<br />

<strong>für</strong> die Menschen vor Ort. Besonders in<br />

Entwicklungsländern gibt es immer wieder<br />

Beispiele, wo sich ausländische <strong>Unternehmen</strong><br />

nicht an Mindestnormen halten.<br />

Internationale <strong>Regeln</strong> sind also erforderlich,<br />

damit nicht einzelne Länder gegeneinander<br />

ausgespielt werden. Da es noch<br />

keine weltweit verbindlichen Regelungen<br />

<strong>für</strong> <strong>Unternehmen</strong> gibt, werden verschiedene<br />

freiwillige Ansätze diskutiert. Ein<br />

wichtiges Instrument sind hier die OECD-<br />

Richtlinien <strong>für</strong> multinationale <strong>Unternehmen</strong>,<br />

zu deren Umsetzung sich die OECD-<br />

Länder verpflichtet haben. 7 Im Anschluss<br />

an die gescheiterten Verhandlungen <strong>für</strong><br />

ein multilaterales Investitionsabkommen<br />

(MAI) wurde dieser freiwillige Verhaltenskodex<br />

unter Mitarbeit auch von Nichtregierungsorganisationen<br />

(NGO) und Gewerkschaften<br />

überarbeitet. <br />

7 OECD-Leitsätze <strong>für</strong> multinationale <strong>Unternehmen</strong>:<br />

Regierungsempfehlungen<br />

<strong>für</strong> verantwortungsvolles Verhalten von<br />

<strong>Unternehmen</strong>. 1976 von der Organisation<br />

<strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

& Entwicklung (OECD) verabschiedet,<br />

2000 erweitert und überarbeitet. Enthalten<br />

Prinzipien und Verhaltensweisen<br />

<strong>für</strong> alle Bereiche unternehmerischen<br />

Handelns, u.a.: Offenlegung von Informationen,<br />

die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen,<br />

Umweltschutz, Korruptionsbekämpfung,<br />

Verbraucherinteressen.<br />

Die Leitsätze beziehen sich auf die<br />

Menschenrechte, die ILO-Kernarbeitsnormen,<br />

das Prinzip der Nachhaltigkeit<br />

und das Vorsorgeprinzip. Sie gelten<br />

weltweit <strong>für</strong> alle multinationalen <strong>Unternehmen</strong><br />

