Regeln für Unternehmen - EU-Koordination
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Freiwillige Selbstverpflichtungen <br />
Freiwillige Initiativen - kein<br />
Ersatz <strong>für</strong> verbindliche <strong>Regeln</strong><br />
Friends of the Earth lehnen freiwillige<br />
Initiativen ab<br />
Der BUND und sein internationaler Dachverband<br />
Friends of the Earth International<br />
lehnen freiwillige Initiativen als Ersatz <strong>für</strong><br />
verbindliche <strong>Regeln</strong> ab. Derartige Initiativen<br />
seitens der Wirtschaft dienen dazu,<br />
die Einführung von klaren <strong>Regeln</strong> zu<br />
verzögern oder zu verhindern. Die freiwilligen<br />
"Forestry Principles" des Erdgipfels<br />
in Rio de Janeiro von 1992 beispielsweise<br />
führten zu langen Debatten über Aufbau<br />
und Arbeitsweise eines Stakeholder-<br />
Forums, das seine erste Zusammenkunft<br />
neun (!) Jahre später hatte. Freiwillige<br />
Selbstverpflichtungen der Industrie retten<br />
nicht die Erde. Sie sind bestenfalls wirkungslos<br />
und können sogar negative<br />
Auswirkungen haben.<br />
Das sagt jedenfalls die OECD in einer<br />
neuen Studie, die anhand mehrerer Beispiele<br />
außerdem herausfand, dass die<br />
Kombination von freiwilligen Initiativen mit<br />
anderen Instrumentarien wie zum Beispiel<br />
Abgaben, Steuern, Verboten oder Subventionen<br />
sogar häufig zur Abschwächung<br />
dieser anderen Instrumentarien führe.<br />
(<strong>EU</strong>R 06.03, S. 10.)<br />
Ungenaue Formulierungen können frei<br />
interpretiert werden<br />
Damit alles bleibt wie es ist, sind Ziele,<br />
Maßnahmen und Standards von Initiativen<br />
freiwilliger Selbstverpflichtung zunächst<br />
einmal sehr schwach. So muss sich niemand<br />
anstrengen, um sie einzuhalten.<br />
Dazu geraten die Formulierungen absichtlich<br />
möglichst ungenau und sind also<br />
offen <strong>für</strong> Interpretation und vage Verpflichtungen.<br />
Worauf sich die Beteiligten<br />
schnell einigen können, kommt wohlklingend<br />
in die Vereinbarung; alles übrige,<br />
darunter die wirklich problematischen<br />
Themen, bleibt unberührt oder wird in<br />
unscharfe Absichtserklärungen verpackt.<br />
<br />
12 DNR <strong>EU</strong>-Rundschreiben Sonderteil 06.03<br />
Glaubwürdigkeit bleibt auf der Strecke<br />
Sind diese Absichtserklärungen einmal<br />
vereinbart, bleibt wenig Notwendigkeit<br />
und Motivation zurück, vereinbarte Ziele<br />
zu verfolgen und Standards einzuhalten.<br />
Vielmehr geht es darum, die mit der Initiative<br />
verbundenen Kosten gering zu halten<br />
und das <strong>Unternehmen</strong> in der Öffentlichkeit<br />
möglichst gut darzustellen. Schönklingende,<br />
aber wirkungslose Vereinbarungen<br />
feierlich zu unterzeichnen und sich werbewirksam<br />
damit zu brüsten, sind eine<br />
beliebte Alternative zu wirklichen Verhaltensänderungen<br />
der Konzerne - eine in<br />
Deutschland allerdings wenig erfolgreiche<br />
Strategie: nur 7% der Bundesbürger<br />
halten Großunternehmen bei deren Bemühen<br />
um Umweltschutz <strong>für</strong> vertrauenswürdig.<br />
PR-Strategien wichtiger als inhaltliche<br />
Verpflichtung<br />
Anstatt sich einen guten Ruf <strong>für</strong> ökologisches<br />
Verhalten zu verdienen, bauen<br />
multinationale Konzerne häufig auf mangelnde<br />
Transparenz der Initiativen, die es<br />
der Willkür der Konzerne anheim stellt, ob<br />
und in welchem Umfang Informationen<br />
über Fortschritte bei der Erreichung oder<br />
Einhaltung von Standards veröffentlicht<br />
werden. Nicht eine Initiative, sondern die<br />
PR-Strategien gibt vor, wie die Einhaltung<br />
der Vereinbarungen <strong>für</strong> die Öffentlichkeit<br />
nachvollziehbar dokumentiert wird. <br />
Statt einklagbarer Rechte Debatten<br />
über weichen Konsens<br />
Der Kern freiwilliger Initiativen ist auch<br />
gleichzeitig der größte Schwachpunkt: sie<br />
sind nicht nur nicht kontrollierbar, sondern<br />
auch nicht einklagbar, und wer sie<br />
nicht einhält, hat nicht mit Sanktionen zu<br />
rechnen. Das schränkt die Möglichkeiten<br />
betroffener Menschen ein, sich gegen die<br />
Konzernaktivitäten zu wehren oder über<br />
demokratisch etablierte Wege Konzerne<br />
zur Einhaltung der freiwilligen Vereinbarungen<br />
zu bewegen. Während Verordnungen<br />
und Gesetze Mechanismen enthalten,<br />
die es Betroffenen erlauben, sich bei<br />
Behörden zu beschweren, Klage zu erheben<br />
oder andere rechtsstaatliche Mittel<br />
anzuwenden, sehen die "Stakeholder<br />
Dialogues" vor, in langwierigen Debatten<br />
möglichst weiche Konsense herbeizuführen,<br />
anstatt radikale und notwendige<br />
Verhaltensänderungen des <strong>Unternehmen</strong>s<br />
zu erzwingen. Damit verschiebt sich die<br />
Kompetenz der Politikgestaltung von<br />
gewählten Regierungen hin zu den Konzernen.<br />
Unbequeme Stakeholder werden<br />
ausgeladen<br />
Das zeigt sich auch bei der Entwicklung<br />
freiwilliger Standards, <strong>für</strong> die die Definitionsmacht<br />
über Art und Umfang der behandelten<br />
Themen häufig bei den <strong>Unternehmen</strong><br />
legt, die dann auch darüber<br />
entscheiden, wen sie zu ihren "Stakeholder<br />
Dialogues" einladen - und wen nicht.<br />
Konsequenzen dieser "Stakeholder Dialogues"<br />
liegen ebenfalls häufig im Ermessen<br />
der Konzerne - nicht der betroffenen<br />
Menschen. Damit können die Konzerne<br />
Prozess und Ergebnis leicht manipulieren,<br />
um wenig tun zu müssen, sich aber andererseits<br />
nach außen hin als offen und in<br />
der Sache bemüht darstellen.