aus den 37 Unterzeichnerstaaten<br />

- unabhängig davon, wo diese<br />

ihre geschäftlichen Aktivitäten entfalten.<br />

Umsetzungs- und Beschwerdemechanismus:<br />

Mit Unterzeichnung der Leitsätze<br />

verpflichtet sich jede Regierung zur<br />

Einrichtung einer "Nationalen Kontaktstelle"<br />

(meist im Wirtschaftsministerium),<br />

die bei Beschwerdefällen ggf. ein<br />

Vermittlungsverfahren einleitet.<br />

14 DNR <strong>EU</strong>-Rundschreiben Sonderteil 06.03<br />

Möglichkeiten und Grenzen der<br />

Leitsätze<br />

Im Vergleich zu anderen freiwilligen Instrumenten<br />

ist hervorzuheben, dass die<br />

OECD-Leitsätze sehr umfassend sind und<br />

sich auf eine Reihe von internationalen<br />

Abkommen wie die Kernarbeitsnormen<br />

der International Labour Organisation<br />

(ILO) und die Menschenrechte beziehen.<br />

Auch die Verantwortung <strong>für</strong> die Zulieferbetriebe<br />

wird erfasst. Insbesondere durch<br />

die Existenz eines Beschwerdemechanismus<br />

sind die Leitlinien auch <strong>für</strong> die NGOs<br />

und Gewerkschaften bedeutsam und<br />

werden in jüngster Zeit als ein Instrument<br />

zur Regulierung von <strong>Unternehmen</strong> angewandt.<br />

Bei den nationalen Kontaktstellen,<br />

die jedes Unterzeichnerland einrichten<br />

muss, können Verstöße gegen die Leitsätze<br />

vorgebracht werden. Der Kontaktpunkt<br />

prüft die Beschwerde, spricht bei<br />

tatsächlichem Verstoß gegen die OECD-<br />

Leitlinien die Konzernleitung darauf an,<br />

fordert eine Stellungnahme ein und soll<br />

sich um eine Schlichtung des Streits bemühen.<br />

Falls dies scheitert, muss offiziell<br />

bekannt gegeben werden, dass das<br />

betreffende <strong>Unternehmen</strong> gegen die<br />

Leitsätze verstoßen hat. Im Verhältnis zu<br />

juristischen Instrumenten ist der OECD-<br />

Beschwerdemechanismus relativ einfach<br />

und ohne finanzielle Risiken oder umfangreiches<br />

juristisches Fachwissen anwendbar.<br />

Nachteilig wirkt sich jedoch aus, dass die<br />

Leitsätze nicht bindend sind. Die Rechte<br />

der Konzerne allerdings sind selbstverständlich<br />

verbindlich festgelegt. Außerdem<br />

sind im Rahmen der Leitsätze keine Sanktionen<br />

vorgesehen. Einzig durch die öffentliche<br />

Erklärung der Kontaktstelle über<br />

eine Nichteinigung kann es zu einem<br />

sogenannten "naming and shaming"<br />

kommen. Zu bemängeln ist auch, wie vage<br />

die Verantwortung der <strong>Unternehmen</strong> in<br />

Bezug auf ihre Zulieferer einbezogen wird:<br />

"Wo praktikabel", sollen diese zur Einhaltung<br />

der Leitsätze angehalten werden.<br />

Zudem wird derzeit in der OECD diskutiert,<br />

diese Verantwortung nur auf Zulieferbeziehungen<br />

mit sogenanntem "investment<br />

nexus" zu beschränken. Das würde einen<br />

großen Bereich von Vertrags- und Einkaufsbeziehungen<br />

der <strong>Unternehmen</strong><br />

außer Acht lassen, die natürlich ebenso in<br />

den Verantwortungsbereich der Multis<br />

gehören. <br />

Vielfach hängt die Umsetzung der Leitsätze<br />

und die Bearbeitung von Beschwerdefällen<br />

enorm vom Engagement der einzelnen<br />

Kontaktstellen ab. Oft sind die Verfahren<br />

viel zu langatmig und zäh, kann es<br />

Monate dauern, bis entschieden wird, ob<br />

der Fall überhaupt angenommen ist. Wie<br />

dann das weitere Verfahren läuft und in<br />

welchem Stadium sich der Fall befindet, ist<br />

nicht selten auch <strong>für</strong> die Beschwerdeführer<br />

intransparent.<br />

Vorgebrachte Beschwerdefälle<br />

Weltweit gab es seit der Überarbeitung<br />

der Leitsätze bislang rund 40 Beschwerdefälle.<br />

Zwei Drittel wurden von Gewerkschaften<br />

vorgebracht - selbstverständlich<br />

vor allem Konflikte, bei denen es um<br />

Arbeitsbeziehungen geht -, ein Drittel sind<br />

NGO-Beschwerden, die sich auf Menschenrechtsverletzungen,Gewerkschaftsthemen<br />

und Umweltfragen beziehen.<br />

Fünf Fälle in Deutschland<br />

Im Bundeswirtschaftsministerium, wo die<br />

deutsche Kontaktstelle angesiedelt ist,<br />

liegen derzeit fünf Beschwerden gegen<br />

multinationale Konzerne vor: Gegen BP,<br />

TotalFinaElf, Adidas, die WestLB und die<br />

Continental AG. Alle diese in den vergangenen<br />

15 Monaten eingebrachten Beschwerden<br />

wurden von NGOs wie Greenpeace,<br />

Germanwatch oder der Clean<br />

Clothes Campaign vorgebracht. Drei dieser<br />

Fälle beziehen sich auf Umweltfragen,<br />

insbesondere geht es um Erdölförderung<br />

und -transport in Russland, in Ecuador<br />

oder von Georgien in die Türkei. Bei den<br />

Beschwerden gegen Continental und<br />

Adidas handelt es sich vor allem um problematische<br />

Arbeitsbeziehungen.<br />

Debatten um Anwendbarkeit und<br />

Zuständigkeit<br />

Die schon vor längerer Zeit vorgebrachten<br />

Fälle gegen TotalFinaElf (TFE) und Continental<br />

lösten eine Reihe von Diskussionen<br />

um die Anwendbarkeit der Leitsätze aus:<br />

Im erstgenannten Fall geht es um Umweltverschmutzung<br />

bei der Erdölförderung<br />

in Russland. Da TFE das Öl nur<br />

einkauft, jedoch nicht selbst fördert, wird<br />

von der deutschen Kontaktstelle eingeschätzt,<br />

dass hier keine Investitionsbeziehungen<br />

vorliegen und die Leitsätze nicht<br />

anwendbar sein.

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